SWK 1/2024 Leseprobe

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99. Jahrgang / 10. Jänner 2024 / Nr. 1/2

SV-Werte für 2024 zum Herausnehmen!

Lohnverrechnung

Alle Neuerungen für 2024

Verrechnungspreise

Werkschließungskosten bei Umstrukturierungen

Umsatzsteuer

Update: Aktuelles auf einen Blick

ViDA: Meldepflichten des Rechnungsempfängers

Zoll & Steuern im Außenhandel

Aktuelle Entwicklungen im vierten Quartal 2023

Finanzstrafrecht

Zuständigkeitsdualismus im Finanzstrafverfahren

Automatisierung

Robotic Process Automation in der Steuerberatung

Indizes (Verlautbart von der Statistik Austria) Ø 2022 August 2023 September 2023 Oktober 2023 November 2023

Großhandelspreisindex ohne MwSt. (1976 = 100)

(1986 = 100

(1996 =

(2000 = 100)

(2005 = 100)

(2010 = 100)

harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPIKS 2015 = 100)

Verbraucherpreisindex 2010 (2010 = 100)

Verbraucherpreisindex 2005 (2005 = 100)

Verbraucherpreisindex 2000 (2000 = 100)

Verbraucherpreisindex 1996 (1996 = 100)

Verbraucherpreisindex 1986 (1986 = 100)

Verbraucherpreisindex 1976 (1976 = 100)

Verbraucherpreisindex 1966 (1966 = 100) einschl. MwSt.

Verbraucherpreisindex I 1958 (1958 = 100)

Verbraucherpreisindex II (1958 = 100)

Kleinhandelspreisindex (März 1938 = 100)

(1938 = 100)

(1945 = 100)

Arbeiter-Netto-Tariflöhne (April 1986 = 100) ohne Kinderbeihilfe

mit Kinderbeihilfe

Baukostenindex Wohnhaus- und Siedlungsbau (2000 = 100) Baumeisterarbeiten

Impressum

Vorläufig ** Korrigiert *** Derzeit keine Veröffentlichung

Periodisches Medienwerk: Steuer- und Wirtschaftskartei. Grundlegende Richtung: Ergänzbare Sammlung von Beiträgen zum Steuer-, Sozial- und Wirtschaftsrecht. Erscheint dreimal monatlich, Jahresabonnement (Print) 2024 EUR 456,90, (Print & Digital) 2024 EUR 529,60 jeweils inkl. MwSt. zzgl. Versandspesen. Auslandsversandspesen werden separat verrechnet. Unterbleibt die Abbestellung, so läuft das Abonnement automatisch zu den jeweils gültigen Konditionen auf ein Jahr weiter. Abbestellungen sind nur zum Ende eines Jahrganges möglich und müssen bis jeweils spätestens 30. November schriftlich erfolgen. Nachdruck — auch auszugsweise — ist nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Verlages gestattet. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Fachzeitschrift trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Verlages oder Autors ausgeschlossen ist.

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S TEUER- UND W IRTSCHAFTS K ARTEI Zeitschrift für das gesamte Steuer- und Wirtschaftsrecht

In diesem Heft

Neuerungen in der Lohnverrechnung 2024 (Kocher / Proksch)2

Änderung der Sachbezugswerteverordnung15

Wer trägt Werkschließungskosten eines ausländischen Konzernunternehmens im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen? (Wallensteiner)16

Umsatzsteuer-Update Jänner 2024: Aktuelles auf einen Blick (M. Mayr)21

Umfassende Amtshilfe im Bereich Steuern vom Einkommen25

Digitale Meldepflichten des Rechnungsempfängers: Sinnvoll(er)es Instrument zur Bekämpfung des VAT GAP? (Wöhrer / Possard)26

Zoll & Steuern im Außenhandel – aktuelle Entwicklungen im vierten Quartal 2023 (Bieber / Pichler) 31

Erlässe des BMF zu KStR, LStR und UStR35

Zuständigkeitsdualismus im Finanzstrafverfahren (Starl)36

Durchschnittsbedarfssätze für Unterhaltsleistungen für das Kalenderjahr 202441

Der Einsatz von Robotic Process Automation in der Steuerberatung (Stadler / Srbu)42

Aktuelle EuGH-Rechtsprechung (Aigner)48

 Niederlassungsfreiheit: Verlängerung einer Exklusivlizenz

Impressum: Siehe Umschlagseite gegenüber

Inhaltsverzeichnisdienst per E-Mail. Anmeldung unter https://www.lindeverlag.at/newsletter

Redaktion: Dr. Andrei Bodis/Mag. Stefan Menhofer

Dr. Birgit Reiner/Dr. Jürgen Reiner

Mag. Christoph Schlager

Dr. Michael Tumpel

Tel. Redaktion: +43 1 24 630, Fax: DW 751

E-Mail Redaktion: redaktion@lindeverlag.at

Tel. Verlag: +43 1 24 630 Serie, Fax: DW 723

Adresse: 1210 Wien, Scheydgasse 24

Überblick für die Praxis

Neuerungen in der Lohnverrechnung 2024

Update aus Lohnsteuer und Sozialversicherung

CHRISTA KOCHER*) / FRANZ PROKSCH**)

Auch das Jahr 2023 war wieder von einigen Änderungen geprägt. Die im Laufe des Jahres 2023 beschlossenen Änderungen betreffen sowohl das Steuerrecht (insbesondere Abgabenänderungsgesetz 2023, Progressionsabgeltungsgesetz 2023; diverse steuerrechtliche Maßnahmen wie zB das StartUp-Förderungsgesetz und das Gemeinnützigkeitsreformgesetz sollen noch bis Jahresende im BGBl kundgemacht werden) als auch das Sozialversicherungsrecht (zB Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags, Änderungen in der Altersteilzeit, Arbeitslosenversicherung für mehrfach geringfügig Beschäftigte, Anhebung der Dienstgeberabgabe). Zu den Werten für 2024 siehe die achtseitige SV-Beilage in diesem Heft.

1.Lohnsteuer

1.1. Steuerbefreiungen

Ausweitung der Steuerbefreiung betreffend Kinderbetreuung (§3 Abs1 Z13 EStG): Der kostenlose oder vergünstigte Besuch elementarer Bildungseinrichtungen (insbesondere Betriebskindergärten) ist ab dem Kalenderjahr 2024 auch dann steuerfrei, wenn diese Einrichtungen auch durch betriebsfremde Kinder besucht werden können. Entscheidend für die Anwendung des §3 Abs1 Z13 lita EStG ist, dass der Arbeitgeber eine Verfügungsmacht über die elementare Bildungseinrichtung hat. Dabei kann sich der Arbeitgeber für den Betrieb der elementaren Bildungseinrichtung auch zB eines Vereins bedienen, der auch andere Kinderbetreuungseinrichtungen betreibt.

Die in §3 Abs1 Z13 litb EStG normierte Altersgrenze wird vom 10. auf das 14. Lebensjahr des Kindes und der Freibetrag für den steuerfreien Kinderbetreuungszuschuss von 1.000 Euro auf 2.000 Euro angehoben. Begünstigtes Kind ist nach wie vor eines nach §106 Abs1 EStG, für das dem Arbeitnehmer selbst der Kinderabsetzbetrag zusteht und das zu Beginn des Kalenderjahres das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Neu ab 2024 ist auch, dass die nachgewiesenen Kosten für die Kinderbetreuung vom Arbeitgeber bis zu 2.000 Euro ganz oder teilweise ersetzt werden können. Der Arbeitnehmer hat dafür eine Rechnung der Kinderbetreuungseinrichtung vorzulegen, die zum Lohnkonto zu nehmen ist.

Nach dem Zweck der Bestimmung ist eine Gruppenbildung nach sozialen Merkmalen zulässig, sodass zB nur alleinerziehende Personen den Zuschuss des Arbeitgebers für Kinderbetreuung erhalten können.

Entschädigungen für die Tätigkeit als Mitglied einer Wahlbehörde von Gebietskörperschaften (§3 Abs1 Z40 EStG), die aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ab 1. 1. 2024 geleistet werden, sind ab 1. 1. 2024 insoweit steuerfrei, als sie die Beträge, die nach Maßgabe des §20 Abs1 und 2 NRWO zustehen, nicht überschreiten. Diesbezügliche bundesgesetzliche Regelungen sind neben §20 NRWO zB §9 Europawahlordnung, §2 Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 oder §4 Volksabstim-

*)Mag. Christa Kocher ist Referentin in der sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Niederösterreich.

**)Mag. Franz Proksch ist Fachexperte in der Zentralen Fachstelle des BMF.

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Tagesfragen

mungsgesetz 1972. Weiters sind (bestehende oder künftige) landesgesetzliche Regelungen umfasst, die insbesondere Landtags- und Gemeinderatswahlen betreffen.

Zahlungen an Zulassungsbesitzer eines nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugs (§3 Abs1 Z41 EStG) für die Übertragung von Strommengen aus erneuerbarer Energie, die als Antrieb für Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet produziert wurden (§§7a und 11 Kraftstoffverordnung 2012), sind ab der Veranlagung für 2023 steuerfrei. Zulassungsbesitzer von Elektroautos können nach den Regelungen der §§7a und 11 Kraftstoffverordnung Strommengen, die für den Antrieb für Elektroautos produziert wurden, dazu berechtigten Unternehmen entgeltlich übertragen, die sie in weiterer Folge Produzenten, die zur Verminderung der Treibhausgasemissionen verpflichtet sind, verkaufen.

Freiwilligenpauschale (§ 3 Abs 1 Z 42 EStG): Mit dem Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 wird einerseits die Spendenbegünstigung auf weitere gemeinnützige Organisationen (insbesondere im Bereich Bildung und Sport) ausgeweitet. Begleitend wird in §3 Abs1 Z42 EStG eine Steuerbefreiung für ein Freiwilligenpauschale eingeführt. Hierbei wird je nach Art der ehrenamtlichen Tätigkeit zwischen einem kleinen und einem großen Freiwilligenpauschale unterschieden. Als kleines Freiwilligenpauschale können ehrenamtlich tätigen Personen pro Kalendertag bis zu 30 Euro, höchstens 1.000 Euro im Kalenderjahr, und als großes Freiwilligenpauschale pro Kalendertag bis zu 50 Euro, höchstens 3.000 Euro im Kalenderjahr, steuerfrei zugewendet werden. Weitere Voraussetzungen sind, dass die ehrenamtlich tätige Person keine pauschale Reiseaufwandsentschädigung nach §3 Abs1 Z16c EStG erhält und gegenüber der gemeinnützigen oder mildtätigen Körperschaft keinen Anspruch auf Einkünfte gemäß §2 Abs3 Z2 bis 4 oder 7 EStG für eine weitere Tätigkeit hat, die eine vergleichbare Ausbildung oder Qualifikation erfordert wie die ehrenamtliche Tätigkeit. Werden die Höchstgrenzen überschritten, liegen insoweit Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG vor und sind die erforderlichen Informationen mittels amtlichen Formulars bis Ende Februar des Folgejahres der Abgabenbehörde zu übermitteln.

Mitarbeiterprämie (§124b Z447 EStG): Mit einem Abänderungsantrag zum Start-UpFörderungsgesetz wird quasi als Fortsetzung der Teuerungsprämie für 2022 und 2023 (§124b Z408 EStG) eine Mitarbeiterprämie eingeführt, welche grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen wie die Teuerungsprämie im Kalenderjahr 2024 steuerfrei zugewendet werden kann, mit der Einschränkung, dass die Zahlung aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß §68 Abs5 Z5 oder 6 EStG erfolgt.

Voraussetzung ist weiters, dass es sich dabei um zusätzliche Zahlungen handelt, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Sie erhöhen nicht das Jahressechstel und werden nicht auf das Jahressechstel angerechnet. Werden im Kalenderjahr 2024 mehr als 3.000 Euro Mitarbeiterprämie samt Gewinnbeteiligung gemäß §3 Abs1 Z35 EStG steuerfrei berücksichtigt, liegt gemäß §41 Abs1 EStG ein Pflichtveranlagungstatbestand vor.

Ist kein Betriebsrat gebildet und kann deshalb keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, ist von einer Verpflichtung des Arbeitgebers auszugehen, wenn aufgrund einer kollektivvertraglichen Ermächtigung eine vertragliche Vereinbarung für alle Arbeitnehmer vorliegt.

Literaturhinweise: SWK-Redaktion, Ministerratsvortrag zur kalten Progression, SWK 27/2023, 1046; Reisinger, Das Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 im Überblick, SWK 34/2023, 1274.

1.2.Sachbezüge

Die Sachbezugswerte für Wohnraum betragen für 2024: Bundesland Richtwerte ab 1. 1. 2024

Burgenland6,09 Euro Kärnten7,81 Euro

Bundesland

Richtwerte ab 1. 1. 2024

Niederösterreich6,85 Euro Oberösterreich7,23 Euro Salzburg9,22 Euro Steiermark9,21 Euro Tirol8,14 Euro Vorarlberg10,25 Euro Wien6,67 Euro

§4 Sachbezugswerteverordnung betreffend die Privatnutzung eines Firmenwagens bleibt unverändert. Steht ein Dienstfahrzeug auch zur Privatnutzung zur Verfügung, steht auch dann kein Pendlerpauschale zu, wenn hierfür ein Kostenbeitrag geleistet wird. Kein Sachbezugswert ist anzusetzen für arbeitgebereigene Fahrräder oder Krafträder mit einem CO2-Emissionswert von 0g/km, welche auch für Privatfahrten verwendet werden dürfen. Dies führt auch dann nicht zu einem steuerpflichtigen Sachbezug, wenn das arbeitgebereigene Fahrrad oder Kraftrad im Rahmen einer (befristeten oder unbefristeten) Gehaltsumwandlung überkollektivvertraglich gewährter Geldbezüge zur Verfügung gestellt wird. Mit einer Novelle der Sachbezugswerteverordnung (BGBl II 2022/ 504) wurde diese Verwaltungspraxis normiert und eine Gleichbehandlung in Lohnsteuer und Sozialversicherung bewirkt.

Mit dem BGBl II 2022/504 wurde in §4c Sachbezugswerteverordnung der Sachbezugswert für das Aufladen emissionsfreier Kraftfahrzeuge verordnet. Diesbezüglich wird rückwirkend ab 1. 1. 2023 eine Änderung dahingehend verordnet, dass nicht die verwendete Ladeeinrichtung die Zuordnung der Lademenge zum Kraftfahrzeug sicherstellen muss, sondern bloß die nachweisliche Zuordnung der Lademenge zu diesem Kraftfahrzeug sichergestellt sein muss. Dies kann zB durch sogenannte „In-Vehicle-Aufzeichnungen“ oder durch Aufzeichnungen des Herstellers (charging history) gewährleistet werden. Die Änderung wurde mit BGBl II 2023/404 vom 20. 12. 2023 kundgemacht.

Auch der Sachbezug für die Zinsenersparnis bei Arbeitgeberdarlehen und Gehaltsvorschüssen soll ab 2024 neu geregelt werden. Hierbei soll unterschieden werden zwischen variabel verzinslichen Arbeitgeberdarlehen und Gehaltsvorschüssen und solchen, die mit einem festen Zinssatz gewährt werden. Keine Änderung zur bisherigen Rechtslage soll erfolgen, wenn es sich um variabel verzinste Arbeitgeberdarlehen und Gehaltsvorschüsse handelt. Der Referenzzinssatz für derartige Arbeitge berdarlehen und Gehaltsvorschüsse beträgt 2024 4,5 %.

Bei Gehaltsvorschüssen und Arbeitgeberdarlehen soll für Zeiträume mit einem unveränderlichen Sollzinssatz der um 10% verminderte von der OeNB für den Monat des Abschlusses des Darlehensvertrags bzw Gehaltsvorschusses veröffentlichte „Kreditzinssatz im Neugeschäft an private Haushalte für Wohnbau mit anfänglicher Zinsbindung über zehn Jahre“ als Referenzzinssatz anzusetzen sein, welcher sodann für den gesamten Zeitraum, für den die Zinsen unveränderlich festgelegt wurden, maßgeblich sein soll. Gemäß § 8 Abs 11 Sachbezugswerteverordnung ist die Änderung auf Gehaltsvorschüsse und Arbeitgeberdarlehen anzuwenden, die ab 1. 1. 2024 vereinbart werden. Auf bereits laufende Vereinbarungen ist die Neuregelung ebenfalls anzuwenden, sofern der Arbeitnehmer der Anwendung der Neuregelung nicht bis zum 30. 6. 2024 widerspricht.

1.3.Pendlerpauschale

Die Beträge sind auch 2024 unverändert. Die befristete Erhöhung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro für den Zeitraum von Mai 2022 bis einschließlich Juni 2023 wurde nicht verlängert.

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Kleines Pendlerpauschale

Großes Pendlerpauschale

mindestens 20km bis 40 km696 Euro58 Euro mehr als 40km bis 60 km1.356 Euro113 Euro über 60 km2.016 Euro168 Euro jährlich monatlich

mindestens 2km bis 20 km372 Euro31 Euro mehr als 20km bis 40 km1.476 Euro123 Euro mehr als 40km bis 60 km2.568 Euro214 Euro über 60 km3.672 Euro306 Euro

1.4.Homeoffice

Die Regelungen betreffend Homeoffice in §§16 Abs1 Z7a, 26 Z9 EStG waren gemäß §124b Z375 EStG befristet bis Ende 2023. Mit dem Progressionsabgeltungsgesetz 2024 wurden diese Befristungen aufgehoben, weil auch nach der COVID-19-Krise viele Arbeitnehmer zeitweise im Homeoffice arbeiten.

Dementsprechend wird bei ergonomischem Mobiliar die Deckelung mit 300 Euro pro Jahr beibehalten, allerdings können jene Beträge, die den jährlichen Höchstbetrag übersteigen, zeitlich unbegrenzt berücksichtigt werden. Die Kosten für ergonomisches Mobiliar brauchen – wie bisher – nur einmal im Wege der Veranlagung geltend gemacht werden, die 300 Euro übersteigenden Aufwendungen werden automatisiert in die Folgejahre vorgetragen.

Das Homeoffice-Pauschale nach §26 Z9 EStG bzw §16 Abs1 Z7a litb EStG von bis zu 3 Euro pro Homeoffice-Tag steht inhaltlich unverändert, aber nunmehr unbefristet zu.

1.5.Steuertarif, Absetz- und Freibeträge

Mit dem Progressionsabgeltungsgesetz 2023 wurde der Steuertarif wie folgt geändert: Die Einkommensteuer beträgt für das Kalenderjahr 2024 jährlich

für die ersten 12.816 Euro0 % für Einkommensteile über 12.816 Euro bis 20.818 Euro20 % für Einkommensteile über 20.818 Euro bis 34.513 Euro30 % für Einkommensteile über 34.513 Euro bis 66.612 Euro40 % für Einkommensteile über 66.612 Euro bis 99.266 Euro48 % für Einkommensteile über 99.266 Euro50 %

Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz in den Kalenderjahren 2016 bis 2025 55%.

Der Familienbonus Plus (Fabo+) steht unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern zu, solange für ein Kind Familienbeihilfe bezogen wird. Der Fabo+ für Kinder bis zum jährlich monatlich

vollendeten 18. Lebensjahr bleibt unverändert mit 166,68 Euro monatlich. Der Fabo+ ab dem Folgemonat wird ab 2024 auf 58,34 Euro monatlich (700,08 Euro jährlich) erhöht.

Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag

bei einem Kind 572 Euro 520 Euro494 Euro bei zwei Kindern 774 Euro 704 Euro669 Euro für jedes weitere Kind 255 Euro 232 Euro220 Euro

Unterhaltsabsetzbetrag

für ein Kind 34 Euro 31 Euro29,20 Euro für das zweites Kind 51 Euro 47 Euro43,80 Euro für jedes weitere Kind 67 Euro 62 Euro58,40 Euro

Verkehrsabsetzbetrag

Verkehrsabsetzbetrag (VAB) 463 Euro 421 Euro400 Euro erhöhter VAB 798 Euro 726 Euro690 Euro

Pensionistenabsetzbetrag

Pensionistenabsetzbetrag (PAB)

Grenzbetrag für das Partnereinkommen

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SV-Rückerstattung (Maximalbetrag)

SV-Rückerstattung (Arbeitnehmer) 463 Euro 421 Euro400 Euro

SV-Rückerstattung (bei Anspruch auf Pendlerpauschale)

zuzüglich SV-Bonus (Arbeitnehmer, wenn Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag zusteht)

579 Euro 526 Euro500 Euro

752 Euro 684 Euro650 Euro

SV-Rückerstattung (Pensionisten) 637 Euro 579 Euro550 Euro

1.6.Sonstige Bezüge

Mit dem Start-Up-Förderungsgesetz wird mit einem neuen §67a EStG eine begünstigte Besteuerung für Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen eingeführt. Dabei soll ein Besteuerungsaufschub bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile gewährt und die Komplexität der Bewertung des geldwerten Vorteils durch eine Pauschalregelung vermindert werden.

§67a Abs2 EStG definiert, unter welchen Voraussetzungen ein Start-up-Unternehmen und Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen vorliegen. Dies ist zB dann der Fall, wenn das Unternehmen im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt und nicht mehr als 40 Mio Euro Umsatzerlöse erzielt. Weiters müssen die Beteiligungen innerhalb von zehn Jahren ab Neugründung des Unternehmens gewährt werden, und der Arbeitnehmer darf zu keinem Zeitpunkt mehr als 10% Beteiligung am Unternehmen halten. Die Veräußerung oder Übertragung unter Lebenden darf nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erfolgen (Vinkulierung); außerdem muss der Arbeitnehmer schriftlich erklären, die Regelung in Anspruch zu nehmen (Option zur Start-up-Mitarbeiterbeteiligung).

In §67a Abs3 EStG wird normiert, wann aus steuerrechtlicher Sicht der Zufluss des geldwerten Vorteils aus der Mitarbeiterbete iligung eintritt. Dies ist der Fall, wenn die Mitarbeiterbeteiligung veräußert oder an den Arbeitgeber rückübertragen wird, grundsätzlich auch bei Beendigung des Dienstverhältnisses, die Vinkulierung aufgehoben oder das Unternehmen liquidiert wird, der Arbeitnehmer verstirbt oder der Arbeitgeber die Arbeitgeberpflichten des EStG nicht mehr wahrnimmt.

Abs4 normiert schließlich die Bewertung und die Besteuerung der Start-up-Mitarbeiterbeteiligung im Zeitpunkt des Zuflusses. Der geldwerte Vorteil bemisst sich grundsätzlich am Veräußerungserlös, allenfalls vermindert um die Anschaffungskosten (maximal Nennwert im Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligung), sonst nach dem gemeinen Wert. Die Beteiligung ist zu 75% als sonstiger Bezug mit einem festen Steuersatz von 27,5% zu besteuern, wenn das Dienstverhältnis zumindest zwei Jahre gedauert hat und der Zufluss drei Jahre der erstmaligen Ausgabe einer Start-up-Mitarbeiterbeteiligung erfolgt. Im Übrigen erfolgt die Besteuerung nach §67 Abs10 EStG.

1.7.Besteuerung bestimmter Zulagen und Zuschläge

Um die durch die angespannte Personalsituation stärker in Anspruch genommenen Arbeitnehmer zu entlasten, werden für Arbeitsleistungen, welche nach dem 31. 12. 2023 erbracht werden, mit dem Progressionsabgeltungsgesetz 2024 die steuerfreien Beträge für SEG-Zulagen sowie die SFN-Zuschläge und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge erhöht. Der Freibetrag nach §68 Abs1 EStG wird von 360 Euro auf 400 Euro und der Freibetrag nach §68 Abs2 EStG grundsätzlich von 86 Euro auf 120 Euro erhöht. Nach §124b Z439 EStG gilt befristet für die Kalenderjahre 2024 und 2024 2023 2022

2025 gemäß §68 Abs2 EStG für höchstens 18 Überstundenzuschläge zu 50% ein Freibetrag von maximal 200 Euro im Lohnzahlungszeitraum.

1.8.Lohnzettel

Der Lohnzettel hat gemäß §84 Abs1 Z2 EStG alle im amtlichen Formular (L16) vorgesehenen für die Erhebung von Abgaben maßgeblichen Daten zu enthalten. Dazu zählen auch die Anzahl der im Kalenderjahr erbrachten Homeoffice-Tage, ein allfällig nach §26 Z9 EStG ausbezahltes Homeoffice-Pauschale, die Anzahl der Kalendermonate, in welchen der Arbeitnehmer überwiegend (mehr als die Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) auf Kosten des Arbeitgebers iSd §26 Z5 lita EStG befördert wurde, allfällig vom Arbeitgeber übernommene Kosten für ein Öffi-Ticket iSd §26 Z5 litb EStG sowie allenfalls vom Arbeitgeber gewährte Gewinnbeteiligungen und Teuerungsprämien sowie eine allfällige Mitarbeiterprämie für 2024.

2.Sozialversicherung

2.1.Befreiungen

Ab 1. 1. 2024 kommt es zu einer Erhöhung der sozialversicherungsfreien Dienstgeberzuschüsse für die Kinderbetreuung von 1.000 Euro auf 2.000 Euro und einer Anhebung der Altersgrenze des Kindes von zehn auf vierzehn Jahre. Damit unterliegen Zuschüsse für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2.000 Euro (davor 1.000 Euro) pro Kind und Kalenderjahr, die allen Dienstnehmern oder bestimmten Gruppen gewährt werden, wenn auch die übrigen Voraussetzungen vorliegen (ua Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag; das Kind ist unter vierzehn Jahre alt [ab 1. 1. 2024, davor zehn Jahre]; der Zuschuss muss direkt an die Betreuungspers on oder Einrichtung erfolgen), nicht der Beitragspflicht nach dem ASVG.

Ab 1. 1. 2024 sind – quasi als Fortsetzung der Teuerungsprämien – auch steuerfreie Mitarbeiterprämien beitragsfrei (§49 Abs3 Z30 ASVG lautet daher: steuerfreie Zulagen und Bonuszahlungen nach §124b Z350 lita EStG, steuerfreie Teuerungsprämien nach §124b Z408 lita und b EStG sowie steuerfreie Mitarbeiterprämien nach §124b Z447 EStG).

Ab 1. 1. 2024 unterliegen Entgelte für die ärztliche Behandlung von Insassen und Insassinnen von Justizanstalten nach den §§66ff Strafvollzugsgesetz, BGBl 1969/ 144, sofern diese Tätigkeit weder den Hauptberuf noch die Hauptquelle der Einnahmen bildet, nicht der Sozialversicherungspflicht nach dem ASVG, sondern nach dem FSVG.

Die mit der Änderung des EStG vorgesehenen Begünstigungen für Start-up-Mitarbeiterbeteiligungen sollen auch im Beitragsrecht des ASVG nachvollzogen werden. Erhalten Mitarbeiter von Start-ups Kapitalanteile, führt dieser Vorteil aus dem Dienstverhältnis nicht sofort zur Beitragspflicht. Das Entstehen der Beitragspflicht im laufenden Dienstverhältnis wird bis zur tatsächlichen Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligungen oder dem Eintritt anderer Umstände aufgeschoben. Dieser Aufschub beschränkt sich aber jedenfalls auf die Dauer des Dienstverhältnisses, weil eine vom Bestand des Dienstverhältnisses losgelöste Beitragspflicht nicht vorgesehen ist.

Als Entgelt gemäß §49 Abs1 ASVG gelten diese Mitarbeiterbeteiligungen,

1.soweit der Dienstnehmer Anteile im aufrechten Dienstverhältnis veräußert;

2.im Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses;

3.soweit die Vinkulierung nach §67a Abs2 Z5 EStG aufgehoben wird und im Kalenderjahr der Aufhebung keine Veräußerung nach Z1 stattfindet;

4.sobald die mittelbare oder unmittelbare Beteiligung des Dienstnehmers 10% des Kapitals des Unternehmens übersteigt;

5.wenn Umstände eintreten, die zu einem Ende der Pflichtversicherung in Österreich führen.

1/210. Jänner 2024

Tagesfragen

Als Beitragsgrundlage bei Veräußerung der Anteile im aufrechten Dienstverhältnis ist der Veräußerungserlös heranzuziehen, in allen anderen Fällen (Z2 bis Z5) der 30-fache Betrag der täglichen Höchstbeitragsgrundlage.

2.2.Beitragssätze und Beitragsgrundlagen

Mit 1. 1. 2024 wird der Arbeitslosenversicherungsbetrag um 0,1 Prozentpunkte gesenkt und beträgt damit für Lehrlinge 2,3 % (bisher 2,4%) und für die übrigen Versicherten 5,9 % (bisher 6%). Der Dienstgeber- und der Dienstnehmeranteil betragen daher je 2,95 %, bei Lehrverhältnissen je 1,15%. Der Prozentanteil der Arbeitslosenversicherung für Niedrigverdiener ändert sich jedoch nicht.

Ab 1. 4. 2024 unterliegen auch mehrfach geringfügig Beschäftigte, deren Einkommen insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt, der Arbeitslosenversicherung (der bisherige Ausschluss von der Arbeitslosenversicherung ist verfassungswidrig, VfGH 6. 3. 2023, G 296/2022). Ein zusätzlicher Beitrag für die ab 1. 4. 2024 bestehende Arbeitslosenversicherung ist nicht vorgesehen, es bleibt bei den 14,12%.

Nicht zuletzt aufgrund der Einbeziehung mehrfach geringfügig Beschäftigter in die Arbeitslosenversicherung steigt ab 1. 1. 2024 die Dienstgeberabgabe von derzeit 16,4% auf 19,4 %.

Zu den Werten für 2024 (Beitragssätze, Höchstbeitragsgrundlagen, geringfügige und fallweise Beschäftigung) siehe die SV-Beilage in diesem Heft.

2.3.Säumniszuschläge

Je Meldeverstoß fallen 2024 grundsätzlich 61 Euro an. Die Summe aller Säumniszuschläge innerhalb eines Beitragszeitraums (mit Ausnahme der für verspätete Anmeldungen) darf das Fünffache der täglichen Höchstbeitragsgrundlage nicht überschreiten (2024: 1.010 Euro).

2.4.Verzugszinsen

Die Verzugszinsen steigen ab 1. 1. 2024 von 4,63% auf 7,88 %.

2.5.Anhebung des Regelpensionsalters für Frauen

Das Regelpensionsalter für Frauen wird im Zeitraum 2024 bis 2033 von derzeit 60 Jahren auf 65 Jahre steigen. Dabei wurden die Stichtage vom Gesetzgeber wie folgt präzisiert:

Versicherte geboren

1. 1. 1964 bis 30. 6. 1964

1. 7. 1964 bis 31. 12. 1964

1. 1. 1965 bis 30. 6. 1965

1. 7. 1965 bis 31. 12. 1965

1. 1. 1966 bis 30. 6. 1966

1. 7. 1966 bis 31. 12. 1966

1. 1. 1967 bis 30. 6. 1967

1. 7. 1967 bis 31. 12. 1967

1. 1. 1968 bis 30. 6. 1968

Regelpensionsalter

60,5. Lebensjahr

61. Lebensjahr

61,5. Lebensjahr

62. Lebensjahr

62,5. Lebensjahr

63. Lebensjahr

63,5. Lebensjahr

64. Lebensjahr

64,5. Lebensjahr nach dem 30. 6. 1968

65. Lebensjahr

Aufgrund dieser Präzisierung können all jene Frauen, die im Zeitraum 2. 12. 1963 bis 30. 6. 1968 jeweils im Dezember und im Juni geboren wurden, sechs Monate früher in Pension gehen als bisher angenommen (ausgenommen sind all jene Frauen, die am jeweils 1. dieser Monate geboren wurden, für sie ändert sich nichts). Zu den Auswirkungen für die Altersteilzeit siehe Pkt2.6.

2.6.Altersteilzeit

Ab 2024 kommt es bei der Altersteilzeit zu wesentlichen Änderungen:

Arbeitszeitverteilung bei kontinuierlicher Altersteilzeit

Neben der kontinuierlichen Verteilung der Arbeitszeit kann für Altersteilzeitvereinbarungen ab 1. 1. 2024 vereinbart werden, dass die Arbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von sechs Monaten mindestens 20% und höchstens 80% der vorherigen Normalarbeitszeit beträgt und die Schwankungen insgesamt ausgeglichen werden.

Das AMS erlaubt folgende Varianten:

1.Die Arbeitszeit kann innerhalb von sechs Monaten frei verteilt werden, sofern die Arbeitszeit im Durchschnitt der Altersteilzeitvereinbarung entspricht (also zwischen 40% und 60% der vorherigen Arbeitszeit). Der Sechsmonatszeitraum wird dabei immer vom Beginn der Laufzeit der Altersteilzeitvereinbarung an gerechnet, abweichende Sechsmonatszeiträume sind nicht möglich.

• Beispiel

Beginn Altersteilzeit mit 1. 1. 2024; die vereinbarte Arbeitszeit beträgt 50%; Dauer: vier Jahre. Die Sechsmonatszeiträume, innerhalb derer ausgeglichen werden muss, laufen von 1. 1. 2024 bis 30. 6. 2024, von 1. 7. 2024 bis 31. 12. 2024 usw. Innerhalb dieser Durchrechnungszeiträume ist jede Verteilung möglich (zB drei Monate 100% und drei Monate 0%, drei Monate 80% und drei Monate 20% etc).

2.Innerhalb der gesamten Dauer der Altersteilzeit kann die Arbeitszeit zwischen 20% und 80% der vor Beginn der Altersteilzeit geleisteten Arbeitszeit betragen, sofern die Schwankungen über dem gesamten Zeitraum ausgeglichen werden, also dem vereinbarten Prozentsatz zwischen 40% und 60% entsprechen.

• Beispiel

Beispiel wie oben. Die Arbeitszeit kann zwei Jahre 80% und zwei Jahre 20% betragen, oder ein Jahr 80%, ein Jahr 60% und zwei Jahre 30% etc.

3.Es ist auch eine Kombination der Varianten 1 und 2 möglich. Auch hier müssen die Grenzen von 20% und 80% während des gesamten Zeitraums eingehalten werden, es kann aber innerhalb eines halben Jahres die Arbeitszeit frei verteilt werden, wenn die Arbeitszeit dieses halben Jahres im Durchschnitt nicht unter 20% und über 80% der vor der Altersteilzeit geleisteten Arbeitszeit beträgt.

• Beispiel

Beispiel wie oben: zwei Jahre 80% und zwei Jahre 20%.

Während eines Sechsmonatszeitraums kann die Arbeitszeit wie folgt verteilt werden: zB drei Monate 100% und drei Monate 60% (= Ø 80%); vier Monate 100%, ein Monat 60% und ein Monat 20% (= Ø 80%); vier Monate 0%, zwei Monate 60% (= Ø 20%) etc.

Bei kontinuierlichen Altersteilzeitvereinbarungen, die bereits vor dem 1. 1. 2024 begonnen haben, kann die bisherige Arbeitszeitverteilung (Ausgleich der Schwankungen innerhalb eines Jahres, oder die Abweichungen betragen nicht mehr als 20% der Normalarbeitszeit und werden insgesamt ausgeglichen) weiterhin angewendet werden oder auf die neuen Regelungen umgestiegen werden. Genaue Arbeitszeitaufzeichnungen zu füh-

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Tagesfragen

ren, wird empfohlen, da das AMS verstärkt kontrollieren wird, ob auch tatsächlich eine kontinuierliche Altersteilzeitvereinbarung vorliegt.

Blocken der Arbeitszeit

Von geblockter Altersteilzeit ist ab 1. 1. 2024 immer dann auszugehen, wenn die Grenzen der kontinuierlichen Altersteilzeit überschritten werden. Die übrigen Voraussetzungen bleiben gleich (Ersatzkrafteinstellung, maximal 2,5 Jahre Freizeitphase etc).

Neuberechnung des Lohnausgleichs

Die Berechnung des oberen Ausgangswertes (= Oberwert) erfolgt wie bisher aus dem durchschnittlichen Entgelt (laufendes Entgelt inkl Überstunden, Zulagen, Funktionszulagen etc) der letzten zwölf Monate vor Beginn der Altersteilzeit. Der untere Ausgangswert (= Unterwert) ist das Entgelt für den gleichen Zeitraum wie der Oberwert, jedoch ohne Überstunden und entsprechend der Verringerung der Arbeitszeit anteilig gekürzt. Damit ist ab 1. 1. 2024 der Unterwert ein Prozentsatz des Oberwertes. Der Lohnausgleich ist wie bisher die Hälfte der Differenz aus Oberwert und Unterwert. Das tatsächlich mit Beginn der Altersteilzeit gebührende Teilzeitentgelt ist nur mehr für die Ermittlung der zusätzlichen SV-Beiträge und bei Einkürzung wegen der Höchstbeitragsgrundlage relevant. Die neue Berechnungsmethode wird auch auf bereits laufende Altersteilzeitvereinbarungen angewandt (spätestens ab der nächsten Bekanntgabe von Entgeltänderungen).

• Beispiel

• Dienstverhältnis ab 1. 2. 2015; Altersteilzeit ab 1. 2. 2024, Arbeitszeitreduktion 50%.

• Ø monatlicher Grundlohn der letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn der Altersteilzeit: 3.200 Euro.

• Ø monatliche Überstunden der letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn der Altersteilzeit: 400 Euro.

• Ø SEG-Zulagen der letzten zwölf Kalendermonate vor Beginn der Altersteilzeit: 250 Euro.

• Entgelt am 31. 1. 2024: Grundlohn: 3.250 Euro, Überstunden: 300 Euro, SEG-Zulagen: 450 Euro. Berechnung Lohnausgleich alt:

• Oberwert: 3.850 Euro (3.200 + 400 + 250).

• Unterwert: 1.850 Euro (3.250 + 450 = 3.700 : 2).

• Lohnausgleich: 1.000 Euro (3.850 – 1.850 = 2.000 : 2).

• Teilzeitentgelt am 1. 2. 2024: 1.850 Euro (3.250 + 450 = 3.700 : 2). Berechnung Lohnausgleich neu:

• Oberer Ausgangswert: 3.850 Euro (3.200 + 400 + 250).

• Unterer Ausgangswert: 1.725 Euro (3.200 + 250 = 3.450 : 2).

• Lohnausgleich: 1.062,50 Euro (3.850 – 1.725 = 2.125 : 2).

• Teilzeitentgelt am 1. 2. 2024: 1.850 Euro (3.250 + 450 = 3.700 : 2).

Förderung bei geblockter Altersteilzeit

Die Abgeltung des Aufwands bei geblockter Altersteilzeit wird stufenweise bis Ende 2028 verringert, ab 2029 erhält der Dienstgeber keine Abgeltung mehr. Je nach Laufzeitbeginn wird die Abgeltung ab 2024 bis 2027 jährlich um 7,5 Prozentpunkte verringert. Die Förderung beträgt daher 2024 42,5%, 2025 35%, 2026 27,5%, 2027 20%. 2028 beträgt der abzugeltende Anteil der Aufwendungen 10%. Wurde der Antrag auf geblockte Altersteilzeit mit einem Laufzeitbeginn ab 2024 vor dem 12. 9. 2023 beim AMS gestellt, erhält man noch 50 % des zusätzlichen Aufwands.

Entfall der Teilpensionsregelung

Die Regelungen zur Teilpension werden in den §27 AlVG integriert und bleiben inhaltlich unverändert. Für Zeiträume, in denen der Dienstnehmer bereits Anspruch auf eine Korridorpension hat, diese jedoch nicht beantragt, werden dem Dienstgeber nach wie vor 100% der Aufwendungen für Lohnausgleich und Sozialversicherungsbeiträge er-

setzt. Die Voraussetzungen sind vom Dienstgeber bekanntzugeben, und der höhere Aufwandersatz ist von ihm beim AMS zu beantragen.

Berücksichtigung von Entgelterhöhungen

Ab 2024 werden nur noch sonstige kollektivvertragliche Lohnerhöhungen oder solche von vergleichbaren Rechtsvorschriften (zB Mindestlohntarife, Dienstordnungen) berücksichtigt, sofern die Erhöhung mehr als 20 Euro beträgt (gerechnet auf Basis vor Herabsetzung der Arbeitszeit). Gemeint sind daher nur solche Erhöhungen, die keine jährlichen kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen darstellen, wie zB Einstufungsänderungen oder Biennalsprünge. Individuelle Lohnerhöhungen werden nicht mehr berücksichtigt.

Vereinfachung der Lohnverrechnung

Zur Vereinfachung der Lohnverrechnung wird klargestellt, dass die schon bisher vom Dienstgeber zu tragenden erhöhten Dienstnehmersozialversicherungsbeiträge keinen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellen. Diese Übernahme stellte bisher einen solchen dar und erhöhte so die Lohnnebenkosten. Das AMS wiederum förderte seit 1. 1. 2017 den Dienstgeberbeitrag, der auf den SV-Dienstnehmeranteil der Differenzbeitragsgrundlage entfällt. Ab 2024 ist diese Förderung aufgrund der Klarstellung, dass es sich bei den übernommenen SV-Beiträgen nicht mehr um einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis handelt, nicht mehr nötig. Auch diese Regelung gilt für alle, also auch schon für laufende Altersteilzeitvereinbarungen.

Anhebung des Frauenpensionsalters und Altersteilzeit

Aufgrund der Anhebung des Frauenpensionsalters ab 1. 1. 2024 hat der Gesetzgeber einige Stichtage präzisiert. Aufgrund dieser Präzisierung können all jene Frauen, die im Zeitraum 2. 12. 1963 bis 30. 6. 1968 jeweils im Dezember und im Juni geboren wurden, sechs Monate früher in Pension gehen als bisher angenommen (ausgenommen sind all jene Frauen, die am jeweils 1. dieser Monate geboren wurden, für sie ändert sich nichts).

Altersteilzeitvereinbarungen, bei denen sich durch diese Änderung ein früheres gesetzliches Pensionsantrittsalter ergibt, können in der ursprünglich vereinbarten, vom AMS bewilligten Form fortgeführt oder früher beendet werden, wenn sie vor Inkrafttreten des BGBl I 2023/11 bewilligt worden sind. Altersteilzeitvereinbarungen mit weiblichen Versicherten, für die bis spätestens Ende 2023 ein Antrag auf Altersteilzeitgeld gestellt wird, können einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten umfassen, der nach Vollendung des Regelpensionsalters liegt. Entgegenstehende Bestimmungen des §27 AlVG sind für diese Altersteilzeitvereinbarungen unbeachtlich, sofern die höchstmögliche Bezugsdauer von fünf Jahren nicht überschritten und keine der in §27 Abs3 AlVG genannten Versicherungsleistungen bezogen wird.

Änderung bei den Anspruchsvoraussetzungen

Um Altersteilzeit in Anspruch nehmen zu können, müssen in den letzten 25 Jahren vor Antritt 15 Jahre einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung vorliegen (arbeitslosenversicherungsfreie Zeiten der Kindererziehung bis zum 15. Lebensjahr, Krankengeld und Arbeitslosengeldbezug sowie bestimmte Auslandsaufenthalte werden auf die Rahmenfrist angerechnet). Ab 1. 1. 2024 sollen auch Zeiten einer pensionsversicherungspflichtigen selbständigen Erwerbstätigkeit für die Rahmenfristerstreckung angerechnet werden (Gesetzwerdung bleibt abzuwarten).

2.7.Freistellung bei Kinderrehabilitation

Ab 1. 11. 2023 haben Eltern einen Anspruch auf Freistellung gegen Entfall des Entgelts zur Begleitung von unter 14-jährigen Kindern, die in einer Rehabilitationsanstalt stationär aufgenommen wurden, für höchstens vier Wochen pro Kalenderjahr. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme beider Eltern ist nur zulässig, wenn es therapeutisch

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Tagesfragen

notwendig ist. In diesem Fall darf die Dauer insgesamt höchstens vier Wochen betragen. Eine Teilung zwischen den Eltern ist zulässig. Wird die Freistellung geteilt, muss ein Teil mindestens eine Woche betragen. Eine Kombination mit anderen Freistellungsansprüchen (zB Pflegefreistellung gemäß UrlG oder Dienstverhinderung gemäß §8 AngG) ist nicht zulässig. Eltern, die eine Freistellung in Anspruch nehmen wollen, haben die Bewilligung der Rehabilitation spätestens eine Wochen nach deren Zugang dem Arbeitgeber unter Bekanntgabe des Beginns und der Dauer vorzulegen. Es gilt ein besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz (ab Bekanntgabe bis vier Wochen nach Beendigung der Freistellung ist sowohl für die Kündigung als auch für die Entlassung die Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts einzuholen). Für die Dauer der Freistellung erhalten die Eltern Pflegekarenzgeld. Beiträge zur betrieblichen Vorsorge sind während der Freistellung nicht zu entrichten. Der Beginn der Freistellung ist der ÖGK mittels Familienhospizkarenz-/Pflegekarenz-Anmeldung anzuzeigen. Als Karenzart ist „Pflegekarenzgeld während Freistellung wegen Kinderrehabilitation“ auszuwählen. Bei Wiederantritt der Beschäftigung ist das Ende der Freistellung mittels Familienhospizkarenz-/ Pflegekarenz-Abmeldung zu übermitteln (ÖGK-Newsletter Nr12/Oktober 2023).

2.8.Begünstigungen für erwerbstätige Pensionisten

Ab 1. 1. 2024 wird bei erwerbstätigen Pe rsonen, die das Regelpensionsalter erreicht haben, der Pensionsversicherungsbeitrag im Ausmaß von 10,25 % für ein Entgelt bis zur zweifachen Geringfügigkeitsgrenze vom Bund übernommen. Der Dienstgeber hat diese Beiträge nicht einzubehalten. Bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeiten ist die Beitragsübernahme in Summe mit der zweifachen Geringfügigkeitsgrenze begrenzt. Beitragsteile, die nicht durch die Übernahme gedeckt sind und auch sonst nicht entrichtet wurden, hat der Versicherte bis zum 31. 3. des folgenden Kalenderjahres nachzuentrichten. Die Sonderzahlungen sind von dieser Bestimmung nicht umfasst. Auch bei Selbständigen und Bauern übernimmt der Bund 10,25% der Pensionsversicherungsbeiträge bis maximal zur zweifachen Geringfügigkeitsgrenze. Diese Maßnahme ist mit Ende 2025 befristet.

Außerdem wird ab 1. 1. 2024 für Bezieher einer Korridorpension oder einer Schwerarbeitspension (nicht jedoch für eine „Hacklerpension“) eine Toleranzgrenze beim Zuverdienst eingeführt. Bisher fiel die gesamte Pensionsleistung für den Kalendermonat weg, wenn beim Zuverdienst die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wurde. Künftig soll der Wegfall dann nicht eintreten, wenn die monatliche bzw die jährliche Geringfügigkeitsgrenze um nicht mehr als 40% überschritten wurde.

3.Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum DB

Ab dem Kalenderjahr 2025 beträgt der Beitrag 3,7 vH der Beitragsgrundlage. In den Kalenderjahren 2023 und 2024 beträgt der Beitrag ebenfalls bereits 3,7 vH, soweit dies „1.in anderen bundesgesetzlichen Vorschriften, 2.in einer Dienstordnung der Gebietskörperschaften, 3.in einer aufsichtsbehördlich genehmigten Dienst(Besoldungs)ordnung der Körperschaften des öffentlichen Rechts,

4.in der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,

5.in einem Kollektivvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, die aufgrund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden ist,

6.in einer Betriebsvereinbarung, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteils (§4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl 1974/22) auf der Arbeitgeberseite

zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurde, oder

7.innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern festgelegt ist“

Achtung: Um die 3,7% bereits ab 2023 in Anspruch nehmen zu können, empfiehlt das BMWA auf seiner Homepage (www.bmwa.gv.at) unter der Rubrik „FAQ: Senkung der Lohnnebenkosten“, rechtzeitig einen internen Aktenvermerk für allfällige Kontrollen anzulegen, und schlägt folgende beispielhafte Formulierung vor: „Gemäß §41 Abs5a Z7 Familienlastenausgleichsgesetz wird der Dienstgeberbeitrag für alle Dienstnehmer, für die der Beitrag zu entrichten ist, in den Jahren 2023 und 2024 mit 3,7% der Beitragsgrundlage festgelegt.“ Die mit festen Sätzen versteuerte Start-up-Mitarbeiterbeteiligung ist vom DB und DZ befreit.

Zuschlag zum DB (DZ)

2024 wird die Kammerumlage in Niederösterreich von 0,24% auf 0,23 %, in Salzburg von 0,25% auf 0,24 % und in Vorarlberg von 0,22% auf 0,21 % gesenkt; die WKÖ senkt von 0,14% auf 0,12%.

% 0,27 %0,12 %

% 0,21 %0,12 %

% 0,25 %0,12 %

%0,12 %

Siehe im Übrigen die SV-Beilage in diesem Heft.

4.Kommunalsteuer

Die Kommunalsteuer beträgt weiterhin 3% der Bemessungsgrundlage. Die mit festen Sätzen versteuerte Star t-up-Mitarbeiterbeteiligung ist von der Kommunalsteuer befreit.

5.Unpfändbare Freibeträge ab 1. 1. 2024

Allgemeiner Grundbetrag (§291a Abs1 EO), wenn der Verpflichtete im Rahmen des der gepfändeten Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses Sonderzahlungen erhält:

• monatlich 1.217 Euro;

• wöchentlich 284 Euro;

• täglich 40 Euro.

Erhöhter Grundbetrag (§291a Abs2 Z1 EO), wenn der Verpflichtete im Rahmen des der gepfändeten Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses keine Sonderzahlungen erhält:

• monatlich 1.420 Euro;

• wöchentlich 331 Euro;

• täglich 47 Euro.

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Bundesland DZ ab 2024

Unterhaltsgrundbetrag (§291a Abs2 Z2 EO) pro Person, der gesetzlicher Unterhalt gewährt wird:

• monatlich 243 Euro;

• wöchentlich 56 Euro;

• täglich 8 Euro.

Insgesamt jedoch höchstens für fünf Personen, dh höchstens:

• monatlich 1.215 Euro;

• wöchentlich 280 Euro;

• täglich 40 Euro.

Übersteigt das Nettoentgelt die angeführten pfändungsfreien Beträge, verbleiben vom Mehrbetrag (allgemeiner Steigerungsbetrag) 30% und für jede unterhaltsempfangende Person (Unterhaltssteigerungsbetrag) 10%, höchstens jedoch 50%.

Zur Gänze pfändbar ist jedenfalls das Nettoentgelt, das

• 4.860 Euro monatlich,

• 1.135 Euro wöchentlich und

• 162 Euro täglich

übersteigt (§291a Abs3 letzter Satz EO).

Bei Exekutionen wegen Unterhaltsansprüchen haben dem Verpflichteten 75% des unpfändbaren Freibetrags nach §291a EO zu verbleiben; für jene Unterhaltsberechtigten, die die Unterhaltsexekution führen, gebühren dabei keine Unterhaltsgrundbeträge und keine Unterhaltssteigerungsbeträge (§291b EO).

Erhält der Verpflichtete neben Geldforderungen auch Sachbezüge, vermindert sich der unpfändbare Freibetrag der Gesamtforderung um den Wert der dem Verpflichteten verbleibenden Sachleistungen. Dem Verpflichteten hat jedoch von den Geldforderungen mindestens der halbe allgemeine Grundbetrag zu verbleiben. Dieses absolute Existenzminimum bei Zusammentreffen von Geld- und Sachbezügen beträgt daher:

• monatlich 608,50 Euro;

• wöchentlich 142 Euro;

• täglich 20 Euro.

Bei Unterhaltsexekutionen:

• monatlich 456,38 Euro;

• wöchentlich 106,50 Euro;

• täglich 15 Euro.

Änderung der Sachbezugswerteverordnung

Durch eine Änderung der Sachbezugswerteverordnung (BGBl II 2023/404) erfolgen eine rückwirkende Anpassung betreffend den Kostenersatz für das Aufladen emissionsfreier Firmen-Kfz beim Arbeitnehmer und eine Klarstellung betreffend die Berücksichtigung von Ladestationen, die vom Arbeitgeber geleast werden. Außerdem ist der Zinssatz für die Berechnung der Zinsersparnis bei Arbeitgeberdarlehen und Vorschüssen ab 1. 1. 2024 unterschiedlich zu ermitteln, je nachdem, ob es sich um fix verzinste (bzw unverzinsliche) oder um variabel verzinste Darlehen/Vorschüsse handelt.

Umstrukturierungen

Wer trägt Werkschließungskosten eines ausländischen Konzernunternehmens im Zuge von Umstrukturierungsmaßnahmen?

Steuern

Unter welchen Umständen stehen Entschädigungszahlungen zu?

DANIELA WALLENSTEINER*)

Auf Entscheidung der Konzernmutter wird die Produktionsstätte eines ausländischen Tochterunternehmens geschlossen. Stattdessen soll die Produktion durch ein neues Werk, das von einem inländischen Konzernmitglied errichtet wird, übernommen werden. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob und in welcher Höhe dem ausländischen Konzernunternehmen eine Entschädigungszahlung zusteht und wer diese zu leisten hat.

1.Ausgangssachverhalt

Das italienische Tochterunternehmen eines internationalen Großkonzerns ist seit Jahrzehnten für ein österreichisches Konzernunternehmen im Bereich der Auftragsfertigung als low-risk contract manufacturer tätig. Das in Italien in einem hochspezialisierten Werk gefertigte Produkt wird ausschließlich an das österreichische Unternehmen geliefert und dient diesem als Grundstoff im weiteren Produktionsprozess. Die italienische Gesellschaft erhält eine Vergütung auf Cost-Plus-Basis. Aus dem Grundstoff wird in Österreich ein Endprodukt hergestellt, das an die deutsche Konzernmutter geliefert wird. Die Vergütung dafür erfolgt ebenfalls mittels Cost-Plus. Ein Teil der halbfertigen Produkte, die während des Herstellungsprozesses in Österreich entstehen, wird an fremde Dritte veräußert. Der Anteil der Menge des Grundstoffes, der in diesen halbfertigen Produkten enthalten ist, beläuft sich auf rund 30%. Die übrigen 70% sind in den Endprodukten enthalten, die an die Muttergesellschaft geliefert werden.

Auf Entschließung der Konzernmutter wird der Produktionsvertrag zwischen dem österreichischen und dem italienischen Unterneh men aufgekündigt; das Werk, in dem der Grundstoff für das österreichische Unterneh men gefertigt wird, soll in der Folge geschlossen werden. Geplant ist die Errichtung einer modernen Produktionsstätte in Österreich durch die inländische Konzerntochter. Mit dem neuen Werk soll durch die Etablierung eines innovativen Produktionsverfahrens, und damit einhergehend einer deutlichen Reduktion der Produktionskosten, die Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft gesichert werden.

Die vom italienischen Unternehmen berechneten Schließungskosten – bestehend aus personalbedingten Kosten (Abfertigungen, Bonuszahlungen etc), vorzeitiger Abschreibung von Anlagen sowie Beseitigung von Bodenkontaminierung – betragen 100 Mio Euro.

Zwischen der österreichischen und der italienischen Gesellschaft wurde ein Vertrag abgeschlossen, in dem die Bedingungen für die Auftragsfertigung festgelegt werden. Diese Vereinbarung aus dem Jahr 2007 wurde auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und legt ua eine Kündigungsfrist von acht Monaten zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres fest. Eine Mindestvertragsdauer wurde nicht festgelegt. Ebenso wenig findet sich bezüglich der Übernahme von Schließungskosten oder Kosten für Umstrukturierungsmaßnahmen eine Regelung.

*)Mag. Daniela Wallensteiner ist Betriebsprüferin des Finanzamts für Großbetriebe.

Im Rahmen der Auftragskündigung und Werkschließung wird im Jahr 2020 eine separate Vereinbarung getroffen, in der die italienische Gesellschaft über die Beendigung des Auftragsverhältnisses mit Ende des Jahres 2022 informiert und die Übernahme eines Teils der mit der Werkschlie ßung einhergehenden Kosten durch die österreichische Gesellschaft festgelegt wird. Konkret sollen Personalkosten iZm Bonuszahlungen1) sowie Kosten für die vorzeitige Abschreibung von Produktionsanlagen der österreichischen Gesellschaft angelastet werden. Dies entspricht rund 40% der gesamten Schließungskosten. Die übrigen Kosten trägt die italienische Gesellschaft.

2.Rechtliche Grundlagen

Um einer Verschiebung von Unternehmensgewinnen zwischen verbundenen Unternehmen internationaler Konzerne entgegenzutreten, einigten sich die OECD-Mitgliedstaaten darauf, den Fremdvergleichsgrundsatz als Maßstab zur Beurteilung der Fremdüblichkeit konzerninterner Transaktionen zugrunde zu legen. Dieser Grundsatz wird in Art9 OECD-MA festgelegt. Innerstaatlich erfolgt die Umsetzung durch §6 Z6 EStG.2) Eine wichtige Grundlage zur Lösung von Verrechnungspreisfällen stellen die OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2022 (OECD-VPL 2022) sowie die österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (VPR 2021) dar.3)

Die OECD-VPL 2022 beschäftigen sich in Kapitel IX mit verrechnungspreislichen Aspekten bei Umstrukturierungen der Geschäftstätigkeit. Die VPR 2021 behandeln Verrechnungspreise iZm Konzernstrukturänderungen in Rz176ff.

Eine allgemein anerkannte Definition für den Begriff der Umstrukturierung der Geschäftstätigkeit gibt es nicht. Die OECD-VPL 2022 beziehen sich auf die „grenzüberschreitende Reorganisation der kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen, einschließlich der Auflösung oder wesentlichen Neuverhandlung von bestehenden Vereinbarungen“ 4) Dabei muss es nicht zwingend zur Übertragung von etwas Werthaltigem kommen. Auch die Auflösung oder Neuverhandlung bestehender Vereinbarungen stellt eine Maßnahme dar, die eine Umstrukturierung der Geschäftstätigkeit bewirkt.5)

Im Rahmen der Verlagerung des Produktionsstandorts von Italien nach Österreich wurde der Vertrag mit dem italienischen Unternehmen aufgekündigt und eine neue Regelung hinsichtlich der Übernahme von Schließungskosten ausverhandelt. Es ist somit davon auszugehen, dass dieser Vorgang unter die Direktive von Kapitel IX OECD-VPL 2022 fällt.6)

3.Problemstellung und Lösungsansätze

Die folgenden Überlegungen sind von dem Grundgedanken getragen, dass die im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen getroffenen Vereinbarungen mit Art9 OECD-MA

1)Bonuszahlungen werden an die Mitarbeiter geleistet, um einen Anreiz zu schaffen, damit sie bis zur Werkschließung beim Unternehmen bleiben und nicht vorzeitig das Unternehmen verlassen. Dadurch soll eine durchgehende Belieferung des österreichischen Unternehmens sichergestellt werden, bis die Produktionsstätte in Österreich selbst diese Aufgabe übernehmen kann.

2)Weiters sind zur Beurteilung von internationalen Sachverhalten iZm Umstrukturierungsmaßnahmen und Funktionsverlagerungen die Bestimmungen des allgemeinen Steuerrechts, insbesondere §8 Abs2 KStG, heranzuziehen (vgl zB Bernegger/Rosar, Verrechnungspreisaspekte von Konzernrestrukturierungen aus Sicht der OECD-VPL und VPR, in Rosar/Rosenberger, Handbuch Verrechnungspreise3 [2022] Pkt1.2.).

3)Zur Rechtsverbindlichkeit siehe Hell/Obererlacher, Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien in der nationalen Judikatur, TPI 2022, 91.

4)Siehe Tz9.1 OECD-VPL 2022.

5)Vgl Tz9.10. OECD-VPL 2022.

6)Die VPR 2021 verwenden den Begriff der „Konzernstrukturänderung“. Unter Rz176 VPR 2021 werden beispielhaft verschiedene Sachverhalte angeführt, die unter diesen Terminus fallen (ua Änderung der Produktionsstrukturen oder Rationalisierungsprozesse). Eine allgemeine Definition liefern aber auch die VPR 2021 nicht.

bzw dem Fremdverhaltensgrundsatz vereinbar sein müssen. Zunächst ist der Umstand zu klären, ob die Umstrukturierung zwischen fremden dritten Partnern einen Entschädigungsanspruch auslösen würde. Falls diese Frage positiv beantwortet wird, ist zu beurteilen, ob die Höhe der Vergütung fremdüblich ist und welches Unternehmen diese Zahlung zu leisten hat.

3.1.Steht eine Entschädigung grundsätzlich zu?

Nicht jede Umstrukturierungsmaßnahme führt zwischen fremden dritten Geschäftspartnern zu einem Entschädigungsanspruch. Um die Fremdüblichkeit einer Vergütung zu beurteilen, gilt es zu untersuchen, ob mit der Umstrukturierung ein Vermögenswert oder eine Geschäftstätigkeit übertragen wird und ob dieser Umstand zwischen fremden Dritten eine Entschädigungszahlung auslösen würde.7) Diese Überprüfung findet nach den OECD-VPL 2022 in einem mehrstufigen Verfahren statt, bei dem zuerst die Vertragsverhältnisse und in einem weiteren Schritt die im Zuge der Restrukturierungsmaßnahme tatsächlich stattgefundenen Veränderungen sowie deren Auswirkung auf Funktions- und Risikoverteilung unter dem Gesichtspunkt der realistischerweise zur Verfügung stehenden Alternativen analysiert werden.8)

Zunächst sind also die getroffenen Vereinbarungen auf ihre Fremdüblichkeit hin zu überprüfen. Dazu ist es notwendig, die Gründe für die Umstrukturierungsmaßnahme (einschließlich der Rolle von Synergieeffekten) zu analysieren.9) Im Sinne des Fremdverhaltensgrundsatzes soll sichergestellt werden, dass jene verbundenen Unternehmen, die zu positiven Synergieeffekten beitragen, eine angemessene Vergütung erhalten.10) Diese Beurteilung ist auf Ebene der einzelnen Unternehmen vorzunehmen, 11) unter Berücksichtigung der realistischerweise zur Verfügung stehenden Alternativen.12)

Im konkreten Fall ist der Bereich, in dem der Konzern tätig ist, einem starken Preisdruck ausgesetzt. Vor allem Produzenten aus Asien drängen in den Markt. Daher sieht sich die Konzernführung gezwungen, auf günstigere Produktionsalternativen zu setzen. Die italienische Gesellschaft hätte in den kommenden Jahren umfangreiche Investitionen tätigen müssen, welche ohne finanzielle Unterstützung durch andere Konzerngesellschaften kaum realisierbar wären. Die Entscheidungsoptionen der italienischen Gesellschaft sind daher sehr eingeschränkt.13) Tatsächlich hat der italienische Produzent keine andere realistische Alternative, als die Vorgaben der Muttergesellschaft umzusetzen.

Im ursprünglichen Vertragswerk über die Lieferung des Grundstoffes vom italienischen Unternehmen nach Österreich fehlt eine Klausel hinsichtlich der Übernahme von schließungsbedingten Kosten. Gerade in Geschäftsbereichen, in denen langfristig zu amortisierende hochspezialisierte Produktionsmaschinen eingesetzt werden, wird es in aller Regel fremdüblich sein, Entschädigungsklauseln in das Vertragswerk mitaufzunehmen.14) Insbesondere wenn der Kundenkreis – wie im vorliegenden Fall – sehr eingeschränkt ist, würde sich ein fremder Dritter vertraglich dahingehend absichern, dass zumindest

7)Siehe Tz9.39 OECD-VPL 2022.

8)Vgl Bernegger/Rosar in Rosar/Rosenberger, Handbuch Verrechnungspreise3, Pkt1.3.1.

9)Vgl Tz9.24 OECD-VPL 2022.

10)Siehe Kapitel I Abschnitt D.8. OECD-VPL 2022.

11)Siehe Tz9.12 OECD-VPL 2022.

12)Es müssen vom Steuerpflichtigen nicht alle hypothetisch zur Verfügung stehenden Alternativen dokumentiert werden. Vielmehr zielt die Überlegung der realistischerweise zur Verfügung stehenden Alternativen darauf ab, eindeutig attraktivere Optionen zu identifizieren und bei der Analyse der Fremdüblichkeit der Vereinbarungen im Zuge von Umstrukturierungen zu berücksichtigen (siehe Tz9.31. OECDVPL 2022).

13)Denkbar wäre, die Produktion für einen anderen Abnehmer mit dem alten Werk fortzuführen. Aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades ist dies aber nicht realistisch.

14)Siehe Tz9.88f OECD-VPL 2022 und Rz185 VPR 2021.

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die Amortisierung der Investitionen gesichert ist.15) Ohne derartige Zusagen würde ein fremdes Unternehmen wohl kaum hohe Investitionen in Produktionsmaschinen tätigen, die nur einem sehr eingeschränkten Kundenkreis dienen. Daher ist gegen die im Zuge der Auftragsbeendigung getroffene Vereinbarung hinsichtlich einer Entschädigung der Schließungskosten dem Grunde nach kein Einwand zu erheben.

Grundsätzlich hat die italienische Gesellschaft als low-risk contract manufacturer kaum Risiken getragen, welche an die österreichische Gesellschaft übertragen werden.16) Der Aspekt der Risikoübernahme ist daher vernachlässigbar.

Durch die Entscheidung der Konzernmutter, die Produktion des Grundstoffes nach Österreich zu verlagern, findet eine Funktionsverlagerung der Auftragsfertigung von Italien nach Österreich statt. Die Umstrukturierungsmaßnahme hat nachteilige Auswirkungen auf die italienische Gesellschaft, deren zukünftiges Gewinnpotenzial (zumindest im Sinne einer Amortisation der Produktionsanlagen) verloren geht. Gemäß Art9 OECD-MA hat die italienische Gesellschaft daher grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung.17)

3.2.Höhe der Entschädigung

Die Entschädigungshöhe muss den wirtschaftlichen Schaden der italienischen Gesellschaft abgelten.18) Dazu gehören jene Kosten, die durch die (vorzeitige) Schließung des Werks zustande kommen.

• Personalbedingte Kosten: In der Gesamtsumme sind ua Abfertigungszahlungen und Bonuszahlungen für den Verbleib der Mitarbeiter bis zur Schließung des Werks enthalten. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen den Kosten, die durch die Schließung verursacht sind, und jenen Kosten, die auch ohne Schließung entstanden wären. Abzugelten sind nur jene Kosten, die als wirtschaftlicher Schaden infolge der Entscheidung der Konzernmutter, das Werk zu schließen, entstanden sind. An die österreichische Gesellschaft werden nicht die gesamten personalbedingten Kosten weiterverrechnet, da einige Kosten nicht allein durch die Schließung verursacht wurden.

• Vorzeitige Abschreibung von Anlagen: Investitionen in Produktionsanlagen, die sich durch die Schließung noch nicht am ortisiert haben, werden als Schließungskosten dem österreichischen Unternehmen angelastet. Die Übernahme dieser Kosten ist angesichts der Ausführungen unter Pkt3.1. als fremdüblich anzusehen.

• Beseitigung von Kontaminierungen: Die Kontaminierung von Grund und Boden ist im Laufe des Betriebs entstanden. Diese Position stellt keinen schließungsbedingten Kostenfaktor dar und wird daher nicht weiterverrechnet.19)

In weiterer Folge ist darauf zu achten, dass die Kosten, die der österreichischen Gesellschaft als Werkschließungskosten in Rechnung gestellt werden, nicht zusätzlich bei Verrechnung der produzierten Grundstoffe in die Cost-Plus-Basis miteinbezogen werden.

15)Dies könnte zB durch festgelegte Mindestabnahmemengen und/oder eine Mindestvertragslaufzeit gekoppelt mit Ausgleichszahlungen bei vorzeitiger Kündigung erreicht werden (siehe dazu auch Tz9.88f OECD-VPL 2022).

16)Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen wurde das Investitionsrisiko minimiert. Es ist zu erwarten, dass sich auch die österreichische Gesellschaft hinsichtlich des Investitionsrisikos vertraglich absichert, sodass dieses Risiko de facto der Abnehmer (in dem Fall die Konzernmutter) trägt und daher nicht der österreichischen Gesellschaft zugeschrieben werden kann (siehe Tz9.90 OECD-VPL 2022).

17)Siehe Rz190 VPR 2021.

18)Siehe Rz184 VPR 2021.

19)Es wurden diesbezüglich laufend Rückstellungen gebildet, daher wird angenommen, dass dem italienischen Unternehmen trotz Übernahme dieser Kosten in Bezug auf die Produktion dieses Grundstoffes auf die gesamte Laufzeit gesehen immer noch ein Gewinn verbleibt.

3.3.Wer hat die Kosten zu tragen?

Im Zentrum steht die Frage: Wer profitiert von der Umstrukturierungsmaßnahme? Es ist davon auszugehen, dass fremde Dritte nur dann eine Abgeltung bezahlen würden, wenn sie von der Maßnahme profitieren. Im Sinne des Fremdvergleichsgrundsatzes muss derjenige zum Kostenersatz verpflichtet werden, der die wirtschaftlichen Vorteile aus einer Umstrukturierungsmaßnahme zieht.20) Dazu ist eine genaue Analyse der Situation vor und nach der Umstrukturierung erforderlich.

Bisher hat die österreichische Gesellschaft an den italienischen Auftragsfertiger eine Vergütung in Höhe der Kosten plus Aufschlag in Höhe von 5% bezahlt. Für das Endprodukt erhielt die österreichische Tochter von der Muttergesellschaft eine Vergütung mit Cost-Plus 15%.

Durch die Umstrukturierung verspricht sich die Konzernleitung eine kostengünstigere Produktion. Die Verrechnungspreismethode und die Höhe der Aufschläge sollen sich nicht ändern.

Wer profitiert also von der Umstrukturierungsmaßnahme? Diese Frage lässt sich anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen:

• Beispiel

Situation vor der Umstrukturierungsmaßnahme: Angenommen, die Kosten der Auftragsfertigung des italienischen Unternehmens betragen für eine Einheit 100. Die österreichische Gesellschaft hat eine Vergütung in Höhe von 100 plus 5%, also 105, zu bezahlen. Ihrerseits erhält die österreichische Gesellschaft für das fertige Endprodukt eine Vergütung von Cost-Plus 15%. Die Kosten für den Grundstoff aus Italien fließen in die Kostenbasis für die Produktion in Österreich ein.21) Daher erhält die österreichische Gesellschaft rein für den Grundstoff 105 plus 15%, das sind 120,75. Situation nach der Umstrukturierungsmaßnahme: Durch die neue Fertigungsfabrik in Österreich kann der Rohstoff günstiger produziert werden. Angenommen, die Kosten für eine Einheit des Grundstoffes, der nun direkt von der österreichischen Gesellschaft gefertigt wird, belaufen sich nur mehr auf 80. Die österreichische Gesellschaft erhält aber von der Muttergesellschaft – wie vor der Umstrukturierung – eine Vergütung von 15% auf die Kosten, somit 92, für den Grundstoff.

Dieses Beispiel veranschaulicht, dass unter diesen Voraussetzungen allein die Konzernmutter profitiert.22) Folglich müsste daher die Konzernmutter die italienische Gesellschaft für die Schließungskosten entschädigen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass bei dem unter Pkt1. beschriebenen Ausgangssachverhalt von der österreichischen Gesellschaft halbfertige Produkte an fremde Dritte verkauft werden. In diesem Bereich profitiert allein das österreichische Unternehmen von den Vorteilen der günstigeren Produktion. Der Anteil der Menge des Grundstoffes in Produkten, die an fremde Dritte veräußert werden, beläuft sich auf rund 30%. Von den übernommenen Schließungskosten sind daher lediglich 30% von der österreichischen Gesellschaft zu tragen, da sie nur mit diesem Anteil selbst unmittelbar von der Umstrukturierung profitieren kann. Im Übrigen kommen die Vorteile der Muttergesellschaft zugute; daher ist der übrige Anteil der Schließungskosten auch von dieser zu entschädigen.

Auf den Punkt gebracht

Werden bei international tä tigen Konzernen Umstruktur ierungsmaßnahmen gesetzt, stellt sich die Frage nach einem Entschädigungsanspruch. Unter Berücksichtigung des Fremdverhaltensgrundsatzes ist zu überprüfen, ob ein Entschädigungsanspruch be-

20)Siehe Rz190 VPR 2021.

21)Der Grundstoff ist im gesamten Produktionsprozess bzw in der Wertschöpfungskette von untergeordneter Bedeutung. Daher fließen die Kosten in die Basis für die Vergütung mit ein und sind nicht als Durchläufer zu erfassen.

22)Eine Diskussion darüber, ob angesichts der zusätzlichen Funktion, die die österreichische Gesellschaft übernommen hat, die Höhe der Aufschläge angepasst werden müsste, wäre denkbar, würde aber den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

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steht und wer diesen zu leisten hat. Jenes Unternehmen, welches die wirtschaftlichen Vorteile aus einer Umstrukturierungsmaßnahme erhält, hat jenes Unternehmen zu entschädigen, zulasten dessen die Maßnahme getroffen wurde. Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Schaden, den die Umstrukturierungsmaßnahme verursacht. Bei der Beurteilung sind realistischerweise zur Verfügung stehende Alternativen zu berücksichtigen.

Auf den Punkt gebracht

Umsatzsteuer-Update Jänner 2024: Aktuelles auf einen Blick

Gesetzgebung – Rechtsprechung

MARIO MAYR*)

„Was gibt es Neues?“ – Dieser Nachrichtenüberblick bietet kurz und bündig alles Wissenswerte rund um die Umsatzsteuer für den Unternehmensalltag und die Beratungspraxis.

1.Umsatzsteuerrichtlinien-Wartungserlass 2023

Mit Erlass des BMF vom 15. 12. 2023, 2023-0.877.675,1) BMF-AV 2023/152, wurde die jährliche Wartung der UStR vorgenommen. Im Rahmen der laufenden Wartung hat man insbesondere die aktuelle Judikatur der Höchstgerichte (VwGH/EuGH) sowie Änderungen durch das AbgÄG 2023, BGBl I 2023/110, und das CESOP-Umsetzungsgesetz 2023, BGBl I 2023/106, aufgenommen und Aussagen zu überholten Rechtslagen gestrichen.

Literaturhinweis: In der nächsten SWK wird ein ausführlicher Beitrag zum UStR-Wartungserlass 2023 erscheinen.

2.Liste der begünstigten Luftverkehrsunternehmer – Stand 1. 1. 2024

Norm: §9 Abs2 Z1 UStG.

Mit Erlass des BMF vom 15. 12. 2023, 2023-0.887.707,2) BMF-AV 2023/149, wurde die aktualisierte Liste der Unternehmer mit Sitz im Inland, die im entgeltlichen Luftverkehr überwiegend grenzüberschreitende Beförderungen oder Beförderungen auf ausschließlich im Ausland gelegenen Strecken durchführen, in der Findok veröffentlicht.

3.Tierarzneimittel – Steuersatz

Norm: §10 Abs2 Z1 lita UStG iVm Z34 der Anlage 1.

Mit BGBl I 2023/186 wurde ein Bundesgesetz über Tierarzneimittel (Tierarzneimittelgesetz – TAMG) verabschiedet. Nach dessen § 93 Abs8 Z17 ist, sofern im UStG auf den Begriff „Arzneimittel“ Bezug genommen wird, ab Inkrafttreten des TAMG (das ist der 1. 1. 2024) davon auch der Begriff „Tierarzneimittel“ mitumfasst.

*)Mag. Mario Mayr, LL.M. ist Hofrat des Verwaltungsgerichtshofes.

1)https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=1198f423-be42-495a-a853-4b69 42188f4f (Zugriff am 2. 1. 2024).

2)https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e100000s1&segmentId=1257cf95-6791-4c03-8149-e42d ab412030 (Zugriff am 2. 1. 2024).

Dies betrifft die ermäßigte Besteuerung mit 10% für die Lieferungen und die Einfuhr der in der Anlage 1 (hier: Z34) aufgezählten Gegenstände gemäß §10 Abs2 Z1 lita UStG.

Anmerkung: Im Ergebnis bleibt die bisherige Besteuerung von Tierarzneimitteln unverändert. Siehe dazu Rz1174a UStR, wonach für die Umsätze (Lieferungen, innergemeinschaftliche Erwerbe und Einfuhren) von Arzneimitteln der ermäßigte Steuersatz von 10% zur Anwendung kommt. Dies erfasst nach Rz1174a UStR alle Arzneimittel, die unter das Arzneimittelgesetz, BGBl 1983/185 idgF, fallen, sowohl im Bereich der Humanmedizin als auch in jenem der Veterinärmedizin.

4.Unternehmereigenschaft eines Mitglieds des Verwaltungsrats einer (luxemburgischen) Aktiengesellschaft

Entscheidung: EuGH 21. 12. 2023, TP, C-288/22.

Normen: Art9 Abs1 MwStSyst-RL; §2 UStG.

Art9 Abs1 MwStSyst-RL ist dahin auszulegen, dass das Mitglied des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung ausübt, wenn es dieser Gesellschaft eine Dienstleistung gegen Entgelt erbringt und diese Tätigkeit einen nachhaltigen Charakter aufweist und gegen eine Vergütung ausgeübt wird, deren Festsetzungsmodalitäten vorhersehbar sind.

Art9 Abs1 UAbs1 MwStSyst-RL ist dahin auszulegen, dass die Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht nicht selbständig im Sinne dieser Bestimmung ausgeübt wird, wenn dieses Mitglied – trotz der Tatsache, dass es die Modalitäten der Ausübung seiner Arbeit frei regelt, das Entgelt, das sein Einkommen darstellt, selbst vereinnahmt, im eigenen Namen handelt und keinem hierarchischen Unterordnungsverhältnis unterliegt – weder für eigene Rechnung noch in eigener Verantwortung handelt und das mit seiner Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko nicht trägt.

Anmerkung: TP ist Mitglied des Verwaltungsrats mehrerer Aktiengesellschaften nach luxemburgischem Recht. Seine Tätigkeit besteht insbesondere darin, Berichte von Führungskräften oder Vertretern der Gesellschaften entgegenzunehmen, strategische Vorschläge, Entscheidungen der operativen Führungskräfte, Probleme iZm der Rechnungslegung dieser Gesellschaften und ihrer Tochtergesellschaften sowie die für sie bestehenden Risiken zu erörtern. Gegebenenfalls erbringt er noch andere Arbeiten (siehe Rn 18 des Urteils).

Aufgrund dieser Tätigkeiten erhielt TP in seiner Eigenschaft als Mitglied des Verwaltungsrats durch Beschluss der Hauptversammlungen der Aktionäre der Gesellschaften Tantiemen aus dem von den Gesellschaften erzielten Gewinn.

Nach dem luxemburgischem Recht ist der Verwaltungsrat befugt, alle Handlungen vorzunehmen, die für die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich oder zweckmäßig sind. Verfahrensgegenständlich war, ob TP damit Umsätze im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinn des Mehrwertsteuerrechts erzielt.

In Rn 39 wies der EuGH darauf hin, dass bei einer Vergütung in Form von Tantiemen zu prüfen ist, ob, falls die Aktiengesellschaft keinen oder nur einen geringen Gewinn erzielt, die Hauptversammlung auf der Grundlage anderer Faktoren dennoch einen Betrag an Tantiemen gewähren kann, der als objektiv angemessen für erbrachte Dienstleistungen angesehen werden kann.

Bei der Frage, ob ein Verwaltungsratsmitglied im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung gehandelt hat, sind insbesondere die nationalen Rechtsvorschriften über die Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Verwaltungsratsmitgliedern und der betreffenden Gesellschaft zu berücksichtigen (vgl Rn 55).

Hinweis: Da sich der EuGH explizit mit dem Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht auseinandersetzt, ist die Entscheidung nicht unmittelbar auf die österreichische Rechtslage übertragbar.

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Die allgemeinen Ausführungen des Gerichtshofs zu den beiden Fragen (Vorliegen eines Umsatzes, Unternehmereigenschaft) werden aber auch für das UStG zu beachten sein, wenn es um die Beurteilung einer Tätigkeit als Organ einer Gesellschaft (zB Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsratsmitglied usw) geht. Der EuGH hat iZm diesen Fragen seine bisherige Rechtsprechung bestätigt (siehe dazu ausführlich Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG3 [2021] §2 Rz228ff).

5.BFG zur Ex-nunc-Rechnungsberichtigung von Dreiecksgeschäften

Entscheidung: BFG 7. 12. 2023, RV/6101039/2015; Revision zugelassen.

Norm: Art25 UStG.

Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte ist an die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft. Es kann allerdings auch in Fällen wie dem gegenständlichen, in denen eine Tatbestandsvoraussetzung erst nach Ausführung der fraglichen Lieferungen erfüllt wird, etwa durch nachträgliche Ausstellung einer korrekten Rechnung iSd Art25 UStG, zur Ex-nunc-Anwendbarkeit dieser Vereinfachungsregel kommen.

Anmerkung: A wurde aufgrund ihrer Beteiligung an „missglückten Dreiecksgeschäften“ in den Jahren 2011 bis 2014 vom Finanzamt Umsatzsteuer gemäß Art3 Abs8 Satz 2 UStG aufgrund eines kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerbs vorgeschrieben und der Vorsteuerabzug dafür versagt.

Im März 2015 hat A eine Korrektur der entsprechenden Zusammenfassenden Meldungen dahingehend vorgenommen, dass diese einen Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts enthalten. Außerdem hat A gegenüber ihren Kunden korrigierte Rechnungen ausgestellt, die neben den schon bisher enthaltenen Rechnungsmerkmalen auch einen Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft und die Steuerschuldnerschaft des Empfängers enthalten.

Das BFG ging unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH davon aus, dass eine Berichtigung eines Dreiecksgeschäfts nicht möglich sei, wohl aber die erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung auch dazu führe, dass mit diesem Zeitpunkt und somit dem Vorliegen sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen auch die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte zur Anwendung kommen könne.

Da zur Frage, ob ab dem Zeitpunkt der späteren Rechnungsberichtigung die Vereinfachungsregel für Dreiecksgeschäfte in Anspruch genommen werden kann, keine Rechtsprechung des VwGH besteht, hat das BFG die Revision zugelassen. Die Erhebung einer solchen ist (bislang) in der Findok nicht angemerkt.

6.BFG zur (unzulässigen) Ex-tunc-Rec hnungsberichtigung von Dreiecksgeschäften

Entscheidung: BFG 7. 12. 2023, RV/6100547/2015; Revision nicht zugelassen.

Norm: Art25 UStG.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 8. 12. 2022, Luxury Trust Automobil GmbH, C-247/21) stellt das nachträgliche Erfüllen einer für die Steuerschuldverlagerung auf den Empfänger einer Lieferung notwendigen Tatbestandsvoraussetzung keine Korrektur dar. Vielmehr handelt es sich um die erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung, die keine Rückwirkung entfalten kann. Eine rückwirkende Sanierung von Dreiecksgeschäften scheidet demnach aus.

Anmerkung: B führte Lieferungen an in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmer aus. Die Liefergegenstände wurden von B unter Verwendung ihrer österreichischen UID-Nummer bei einem in Schweden oder Dänemark ansässigen Unternehmer (aufgetreten mit der UIDNummer des Ansässigkeitsstaates) bestellt und von diesem direkt an die Kunden der B verschickt. Die Kunden traten mit der UID-Nummer des Bestimmungslandes der Waren auf.

Die ursprünglichen Rechnungen der B wurden ohne Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt und enthielten keinen Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts oder den Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger.

Das Finanzamt hat diese Transaktionen aufgrund der von B ohne Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts bzw den Übergang de r Steuerschuld auf den Leistungsempfänger ausgestellten Rechnungen sowie aufgrund der Tatsache, dass die Lieferungen im Rahmen der Zusammenfassenden Meldungen nicht als „Dreiecksgeschäft“ deklariert wurden, als „missglücktes Dreiecksgeschäft“ qualifiziert und daher die allgemeinen Regeln für Reihengeschäfte zur Anwendung gebracht.

Konsequenz daraus waren die Festsetzung eines kumulativen innergemeinschaftlichen Erwerbs in Österreich iSd Art3 Abs8 Satz 2 UStG und die Versagung des Vorsteuerabzugs der iZm diesem Erwerb entstandenen Erwerbsteuer unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH (EuGH 22. 4. 2010, X bzw Facet BV/Facet Trading BV, C-536/08 und C-539/08).

In einem nicht verfahrensgegenständlichen Jahr hat B die Rechnungen korrigiert bzw dahingehend ergänzt, dass diese einen Hinweis auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts und den Übergang der Steuerschuld enthielten.

Das BFG hat eine Rückwirkung der Rechnungsberichtigung im Hinblick auf das Vorliegen eines Dreiecksgeschäfts nicht zugelassen.

Hinweis: Zur Ansicht des BFG iZm einer Ex-nunc-Wirkung einer Rechnungsberichtigung für ein Dreiecksgeschäft siehe Pkt5.

7.Einfuhrumsatzsteuerfreiheit beim Import-One-Stop-Shop

Entscheidung: BFG 31. 10. 2023, RV/7200053/2023; Revision nicht zugelassen.

Norm: §6 Abs4 Z9 UStG.

Zur Inanspruchnahme der Steuerfreiheit gemäß §6 Abs4 Z9 UStG bedarf es zwingend der Angabe der betreffenden gültigen Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer in der Einfuhrzollanmeldung. Nach Überlassung der eingeführten Waren ist eine nachträgliche Berücksichtigung dieser Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zum Zweck der nachträglichen Gewährung der Steuerfreiheit nicht möglich.

Anmerkung: Mit Zollanmeldung vom 3. 4. 2023 kam es im Postverkehr zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr einer aus Thailand stammenden Sendung. Als Anmelder und indirekter Vertreter des Empfängers C ist in dieser Zollanmeldung die Österreichische Post AG vermerkt. C scheint im Feld 8 der Zollanmeldung als Empfänger auf.

Das Zollamt Österreich setzte gemäß Art102 UZK die Eingangsabgabenschuld (Einfuhrumsatzsteuer) fest. Anlässlich der Zustellung der Sendung hatte C der Post neben dieser Eingangsabgabenschuld zusätzlich zur Abgeltung deren Leistungen einen „Importtarif“ in Höhe von 5 Euro zu entrichten.

C bestellte die Ware über eine bekannte Internetplattform und bezahlte die darauf entfallende Steuer doppelt, nämlich einerseits dem Verkäufer (in Form der Umsatzsteuer) und zusätzlich der Post (in Form der Einfuhrumsatzsteuer).

Das BFG hat die Beschwerde des C gegen den Bescheid des Zollamts abgewiesen. Hinweis: Inwieweit die Besteuerung der Lieferung an C durch den Verkäufer zu Recht erfolgt ist, war nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Revision gegen die Entscheidung wurde – soweit ersichtlich – nicht eingebracht.

8.BFG zur Glaubhaftmachung der Vertretungsmacht gemäß §38 Abs2 ZollR-DG

Entscheidung: BFG 10. 11. 2023, RV/7200073/2022; Revision nicht zugelassen.

Norm: §6 Abs4 Z9 UStG.

Die Postverwaltungen des Bestimmungslandes sind gemäß Art18 Weltpostvertrag berechtigt, die Sendungen der Zollbehandlung zuzuführen.

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SOZIALVERSICHERUNGSWERTE 2024 Zusammengestellt von Mag. Martin Egger Leiter der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Niederösterreich

Abkürzungen

AK Arbeiterkammerumlage, AktF Aktualisierungsfaktor, AlG Arbeitslosengeld, AlV Arbeitslosenversicherung, Ang Angestellte, AnpF Anpassungsfaktor, Arb Arbeiter, AP Alterspension, APG Allgemeines Pensionsgesetz, AuslBG Ausländerbeschäftigungsgesetz, AÜG Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BauArb Bauarbeiter, BEinstG Behinderteneinstellungsgesetz, Beitr Beitrag, Betriebsf Betriebsführer, BGrl Beitragsgrundlage, BL Bundesland, BM Beitragsmonat, BMG Bemessungsgrundlage, BMSVG Betriebliches Mitarbeiter-und Selbständigenvorsorgegesetz, DB Dienstgeberbeitrag, DG Dienstgeber, DLSG Dienstleistungsscheckgesetz, DN Dienstnehmer, DV Dienstvertrag, Eink Einkünfte, ESt Einkommensteuer, Ges Gesellschafter, Gew Gewerbe, Gf Geschäftsführer, GfGrenze Geringfügigkeitsgrenze, HBGrl Höchstbeitragsgrundlage, HöherV Höherversicherung, IESG Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, KollV Kollektivvertrag, KV Krankenversicherung, LAK Landarbeiterkammerumlage; LehrJ Lehrjahr, M Monat, MBGrl Mindestbeitragsgrundlage, Mitgl Mitglied, NSchG Nachtschwerarbeitsgesetz, P Pension, PflV Pflichtversicherung, PV Pensionsversicherung, SchlW Schlechtwetterentschädigungsgesetz, SelbstV Selbstversicherung, SV Sozialversicherung, SZ Sonderzahlung, T Tag, Url Urlaub, UV Unfallversicherung, VersW Versicherungswert, VersGr Versicherungsgrenze, VM Versicherungsmonat, W Woche, WBF Wohnbauförderungsbeitrag, WK Wirtschaftskammer, WT Wirtschaftstreuhänder, WV Weiterversicherung, Zuschl Zuschlag.

Beitragsbezogene Werte – (freie) Dienstnehmer

Geringfügigkeitsgrenze: 518,44 €/M; Grenze für Dienstgeberabgabe:20,5% inkl. UV (Arb, Ang, freie DN), wenn Summe geringfügiger Entgelte 777,66 €/M übersteigt (keine UV ab 60. Lj =19,4%).

HBGrl: laufender Bezug: 202 €/T, 6.060 €/M; SZ: 12.120 €/J; freie DN ohne SZ: 7.070 €/M. BGrl, wenn kein Entgelt gebührt (zB mittätige Kinder): 32,54 €/T = 976,20 €/M (KV, PV, UV wie DN, keine AlV).

Zivildiener: 45,77 €/T (1.373,10 €/M); Asylwerber: 43,82 €/T (1.314,60 €/M).

Beitragssätze Arbeiter Angestellte freie DN (B001/B002)

1 AlV bei niedrigen Einkommen DN Verzugszinsen7,88%

bis 1.951 € 0 %

über 1.951 € bis 2.128 € 1 %

über 2.128 € bis 2.306 € 2 % über 2.306 € 2,95%

Beitragssätze

*) Einschließlich IESG-Zuschlag von 0,10%. **) Bei Einstellung nach dem 50. Lj vor dem 1. 9. 2009: DG 0,20% (A11). ***) Nicht von SZ. – WBF: Ab 1. 1. 2018 Landesabgabe, unterschiedliche Höhe je nach Bundesland möglich.

DN ältere DN DN DG DN DG DN DG

Frauen geboren ab 2. 3. 1954: ab Anspruch aufvz AP (kein AlV + IESG; A10)

Männer geboren ab2. 6. 1953: ab Vollendung 63. Lj oder Anspruch auf vz AP(kein AlV + IESG; A10)

Frauen geb bis 1. 3. 1954/Männer geb bis 1. 6. 1953:kein AlV + IESG (Beitragssätze siehe oben) ab Alter für vz AP oder Vollendung des 60. Lj bei Korridorpension(A10).

UV entfällt immer für Männer und Frauen ab Vollendung des 60.Lj (DG – 1,1%; A09/A10).

Frauen ab Regelpensionsalter und vollendetem63. Lj Männer zwischen vollendetem 65. Ljund vollendetem 68. Lj => PV DG + DN halbiert (11,4 %), wenn keine AP beansprucht.

Frauen und Männer ab Regelpensionsalter => PV-Beitrag DN 10,25 % entfällt bis Ek 1.036,88 €/M

Säumniszuschlag: bei verspäteter Meldung (§ 114 ASVG): 61 € bei verspäteter mBGM: bis 5 T: 5 €; bis 10 T: 10 €; bis Monatsende:16 €; darüber: 61 € Summe der Säumniszuschläge darf 5 x HBG/T pro Beitragszeitraum nicht übersteigen.

AÜG: 0,35%BeitragSozial-undWeiterbildungsfonds (allgemeineBeitragsgrundlagebis HBGrl+ SZ).

Landarbeiter(B101): KV:DG: 3,78%, DN: 3,87%; LAK: 0,75 %; kein WBF – gesamt: 38,30% (DG: 20,48%, DN:17,82%).

NeuFöG: im Kalendermonat derBetriebsneugründung + folgenden 35 Kalendermonaten entfällt DG-Beitragzu WBF, UV, FLAG, WK-Umlage (AbschlagA07für WBF; A08für UV)für Kalendermonat, in dem 1. DN beschäftigt + 11 folgende Kalendermonate; im 2. und3. Jahrnach Neugründung gilt Befreiung fürerste 3 DN für 12 Monate.

Pauschalbeitrag DN bei mehreren geringfügigenDV: Ang:14,12%, Arb:14,12%(+ AK/LAK).

DB FLAG (entfällt fürDN ab 60. Lj): 3,7 %,wenn in lohngestaltender Vorschrift oder innerbetrieblich vorgesehen – sonst 3,9%. BGrl: Summe derArbeitslöhne/M. Wenn diese nicht mehr als 1.460 €, Verminderung um 1.095 € Zuschlag (WKUmlage 2): OÖ 0,32%,Vlbg0,33%, Stmk0,34%, Wien0,36 %,NÖ0,35%, Ktn0,37%, Slbg0,36%,Tirol0,39%, Bgld 0,40%.

Volle freie Station: 196,20 €/M

Ausgleichstaxe BEinstG:320 €/M, ab 100 beschäftigtenDN: 451 €/M, ab 400 DN: 477 €/M

Zuschl BauArb/W: Url: KV-Lohn/h x 1,20(bei 40 h/W x 11,85,bei 39 h/W x 11,55, bei unter 39 h/W x 11,40); Lehrlinge: KV-Lohn x Wo-Stundenfaktor.

Abf: KV-Lohn/h x 1,2 x 1,5; Winterfeiertag: KV-Lohn/h x 1,2 x 1,3; Überbrückungsgeld: KV-Lohn/h x 1,5(von Dezember bis März: x 0,4).

AuslBG: Schlüsselkraft – Bruttolohn mind.3.030 €/M + SZ;Topmanager: 7.272 €. Entgeltgrenze für Konkurrenzklausel:4.040 €/M

DLSG: GfGrenze:710,20 €/M (inkl. 25 % SZ und9,6 % Urlaubsersatzleistung); Grenze fürDienstgeberabgabe: 1.065,30 €/M

Lehrlinge: Lehrverhältnis ab 1.1.2016 begonnen

Arbeiter B045/Angestellte B044 (gesamte Lehrzeit)

AlV bei niedrigen Einkommen

BMSVG: 1,53 %.

Freiwillige Versicherung nachASVG

WV PV(SelbstV gem § 16a ASVG): 22,8 %(beiPflege eines nahen Angehörigenmit PG-Stufe 3: 10,25 %, Beitrag zahlt Bund),BGrl desletzten Kalenderjahresvor Ende PflV geteilt durch 360 oderTage derPflV (BGrl:SelbstV ohne vorhergehendePflV3.535 €/M); MBGrl 950,40 €/M, HBGrl 7.070 €/M

SelbstV PVbei Pflege eines behinderten Kindes (§ 18a ASVG): Beitrag zur Gänze aus FLAG – BGrl:2.163,78 €/M

SelbstV PV bei Pflege naher Angehöriger mit PG-Stufe 3 (gem § 18b ASVG): auch neben PflV bis HBG möglich; 10,25 % BGrl:2.163,78 €/M, (=221,79 €/M, Beitragzahlt Bund).

SelbstV PV + KV (gem § 19a ASVG) für Personen mitEntgeltunterGfGrenze: Beitrag73,20 €/M.

SelbstV KV: 7,55%; BGrl:6.564 €/M, Absenkung bis auf 915,60 €/M möglich.

SelbstV KV Studenten: 7,55%; BGrl grds915,60 €/M; halben Beitragzahlt Bund.

BeitragspflichtigeMitversicherung Angehöriger (Ausnahme: Kinder, Ehegatte bei Kinderbetreuung oder 4 Jahre Kindesbetreuung in Vergangenheit; Angehöriger hat PG-Stufe 3, Angehöriger pflegtVerwandtenmit PG-Stufe 3): 3,4 % derBGrl des Versicherten+ SZ deszweitvorangegangenen Jahres (bzw deraktuellen Pension).

Gewerblich Selbständige (GSVG)

Pflichtversicherte: KV, PV, UV: Mitglied der WK, persönlich haftende Ges von OG und KG, Gf-Ges von GmbH, mit mehr als 25 % Gesellschaftsanteil und wenn Ges Mitglied der WK ist.

Vorläufige BGrl: Einkünfte 2021aus versicherungspflichtiger Tätigkeit + I-Freibetrag + 2021vorgeschriebene SVBeiträge x AktF 1,089.

KV: im 1. und 2. Jahr der Erwerbstätigkeit fixe BGrl ohne Nachbemessung, wenn in letzten 120 Kalendermonaten keine GSVG-PflV.

Endgültige BGrl: aufgrund des ESt-Bescheids 2024Nachbemessung.

KV1)

MBGrl Beitrag

Zahlung 1. und 2. Jahr der Erwerbstätigkeit

6,80 518,44 €/M 6.221,28 €/J 35,25 €/M ab 3. Jahr der Erwerbstätigkeit

6,80 518,44 €/M 6.221,28 €/J

HBGrl 6,80 7.070 €/M 84.840 €/J 480,76 €/M

PV

BMSVG: 1,53 %, Beiträge gesamt: 26,83%.

MBGrl Beitrag

18,5*)**) 518,44 €/M 6.221,28 €/J 95,91 €/M

Zahlung ab 1. Jahr der Erwerbstätigkeit

HBGrl 18,5*)**) 7.070 €/M 84.840 €/J 1.307,95 €/M

*) Frauen ab Regelpensionsalter und vollendetem 63. Lj, Männer zwischenvollendetem 65. Lj und vollendetem 68. Lj nur die Hälfte, wenn keine AP beansprucht.

**)Frauen und Männer ab Regelpensionsalter: 10,25 % desPV-Beitrags entfallen bis Ek 1.036,88 €/M.

1) Sachleistungsgrenze: 84.839,99 €/J (Nettopension: 7.069,99 €/M)

Zusatzbeitrag fürOptionen: Sach-in volle Geldleistung:124,51 €/M; Sach-in Sonderklassegeldleistung:99,62 €/M; volle Geld-in Sonderklassegeldleistung – sonst Sachleistung: kein Beitrag. UV: 11,35 €/M, 136,20 €/J – BMG fürLeistung:24.994,50 €. UV-HöherV: Stufe I: Beitrag272,53 €/J – BMG:40.873,28 €; Stufe II: Beitrag 341,01 €/J – BMG: 48.929,89 €. KV: WV: 7,65%, ZusatzV:2,5%; MBGrl:1.230,95 €/M; PV: WV: 22,8 %. Kleinstunternehmer: Ausnahme vonPflV,wenn Umsatz 35.000 €/J und Einkommen 6.221,28 €/J nicht übersteigt

Neue Selbständige

Neue Selbständige(GSVG): KV, PV, UV: Selbständige, die Einkünfteaus selbständigerArbeit oderGewerbebetrieb beziehen, wenn keine andere PflV gegeben undVersGr überschrittenwird. Gilt auch für atypische Kommanditisten von KG undatypischestille Ges (zB bei Mitarbeit wie DN), wenn Gesellschaftsverhältnisnach 30.6.1998 begründet.

VersGr: 6.221,28 €/J, aber: neben Gewerbe: keine VersGr. FreiwilligePflV in KV möglich.

Sachleistungsgrenze undHöherV in UV wie gewerblich Selbständige.

VorläufigeBGrl: VersGr (518,44 €/M =6.221,28 €/J).

Endgültige BGrl: aufgrund des ESt-Bescheids2024Nachbemessung; MBGrl: grds VersGr;HBGrl:7.070 €/M= 84,840 €/J.

Beitragssätze in

neue Selbständige

BMSVG: 1,53 %, Beiträge PflV gesamt:26,83%.

*)Frauen ab Regelpensionsalter und vollendetem 63. Lj,Männerzwischen vollendetem 65. Ljund vollendetem 68. Lj nur die Hälfte, wenn keineAP beansprucht.

**)Frauen und Männer ab Regelpensionsalter: 10,25 % desPV-Beitragsentfallen bis Ek 1.036,88 €/M.

Freiberuflich Selbständige

VersGr, vorläufige BGrl, endgültige BGrl wie neue Selbständige; Sachleistungsgrenze und HöherVin UV wie gewerblicheSelbständige;(A)=ASVG, (G)=GSVG, (F)=FSVG.

Übergangsbestimmungen

18,5 (G) Opting-out1 11,35 €/M § 273 Abs 5 (G)³

Künstler 18,5 (G) 6,80(G) 11,35 €/M § 273 Abs 5 (G)³ § 273 Abs 6 (G)4

Journalisten 18,5 (G) 6,80(G) 11,35 €/M § 273 Abs 5 (G)³

Tierärzte 18,5 (G) Opting-out1 11,35 €/M § 273 Abs 5 (G)³ §273 Abs 6 (G)4 §273Abs 6 (G)

Dentisten 18,5 (G) 6,80(G) 11,35 €/M § 273 Abs 5 (G)³ § 273 Abs 6 (G)4 § 273 Abs6 (G)

Wohnsitz(tier)ärzte 18,5 (G) Opting-out1 11,35 €/M § 572 Abs 4 (A)4) § 572 Abs 4 (A)

Ärzte

Patentanwälte

Apotheker

MitgliederderIng-Kammern Ziviltechniker

Vorstände(nur,wenn kein DN)

20,0(F) Opting-out2 11,35 €/M

20,0 (F) Opting-out1 11,35 €/M

20,0 (F) Opting-out1 11,35 €/M

20,0 (F) Opting-out1 keine

22,8 (A) 7,65 (A) 1,1

1)Opting-out: keine PflV aufgrund freiberuflicherTätigkeit, Wahlrecht zwischenGruppenversicherung, SelbstV nach ASVG (7,55% vonHBGrl + 1/6) oderSelbstV nach GSVG (7,65% vonHBGrl).

2)Gruppenversicherung verpflichtend, zusätzlicheSelbstV ASVG oderGSVG möglich.

3) § 273 Abs 5 GSVG: PflV bleibt auf Antrag, wenn am 31.12. 1999 pflichtversichert undEinkommenVersGr nicht erreicht.

4)§ 273 Abs 6 GSVG, § 572 Abs 4 ASVG: Wenn KV undUV am 31.12.1999 in ASVG, weiterhin ASVG-Vers, solange weiter gleiche Erwerbstätigkeit undkeine Änderung desmaßgeblichen Sachverhalts; Beitrag: 6,9%vonHBGrl + 1/6.

Rechtsanwälte: Opting-out in PV undKV (somit auch keine UV).

Notare: PV: NVG, KV: Opting-out.

Künstler: Zuschuss von Künstler-SV-Fonds: 1.896 €/J,wennEinkünftezwischen6.221,28 €/J (Mindestgrenze entfällt fürKalenderjahre2020, 2021, 2022) und33.698,60 €/J; Erhöhung derObergrenze fürjedes Kind um3.110,64 €/J.

BMSVG: 1,53 %; freiwillig für WT, Ärzte, Tierärzte, Apotheker, Patentanwälte, Rechtsanwälte, Notare, Ziviltechniker (Option binnen eines Jahres).

Land-und Forstwirte (BSVG)

Pflichtversicherte: KV, PV, UV: Betriebsführer;hauptberuflichmitarbeitende EheG, (Schwieger-)Kinder. Wenn kein landwirtschaftlicherEinheitswertfestgestellt ist, nur bei überwiegender Deckung des Lebensunterhalts aus der Landwirtschaft. Jagd-undFischereipächter, wenn sie überwiegend Lebensunterhalt decken. UV: nebenberuflichmittätige (Wahl-, Stief-Schwieger-)Kinder, Enkel, (Groß-, Wahl-, Stief-, Schwieger-)Eltern; Jagd-undFischereipächter.

Einheitswertgrenzenfür PflV

KV und PV: über 1.500 € UV: ab 150 €. Unter diesen Grenzen besteht Versicherungspflicht nur bei überwiegender Deckung des Lebensunterhalts aus der Landwirtschaft.

BGrl: Ermittlung des VersW (=BGrl) ausEinheitswert. Wenn kein Einheitswertvorliegt, BGrl-Ermittlung ähnlich GSVG.

EW %

EW VersW bis 5.000 € 23,35002 5.000 € 1.167,50 € weitere 3.700 € 25,94450 daraus 8.700 € 2.127,45 € weitere 2.200 € 21,07988 ergeben 10.900 € 2.591,20 € weitere 3.600 € 14,59381 sich 14.500 € 3.116,58 € weitere 7.300 € 11,83719 zB 21.800 € 3.980,70 € weitere 7.200 € 8,75630 folgende 29.000 € 4.611,15 € weitere 7.300 € 6,48614 Versicherungswerte 36.300 € 5.084,64 € weitere 7.300 € 4,86462 43.600 € 5.439,76 € darüber 3,72953 höchstens 7.070,00 €

Betriebsführer, hauptberuflich beschäftigter Ehegatte

Ehegatten mit gemeinsamer Betriebsführung

Eltern, Groß-/Schwiegereltern nach Übergabe und weiter Hauptberuf

Hauptberuflich beschäftigte(s) Kind, Enkel, Schwiegerkind

Ehepartner sind als Kind und Schwiegerkind versichert und Hauptberuf

Versicherungswert

€/M

€/M

€/M

€/M

BGrl-Option für ESt-Bescheid

Versicherungswert BGrl-Option für ESt-Bescheid

€/M

€/M

€/M

€/M

€/M

€/M

€/M

€/M

UV: MBGrl bei Versicherungswert immer 956,70 €, bei BGrl-Option fürESt-Bescheid immer 1.797,76 €/M; Jagd-und Fischereipächter: 849 €/M (2,0 % Beitragssatz = 16,98 €/M Beitrag)

Mind956,70 €/M Hinzurechnung fürNebentätigkeitbei BGrl-Option; bei Versicherungswert: 30 % derEinnahmen: 12. HBGrl: 7.070 €/M– bei EW von 87.400 € (Betriebsführer oder EheG ist versichert) bzw 276.900 € (Betriebsführer und EheG sind versichert); 2.356,67 €/M (Kind,Schwiegerkind des Betriebsführers); 3.535 €/M (Eltern, Groß-, Schwiegereltern nach Übergabe und weiter Hauptberuf+ PV fürKinder bei Hauptberuf vor Vollendung 27. Lj).

Beitragssätze KV PV UV PflV PflV*) / WV PflV*)**) WV (Betriebsbeitrag) gesamt 6,8 % / 7,65 % 17,0 % 22,8 % 1,9 % 25,7%

*) Kinder bis 18, Frauen ab Regelpensionsalterund vollendetem 63. Lj, Männer zwischenvollendetem 65. Lj und vollendetem 68. Lj nur die Hälfte, wenn keine AP beansprucht. **)Frauen und Männer ab Regelpensionsalter: 10,25 % desPV-Beitrags entfallen bis Ek 1.036,88 €/M

Beitrag BHG: 0,4 %.

3 % Zusatz-Beitrag bei BGrl-Option für ESt-Bescheid: entfällt.

UV: BMG fürLeistung: 24.994,50 €.

BMSVG: 1,53 % (freiwillig binnen einesJahresab Beginn PflV – Austritt nicht möglich).

Leistungen aus der Sozialversicherung

KV: Rezeptgebühr 7,10 €, Kostenanteil für Heilbehelfe 40,40 €, für Sehbehelfe 121,20 €. Serviceentgelt E-Card 13,85 €/J.

Behandlungsbeitrag BSVG 11,71 €/Quartal.

Besondere Unterstützungsleistung bei Arbeitsunfähigkeit GSVG: 37,28 €/T. KrankengeldGSVG-ZusatzVmindestens: 10,37 €/T

Wochengeld GSVG + BSVG: 67,19 €/T.

Kinderzuschuss: 29,07 €/M.

Zuzahlung Reha-Aufenthalt und Gesundheitsvorsorge: 9,70 €/T bei Bruttoeinkommen ab 1.217,96bis 1.799,34 €/M; 16,62 €/T bei Einkommen bis 2.380,73 €/M; 23,56 €/T bei höheren Einkommen; für maximal28 Kalendertage/J.

Pensionsberechnung:

Geburtstag bis 31. 12. 1954:Bemessungszeitraum:432M; Steigerungsbetrag: 1,78 % für je 12 VM; Abschlag bei Pension vor 60./65. Lj: 4,2 %/J (0,35 %/M) der Pension, maximal 15 % (IP, BU, EU: maximal 13,8 %); Gesamtverlust maximal 10% der Pension nach Rechtslage 31. 12. 2003.

Geburtstag ab 1. 1. 1955: Pensionskonto; Kontoerstgutschrift zum 1. 1. 2014, wenn bis 31. 12. 2004 mindestens 1 VM erworben; Teilgutschrift/Steigerungsbetrag:1,78 %/J; Bemessungszeit Ausgangsbetrag: 336 M (28 J) bis 31. 12. 2013. Langzeitversicherte mit 480 (Frauen)/540 (Männer) BM; kein Abschlag (bis Stichtag 1. 12. 2013) – danach 0,35 %/M bis Alter für vz AP oder 65. Lj (Männer ab 1. 10. 1952 geb).

Männer geboren

Pensionsantrittsalter

Frauen geboren

Pensionsantrittsalter

Frauen geboren

Pensionsantrittsalter *) Ab 1.1.2014: 0,1%/M Abschlag bis Regelpension. bis 31.12. 1953*) 60 Jahre bis 31.12. 1958*) 55 Jahre

1.1.1962 bis 31.12.1963 60 Jahre (540 BM) ab 1.1.1954 62 Jahre

1959 57 Jahre (504 BM)

1960 58 Jahre (516 BM)

1961 59 Jahre (528 BM)

1. 1. 1964bis 30.6.1964

60,5 Jahre (540 BM)

1. 7.1964 bis 31.12.1964 61 Jahre (540 BM)

1. 1. 1965bis 30.6.1965 61,5 Jahre (540 BM) danach 62Jahre

Langzeitversicherte mit Schwerarbeit: 480 (Frauen)/540 (Männer) BM – 120 M Schwerarbeit in letzten 240 KM; Alter: 60.Lj (Männerbis 31. 12. 1958 geb); 55. Lj (Frauen bis 31. 12. 1963 geb), sowie Schwerarbeitspension:60. Lj (Frauen + Männer): 540 VM – 120M;Schwerarbeit in den letzten 240 KM: Abschlag 1,8 %/J (0,15 %/M) bis 65./60. Lj. Korridorpension: 62. Lj (nur Männer), 480 VM erforderlich; Abschlag (gebab 1. 1. 1955): 5,1 %/J (0,425 %/M) bis Regelpension65. Lj. Abschlagsfreiheit: ab StT 1.1.2020 bis 1. 12. 2021 füralle vorzeitigen P ab Vollendung 60. Lj, wenn 540 BM derPflV aufgrund Erwerbstätigkeit vorliegen – 60 VM derKEZ werden angerechnet(Ausnahme: Voraussetzung am 31. 12. 2021 erfüllt undStichtagerst später – allerdings nicht für BUP/IP/EUP). Frühstarterbonus (ab Stichtag 1. 1. 2022): 1,07 € für jeden BM d PflV aufgrund Erwerbstätigkeit vor20. Lj – maximal 64,03 € (auch fürSZ, nur bei EigenP),wenn: insgesamt mind. 300 BM d PflV aufgrund Erwerbstätigkeit vorliegen und davon mind. 12 BM d PflV aufgrund Erwerbstätigkeit vor 20.Lj.

Frauen geboren Regelpensionsalter Frauen geboren Regelpensionsalter bis 31.12.1963 60 Jahre 1. 7.1966bis 31.12.1966 63 Jahre

1. 1. 1964bis30.6.1964 60 Jahre und 6 Monate

1. 1. 1967bis30.6.1967 63 Jahre und 6 Monate 1. 7.1964 bis31.12.1964 61 Jahre

1. 1. 1965bis30.6.1965 61 Jahre und 6 Monate

1. 7.1967 bis31.12.1967 64 Jahre

1. 1. 1968bis30.6.1968 64 Jahre und 6 Monate 1. 7.1965 bis31.12.1965 62 Jahre ab1. 7.1968 65 Jahre

1. 1. 1966bis30.6.1966 62 Jahre und 6 Monate

Schule/Hochschule: Nachkauf/M: 1.381,60 €/M; (Risikozuschlag bei GebT vor 1. 1. 1955: ab 60. Lj: x 2,34).

Gesamteinkommen (Pension + Erwerbseinkommen) ab 1.489,42 €/M wird angerechnet auf Gleitpension: über 1.489,42 € bis 1.985,88 € mit 30 %, über 1.985,88 € bis 2.482,37 € mit 40 %, über 2.482,37 € bis 2.978,83 € mit 50 %, über 2.978,83 € mit 60 %, mindestens gebühren 50 %, maximal 80 % bzw 60 % (bei 300 VM) der Pension. auf IP, BU, EUP (Stichtage ab 1. 1. 2001): über 1.489,42 € bis 2.234,22 € mit 30 %, über 2.234,22 € bis 2.978,83 € mit 40 %, über 2.978,83 € mit 50 %.

Anrechnung: maximal 50 % der Pension bzw maximal Erwerbseinkommen.

SchutzbetragWitwen/WitwerP (P + Einkommen): 2.435,86 €/M; Leistungsobergrenze: 8.460 €/M AnpF:1,097.

BMGfür Kindererziehungszeiten:1.729,50(für Frauen bis Geburtstag 1. 9. 1941: 786.37 €). BGrl für Kinderziehung, Präsenz/Zivildienst nach APG: 2.163,78 €/M.

Höchste BMG:5.068,18 € (BMZ: 432M=36J).

Höchstpension (Jahrgang 1958;540VM HBG;APG): 4.523,36 € brutto (3.250,29 € netto)– Erhöhungsbetrag 6,2%: 264,73 €/M

Pensionskonto: höchste Beitragsgrundlage 84.840 €/J – höchste Teilgutschrift (1,78 %): 1.510,15 €.

KV-Beitrag Pensionisten: 5,10 %. Einkommensgrenze füröffentlicheFunktionäre – Wegfall einer vzAP bei Eink über 5.306,80 €/M

Ausgleichszulage:

Richtsätze

alleinstehender Pensionist; Witwe/Witwer*) 1.217,96 € gemeinsamer Haushalt mit Ehegattin/Partner*) 1.921,46 € einfach bis 24 Jahre 447,97 € Waisen- verwaist über 24 Jahre 796,06 € pension doppelt bis 24 Jahre 672,64 € verwaist über 24 Jahre 1.217,96 €

*) Erhöhung für Kind, das nicht mehr als 447,97 €/M Nettoeinkommen hat: 187,93 €.

Anrechnung volle freie Stationmit:359,72 €, Freibetrag Lehrlingsentschädigung: 261,65 €. Freibetrag Zins + Kapitalerträge: 69 €/J

Pauschales Ausgedinge: Gemeinsamer Haushalt: EW ab 5.600 €: 144,11 €/M, alleinstehender Pensionist: EW ab 3.900 €: 91,35 €/M

Ausgleichszulagen-/Pensionsbonus: nur zur Eigenpension (nicht für HinterbliebenenP); Differenz zwischenGrenzwert und Gesamteinkommen (P + AZ + Nettoeinkommen).

BM derPflV aufgrund Erwerbstätigkeit1)

Grenzwert max. Höhe

alleinstehend3601.325,24180,31

alleinstehend4801.583,22459,85 verheiratet/eingetr. Partnerschaft 4802.137,04459,36 1) max. 60 VM KEZ + 12 VM Präsenz-/Zivildienst werden angerechnet; nur Monate vor StT anrechenbar.

Pflegegeld

Stufe

Arbeitslosenversicherung

Leistungen aus der AlV (Ehegatte = Lebensgefährte)

Arbeitslosengeld: 55 % des täglichen Nettoeinkommens (Grundbetrag – Entgelt derletzten12 KM vor Geltendmachung + 12 KM. Berichtigungsfrist gem ASVG; aber: Schutz d BMG ab Vollendung 45 Lj).

Berechnung: [(JahresBGrl: 12 maximalbis 6.475 €/M) abzgl SV und ESt für alleinstehenden Ang x 12: 365]; mindestens 40,60 €/T – maximal jedoch bei Anspruch auf Familienzuschlag 80 % des täglichen Nettoeinkommens, ohne Anspruch auf Familienzuschlag maximal 60 % des täglichen Nettoeinkommens. AlG höchstens: 75,12 €/T.

Familienzuschlag: 0,97 €/T; gebührt für Kind, für das Familienbeihilfe zusteht; für EheG mit Einkünften bis GfGrenze, wenn Familienzuschlag für Kind gebührt.

Zuschlag bei Schulung o. WEM: 2,49 €/T,7,47 €/T (Schulung 120-364 Tage),12,45 €/T (Schulung ab 365Tage). Wegfalldes Arbeitslosengeldes:bei Einkünften über GfGrenze, bei Umsatz über 56.047,56 €/J (4.670,63 €/M).

Politische Funktionen:bei Einkünften inkl. KV-u PV-Beiträge über 1.447,37 €/M (W,NÖ,Ktn,Stmk,T)oder 1.461,26 €/M (OÖ, Bgld, Slzb, Vlbg).

Notstandshilfe höchstens 40,60 €/T(bei 20 W AlG); 47,33 €/T(bei 30 W AlG). Weiterbildungsgeld: 14,53 €.

Arbeitslosenversicherung für Selbständige

Opting-in-Modell für Gewerbetreibende, GmbH-, OG-, KG-Gesellschafter, neue Selbständige, Ärzte, Apotheker, Patentanwälte, Rechtsanwälte, Ziviltechniker (bis 60. Lj. oder Erreichen desPensionsalters oder Pensionsanfall); Beitritt zur AlV binnen 6 Mab Beginn der Versicherung(Altfälle bis 31.12.2009). Bindung an Beitritt, Nichtbeitritt, gewählte BGrl: 8 Jahre.

Wahl-BGrl Beitrag

Zahlung

1.767,50 €/M 2,95% 52,14 €/M = 25 % der jeweiligen GSVG-HBG

3.535,00 €/M 5,9% 208,57 €/M = 50 % der jeweiligen GSVG-HBG

5.302,50 €/M 5,9% 312,85 €/M = 75 % der jeweiligen GSVG-HBG

Kinderbetreuungsgeld

Für Geburten ab 1. 3. 2017:Kinderbetreuungsgeld-Konto.

Bezugsdauer: 365 Tage bis 851 Tage ab Geburt oder 456 Tage bis 1.063 Tage ab Geburt, wenn zweiterElternteil mindestens20% = mindestens91 Tage Karenz konsumiert.

Höhe: nach Bezugsdauer zwischen39,33 €/T und 16,87 €/T, Mehrlingsgeburten: + 50 % für zweites und jedes weitere Kind; plus 500 € einmaliger Bonus je Elternteil, wenn K inderbetreuungsgeld50:50 oder 60:40 zwischenElterngeteilt wird undjeder Elternteil mindestens124 Tage KBG bezieht(keine Mutter-Kind-Pass-Untersuchung: Anspruch reduziert sich um 1.300 €/Elternteil)

Einkommensgrenze: 18.000 €/J (nichtselbständige Arbeit, Land-/Forstwirtschaft, selbständige Arbeit, Gewerbebetrieb –jeweils zzgl. 30 %; AlG,NH: zzgl. 15 %) oder 60 % der Einkünfte laut ESt-Bescheid des Kalenderjahres vor Geburt des Kindes zzgl. 30 % (AlG, NH: zzgl. 15 %).

Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld: 6,06 €/T für maximal 12 M, wenn eigenes Einkommen8.100 €/J nicht übersteigt undEhegatte(bei unverheirateten: anderer Elternteil des Kindes) nicht mehr als 18.000 €/J verdient.

KinderbetreuungsgeldalsErsatz des Erwerbseinkommens: wenn in den letzten 6 Kalendermonaten vor Geburt in Österreich SV-pflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde; Höhe: 80 % des Nettoeinkommens der letzten 3 Kalendermonate zzgl. SZ oder 80 % destäglichen Wochengeldes; mindestens39,33 €/T, höchstens 76,60 €/T (keine MutterKind-Pass-Untersuchung: Anspruch reduziert sich um 1.300 €/Elternteil).

Einkommensgrenze: 8.100 €/J

Bezugsdauer: bis 365. Tag ab Geburtdes Kindes (bis 426. Tagbei Teilung mit anderem Elternteil); Partnerschaftsbonus wie bei Kinderbetreuungsgeld-Konto.

Familienzeitbonus für erwerbstätige Väter: 52,46 €/T bei Karenz zwischen 28 Tagen und 31 Tagen innerhalb von 91 Tagen ab Geburt des Kindes.

Geburten bis 28. 2. 2017:

14,53 €/T; 7,27 €/T1)bis 30./36.2) Lebensmonat des Kindes, 20,80 €/T; 10,40 €/T1)bis 20./24.2) Lebensmonat des Kindes, 26,60 €/T; 13,30 €/T1)bis 15./18.2) Lebensmonat des Kindes, 33,00 €/T; 16,50 € /T1)bis 12./14.2) Lebensmonat des Kindes.

1) Wenn vorgeschriebene Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht nachgewiesen werden, ab 25./17./13./10. Lebensmonat des Kindes.

2)Maximale Bezugsdauer, wenn auch anderer Elternteil KBG in dieser Höhe bezieht.

Ist im Postverkehr eine Person in der auf der Briefsendung aufgeklebten Zollinhaltserklärung CN22 als Empfängerin genannt, kann sie nicht erfolgreich argumentieren, die Österreichische Post AG sei mangels Vollmachtserteilung nicht berechtigt gewesen, als indirekte Vertreterin die Zollanmeldung abzugeben. Denn dazu bedarf es keiner Vollmacht. Es genügt vielmehr die Glaubhaftmachung gemäß §38 Abs2 ZollR-DG.

Anmerkung: Mit Zollanmeldung vom 11. 4. 2022 kam es im Postverkehr zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr einer aus den USA stammenden Sendung. Als Anmelder und indirekter Vertreter des Empfängers D ist in dieser Zollanmeldung die Österreichische Post AG vermerkt. D scheint im Feld 8 der Zollanmeldung als Empfänger auf.

Das Zollamt Österreich setzte gemäß Art102 UZK die Eingangsabgabenschuld (Einfuhrumsatzsteuer) fest. Anlässlich der Zustellung der Sendung hatte D der Post neben dieser Eingangsabgabenschuld zusätzlich zur Abgeltung deren Leistungen einen „Importtarif“ zu entrichten. In seiner Beschwerde wies D darauf hin, dass ihm der Kundenservice der Österreichischen Post AG auf Anfrage mitgeteilt habe, zum Zeitpunkt der Zollanmeldung seien unvollständige Daten für seine Sendung vorhanden gewesen. Dadurch habe man die verfügbaren Daten zur Zollanmeldung verwendet und die Sendung nicht als IOSS-Sendung, sondern als reguläre ImportSendung abgewickelt. Um die Sendung abgabenfrei zu erhalten, hätte der Absender den IOSSService in Anspruch nehmen und auch die notwendigen Daten hierfür elektronisch übermitteln müssen. D selbst habe keinen Einfluss darauf, wen der Absender mit der Beförderung der Sendung beauftrage. Die Österreichische Post AG habe ihn vor der Abfertigung nicht kontaktiert und habe er ihr auch weder einen Auftrag noch eine Vollmacht zur Vertretung erteilt. Das BFG hat die Beschwerde des D – ähnlich wie bei Pkt7. – abgewiesen.

Umfassende Amtshilfe im Bereich Steuern vom Einkommen

Mit folgenden Staaten und Territorien besteht mit Stand 1. 1. 2024 eine umfassende Amtshilfe (Änderungen nach dem 1. 1. 2023 fett):

Ägypten, Albanien, Algerien, Andorra, Anguilla, Antigua und Barbuda, Argentinien, Armenien, Aruba, Aserbaidschan, Australien, Bahamas, Bahrain, Barbados, Belarus*, Belgien, Belize, Benin, Bermuda, Bosnien-Herzegowina, Botsuana, Brasilien, Britische Jungferninseln, Brunei, Bulgarien, Burkina Faso, Chile, China (Volksrepublik), Cook Inseln, Costa Rica, Curaçao, Dänemark, Deutschland, Dominica, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Estland, Eswatini, Färöer-Inseln, Finnland, Frankreich, Georgien, Ghana, Gibraltar, Grenada, Griechenland, Großbritannien, Grönland, Guatemala, Guernsey, Hongkong, Indien, Indonesien, Irland, Island, Isle of Man, Israel, Italien, Jamaika, Japan, Jersey, Jordanien, Kaimaninseln, Kamerun, Kana da, Kap Verde, Kasachstan, Katar, Kenia, Kolumbien, Korea (Republik), Kosovo, Kroatien, Kuwait, Lettland, Libanon, Liberia, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Macao, Malaysia, Malediven, Malta, Marokko, Marshall Inseln, Mauretanien, Mauritius, Mexiko, Moldau, Monaco, Mongolei, Montenegro, Montserrat, Namibia, Nauru, Neuseeland, Niederlande, Nigeria, Niue, Nordmazedonien, Norwegen, Oman, Pakistan, Panama, Papua-Neuguinea, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Russland*, Samoa, San Marino, SaudiArabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Serbien, Seychellen, Singapur, Sint Maarten, Slowakische Republik, Slowenien, Spanien, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Tadschikistan, Taiwan (Chinesisches Taipei), Thailand, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Turks- und Caicosinseln, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Vanuatu, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigte Staaten von Amerika, Vietnam und Zypern.

* Österreich tauscht mit Belarus und Russland seit März 2022 keine Informationen aus.

VAT in the Digital Age (ViDA)

Digitale Meldepflichten des Rechnungsempfängers:

Sinnvoll(er)es Instrument zur Bekämpfung des VAT GAP?

Steuern

Praktische Herausforderungen und Chancen bei der Realisierung des EU-Kommissionsvorschlags

BIANCA WÖHRER*) / MARLON POSSARD**)

Die von der Europäischen Kommission initiierte Änderung 1) ua der MwStSyst-RL (ViDA – VAT in the Digital Age), die am 8. 12. 20222) veröffentlicht wurde und voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024 beschlossen wird, verfolgt das vorrangige Ziel, wirtschaftskriminelles und betrügerisches Agieren innerhalb der EU durch die Implementierung zahlreicher Maßnahmen –mit schrittweiser Umsetzung zwischen den Jahren 2024 und 2030 – zu minimieren. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass die Vorschläge in zeitlicher Hinsicht nicht planmäßig durchgeführt werden können, was unterschiedlichen Gründen (wie zB der IT-Ausstattung von Unternehmen) geschuldet ist. Dieser Beitrag, der als aktuelle Bestandsaufnahme klassifiziert werden kann, skizziert sowohl die Herausforderungen als auch die Chancen, die sich aus dem Kommissionsvorschlag ergeben, und hebt zugleich hervor, dass sich im Speziellen für den Bereich des Tax-Managements und der Steuerfunktion neue Fragen des technologischen Fortschritts ableiten lassen.

1.Quo vadis, ViDA?

Die rasante Entwicklung im Bereich der Digitalisierung verändert sukzessive das Verständnis von der Systematik der Mehrwertsteuerorganisation auf EU-Ebene, aber auch auf nationaler Ebene in Österreich, und führt gleichzeitig zu administrativen Herausforderungen. Hierfür ist es notwendig, einerseits die Steuerpolitik kontinuierlich zu adaptieren und andererseits die Kooperation zwischen den verschiedenen Stakeholdern im jeweiligen Unternehmen zu stärken, um diverse Hindernisse bereits frühzeitig reduzieren und die Prozessvereinfachung unter Anwendung digitaler Hilfsmittel ausbauen zu können. Ziel muss es sein, eine effektive Struktur der Besteuerung bei gleichzeitiger Eindämmung von Umsatzsteuerbetrug sicherzustellen. Für die Europäische Kommission stellt ViDA hierfür ein taugliches Mittel dar. Aber wie kann das Vorhaben der Europäischen Kommission, zu dem das Europäische Parlament am 22. 11. 2023 seine Kommentierung veröffentlichte3) und das unter der belgischen Ratspräsidentschaft ab 2024 weiterentwickelt werden soll, eingeordnet werden?

Zunächst fordert ViDA, bestehende unternehmerische Prozesse detailliert zu hinterfragen. Insbesondere betrifft dies umsatzsteuerliche Schnittstellen, um in weiterer Folge

*)Dr.in Bianca Wöhrer lehrt und forscht am Department für Verwaltung, Wirtschaft, Sicherheit und Politik an der FH Campus Wien (Bereich Tax Management) und ist Steuerberaterin.

**)Dr. Marlon Possard lehrt und forscht am Department für Verwaltung, Wirtschaft, Sicherheit und Politik und am Research Institute for Administrative Sciences (RIAS) an der FH Campus Wien (Bereich Public Management) und ist Habilitand.

1)Von den Änderungen des vorgeschlagenen EU-Gesetzespakets sind im engeren Sinne folgende Rechtsgrundlagen betroffen: die MwStSyst-RL (RL 2006/112/EG), die DVO (EU) 282/2011 und die VO (EU) 904/2011.

2)Siehe hierzu European Commission, Proposal for a Council Directive amending Directive 2006/112/EC as regards VAT rules for the digital age, COM(2022) 701 final (8. 12. 2022).

3) European Parliament, European Parliament legislative resolution of 22 November 2023 on the proposal for a Council Directive amending Directive 2006/112/EC as regards VAT rules for the digital age, P9_TA(2023)0421, abrufbar unter https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-04 21_EN.pdf (Zugriff am 18. 12. 2023).

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eine effiziente und moderne Mehrwertsteuer-Compliance nutzen zu können. Die wesentlichen Elemente des Kommissionsvorschlags, nämlich mittels ViDA verstärkt gegen dolose Handlungen gegenüber dem Fiskus und verschiedenen lückenhaften Komplexen der Mehrwertsteuer vorgehen zu können, sind zunächst begrüßenswert. Gleichzeitig bedarf die Legislativinitiative aber auch konkreter Umsetzungsoptionen, gerade im Sektor der gesetzlichen Einführung einer elektronischen Rechnung4) und der daraus folgenden digitalen Meldepflichten.

Bezugnehmend auf den ViDA-Vorstoß und die geplanten Harmonisierungen können drei prioritäre Gesichtspunkte festgestellt werden, nämlich:

1.die sogenannte „single VAT registration“, dh die einzige Mehrwertsteuerregistrierung, iZm der Erweiterung von OSS und IOSS (= Implementierung des sogenannten „Transfer-OSS“ statt den bisher bekannten OSS-Verfahren, mit der Möglichkeit zur Abgabe der Mehrwertsteuermeldung);

2.die Plattformbesteuerung iZm Nächtigungen (zB Airbnb) und Personentransport (zB Uber), dh die sogenannte „platform economy“ in Form eines „deemed supplier“ zum Zwecke der Verringerung des bürokratischen Aufwands für ebendiese Plattformen; und

3.die terminologische Anpassung der Definition einer „elektronischen Rechnung“ und die damit verbundene Pflicht zur sogenannten E-Rechnung (inkl digitaler Meldepflicht) voraussichtlich ab dem Jahr 2030 bei gleichzeitiger Ausweitung der notwendigen Rechnungsbestandteile iSd Art226 MwStSyst-RL nF und der Verkürzung der Fristen zur Rechnungsausstellung von bisher 45 Tagen auf zwei Tage (Art222 MwStSyst-RL nF) sowie weitere zwei Tage5) für die Rechnungsübermittlung (Art263 MwStSyst-RL nF).

Eine zentrale Rolle bei der Modernisierung des Mehrwertsteuersystems nimmt Pkt3. ein, mithin die gesetzliche Einführung der E-Rechnung für grenzüberschreitende B2BTransaktionen innerhalb der EU, da mit diesem Instrument die automatisierte Rechnungsverarbeitung innerhalb der EU, und optional auch auf nationaler Ebene, eingeführt werden soll. Eine weitere Neuerung ist, dass die Zustimmungspflicht des Rechnungsempfängers im Rahmen der Ausstellung von elektronischen Rechnungen entfällt.

Hinsichtlich der E-Rechnung kann zusammenfassend festgehalten werden, dass jene Rechnungen, die von der Meldepflicht des ViDA-Kommissionsvorschlags ausgenommen sind, weiterhin in klassischer Form ausgestellt werden dürfen. Rechnungen können demgemäß wie bisher auch als PDF oder in Papierform verschickt werden, selbst wenn der ViDA-Entwurf gezielt Gegenteiliges, nämlich die Etablierung der E-Rechnung als standardisierte Rechnungsform (sogenanntes „default system“) innerhalb der EU, vorsieht. Ob durch das angestrebte einheitliche Vorgehen der Europäischen Kommission tatsächlich eine Optimierung der Mehrwertsteuermechanismen herbeigeführt wird, selbst wenn der Wegfall der Zustimmung zur elektronischen Rechnungsausstellung seitens des Rechnungsempfängers durchaus als förderndes Element des digitalen Fortschritts im Steuersektor angesehen werden kann, kann erst nach konkreter Umsetzung empirisch bewertet werden. Wie eine Studie von Billentis aus dem Jahr 2018 zeigt, kann eine in Echtzeit ausgestellte E-Rechnung insgesamt zu wesentlichen Vorteilen führen,

4)Der Unterschied zwischen einer E-Rechnung nach bisheriger Definition im UStG (etwa auch eine PDFRechnung, die per E-Mail versandt wird) und der E-Rechnung (neu) nach Definition im ViDA-Kommissionsvorschlag liegt darin, dass eine E-Rechnung (neu) künftig nach einem speziellen Datenformat erstellt werden muss, das automatisiert verarbeitet werden kann.

5)Im Vorschlag der Europäischen Kommission findet sich hier eine terminologische Unschärfe, da bei der Frist im Gesetzestext des Art263 MwStSyst-RL von „Werktagen“, hingegen in den „Weiteren Angaben“ zu Art263 MwStSyst-RL von „Arbeitstagen“ ausgegangen wird; European Commission, COM(2022) 701 final, 24 und 60.

etwa zu Liquiditätsvorteilen oder Einsparungspotenzialen bei Porto und Materialkosten in der Privatwirtschaft.6)

2.Zur Abschaffung der Zusammenfassenden Meldung iSd Art21 Abs3 UStG

Die Zusammenfassende Meldung (ZM) wurde im Jahr 1993 als Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze eingeführt. Folgt man den Ausführungen des ViDA-Entwurfs, so kann abgeleitet werden, dass nach Meinung der Europäischen Kommission das geltende ZM-Instrument hinsichtlich der Überwachungs- und Kontrollfunktion für Geschäftsvorgänge des 21. Jahrhunderts nicht mehr in ausreichendem Maße effizient ist.7) ViDA sieht nun vor, die Zusammenfassende Meldung voraussichtlich ab 2030 in der aktuellen Form abzuschaffen und durch ein digitales Meldesystem zu ersetzen. Ob die Umsetzungsfrist eingehalten werden kann, ist derzeit noch offen.

Als Alternative ist nun die Einführung digitaler Meldepflichten auf Einzeltransaktionsbasis unter Einsatz der E-Rechnung vorgesehen. Zunächst sollen diese dem nationalen Fiskus und anschließend an Central VIES gemeldet werden.8) Der Geltungsbereich der neu eingeführten digitalen Meldepflichten umfasst weiterhin jene der grenzüberschreitenden Umsätze, die auch bisher schon von der ZM-Meldepflicht umfasst waren.9) Während bisher einige EU-Mitgliedstaaten die Meldepflicht nur für Ausgangsrechnungen vorsehen, sollen künftig auch EU-Eingangsrechnungen von der Meldepflicht erfasst sein.

3.Einführung digitaler Meldepflichten

Da die Zusammenfassende Meldung als mangelhaftes Instrument zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs seitens der Europäischen Kommission identifiziert wurde, plant diese im Rahmen von ViDA die Einführung digitaler Meldepflichten auf Basis einzelner Umsätze in Nahezu-Echtzeit. Vorbildwirkung für digitale Meldepflichten haben hier Mitgliedstaaten eingenommen, die ihrerseits bereits entsprechende Systeme eingeführt haben (zB Italien).

Die Herausforderung besteht nun für die Europäische Kommission darin, ein taugliches und gleichzeitig möglichst wenig invasives Instrument (Stichwort: Datenschutz) zu etablieren. Schließlich soll die Vielzahl der vorhandenen Meldepflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten eingedämmt und zumindest für grenzüberschreitende B2B-Transaktionen im Binnenmarkt harmonisiert werden.10) Dies ist insofern ein großer Fortschritt, als es nicht nur um die Harmonisierung grenzüberschreitender Transaktionen geht, da gemäß Art271b MwStSyst-RL nF optional eingeführte nationale Steu erreportings (Art271a MwStSyst-RL nF) unter demselben EU-Standard durchgeführt werden dürfen. Zudem darf der nationale Gesetzgeber den Unternehmen keine zusätzlichen Angaben iZm nationalen Meldepflichten auflasten (Art273 MwStSyst-RL nF).11) Diese Harmonisierung nicht nur im Rahmen grenzüberschreitender Transaktionen bedeutet für international tätige Unternehmen insofern eine Erleichterung, als dadurch Markteintrittsbarrieren, wenn es um nationale Steuerreporting-Verpflichtungen geht, abgebaut werden. Diese Standardisierung stellt sicher, dass keine zusätzlichen nationalen Reporting-Verpflichtungen durch den nationalen Gesetzgeber festgelegt werden dürfen.

6) Koch, Nutzenpotenziale mit E-Rechnung konsequenter ausschöpfen (2018), abrufbar unter https:// www.wko.at/oe/digitalisierung/studie-nutzenpotenzial-e-rechnung-ausschoepfen-2018.pdf; vgl auch die umfassenden Informationen auf der Seite der WKÖ unter https://www.wko.at/digitalisierung/5gute-gruende-fuer-die-e-rechnung (Zugriff jeweils am 18. 12. 2023).

7) European Commission, COM(2022) 701 final, 5.

8) European Commission, COM(2022) 701 final, 6; https://www.vatcalc.com/eu/eu-2028-digital-reportingrequirements-drr-e-invoice/ (Zugriff am 18. 12. 2023).

9)Mit Ausnahme der Konsignationslagerregelung nach den Voraussetzungen des Art17a; European Commission, COM(2022) 701 final, 24.

10) European Commission, COM(2022) 701 final, 5.

11) European Commission, COM(2022) 701 final, 25.

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Hinzu kommt, dass diese Meldepflichten, im Gegensatz zur bisherigen monatlichen oder quartalsweisen Zusammenfassenden Meldung, voraussichtlich binnen weniger Tage12) in Nahezu-Echtzeit erfolgen sollen. Eine weitere Besonderheit liegt darin, dass künftig sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger diese Meldungen für jede einzelne Transaktion werden durchführen müssen. Zudem sollen auch die zu meldenden Inhalte bis auf Artikel-Zeilen-Ebene erfolgen.13)

3.1.Digitale Meldepflichten

Bei Abstellen auf den Zweck der (umfassenderen) digitalen Meldepflichten (Stichwort: Bekämpfung Mehrwertsteuerbetrug) im Vergleich zur bisherigen Zusammenfassenden Meldung ist wohl zu bejahen, dass dieser durch die umfassenderen Obliegenheiten eher erfüllt werden kann. Bei kritischer Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, ob der erweiterte Umfang der vorgesehenen Meldedaten erforderlich und auch verhältnismäßig ist.

Im ViDA-Kommissionsvorschlag wird dazu ausgeführt, dass insbesondere die Verhältnismäßigkeit insofern gewährleistet ist, als die einzelnen Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene selbständig über die Einführung digitaler Meldepflichten entscheiden können.14) Betreffend das Meldesystem sollen dem jeweiligen Fiskus „die erforderlichen Informationen“ zugänglich gemacht werden,15) „um die Aufdeckung von Betrug zu verbessern“,.16) ohne eine Begründung zu liefern, inwiefern dies durch die zusätzlichen Angaben gewährleistet wird.

Es ist durchaus zu hinterfragen, inwiefern Umsatzsteuerbetrug durch die zusätzlichen Angaben, insbesondere etwa der Bekanntgabe des Zahlungsdatums, verhindert wird und ob nicht ein kleineres Set an Meldedaten für die künftige Steuermeldung ausreichend wäre. ZB wird dazu vertreten, dass etwa Angaben zur Rechnungsnummer, die jeweiligen UID-Nummern von Rechnungsersteller und Rechnungsempfänger sowie Angaben zu Steuerbefreiungen und Gesamtsumme ausreichend sind.17) Schließlich gilt es zu bedenken, dass sämtliche Daten des Steuerreportings künftig an den jeweiligen nationalen Fiskus und dann weiter an das Central VIES gemeldet werden und damit ein einziger Datenpool, der potenziell angreifbar ist, entsteht. Vor diesem Hintergrund gilt es abzuwägen, ob die Datengranularität nicht eher vermindert als erweitert werden soll.

3.2.Neue bzw erweiterte Meldedaten

Art264 MwStSyst-RL nF normiert, welche Daten künftig von den digitalen Meldepflichten erfasst sein sollen und verweist auf Art226 Nr1 bis 4, 6, 8 bis 11a18) und die neu eingeführten Nr16 bis 18. Damit sollen sämtliche von der Meldepflicht umfassten Daten in Art226 MwStSyst-RL enthalten sein.19)

Die Ergänzungen der Nr16 bis 18 beinhalten die erforderliche Rechnungsnummer der berichtigten Rechnung bei Rechnungskorrekturen (Nr16), die IBAN des Bankkontos, auf das die Zahlung erfolgen soll (Nr17), und das Fälligkeitsdatum bei (Teil-)Zahlungen sowie Datum und Höhe der einzelnen Zahlungen (Nr18).

12)Vor allem die zweitägigen Fristen für jeweils die Rechnungserstellung und Rechnungsübermittlung sind auf EU-Ebene Gegenstand zahlreicher Diskussionen und werden voraussichtlich auf bis zu zehn Tage ausgedehnt werden, vgl https://www.vatcalc.com/eu/eu-vat-in-the-digital-age-vida-adopted-by-ec/ (Zugriff am 18. 12. 2023).

13)Vgl Art264 MwStSyst-RL; European Commission, COM(2022) 701 final, 60.

14) European Commission, COM(2022) 701 final, 14.

15) European Commission, COM(2022) 701 final, 24.

16) European Commission, COM(2022) 701 final, 24.

17)https://www.vatcalc.com/eu/eu-vat-in-the-digital-age-vida-adopted-by-ec/ (Zugriff am 18. 12. 2023).

18)Diese wurden in §11 Abs1 Z3 UStG umgesetzt.

19) European Commission, COM(2022) 701 final, 5.

Doch gerade die Erweiterungen des Art226 MwStSyst-RL werden in der Praxis durchaus kritisch gesehen. Ziel der Ausdehnung der Meldepflichten ist es, dem Fiskus in den einzelnen Mitgliedstaaten die notwendigen Informationen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig aber auch den Steuerpflichtigen keine übermäßigen Lasten iZm den Meldepflichten aufzubürden.20) Bei genauerer Betrachtung auch der neu hinzukommenden Daten der Nr16 bis 18 ist fraglich, ob diese zur Erreichung des Ziels der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs tauglich sind. Dies ist deswegen kritisch zu hinterfragen, weil insbesondere durch die neu hinzutretenden Angaben mitunter tief in bestehende Prozesse durch Bekanntgabe einer IBAN (Nr17) sowie Bekanntgabe der Zahlungsinformationen (Nr18) eingegriffen wird. Schließlich ist durchaus üblich, dass etwa die IBAN, auf deren Konto die Zahlung erfolgen soll, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses aufsei ten des Lieferers/Leistenden noch nicht final feststeht. Zudem werden in Geschä ftspapieren durchaus mehrere Bankverbindungen bzw IBAN angegeben. Weiters ist durch den Rechnungsaussteller zu gewährleisten, dass die bekanntgegebene IBAN nicht nur in den Vertragsdokumenten, sondern entsprechend auch in der elektronischen Rechnung erfasst wird.

Korrespondierend steht der Rechnungsempfänger vor der Entscheidung, wie mit einer Rechnung umzugehen ist, falls diese Rechnung eine von den Stammdaten abweichende IBAN für die Zahlung aufweist. Entweder lehnt er die Rechnung ab, da die RechnungsIBAN nicht der Vertrags-IBA N entspricht, oder er übernimmt die Rechnungs-IBAN für die Zahlung. Dies könnte aber aus Rechnungsprüfungssicht insofern problematisch sein, als der rechnungserfassende Buchhalter in der Regel nicht die Berechtigung hat, eine Lieferantenkontonummer in den Stammdaten zu ändern, schon gar nicht für eine einzelne Rechnung. Folglich ist für die digitalen Meldepflichten und das entsprechende Steuerreporting nach ViDA diese IBAN zu melden. Bei Lieferanten, deren Angaben bereits in den Stammdaten des Rechnungsempfängers hinterlegt sind, werden hier zusätzliche Kontrollmechanismen erforderlich sein, um die jeweils vertraglich vereinbarte IBAN im Steuerreporting ordnungsgemäß zu melden.

Eine weitere Obliegenheit, die iZm dem Steuerreporting hinzukommen soll, ist die Bekanntgabe von Zahlungsdaten (Nr18). Neben Fälligkeitsdaten sind auch die jeweilige Höhe und das Datum der einzelnen Zahlung zu melden. Entsprechend den obigen Ausführungen zur IBAN stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage, wie mit vom Vertrag abweichenden Zahlungsdaten/-fristen umzugehen ist. Diese weiteren Meldedaten können auf Rechnungsempfängerseite zusätzlichen Handlungsbedarf bedeuten, wenn es um die Bereitstellung der Daten für das Steuerreporting geht.

Auf den Punkt gebracht

Der Legislativvorschlag der Europäischen Kommission zu ViDA sieht neben der Einführung der E-Rechnung für grenzüberschreitende B2B-Transaktionen gleichzeitig die Abschaffung der Zusammenfassenden Meldung und die Einführung digitaler Meldepflichten vor, da sich die Zusammenfassende Meldung als Instrument zur Aufdeckung von Mehrwertsteuerbetrug als unzureichend herausgestellt hat.

Die neue Meldepflicht sieht nun vor, nicht nur das Steuerreporting in Nahezu-Echtzeit auf Einzeltransaktionsbasis durchzuführen, sondern dehnt die Meldepflicht neben bisher bekannten Daten aus Rechnungen iSd Art226 MwStSyst-RL auch auf zusätzliche Meldedaten, wie etwa die IBAN, die fortlaufende Rechnungsnummer bei Berichtigungen sowie Datum, Höhe und Fälligkeit der Rechnungsbeträge, aus.

20) European Commission, COM(2022) 701 final, 5 und 23.

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Zoll & Steuern im Außenhandel – aktuelle Entwicklungen im vierten Quartal 2023

Steuern

Gesetzgebung – Rechtsprechung – Finanzverwaltung THOMAS BIEBER*) / PETER PICHLER**)

Kruse.1) konstatierte in seinen Einleitungsworten zur Deutschen Steuerjuristischen Tagung 1987, dass Zölle und Verbrauchsteuern „[…] für die meisten Steuerrechtler ein Buch mit sieben Siegeln [sind] und […] als Spezialmaterie der spezialisierten Spezialisten [gelten]“. Vor diesem Hintergrund möchten wir Ihnen künftig in der neuen Rubrik „Zoll & Steuern im Außenhandel“ einen quartalsweisen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich Zollrecht, Verbrauchsteuern, im angrenzenden (Einfuhr-)Umsatzsteuerrecht sowie in sonstigen Themenbereichen wie zB Energiesteuern oder CBAM (carbon border adjustment mechanism) geben. Der erste Beitrag befasst sich mit aktueller Judikatur, Aussagen der Finanzverwaltung sowie gesetzlichen Neuentwicklungen des vierten Quartals 2023.

1.Zollrecht

1.1.Keine Vertretungsvollmacht bei Verzollung von Warensendungen durch die Post AG erforderlich

Entscheidung: BFG 10. 11. 2023, RV/7200073/2022; Revision nicht zugelassen.

Norm: §38 ZollR-DG.

Im gegenständlichen Fall wurden im Rahmen eines Versandhandelsumsatzes Waren aus dem Drittland nach Österreich transportiert und hier von der Österreichischen Post AG im regulären Importverfahren abgefertigt (bzw aufgrund eines Abwicklungsfehlers nicht wie eigentlich angestrebt unter Anwendung des IOSS-Verfahrens). Konkret wurden im gegenständlichen Fall der Käufer als Empfänger und die Österreichische Post AG als Anmelder und indirekter Vertreter des Empfängers angeführt.

Hinsichtlich der aufgrund dieser Abwicklung entstandenen österreichischen Einfuhrumsatzsteuer erhob der Käufer im Abgabenverfahren den Einwand, dass ihn die Österreichische Post AG vor der Zollabfertigung nicht kontaktiert habe und er diesem Unternehmen weder einen Auftrag noch eine Vollmacht zur Vertretung erteilt habe.

In seiner Entscheidung verweist das BFG darauf, dass die Österreichische Post AG gemäß Art18 Weltpostvertrag berechtigt ist, die Sendungen einer Zollbehandlung zuzuführen. Zum Nachweis der Vertretungsmacht ist daher entgegen der Ansicht des Käufers in diesen Fällen keine Vollmacht notwendig. Es genügt gemäß §38 Abs2 ZollR-DG vielmehr die Glaubhaftmachung.

Angesichts der Tatsache, dass der Käufer in der Zollinhaltserklärung CN22 als Empfänger genannt ist, kann nach Ansicht des BFG kein ernsthafter Zweifel an der Vertretungsmacht der Österreichischen Post AG bestehen.

*)Univ.-Prof. Dr. Thomas Bieber lehrt und forscht am Institut für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik der JKU Linz.

**)Dr. Peter Pichler ist Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner und berät schwerpunktmäßig in den Bereichen Umsatzsteuer-, Verbrauchsteuer- und Zollrecht sowie angrenzenden Themen wie der nationalen CO2-Steuer bzw CBAM.

1) Kruse, Zölle, Verbrauchsteuern, europäisches Marktordnungsrecht, DStJG 11 (1988) 1.

1.2.Sanktionen für Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften

Entscheidung: EuGH 23. 11. 2023, J. P. Mali, C-653/22.

Norm: Art42 UZK.

In der vorliegenden Rechtssache hatte sich der EuGH mit der Frage zu befassen, ob die ungarischen Strafbestimmungen für Verstöße gegen Zollvorschriften mit Art42 UZK vereinbar sind, wonach jeder Mitgliedstaat wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften vorzusehen hat.

Der EuGH kommt zum Ergebnis, dass die folgenden, im ungarischen Recht vorgesehenen Sanktionen mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar sind:

• Es ist eine Geldbuße vorgesehen, die grundsätzlich 50% des Zollfehlbetrags entspricht und ungeachtet des guten Glaubens des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers und der von ihm getroffenen Vorkehrungen angewandt wird.

• Dieser Satz von 50% ist deutlich niedriger als der Satz, der für den Fall der Bösgläubigkeit dieses Wirtschaftsteilnehmers vorgesehen ist.

• Im Übrigen ist in bestimmten Fällen vorgesehen, dass die Geldbuße erheblich verringert wird, wenn zB der gutgläubige Wirtschaftsteilnehmer seine Zollanmeldung vor Abschluss der nachträglichen Kontrolle berichtigt und dabei die richtigen Informationen übermittelt.

2.Verbrauchsteuern

2.1.Einzelfreischeine für Mineralöl für die Luftfahrt

Entscheidung: BFG 6. 11. 2023, RV/7200001/2022; Revision nicht zugelassen.

Normen: §§4 Abs1 Z1, 12 Abs1 MinStG 2022; Art14 Abs1 RL 2003/96/EG.

Im Beschwerdefall war strittig, ob die Beschwerdeführerin (Operator/Halter eines Flugzeugs) das mit den verfahrensgegenständlichen Einzelfreischeinen steuerfrei bezogene Mineralöl tatsächlich zu der laut jeweiligem Freischein begünstigten gewerbsmäßigen Beförderung von Personen im Flugverkehr verwendet hat. Das Zollamt versagte die Steuerbefreiung ua mit dem Argument, dass die Freischeine ausschließliche Flüge des Eigentümers des Flugzeugs beträfen und die Zwischenschaltung des Beschwerdeführers als Operator/Halter des Flugzeugs nicht dazu führen könne, dass eine Steuerbegünstigung anwendbar sei.

Das BFG widerspricht der Sichtweise des Zollamts. In der Begründung verweist das BFG ua darauf, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der abgeschlossenen Halterschaftsverträge Nutzungsberechtigte ist und zudem im gegenständlichen Fall die Flugleistungen als solche im eigenen Namen erbrachte bzw die Beförderung von Personen im eigenen Namen durchführte (und diese auch entsprechend an die Kunden verrechnete). An dieser Beurteilung ändert der Umstand nichts, dass die Verrechnung von Flugleistungen auch an eine juristische Person erfolgt ist, die den gleichen wirtschaftlichen Eigentümer wie jene Gesellschaft hat, mit welcher die Beschwerdeführerin den Halterschaftsvertrag abgeschlossen hat.

Die Beschwerdeführerin hat somit im Ergebnis begünstigte entgeltliche Luftfahrtdienstleistungen iSd Art14 Abs1 litb Richtlinie 2003/96/EG erbracht. Das mit den Freischeinen bezogene Mineralöl wurde zu den in den Freischeinen angegebenen Zwecken verwendet, sodass die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mineralölsteuer vorlagen (vgl auch Entscheidung des VwGH vom 1. 9. 2022, Ra 2019/16/0104).

2.2.Versand von verbrauchsteuerpflichtigen Waren zwischen EU-Mitgliedstaaten

Im November 2023 hat das BMF ein Informationsblatt veröffentlicht, in welchem die Eckpunkte beim Versand verbrauchsteuerpflichtiger Waren zu gewerblichen Zwecken

innerhalb der EU dargestellt werden (https://formulare.bmf.gv.at/service/formulare/interSteuernZoll/pdfd/9999/VStINF1.pdf).

Wie im Informationsblatt dargestellt, ist zunächst immer eine dahingehende Unterscheidung vorzunehmen, ob die betreffenden Waren im Abgangsland bereits versteuert wurden (dh sich im steuerrechtlich freien Verkehr befinden) oder unversteuert (dh im Steueraussetzungsverfahren) in das andere EU-Land transportiert werden.

Bei einem Transport der Waren im steuerrechtlich freien Verkehr gilt Folgendes:

• Der Warenversender muss über eine Bewilligung als zertifizierter Versender im Abgangsland verfügen, spiegelbildlich muss der Warenempfänger über eine Bewilligung als zertifizierter Empfänger im Bestimmungsland verfügen.

• Der Warenversender muss für jede einzelne Sendung ein vereinfachtes elektronisches Verwaltungsdokument (v-e-VD) erstellen, welches vom Warenempfänger nach Ankunft der Ware zu bestätigen ist. Der Warenempfänger hat die Verbrauchsteuer sodann zu erklären bzw zu entrichten.

• Wird dieses Verfahren eingehalten, besteht für den Warenversender die Möglichkeit einer Verbrauchsteuererstattung im Abgangsland. Wird das Verfahren hingegen nicht eingehalten, besteht die Gefahr einer Doppelbesteuerung im Abgangs- und Bestimmungsland.

Bei einem Transport der Waren im Steueraussetzungsverfahren gilt Folgendes:

• Der Transport muss grundsätzlich aus einem bewilligten Steuerlager des Warenversenders erfolgen, und der Warenempfänger muss entweder selbst über ein bewilligtes Steuerlager oder eine Bewilligung als registrierter Empfänger im Bestimmungsland verfügen.

• Der Warenversender muss für jede einzelne Sendung ein elektronisches Verwaltungsdokument (e-VD) erstellen, welches vom Warenempfänger nach Ankunft der Ware zu bestätigen ist. Die Steuerschuld für die Waren entsteht bei einem Steuerlager des Empfängers mit Entnahme der Waren aus diesem Lager in den steuerrechtlich freien Verkehr bzw bei einem registrierten Empfänger mit Empfang der Waren.

• Wird dieses Verfahren eingehalten, komm t es im Abgangslan d von vornherein zu keiner Besteuerung. Wird das Verfahren hingegen nicht eingehalten, besteht die Gefahr einer Doppelbesteuerung im Abgangs- und Bestimmungsland.

Anmerkung: Ergänzend ist aus unserer Sicht anzumerken, dass das Informationsblatt lediglich Ausführungen zum gewerblichen Transport verbrauchsteuerpflichtiger Waren enthält (B2BTransaktionen). Beim Versandhandel mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren an Nichtunternehmer (B2C-Transaktionen) gelten hingegen gesonderte Vorschriften und ist sowohl im Abgangsals auch im Bestimmungsland eine entsprechende Bewilligung des Lieferanten erforderlich und ein besonderes Verfahren einzuhalten.

Abschließend ist zudem darauf hinzuweisen, dass die im Informationsblatt enthaltenen Ausführungen dem Grunde nach auch für den Transport von Wein und Schaumwein innerhalb der EU gelten. Da diese Waren jedoch in Österreich einem Nullsteuersatz unterliegen, existieren in diesem Zusammenhang in der Praxis eine Reihe von Vereinfachungen in Österreich.

3.(Einfuhr-)Umsatzsteuer

Versandhandel: Keine Anwendung des IOSS-Verfahrens bei fehlenden Angaben in der Zollanmeldung

Entscheidungen: BFG 31. 10. 2023, RV/7200053/2023; Revision nicht zugelassen; BFG 3. 11. 2023, RV/7200067/2023; Revision nicht zugelassen.

Normen: §6 Abs4 Z9 UStG; §25b UStG.

Bei Versandhandelslieferungen aus Drittstaaten in die EU kann unter bestimmten Voraussetzungen das sogenannte „IOSS-Verfahren“ (Import-One-Stop-Shop) angewendet

In seinen beiden Entscheidungen kommt das BFG zum Ergebnis, dass es – ua entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes – für die Inanspruchnahme des IOSS bzw der Steuerfreiheit der Einfuhr zwingend der Angabe der gültigen IOSS-MehrwertsteuerIdentifikationsnummer in der Einfuhrzollanmeldung bedarf.

Wird in der Zollanmeldung keine oder eine ungültige IOSS-Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer angegeben, kann die EUSt-Befreiung nicht in Anspruch genommen werden. Dabei spielt es nach Ansicht des BFG keine Rolle warum oder aufgrund wessen Verschulden (zB ausländischer Lieferant, ausländische Post, fehlerhafte Datenverarbeitung durch den Anmelder etc) keine Angabe in der Zollanmeldung erfolgt ist.

Nach Überlassung der eingeführten Waren ist eine nachträgliche Berücksichtigung dieser Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zum Zweck der nachträglichen Gewährung der Steuerfreiheit nicht möglich.

4.CBAM – aktuelle Entwicklungen

4.1.Ausgangslage

Das CO2-Grenzausgleichssystem (carbon border adjustment mechanism, CBAM) ist ein zentraler Bestandteil des EU Green Deal und seit 1. 10. 2023 in Kraft. Demnach ergeben sich beim Import bestimmter Produkte (wie zB Aluminium, Eisen und Stahl, Zement) zunächst im Rahmen einer „Übergangsphase“ Meldeverpflichtungen für Importeure derartiger Waren. Der erste Bericht ist für das vierte Quartal 2023 zu erstellen und bis zum 31. 1. 2024 über das CBAM-Übergangsregister einzureichen.

Ab dem Jahr 2026 entstehen im Rahmen der sogenannten „Bepreisungsphase“ tatsächliche Zahlungsverpflichtungen für die Importeure derartiger Waren.

4.2.Veröffentlichung von Standardwerten durch die Europäische Kommission für die Übergangsphase

Im Rahmen der in der Übergangsphase zu erstellenden CBAM-Berichte haben Importeure bestimmte Angaben wie zB zu den direkten und indirekten Emissionen der importierten Waren zu machen. Anstelle einer Berechnung der tatsächlichen Emissionen anhand der in der CBAM-VO bzw CBAM-DVO vorgesehenen Methodik kann die Berichterstattung bis 31. 7. 2024 vereinfacht anhand der Verwendung von Standardwerten erfolgen.

Diese Standardwerte wurden nunmehr von der Europäischen Kommission am 22.12.2023 veröffentlicht (abrufbar via https://taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/2023-12/ Default%20values%20transitional%20period.pdf). Die Standardwerte werden gesondert für jede CBAM-pflichtige Warenkategorie sowie auf Basis der jeweiligen Zolltarifnummer der Ware veröffentlicht (in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne Ware).

Die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Werte stellen einen weltweiten Durchschnitt dar, gewichtet nach Produktionsvolumen, und gelten unabhängig vom Ursprungsland der Waren. Ungeachtet der Verwendung von Standardwerten für die Emissionen ist zu beachten, dass für die Erstellung des CBAM-Berichts selbst zusätzliche Informationen benötigt werden, welche grundsätzlich von den Drittlandslieferanten angefordert werden müssen (wie zB Angaben zu den Drittlandsproduktionsstätten, wo die importierten Waren hergestellt werden).

1/210. Jänner 2024 werden. Demnach müssen sich Versandhändler nur in einem EU-Mitgliedstaat steuerlich registrieren lassen und können sämtliche Einfuhr-Versandhandelsumsätze in einer einzigen IOSS-Erklärung melden bzw die Umsatzsteuer abführen. Bei Anwendung des IOSS-Verfahrens ist die Einfuhr gemäß §6 Abs4 Z9 UStG von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.

4.3.CBAM-Vollzugsgesetz

Zur Festlegung der nationalen Bestimmungen zum Vollzug der CBAM-VO und der dazugehörigen Rechtsakte wurde das CBAM-Vollzugsgesetz erlassen (BGBl I 2023/196, in Kraft seit 2. 1. 2024). Neben der Anführung des Amts für den nationalen Emissionszertifikatehandel im Zollamt Österreich al s für CBAM zuständige Behörde ist darin ua vorgesehen, dass für das Verfahren die Bestimmungen der BAO sinngemäß anzuwenden sind.

Zudem werden in diesem Gesetz – unter Verweis auf die Bestimmungen der CBAMDVO – Sanktionsbestimmungen für den Fall vorgesehen, dass die CBAM-Berichtspflichten nicht erfüllt werden. Demnach können Sanktionszahlungen zwischen 10 Euro und 50 Euro je Tonne nicht gemeldeter Emissionen (laut Standardwerten) verhängt werden, wenn die betreffende Person

• nicht die erforderlichen Schritte unternommen hat, um ihrer Verpflichtung zur Abgabe eines CBAM-Berichts nachzukommen, oder

• einen unrichtigen oder unvollständigen CBAM-Bericht abgegeben und trotz Einleitung eines Berichtigungsverfahrens durch die Behörde nicht die erforderlichen Schritte zur Berichtigung des CBAM-Berichts unternommen hat.

Höhere Strafen bis zu 100 Euro je Tonne nicht gemeldeter Emissionen sind möglich, wenn mehr als zweimal in der Folge unvollständige oder unrichtige CBAM-Berichte abgegeben werden oder die Dauer der Nichtmeldung mehr als sechs Monate beträgt. Im CBAM-Vollzugsgesetz findet sich keine explizite Regelung, ob bzw unter welchen Voraussetzungen in derartigen Fällen von einer Verhängung einer Strafe (teilweise) abgesehen werden kann. Es wird diesbezüglich lediglich auf die Vorgaben des Art16 Abs3 CBAM-DVO verwiesen (wonach bei der Strafbemessung ua der Umfang der nicht gemeldeten Angaben bzw die Menge der nicht gemeldeten importierten Waren relevant ist).

Erlässe des BMF zu KStR, LStR und UStR

Drei steuerliche Erlässe des BMF zu den Richtlinien sind in der Findok abrufbar:

• Änderung der Rz59 KStR (Erlass des BMF vom 20. 12. 2023, 2023-0.915.582, BMF-AV 2023/153): Rz59 KStR wird aufgrund der Judikatur geändert: „Aufgrund seiner besonderen Stellung im öffentlichen Leben ist das Österreichische Rote Kreuz mit den Landesverbänden und Bezirksstellen als Körperschaft öffentlichen Rechts anzusehen (bis 31. 12. 2023; ab 1. 1. 2024 siehe BFG 18. 4. 2023, RV/7106426/2019).“

• LStR-Wartungserlass 2023 (Erlass des BMF vom 15. 12. 2023, 2023-0.715.245, BMF-AV 2023/151): Im Rahmen der laufenden Wartung 2023 we rden gesetzliche Änderungen, höchstgerichtliche Entscheidungen, redaktionelle und sonstige Aktualisierungen in die LStR eingearbeitet. Die LStR idF des Wartungserlasses 2023 sind bei Lohnsteuerprüfungen für vergangene Lohnzahlungszeiträume und auf offene Veranlagungsfälle anzuwenden, soweit nichts anderes geregelt ist bzw soweit nicht für diese Zeiträume andere Bestimmungen in Gesetzen oder Verordnungen oder günstigere Regelungen in den LStR Gültigkeit hatten.

• UStR-Wartungserlass 2023 (Erlass des BMF vom 15. 12. 2023, 2023-0.877.675, BMF-AV 2023/152): Im Rahmen der laufenden Wartung wurden insbesondere die aktuelle Judikatur der Höchstgerichte (VwGH/EuGH) sowie Änderungen durch das AbgÄG 2023 und das CESOP-Umsetzungsgesetz 2023 aufgenommen und Aussagen/Abschnitte der UStR zu überholten Rechtslagen gestrichen.

Finanzstrafrecht

Zuständigkeitsdualismus im Finanzstrafverfahren

Steuern

Abgrenzung der gerichtlichen von der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit

SEBASTIAN STARL*)

In der Praxis hat man sich immer wieder mit der Frage auseinanderzusetzen, ob das Gericht oder die Finanzstrafbehörde für die Ahndung eines Finanzvergehens zuständig ist. Die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage ist ob der gewählten Abgrenzungskriterien (subjektive Tatseite, Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags) nicht immer einfach, schon gar nicht in einem frühen Ermittlungsstadium. Insofern verwundert es nicht, dass ein mehrfacher Zuständigkeitswechsel, der von Teilen der Literatur als „ZuständigkeitsPing-Pong“.1) bezeichnet wird, in der Praxis durchaus vorkommen kann. Dieses Phänomen wird zum Anlass genommen, um sich in diesem Beitrag näher mit der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Gericht und Finanzstrafbehörde auseinanderzusetzen.

1.Allgemeines

Das Finanzstrafverfahren ist von einem Dualismus geprägt: Es teilt sich in ein gerichtliches und ein verwaltungsbehördliches Finanzstrafverfahren. Historisch betrachtet ist dieser Zuständigkeitsdualismus auf die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und die damit einhergehende Einführung des Straf(verfahrens)rechts der Reichsabgabenordnung zurückzuführen.2)

Ob ein Finanzvergehen vom Gericht oder von der Finanzstrafbehörde zu ahnden ist, bestimmt sich nach §53 FinStrG. Im Allg emeinen gilt, dass schwerwiegende Finanzvergehen in die gerichtliche Zuständigkeit fallen sollen, während für alle übrigen Finanzvergehen, die keinen derartigen Schweregrad aufweisen, die Finanzstrafbehörde zuständig sein soll. Außerdem spielen auch Kriterien wie Verfahrensökonomie und Zweckmäßigkeit eine Rolle bei der Zuständigkeitsabgrenzung.3)

Die Zuständigkeit ist für jedes Finanzvergehen und jede daran beteiligte Person gesondert zu prüfen. Auch die Zuständigkeit zur Ahndung der Anknüpfungstat (des Entscheidungsträgers oder Mitarbeiters) und die Zuständigkeit zur Ahndung der Verbandsverantwortlichkeit (hinsichtlich des dafür verantwortlichen Verbands) sind getrennt voneinander zu prüfen.4)

In §53 FinStrG wird nicht bloß eine prozessuale Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Gericht und Finanzstrafbehörde vorgenommen. §53 FinStrG weist darüber hinaus auch einen materiellrechtlichen Regelungsgehalt auf, zumal es schlicht und einfach um die gerichtliche Strafbarkeit eines Finanzvergehens geht, also um eine Frage des mate-

*)Sebastian Starl, LL.M. (WU) ist Manager bei PwC Oberösterreich.

1)Zum Begriff siehe Mayerhöfer/Poppenwimmer, Staatsanwaltschaftliche Erledigungen im gerichtlichen Finanzstrafverfahren (Teil 2), ZSS2021, 43 (45, FN 26); vgl auch Köck, Fortlaufhemmung im gerichtlichen Finanzstrafverfahren, JBl 2022, 327 (331), die in diesem Zusammenhang von „Unzuständigkeits-PingPong-Fälle[n]“ spricht.

2)Vgl Harbich, Gerichtliches und verwaltungsbehördliches Finanzstrafrecht, AnwBl 1984, 419 (421f).

3)Vgl Brandl, Schnittstellen im Finanzstrafverfahren, in Holoubek/Lang, Grundfragen des Verwaltungs- und Finanzstrafverfahrens (2022) 45 (54f).

4)Mit der Zuständigkeit des Gerichts (der Finanzstrafbehörde) zur Ahndung der Anknüpfungstat geht also nicht automatisch die Zuständigkeit des Gerichts (der Finanzstrafbehörde) zur Ahndung der Verbandsverantwortlichkeit einher. Es kann somit auch zu divergierenden Zuständigkeiten kommen.

riellen Rechts.5) Der materiellrechtliche Charakter dieser Zuständigkeitsregelung kommt auch insofern zum Ausdruck, als im Allgemeinen Teil des FinStrG an mehreren Stellen nach der Zuständigkeit differenziert wird. Ob das Gericht oder die Finanzstrafbehörde zuständig ist, wirkt sich zB auf die Höhe der (Ersatz-)Freiheitsstrafdrohung (§§15 Abs3, 20 Abs2 FinStrG), die Strafbemessung (§ 23 Abs4 FinStrG), den Strafvollzug (§26 FinStrG) und auf das Eintreten von Nebenfolgen (§27 FinStrG) aus. Überdies sind auch verjährungsrechtliche Unterschiede zu konstatieren, zumal eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren nur im Bereich der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit vorgesehen ist (§31 Abs5 FinStrG).

2.Gerichtliche Zuständigkeit

Das Gericht ist entweder originär oder kraft Konnexität zur Ahndung eines Finanzvergehens zuständig.

2.1.Originäre Zuständigkeit

2.1.1.Vorsätzliche Begehung und Wertgrenzenüberschreitung (§53 Abs1 und 2 FinStrG)

Das Gericht ist zur Ahndung eines Finanzvergehens originär zuständig, wenn das Finanzvergehen zum einen vorsätzlich begangen wurde und zum anderen der strafbestimmende Wertbetrag 150.000 Euro bzw 75.000 Euro übersteigt.6) Falls der strafbestimmende Wertbetrag eines vorsätzlich begangenen Finanzvergehens die Wertgrenze (150.000 Euro bzw 75.000 Euro) für sich genommen nicht überschreitet, so kann es trotzdem in die originäre Gerichtszuständigkeit fallen, wenn es mit anderen vorsätzlich begangenen Finanzvergehen zusammentrifft.7) Das Gericht ist nämlich auch dann originär zuständig, wenn die Summe der strafbestimmenden Wertbeträge mehrerer zusammentreffender, vorsätzlich begangener Finanzvergehen die Wertgrenze von 150.000 Euro bzw 75.000 Euro übersteigt.8) Voraussetzung für die Zusammenrechnung der strafbestimmenden Wertbeträge ist allerdings, dass die zusammentreffenden Finanzvergehen in die fiktive Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fallen.9) Für die Zusammenrechnung ist sohin entscheidend, welche der beiden Finanzstrafbehörden für jedes der zusammentreffenden Finanzvergehen zuständig wäre, würde man von verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit ausgehen.10)

Da der strafbestimmende Wertbetrag als Abgrenzungskriterium fungiert, können grundsätzlich nur vorsätzliche Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, in die originäre Gerichtszuständigkeit fallen (siehe zur einzigen Ausnahme

5)Vgl VfGH 29. 11. 2017, G 94/2017, Rz47; RIS-Justiz RS0086992; weiters Starl, Der Günstigkeitsvergleich im Finanzstrafrecht (2020) 51, wonach „§53 FinStrG eine materiell-finanzstrafrechtliche Dimension beigemessen werden kann“.

6)Mit dem AbgÄG 2023 (BGBl I 2023/110) wurden die Wertgrenzen erst kürzlich von 100.000 Euro auf 150.000 Euro (§53 Abs1 FinStrG) bzw von 50.000 Euro auf 75.000 Euro (§53 Abs2 FinStrG) angehoben. Eine weitere Anhebung auf 200.000 Euro (§53 Abs1 FinStrG) bzw 100.000 Euro (§53 Abs2 FinStrG) wäre in jedem Fall sachlich gerechtfertigt (vgl dazu Brandl/Starl, Vermehrte Gerichtszuständigkeit in Finanzstrafsachen durch die Finanzorganisationsreform, ZWF 2021, 121 [125]).

7)Vgl §53 Abs1 letzter Satz FinStrG: „Zusammentreffen können nur Finanzvergehen, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.“

8)Eine derart kumulierte bzw gesamthafte Betrachtung ist aus meiner Sicht auch notwendig, weil sich ein Täter ansonsten aussuchen könnte, in welche Zuständigkeit er sich begibt. Ein seriell agierender Täter könnte sich der Gerichtszuständigkeit nämlich dadurch entziehen, indem er darauf achtet, dass er nie mehr als 150.000 Euro bzw 75.000 Euro auf einmal hinterzieht. Weshalb so jemand in gewisser Hinsicht bessergestellt werden sollte als jemand, der die Wertgrenze nur einmal geringfügig überschreitet, erschließt sich nicht. Eine Gleichbehandlung (Gerichtszuständigkeit in beiden Fällen des §53 Abs1 FinStrG) ist daher mE nur gerecht und vermutlich bereits aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten notwendig.

9)Seit der Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung (FORG, BGBl I 2019/104) gibt es nur mehr zwei sachlich zuständige Finanzstrafbehörden mit jeweils bundesweiter örtlicher Zuständigkeit, nämlich das Zollamt Österreich (ZAÖ) und das Amt für Betrugsbekämpfung (ABB). Es ist sohin nur mehr die sachliche Zuständigkeit zu prüfen.

10)Siehe dazu §58 Abs1 lita und b FinStrG.

im nachfolgenden Kapitel). In Betracht kommen daher – abgesehen von etwaigen Deliktsqualifikationen (vgl §§38a, 39 FinStrG) – folgende Finanzvergehen:

• Abgabenhinterziehung (§33 FinStrG);

• Schmuggel (§35 Abs1 FinStrG);

• Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§35 Abs2 und 3 FinStrG);

• vorsätzliche Abgabenhehlerei (§37 Abs1 FinStrG);

• vorsätzlicher Eingriff in Monopolrechte (§44 FinStrG);

• vorsätzliche Monopolhehlerei (§46 Abs1 FinStrG);

• Mineralölsteuerhinterziehung (§ 11 Abs 1 MinStG).

Es sind zwei unterschiedlich hohe Wertgrenzen zu beachten: Während allgemein eine Wertgrenze von 150.000 Euro gilt, beträgt die Wertgrenze bei bestimmten Zollvergehen11) abweichend davon nur 75.000 Euro. Ob diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist, kann bezweifelt werden.12) Eine Angleichung wäre daher grundsätzlich zu befürworten, würde aber wohl an den Vorgaben der PIF-Richtlinie scheitern.13)

2.1.2.Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug (§53 Abs1a FinStrG)

Darüber hinaus fällt auch noch das Finanzvergehen des grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrugs (§40 FinStrG) in die originäre Gerichtszuständigkeit. Auf ein Überschreiten einer Wertgrenze kommt es dabei nicht an.

2.2.Zuständigkeit kraft Konnexität

Bei Gerichtszuständigkeit kraft Konnexität wäre das Finanzvergehen eigentlich von der Finanzstrafbehörde zu ahnden; aufgrund eines subjektiven oder objektiven Zusammenhangs mit originär vom Gericht zu ahndenden Finanzvergehen ist das Gericht ausnahmsweise auch für dieses – ansonsten in die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit fallende –Finanzvergehen zuständig.

Der Wechsel in die Gerichtszuständigkeit erfolgt lediglich aus Gründen der Verfahrenskonzentration und Verfahrensökonomie.14) Der Zuständigkeitsverschiebung geht kein gesteigerter Unwertgehalt voraus.15) Es ändert sich auch nichts am materiellrechtlichen Charakter des Finanzvergehens einschließlich aller resultierender Schranken und Wirkungen.16) Insofern handelt es sich bei Finanzvergehen, die lediglich kraft Konnexität vom Gericht zu ahnden sind, nach wie vor um „verwaltungsbehördlich strafbare“ Finanzvergehen (und somit um keine „gerichtlich strafbaren“ Finanzvergehen).

2.2.1.Subjektive Konnexität (§53 Abs3 FinStrG)

Wenn eine Person mehrere Finanzvergehen begangen hat, liegt subjektive Konnexität vor. Gerichtszuständigkeit kraft subjektiver Konnexität kommt dann in Betracht, wenn

11)Schmuggel (§35 Abs1 FinStrG), Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§35 Abs2 und 3 FinStrG) und vorsätzliche Abgabenhehlerei (§37 Abs1 FinStrG) in Bezug auf eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Zollvergehen nach §§ 35 f FinStrG begangen wurde.

12)Vgl Scheil, Ungleichbehandlung von Zoll- und Nichtzollvergehen, in Kert/Lehner, Vielfalt des Strafrechts im internationalen Kontext, FS Höpfel (2018) 195 (200), der mit vielen guten Gründen eine Angleichung der unterschiedlich hohen Wertgrenzen fordert.

13)Aufgrund der PIF-Richtlinie (Richtlinie [EU] 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. 7. 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug, ABl L 198 vom 28. 7. 2017, S29) kann die in §53 Abs2 FinStrG normierte Wertgrenze nicht über 100.000 Euro angehoben werden, weshalb die Beibehaltung der Differenzierung insofern geboten erscheint (vgl dazu Brandl/Starl, ZWF 2021, 121 [125]).

14)AB 1548 BlgNR 13. GP, 4.

15)Vgl OGH 30. 6. 1988, 12 Os 37/88, wonach aus diesem Grund auch die absolute Verjährung (§31 Abs5 FinStrG) auf Finanzvergehen, die kraft subjektiver oder objektiver Konnexität in die Gerichtszuständigkeit fallen, anwendbar ist.

16)OGH 19. 8. 2015, 13 Os 35/15v.

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zumindest ein von dieser Person begangenes Finanzvergehen in die originäre Gerichtszuständigkeit fällt. Damit sich also für jenes Finanzvergehen, das eigentlich in die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit fallen würde (ausgenommen Finanzvergehen, die ausschließlich von der Finanzstrafbehörde zu ahnden sind; siehe dazu noch Pkt3.1.), eine Gerichtszuständigkeit kraft subjektiver Konnexität ergibt, ist es erforderlich, dass es mit einem originär vom Gericht zu ahndenden Finanzvergehen zusammentrifft und eine fiktive Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde besteht. Es können davon zB (grob) fahrlässig begangene Finanzvergehen (zB §34 FinStrG) und Finanzvergehen, deren Strafdrohungen nicht von Wertbeträgen abhängen (zB §§48 bis 48b FinStrG), betroffen sein.17)

2.2.2.Objektive Konnexität (§53 Abs4 FinStrG)

Objektive Konnexität liegt dann vor, wenn sich mehrere Personen an demselben Finanzvergehen beteiligt haben. Gerichtszuständigkeit kraft objektiver Konnexität ist dann gegeben, wenn zur Ahndung des unmittelbaren Täters18) das Gericht (entweder originär oder kraft subjektiver Konnexität) zuständig ist und ein Tatbeteiligter, der sich an sich bloß vor der Finanzstrafbehörde zu verantworten gehabt hätte, vorsätzlich gehandelt hat. Auch für diese vorsätzlich handelnden Tatbeteiligten ist das Gericht kraft objektiver Konnexität zuständig. Als Tatbeteiligte kommen nicht nur Bestimmungstäter und Beitragstäter in Betracht, sondern auch andere unmittelbare Täter (Mittäter oder Nebentäter).19) Der Tatbeteiligte darf durch die gerichtliche Verurteilung nicht schlechter (und aus gleichheitsrechtlichen Gründen auch nicht besser20)) gestellt werden, als wenn die Ahndung durch die Finanzstrafbehörde erfolgt wäre. Er gilt somit nicht als gerichtlich vorbestraft.21)

3.Verwaltungsbehördliche Zuständigkeit

3.1.Ausschließliche Zuständigkeit (§53 Abs5 FinStrG; Sonderregelungen in Nebengesetzen)

Manche Finanzvergehen fallen aufgrund expliziter gesetzlicher Anordnung in die ausschließliche verwaltungsbehördliche Zuständigkeit. Für folgende Finanzvergehen ist die Finanzstrafbehörde zB ausschließlich zuständig:

• Finanzordnungswidrigkeiten (insbesondere §§49 bis 51a FinStrG, §42 TabMG, §31 DPMG, § 31 Abs 2 NEHG, § 11 Abs 2 MinStG);

• selbstverschuldete Berauschung (§52 FinStrG);

• Finanzvergehen nach §15 WiEReG;

• Finanzvergehen nach §7 KontRegG;

• Finanzvergehen nach §§107f GMSG;

• Finanzvergehen nach §§29f DPMG;

• Finanzvergehen nach § 31 Abs 1 NEHG;

• Finanzvergehen nach § 85 AußWG.

Für diese Finanzvergehen kann sich niemals eine Gerichtszuständigkeit ergeben, auch nicht kraft subjektiver oder objektiver Konnexität.

17)In bestimmten Konstellationen können darüber hinaus auch vorsätzliche Finanzvergehen bei Nichtüberschreiten der Wertgrenze kraft subjektiver Konnexität in die Gerichtszuständigkeit fallen (vgl dazu Lässig in Höpfel/Ratz, WK StGB2, § 53 FinStrG Rz 14).

18)Vgl Köck in Köck/Kalcher/Judmaier/Schmitt, FinStrG II5 (2021) §53 Rz22, wonach ungeachtet der Unschärfe des Gesetzeswortlauts („des Täters“) die objektive Konnexität an die gerichtliche Strafbarkeit des unmittelbaren Täters anknüpft.

19)Vgl RIS-Justiz RS0111319.

20)Vgl VfGH 10. 10. 2018, G 32/2018, Rz40, wonach §26 FinStrG auf Finanzvergehen, die kraft objektiver Konnexität vom Gericht zu ahnden sind, nicht zur Anwendung gelangt.

21)Kritisch hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung Althuber in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG (113. Lfg, 2023) §53 Rz36.

3.2.Subsidiäre Zuständigkeit (§53 Abs6 FinStrG)

§53 Abs6 FinStrG enthält eine Generalklausel zugunsten der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit für alle nicht vom Gericht zu ahndenden Finanzvergehen. In die subsidiäre verwaltungsbehördliche Zuständigkeit können demnach – sofern kein Fall der subjektiven oder objektiven Konnexität vorliegt (siehe dazu Pkt2.2.) – folgende Finanzvergehen fallen:

Kategorie

vorsätzlich begangene Finanzvergehen, bei denen die angedrohte Geldstrafe von einem strafbestimmenden Wertbetrag abhängt (sofern der strafbestimmende Wertbetrag die Wertgrenze nicht überschreitet)

(grob) fahrlässig begangene Finanzvergehen, bei denen die angedrohte Geldstrafe von einem strafbestimmenden Wertbetrag abhängt (unabhängig von der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags)

Finanzvergehen, bei denen die angedrohte Geldstrafe nicht von einem strafbestimmenden Wertbetrag abhängt

4.Würdigung und Ausblick

Finanzvergehen

• Abgabenhinterziehung (§33 FinStrG) – bis 150.000 Euro

• Schmuggel (§35 Abs1 FinStrG) – bis 75.000 Euro

• Hinterziehung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§35 Abs2 und 3 FinStrG) – bis 75.000 Euro

• vorsätzliche Abgabenhehlerei (§37 Abs1 FinStrG) –bis 150.000 Euro bzw 75.000 Euro

• vorsätzlicher Eingriff in Monopolrechte (§44 FinStrG) –bis 150.000 Euro

• vorsätzliche Monopolhehlerei (§46 Abs1 FinStrG) – bis 150.000 Euro

• Mineralölsteuerhinterziehung (§ 11 Abs 1 MinStG) – bis 150.000 Euro

• grob fahrlässige Abgabenverkürzung (§34 FinStrG)

• Verzollungsumgehung (§36 Abs1 FinStrG)

• grob fahrlässige Verkürzung von Eingangs- und Ausgangsabgaben (§36 Abs2 FinStrG)

• grob fahrlässige Abgabenhehlerei (§37 Abs3 FinStrG)

• grob fahrlässiger Eingriff in Monopolrechte (§45 FinStrG)

• grob fahrlässige Monopolhehlerei (§46 Abs3 FinStrG)

• fahrlässige Mineralölsteuerverkürzung (§ 11 Abs 1 MinStG)

• verbotene Herstellung von Tabakwaren (§43 FinStrG)

• Verletzung der Verschlusssicherheit (§48 FinStrG)

• Herbeiführung unrichtiger Präferenznachweise (§48a FinStrG)

• Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr (§48b FinStrG)

• verbotswidrige Herstellung von Alkohol (§91 AlkStG)

• Ein- und Ausfuhr von Marktordnungswaren ohne entsprechende Dokumente (§29 MOG)

Die Aufteilung der Zuständigkeiten im Finanzstrafverfahren hat sich in der Praxis sicherlich bewährt. Nichtsdestoweniger ist der Grat zwischen gerichtlicher und verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit schmal, was nicht zuletzt durch häufig auftretende Zuständigkeitswechsel sichtbar wird. Vielfach ist eben nicht eindeutig bzw noch nicht klar, ob grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt wurde bzw wie hoch der strafbestimmende Wertbetrag ist. Dazu kommt, dass es diesbezüglich auch Auffassungsunterschiede zwischen den involvierten Institutionen der Justiz und der Verwaltung (vor allem zwischen der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde) geben kann. Trotz dieser Schwächen und mangels ersichtlicher Alternativen an anderen Abgrenzungskriterien

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(diese sollen ja auf den Schweregrad eines Finanzvergehens abstellen), wird man an den gewählten Abgrenzungskriterien wohl festhalten müssen.

Möchte man sich – aus welchen Gründen auch immer – von dieser Zuständigkeitszweiteilung verabschieden, bleibt wohl nur der Weg hin zur Gerichtsbarkeit.22) In Anbetracht der Tatsache, dass das Finanzstrafverfahren ein Massenverfahren ist, würde wohl nur die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Gestalt des BFG für eine solche Aufgabe in Betracht kommen. Die Finanzstrafbehörden könnten dabei als „Ankläger“ fungieren. Gleichzeitig müssten wohl aber auch Entkriminalisierungsbestrebungen weiter vorangetrieben werden und verfahrensbeschleunigende/effizienzsteigernde Maßnahmen ergriffen werden. Zu denken wäre zB an die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Verkürzungszuschlags gemäß §30a FinStrG23) und die Schaffung einer generellen Diversionsmöglichkeit.24)

Auf den Punkt gebracht

Die in §53 FinStrG geregelte Zuständigkeitsabgrenzung ist von zentraler Bedeutung. Ein Beschuldigter in einem Finanzstrafverfahren weiß hierdurch nicht nur, ob er es mit der Staatsanwaltschaft oder der Finanzstrafbehörde zu tun hat. Vielmehr gehen mit der Kompetenzzuweisung auch wesentliche materiellrechtliche Unterschiede einher: Das gerichtliche Finanzstrafrecht sieht insbesondere höhere Freiheitsstrafdrohungen und ein ungünstigeres Verjährungsregime vor.

Zur Ahndung eines Finanzvergehens ist das Gericht entweder originär oder – aus Gründen der Verfahrenskonzentration und Verfahrensökonomie – kraft subjektiver/objektiver Konnexität zuständig. Kann derart keine gerichtliche Zuständigkeit begründet werden, fällt das Finanzvergehen in die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit. Daneben gilt es noch zu beachten, dass manche Finanzvergehen (allen voran die Finanzordnungswidrigkeiten) nie vom Gericht, sondern ausschließlich von der Finanzstrafbehörde zu ahnden sind.

22)Vgl Art3 Abs2 PersFrBVG, wonach Verwaltungsbehörden eine maximale Freiheitsstrafe von sechs Wochen verhängen dürfen und unabhängige Verwaltungsbehörden eine maximale Freiheitsstrafe von drei Monaten. Bei den schwerwiegendsten Finanzvergehen ist allerdings eine Freiheitsstrafdrohung von bis zu zehn Jahren vorgesehen.

23)Vgl Rechnungshof, Finanzstrafsachen in der Steuerverwaltung (2023) 22f.

24)Eintretend dafür ua Schmoller, Fehlen eines abgekürzten Verfahrens im Finanzstrafrecht – Überlegungen zu einer Ausweitung der Diversion, in Achatz/Brandl/Kert, FS Roman Leitner (2022) 199 (209ff); Achatz, Abgabenverfahren und Finanzstrafverfahren – Überlegungen zur Auflösung der VerfahrensgrundsätzeKollision de lege lata und de lege ferenda, in Achatz/Brandl/Kert, FS Roman Leitner, 103 (116ff); Schroll, Diversion im Finanzstrafverfahren, in Achatz/Brandl/Kert, FS Roman Leitner, 185 (196ff); Kert, Strafe und Strafbemessung im Finanzstrafverfahren, in Holoubek/Lang, Grundfragen des Verwaltungs- und Finanzstrafverfahrens, 309 (329).

Durchschnittsbedarfssätze für Unterhaltsleistungen für das Kalenderjahr 2024

Erlass des BMF vom 27. 12. 2023, 2023-0.753.232, BMF-AV 2023/156.

Altersgruppe Durchschnittsbedarfssätze

0 bis 5 Jahre340 Euro

6 bis 9 Jahre430 Euro 10 bis 14 Jahre530 Euro 15 bis 19 Jahre660 Euro 20 Jahre oder älter760 Euro

Automatisierung in der Steuerberatung

Der Einsatz von Robotic Process Automation in der Steuerberatung

Wirtschaft

Best Practice: Automatischer Bescheidversand JÖRG STADLER*) / STANA SRBU**)

Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt und auch die Steuerberaterbranche in den letzten Jahren stark verändert. Heute findet der Informationszufluss von und an Klienten und Behörden überwiegend digital statt. Belege werden nicht nur elektronisch übermittelt, sondern in Cloud-Systemen gespeichert und im besten Fall sofort in die Buchhaltung importiert. Der digitale Wandel hat dazu geführt, dass Aufgaben in der Steuerberatung komplexer geworden sind. Ergebnisse sollen schneller und transparenter bereitgestellt werden. Um dies zu bewerkstelligen, haben Führungskräfte in die entsprechende Technik und IT-Manpower zu investieren, obwohl und gerade weil der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern der größte Engpass in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung ist.

Der Arbeitsmarkt in unserer Branche ist hart umkämpft. Dabei noch Talente zu finden, die gleichzeitig IT-affin sind, ist eine echte Herausforderung. Die Personalkosten haben in den letzten Jahren deutlich angezogen, sodass die Sorge um die Aufrechterhaltung der Rentabilität der Kanzleien größer wird. Gleichzeitig stehen abrechnungsorien tierte Standardleistungen wie Lohnverrechnung und Buchhaltung unter zunehmendem Honorardruck. Die Geschäftsführung steht vor der Herausforderung, entweder den Wert der erbrachten Leistung zu steigern oder die Kosten für deren Umsetzung zu senken. Der Einsatz von robotic process automation (RPA) ist dafür eine kostengünstige und praktikable Lösung, die auch kleine und mittelgroße Kanzleien umsetzen können.

1.Auf Digitalisierung folgt Automatisierung

Die Digitalisierung in der Steuerberatung hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass Daten mit Mandanten und Behörden einfacher und schneller ausgetauscht, die Datenqualität verbessert und die Effizienz der Datenverarbeitung deutlich gesteigert werden konnten.

Viele Prozesse sind dennoch noch nicht zur Gänze digitalisiert. Viele Lücken sind derzeit noch manuell zu überbrücken, da Systeme veraltet oder nur zum Teil digital durchdacht sind. Gleichzeitig sind digitale Prozesse die Voraussetzung für Prozessautomatisierung. Darunter verstehen die Autoren die Implementierung von Prozessen, die ohne Zutun des Menschen ausgeführt werden. Automatisierung ist der logische Schritt nach der Digitalisierung.1)

Steuerberatungskanzleien arbeiten mit vielen Behörden, Unternehmen und Eigentümern in einem hoch regulierten Umfeld zusammen. Die meisten Compliance-Prozesse in der Steuerberatung sind gesetzlich reguliert. Gerade standardisierte Prozesse in einem stabilen Umfeld mit hohem Volumen eignen sich besonders für Automatisierungslösungen. In der Realität jedoch werden diese repetitiven, eintönigen und fehleranfälligen Aufgaben vielfach durch – in vielen Fällen hochqualifizierte – Mitarbeiter ausgeführt. Mittels robotic

*)Mag. Jörg Stadler ist Partner bei Metis Steuerberatung GmbH & Co KG und Aconio OG RPA Development. **)Stana Srbu, MA ist Berufsanwärterin bei Metis Steuerberatung GmbH & Co KG.

1)Vgl Brettschneider, Bewertung der Einsatzpotenziale und Risiken von RPA, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 2020, 1097.

process automation (RPA) können derartige Prozesse automatisiert werden. Repetitive und regelbasierte Aufgaben können von Software-Robotern, sogenannten Bots, durchgeführt werden.2) Die manuelle Bearbeitung wird reduziert und in manchen Abläufen gänzlich obsolet.3)

RPA-Software wurde entwickelt, um regelbasierte menschliche Interaktionen mit digitalen Anwendungen zu übernehmen. Dies kann das Ausfüllen von Formularen, das Kopieren und Einfügen von Daten, das Senden von E-Mails oder sogar komplexere Aufgaben wie die Aufbereitung von Berichten umfassen. Gängige Kanzleisoftwarelösungen bieten bereits Ansätze für Automatisierung innerhalb der jeweiligen Anwendung wie die Stapelverarbeitung oder Makros. Kanzleien arbeiten jedoch neben dem Core-System mit zahlreichen anderen Softwareanwendungen wie Office365, Kundenportalen, Workflowtools oder zunehmend mit Klientensystemen. Eine besondere Herausforderung liegt in der Integration von Kundensystemen in die jeweilige Kanzleilandschaft. Gerade für diese systemübergreifenden Anwendungen ist RPA eine sehr gute Lösung.4)

Durch die Automatisierung kann die Steuerberaterbranche folgende Ziele erreichen:

• Fehlerreduktion: Steigerung der Qualität durch die Vermeidung von manuellen Eingabefehlern;

• Erhöhung der Kundenzufriedenheit durch freie Kapazitäten für Beratung;

• Produktivitätssteigerung und Kostenersparnis;

• Skalierbarkeit: Automatisierte Prozesse können einfach skaliert werden, um größere Mengen an Arbeit oder zusätzliche Prozesse zu bewältigen;

• Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit durch die Delegation langweiliger und repetitiver Aufgaben an Bots.

Diese Aussagen werden durch mehrere Studien bestätigt. PwC gab an einer Studie im Jahr 2020 zu RPA in der DACH-Region an, dass folgende Vorteile durch den Einsatz von RPA erreicht wurden:

Abbildung 1: Vorteile von Bots; Quelle: PwC, RPA in der DACH-Region.

Ein wesentlicher Vorteil ist die Reduktion der menschlichen Arbeitszeit durch Bots. Dadurch werden bei den Mitarbeitern Kapazitäten für höherqualifizierte Tätigkeiten frei wie

2)Vgl PwC, Robotic Process Automation (RPA) in der DACH-Region (2020) 3.

3)Vgl Deloitte, Rechnungswesen in Zeiten von COVID-19 (2020).

4)Vgl Brettschneider, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 2020, 1097ff.

Qualitätskontrolle, die Interpretation von Informationen und Kommunikation. Daher steht die Zeit- und Kostenersparnis klar an erster Stelle. Ein weiterer Vorteil von RPA ist die Skalierbarkeit. Kapazitätsengpässe in Spitzenauslastungszeiten können durch den Einsatz von Bots ausgeglichen werden. Einmal programmierte Roboter können beliebig oft eingesetzt werden, und bereits definierte Komponenten können für andere Prozesse wiederverwendet werden und die Entwicklungskosten senken.5) Ein nicht zu unterschätzender wesentlicher Nutzen ist die Qualitätssteigerung durch die Vermeidung fehlerhafter Eingaben. Fehlersuche und -korrekturen sind ein erheblicher Zeitfresser für Kanzleien und Mandaten.

Aus den oben genannten Gründen haben Investitionen in RPA-Lösungen eine kurze Amortisationszeit. Durchschnittliche Amortisationszeiten für die Automatisierung großvolumiger Standardprozesse liegen nach Erfahrungen der Autoren zwischen wenigen Monaten und in der Regel unter einem Jahr.

2.Einsatz von RPA im Accounting

In der produzierenden Industrie ist der Einsatz von Robotern seit vielen Jahren Standard. In der Dienstleistungs- und Verwaltungsbranche hingegen wird im Vergleich dazu noch wenig automatisiert gearbeitet.6)

Speziell Rechnungswesen-Prozesse sind in hohem Maße regelbasiert und eignen sich daher besonders für Automatisierungsansätze. Dabei ist es entscheidend die Prozesse end to end vom Belegeingang über die Erfassung, das Reporting bis zum Zahlungsvorgang zu denken.

Eine Studie von PwC im Jahr 2020 ergab, dass 50% der 141 befragten Unternehmen verschiedener Branchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereits RPA einsetzen. Dabei kommt RPA am häufigsten im Controlling vor.7) In der Zukunft sehen die befragten Führungskräfte das höchste Einsatzpotenzial für RPA im Finanz- und Rechnungswesen.8)

Abbildung 2: RPA-Aufgaben im Accounting; Quelle: PwC, RPA in der DACH-Region.

Laut einer Studie von Horváth und Partner im Jahr 2023 geben 70% der 122 Befragten an, dass sie Automatisierung im Accounting als hoch oder sehr hoch priorisieren. Be-

5) Brettschneider, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 2020, 1097ff.

6)Vgl Brettschneider, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 2020, 1097ff.

7) PwC, RPA in der DACH-Region, 3.

8)Vgl Brettschneider, HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 2020, 1097ff.

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sonders erwähnenswert ist, dass nur 43% angeben, im Bereich der Hauptbuchhaltung und Bilanzierung automatisiert zu arbeiten. Da die Hauptbuchhaltung und Bilanzierung laut den Befragten besonders zur Automatisierung geeignet sind, planen Unternehmen, ihre Initiativen zur Automatisierung zu erhöhen.9)

Im Accounting wird RPA meistens in der Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung eingesetzt. Hier wird vielfach zur Belegerfassung die sogenannte optical character recognition (OCR) eingesetzt, welche sich mit RPA gut kombinieren lässt.10)

Der größte Wandel durch RPA wird in der Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsaspekten (ESG) sowie im Einzelabschluss erwartet.11) Diese Einschätzung lässt sich dadurch begründen, dass in der Nachhaltigkeitsberichterstattung Daten aus unterschiedlichen Systemen außerhalb der Finanzbuchhaltung erhoben, verarbeitet und strukturiert berichtet werden müssen. Schnittstellen in bisher mit dem Rechnungswesen nicht verbundene Systeme, die technische und Verbrauchsdaten sammeln, werden dadurch zunehmend notwendig. Da die anwendungsübergreifende Kommunikation eine wesentliche Stärke von RPA ist, wird die Datensammlung für die ESG-Berichterstattung in Zukunft ein wesentlicher Anwendungsbereich sein.

Abbildung 3: Erwarteter Wandel durch Technologie; Quelle: Horváth, Accounting-Studie 2023.

3.RPA und Mitarbeiter

In den letzten Jahren hat sich der Arbeitsmarkt für die Steuerberater- und Wirtschaftsprüferbranche stark gewandelt. Vielfach ist es nicht mehr möglich, ausreichend Fachpersonal zu rekrutieren, sodass die menschliche Arbeitskraft für viele Kanzleien der limitierende Engpassfaktor ist. Dieser Trend wird sich aufgrund der demografischen Entwicklung in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen. Nach Berechnungen der Statistik Austria wird das Arbeitskräfteangebot in Österreich zurückgehen.12) Wachstum wird daher nur durch Produktivitätssteigerungen bewältigt werden können. In diesem Umfeld geht es nicht darum, Mitarbeiter durch den Einsatz von Bots zu ersetzen. Vielmehr sollen Mitarbeiter durch den Einsatz von RPA von langweiligen, wenig Wert schaffenden Tätigkeiten entlastet werden. Wertvolle und knappe Mitarbeiter mit demotivierenden Arbeitern zu belasten, kostet Zeit, Geld und belastet die Arbeitszufriedenheit. Durch Automatisierung freigewordene Kapazitäten können für höherwertige und aus Mitarbeitersicht befriedigendere Tätigkeiten eingesetzt werden, die den Einsatz menschlichen Wissens und Kreativität erfordern.

Es ist verständlich, dass technologische Veränderungen und durch neue Systeme veränderte Arbeitsweisen bei Mitarbeitern und Führungskräften Verunsicherung erzeugen. Ein Blick in die Vergangenheit hilft da. Durch den digitalen Wandel sind in den letzten

9) Horváth, Accounting-Studie 2023: Automatisierung im Accounting (2023) 11.

10) PwC, RPA in der DACH-Region, 23.

11) Horváth, Accounting-Studie 2023, 11.

12) Statisik Austria, Erwerbspersonenprognosen 2023; WKO, Fachkräfteradar 2023.

Jahren in der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsbranche keine Jobs weggefallen. Stattdessen herrscht Arbeitskräftemangel wie nie zuvor. Vor diesem Hintergrund wagen wir die Prognose, dass auch durch die Automatisierung nicht massenhaft Arbeitsplätze wegfallen. Mit einer Veränderung der Arbeitsinhalte und Abläufe ist jedoch zu rechnen. Technologien umzusetzen in einer Kanzlei heißt auch, IT-Kompetenzen im Team zu trainieren und fachübergreifend miteinander arbeiten zu lassen.13) Mitarbeiter brauchen neue Skills wie Prozessdenken, IT-Kenntnisse und Projektmanagement. Langfristig bedeutet der Einsatz von RPA, dass neue Aufgaben zugeteilt werden und veränderte Jobprofile geschaffen werden.14)

Die Umsetzung von Automatisierungslösungen erfordert einerseits die Rolle des fachlichen Prozessverantwortlichen, der sein tiefes Verständnis über die Kanzleiabläufe einbringt und diese auch strukturiert darstellen kann. Andererseits braucht es den technischen Entwickler, der die Lösung nach den Vorgaben des Prozessverantwortlichen programmiert und implementiert. Aus unserer Erfahrung hat es sich bewährt, kanzleiintern einen Automatisierungsverantwortlichen zu etablieren, dessen Aufgabe die Identifizierung von geeigneten Prozessen ist und der die Schnittstellenfunktion zwischen fachlicher Abteilung und RPA-Consultants übernimmt. Darüber hinaus stellt der Automatisierungsverantwortliche die laufende Information und Schulung der Anwender im Betrieb sicher.

Im Folgenden wollen wir anhand eines Standardprozesses ein Beispiel geben, wie Automatisierung mittels RPA in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei konkret aussehen kann.

• Beispiel 1: Best Practice anhand des automatisierten Bescheidversands Steuerberatungskanzleien erhalten die Steuerbescheide ihrer Mandanten durch die Finanzverwaltung zugestellt, haben diese auf erklärungsgemäße Veranlagung zu prüfen und versenden den Bescheid mit der Zahlungsinformation an die Klienten. Dieser Standardprozess, der in den meisten Kanzleien hundertfach vorkommt und zehn bis fünfzehn Minuten in Anspruch nimmt, eignet sich hervorragend für End-to-End-Automatisierung.

Mit elektronischer Zustellung der Bescheide wird durch das Kanzleisystem eine Bescheidfrist angelegt. Diese Fristen werden selbständig durch den Roboter aus den Steuerbescheiden ausgelesen. Dabei arbeitet er direkt auf der Oberfläche des Kanzleisystems und scannt täglich offene Bescheidfristen. Die relevanten Bescheidinhalte werden ausgelesen, und die Bescheide werden als erklärungsgemäß oder nicht erklärungsgemäß veranlagt qualifiziert. Nicht erklärungsgemäß veranlagte Bescheide werden an den Sachbearbeiter zur manuellen Bearbeitung übermittelt, da in diesen Fällen eine fachliche Beurteilung der Abweichung erforderlich ist.

Für die erklärungsgemäß veranlagten Bescheide werden die Nachzahlungen oder Gutschriften summiert, mit dem Vorsaldo am Finanzamtskonto verglichen und zusammen mit den Überweisungsdaten in einer Standardmail an den Klienten zusammengefasst. Der Versand dieser vorbereiteten Nachricht kann entweder direkt durch den Roboter mit Kopie an den Sachbearbeiter oder manuell durch den Sachbearbeiter erfolgen. Nach Versand und Archivierung setzt der Roboter die Frist auf erledigt. Folgende bisher manuell ausgeführte Schritte werden eingespart: Abfrage des Finanzamtskontos, Vergleich des Vorsaldos mit dem Veranlagungsergebnis und Zusammenstellung der Überweisungsdaten (Steuernummer, Finanzamt-IBAN, Betrag und Fälligkeit) in einer E-Mail. Nicht zu unterschätzen ist die Fehleranfälligkeit der manuellen Bearbeitung, wenn Mitarbeiter Mustermails verwenden und nicht alle Informationen für den jeweiligen Fall anpassen. Auch wenn dieser Vorgang nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, wiederholt er sich in Steuerberaterbetrieben unzählige Male.

Der Vorteil liegt darin, dass sich der Mitarbeiter um bereits richtige Bescheide nicht mehr kümmern muss und der Bescheid nicht bis zur manuellen Weiterleitung in den Fristen hängenbleibt, sondern zeitnah an den Mandanten geschickt wird. Die Mitarbeiter sind von dieser Aufgabe entlastet und können sich auf höherwertigere Aufgaben und Nicht-Routine-Transaktionen wie die Bearbeitung abweichender Bescheide konzentrieren. Gleichzeitig sind die Einhaltung der Kanzleistandards und eine fehlerfreie Kommunikation an den Klienten sichergestellt. Klar strukturierte und digitale Prozesse, die in Ablaufdiagrammen dargestellt werden, sind eine unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung von Automatisierungslösungen. Ein Ablaufdiagramm für den Bescheidversand sieht folgendermaßen aus:

13) Lami, Der Honorardruck steigt – weltweit! (2013).

14) Deloitte, Digitalisierung der Arbeitswelt 2023 (2023) 11.

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Abbildung 4: Ablaufdiagramm.

Durch die Zusammenarbeit mit einem Projektleiter auf der Steuerberatungsseite kann auf Updates und besondere Wünsche und Änderungen zeitnah reagiert werden. Testphasen, Monitoring sowie laufende Wartung sind unerlässlich, damit der Prozess ohne Probleme läuft.

4.Ausblick: Künstliche Intelligenz in der Steuerberatung

Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in der Steuerberatung verspricht tiefgreifende Veränderungen und Innovationen in der Branche. Durch die Kombination von Automatisierungslösungen und KI mit RPA können Kanzleien ihre Dienstleistungen erheblich optimieren. In der Folge stellen wir beispielhaft mögliche Anwendungsbereiche dar:

4.1.KI-gestütztes Wissensmanagement

Kanzleien verfügen über einen umfangreichen Datenpool, der sowohl Abrechnungsdaten aus unzähligen Buchhaltungen und Lohnverrechnungen als auch zahlreiche fachliche Stellungnahmen und Ausarbeitungen umfasst. Ein systematischer vollständiger Überblick über diesen Daten- und Informationsschatz fehlt jedoch. Nicht selten kommt es vor, dass Stellungnahmen mehrfach ausgearbeitet oder gleichartige Anfragen abweichend beantwortet werden. In vielen Kanzleien wird das Rad nicht zweimal, sondern gleich mehrfach erfunden. Ein KI-gestütztes Wissensmanagementsystem kann Inhalte effizient durchsuchen, kontextbezogene Fr agen beantworten, relevante Gesetze und Fachinformationen hervorheben und best practices für bestimmte Szenarien vorschlagen. Dies wird in Zukunft auch in Steuerberatungskanzleien einen schnellen und systematischen Zugriff auf die bereits vorhandenen Informationen ermöglichen. Auch wenn die fachliche Erfahrung und professional judgement noch lange nicht durch KI ersetzt werden können, werden Recherche und Informationsbeschaffung durch den Einsatz von KI deutlich effizienter und standardisierter.

4.2.Fortgeschrittene Datenanalyse durch die Kombination aus RPA und KI

Durch die Kombination von RPA und KI können Daten aus verschiedenen Quellen systematisch gesammelt und analysiert werden. Durch den Einsatz von KI können Muster und Anomalien in den Daten identifiziert und Szenarien entworfen werden. In der Steuerberatung könnten solche Analysen dazu verwendet werden, Fehler oder gar Betrugsfälle aufzudecken, Finanzprognosen zu erstellen oder steuerliche Vorteile für Klienten herauszufinden. Zudem können mögliche steuerliche Risiken frühzeitig erkannt und Lösungen zur Minimierung vorgeschlagen werden.

Aktuell steht die Integration von KI in der Steuerberatung noch am Anfang. Das Potenzial für Effizienzsteigerung, präzisere Beratung und innovative Dienstleistungsangebote ist jedoch enorm. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Bots auch in dieser Brache als KIgestützte Helferlein Teil des Arbeitsalltags werden.

Auf den Punkt gebracht

Der digitale Wandel hat in den letzten Jahren neue Standards in der Steuerberatungsbranche gesetzt. Durch die Digitalisierung wurde der Informationsaustausch mit Kunden und Behörden revolutioniert. Viele Aufgaben werden derzeit zwar auf digitalen Systemen, jedoch mit einem hohen Anteil an manueller Arbeit ausgeführt. Der hohe Grad an Digitalisierung und das hoch regulierte Umfeld mit seinen vielfach gesetzlich definierten Compliance-Prozessen sind beste Voraussetzungen für den nächsten Schritt der Automatisierung. Der Fachkräftemangel und zunehmender Honorardruck für Standarddienstleistungen sind weitere Faktoren, das Effizienzpotenzial durch die Automatisierung zu heben. Mit RPA steht eine Technologie zur Verfügung, die anwendungsübergreifende Automatisierung in der bestehenden Systemlandschaft von Kanzleien ermöglicht. Durch den Einsatz von KI werden erstmals systematisches Wissensmanagement und Datenanalyse möglich. Dennoch ist der Steuerberaterberuf ein Wissensberuf, der viel Knowhow und Erfahrung verlangt. Letztlich beraten wir Menschen. Das erfordert, den Bedürfnissen unserer Klienten zuzuhören, Fingerspitzengefühl und professional judgement Diese Fähigkeiten werden nach unserer Einschätzung noch lange nicht durch KI-Anwendungen übernommen werden. Stattdessen werden die modernen Technologien als Helferlein in den Arbeitsalltag von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern Einzug halten.

Judikaturüberblick

Aktuelle EuGH-Rechtsprechung

Entscheidungen aus dem Jahr 2023

GERNOT AIGNER*)

Niederlassungsfreiheit

Mehrfache Verlängerung einer Exklusivlizenz ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren unzulässig

Entscheidung: EuGH 21. 9. 2023, Romaqua Group SA, C-510/22.

Normen: Art106 Abs1 AEUV, Art102 AEUV.

Art106 Abs1 AEUV iVm Art102 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die dem Inhaber einer Exklusivlizenz zur Nutzung von Mineralwasserquellen die Möglichkeit einräumt, ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren die mehrfache Verlängerung seiner Lizenz für jeweils fünf Jahre zu erlangen, wenn diese Regelung dazu führt, dass der Lizenzinhaber durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen Vorzugsrechte seine beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil des Binnenmarkts missbräuchlich ausnutzt oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der er einen solchen Missbrauch begeht, was vom vorlegenden Gericht auf der Grundlage der ihm vorliegenden tatsächlichen und rechtlichen Angaben zu beurteilen ist.

*)Assoz. Univ.-Prof. Dr. Gernot Aigner lehrt am Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der JKU. Er ist Mitglied des Fachsenates für Steuerrecht der KSW und selbständiger Steuerberater in Linz.

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Der KV Handel in der Praxis

Erfahrungen, Best practices, offene Fragen & Hot Topics

z Neuerungen im Kollektivvertrag ab 1. Jänner 2024

z Die Beschäftigungsgruppen – Zusammenfassung für Neueinstellungen und Karrieresprünge

z Vordienstzeitenanrechnung bei Neueintritt: 7 statt bisher 18 Jahre

z „Rösselsprung“ bei Beförderungen, Handhabung von Rückreihungen

z Arbeitszeitmodelle und Zuschläge im KV Handel (zB Gleitzeit, Durchrechnung usw)

z All-in-Vereinbarungen: Vertragsgestaltung, korrekte Durchführung der Deckungsrechnung anhand von Praxisbeispielen, leitende Angestellte und Deckungsprüfung

z Spezialfälle zB Mutterschaft und Karenzen (ua Urlaubsvordienstzeiten)

z Behandlung von Dienstreisen

z Umsetzungstipps für HR und Payroll

Dr. Ursula Roberts PwC P&O Legal

5.3.2024 10:00–12:30

Martina Limbeck PwC Österreich P&O

Webinar-Reihe

Umsatzsteuer „in Dosen“

Die Hot Topics der USt – Module auch einzeln buchbar z Mehrwertsteuer und Reverse Charge in der EU z Montagen, Werklieferungen und Werkleistungen z Vorsteuererstattung EU und Drittland z Rechnungsmerkmale und Rechnungsprüfung z Echte Befreiungen: Voraussetzungen und Nachweise z USt und sonstige Dokumentationserfordernisse z „USt im Streit“ – Umsatzsteuer & BAO

Inkl. Änderungen durch die EU-ViDAInitiative!

StB Dr. Thomas Pühringer Pühringer TaxConsulting GmbH 7.3.-18.6.2024 10:00-12:00 lindecampus.at

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