Leseprobe ZVers | Linde Verlag

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ZVers

Zeitschrift für Versicherungsrecht

Marco Lettenbichler

Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik

Rechtsprechung

Feuerversicherung; Rechtsschutzversicherung

Weitergabe eines Frachtauftrags an einen Subfrachtführer

Klauseln zum Rentenwahlrecht des Versicherungsnehmers

Rücktritt von Lebensversicherungen

Einbruchsdiebstahlversicherung

Sachversicherung: Strenge Wiederherstellungsklauseln

Kaskoversicherung; Sturmversicherung

Gröblich benachteiligende Dauerrabattabreden

Verbandsklagebefugnis und DSGVO

Leitungswasserversicherung

RSS-Empfehlungen

Rechtsschutzversicherung

Sturmschadensversicherung

Haftpflichtversicherung

Erwin Gisch | Michael Gruber | Felix Hörlsberger | Walter Kath | Martin Ramharter 5. Jahrgang / Mai 2023 / Nr. 3
versdb.at/arb

Inhaltsverzeichnis

Herausgeber:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA; Univ.-Prof. Dr. Michael Gruber; MMag. Dr. Felix Hörlsberger; Mag. Dr. Walter Kath; MMag. Dr. Martin Ramharter.

Redakteurin:

„Mehrkosten für bauliche Verbesserungen“ sind in der Feuerversicherung nur im Rahmen der Höchsthaftungssumme zu ersetzen; Frage nach dem Bestehen eines Versicherungsfalles ist nicht von der Kompetenz eines Schiedsgutachterverfahrens nach § 64 VersVG umfasst (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 148/22y)

Ein Frachtführer handelt grob fahrlässig, wenn er den Frachtauftrag an einen Subfrachtführer weitergibt, in der Folge aber sorgfaltswidrig nicht kontrolliert, ob das mit Letzterem vereinbarte bedingte Weitergabeverbot eingehalten wird (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 115/22w)

Klauseln zum Rentenwahlrecht des Versicherungsnehmers teilweise intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 97/22y)

Trotz Unterfertigung eines Bauvertrages ist in der Feuerversicherung nicht zwangsläufig von einer gesicherten Wiederherstellung auszugehen (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 132/22w)

Teilweise Kaufpreisrückforderung in der Rechtsschutzversicherung von Art 19.2.1 ARB 2016 umfasst (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 165/22y, mit Hinweis)

Rechtsschutzversicherung: Kein Verstoß gegen das Überraschungsverbot des § 182a ZPO, wenn dem Kläger bereits von der Gegenseite die Schwächen seiner Argumentation aufgezeigt wurden (OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 149/22w)

VfGH: Beschränkung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs bei Rücktritten von Lebensversicherungen auf den Rückkaufswert stellt qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht dar (VfGH 26. 9. 2022, A 27/2021)

Einbruchsdiebstahlversicherung: Grobe Fahrlässigkeit bei von einem Fachbetrieb vorgenommener Schlossreparatur (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 179/22g)

Sachversicherung: Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebot strenger Wiederherstellungsklauseln (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 162/22g)

Kaskoversicherung: Grobe Fahrlässigkeit bei Abstellen des Kraftfahrzeugs auf abschüssiger Fläche (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 142/22s)

Sturmversicherung: Überschwemmungsbegriff; Schäden durch Witterungsniederschläge (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 180/22d)

Verbandsklage: Elemente gröblich benachteiligender unzulässiger Dauerrabattabreden (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 154/22f)

Verbandsklagebefugnis und DSGVO: Voraussetzungen und Reichweite; Informationsklauseln und AGB-Begriff (OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 112/22d)

Leitungswasserversicherung: Rohrleitung innerhalb eines „Pufferspeichers“ als Rohrleitung im Sinne der allgemeinen Versicherungsbedingungen oder Teil einer angeschlossenen Einrichtung? (OGH 13. 12. 2022, 7 Ob 184/22t)

Rechtsschutzversicherung: Auslegung des Risikoausschlusses bezüglich Interessenwahrnehmung „aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen“; Reichweite eines „Arbeitsgerichts-Rechtsschutzes“; Begriff „privater Lebensbereich“ (OGH 13. 12. 2022, 7 Ob 193/22s)

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Fahrzeug-Rechtsschutz inklusive Straf-Rechtsschutz: Keine Deckung bei Widerstand gegen die Staatsgewalt nach § 269 StGB (RSS-E 20/23)

Sturmschadensversicherung: Abgrenzung zwischen Erdrutsch und Erdsenkung (RSS-E 28/23)

Rechtsschutzversicherung: E-Scooter ist kein Kraftfahrzeug (RSS-E 30/23)

Abgrenzung von Schadensfällen zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Privathaftpflichtversicherung (RSS-E 32/23)

Rechtsschutz in Erbrechtssachen gemäß Art 26 ARB 2003 (RSS-E 36/23)

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Impressum
3/2023 Inhaltsverzeichnis
Marco Lettenbichler Zulässigkeit von Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik 98 Felix Hörlsberger / Walter Kath Rechtsprechung ......................................................................................... 105
RSS-Empfehlungen ................................................................................... 127
Erwin Gisch

Zulässigkeit von Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik

Der vorliegende Beitrag untersucht die Zulässigkeit von smart contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik. Dabei soll geprüft werden, ob solche Verträge die Informationspflichten des Versicherers erfüllen können. Anschließend wird die dynamische Prämienanpassung unter die Lupe genommen und diese hinsichtlich ihrer Kompatibilität mit dem Versicherungsrecht, dem Verbraucherrecht und dem allgemeinen österreichischen Zivilrecht geprüft. Die Rechtsfolgen bei Nichtmitnahme des datenerhebenden Geräts durch den Versicherungsnehmer werden ebenso wie die Zulässigkeit einer automatischen Obliegenheitserfüllung durch den intelligenten Vertrag erörtert. Abschließend wird die automatische Leistungsverweigerung durch den smart contract bei Zahlungsverzug hinsichtlich ihrer rechtlichen Umsetzung untersucht.

1.Einleitung

Die Digitalisierung schreitet in allen Lebensbereichen weiter voran. Auch im Vertragsrecht sind mittlerweile intelligente Verträge, „smart contracts“ genannt, denkbar, die aufgrund eines bestimmten Ereignisses vorher definierte Folgen auslösen. Ein smart contract könnte aufgrund eines sicheren oder gefährlichen Fahrstils eine niedrige oder hohe Versicherungsprämie festsetzen und diese dann dem Versicherungsnehmer verrechnen.1 Eine Unfallversicherung könnte so ausgestaltet werden, dass ab einer bestimmten Höhenlage (beispielsweise hochalpines Terrain ab 2.000 m) der smart contract aufgrund eines Höhenmessers im Endgerät eine gesteigerte Prämie für die verbrachte Zeit über dem Grenzwert berechnet. Im Bereich der Lebens- und Krankversicherungen könnten etwaige Gesundheitsdaten von Befunden oder Daten über den Lebensstil von Individuen in die Prämienberechnung in Echtzeit einbezogen werden. Die weitere Untersuchung soll zeigen, ob smart contracts mit der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik kompatibel sind.

2.Definition von Smart Contracts

Smart contracts sind Computerprogramme, die durch eine Wenn-Dann-Abfolge ausgeführt werden. Einfach ausgedrückt: Der smart contract könnte so ausgestaltet werden, dass dann, wenn ein unsicheres Fahrverhalten aufgezeichnet wird, dem Versicherten am Monatsende eine höhere Versicherungsprämie verrechnet wird. Durch smart contracts sollen Verträge automatisiert werden und zudem Intermediäre ausgeschaltet werden, da der smart contract die Folgen ohne

1 Waschbusch/Kiszka/Merz, Einsatz von Smart Contracts in der Finanzbranche, ÖBA 2021, 547 (552); Heckmann/ A.Schmid, Blockchain und Smart Contracts Recht und Technik im Überblick (2017) 37, online abrufbar unter https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaenglicheMedien/Abteilungen-GS/Wirtschaftspolitik/2019/Down loads/190509-Blockchain-und-Smart-Contracts_neu.pdf.

menschliches Zutun durchführt. Zu unterscheiden sind zwei Typen von smart contracts: Einerseits kann der smart contract, also der Programmiercode, direkt die Vertragsurkunde darstellen (echte smart contracts). Andererseits kann ein herkömmlicher Vertrag beispielsweise schriftlich geschlossen werden, worin vereinbart wird, dass zur Abwicklung ein smart contract verwendet wird (smart contract als Abwicklungswerkzeug).

3.Abgrenzung und Untersuchungsgegenstand

In der vorliegenden Untersuchung sollen echte smart contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik beleuchtet werden. Schon heute gibt es Versicherungsmodelle (pay as you drive oder auch pay as you live), die Fahr- bzw Gesundheitsdaten des Versicherungsnehmers aufzeichnen und bei wohlwollendem Verhalten dem Versicherungsnehmer einen Rabatt auf die Jahresprämie gewähren, der am Ende der Versicherungsperiode an den Versicherungsnehmer ausbezahlt wird.2 Auch solche Telematikbzw Fitnesstarife können in Zukunft mittels smart contracts abgewickelt werden,3 wobei der Funktionsumfang dadurch fast grenzenlos erweitert werden kann. Mittels eines smart contract könnte die Prämie dynamisch in sehr kurzen zeitlichen Abständen neu berechnet werden. Neben der Fähigkeit zur automatisierten Prämienberechnung können smart contracts weitere Funktionen ausüben. So wäre es denkbar, dass bei Ausbleiben der Prämienzahlung der smart contract automatisch den Versicherungsschutz aussetzt. Abschließend soll noch die autonome Mitteilung eines Schadensfalls durch den intelligenten Vertrag untersucht wer-

2 Siehe zur Funktionsweise von Telematikversicherungen im Kfz-Bereich https://www.adac.de/produkte/versicherungen/ ratgeber/telematik.

3 Insofern können die Ausführungen zur smarten Prämienberechnung auch für die Versicherungsmodelle pay as you drive und pay as you live herangezogen werden.

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Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik
Dr. Marco Lettenbichler, LL.M. ist Postdoktorand an der Professur für Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht der Liechtenstein Business Law School an der Universität Liechtenstein.

den. Es wäre erdenklich, dass ein Unfall oder ein Schadensereignis im Rahmen einer Hausratsversicherung unmittelbar nach Schadenseintritt der Versicherung gemeldet wird und diese dann ebenso unmittelbar etwaige Dispositionen vornehmen kann.

4.Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsvertragsrechtsdogmatik

Zunächst ist zu klären, ob ein smart contract grundsätzlich mit der österreichischen Versicherungsvertragsrechtsdogmatik vereinbar ist. Das ABGB ist vom Grundsatz der Formfreiheit des § 883 ABGB getragen. Demnach können Verträge in jeder Weise geschlossen werden, außer es stehen gesetzlich vorgeschriebene Formvorschriften entgegen.4 Für Versicherungsverträge gibt es jedenfalls – weder im ABGB noch im VersVG – keine solchen Formvorschriften,5 sodass die Form des smart contract gewählt werden darf. Es ist darauf hinzuweisen, dass der smart contract aus einem Programmiercode besteht, wobei in den meisten Fällen der Code auf einem Endgerät in menschlicher Sprache dargestellt werden wird.6 Zudem könnte der smart contract nur als Abwicklungswerkzeug verwendet werden. Hierbei würde ein herkömmlicher Versicherungsvertrag geschlossen, in dem vereinbart wird, dass zur Ausführung des Vertrages ein smart contract herangezogen wird.7

Das VersVG ist also grundsätzlich vom Prinzip der Formfreiheit getragen,8 sieht jedoch für verschiedene versicherungsrechtliche Vorgänge das Gebot der Schriftlichkeit9 oder die geschriebene Form vor. Für Letztere ist gemäß § 1b Abs 1 VersVG keine Unterschrift oder elektronische Signatur erforderlich, was insbesondere für elektronisch ausgestellte und zugestellte Dokumente von Bedeutung ist.10 Ebenso müssen diese Formvorgaben von smart contracts erfüllt werden, wobei die geschriebene Form ohne Probleme von den intelligenten Verträgen gewährleistet werden kann. Dabei ist zu beachten, dass der Vertragsinhalt bzw die allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht nur als Programmiercode zur Verfügung gestellt werden, sondern der Code tatsächlich in semantischer Sprache ausgegeben wird.11 Nur die sehr wenigen Fälle, die ein Erfordernis der Schriftlichkeit vorsehen, können von smarten Versicherungsverträgen nicht erfüllt werden.12 Für solche Benachrichtigungen bzw rechtlichen Vorgänge bedarf es weiterhin einer unsmarten Ausführung. Als Beispiel kann § 39 Abs 1 VerVG angeführt werden. Hiernach muss der Versicherungsnehmer schriftlich über die Festsetzung einer zweiwöchigen Zahlungsfrist bei Nichtbezahlung der Prämie informiert werden.13

5.Informationspflichten

In weiterer Folge ist zu prüfen, ob etwaige Aufklärungs- und Informationspflichten einer smarten Durchführung der Vertragsbeziehung entgegenstehen. Beachtlich sind die allgemeinen In-

4 Kalss in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06, § 883 Rz 1.

5 Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4, § 883 Rz 3.

6 Vgl zur Formfreiheit des liechtensteinischen ABGB Lettenbichler, Smart Contracts und Blockchain im Spannungsverhältnis mit dem Verbraucherschutz, SPWR 2021, 305 (307).

7 Buchleitner/Th. Rabl, Blockchain und Smart Contracts, ecolex 2017, 4 (7).

8 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht (2021) 71.

9 Vgl zu Rechtsvorgängen, die dem Schriftformgebot unterliegen, Wieser in Kath/Kronsteiner/Kunisch/Reisinger/Wieser, Praxishandbuch Versicherungsvertragsrecht I (2019) Rz 483.

10 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 482.

11 So auch in der Schweiz; vgl William, Digitalisierung im Versicherungsvertragsrecht, HAVE 2019, 83 (87 f).

12 Smets/Kapeller, Smart Contracts: Vertragsabschluss und Haftung, ÖJZ 2018, 293 (295).

13 Riedler in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 39 Rz 19.

formationspflichten des Versicherers gemäß § 130 Abs 1 VAG 2016. Demnach ist der Versicherungsnehmer über Name, Rechtsform und weitere Details des Versicherungsunternehmens aufzuklären.14 Zudem müssen gemäß § 133 VAG 2016 verschiedene Produktinformationen erteilt werden. Insbesondere muss entsprechend der Aufzählung des Abs 2 leg cit über die Art der Versicherung, die Versicherungsdeckung (Z 2), Prämienzahlungsmodalitäten (Z 3), den Ausschluss von Ansprüchen (Z 4), Pflichten und Obliegenheiten im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis (Z 5 bis 7), die Laufzeit des Vertrages und dessen Beendigung (Z 8), Widerrufs- oder Rücktrittsrechte (Z 10), das anwendbare Recht (Z 11) und die Art der Vertriebsvergütung (Z12) aufgeklärt werden.15 Zusätzliche Informationspflichten können sich für bestimmte Arten von Versicherungen aus Verordnungen der FMA ergeben.16 Für Lebensversicherungen gibt es gemäß §§ 135 ff VAG 2016 noch zusätzliche Informationspflichten.17

Die Informationen dürfen grundsätzlich auf Papier in klarer, genauer und für den Versicherungsnehmer verständlicher Form in deutscher oder bei Vereinbarung in anderer Sprache unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.18 Insofern wäre eine Abbildung nur im Programmiercode des smart contract nicht möglich, da dies jedenfalls gegen das Gebot der Verständlichkeit verstoßen würde. Es ist daher zwingend eine in menschlicher Sprache auszugebende Form erforderlich, um den Informationspflichten nachzukommen.19 Zudem müssen die Informationen auf Papier erteilt werden;20 auch dies würde gegen die Verwendung eines smart contract sprechen. Die vorvertragliche Informationserteilung kann jedoch auch auf einem anderen dauerhaften Datenträger oder unter bestimmten Umständen über eine Website erfolgen, sofern die Vorgaben des § 128a Abs 2 VAG 2016 eingehalten werden.21 Überdies muss die elektronische Auskunftserteilung angemessen sein; sprich, der Versicherungsnehmer muss jedenfalls über einen regelmäßigen Internetzugang verfügen, was beispielsweise durch die Bekanntgabe einer E-Mail-Adresse nachgewiesen werden kann.22 Der Versicherungsnehmer hat bei elektronischer Auskunftserteilung jedoch jederzeit die Möglichkeit, die unentgeltliche Überlassung der Informationen in Papierform zu verlangen.23

Insgesamt können die allgemeinen Informationspflichten des Versicherungsrechts mit einem smart contract in Einklang gebracht werden, da der smart contract von Produktinformationsblättern umrahmt werden kann, die auf Papier oder bei Zustimmung auch auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt werden können. Eine direkte Implementierung dieser Informationspflichten in den Programmiercode ist nicht umsetzbar, da nicht

14 Schöppl in St. Korinek/G. Saria/S. Saria, VAG, § 130 Rz 8 ff.

15 Schweizer in St. Korinek/G. Saria/S. Saria, VAG, § 133 Rz 7 ff; Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 61 f.

16 Vgl etwa für Krankenversicherungen Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Informationspflichten für die Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung (Krankenversicherung Informationspflichtenverordnung – KV-InfoV), BGBl II 2015/374 in der Fassung BGBl II 2018/248; für Lebensversicherungen Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die Informationspflichten für die Lebensversicherung (Lebensversicherung Informationspflichtenverordnung 2018 – LVInfoV 2018), BGBl II 2018/247 in der Fassung BGBl II 2022/471.

17 Vgl zu den zusätzlichen Informationspflichten Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 218 ff.

18 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 59.

19 Schurr, Anbahnung, Abschluss und Durchführung von Smart Contracts im Rechtsvergleich ZVglRWiss 2019, 257 (265 f).

20 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 181.

21 Schweizer in St. Korinek/G. Saria/S. Saria, VAG, § 133 Rz 19.

22 Gruber, In welcher Form hat der Versicherungsvertreiber den Kunden zu informieren? ZVers 2019, 239 (241).

23 Gruber, ZVers 2019, 240.

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davon ausgegangen werden kann, dass der Programmiercode für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist.24

6.Rechtliche Würdigung der smarten Prämienberechnung

6.1.Allgemeines

In weiterer Folge soll untersucht werden, ob eine smarte Prämienberechnung aufgrund von vorher definierten Ereignissen im österreichischen Versicherungsrecht zulässig ist. Der smart contract könnte nämlich aufgrund des Fahrverhaltens, von Gesundheitsdaten oder des Betretens bestimmter Gefahrenzonen (zB Hochgebirge) eine Prämienanpassung oder -verrechnung durchführen.25 Zunächst kann dazu festgehalten werden, dass das Versicherungsrecht dem Grundsatz der Privatautonomie unterliegt,26 sohin also prima facie der Vereinbarung von smarten Versicherungen nichts entgegensteht. Fraglich ist nur, ob zwingende Vorschriften der Rechtsordnung zum Schutz der Vertragsparteien eine Einschränkung der Privatautonomie gebieten.27

6.2.Gefahrenerhöhung bzw -minderung

Zuerst ist zu prüfen, ob die Regelungen zur Gefahrenerhöhung der §§ 23 ff VersVG Anwendung finden. Eine Gefahrenerhöhung ist eine sich nach Abschluss des Vertrages ändernde Gefahrenlage, die den Eintritt eines versicherten Ereignisses wahrscheinlicher macht.28 Die Änderung der Gefahrenlage ergibt sich aus der Erhöhung der vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände,29 wobei sich der Gefahrenzustand seit Abschluss des Versicherungsvertrages geändert haben muss.30 Das Versicherungsunternehmen kann bei verschuldeter Gefahrenerhöhung ohne Frist und bei unverschuldeter Gefahrenerhöhung unter Einhaltung einer einmonatigen Frist eine Kündigung des Versicherungsverhältnisses vornehmen.31 Den Antipoden zu dieser Regelung stellt die Gefahrenminderung gemäß § 41a VersVG dar. Demnach kann ein Versicherungsnehmer die Versicherungsprämie reduzieren, falls sich das tatsächliche Risiko aufgrund des Wegfalls von gefahrenerhöhenden Umständen reduziert.32

Das allgemeine Risiko eines unsicheren Fahrstils, das öftere Überschreiten von 2.000 Höhenmetern oder auch die Nichtausübung von Sport wird nolens volens zum allgemeinen Risiko eines Versicherungsnehmers dazugehören.33 Ein Versicherungsunternehmen darf daher keine Gefahrenänderung aufgrund der genannten Punkte annehmen. Es handelt sich dabei um eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr im Sinne des § 29 VersVG.34 Die Norm soll davor schützen, dass das Gefahrenerhöhungsregime bei jeglicher Änderung der Gefahr zum Tragen kommt. Ebenso muss die Gefahrenerhöhung vorhersehbar sein, das heißt, das Durchschnittsrisiko einer Versicherungsvertragsart kann niemals dem Regime der §§ 23 ff VersVG unterliegen.35 Dadurch soll gewährleistet werden, dass keine Beeinträchtigung des Versiche-

24 Zum selben Ergebnis im liechtensteinischen FAGG (korrespondierend mit dem österreichischen Verbraucherrecht) Lettenbichler, SPWR 2021, 309.

25 Vgl zu den künftigen Perspektiven Borselli, Smart Contracts in Insurance: A Law and Futurology Perspective, in Marano/Noussia, InsurTech: A Legal and Regulatory View (2020) 101.

26 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 17.

27 Vgl zur Finanzbranche Waschbusch/Kiszka/Merz, ÖBA 2021, 547 ff.

28 Grubmann, VersVG9 (2022) § 23 E 1.

29 OGH 16. 12. 2019, 7 Ob 210/19m.

30 OGH 25. 4. 1985, 7 Ob 17/85.

31 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 186.

32 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 973.

33 Kath in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 29 Rz 2.

34 Vgl für Deutschland Klimke, Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung, r+s 2015, 217 (220).

35 Fenyves, Prämienanpassungsklauseln (2016) 39.

rungsschutzes von einer großen Anzahl von Versicherungsnehmern stattfindet,36 da viele Versicherte etwa einen ungesunden Lebensstil oder einen aggressiven Fahrstil pflegen.

Zudem ist für die Krankenversicherung gemäß § 178a Abs 3 VersVG expressis verbis die Anwendung der Regelungen über die Gefahrenerhöhung des §§ 23 ff VersVG ausgeschlossen.37 Für Lebensversicherungen gilt gemäß § 164 VersVG die Besonderheit, dass nur ausdrücklich vereinbarte Gefahrenerhöhungen innerhalb von drei Jahren durch den Versicherer geltend gemacht werden können.38

Summa summarum ist aus rechtsdogmatischer Sicht das Gefahrenregime der §§ 23 ff VersVG auf smarte Versicherungsverträge nicht anwendbar,39 da es sich bei den im Vorhinein festgelegten Bedingungen zur dynamischen Prämienberechnung um schon bei Abschluss des Versicherungsvertrages mitversicherte und daher vorhersehbare Änderungsrisiken handelt.40

6.3.Dynamische Prämienanpassungsklausel

6.3.1.Vorbemerkung

In weiterer Folge soll geprüft werden, ob es sich bei einer smarten Versicherung nicht um eine dynamische Prämienanpassungsklausel handelt. Eine solche Klausel speziell im Verbraucherbereich muss an den Anforderungen des KSchG und des § 879 Abs3 ABGB gemessen werden.41

6.3.2.Verbraucherrechtliche Vorgaben

Zunächst ist zu prüfen, ob gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG ein unzulässiger Vertragsbestandteil vorliegt. Demnach darf ein Unternehmen ein höheres Entgelt als bei Vertragsschluss verlangen, wenn der Vertrag vice versa eine Entgeltsenkung für den Versicherungsnehmer vorsieht.42 Die Gründe dafür müssen im Vertrag umschrieben werden und einer sachlichen Rechtfertigung unterliegen.43 Die Preisanpassung darf zudem nicht von der Willkür des Versicherungsunternehmens abhängen.44 Bei smarten Versicherungsverträgen müsste also jedenfalls in der Versicherungsurkunde festgehalten werden, unter welchen Umständen eine Prämienanpassung vorgenommen werden darf. Es müsste sohin der Fahrstil, der zu einer Änderung der Prämie führt, umschrieben werden oder auch in welcher Höhenlage auf

36 Kath in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 29 Rz 2.

37 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 184.

38 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 972.

39 Ähnlicher Ansicht für Deutschland Ph. Koch, Zum Umgang mit fehlerhaften Prämienfaktoren in telematikbasierten Versicherungstarifen, VersR 2020, 1413 (1417).

40 Vgl zu mitversicherten Gefahren Kath in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, §29 Rz 2.

41 Perner, Privatversicherungsrecht (2021) Rz 4.6.

42 Krejci in Rummel, ABGB3, § 6 KSchG Rz 72; vgl für Deutschland Armbrüster/Greis, Telematik in der Kfz-Versicheru ng aus rechtlicher Sicht, Zeitschrift für Versicherungswesen 2015, 457.

43 Vgl zur Prämienregulierung in Art 11.3 AHVB Kath, Das Spannungsverhältnis zwischen dem Gefahrerhöhungssystem (§§ 23 ff VersVG) und der vereinbarten Prämienregulierung in der Betriebshaftpflicht- und Betriebsrechtsschutzversicherung, in Berisha/Gisch/Koban , Haftpflicht-, Rechtsschutzversicherung und Versicherungsvertriebsrecht 2019 (2020) 1 (12 f), wobei hier die Umstände der Prämienregulierung durch den Versicherungsnehmer gemeldet werden müssen und die Änderung aufgrund von unternehmerischen Größen (wie Lohn- und Gehaltssumme oder auch Umsatz) bemessen wird. Die Anfrage muss durch den Versicherer erfolgen; anschließend hat der Versicherungsnehmer einen Monat Zeit, um die Anfrage zu bearbeiten. Für eine dynamische Prämienberechnung durch den smart contract wäre dieses Verfahren insofern nicht geeignet, da ein menschliches Zutun möglichst reduziert werden sollte und die Datenerhebung eben nicht durch Meldung des Versicherungsnehme rs mittels Fragebogens des Versicherers erfolgen soll.

44 Kathrein/Soditsch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB6 (2020) § 6 KSchG Rz 10.

Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik 3/2023 100

dem Berg die Prämie der Unfallversicherung teurer wird.45 Ebenso müsste eine Umschreibung für Umstände getroffen werden, welche die Prämie reduzieren. Ein sehr umsichtiger Fahrstil oder das Nichtbesteigen von Bergen müsste sich reduzierend auf das Versicherungsentgelt auswirken. Zudem müsste aus den Versicherungsdokumenten klar ersichtlich sein, ab welchem Zeitpunkt eine Prämienänderungen durchgeführt wird.46 Es darf daher nicht ungeklärt bleiben, ob bei einmaligem oder fünfmaligem Schneiden einer Kurve mit hoher Geschwindigkeit eine neue Prämie berechnet wird. Falls mehrere Faktoren zu einer Prämienanpassung führen, müssten alle explizit aufgelistet werden,47 wobei bei Dauerschuldverhältnissen die Anforderungen an die Genauigkeit niedriger als bei Zielschuldverhältnissen sind.48 Eine ähnliche ratio wird bei Preisanpassungsklauseln im Anwendungsbereich des ElWOG 2010 zugrunde gelegt. Nach § 80 Abs 2a ElWOG 2010 unterliegen Preisanpassungsklauseln jedenfalls dem Symmetriegebot, sodass auch hier erhöhende und mindernde Umstände in einer gerechten Äquivalenz stehen müssen.49 Bei Berücksichtigung der genannten Punkte dürfte einer smarten Versicherung aus Sicht des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG jedoch nichts entgegenstehen und eine Umsetzung scheint daher möglich.

Zudem ist gemäß § 6 Abs 2 Z 4 KSchG eine Erhöhung des Entgelts innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss nur möglich, falls eine solche Bestimmung im Einzelnen ausgehandelt wurde.50 Auch hier müsste also im smarten Versicherungsvertrag eine entsprechende Klausel berücksichtigt werden. Eine Umsetzung scheint insofern auch aus Sicht des § 6 Abs2 Z 4 KSchG durchführbar.

6.3.3.Sonderbestimmungen für Krankenversicherungen

Für Krankenversicherungen gilt bei einer nachträglichen Preisanpassung das Sonderregime des § 178f VersVG.51 Demnach treten zu den konsumentenschutzrechtlichen Voraussetzungen zusätzlich noch besondere Vorgaben für die Prämienänderung hinzu. Nach Abs 2 leg cit dürfen einseitige Preissteigerungen durch den Versicherer nur aufgrund folgender Faktoren vereinbart werden: Preisindexierung (Z 1), Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung (Z 2), Häufigkeit der Inanspruchnahme oder Aufwendigkeit von Leistungen in Bezug auf den Versicherungstarif (Z 3), Veränderung des Verhältnisses zwischen den vertraglich vereinbarten Leistungen und den entsprechenden Kostenersätzen der gesetzlichen Sozialversicherungen (Z 4), Veränderung der durch Gesetz, Verordnung, sonstigen behördlichen Akt oder durch Vertrag zwischen dem Versicherer und den im Versicherungsvertrag bezeichneten Einrichtungen des Gesundheitswesens festgesetzten Entgelte für die Inanspruchnahme dieser Einrichtungen (Z 5) und Veränderungen des Gesundheitswesens oder der dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Z6).52 Falls eine Prämienanpassung erfolgt, muss dem Versicherten zudem die Möglichkeit eingeräumt werden, den Vertrag bei gleichbleibender Prämie und angemessen geänderten Leistungen weiterzuführen.53

45 Rudkowski, Vertragsrechtliche Anforderungen an die Gestaltung von „SelfTracking“-Tarifen in der Privatversicherung, ZVersWiss 2017, 453 (465).

46 Klimke, r+s 2015, 219.

47 OGH 21. 9. 2006, 2 Ob 142/06f.

48 Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 6 KSchG Rz 25.

49 Kemetmüller, Das neue Preisänderungsregime des ElWOG, VbR 2022, 52 (55).

50 Krejci in Rummel, ABGB3, § 6 KSchG Rz 189.

51 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 971.

52 Schauer in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 178f Rz 11 ff.

53 Grubmann, VersVG9, § 178f Anm 3.

Insofern wäre eine smarte Prämienanpassung aufgrund eines ungesunden Lebensstils (wie beispielsweise Bewegungsmangel, der durch eine Smartwatch festgestellt werden würde) nicht zulässig.54 Smarte Versicherungen sind demnach im Bereich der Krankenversicherungen aufgrund der Beschränkung des § 178f VersVG nicht umsetzbar.55

6.3.4.Sonderbestimmungen für Kfz-Haftpflichtversicherungen Ebenso sieht das KHVG Sonderbestimmungen für eine Prämienanpassungsklausel im Rahmen einer Kfz-Haftpflichtversicherung vor. Gemäß § 14b Abs 2 KHVG darf eine vertragliche Prämienanpassungsklausel frühestens nach einem Jahr ab Versicherungsbeginn vereinbart werden.56 Eine Anpassung darf danach nur in mindestens einjährigen Abständen vorgenommen werden.57 Der Grund der Erhöhung muss dem Versicherungsnehmer klar und verständlich erläutert werden.58 Zudem hat der Versicherungsnehmer gemäß § 14a Abs 1 KHVG bei einseitiger Erhöhung der Versicherungsprämie die Möglichkeit, binnen einer einmonatigen Frist den Versicherungsvertrag zu kündigen.59

Auf den ersten Blick scheint insofern eine Prämienerhöhung bei aggressivem Fahrverhalten nur unter sehr eingeschränkten Gesichtspunkten möglich. Jedoch wurde in der OGH-Entscheidung vom 19. 10. 2005, 7 Ob 216/05y, festgehalten, dass ein Bonus-Malus-System als Preisgleitklausel anzusehen ist und daher neben den prämienerhöhenden auch die prämienreduzierenden Umstände zu berücksichtigen sind.60 Insofern könnte man dies ebenso auf eine Prämienberechnung aufgrund des Fahrstils übertragen, wenn sich sowohl aggressives als auch sicheres Fahren auf die Prämie auswirken. Auch hier darf also tendenziell von einer Preisgleitklausel61 ausgegangen werden, sodass die strengeren Regelungen des § 14b KHVG zur Preisanpassungsklausel nicht zur Anwendung kommen.

6.4.Transparenzgebot

6.4.1.Prämienberechnung

Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine unklar oder unverständlich abgefasste Vertragsklausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern (bei Versicherungen: in den allgemeinen Versicherungsbedingungen) unwirksam.62 Insbesondere bei smarten Versicherungsverträgen wird es für den Verbraucher häufig schwer nachvollziehbar sein, wie eine Prämie zustande kommt. Daher müssen also die einzelnen Schritte detailliert angeführt werden.63 Dabei muss darauf geachtet werden, dass der Verbraucher die einzelnen Schritte verständlich dargeboten bekommt und er jedenfalls in der Lage ist, „Inhalt und Tragweite“ der einzugehenden Verpflichtungen zu verstehen.64 Maßstab ist ein durchschnittlicher Verbraucher, der die wirtschaftliche Tragweite des Vertragsschlusses durchschauen können muss.65 Eine

54 Vgl hierzu ausführlich Zoppel, Digitale Anreizmodelle in der privaten Krankenversicherung und ihre Grenzen, ALJ 2022, 1.

55 Vgl zum selben Ergebnis in Deutschland Rudkowski, ZVersWiss 2017, 458.

56 Baran, Umsetzung der 5. Kfz-Haftpflichtversicherungs-RL im Versicherungsund Kraftfahrrecht, ZVR 2007, 250 (252).

57 Grubmann, KHVG5 (2021) § 14b Anm 2.

58 Schauer, Prämienanpassung und Kündigung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, ZVR 2009, 427 (435).

59 Grubmann, KHVG5, § 14a Anm 1.

60 Schauer, ZVR 2009, 429.

61 Vgl zur Preisgleitklausel Grubmann, KHVG5, Art 15 AKHB 2015 E 1.

62 Kathrein/Soditsch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB6, § 6 KSchG Rz31.

63 Klimke, r+s 2015, 219.

64 Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 6 KSchG Rz 88.

65 Max Leitner, Erscheinungsformen intransparenter AGB-Gestaltung, RdW 2003, 125.

101 3/2023 Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik

generalisierende Auflistung, dass Bremsverhalten und schnelle Beschleunigungen zu Prämienanpassungen führen, genügt nicht. Es bedarf vielmehr einer genauen Umschreibung und Gewichtung der einzelnen Umstände und wie diese sich auf die Prämie im Speziellen auswirken.66

6.4.2.Datenerhebung

Zudem könnte die Datenerhebung durch verbundene Geräte in Konflikt mit dem Transparenzgebot kommen. Smarte Versicherungen bedürfen sogenannter oracles, 67 um Parameter der analogen Welt (Fahrverhalten, Höhenmeter etc) verarbeiten zu können und dementsprechend die Versicherungsprämie anzupassen. 68 Dem Versicherungsnehmer muss insofern bewusst gemacht werden, dass das Versicherungsunternehmen eine sehr große Datenmenge erhält und diese dann weiterverarbeitet wird.69 Meist wird die Datenverarbeitung wohl an Dritte ausgelagert werden, da der dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegende smart contract auf Servern von IT-Unternehmen gespeichert ist und die erhobenen Daten dorthin übermittelt werden müssen.70 Der Versicherungsnehmer muss insofern über die genaue Speicherung und Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten71 in Kenntnis gesetzt werden.72

Ein nicht unproblematisches Detail der Datenerhebung ist deren Einfluss auf die Beurteilung eines eintretenden Versicherungsfalles. Dadurch, dass smarte Versicherungen eine Vielzahl von Daten erheben, wird sich dies wohl in manchen Fällen auf die Beurteilung von Versicherungsfällen auswirken.73 So könnten sich Daten über das Fahrverhalten des Lenkers einer smarten KfzHaftpflichtversicherung bei einem Unfall im Vergleich zu einer analogen Versicherung negativ auf den Versicherungsnehmer auswirken, wenn die Daten bei der Beweisführung gegen ihn verwendet werden.74 Damit könnte außerdem eine Verschiebung des Versicherungsschutzes im Vergleich zu analogen Versicherungen einhergehen.75 Insofern muss der Versicherungsnehmer über die Verarbeitung der Daten und deren Auswirkung auf einen eintretenden Versicherungsfall Bescheid wissen und sich über die negativen Auswirkungen vollständig im Klaren sein.76 Zudem ist der Versicherungsnehmer aufgrund seiner sekundären Obliegenheit der Aufklärungspflicht nach Eintritt des Versicherungsfalles dazu veranlasst, die erhobenen Daten des Geräts herauszugeben, falls diese lokal gespeichert werden und zur Aufklärung des Sachverhalts dienen.77

66 Rudkowski, ZVersWiss 2017, 465.

67 Vgl zu oracles Hanzl, Handbuch Blockchain und Smart Contracts (2020) 13.

68 Heiss/William, Rechtsfragen der Online-Versicherung, in Fuhrer, Jahrbuch SGHVR 2018 (2018) 19 (66).

69 E. Brandl/Pfaffeneder, Datenschutzrechtliche Aspekte der Pay-As-You-Drive Versicherung, in Jahnel, Jahrbuch Datenschutzrecht 2014 (2014) 191.

70 Vgl zur datenschutzrechtlichen Problematik der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie Piska/Bierbauer, Datenschutzrechtliche Dimensionen der Blockchain-Technologie, in Piska/Völkel, Blockchain rules (2019) 161.

71 Der Begriff „personenbezogene Daten“ wird in Art 4 Z 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl L 119 vom 4. 5. 2016, S1, definiert.

72 Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 6 KSchG Rz 87; Eul in A. Leupold/ Wiebe/Glossner, IT-Recht4 (2021) Teil 10.2 Rz 42.

73 Klimke, r+s 2015, 219.

74 E. Brandl/Pfaffeneder, Datenschutzrechtliche Aspekte, 202.

75 Rudkowski, ZVersWiss 2017, 478.

76 Klimke, r+s 2015, 219.

77 Vgl zur Aufklärungspflicht Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 919.

6.4.3.Unwirksamkeit der Prämienanpassungsklausel

Die Unwirksamkeit einer unklaren bzw unverständlichen Klausel könnte bei smarten Versicherungen jedoch zu schwierigen Rechtsfolgen führen.78 Fällt die Klausel der dynamischen Prämienberechnung weg, so stellt sich die Frage, welche Prämie zu leisten ist.79 Zudem sind aktuelle smarte Versicherungen grundsätzlich so ausgestaltet, dass eine fixe Prämie vereinbart wird, die sich bei vorher definiertem Verhalten des Versicherungsnehmers reduziert.80 Würde also die Klausel wegfallen, wäre eine Prämienreduktion nicht mehr möglich, sodass sich die Rechtsfolgen nur zulasten des Versicherungsnehmers auswirken würden.81 Die entstehende Vertragslücke muss sodann durch ergänzende Vertragsauslegung82 unter den Gesichtspunkten der Vertragsgerechtigkeit und Vertragstransparenz geschlossen werden.83 Zudem können der hypothetische Parteiwille, die Übung des redlichen Verkehrs, der Grundsatz von Treu und Glauben sowie die Verkehrsauffassung berücksichtigt werden.84 Hier einen adäquaten Ausgleich zwischen den Vertragsparteien zu finden, wird sicherlich zu großen Herausforderungen führen, wobei eine detaillierte Aufarbeitung den Umfang dieses Beitrags überschreiten würde.

6.5.Sittenwidrigkeit

In weiterer Folge soll geprüft werden, ob eine smarte Versicherung sittenwidrig im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB sein könnte. Sittenwidrig bedeutet, dass eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen vorliegt.85 Fraglich ist, ob durch smarte Versicherungen einzelne Versicherungsnehmer nicht gröblich benachteiligt werden. Bei einer smarten Kfz-Haftpflichtversicherung könnten Pendler aufgrund des täglichen Stop-and-go-Verkehrs höhere Prämien verrechnet bekommen, falls sich ein häufiges abruptes Bremsen negativ auf die Versicherungsprämie auswirken würde.86 Generell würden Vielfahrer wohl öfter höhere Prämien bezahlen, da schon rein aus der Logik ein häufigeres sich negativ auswirkendes Fahrverhalten an den Tag gelegt wird.87 Ein ähnliches Argument würde auch für smarte Kranken- bzw Lebensversicherungen gelten, die bei Bewegungsmangel höhere Tarife berechnen. Mobilitätseingeschränkte Personen würden de facto einer Ungleichbehandlung mit aktiveren Menschen unterliegen. Noch größer wäre wohl der Unterschied zu Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ein erhöhtes Bewegungsmuster aufweisen. Ebenso würden Personen bei Unfallversicherungen benachteiligt, die bei einem Aufenthalt auf über 2.000 m Höhe einen gesteigerten Tarif berechnen, falls diese in geografisch hoch gelegenen Gebieten wohnen.88 Die Liste würde sich noch weiter fortführen lassen, wobei mit den genannten Beispielen mögliche Ungleichbehandlungen aufgezeigt werden sollten. Das privatrechtliche Versicherungsrecht richtet sich im Gegensatz zum öf-

78 Ch. Rabl, Zur aktuellen Judikatur über die ergänzende Vertragsauslegung bei nichtigen Klauseln, ÖBA 2015, 246 (247).

79 Vgl zur selben Problematik für Deutschland Rudkowski, ZVersWiss 2017, 487 ff.

80 Siehe zur Ausgestaltung https://www.allianz.de/auto/kfz-versicherung/tele matik-versicherung.

81 Vgl zur Problematik bei Wegfall der Klausel Klimke, r+s 2015, 219 f.

82 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 442.

83 Vgl ausführlich zur Problematik der Vertragslücke Spitzer, Vertragslücken im österreichischen und europäischen Recht, ÖJZ 2020, 761.

84 RIS-Justiz RS0017832; zuletzt OGH 24. 5. 2022, 4 Ob 3/22b.

85 RIS-Justiz RS0113653; zuletzt OGH 30. 3. 2021, 10 Ob 4/21t.

86 Ph. Koch, VersR 2020, 1417.

87 Rudkowski, ZVersWiss 2017, 466.

88 Vgl zur Gleichbehandlung in Versicherungsverträgen Perner, Privatversicherungsrecht, Rz 1.38.

Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik 3/2023 102

fentlich-rechtlichen Sozialversicherungsrecht nicht nach dem Solidaritätsprinzip, sondern nach dem Äquivalenzprinzip.89 Jedoch kommt auch hier eine Gefahrengemeinschaft zum Tragen; das Risiko von Schicksalsschlägen soll auf möglichst viele Personen verteilt werden.90 Es kann sohin nicht im Sinne dieses Grundprinzips sein, dass die Kosten für die gemeinschaftliche Risikotragung ungerecht verteilt werden. Umso größer die Unterschiede in der Prämienverteilung sind, desto eher wird der Schutzbereich der Sittenwidrigkeit berührt werden;91 dies insbesondere dann, wenn die Parameter zur dynamischen Prämienhöhe so gesetzt werden, dass eine große Zahl von Versicherungsnehmern eine Prämienerhöhung erleidet und die Gesamtversicherungsprämie aller Versicherten steigt, obgleich die Versicherung insgesamt dasselbe Risiko wie bei analogen Versicherungsverträgen der Gefahrengemeinschaft abdecken muss.92

7.Nichtmitnahme des Geräts zur Datenerhebung

7.1.Allgemeines

Nun soll geklärt werden, welche Rechtsfolgen eine Nichtmitnahme oder das Nichtbetreiben eines Geräts zur Datenerhebung des smarten Versicherungsvertrages zur Folge hat. Es ist nämlich gut vorstellbar, dass der Versicherungsnehmer einer smarten Unfallversicherung seine höhenmetermessende Smartwatch nicht verwendet oder der Kfz-Versicherte die fahrstilmessende Blackbox im Auto ausschaltet.93

7.2.Gefahrenerhöhung

In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, ob durch die Nichtmitnahme oder das Ausschalten des Geräts zur Datenerhebung eine Gefahrenerhöhung durch den Versicherungsnehmer induziert wird. Dies kann jedoch gleich wieder verneint werden, da auf der Hand liegt, dass dadurch per se wohl keine erhöhte Unfallgefahr hervorgerufen wird, weil keine Auswirkung auf das Verhalten des Versicherungsnehmers vorliegen wird.94 Eine Konstellation, in der eine Erhöhung der Gefahr vorliegen könnte, ist jedoch denkbar: Falls das nicht mitgenommene oder ausgeschaltete Gerät eine schadensmindernde Funktion (wie die automatische Alarmierung von Einsatzkräften bei einem Unfall) hat, könnte eine Gefahrenerhöhung vorliegen. Durch die direkte Alarmierung von Einsatzkräften könnten gröbere Schäden verhindert werden. Insbesondere bei Personenschäden im Straßenverkehr oder bei Bränden ist eine entsprechende gefahrenerhöhende Konstellation denkbar. Im Allgemeinen ist jedoch keine Gefahrenerhöhung im Sinne der §§ 23 ff VersVG gegeben.95

7.3.Verletzung einer Obliegenheit

Nun soll untersucht werden, ob eine Verletzung einer Obliegenheit im Sinne des § 6 VersVG vorliegt. In Abs 1a Satz 2 leg cit wird die vorsätzliche Verletzung von Obliegenheiten zu sonstigen bloßen Meldungen und Anzeigen, die keinen Einfluss auf die Beurteilung des Risikos durch den Versicherer haben, mit der Leistungsfreiheit des Versicherers sanktioniert.96 Insofern könnte

89 Eisen, Das Äquivalenz-Prinzip in der Versicherung, ZVersWiss 1980, 529.

90 Gisch/Reisinger, Versicherungsvertragsrecht, 11.

91 Ph. Koch, VersR 2020, 1420.

92 Vgl zu Nachteilen der Gesellschaft Wilde, Vor- und Nachteile von Telematik-Tarifen aus Sicht von Versicherungsnehmern und der Gesellschaft, in Hartung/M. Müller, Telematik in der Kfz-Versicherung (2019) 45 (46 f), online abrufbar unter https://www.unibw.de/insurance/telematik-in-derkfz-versicherung_reader-studienprojekt-2019.pdf.

93 Klimke, r+s 2015, 222.

94 Vgl zum Moral-hazard-Effekt Nell, Versicherungsinduzierte Verhaltensänderungen von Versicherungsnehmern (1993).

95 Klimke, r+s 2015, 223.

96 Fenyves in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 6 Rz 84.

diese Norm dahin gehend interpretiert werden, dass dem Versicherungsnehmer bei vorsätzlichem Abschalten oder Nichtmitnehmen von Gerätschaften eine Leistungsfreiheit des Versicherers droht. Bei fahrlässigem oder unverschuldetem Verhalten kommt die Norm jedoch nicht zur Anwendung. Insofern könnte eine vertragliche Obliegenheit zur Mitnahme bzw Verwendung des Geräts vereinbart werden.97 Im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung darf eine solche Obliegenheit jedoch nicht vereinbart werden, da hier nur der abschließende Katalog des § 5 Abs 1 KHVG an Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalles zulässig ist.98 Bei unverschuldetem Verhalten würde die Vertragsklausel gegen § 6 Abs 1 VersVG verstoßen, wonach der Versicherungsnehmer keine widrigen Folgen zu befürchten hat, falls die Datenerhebung beispielsweise an Umständen aufseiten des Versicherers scheitert.99 Bei fahrlässigem Verstoß gegen die Obliegenheit wäre wohl eine Leistungsfreiheit des Versicherers eine ausufernde Sanktionierung, da sich die Obliegenheitsverletzung nicht auf das versicherte Risiko auswirkt, sondern nur die Prämienberechnung betrifft. Insofern könnte im Versicherungsvertrag als adäquate sanktionierende Maßnahme die Einhebung einer vergleichbaren Versicherungsprämie ohne Rabattierung vereinbart werden.100

8.Obliegenheitserfüllung bzw Schadensmeldung

durch Smart Contracts

8.1.Allgemeines

Smarte Versicherungen könnten in Verbindung mit smarten Geräten aus technischer Sicht eine Schadensmeldung vollautonom durchführen.101 Fraglich ist, ob ein solcher Vorgang Deckung im österreichischen Versicherungsrecht findet. Gemäß § 33 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall unverzüglich nach Kenntniserlangung an den Versicherer zu melden.102 Dem Gesetz ist für die Mitteilung keine Form zu entnehmen, sodass grundsätzlich Formfreiheit gilt, wobei in den meisten Versicherungsverträgen die Schrift- oder Textform vereinbart wird.103 Vor diesem Hintergrund wäre eine direkte und vollautonome Meldung des Versicherungsfalles im Rahmen einer smarten Versicherung in Verbindung mit einem smarten Gerät zulässig.104

8.2.Leistungsverweigerung bei Zahlungsverzug

Die charakteristische Funktion von smart contracts ist deren automatische Vollstreckung beim Eintritt einer vorab definierten Bedingung.105 In weiterer Folge ist zu prüfen, ob eine solche im Rahmen eines Versicherungsvertrages zulässig ist. Denkbar wäre eine smarte Versicherung, die bei Ausbleiben der Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer dessen Versicherungsschutz automatisch aussetzt und ihn darüber benachrichtigt. Zwar handelt es sich beim Versicherungsvertrag um ein Dauerschuldverhältnis, jedoch kommt das Leistungsverweigerungsrecht des § 1052 ABGB aufgrund spezialgesetzlicher Bestimmungen im VersVG nicht zur Anwendung.106 Die Rechtsfolgen bei Zahlungsverzug im Rahmen eines Versicherungsvertrages

97 Klimke, r+s 2015, 225.

98 Grubmann, KHVG5, § 5 Anm 1 ff.

99 Grubmann, VersVG9, § 6 Anm 2.

100 Rudkowski, ZVersWiss 2017, 471.

101 Günther, Smart Home und Versicherungsrecht, s+s report 2/2018, 36.

102 Wieser in Kath ua, Versicherungsvertragsrecht I, Rz 920.

103 Ramharter in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 33 Rz 18 f.

104 Vgl zur selben Argumentation im liechtensteinischen Versicherungsrecht Butterstein/Jörg/Lettenbichler, Das Smart Home im liechtensteinischen Versicherungsrecht, SPWR 2020, 499.

105 Hanzl, Blockchain, 13.

106 Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.08, § 1052 Rz 1.

103 3/2023 Smart Contracts in der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik

werden in §§ 38 ff VersVG geregelt. Nach § 39 VersVG kann der Versicherer bei Nichtzahlung einer Folgeprämie dem Versicherungsnehmer auf dessen Kosten (schriftlich) eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen einräumen.107 Erst nach Ablauf dieser Frist wird der Versicherer bei Eintritt eines Versicherungsfalles leistungsfrei. Eine Ausnahme bildet die unverschuldete Verhinderung des Versicherungsnehmers.108 Eine Regelung im smarten Versicherungsvertrag zur automatischen Unterbrechung des Versicherungsschutzes würde insofern klar gegen die zwingenden Vorgaben des § 39 VersVG verstoßen. Eine Umsetzung der unmittelbaren automatischen Vollstreckung ist daher aus rechtlicher Sicht nicht zulässig.109

Auf den Punkt gebracht

Die Ausführungen haben gezeigt, dass smart contracts in weiten Teilen mit der österreichischen Versicherungsrechtsdogmatik kompatibel sind. Folgende Spannungsfelder mit zwingenden gesetzlichen Vorgaben wurden durch die Untersuchung herausgearbeitet: Die allgemeinen Informationspflichten des Versicherungsrechts können mit einem smart contract in Einklang

107 Riedler in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, § 39 Rz 30. Dieselbe Regelung gilt gemäß § 38 VersVG ebenso für die erste Prämie.

108 Perner, Privatversicherungsrecht, Rz 4.27.

109 Zum selben Ergebnis für Dauerschuldverhältnisse in Liechtenstein Lettenbichler, SPWR 2021, 312.

gebracht werden, falls additiv Produktinformationsblätter in klassischer Form zur Verfügung gestellt werden. Das Gefahrenerhöhungsregime ist auf smarte Versicherungsverträge nicht anwendbar, da mitversicherte Änderungsrisiken vorliegen. Eine Preisanpassungsklausel kann bei entsprechender Ausgestaltung die Vorgaben des KSchG erfüllen, wobei smarte Krankenversicherungen aufgrund von Sonderbestimmungen im VersVG nicht umsetzbar sind. Eine Sittenwidrigkeit wird wohl nur dann vorliegen, wenn eine Bevölkerungsgruppe benachteiligt wird oder die Versicherung insgesamt durch die Umsetzung von smarten Versicherungsverhältnissen eine höhere Gesamtversicherungssumme bei gleichbleibender Leistung einbehält. Zur Sanktionierung der Nichtmitnahme eines Geräts zur Datenerhebung kann in den meisten Versicherungsverträgen eine Obliegenheit zur Verwendung vertraglich vereinbart werden. Als adäquate sanktionierende Maßnahme ist die Einhebung einer vergleichbaren herkömmlichen Versicherungsprämie ohne Rabattierung vorzusehen. Eine direkte und vollautonome Meldung des Versicherungsfalles im Rahmen einer smarten Versicherung in Verbindung mit einem smarten Gerät ist jedenfalls zulässig. Eine Umsetzung der unmittelbaren automatischen Vollstreckung ist aus rechtlicher Sicht nicht möglich, da bestimmte gesetzliche Verzugsfristen und damit einhergehende Verzugsfolgen eingehalten werden müssen.

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Rechtsprechung

„Mehrkosten für bauliche Verbesserungen“ sind in der Feuerversicherung nur im Rahmen der Höchsthaftungssumme zu ersetzen; Frage nach dem Bestehen eines Versicherungsfalles ist nicht von der Kompetenz eines Schiedsgutachterverfahrens nach § 64 VersVG umfasst

Art 1 und Art 7 LAEFLS F622; § 64 VersVG

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 148/22y

1. „Asphaltflächen“ fallen nicht unter den Gebäudebegriff des Art 1 LAEFLS F622.

2. Die Errichtung einer nach behördlichen Vorschriften bei der Neuherstellung eines Gebäudes notwendigen Blitzschutzanlage fällt unter „Mehrkosten für bauliche Verbesserungen“, ist aber nur innerhalb der Höchsthaftsumme der Versicherung zu ersetzen.

3. Ein Schiedsgutachterverfahren im Sinne des § 64 VersVG kann sich nicht auf die Frage erstrecken, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt oder nicht.

Die Klägerin ist Landwirtin. Sie schloss mit der Beklagten eine Feuerversicherung ihrer landwirtschaftlichen Gebäude ab, die gemäß der Versicherungspolizze sämtliche wohn- und landwirtschaftlichen Gebäude mit Fundamenten, Grund- und Kellermauern, landwirtschaftliches Inventar und Ernte sowie Früchte umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegen die Hof Ernten Klipp & Klar Bedingungen für die Einbruchsdiebstahls-, Feuer-, Leitungswasser- und Sturmversicherung in der Fassung 8/2010 (LAEFLS F622) zugrunde.

Am 24. 8. 2017 kam es durch einen Blitzeinschlag zur Entzündung des Stallgebäudes der Klägerin, wodurch Gebäude und Inventar beschädigt bzw zerstört wurden.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind im Rahmen der Neuherstellung angefallene Kosten für Asphaltierungsarbeiten von Grundflächen, die an das Gebäude angrenzen und Kosten für technische Verbesserungen des Gebäudes.

Aus der Begründung des OGH:

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

1. Der OGH ist zur Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RIS-Justiz RS0121516). Dass die Auslegung von Versicherungsbedingungen, zu denen nicht bereits höchstgerichtliche Judikatur existiert, im Hinblick darauf, dass sie in aller Regel einen größeren Personenkreis betreffen, grundsätzlich revisibel ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel verbleiben können (RIS-Justiz RS0121516 [T6]; 7 Ob 204/20f; 7 Ob 191/21w).

Ein solcher Fall liegt hier vor:

2.1. Unter Zugrundelegung des Gebäudebegriffs in den Versichungsbedingungen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Begriff „Asphaltflächen“ nicht unter den Gebäudebegriff fällt und von den ausdrücklich aufgezählten mitversicherten Ge-

bäudeteilen nicht umfasst ist, wovon ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer auch nicht ausgehen könne, nicht korrekturbedürftig.

2.2. Auch die Beurteilung, dass die nach den Feststellungen aufgrund behördlicher Vorschriften im Rahmen der Neuherstellung erforderliche Blitzschutzanlage unter „Mehrkosten für bauliche Verbesserungen“ fällt, die nach den Versicherungsbedingungen bis zu einem Betrag von 3.700 € auf erstes Risiko zu ersetzen sind, ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Klägerin greift diese Bedingung nicht erst nach Erreichen der Höchsthaftungssumme, sondern gilt nach dem eindeutigen Wortlaut der Bedingungen im Rahmen der Höchsthaftungssumme für die Grunddeckung.

3. Die in der Revision weiters angesprochene Frage der wirksamen und rechtsverbindlichen Einleitung eines Sachverständigenverfahrens (§ 64 Abs 1 VersVG) kann dahinstehen, weil die Frage, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, von der Kompetenz eines Schiedsgutachterverfahrens nach § 64 VersVG grundsätzlich nicht umfasst ist (RIS-Justiz RS0080449). Dieser Rechtsfrage fehlt es damit an der geforderten Präjudizialität (RISJustiz RS0088931).

4. und 5.

Ein Frachtführer handelt grob fahrlässig, wenn er den Frachtauftrag an einen Subfrachtführer weitergibt, in der Folge aber sorgfaltswidrig nicht kontrolliert, ob das mit Letzterem vereinbarte bedingte Weitergabeverbot eingehalten wird

Art 23 und 29 CMR

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 115/22w

1. Ein Frachtführer, der seinen Frachtauftrag an einen Subfrachtführer mit der Bedingung weitergibt, dass eine weitere Beauftragung von Subfrachtführern nur mit seiner Zustimmung möglich ist, handelt grob fahrlässig, wenn er trotz Hinweisen auf eine unerlaubte Weitergabe durch den Subfrachtführer untätig bleibt.

2. Der Frachtführer kann sich daher gegenüber dem Auftraggeber nicht auf die Haftungsbeschränkung des Art 23 CMR berufen, wenn die Ladung nach der unerlaubten Weitergabe an weitere Subfrachtführer von Betrügern entwendet wird. Die Klägerin ist der Warentransportversicherer der E. GmbH (in der Folge: Versicherungsnehmerin oder Auftraggeberin). Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte mit dem Transport einer Maschine von R. (Österreich) nach P. M. (Spanien), wobei vereinbart war, dass die Beklagte berechtigt ist, den Transport an andere Frachtführer zu vermitteln, und dass die Auswahl der beauftragten Frachtführer durch die Beklagte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erfolgt.

Daraufhin beauftragte die Beklagte die Erstnebenintervenientin mit der Durchführung des Transports. Letztere verfügt nicht über Transportfahrzeuge und bedient sich stets Dritter zur Ausführung der von ihr übernommenen Transportverträge. Die Beklagte vereinbarte mit der Erstnebenintervenientin in allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Punkt „Weitergabeverbot“, dass der Auftrag nur mit ihrer vorab eingeholten Zustimmung an Dritte weitergegeben werden dürfe und die

105 3/2023 Rechtsprechung
Rechtsprechung

Erstnebenintervenientin zu überprüfen habe, ob der eingesetzte Unternehmer sämtliche Punkte der Auftragsbedingungen der Beklagten erfüllen könne. Der Klägerin waren diese allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bekannt.

Entgegen dieser Vereinbarung gab die Erstnebenintervenientin den Transportauftrag ohne Zustimmung der Beklagten an die Zweitnebenintervenientin weiter.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH: Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. ...

2. Das Erstgericht hat die Obhutshaftung bejaht. Im Berufungsverfahren wurde der Verlust innerhalb des Obhutszeitraums nicht releviert. Dieser selbständig zu beurteilende Einwand ist daher vom OGH nicht mehr zu prüfen (vgl RIS-Justiz RS0043338). Im Revisionsverfahren ist ausschließlich die Frage zu klären, ob der Beklagten grobes Verschulden im Sinne des Art 29 CMR anzulasten ist und der Klägerin der gesamte Klagsbetrag zusteht. Dies ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu bejahen:

3.1. Gemäß Art 29 Abs 1 CMR kann sich der Frachtführer auf die Bestimmungen dieses Kapitels, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast umkehren, nicht berufen, wenn er (bzw die ihm gemäß Art 3 CMR zurechenbaren Subfrachtführer und deren Personal; vgl RIS-Justiz RS0073705) den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat (bzw haben), das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem „Vorsatz gleichsteht“. Dem Vorsatz gleichstehende Fahrlässigkeit bedeutet in Österreich grobe Fahrlässigkeit; die Beweislast für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers trifft den Geschädigten (RIS-Justiz RS0073961; RS0062591). Wenn die Voraussetzungen des Art 29 CMR vorliegen, entfällt nach einhelliger Meinung jedenfalls das Recht des Frachtführers auf Haftungsbegrenzung nach Art 17 Abs 2 und 4 CMR, nach Art 18 CMR, aber auch nach Art 23 und 25 CMR (7Ob 230/12t mwN; 7 Ob 28/18w).

3.2. Grob fahrlässiges Organisationsverschulden erfordert einen objektiv und auch subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss also in einem ungewöhnlich hohen Maß verletzt werden. Dasjenige muss unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall eigentlich jedem hätte einleuchten müssen. Voraussetzung dafür ist in der Regel das Bewusstsein der Gefährlichkeit des eigenen Verhaltens (RIS-Justiz RS0110748). Der Frachtführer hat demnach unbeschränkt für den Schaden am Transportgut oder dessen Verlust einzustehen, wenn ihm eine ungewöhnliche, auffallende Vernachlässigung bei durchaus vorhersehbarem Schaden vorzuwerfen ist, wobei eine Vielzahl von Nachlässigkeiten und Unvorsichtigkeiten, von denen jede für sich die Gefahr eines Schadens erhöht, zur Haftung wegen grober Fahrlässigkeit führen kann (7 Ob 46/14m mwN; 7 Ob 81/20t). Mit einem Diebstahl des Gutes durch Dritte kann sich der Frachtführer im Allgemeinen nicht von seiner Haftung befreien, es sei denn, der Diebstahl hätte unter so ungewöhnlichen Umständen stattgefunden, dass ihn der Frachtführer auch unter Anwendung der äußersten Sorgfalt nicht hätte vermeiden können (RIS-Justiz RS0073769). An die Sorgfalt des Frachtführers ist ein strenger Maßstab anzulegen und die äußerste zumutbare Sorgfalt zu verlangen (RIS-Justiz RS0073798), weshalb ein Verstoß gegen Weisungen oder ausdrückliche Vereinbarungen in der Regel ein grobes Verschulden begründet (Zehetbauer in Zib/Dellinger, UGB IV, Art 29 CMR Rz 30; Csoklich in Artmann, UGB I3, Art 29 CMR Rz 5; vgl auch 1 Ob 204/00g; 8 Ob 125/05y; 7 Ob 156/

08d). Bei Beurteilung all dieser Fragen kommt es wesentlich auf die Umstände des Einzelfalles an (7 Ob 184/01m; 7 Ob 46/14m; 7 Ob 150/21s).

3.3. Die Beklagte war hier berechtigt, den Transport an andere Frachtführer zu vermitteln, was sie im vorliegenden Fall auch tat. Dabei vereinbarte sie mit der Subfrachtführerin (Erstnebenintervenientin), dass eine Weitergabe des Transportauftrags an Dritte nur mit ihrer vorab eingeholten Zustimmung erfolgen darf und sich die Erstnebenintervenientin verpflichtet, zu überprüfen, ob der von ihr eingesetzte Unternehmer sämtliche Punkte der Auftragsbedingungen der Beklagten erfüllen kann. Die Erstnebenintervenientin missachtete diese beiden ihr ausdrücklich auferlegten Vertragspflichten. Der Beklagten waren auch Umstände bekannt, die eine Verletzung des mit der ersten Nebenintervenientin vereinbarten „Weitergabeverbots“ nahelegten, wurde ihr doch von ihrem deutschen Vertragspartner bekannt gegeben, dass ein LKW mit slowakischem Kennzeichen das Transportgut abholen wird. Dennoch blieb sie untätig und stellte keine Rückfragen, obwohl sie sich gegenüber der Versicherungsnehmerin der Klägerin verpflichtet hatte, die Auswahl des von ihr beauftragten Frachtführers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorzunehmen. Die Beklagte nahm durch ihr Verhalten in Kauf, dass der Transportauftrag – ohne ihre Zustimmung – in einer von ihr nicht kontrollierten Auftragskette weitergegeben werde. Allein diese mehrfachen und gravierenden Sorgfaltsverstöße der Beklagten und der ihr zurechenbaren ersten Nebenintervenientin begründen die Annahme eines groben Verschuldens, führten sie doch dazu, dass die Transportware durch Kriminelle entwendet werden konnte.

Die Beklagte kann sich daher nicht auf die Haftungsbegrenzung des Art 23 CMR berufen.

4. und 5. ...

Klauseln zum Rentenwahlrecht des Versicherungsnehmers teilweise intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG

§ 6 Abs 3 und § 28a KSchG; § 879 Abs 3 ABGB

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 97/22y

1. Eine in den allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Lebensversicherung enthaltene Rentenwahlklausel, die keine Informationen über die Berechnungsgrundlage der Rente enthält, ist intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG.

2. Eine Klausel, die in einem in weiterer Folge an betroffene Versicherungsnehmer versandten Schreiben verwendet wird und die Ausübung des Rentenwahlrechts näher erläutert, ist dagegen weder als verpönte Geschäftspraxis im Sinne des §28a KSchG noch als intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG bzw gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 ABGB anzusehen.

Der Kläger ist ein klageberechtigter Verein im Sinne des § 29 Abs 1 KSchG.

Die Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen. Sie schließt im gesamten Bundesgebiet Lebensversicherungsverträge mit Verbrauchern ab, denen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Stammversicherung – Lebensversicherung mit garantierten Versicherungsleistungen und garantiestützender Gewinnbeteiligung zugrunde liegen. Diese enthalten die folgende Klausel 1:

„Wahlmöglichkeiten – Rentenwahlrecht und Kapitalwahlrecht

Unabhängig davon, ob Sie einen Versicherungsvertrag gewählt haben, der grundsätzlich eine Kapitalleistung im Erlebensfall oder Rentenleistungen vorsieht, haben Sie die Möglichkeit, entweder die Auszahlung der Kapitalleistung in verschiedenen Rentenformen nach den im Zeitpunkt der Fällig-

Rechtsprechung 3/2023 106

keit der Kapitalzahlung geltenden Tarifen zu beanspruchen (weshalb die Höhe der Rente erst unmittelbar vor dem Rentenzahlungsbeginn garantiert werden kann und alle früher gemachten Zahlungsangaben unverbindlich sind) ...“

Die Beklagte sendet jenen Kunden, deren Verträge die Klausel 1 enthalten, zum Ende der Vertragslaufzeit einen Vorschlag zur Ausübung des Rentenwahlrechts, der die folgende Klausel 2 enthält:

„Dieser Vorschlag stellt ein verbindliches Angebot unsererseits zum Rentenwahlrecht anstelle der einmaligen Kapitalauszahlung dar. Mit seiner Unterzeichnung und rechtzeitigen Übermittlung an uns gilt das Rentenwahlrecht durch den Kunden als angenommen. Die Übermittlung erfolgt rechtzeitig, wenn dieses Angebot während der Laufzeit des Versicherungsvertrages spätestens eine Kalenderwoche vor der Fälligkeit unterschrieben bei uns einlangt, da andernfalls die Auszahlung der vereinbarten Kapitalleistung als Einmalzahlung erfolgt.“

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

Die Revision ist zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

1. bis 2.3. ...

3. Klausel 1: ...

3.1. Die Beklagte argumentiert in der Revision, der Entscheidung 7 Ob 186/20h sei eine anders formulierte Klausel zugrunde gelegen, weshalb die dortigen Rechtsausführungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar seien. Unter Bezugnahme auf die von der österreichischen Versicherungswirtschaft und dem Versicherungsverband Österreich beauftragten Gutachten von Perner/Spitzer (Rentenoption und Rentenberechnung in der Lebensversicherung, VR 7-8/2021, 37) und Schauer (Transparenzgebot, die Wievielte? ZVers 2022, 1) argumentiert sie, dass sie bei der Wahl der Tarifgrundlage kein beliebiges Ermessen habe. Vielmehr sei sie bei der Gestaltung der Tarife an aufsichtsrechtliche Vorgaben gebunden. Die von den Vorinstanzen vorgenommene kundenfeindlichste Auslegung unterstelle ein aufsichts- und damit ein gesetzwidriges Handeln. Eine transparentere Darstellung sei weder möglich noch erforderlich. Zur Judikatur betreffend den Verweis auf den Tarif bei Berechnungen des Rückkaufswerts gebe es einen wesentlichen Unterschied, weil bei der Ermittlung des Rückkaufswerts einer kapitalbildenden Lebensversicherung der Versicherer alle Berechnungsformeln und Berechnungsparameter kenne. Die Berechnungsparameter der Rente seien demgegenüber zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kapitalversicherung weder bekannt noch bestimmbar. Eine Verpflichtung zur Angabe konkreterer Rechnungsgrundlagen ergebe sich aus § 2 Abs 1 Z 4 LV-InfoV 2018 nur, wenn eine Rente garantiert sei. Das sei gegenständlich nicht der Fall. Zudem würde ein Verweis auf die anzuwendenden Rechnungsgrundlagen vielleicht zu einer Bestimmbarkeit führen, keinesfalls aber zu einer höheren Transparenz für den Versicherungsnehmer. Zudem sei das Unterlassungsbegehren zu weit gefasst, weil das Transparenzgebot keine Anwendung auf Verträge finde, die vor dessen Inkrafttreten, also vor dem 1. 1. 1997 abgeschlossen worden seien. Das Unterlassungsgebot sei daher auf jene Lebensversicherungsbeträge zu beschränken, die nach dem 1. 1. 1997 abgeschlossen worden seien.

3.2. Der Revision kommt keine Berechtigung zu:

Wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten, ist die Unzulässigkeit der Klausel 1 bereits durch die Entscheidung 7 Ob 186/ 20h geklärt. In dieser hat der OGH die zu den Rückkaufswertklauseln entwickelten Grundsätze auf Rentenwahlklauseln – wie die hier zu beurteilende Klausel 1 – übertragen und das Fehlen eines Hinweises darauf bemängelt, dass sich die Rentenberechnung nach zwei Faktoren richtet, nämlich Sterbetafel und Rechnungszins. Über diese ist nämlich der Versicherungsnehmer nach § 2 Abs 1 Z 4 LV-InfoV 2018, BGBl II 2018/247 (vormals § 2

Abs 1 Z 4 LV-InfoV, BGBl II 2015/294), der die produktbezogenen Aufklärungspflichten nach § 135c Abs 1 Z 1 VAG 2016 in der Fassung BGBl I 2018/16 (vormals § 253 Abs 1 Z 1 VAG 2016 in der Fassung BGBl I 2015/34) konkretisiert, vor Vertragsabschluss zu informieren. Ausgehend davon kann der Verweis auf einen Tarif in einer Klausel, die den Versicherungsnehmer über die Rechnungsgrundlagen zur Berechnung einer auszuzahlenden Rente informieren soll, nur dann im Sinne des § 6 Abs3 KSchG als klar und verständlich angesehen werden, wenn die Zusammensetzung der Rechnungsgrundlage dem Versicherungsnehmer offengelegt wird. Dies trifft aber nicht zu, wenn die „zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Tarife“ in Klausel 1 überhaupt keine Erläuterung erfahren. Die Klausel ist insoweit im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG intransparent und damit unwirksam. Dem Versicherungsnehmer wird durch die fehlenden Angaben über die der Berechnung der auszuzahlenden Rente zugrunde liegenden Rechnungsgrundlagen und damit durch eine unvollständige Information zweifellos kein klares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt. Aus dem Transparenzgebot ist eine Pflicht zur Vollständigkeit abzuleiten, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Verbraucher andernfalls unklar bleiben. Daran mag auch der Einwand der Beklagten nichts zu ändern, dass die genauen Berechnungsgrundlagen bei Vertragsabschluss noch gar nicht feststehen können. Erforderlich ist – im Lichte von § 2 Abs1 Z 4 LV-InfoV 2018 – die Information des Versicherungsnehmers darüber, welche Rechnungsgrundlagen zur Berechnung der Rente zur Anwendung kommen (zB Sterbetafel und Rechnungszins), welche Chancen und Risiken damit verbunden sind und dass eine von den im Anfallszeitpunkt geltenden Rechnungsgrundlagen abhängige Rente höher oder, wenn die durchschnittliche Lebenserwartung stärker steigt als angenommen, niedriger als die prognostizierte Rentenleistung sein kann.

Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH IV ZR 121/00, wonach eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen über die kapitalbildende Lebensversicherung, die die Überschussermittlung und -beteiligung regelt, nicht deshalb wegen Intransparenz unwirksam sei, weil die Klausel die Berechnungsmethode nicht aufzeige, ist nicht einschlägig.

Die Klausel 1 ist damit im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG intransparent und unwirksam. Auf eine Prüfung im Sinne des §879 Abs 3 ABGB kommt es daher nicht mehr an.

3.3. Zum von der Beklagten in erster Instanz erhobenen – in der Revision wiederholten – Einwand, das Unterlassungsbegehren sei zu weit gefasst, weil § 6 Abs 3 KSchG erst am 1. 1. 1997 in Kraft getreten sei und bei ihr noch „einige kapitalbildende Lebensversicherungsverträge mit Rentenwahlrecht“ vor diesem Zeitpunkt existierten, enthielt schon ihre Berufung keine inhaltlichen Ausführungen. Dieser selbständige zu beurteilende Einwand ist daher im Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen (RIS-Justiz RS0043338 [insbesondere T4, T10, T13 und T27]; vgl RIS-Justiz RS0043352 [T31 und T33]).

3.4. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Verpflichtung, allgemeine Geschäftsbedingungen zu ändern, keine reine Unterlassung, sodass das Gericht gemäß § 409 Abs 2 ZPO eine angemessene Leistungsfrist zu setzen hat (RIS-Justiz RS0041260 [T2]; RS0041265 [T2 und T3]). Nach der Rechtsprechung ist eine Leistungsfrist von drei Monaten zur Umgestaltung des Klauselwerks grundsätzlich angemessen (RIS-Justiz RS0041265 [T5]). In zahlreichen Entscheidungen wurde dem AGB-Verwender eine Frist von drei Monaten gewährt (vgl etwa 7 Ob 44/13s). Für die Gewährung einer längeren, sechsmonatigen Leistungsfrist waren stets besondere Umstände ausschlaggebend, die hier bei der Abänderung bloß einer Klausel nicht vorliegen. Eine Leistungsfrist

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von drei Monaten zur Änderung der als unzulässig erkannten Klausel 1 ist angemessen. Dem beklagten Versicherungsunternehmen ist zuzumuten, den Änderungsbedarf wegen des Wegfalls nur einer Klausel binnen drei Monaten zu bewältigen.

4. Zur Geschäftspraktik (Klausel 2):

4.1. Die Beklagte erachtet die Klausel 2 nicht als intransparent, weil einziger Zweck der „Rentenoptionsklausel“ gerade die Vermeidung eines Neuabschlusses einer Rentenversicherung (und damit die Vermeidung neuerlicher Versicherungssteuer) sei. Durch die Vereinbarung der „Rentenoptionsklausel“ werde gerade nicht der Neuabschluss eines Rentenversicherungsvertrages verlangt. Sie unterbreite dem Versicherungsnehmer, der sich für die Inanspruchnahme der „Rentenoption“ entscheide, diverse Möglichkeiten, die für die Verrentung bestünden. In der Verwendung der Klausel 2 liege keine unzulässige Geschäftspraxis im Sinne des §28a KSchG. Nachdem der Versicherungsnehmer eine Festlegung für seine Kriterien bei Abschluss der Kapitalversicherung noch nicht getroffen habe, müsse er bei Inanspruchnahme der „Rentenoption“ seine individuell gewünschte Rente erst „gestalten“. Ohne ihr Angebot einer Verrentung stelle sich die Frage, wie eine solche dann in der Praxis funktionieren solle. Die begehrte Unterlassungsverpflichtung würde sie zu einem rechtswidrigen Verhalten zwingen: Entweder zum Bruch des Grundsatzes „Pacta sunt servanda“ (indem sie die Verrentung ablehne) oder zum Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen (indem sie die Verrentung ohne Rententarif vornehme). Die Klausel 2 sei weder intransparent noch liege eine unzulässige Geschäftspraxis vor.

4.2. Der Kläger hält den Argumenten entgegen, dass Klausel 2 beim Verbraucher den Eindruck erwecke, dieser könne nur dann eine Rente beanspruchen, wenn er mit der Beklagten einen neuen Vertrag schließe. Der Verbraucher habe ein Rentenwahlrecht und müsse nur „sein Gestaltungsrecht ausüben“, um eine Rente zu erhalten. Durch das einem Verbraucher eingeräumte „Gestaltungsrecht“ werde die Beklagte „unmittelbar durch eine einseitige Erklärung des Verbrauchers verpflichtet“. Aufgrund eines neu abzuschließenden Rentenversicherungsvertrages müsse der Verbraucher neuerlich Versicherungssteuer und Abschlusskosten zahlen, was durch das vereinbarte Rentenwahlrecht gerade vermieden werden hätte sollen. Die Klausel 2 sei gemäß § 879 Abs 1 und 3 ABGB unwirksam, weil sie dem Verbraucher bei sonstigem Verlust seines Rechts die Verpflichtung auferlege, sein Rentenwahlrecht zumindest eine Woche vor Fälligkeit der Kapitalleistung unterschriftlich auszuüben. Nach der Klausel 1 könne der Verbraucher sein Recht jedenfalls bis zur Fälligkeit der Kapitalleistung ausüben („Das Recht besteht jedoch nur, solange das Kapital bzw die erste Rente nicht ausbezahlt ist.“) und er müsse für eine wirksame Ausübung seines Rechts auch keine unterschriebene Erklärung abgeben.

4.3. Das Unterlassungsbegehren betreffend die Klausel 2 ist nicht berechtigt:

4.3.1. Nach § 28a Abs 1 KSchG kann, wer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern im Zusammenhang mit der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln gegen ein gesetzliches Gebot verstößt und dadurch jeweils die allgemeinen Interessen der Verbraucher beeinträchtigt, unbeschadet des § 28 Abs 1 KSchG auf Unterlassung geklagt werden. § 28a KSchG erweitert den Anwendungsbereich der Verbandsklagen auf gesetzwidrige Geschäftspraktiken von Unternehmen im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern, beschränkt auf die in § 28a Abs 1 KSchG angeführten Vertragsverhältnisse und außervertraglichen Rechtsverhältnisse. Der Unterlassungsanspruch gemäß § 28a KSchG

setzt (unter anderem) voraus, dass das beanstandete Verhalten die „allgemeinen Interessen der Verbraucher“ beeinträchtigt. Die beanstandete Verhaltensweise muss daher für eine Vielzahl von Verträgen oder außervertraglichen Rechtsverhältnissen von Bedeutung sein, was vor allem bei gesetzwidrigen Verhaltensweisen im Massengeschäft der Fall ist (RIS-Justiz RS0121961).

Die Berufung auf eine missbräuchliche Klausel kann einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot darstellen. In der Entscheidung 4 Ob 143/14d bejahte der OGH einen „Zusammenhang“ zwischen einem beanstandeten Verhalten eines Unternehmens und der Vereinbarung einer missbräuchlichen Vertragsklausel, wenn sich die Missbräuchlichkeit einer Klausel gerade aus ihrer Unvereinbarkeit mit einer bestimmten Norm oder einer insofern bestehenden Unklarheit (Intransparenz) ergibt. Eine solche Unklarheit wird regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn sich der Unternehmer der Klausel zur Rechtfertigung einer rechtswidrigen Vorgangsweise bedient.

4.3.2. Die hier zu beurteilende und nach § 1 Abs 1 Satz 2 VersVG zulässige Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht sieht im Versicherungsfall die Zahlung eines Kapitalbetrags vor, jedoch mit der Möglichkeit für den Versicherten, statt des Kapitalbetrags die Zahlung einer im Wert entsprechenden Geldrente zu verlangen (vgl BGH IVb ZB 887/80, VersR 1984, 51). Das – in der Klausel 1 genannte – Rentenwahlrecht ist das Recht des Versicherungsnehmers oder Bezugsberechtigten aus einem Lebensversicherungsvertrag, anstatt der einmaligen Ablaufleistung eine entsprechende Rente zu beziehen. Mit dem Rentenwahlrecht verbunden ist der vollkommene oder teilweise Verzicht des Versicherers auf eine erneute Belastung des Versicherungsvertrages mit Abschlusskosten für die Rentenleistung (vgl F. Wagner, Gabler Versicherungslexikon2, Stichwort: Rentenwahlrecht; von Fürstenwerth/A. Weiß, VersicherungsAlphabet10 [2001] 527). Zudem soll mit dem Rentenwahlrecht, so die Beklagte, der Anfall neuerlicher Versicherungssteuer vermieden werden. Das Rentenwahlrecht bedeutet damit bei kapitalbildenden Lebensversicherungen, dass der Versicherungsnehmer anstelle einer einmaligen Kapitalleistung eine Auszahlung in Form einer regelmäßigen Rente wählen kann.

4.3.3. Entgegen der Ansicht des Klägers und der Vorinstanzen verlangt die Beklagte mit dem Angebot entsprechend Klausel 2 nicht den Abschluss eines neuen Rentenversicherungsvertrages. Solches widerspräche gerade einem Grundelement für das zu beurteilende Rentenwahlrecht, anstelle der Kapitalauszahlung und dem kostenträchtigen Neuabschluss (insbesondere neuer Versicherungssteuer) mittels desselben Vertrages die Kapital- in eine Rentenleistung überzuführen. Die Beklagte verlangt keineswegs den Abschluss eines „neuen“ Vertrages und es besteht auch kein Anhaltspunkt, dass sie dies in Zukunft verlangen würde, sodass es schon an einer diesbezüglichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr fehlt. Vielmehr handelt es sich bei der Vereinbarung über eine Rentenleistung um eine Vertragsänderung.

Das Begehren und das Vorbringen des Klägers lassen insgesamt den Standpunkt erkennen, dass es nur der Optionserklärung des Versicherungsnehmers bedürfte und schon daraus dessen bezifferbarer Rentenanspruch resultierte, also allein anhand der seinerzeitigen Vertragslage und ohne Erfordernis einer weiteren vertraglichen Ausgestaltung. Allerdings enthalten der Versicherungsvertrag und die Rentenwahlklausel keine ausreichende Ausgestaltung der vereinbarten Rentenhöhe. Der Versicherungsnehmer hat zwar grundsätzlich das Wahlrecht auf eine Rente, die diesbezügliche Vereinbarung ist aber unbestimmt und erfordert gerade eine entsprechende beiderseitige Einigung auf die später zum Tragen kommenden Konditionen. Daher kann auch die Prämisse des Klägers, dass bereits die Optionserklärung einen

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konkreten Rentenanspruch auslöse, infolge betraglicher Unbestimmtheit eines solchen Anspruchs nicht geteilt werden. Das Unterlassungs(haupt)begehren muss daher schon aufgrund dessen, dass sich bestimmte im Klagebegehren genannte Bestandteile nicht verwirklichten, scheitern. Zwar mag die Rentenwahlklausel 1 Auslöser der nunmehr inkriminierten Vorgangsweise der Beklagten sein. Ausgehend von der mangelnden Bestimmtheit des Rentenanspruchs mit der Folge, dass eine Rentenwahl des Versicherungsnehmers konkret gar nicht möglich wäre, kann aber nicht erkannt werden, warum ein später konkretisiertes Angebot der Beklagten zur Ausübung des Rentenwahlrechts durch den Versicherungsnehmer als eine die Verbraucherinteressen beeinträchtigende verpönte Geschäftspraxis nach § 28a KSchG zu beurteilen sein soll.

Aus demselben Grund kann auch nicht erkannt werden, warum – im Sinne des Eventualbegehrens – die Formulierung „verbindliches Angebot unsererseits zum Rentenwahlrecht“ der Klauselkontrolle nicht standhalten soll. Die Unbestimmtheit der Rentenhöhe aufgrund der seinerzeitigen Vertragslage erfordert eine – von beidseitigem Konsens getragene – spätere Einigung. Warum eine solche Vereinbarung nicht durch ein diesbezügliches „Angebot“ der Beklagten im Sinne einer Information über die möglichen Varianten – und dessen Auswahl durch den Versicherungsnehmer – zustande kommen darf, ist nicht erkennbar.

4.3.4. Der von beiden Parteien im Zusammenhang mit der Rentenwahlklausel verwendete Begriff der Option wäre ein Vertrag, durch den einem Vertragsteil das Recht eingeräumt wird, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Gang zu setzen. Der Optionsberechtigte kann das Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluss begründen (RIS-Justiz RS0019191 [T1 und T2]; RS0115633 [T2]). Mit der vorliegenden Rentenwahlklausel soll dem Versicherungsnehmer nicht ein Gestaltungsrecht in dem Sinn, dass ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Gang gesetzt wird, eingeräumt werden, sondern dieser erhält das Recht, sich das angesparte Kapital bei Fälligkeit statt in der vereinbarten Form einer Einmalzahlung in Form einer Rente auszahlen zu lassen. Da aber die konkrete Rentenhöhe im Vorhinein nicht festgelegt werden kann und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer wohl auch dann nicht errechenbar wäre, wenn die Rentenwahlklausel die Sterbetafel und den Zinsfuß enthalten würde, ist dem Versicherungsnehmer die Ausübung des Wahlrechts ohne Mitwirkung der Beklagten gar nicht möglich. Aus diesem Grund ist die Mitwirkung der Beklagten an der Entscheidung des Versicherungsnehmers, das Rentenwahlrecht auszuüben (insbesondere in Form der Bekanntgabe der Höhe der Rente), nicht nur zulässig, sondern geboten. Das erkennt der Kläger auch selbst, wenn er in der Rentenwahlklausel eine Verpflichtung der Beklagten vermisst, dem Versicherungsnehmer im Sinne einer transparenten und gesetzeskonformen Vorgangsweise rechtzeitig vor Vertragsablauf die Höhe der Rente samt deren Rechnungsgrundlagen bekannt zu geben, damit der Verbraucher nach Erhalt dieser Informationen eine entsprechende Entscheidung treffen kann. Die vom Kläger geforderten Informationen (Rentenhöhe garantiert, Rentenhöhe inklusive Gewinnbeteiligung und Erhöhungen, Rechnungszins, Hinweis auf gültige Sterbetafel usw) übermittelt die Beklagte dem Versicherungsnehmer mit den Angeboten Beilage ./2. Anhand dieser Informationen können die Versicherungsnehmer ihre Entscheidung treffen, ohne dass es einer weiteren Zustimmung der Beklagten bedarf. Der Umstand, dass dieses Formblatt nicht mit „Informationsblatt“ oder dergleichen, sondern mit „Unser Vorschlag, Rentenwahlrecht zu Polizze Nr ..., anstelle der einmaligen Kapital-

auszahlung ...“ bezeichnet ist, führt zu keiner erkennbaren Beeinträchtigung der allgemeinen Interessen der Verbraucher, zumal die durch die Ausübung des Rentenwahlrechts bewirkte Umwandlung der ursprünglich vereinbarten Kapitalauszahlung in eine Rentenzahlung tatsächlich eine Vertragsänderung erfordert.

Dass die Beklagte die schriftliche Annahme ihres Angebots auf Rentenleistung eine Woche vor Fälligkeit (der Auszahlung der vereinbarten Kapitalleistung als Einmalzahlung) verlangt, ist im Hinblick auf die zeitgerechte Durchführung der Rentenzahlung weder nach § 879 Abs 1 ABGB noch nach § 879 Abs 3 ABGB zu beanstanden.

4.4. und 5.

Trotz Unterfertigung eines Bauvertrages ist in der Feuerversicherung nicht zwangsläufig von einer gesicherten Wiederherstellung

auszugehen

Art 9 EABS 2015

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 132/22w

Bei Vorliegen einer strengen Wiederherstellungsklausel in einer Feuerversicherung hat das Gericht nach Treu und Glauben zu entscheiden, wann die Wiederherstellung der versicherten Sache ausreichend sichergestellt ist. Auch bei bereits unterschriebenem Bauvertrag kann das Gericht vom Nichtvorliegen der gesicherten Wiederherstellung ausgehen.

Ein Brand auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des Klägers zerstörte am 20. 7. 2020 ein bei der Beklagten feuerversichertes, aus einem ehemaligen Stall, einer Tenne sowie einem Garagentrakt bestehendes Gebäude zur Gänze.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht seit dem Jahr 2017 eine „Landwirtschaft-Versicherung“, die unter anderem eine Feuerversicherung enthält. Dem Versicherungsverhältnis liegen unter anderem die Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (EABS 2015) zugrunde.

Aus der Begründung des OGH:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

1. Art 9 EABS 2015 enthält eine sogenannte „strenge Wiederherstellungsklausel“

1.1. Sie impliziert ein Gleichartigkeits- und ein Gleichwertigkeitsgebot, sodass Sachen gleicher Zweckbestimmung, Art und Güte wiederhergestellt oder wiederbeschafft werden müssen (RIS-Justiz RS0117982). Ihr Zweck ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstünde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte (RIS-Justiz RS0120711 [T2 und T4]). Die strenge Wiederherstellungsklausel stellt eine Risikobegrenzung dar (RIS-Justiz RS0081840) und bedeutet, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhängt (RIS-Justiz RS0120710). Ist die Wiederbeschaffung einmal ausreichend sichergestellt, wird der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Bezahlung des Neuwerts fällig. Dieser fällig gewordene Anspruch besteht auch dann, wenn sich später herausstellen sollte, dass trotz Sicherstellung in der Folge die Wiederbeschaffung unterbleibt (RIS-Justiz RS0121821).

109 3/2023 Rechtsprechung

1.2. Wann die Verwendung gesichert ist, hat das Gericht nach Treu und Glauben zu entscheiden (RIS-Justiz RS0081868 [T2]) und hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (RIS-Justiz RS0119959). Grundsätzlich kann eine 100%ige Sicherheit nicht verlangt werden, sondern es muss ausreichen, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Durchführung der Wiederherstellung bestehen (RIS-Justiz RS0112327; RS0119959). Der Abschluss eines bindenden Vertrages über die Wiederherstellung ist grundsätzlich ausreichend (7 Ob 167/14f); auch der Kauf von Baumaterialien kann ausreichend sein (7 Ob 65/05t). Die Vorlage von Kostenvoranschlägen, Absichtserklärungen des Versicherungsnehmers, die bloße Planung, eine behelfsmäßige Reparatur oder ein noch nicht angenommenes Angebot sind hingegen für die Sicherung der Wiederherstellung nicht ausreichend (RIS-Justiz RS0112327 [T5]).

1.3. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass trotz des vom Kläger unterfertigten Bauvertrages die Wiederherstellung nicht gesichert ist, bedarf angesichts der vom Erstgericht getroffenen Negativfeststellung zu den tatsächlich beabsichtigten baulichen Maßnahmen keiner Korrektur.

2.1. bis 3.

Teilweise Kaufpreisrückforderung in der Rechtsschutzversicherung von Art 19.2.1

ARB 2016 umfasst

Art 19 ARB 2016

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 165/22y

1. Die teilweise Rückforderung des Kaufpreises für ein Kraftfahrzeug wegen Mangelhaftigkeit des Motors ist ein deliktischer Schadenersatzanspruch im Sinne von Art 19.2.1 ARB 2016.

2. Im Deckungsprozess in der Rechtsschutzversicherung ist kein strenger Maßstab an die Erfolgsaussichten des zu deckenden Prozesses anzulegen; eine entfernte Erfolgsaussicht genügt.

Zwischen der Mutter der Klägerin und der Beklagten besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2016) zugrunde liegen. Die Klägerin ist Mitversicherte; die Mutter hat der Klageführung zugestimmt.

Aus der Begründung des OGH:

Da die Beklagte in ihrer Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. ...

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin konkret vorgebracht, dass sie Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung eines deliktischen Anspruchs auf Ersatz des Minderwerts (30 % des Kaufpreises) gegen die Herstellerin ihres Fahrzeugs begehrt, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgeliefert worden sei (vgl ON 6, S 6 f).

2.1.

2.2. Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob 91/22s mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass der hier behauptete deliktische Anspruch von Art 19.2.1 ARB 2008 umfasst ist. Dies gilt auch für die in diesem Fall anwendbaren ARB 2016 (vgl auch 7Ob 129/22d [zu den ARB 2009]; 7 Ob 130/22a [zu den ARB 2005]), ergibt sich doch auch bei der hier verwendeten Formulierung eindeutig, dass es sich bei Art 19.3.1.1 ARB 2016 um einen Deckungsabgrenzungsausschluss und nicht um einen Deckungs-

ausschluss handelt („Zur Abgrenzung von anderen RechtsschutzBausteinen ...“). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch dem Rechtsschutz-Baustein des Art 19.2.1 ARB 2016 untersteht, entspricht daher der Rechtsprechung des OGH.

3.1. In der Rechtsschutzversicherung ist bei Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0081929). Eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs genügt (RIS-Justiz RS0117144). Eine Vorwegnahme des Ergebnisses des zu deckenden Prozesses im Deckungsprozess durch Klärung der dort gegenständlichen – bisher noch nicht gelösten –Rechtsfragen zur Beurteilung der Erfolgsaussichten kommt ebenso wenig in Betracht wie die Vorwegnahme der Klärung der Tatfragen (7 Ob 65/22t mwN).

3.2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass das von der Klägerin zum Haftpflichtanspruch erstattete Vorbringen nicht unschlüssig sei und der Ausgang des Haftpflichtprozesses von nicht im Deckungsprozess zu klärenden Tatfragen sowie – zumindest auch – von der Beantwortung bisher nicht gelöster Rechtsfragen abhängt (zB Vorteilsausgleich), ist nicht korrekturbedürftig (vgl 7 Ob 65/22t; 7 Ob 130/22a). Die von der Revision zitierte Entscheidung 1 Ob 198/20d spricht für die Rechtsansicht der Vorinstanzen, begründet der OGH doch dort die Zurückweisung der Revision mit dem Hinweis auf die vom Erstgericht getroffene (Negativ-)Feststellung, wonach nicht festgestellt werden konnte, ob die Klägerin das Fahrzeug in Kenntnis der Manipulation überhaupt oder allenfalls um einen geringeren Preis erworben hätte (so auch 7 Ob 61/22d; 7 Ob 129/22d). Die Entscheidung 9 Ob 53/20i ist schon deshalb nicht einschlägig, weil die Klägerin weder Leasingnehmerin ist noch war.

4. bis 6.

Hinweis:

Zu einem sehr ähnlich gelagerten Sachverhalt erging auch die Entscheidung des OGH vom 23. 11. 2022, 7 Ob 191/22x. Auch hier wurde der Anspruch nach Art 19.2.1 ARB 2008 bejaht.

Rechtsschutzversicherung: Kein Verstoß gegen das Überraschungsverbot des §182a ZPO, wenn dem Kläger bereits von der Gegenseite die Schwächen seiner Argumentation aufgezeigt wurden

§ 182a ZPO; Art 17 und Art 19 ARB 2007

OGH 9. 11. 2022, 7 Ob 149/22w

1. Eine teilweise Rückforderung des Kaufpreises für ein Kraftfahrzeug ist grundsätzlich von Art 19.2.1 ARB 2007 gedeckt.

2. Wenn aber der Kläger im erstinstanzlichen wie auch im Berufungsverfahren seinen Anspruch lediglich auf Art 17 ARB 2007 stützt, obwohl er von der Beklagten auf die Mangelhaftigkeit dieses Vorbringens hingewiesen wurde, ist dem Berufungsgericht kein Verstoß gegen das Überraschungsverbot des § 182a ZPO vorzuwerfen, wenn es den Anspruch lediglich nach Art 17 ARB 2007 prüft.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2007) zugrunde liegen.

Rechtsprechung 3/2023 110

Aus der Begründung des OGH:

Da der Kläger in seiner Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. ...

1. Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage liegt zum dafür relevanten Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den OGH (RIS-Justiz RS0112769 [T9 und T11]) nicht mehr vor. Der Revisionswerber kommt im Übrigen auch nicht mehr auf sie zurück (RIS-Justiz RS0102059).

1.1.

1.2. Der OGH hat in der Entscheidung 7 Ob 91/22s mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass der hier behauptete deliktische Anspruch gegen die Herstellerin eines Kraftfahrzeugs von Art 19.2.1 ARB 2008 umfasst ist. Dies gilt auch für die in diesem Fall anwendbaren (gleichlautenden) ARB 2007 (vgl auch 7 Ob 129/22d [zu den ARB 2009]). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht dem Rechtsschutz-Baustein des Art 17.2.4 ARB 2007 untersteht, entspricht daher der Rechtsprechung des OGH.

2. Der Revisionswerber zeigt auch keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens auf.

2.1. Für das Vorliegen eines Versicherungsfalles trifft nach der allgemeinen Risikoumschreibung den Versicherungsnehmer die Beweislast (RIS-Justiz RS0043438). Der Versicherungsnehmer, der eine Versicherungsleistung behauptet, muss daher die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalles beweisen (RIS-Justiz RS0080003). Als Voraussetzung für das Bestehen des Versicherungsschutzes sind daher die in den „Besonderen Bestimmungen“ (Art 17 bis Art 29 ARB 2007) genannten Leistungsarten vom Versicherungsnehmer nachvollziehbar auszuführen. Behauptet der Versicherungsnehmer die Notwendigkeit der Interessenwahrnehmung im Rahmen einer bestimmten von ihm versicherten Leistungsart, dann muss er schlüssig darlegen, dass der von ihm verfolgte oder abzuwehrende Anspruch aus einem Rechtsverhältnis herrührt, das in den Schutzbereich seines Versicherungsvertrages fällt (7 Ob 91/22s mwN).

2.2. Diesen Anforderungen hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren in Bezug auf den Sc hadenersatz-Rechtsschutz in Art19.2.1 ARB 2007 nicht entsprochen. Er hat nicht dargelegt, dass dieser Rechtsschutz-Baustein von seinem Versicherungsvertrag umfasst ist, vielmehr dessen Anwendbarkeit für die begehrte Deckungspflicht ausdrücklich verneint. Damit verstößt er in seiner Revision gegen das Neuerungsverbot.

2.3. Nach § 182a ZPO hat das (Berufungs-)Gericht das Sachund Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (RIS-Justiz RS0037300 [T46]). Es darf daher die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie nicht aufmerksam gemacht wurden (RISJustiz RS0037300). Nach der herrschenden Rechtsprechung bedarf es aber keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu beurteilen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Verpflichtung nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen der Prozessgegner aufzeigte (RIS-Justiz RS0122365).

2.4. Darauf, dass der Kläger in seiner Klage gar nicht ausgeführt hat, auf welche Rechtsschutz-Bausteine er sich stützen möchte, hat die Beklagte bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen. Wenn der Kläger daraufhin Art 17 ARB 2007 heranzieht, gar kein Vorbringen dazu erstattet, ob Art 19 ARB 2007 überhaupt in den Schutzbereich seines Versicherungsvertrages fällt, ist dem Berufungsgericht keine Überraschungsentscheidung vorzuwerfen, wenn es die begehrte Deckungspflicht lediglich unter dem Gesichtspunkt des Art 17 ARB 2007 prüft.

2.5. In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des §182a ZPO hat der Rechtsmittelwerber überdies darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RISJustiz RS0120056 [T12]). Entsprechende Behauptungen ist der Kläger in seiner Revision schuldig geblieben, sodass er auch die Wesentlichkeit des von ihm geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dargetan hat.

3. und 4.

VfGH: Beschränkung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs bei Rücktritten von Lebensversicherungen auf den Rückkaufswert stellt qualifizierten Verstoß gegen

Unionsrecht dar

Art 137 B-VG; §§ 5c und 176 VersVG; Art 15 der Richtlinie 90/619/ EWG; Art 31 der Richtlinie 92/96/EWG; Art 185 und 186 der Richtlinie 2009/138/EG

VfGH 26. 9. 2022, A 27/2021

1. Grundsätzlich besteht ein Staatshaftungsanspruch gegen den Bund wegen eines qualifizierten Verstoßes gegen Unionsrecht durch die Beschränkung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs bei Rücktritten von Lebensversicherungsverträgen aufgrund mangelhafter oder unterlassener Aufklärung über das Rücktrittsrecht.

2. Die Zuständigkeit des VfGH nach Art 137 B-VG ist gegeben, da keine Möglichkeit einer unionsrechtskonformen Auslegung durch die ordentlichen Gerichte gegeben ist und keine Verletzung des Unionsrechts durch die Vollziehung vorliegt.

3. Der Anspruch besteht nur für Versicherungsnehmer, die tatsächlich von ihren Lebensversicherungsverträgen zurückgetreten sind.

Mit ihrer am 31. 12. 2021 beim VfGH eingelangten und auf Art 137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund begehrt die klagende Partei die Fällung des folgenden Urteiles:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger 1.630.002,44 € samt 4% Zinsen ab Klagseinbringung sowie die Prozesskosten gemäß § 19a RAO zu Handen der Klagevertreterin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei dem Kläger für sämtliche zukünftigen, derzeit nicht bekannten Schäden aus dem legislativen Unrecht –nämlich der mangelhaften Umsetzung aller oder auch nur einer der in der Klage genannten Richtlinien und der damit verbundenen Verletzung der gemeinschaftlichen Grundrechte – haftet.“

Aus den Entscheidungsgründen des VfGH:

I. und II. ...

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art 137 B-VG erkennt der VfGH über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde

111 3/2023 Rechtsprechung

oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

1.2. Die klagende Partei macht vermögensrechtliche Ansprüche von Versicherungsnehmern gegen den Bund geltend, die diese im Wege der Inkassozession an die klagende Partei abgetreten haben. ...

1.3. Der VfGH ist für die Wahrnehmung von legislativem Unrecht nur dann zuständig, wenn der Akt, der die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen ist (vgl zB VfSlg 18.824/2009, unter Hinweis auf VfSlg 16.107/ 2001; 17.002/2003).

1.3.1. In diesem Sinn hat der VfGH ausgesprochen (vgl unter anderem VfSlg 18.600/2008), dass „es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch für eine gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung [bleibt], wenn der behauptete Schaden an ein verwaltungsbehördliches oder gerichtliches Handeln [anknüpft]“. Eine auf Gemeinschafts- bzw Unionsrecht gestützte Staatshaftungsklage unterliegt der Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte auch dann, wenn die schadenskausale Handlung der Vollziehung durch ein gemeinschafts- bzw unionsrechtswidriges Gesetz (zwingend) vorherbestimmt ist (VfSlg 16.107/2001; 17.611/2005; 18.020/2006;18.600/2008).

1.3.2.

1.4. Aus der Rechtsprechung des VfGH ergibt sich, dass eine Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte (nur) dann gegeben ist, wenn der behauptete Verstoß gegen Unionsrecht der Ebene der Vollziehung zuzurechnen ist. Diesfalls besteht – bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – ein Amtshaftungsanspruch, wenn der geltend gemachte Schaden insbesondere im Wege der unmittelbaren Anwendbarkeit unionsrechtlicher Bestimmungen oder einer unionsrechtskonformen Auslegung des Gesetzes zu vermeiden gewesen wäre. Konnte der behauptete Verstoß gegen Unionsrecht auf Ebene der Vollziehung hingegen nicht vermieden werden, ist der Verstoß unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen und bleibt es bei der Zuständigkeit des VfGH nach Art137 B-VG (vgl VfSlg 18.824/2009).

1.5. ...

1.6. Die beklagte Partei weist mit diesem Vorbringen zutreffend darauf hin, dass es für die Frage, ob der VfGH zur Entscheidung über die vorliegende Staatshaftungsklage berufen ist, darauf ankommt, ob die Rechtslage – sollte sich die Beschränkung der Rückabwicklung von Lebensversicherungsverträgen auf den Rückkaufswert in bestimmten Konstellationen als unionsrechtswidrig herausstellen – durch die ordentlichen Gerichte in einem allfälligen Verfahren gegen den Versicherer unionsrechtskonform ausgelegt werden kann.

1.7. Nach Auffassung des VfGH käme eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 176 Abs 1, 1a und 5 VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51 – träfe die von der klagenden Partei behauptete Unionsrechtswidrigkeit der Beschränkung der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung auf den Rückkaufswert zu –jedenfalls nicht in Betracht:

Angesichts des klaren Wortlautes des § 176 VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51 und des Willens des Gesetzgebers verbietet es sich nach allgemeinen Auslegungsregeln, die Bestimmung unter Berufung auf eine richtlinienkonforme Auslegung (contra legem) unangewendet zu lassen (so auch Potacs, Rechtswirkungen eines „Spätrücktrittes“ contra legem? VR 9/2021, 27 [32 f]).

1.8. Für die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Klage bedeutet dies, dass eine Zurechnung des von der klagenden Partei behaupteten Verstoßes gegen Unionsr echt zur Vollziehung (der ordentlichen Gerichtsbarkeit) ausscheidet:

1.9.

1.10. Da somit weder die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde noch die der ordentlichen Gerichte gegeben ist und auch ansonsten nichts hervorgekommen ist, was an der Zulässigkeit zweifeln ließe, ist die vorliegende auf Art 137 B-VG gestützte Klage zulässig.

2. In der Sache

2.1. Die klagende Partei hat ihre Klage, soweit damit Schäden von Versicherungsnehmern (Zedenten), die von ihren Lebensversicherungsverträgen nach dem 31. 12. 2018 bis zum 31. 7. 2022 zurückgetreten sind, geltend gemacht werden, dem Grunde nach zu Recht erhoben.

2.1.1. bis 2.1.3.

2.1.4. Der österreichische Gesetzgeber hat die Folgen eines solchen Vertragsrücktritts vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 2018/51 in § 176 Abs 1 VersVG in dem Sinne geregelt, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Falle eines Rücktritts, einer Kündigung oder einer Anfechtung des Versicherungsvertrages den Rückkaufswert zu erstatten habe. Diese Regelung wurde im Schrifttum als unionsrechtswidrig beurteilt (vgl M. Berger/ Maderbacher, Zum Rücktritt von Lebensversicherungsverträgen, ÖJZ 2018, 391 [397 f]), weil die Gewährung (bloß) des Rückkaufswerts einer Vertragsauflösung ex nunc entspreche und die wirtschaftlichen Folgen des Rücktritts damit vom Versicherungsnehmer zu tragen seien. Dies könne ihn im Sinne der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Endress davon abhalten, sein Rücktrittsrecht auch effektiv wahrzunehmen.

2.1.5. bis 2.1.6.

2.1.7. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Regelung der Rechtsfolgen eines (Spät-)Rücktritts vom Lebensversicherungsvertrag in § 176 VersVG in der Fassung BGBl I 2018/ 51 den unionsrechtlichen Vorgaben entsprach.

2.1.8. und 2.1.9.

2.1.10. Der VfGH ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 176 Abs 1a und 5 VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51 in qualifizierter Weise gegen Unionsrecht und die Vorgaben des EuGH verstoßen hat.

2.1.10.1. und 2.1.10.2.

2.1.10.3. Die Rechtslage in der Fassung BGBl I 2018/51 hat aber auch bei einem Vertragsrücktritt ab dem zweiten bis zum fünften Jahr nach Vertragsabschluss gegen die unionsrechtlichen Vorgaben verstoßen:

Auch hier ordnete der Gesetzgeber im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH an, dass dem Versicherungsnehmer der Rückkaufswert zu erstatten ist. Im Gegensatz zum Rückkaufswert nach § 176 Abs 1 VersVG wurde dieser zwar für den Versicherungsnehmer günstiger berechnet, weil der Versicherer die tariflichen Abschlusskosten und den Abzug gemäß § 176 Abs4 VersVG nicht berücksichtigen durfte (§ 176 Abs 1a VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51). Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Versicherungsnehmer durch die genannte Regelung das wirtschaftliche Risiko des Vertragsrücktritts zu tragen hatte. Dementsprechend konnten Versicherungsnehmer von der Ausübung ihres Rücktrittsrechts abgehalten wer-

Rechtsprechung 3/2023 112

den, nämlich in jenen Fällen, in denen der Ersatz (bloß) des Rückkaufswerts nach § 176 Abs 1a VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51 wirtschaftlich nicht attraktiv war. Damit war aber entgegen der Rechtsprechung des EuGH eine Rechtslage geschaffen, welche die Wirksamkeit des unionsrechtlichen Rücktrittsrechts beeinträchtigte (vgl M. Berger/Maderbacher, ÖJZ 2018, 397 f.).

2.1.11. bis 2.1.11.2.

2.1.12. Die beklagte Partei bringt darüber hinaus vor, dass die Versicherungsnehmer (Zedenten) teilweise nicht von ihren Lebensversicherungsverträgen zurückgetreten seien, ein Staatshaftungsanspruch aber erst geltend gemacht werden könne, wenn es zu einem Vertragsrücktritt gekommen sei. Sollten die Versicherungsnehmer tatsächlich ihren Rücktritt erklärt haben, sei nach dem Zeitpunkt desselben zu differenzieren.

2.1.12.1. Sei der Rücktritt vor dem 1. 1. 2019 erklärt worden, sei § 176 Abs 1a VersVG in der Fassung BGBl I 2018/51 nicht anzuwenden. Die frühere Rechtslage sei, wie der OGH festgestellt habe, einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich, weswegen von keinem Schaden auszugehen sei. Sei der Rücktritt ab dem 1. 1. 2019 erklärt, der Versicherungsvertrag aber bis zum 31.12. 2018 geschlossen worden, hätte der Versicherungsnehmer grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, den Rücktritt nach Kundmachung, aber noch vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 2018/51 zu erklären. ...

2.1.12.2. Der beklagten Partei ist darin beizupflichten, dass ein Staatshaftungsanspruch nur hinsichtlich jener Versicherungsnehmer in Betracht kam, die ihren Rücktritt vom Versicherungsvertrag nach dem 31. 12. 2018 erklärt haben, weil nur hinsichtlich dieser Versicherungsnehmer der durch die als unionsrechtswidrig erkannte Bestimmung verursachte Schaden als Folge eines Vertragsrücktritts beziffert werden konnte. Der Anspruch der klagenden Partei bestand daher – vor der VersVG-Novelle 2022 [BGBl I 2022/70] – nur insoweit zu Recht, als die Versicherungsnehmer (Zedenten) nach dem 31. 12. 2018 bis zum 31. 7. 2022 von ihren Lebensversicherungsverträgen zurückgetreten sind.

2.2. Die klagende Partei hat nach dem Inkrafttreten der VersVGNovelle 2022 ihr Klagebegehren auf Kosten eingeschränkt. Kostenersatzansprüche sind bei Klagen gemäß Art 137 B-VG vom Erfolgsprinzip beherrscht; sie hängen demnach vom Prozessausgang ab (vgl zB VfGH 25. 2. 2020, A 27/2019, mwN).

Die klagende Partei hat ihre Klage – wie oben dargestellt – nur insoweit zu Recht erhoben, als die Versicherungsnehmer (Zedenten) nach dem 31. 12. 2018 bis zum 31. 7. 2022 von ihren Lebensversicherungsverträgen zurückgetreten sind. Die Summe der geltend gemachten Ansprüche, auf die diese Voraussetzung nach den vorgelegten Beilagen zutrifft, beträgt 94.921,17€. Alle anderen Zedenten sind entweder von ihren Lebensversicherungsverträgen gar nicht oder bereits vor dem 1. 1. 2019 zurückgetreten oder haben den behaupteten Schaden nicht näher beziffert. Die von ihnen geltend gemachte Schadenssumme beträgt somit 1.535.081,27 €. Die klagende Partei ist sohin nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Anspruchs als obsiegend, im Übrigen aber als unterliegend anzusehen, sodass ihr keine Kosten zuzusprechen sind (vgl §§ 35 und 41 VfGG iVm § 43 Abs 2 ZPO; VfSlg 16.858/2003; 16.949/2003; VfGH 25. 2. 2020, A27/2019).

IV. Ergebnis

1. Das auf Ersatz der Prozesskosten eingeschränkte Klagebegehren ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Einbruchsdiebstahlversicherung: Grobe

Fahrlässigkeit bei von einem Fachbetrieb vorgenommener Schlossreparatur

§ 61 VersVG

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 179/22g

Aufgrund der Reparatur durch den beigezogenen Fachbetrieb konnte die Klägerin darauf vertrauen, dass die Schaufenstertür auch ohne Anbringung von Vorhangschlössern an den Schubriegeln ordnungsgemäß sperrt.

Aus der Begründung des OGH:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

1. ...

2.1. Im Versicherungsvertragsrecht ist grobe Fahrlässigkeit dann gegeben, wenn schon einfachste naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen (RIS-Justiz RS0030331; RS0080371); es muss die Schadenswahrscheinlichkeit offenkundig so groß sein, dass es ohne Weiteres nahelag, zur Vermeidung des Versicherungsfalles ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen (RIS-Justiz RS0030318). Bei der Beurteilung müssen die Umstände des einzelnen Falles und die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Bei Zumutbarkeit von Maßnahmen ist auf jenen Personenkreis abzustellen, dem der Versicherungsnehmer angehört (RIS-Justiz RS0080387).

2.2. Ob eine Fehlhandlung wegen ihres besonderen Gewichts oder einzelne für sich genommen nicht grob fahrlässige Handlungen in ihrer Gesamtheit und Häufigkeit die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigen, ist bei Vertretbarkeit der von den Umständen des Einzelfalles abhängigen Beurteilung grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0044262 [T46, T48 und T50]). Die Revision ist nur dann zulässig, wenn der Sachverhalt auch bei weitester Auslegung den von der Judikatur für die Annahme oder die Verneinung grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspricht (RIS-Justiz RS0087606 [T22]). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

2.3. Die Klägerin veranlasste anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokals die Durchführung der notwendigen Reparaturen am Schloss der Schaufenstertür über einen Fachbetrieb. Die von der Hausverwaltung der Vermieterin beigezogene Schlosserei montierte nach Reparatur des Türschlosses zusätzlich vier Sperrbzw Schubriegel. Dieses Fachunternehmen unterließ es, Vorhangschlösser für die von ihm montierten Riegel beizustellen. Ein eindeutiger Hinweis, Vorhangschlösser zu montieren, wurde der Klägerin nicht erteilt. Die Hausverwaltung teilte ihr mit, sie sei von der Schlosserei informiert worden, „dass die Türe wieder funktioniert und sperrbar ist“. Die Schaufenstertür war nach den Arbeiten des Schlossers wieder mittels Zylinderschlosses versperrbar und zum Zeitpunkt des Einbruchs auch versperrt. Die Sperrriegel-Eintauchtiefe konnte nicht festgestellt werden.

Das Berufungsgericht maß dem schriftlichen Hinweis der Schlosserei, dass vier Schubriegel montiert und „sperrbar gerichtet“ wurden, nur die Aussagekraft zu, dass damit bloß die Feinjustierung der Riegel gemeint gewesen sei. Von der Schlosserei wäre zu erwarten gewesen, dass sie im Bedarfsfall die Vorhangschlösser selbst zur Verfügung stellt oder die Klägerin darauf aufmerksam macht, dass diese sie beizustellen habe. Zwar seien Gefahren eines Öffnens der Riegel von außen keineswegs völlig fern, nach erfolg-

113 3/2023 Rechtsprechung

ter Beiziehung eines Fachbetriebs aber nicht so nahe gelegen, dass von einer gleichgültigen Haltung der Klägerin und ihrer Mitarbeiter oder von einer Außerachtlassung von für jedermann einsichtigen Sicherungsmaßnahmen auszugehen wäre. Die Klägerin habe aus eigenem Antrieb entsprechende Maßnahmen durch Fachleute veranlasst. In der Gesamtschau ihres Verhaltens sowie des Ablaufs und der Umstände der Reparatur sei von leichter Fahrlässigkeit auszugehen. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.

Wenn die Revisionswerberin nach den durchgeführten Reparaturarbeiten der Schlosserei von einer „nicht funktionsfähigen bzw nicht sperrbaren Schaufenstereingangstüre“ spricht und von einer „zu geringen Eintauchtiefe des Türschlossriegels“ ausgeht, entfernt sie sich von den getroffenen Feststellungen. Ihre Behauptung, die Klägerin hätte die Sperrbarkeit der Schaufenstertür nach deren Sanierung (durchgehend) überprüfen müssen, belegt kein grob fahrlässiges Verhalten. Aufgrund der Reparatur durch den beigezogenen Fachbetrieb konnte die Klägerin darauf vertrauen, dass die Schaufenstertür auch ohne Anbringung von Vorhangschlössern an den Schubriegeln ordnungsgemäß sperrt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach das Unterlassen weiterer Kontrollen nicht auf eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin hinweist, liegt im Rahmen des Ermessensspielraums und ist nicht zu beanstanden.

3. ...

Sachversicherung: Gleichartigkeitsund Gleichwertigkeitsgebot strenger Wiederherstellungsklauseln

Abschnitt III Z 13 SBS14

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 162/22g

1. Die strenge Wiederherstellungsklausel impliziert ein Gleichartigkeits- und ein Gleichwertigkeitsgebot, sodass Sachen gleicher Zweckbestimmung, Art und Güte wiederhergestellt oder wiederbeschafft werden müssen. Die Wiederherstellungsklausel enthält aber kein Modernisierungsverbot, die neu angeschafften Sachen müssen aber von gleicher Gesamtgröße, vergleichbarer Zweckbestimmung sowie Art und Güte sein. Eine Wiederherstellung im Sinne der genannten Klausel liegt daher etwa vor, wenn ein dem zerstörten Gebäude nach Lage, Gesamtgröße und Zweck vergleichbares neues Gebäude errichtet wird, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, dass sich die beiden Gebäude in allen Einzelheiten gleichen. Unter diesem Aspekt hat die stets von den Umständen des Einzelfalles abhängige Beurteilung, ob ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an gleicher Stelle errichtet wurde, nach strengen Kriterien zu erfolgen.

2. Angesichts gravierender Unterschiede (bezüglich Art, Gesamtgröße und Errichtungskosten zwischen Schlepplift und Luftseilbahn) vermag an der Beurteilung (mangelnder Gleichartig- und Gleichwertigkeit) auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Zweckbestimmung (Beförderung von Wintersportlern) und die Lifttrasse durch die Neuerrichtung der Seilbahn nicht geändert haben.

Die Klägerin betreibt ein Gletscherskigebiet. Dort wurden zwei Schlepplifte derart massiv beschädigt, dass sie nicht weiter betrieben werden konnten. Die Klägerin anstelle der beiden Schlepplifte eine FuniforBahn (Luftseilbahn mit zwei Seilen und einer großen Kabine).

Die dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen lauteten auszugsweise:

Allgemeine Bedingungen für die Sachversicherung, Fassung 2014 (ABS14):

„Artikel 10 – Zahlung der Entschädigung

...

Für die Zahlung der Entschädigung sind außerdem die in den Versicherungsbedingungen der betreffenden Sachversicherungssparte oder in sonstigen vertraglichen Vereinbarungen getroffenen speziellen Regelungen zu beachten (zB Wiederherstellungsklauseln in Neuwertversicherungen).“

Allgemeine Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung von Seilbahnen, Fassung 2014 (SEC 2014):

„Artikel 12 – Zahlung der Entschädigung; Wiederherstellung, Wiederbeschaffung;

1. Der Versicherungsnehmer hat vorerst nur Anspruch:

1.1. Bei Gebäuden

1.1.1. bei Zerstörung auf Ersatz des Zeitwerts, höchstens jedoch des Verkehrswerts;

1.1.2. bei Beschädigung auf Ersatz des Zeitwertschadens, höchstens jedoch des Verkehrswertschadens.

1.2. Bei Gebrauchsgegenständen und Betriebseinrichtungen

1.2.1. bei Zerstörung oder Abhandenkommen auf Ersatz des Zeitwerts;

1.2.2. bei Beschädigung auf Ersatz des Zeitwertschadens.

2. Den Anspruch auf den die Zahlung gemäß Punkt 1. übersteigenden Teil der Entschädigung erwirbt der Versicherungsnehmer erst dann und nur insoweit, als folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

2.1. Es ist gesichert, dass die Entschädigung zur Gänze zur Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung verwendet wird. ...

2.2. Die Wiederherstellung eines Gebäudes erfolgt an der bisherigen Stelle. Ist die Wiederherstellung an dieser Stelle behördlich verboten, so genügt die Wiederherstellung an anderer Stelle innerhalb Österreichs.

2.3. Die wiederhergestellten bzw wiederbeschafften Sachen dienen dem gleichen Betriebs- bzw Verwendungszweck.

2.4. Die Wiederherstellung bzw Wiederbeschaffung erfolgt innerhalb von drei Jahren ab dem Eintritt des Schadenereignisses.

Sonderbedingungen zur ... Seilbahnversicherung, Fassung 2014 (SBS14):

„Abschnitt III: Besondere Vereinbarungen in den Sachversicherungssparten und in der Betriebsunterbrechungsversicherung

13. Wiederherstellung und Wiederbeschaffung

13.1. Die Wiederherstellungsfrist gemäß den zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen gilt als gewahrt, wenn innerhalb dieser Frist bindende Wiederherstellungs- bzw Wiederbeschaffungsaufträge erteilt werden, um

13.1.1 Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen; ist dies an der bisherigen Stelle aufgrund behördlicher Auflagen nicht möglich, so genügt es, wenn das Gebäude an anderer Stelle Österreichs wiederhergestellt wird;

Aus der Begründung des OGH:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

1.1. Art 12 SEC14 und Abschnitt III Z 13 SBS14 enthalten unstrittig eine sogenannte „strenge Wiederherstellungsklausel“. Ihr Zweck ist die Begrenzung des subjektiven Risikos, das entstünde, wenn der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme für frei bestimmbare Zwecke verwenden könnte (RIS-Justiz RS0120711 [T2 und T4]). Die strenge Wiederherstellungsklausel stellt eine Risikobegrenzung dar (RIS-Justiz RS0081840) und bedeutet, dass zunächst im Versicherungsfall nur ein Anspruch auf den Zeitwert entsteht und der Restanspruch auf den Neuwert von der Wiederherstellung oder deren (fristgerechter) Sicherung abhängt (RISJustiz RS0120710). Ist die Wiederbeschaffung einmal ausreichend sichergestellt, wird der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Bezahlung des Neuwerts fällig. Dieser fällig gewordene Anspruch besteht auch dann, wenn sich später herausstellen sollte, dass trotz

Rechtsprechung 3/2023 114
...“
...“

Sicherstellung in der Folge die Wiederbeschaffung unterbleibt (RIS-Justiz RS0121821).

1.2. Die strenge Wiederherstellungsklausel impliziert ein Gleichartigkeits- und ein Gleichwertigkeitsgebot, sodass Sachen gleicher Zweckbestimmung, Art und Güte wiederhergestellt oder wiederbeschafft werden müssen (RIS-Justiz RS0117982). Die Wiederherstellungsklausel enthält aber kein Modernisierungsverbot, die neu angeschafften Sachen müssen aber von gleicher Gesamtgröße, vergleichbarer Zweckbestimmung sowie Art und Güte sein (7 Ob 153/06k mwN). Eine Wiederherstellung im Sinne der genannten Klausel liegt daher etwa vor, wenn ein dem zerstörten Gebäude nach Lage, Gesamtgröße und Zweck vergleichbares neues Gebäude errichtet wird, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, dass sich die beiden Gebäude in allen Einzelheiten gleichen (7 Ob 67/06p mwN). Unter diesem Aspekt hat die stets von den Umständen des Einzelfalles abhängige Beurteilung, ob ein Gebäude gleicher Art und Zweckbestimmung an gleicher Stelle errichtet wurde, nach strengen Kriterien zu erfolgen (RIS-Justiz RS0120711; RS0081840 [T7]).

1.3. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die anstelle der beiden Schlepplifte errichtete Luftseilbahn mit zwei Seilen und einer großen Kabine (Funifor-Bahn) dem Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebot nicht entspricht, bedarf keine Korrektur, zumal die neue Bahn in ihrer Art und Gesamtgröße (zB FuniforStationen anstelle von Holzhütten) sowie unter Berücksichtigung der Errichtungskosten (maximal 3 Mio € für die Schlepplifte im Vergleich zu 13,5 Mio € für die Funifohr-Bahn) weit über eine (bloße) Modernisierung der Schleppliftanlagen hinausgeht. Angesichts dieser gravierenden Unterschiede vermag an dieser Beurteilung auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Zweckbestimmung (Beförderung von Wintersportlern) und die Lifttrasse durch die Neuerrichtung der Seilbahn nicht geändert haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch die zum Verlust von Schmuckstücken ergangene Rechtsprechung (etwa 7 Ob 169/03h) mangels vergleichbarem Individualstückcharakter nicht einschlägig, wie dies schon das Berufungsgericht dargelegt hat.

1.4. Der geltend gemachte Ersatz von Mehrkosten aufgrund behördlicher Auflagen scheitert schon daran, dass diese an die Neuwertentschädigung geknüpft sind (vgl Abschnitt IV Z 5.8.2 SBS14).

2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass für die von der Klägerin selbst durchgeführten Aufräumarbeiten nicht die von ihr geltend gemachten Kosten für (fiktive) Fremdleistungen anzusetzen seien, sondern ein in Anwendung des § 273 ZPO reduzierter Betrag, ist nicht korrekturbedürftig, zumal die Klägerin ansonsten bereichert wäre (zum allgemeinen versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot vgl etwa 7 Ob 214/20a) und keine konkreten Anhaltspunkte für das Ausmaß Reduktion vorlagen. Soweit die Klägerin in der Revision geltend macht, sie hätte ohnehin nur einen reduzierten „Mischstundensatz“ begehrt, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot.

3.

Kaskoversicherung: Grobe Fahrlässigkeit bei Abstellen des Kraftfahrzeugs auf abschüssiger Fläche

§ 61 VersVG

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 142/22s

Im vorliegenden Fall ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es liege kein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers

vor, nicht korrekturbedürftig, weil beim hier bestehenden geringen Gefälle schon das ordnungsgemäße Einlegen des ersten Gangs ohne zusätzliche Aktivierung der elektronischen Parkbremse ein Wegrollen verhindert hätte und für den Kläger nichts darauf hindeutete, dass er den ersten Gang nicht ordnungsgemäß eingelegt hatte.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht ein Kaskoversicherungsvertrag. Der Kläger stellte sein Fahrzeug auf einem Abstellplatz ab und verließ es, ohne den ersten Gang ordnungsgemäß einzulegen und ohne die Parkbremse zu aktivieren. Als er das Fahrzeug verließ, war keine Bewegung erkennbar. Er ließ das Fahrzeug für einen Zeitraum von ein paar Minuten unbeaufsichtigt. Währenddessen löste sich der erste Gang und das Fahrzeug rollte in den Teich. Beim hier bestehenden Gefälle von 3 bis 6 % hätten sowohl die elektronische Parkbremse als auch das ordnungsgemäße Einlegen der ersten Getriebestufe für sich allein ein Wegrollen des Fahrzeugs verhindert.

Das Berufungsgericht verneinte im Gegensatz zum Erstgericht das Vorliegen grober Fahrlässigkeit und gab der Klage statt. Der OGH wies die vom beklagten Versicherungsunternehmen erhobene ordentliche Revision zurück.

Aus der Begründung des OGH:

1.

Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs1 ZPO (RIS-Justiz RS0118891). Wenn das Berufungsgericht aus den erstgerichtlichen Feststellungen andere tatsächliche (und nicht nur andere rechtliche) Schlüsse zieht als das Erstgericht, ist eine Beweiswiederholung oder Beweisergänzung in der Berufungsverhandlung nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0118191). Die Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts aus den Urteilsfeststellungen des Erstgerichts sind unbedenklich.

2.1. Im Allgemeinen ist grobe Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn eine außergewöhnliche und auffallende Vernachlässigung einer Sorgfaltspflicht (Pflicht zur Unfallverhütung) vorliegt und der Eintritt des Schadens als wahrscheinlich und nicht bloß als möglich voraussehbar ist (RIS-Justiz RS0030644). Das entscheidende Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades ist nicht die Zahl der übertretenen Vorschriften, sondern die Schwere der Sorgfaltsverstöße und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (RIS-Justiz RS0085332). Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß bei Würdigung aller Umstände des konkreten Falles auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist (RIS-Justiz RS0030272). In diesem Sinn ist für das Versicherungsvertragsrecht anerkannt, dass grobe Fahrlässigkeit dann gegeben ist, wenn schon einfachste naheliegende Überlegungen nicht angestellt und Maßnahmen nicht ergriffen werden, die jedermann einleuchten müssen (RIS-Justiz RS0030331 [T6]; RS0080371 [T1]). Eine Reihe jeweils für sich allein nicht grob fahrlässiger Fehlhandlungen kann in ihrer Gesamtheit grobe Fahrlässigkeit begründen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie in ihrer Gesamtheit als den Regelfall weit übersteigende Sorglosigkeit anzusehen sind (RIS-Justiz RS0030372). Gemäß § 23 Abs 5 StVO ist der Lenker eines Kraftfahrzeugs verpflichtet, dieses vor dem Verlassen so zu sichern, dass es nicht abrollen kann. Welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um das Abrollen eines Fahrzeugs zu verhindern, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (RIS-Justiz RS0075129). Selbst ein Verstoß gegen Schutzgesetze wie etwa die StVO bedeutet als solcher nicht schon grobe Fahrlässigkeit, sondern der ohne Zweifel objektiv besonders schwere Verstoß muss auch subjektiv schwerstens vorwerfbar sein (RIS-Justiz RS0111723).

2.2. Im vorliegenden Fall ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es liege kein grob fahrlässiges Verhalten des Klägers vor,

115 3/2023 Rechtsprechung

nicht korrekturbedürftig, weil beim hier bestehenden geringen Gefälle schon das ordnungsgemäße Einlegen des ersten Gangs ohne zusätzliche Aktivierung der elektronischen Parkbremse ein Wegrollen verhindert hätte und für den Kläger nichts darauf hindeutete, dass er den ersten Gang nicht ordnungsgemäß eingelegt hatte. Mangels Erkennbarkeit dieses Umstands kann vom Kläger aber auch nicht eine Kontrolle durch nochmaliges Einlegen des Gangs verlangt werden. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der OGH in seiner bisherigen Rechtsprechung auch nicht stets grobe Fahrlässigkeit angenommen, wenn ein Kfz-Lenker nicht sowohl die Handbremse angezogen als auch einen Gang eingelegt hatte (vgl etwa 7 Ob 58/77, ZVR 1978/282; 9 ObA 154/16m).

3.

Sturmversicherung:

Überschwemmungsbegriff; Schäden durch Witterungsniederschläge

BB HW/5/1

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 180/22d

Die BB HW/5/1 verlangen für den Versicherungsfall „Überschwemmung des versicherten Grundstücks“ eine „Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsorts“. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine – in den Bedingungen nicht näher definierte –Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsorts dann anzunehmen, wenn sich dort erhebliche Wassermengen ansammeln. Der Begriff „Überschwemmung“ bzw „Überflutung“ impliziert darüber hinaus, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts ansammelt, was immer nur anhand des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden kann.

Zwischen den Parteien bestand eine Eigenheimversicherung für das Wohnhaus der Kläger. Dem Versicherungsvertrag lagen die Besonderen Bedingungen der Beklagten für Eigenheim-Topschutz-PLUS (EH TOP PLUS 2020 G/Stufe 4) zugrunde (BB EH), die auszugsweise wie folgt lauten:

„3. Sturmversicherung:

3.1. Schäden an Gebäuden oder Gebäudebestandteilen durch Überschwemmung, Vermurung und Lawinen und die bei diesen Schadensereignissen anfallenden Kosten (Punkte 1.12. und 1.13.) sind mit einer Versicherungssumme von 5.000 € auf erstes Risiko versichert.

Überschwemmung ist die Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsorts

– durch Witterungsniederschläge, – durch Kanalrückstau als ausschließliche Folge von Witterungsniederschlägen, – durch Ausuferung von oberirdischen stehenden oder fließenden Gewässern. ...

Überschwemmung ist die Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsorts

– durch Witterungsniederschläge,

– durch Ausuferung von oberirdischen stehenden oder fließenden Gewässern.

Die Leistung für Schäden durch Kanalrückstau als ausschließliche Folge von Witterungsniederschlägen ist innerhalb der vereinbarten Gesamtversicherungssumme in jedem Fall mit 5.000 € begrenzt.“

Es ereignete sich ein starker Hagelfall, der dazu führte, dass sich auf der Liegenschaft der Kläger am unteren Stiegenantrittsbereich eines nicht überdachten Kelleraußenabgangs, direkt vor der Außenzugangstür in den Keller, Hagelkörner anhäuften. Dadurch wurde der im Antrittsbereich befindliche Entwässerungsgully verlegt, sodass das Niederschlagswasser nicht mehr ausreichend abfließen konnte und sich mit dem abschmelzenden Hagelwasser anstaute. Das drückende Wasser gelangte über die geschlossene Türe in das Gebäudeinnere und beschädigte Böden und Wände im Keller des Wohnhauses.

Die Kläger haben von der Beklagten aufgrund dieses Ereignisses eine Entschädigung in Höhe von 5.000 € erhalten.

Die Kläger begehren Zahlung von 15.000 € sA. Es habe sich die versicherte Gefahr einer Überschwemmung realisiert. Ein Kanalrückstau im Sinne der Bedingungen habe nicht vorgelegen, weshalb den Klägern eine Versicherungsleistung von 15.000 € zustehe. Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Es liege keine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen vor.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

1. bis 3.2.

3.3.1. Die BB HW/5/1 verlangen für den Versicherungsfall „Überschwemmung des versicherten Grundstücks“ eine „Überflutung des Grundes und Bodens des Versicherungsorts“. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine – in den Bedingungen nicht näher definierte – Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsorts dann anzunehmen, wenn sich dort erhebliche Wassermengen ansammeln (vgl BGH, VersR 2005, 828 [mwN in der deutschen Lehre]; von Rintelen in Martin/Reusch/ Schimikowski/Wandt, Sachversicherung4, § 8 Rz54). Der Begriff „Überschwemmung“ bzw „Überflutung“ impliziert darüber hinaus, dass sich Wasser auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsortes ansammelt (ähnlich Günther in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG2, 230. Elementarschadenversicherung Rz 39; Gierschek in Dietz/Fischer/ Gierschek, Wohngebäudeversicherung3, § 4 A Rz 62; von Rintelen in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung4, § 8 Rz60), was immer nur anhand des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden kann (Hoenicke in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess4, § 4 Rz 121; Hoenicke in Wälder/Hoenicke/Krahe, Sachund Betriebsunterbrechungsversicherung – Versicherte Gefahren, Kap F.II. Rz 18).

3.4.

liegenden Gebäudebestandteilen durch Witterungsniederschläge (Niederschlagswasser, Schnee oder Hagel) sind mit einer Versicherungssumme von 5.000 € auf erstes Risiko versichert, wenn die Witterungsniederschläge durch die Dachhaut oder durch ordnungsgemäß verschlossene Fenster oder Außentüren eingedrungen sind.

Darüber hinaus lagen dem Vertrag die Besonderen Bedingungen HW/5/1 (BB HW/5/1) zugrunde, die auszugsweise lauten: „Abweichend von den vereinbarten Allgemeinen und Besonderen Bedingungen ist folgende Erweiterung des Versicherungsschutzes vereinbart: Schäden an Gebäuden oder Gebäudebestandteilen durch Überschwemmung und die bei diesen Schadensereignissen anfallenden Kosten sind mit einer zusätzlichen Versicherungssumme von 15.000 € auf erstes Risiko versichert.

3.3.2. Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass sich erhebliche Wassermengen auf einem nicht unerheblichen Teil von Grund und Boden des Versicherungsorts angesammelt haben, hat sich das Wasser doch nur auf dem wenige Quadratmeter großen Antrittsbereich einer außenliegenden Kellertreppe angestaut. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend erkannt, dass schon die primäre Risikobegrenzung der „Überschwemmung“ nicht gegeben ist. Damit muss weder die Frage, ob es sich bei der Außentreppe samt Antrittsbereich um „Grund und Boden des Versicherungsorts“ im Sinne der Versicherungsbedingungen handelt noch die weitere Frage, ob ein „Kanalrückstau“ auch dann vorliegt, wenn Hagelkörner einen Entwässerungsgully verlegen, sodass das Niederschlagswasser nicht mehr ausreichend abfließen kann und sich deshalb ansammelt, beantwortet werden.

Rechtsprechung 3/2023 116
...“
Schäden an innen

3.3.3. Da die Kläger im vorliegenden Fall eine 5.000 € übersteigende Entschädigung unstrittig nur bei Vorliegen einer „Überschwemmung“ im Sinne der BB HW/5/1 beanspruchen können, hat das Berufungsgericht das Klagebegehren zutreffend abgewiesen.

4. und 5. ...

Verbandsklage: Elemente gröblich benachteiligender unzulässiger Dauerrabattabreden

§ 879 Abs 3 ABGB; R10 – Laufzeitvorteil

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 154/22f

Eine Dauerrabattklausel ist zunächst nur unter der Voraussetzung zulässig, dass der Rückforderungsanspruch des Versicherers an eine vorzeitige Auflösung des Vertrages durch den Versicherungsnehmer geknüpft ist. Außerdem ist eine Rückforderung nicht zulässig, wenn der Versicherungsnehmer einen wichtigen Grund für die Vertragsauflösung hat.

Der Kläger ist ein klageberechtigter Verein im Sinne des § 29 Abs 1 KSchG. Die Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen und verwendet sie in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern, die sie den von ihr mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen zugrunde legt, folgende Klausel (der vom Kläger beanstandete Teil der Klausel ist unterstrichen):

„R10 – Laufzeitvorteil

Im Hinblick auf die erstmals oder neuerlich vereinbarte Vertragslaufzeit entstehen kalkulatorische Kostenvorteile, welche in der vereinbarten Prämie bereits berücksichtigt sind.

Bei vorzeitiger Vertragsauflösung innerhalb von neun Jahren ab Vertragsbeginn oder -verlängerung entfällt die Grundlage für diese Prämienberechnung. Der Versicherungsnehmer ist daher zur Zahlung einer Nachschussprämie gemäß nachstehender Berechnung verpflichtet: Vor Vollendung eines Jahres ab Vertragsbeginn oder -verlängerung beträgt die Nachschussprämie 90 % einer Jahresprämie. Nach Vollendung eines Jahres ab Vertragsbeginn oder -verlängerung beträgt die Nachschussprämie 80 % einer Jahresprämie. Mit Vollendung jeden weiteren Jahres verringert sich dieser Prozentsatz jeweils um 10 %, sodass die Nachschussprämie nach Vollendung des zweiten Jahres 70 % und nach Vollendung des dritten Jahres 60 % einer Jahresprämie beträgt usw. Als Berechnungsgrundlage wird immer die zum Auflösungszeitpunkt nach Maßgabe des Vertrages aktuelle Jahresprämie herangezogen.

Bei Kündigung durch den Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalles wird keine Nachschussprämie verrechnet.“

Der Kläger begehrt von der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klausel oder einer sinngleichen Klausel zu unterlassen sowie es zu unterlassen, sich auf die genannte oder sinngleiche Klausel zu berufen. Die Klausel sei gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dazu führe, dass der Versicherungsnehmer – im Falle einer Vertragsbeendigung in den ersten beiden Jahren – mehr nachzahlen müsse, als er für diesen Zeitraum an Vorteil erhalten habe. Dadurch, dass die Klausel auch bloße Vertragsverlängerungen erfasse, benachteilige sie die Konsumenten gröblich, weil sich in diesen Fällen die kalkulatorischen Kosten des Erstabschlusses längst amortisiert hätten. Zudem enthalte die Klausel keine Einschränkung, dass die Nachschussprämie nicht zu zahlen sei, wenn der Vertrag aus einem vom Versicherer gesetzten wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst werde. Die Klausel sei zudem intransparent, weil es dem Versicherer mangels einer Festlegung freistehe, die Höhe des Laufzeitvorteils zu bestimmen; der Vorteil könne bei kundenfeindlichster Auslegung auch unter 20 % der Jahresprämie liegen. Intransparenz liege auch vor, weil bei der Nachforderungsberechnung auf die zum Auflösungszeitpunkt aktuelle Jahresprämie abgestellt werde, die der Höhe nach noch ungewiss sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Laufzeitvorteilsklausel, die nicht eine Dauerrabattrückforderung vorschreibe, sondern eine Prämiennachschussverpflichtung, sehe einen Auf-

schlag für nicht amortisierte einkalkulierte Kostenvorteile vor, der nur und erst im Falle einer vorzeitigen Vertragsauflösung als Nachschussprämie zu bezahlen sei. Dem Versicherungsnehmer seien die vereinbarte Prämie und der Prozentsatz für die Berechnung der Nachschussprämie bekannt, sodass die Klausel verständlich und transparent sei. Bei einer Vertragsverlängerung handle es sich um eine neue Vereinbarung mit neuer Laufzeit, bei der neuerlich Kosten anfallen würden, sodass auch eine entsprechende Nachverrechnung zulässig sei. Die Klausel enthalte auch eine Einschränkung der Nachschussprämienverrechnung, nehme sie doch die Kündigung des Vertrages nach Eintritt des Versicherungsfalles aus. Daraus folge, dass die Verrechnung der Nachschussprämie bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgeschlossen sei.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Die Rechtsfolge, die mit dieser Klausel für den Versicherungsnehmer verbunden sei, unterscheide sich nicht von den in der Judikatur bereits behandelten „Dauerrabattklauseln“. Die Klausel entspreche zwar auf den ersten Blick dem strengen Degressionsgebot, allerdings führe sie im Falle von Vertragsverlängerungen – bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Prozentsatz der Nachschussprämie immer wieder bei 90 % der aktuellen Jahresprämie beginne, auch dann, wenn kein Neuvertrag im Sinne einer Novation vorliege. Darüber hinaus sehe die Klausel keine Einschränkung der Nachschussprämienpflicht für den Fall vor, dass der Versicherungsnehmer den Vertrag aus einem vom Versicherer gesetzten wichtigen Grund vorzeitig auflöse. Die Klausel sei daher gröblich benachteiligend im Sinne von § 879 Abs 3 ABGB. Der ordentlichen Revision der Beklagten gab der OGH nicht Folge.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

1.1. und 1.2. ...

1.3. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die vorliegende Klausel („Laufzeitvorteil“ mit „Nachschussprämie“) mit den in der Judikatur behandelten, üblicherweise als „Dauerrabattklauseln“ bezeichneten Vertragsbestandteilen (vgl RIS-Justiz RS0126072) vergleichbar: Der Versicherungsnehmer ist hier bei vorzeitiger Vertragsauflösung innerhalb von neun Jahren ab Vertragsbeginn oder -verlängerung zur Zahlung einer Nachschussprämie verpflichtet und verliert dadurch in der Prämie enthaltene Kostenvorteile. Wie die Dauerrabattklauseln verpflichtet somit auch diese Klausel den Versicherungsnehmer zum Ersatz von (monetären) Vorteilen, die ihm wegen einer vorgesehenen längeren Laufzeit des Vertrages (hier: 10 Jahre) gewährt wurden. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend erkannt, dass die zu den Dauerrabattklauseln ergangene Judikatur auf die vorliegende Klausel übertragbar ist.

1.4. Eine Dauerrabattklausel ist zunächst nur unter der Voraussetzung zulässig, dass der Rückforderungsanspruch des Versicherers an eine vorzeitige Auflösung des Vertrages durch den Versicherungsnehmer geknüpft ist. Außerdem ist eine Rückforderung nicht zulässig, wenn der Versicherungsnehmer einen wichtigen Grund für die Vertragsauflösung hat (Perner, Privatversicherungsrecht, Rz 5.39; Riedler in Fenyves/Perner/Riedler, VersVG, §8 Rz 45 f; vgl auch 7 Ob 156/20x, Rn 90 f [Klausel 9]). Gleiches muss auch für eine „Laufzeitvorteilsklausel“ gelten, gibt es doch keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass bei Kündigung durch den Versicherer oder Vertragsauflösung wegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigen Grundes der Versicherungsnehmer dennoch zur Nachzahlung verpflichtet wäre. Genau dies sieht die Klausel aber bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung vor: Es wird nämlich nur der Fall von der Nachschussprämienzahlungspflicht des Versicherungsnehmers ausgenommen, dass der Versicherer den Vertrag nach Eintritt des Versicherungsfalles kündigt. Hingegen wird etwa die Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer bei Vorliegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigen Grundes nicht

117 3/2023 Rechtsprechung

von der Verrechnung der Nachschussprämie ausgenommen, weshalb die Klausel schon aus diesem Grund gröblich benachteiligend nach §879 Abs 3 ABGB ist. Die weiteren Argumente der Revision bedürfen daher im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung.

2. bis 4. ...

Verbandsklagebefugnis und DSGVO: Voraussetzungen und Reichweite; Informationsklauseln und AGB-Begriff

Art 80 Abs 2 DSGVO; § 28 Abs 1 KSchG

OGH 23. 11. 2022, 7 Ob 112/22d

1. Art 80 Abs 2 DSGVO ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.

2. Datenschutzerklärungen unterliegen nur dann der Klauselkontrolle, wenn sie als Vertragsbestimmungen anzusehen sind, das heißt, Vertragserklärungscharakter (Rechtsfolgewille) haben, und nicht als bloße Hinweise rein der Informationserteilung im Sinne der Art 13 und 14 DSGVO dienen.

3. Die Klausel „In all diesen Fällen gehen wir grundsätzlich von Ihrer Berechtigung zur Bekanntgabe dieser Daten aus. Wir verwenden Ihre Daten und die Daten solcher Dritter, die von Ihnen genannt werden, in unserem berechtigten Interesse als Verantwortliche Ihrer Datenverarbeitung und in jenem Ausmaß, als dies zur ordnungsgemäßen Begründung und Abwicklung unseres Versicherungsverhältnisses mit Ihnen notwendig ist.“ ist intransparent im Sinne von § 6 Abs 3 KSchG.

4. Zur Klausel „Manche dieser Dienstleister befinden sich außerhalb des Gebiets der EU. In allen Fällen der Inanspruchnahme von Dienstleistern tragen wir jedoch stets dafür Sorge, dass das europäische Datenschutzniveau und die europäischen Datensicherheitsstandards gewahrt bleiben. Auch kann es im Rahmen unserer Geschäftsfallbearbeitungen erforderlich sein, dass wir innerhalb unseres Versicherungsunternehmens oder innerhalb unserer Versicherungsgruppe Ihre Daten transferieren oder gemeinschaftlich verarbeiten. Auch in diesen Fällen bleiben die europäischen Datensicherheitsstandards stets gewahrt.“: Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte Datenübermittlung informiert wird, sondern dass er ihr –durch Akzeptieren der allgemeinen Geschäftsbedingungen –auch zustimmt. Nach der Rechtsprechung ist die Umschreibung der empfangenden Gesellschaften als „Konzerngesellschaften“ nicht ausreichend präzise. Gleiches gilt, wenn – wie hier – die empfangenden Gesellschaften als „Versicherungsgruppe“ umschrieben werden. Überhaupt ist eine Klausel, die eine Datenweitergabe vorsieht, nur zulässig, wenn der Betroffene weiß, wer welche Daten zu welchem Zweck erhält, was hier völlig offenbleibt.

5. Zur Klausel „Auch lassen wir durch solche Programme in Teilbereichen unsere Leistungspflicht im Schadensfall automatisiert bestimmen. Die in diesen Programmen verwendeten Prüfparameter bemessen sich an versicherungsmathematischen Erfahrungssätzen und sichern insofern einen objektiven Beurteilungsmaßstab.“: Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte automatisierte Datenverarbeitung informiert wird, sondern dass er ihr – durch Zur-Kenntnis-Nehmen des Datenschutzhinweises – auch zustimmt, sodass der durchschnittliche Verbraucher den Eindruck gewinnt, es werde damit der Inhalt des Vertragsverhältnisses bestimmt. Worauf sich die Zustimmung des Verbrauchers konkret bezieht, ist mangels näherer Beschreibung der „Teilbereiche“ sowie der „versicherungsmathematischen Erfahrungssätze“ und der dabei verwendeten Daten unklar. Selbst wenn die Beklagte zum in der Klausel beschriebenen Vorgehen auch ohne Zustimmung der Verbraucher berechtigt wäre, ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, dies auch durch eine unklare Vertragsklausel abzusichern. Die Klausel ist daher unzulässig.

6. Zur Klausel „Darüber hinaus sind wir vielfältigen Aufbewahrungspflichten unterworfen, gemäß denen wir Daten zu Ihrer Person, zu Drittpersonen (etwa Mitversicherten), zu Ihren Leistungsfällen und zu Ihrem Versicherungsverhältnis über die Beendigung des Versicherungsverhältnisses hinaus oder auch nach Abschluss eines Leistungsfalles aufzubewahren haben, wie dies etwa aufgrund der unternehmensrechtlichen Aufbewahrungspflichten der Fall ist. Wir bewahren Ihre Daten zudem so lange auf, wie die Geltendmachung von Rechtsansprüchen aus unserem Versicherungsverhältnis mit Ihnen möglich ist.“: Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte Datenaufbewahrung informiert wird, sondern dass er ihr – durch Zur-Kenntnis-Nehmen des Datenschutzhinweises – auch zustimmt. Aus der Klausel ist zunächst nicht ersichtlich, welche Daten für welche Zwecke und für welche Zeiträume aufbewahrt werden. Darüber hinaus wird die Rechtslage unklar dargestellt, weil der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass er die Einwilligung nach der DSGVO jederzeit widerrufen kann. Die Klausel ist daher unzulässig.

7. Zu den Klauseln „Die Bereitstellung Ihrer personenbezogenen Daten sowie gegebenenfalls von Dritten, die Sie namhaft machen, ist zur Prüfung Ihres Versicherungsrisikos, zur Begründung unseres Versicherungsverhältnisses und zur Erfüllung Ihrer Leistungsansprüche erforderlich.“ und „Sollten Sie uns diese Daten nicht oder nicht im benötigten Umfang bereitstellen, so können wir das von Ihnen gewünschte Versicherungsverhältnis unter Umständen nicht begründen oder Ihren Leistungsfall nicht erfüllen. Bitte beachten Sie, dass dies nicht als vertragliche Nichterfüllung unsererseits gelten würde.“: Die erstangeführte Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die Erforderlichkeit der Datenbereitstellung informiert wird, sondern dass er – durch ZurKenntnis-Nehmen des Datenschutzhinweises – erklärt, sämtliche von ihm bereitgestellten Daten seien für die in der Klausel angeführten Zwecke erforderlich. In der anderen Klausel gilt bei kundenfeindlichster Auslegung als vereinbart, dass dann, wenn der Verbraucher seine personenbezogenen Daten (sowie gegebenenfalls jene von Dritten) nicht – im von der Beklagten verlangten Umfang – bereitstellt, „unter Umstän-

Rechtsprechung 3/2023 118

den“ kein Vertrag zustande kommt oder der Leistungsfall nicht erfüllt wird und dass dies nicht als Nichterfüllung seitens der Beklagten „gilt“. Abgesehen davon, dass aus der erstangeführten Klausel nicht ersichtlich ist, welche konkreten personenbezogenen Daten des Verbrauchers oder eines Dritten (zB Mitversicherten) für die genannten Zwecke (Risikoprüfung, Vertragsbegründung, Leistungsanspruch) „erforderlich“ sind, wird dem Verbraucher überdies suggeriert, dass sämtliche seiner personenbezogenen Daten und jener von Dritten, die er der Beklagten bereitgestellt hat, zur Vertragserfüllung „erforderlich“ sind, ohne dass im Einzelfall die Voraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit b DSGVO vorliegen müssten. Dadurch wird die Rechtslage verschleiert. Wenn auch die Beklagte zur Verarbeitung der für die Abwicklung des Vertrages erforderlichen Daten ohne Zustimmung der Verbraucher berechtigt ist, so ist dennoch kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, dies durch eine Erklärung des Verbrauchers abzusichern. Vielmehr wird dem Verbraucher ein unzutreffendes bzw unklares Bild seiner vertraglichen Position sowie ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermittelt. Aus der zweiten Klausel ergibt sich zunächst nicht, in welchen konkreten Fällen, also etwa bei Nichtbereitstellung welcher personenbezogener Daten, der Vertrag nicht zustande kommt oder der Leistungsfall nicht erfüllt wird („unter Umständen“). Im Falle der Verletzung einer nachvertraglichen Informationsobliegenheit fehlt im Übrigen jeglicher Hinweis auf § 6 Abs 3 VersVG, sodass auch die Rechtslage durch die Klausel verschleiert wird. Darüber hinaus ordnet die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung als Rechtsfolge an, dass die Nichtbereitstellung der – nicht konkretisierten und daher unbestimmten – „benötigten“ personenbezogenen Daten zwar „unter Umständen“ (welchen?) eine Nichterfüllung des Verbrauchers bewirkt, hingegen keinesfalls als vertragliche Nichterfüllung der Beklagten gilt. Damit wird die Rechtslage ohne sachliche Rechtfertigung zum Nachteil des Verbrauchers verändert.

Der klagende Verein ist ein nach § 29 KSchG klagebefugter Verein. Die beklagte Partei ist ein Versicherungsunternehmen. Die Beklagte verwendet gegenüber Verbrauchern ein als „Datenschutzhinweis“ bezeichnetes Dokument. Im Versicherungsantrag muss der Kunde bestätigen, den Datenschutzhinweis zur Kenntnis genommen zu haben.

Der Datenschutzhinweis lautet auszugsweise (die vom Kläger beanstandeten Klauseln sind unterstrichen):

„Datenschutzhinweis

Im Folgenden finden Sie nähere Informationen darüber, wie wir Ihre Daten verarbeiten. Sollten Sie Anliegen oder Fragen zur Verarbeitung Ihrer Daten durch unser Unternehmen haben, ersuchen wir Sie, unseren Datenschutzbeauftragten unter ... zu kontaktieren.

Ihr Versicherungsverhältnis

Umfang der Datenverwendung

Wenn Sie bei uns den Abschluss einer Versicherung beantragen, so geben Sie uns personenbezogene Daten und gegebenenfalls auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowohl von Ihnen wie auch von Ihren Angehörigen, Mitarbeitern oder von sonstigen Dritten bekannt. In all diesen Fällen gehen wir grundsätzlich von Ihrer Berechtigung zur Bekanntgabe dieser Daten aus. Wir verwenden Ihre Daten und die Daten solcher Dritter, die von Ihnen genannt werden, in unserem berechtigten Interesse als Verantwortliche Ihrer Datenverarbeitung und in jenem Ausmaß, als dies zur ordnungsgemäßen Begründung und Abwicklung unseres Versicherungsverhältnisses mit Ihnen notwendig ist. [Klausel 1]

Weitergabe der Daten an Dritte

Der Komplexität heutiger Datenverarbeitungsprozesse ist es geschuldet, dass wir uns mitunter Dienstleistern bedienen und diese mit der Verarbei-

tung Ihrer Daten beauftragen. Manche dieser Dienstleister befinden sich außerhalb des Gebiets der EU. In allen Fällen der Inanspruchnahme von Dienstleistern tragen wir jedoch stets dafür Sorge, dass das europäische Datenschutzniveau und die europäischen Datensicherheitsstandards gewahrt bleiben. Auch kann es im Rahmen unserer Geschäftsfallbearbeitungen erforderlich sein, dass wir innerhalb unseres Versicherungsunternehmens oder innerhalb unserer Versicherungsgruppe Ihre Daten transferieren oder gemeinschaftlich verarbeiten. Auch in diesen Fällen bleiben die europäischen Datensicherheitsstandards stets gewahrt. [Klausel 2]

Automatisierte Datenverarbeitungsprozesse

Um Ihnen eine möglichst effiziente Geschäftsfallbearbeitung zu bieten, verwenden wir zum Teil automatisierte Prüfprogramme, die auf Basis Ihrer Angaben im Versicherungsantrag das Versicherungsrisiko bestimmen und beispielsweise die Höhe Ihrer Versicherungsprämien oder auch Ihre allfälligen Risikoausschlüsse festlegen. Auch lassen wir durch solche Programme in Teilbereichen unsere Leistungspflicht im Schadensfall automatisiert bestimmen. Die in diesen Programmen verwendeten Prüfparameter bemessen sich an versicherungsmathematischen Erfahrungssätzen und sichern insofern einen objektiven Beurteilungsmaßstab. [Klausel 3] Sie können die Vornahme solcher automatisierter Verfahren zu Ihrer Person und zu Ihren Geschäftsfällen ablehnen und stattdessen in allen Fällen die manuelle Bearbeitung Ihrer Angelegenheit durch unsere Unternehmensmitarbeiter verlangen.

Unsere Datenaufbewahrung

Grundsätzlich bewahren wir Ihre Daten für die Dauer unserer Versicherungsbeziehung mit Ihnen auf. Darüber hinaus sind wir vielfältigen Aufbewahrungspflichten unterworfen, gemäß denen wir Daten zu Ihrer Person, zu Drittpersonen (etwa Mitversicherten), zu Ihren Leistungsfällen und zu Ihrem Versicherungsverhältnis über die Beendigung des Versicherungsverhältnisses hinaus oder auch nach Abschluss eines Leistungsfalles aufzubewahren haben, wie dies etwa aufgrund der unternehmensrechtlichen Aufbewahrungsfristen der Fall ist. Wir bewahren Ihre Daten zudem so lange auf, wie die Geltendmachung von Rechtsansprüchen aus unserem Versicherungsverhältnis mit Ihnen möglich ist. [Klausel 4]

Die Erforderlichkeit der Verarbeitung Ihrer Daten

Die Bereitstellung Ihrer personenbezogenen Daten sowie gegebenenfalls von Dritten, die Sie namhaft machen, ist zur Prüfung Ihres Versicherungsrisikos, zur Begründung unseres Versicherungsverhältnisses und zur Erfüllung Ihrer Leistungsansprüche erforderlich. [Klausel 5] Sollten Sie uns diese Daten nicht oder nicht im benötigten Umfang bereitstellen, so können wir das von Ihnen gewünschte Versicherungsverhältnis unter Umständen nicht begründen oder Ihren Leistungsfall nicht erfüllen. Bitte beachten Sie, dass dies nicht als vertragliche Nichterfüllung unsererseits gelten würde. [Klausel 6] ...“

Der Kläger begehrt gestützt auf seine Aktivlegitimation nach §§ 28 und 29 KSchG, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die diese von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern (hier konkret als „Datenschutzhinweis“ betitelt) sechs näher bezeichnete und sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich darauf zu berufen, weil diese nach Ansicht des Klägers gegen die im Einzelnen angeführten Bestimmungen der DSGVO verstoßen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und erwiderte, dem Kläger fehle schon die Aktivlegitimation. Eine Verbandsklagebefugnis für Datenschutzverletzungen nach der DSGVO habe der Gesetzgeber nicht geschaffen. Dem Kläger käme daher nur dann ein Klagerecht zu, wenn die Datenschutzinformation als Vertragsformblatt zu werten sei, was hier nicht zutreffe. Die Klauseln seien im Übrigen ausreichend klar formuliert und stünden mit dem Gesetz und den guten Sitten in Einklang.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne der Abweisung der Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, dass dem Datenschutzhinweis im vorliegenden Fall kein Vertragserklärungscharakter (kein Rechtsfolgewille) zukomme. Es ließ die ordentliche Revision an den OGH zu.

Der OGH gab der ordentlichen Revision des Klägers Folge und stellte die klagsstattgebende Entscheidung des Erstgerichts wieder her:

119 3/2023 Rechtsprechung

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

Zu I.:

1. Der Senat hat aus Anlass der Revision mit Beschluss vom 27. 1. 2021, 7 Ob 175/20s, das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen des OGH vom 25. 11. 2020, 6 Ob 77/20x, Rs C-701/20, Avis Autovermietung Gesellschaft mbH/Verein für Konsumenteninformation, unterbrochen.

2. Der OGH hat mit Beschluss vom 18. 5. 2022, 6 Ob 77/20x, das zu Rs C-701/20 anhängige Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen, weil der EuGH die strittige Rechtsfrage in der RsC-319/20, Meta Platforms Ireland Ltd./Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., mit Urteil vom 28. 4. 2022 geklärt hat.

3. Das Revisionsverfahren ist daher fortzusetzen.

Zu II.:

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Aktivlegitimation

1.1. Der OGH richtete (wie schon inhaltlich gleichlautend vorher der deutsche BGH) zu AZ 6 Ob 77/20x folgendes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH:

„Stehen die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art 80 Abs 1 und 2 sowie Art 84 Abs 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl L 119 vom 4. 5. 2016, S 1 (im Folgenden: DSGVO), nationalen Regelungen entgegen, die – neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen – einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die DSGVO unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken oder des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzugehen?“

1.2. In dem vom deutschen BGH angestrengten Vorabentscheidungsersuchen entschied der EuGH mit Urteil vom 28. 4. 2022, Rs C-319/20, und sprach aus:

„Art 80 Abs 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten ohne entsprechenden Auftrag und unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte betroffener Personen Klage mit der Begründung erheben kann, dass gegen das Verbot der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, ein Verbraucherschutzgesetz oder das Verbot der Verwendung unwirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen worden sei, nicht entgegensteht, sofern die betreffende Datenverarbeitung die Rechte identifizierter oder identifizierbarer natürlicher Personen aus dieser Verordnung beeinträchtigen kann.“

1.3. Damit ist geklärt, dass das Unionsrecht in Gestalt der DSGVO der Klagebefugnis des klagenden Vereins nicht entgegensteht (6 Ob 106/22i).

2. Allgemeines

2.1. Gemäß § 28 Abs 1 KSchG kann auf Unterlassung geklagt werden, wer im geschäftlichen Verkehr in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hierbei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt. Der Unterlassungsanspruch ist nicht allein auf die Kontrolle und Durchsetzung der Verbote des § 6 KSchG und des § 879 ABGB beschränkt, sondern umfasst auch die Verletzung weiterer zivilrechtlicher wie auch öffentlichrechtlicher Vorschriften (RIS-Justiz RS0110990 [T4]). Darunter fällt auch der Verstoß gegen Bestimmungen des jeweils anwendbaren Datenschutzrechts (RIS-Justiz RS0110990 [T6]).

2.2. Nach der Rechtsprechung sind unter allgemeinen Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt und die seinen Inhalt determinieren (8 Ob 125/21x, Rn 20 mwN). Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat (RIS-Justiz RS0123499 [T7]). Eine Formulierung ist grundsätzlich unbedenklich, wenn sie keine Willenserklärung des Verbrauchers enthält, sondern bloß dessen Aufklärung dient (RISJustiz RS0131601 [insbesondere T3]). Wenn allerdings solche Informationsklauseln – bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl RIS-Justiz RS0016590) – über eine bloße Aufklärung des Verbrauchers hinausgehen und den Vertragsinhalt gestalten, können diese Regelungen Gegenstand der Verbandsklage nach §28 Abs 1 KSchG sein (vgl 6 Ob 106/22i mwN; vgl auch RISJustiz RS0131601 [T4]).

Tatsachenbestätigungen, also widerlegbare Erklärungen des Verbrauchers über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Tatsache (vgl RIS-Justiz RS0121955), unterliegen der Klauselkontrolle, wenn sie zu einer unzulässigen Verschiebung der Beweislast oder zumindest im Ergebnis zu dieser Wirkung, also zu einer denkbaren Erschwerung der Beweissituation für den Konsumenten, führen (vgl 1 Ob 57/20v; vgl RIS-Justiz RS0121955 [T6]) oder wenn es sich um völlig unklare Tatsachenbestätigungen zulasten des Verbrauchers handelt, die ihn von der Durchsetzung seiner Rechte abhalten können (vgl 1 Ob 113/17z).

2.3. bis 2.6.

3. Zur Datenschutzerklärung

3.1.1. Nach Leupold/Schrems (in Knyrim, DatKomm, Art 80 DSGVO Rz 49) unterliegen Datenschutzerklärungen nur dann der Klauselkontrolle, wenn sie als Vertragsbestimmungen anzusehen sind, das heißt, Vertragserklärungscharakter (Rechtsfolgewille) haben und nicht als bloße Hinweise rein der Informationserteilung im Sinne der Art 13 und 14 DSGVO dienen (vgl auch Wendehorst/von Westphalen, Das Verhältnis zwischen Datenschutz-Grundverordnung und AGB-Recht, NJW 2016, 3745 [3748]; Werkmeister in Gola, DS-GVO2, Art 12 Rz 12 f [insbesondere FN 6]).

3.1.2. Beim Datenschutzhinweis der Beklagten handelt es sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts um kein bloßes Informationsdokument ohne Rechtsfolgewillen: Der Umstand, dass der Datenschutzhinweis nicht Teil der allgemeinen Versi-

Rechtsprechung 3/2023 120

cherungsbedingungen, sondern ein eigenes Formblatt ist, spricht entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegen dessen Vertragserklärungscharakter, vielmehr kommt es auf die Vertragsgestaltung an. Hier muss der Verbraucher dem Datenschutzhinweis zwar nicht „zustimmen“, allerdings muss er im Versicherungsantrag bestätigen, den Datenschutzhinweis „zur Kenntnis“ genommen zu haben. Dies macht aber keinen relevanten Unterschied, weil die Zur-Kenntnis-Nahme auch die Zustimmung zu dessen Inhalt implizieren kann (vgl 4 Ob 221/06p, Punkt 2.28.).

3.1.3. Der Datenschutzhinweis unterliegt daher insgesamt der Klauselkontrolle.

Zu den einzelnen Klauseln:

3.2. Klausel 1:

„In all diesen Fällen gehen wir grundsätzlich von Ihrer Berechtigung zur Bekanntgabe dieser Daten aus. Wir verwenden Ihre Daten und die Daten solcher Dritter, die von Ihnen genannt werden, in unserem berechtigten Interesse als Verantwortliche Ihrer Datenverarbeitung und in jenem Ausmaß, als dies zur ordnungsgemäßen Begründung und Abwicklung unseres Versicherungsverhältnisses mit Ihnen notwendig ist.“

3.2.1. Das Erstgericht erachtete die Klausel als intransparent, weil sie völlig unbestimmt sei und dem Konsumenten überhaupt keine Information gebe, in welchem Umfang die Beklagte Daten zu verwenden berechtigt sein solle.

Das Berufungsgericht sah darin keine Tatsachenbestätigung des Verbrauchers, sondern eine Wissenserklärung der Beklagten, die ohne Zustimmung des Verbrauchers eine Beweislastverschiebung zu dessen Lasten schon grundsätzlich nicht bewirken könne.

Die Revision argumentiert, durch den ersten Satz werde suggeriert, dass eine Einwilligung für jegliche Form der Datenverarbeitung notwendig sei. Dies führe zu einer unzulässigen Beweislastverschiebung, weil die Beklagte die Bestimmungen der DSGVO nicht nur einhalten müsse, sondern auch die Beweislast für deren Einhaltung treffe. Außerdem werde die notwendige Transparenz nicht eingehalten, weil für den Betroffenen die Rechtsgrundlage der Verarbeitung nicht ersichtlich sei. Weiters differenziere die Klausel nicht zwischen „normalen“ personenbezogenen Daten und besonderer Kategorien personenbezogener Daten. Die in der Klausel angedeuteten Rechtmäßigkeitsgründe würden auch nicht die Anforderungen des Art 9 Abs 2 DSGVO erfüllen. Die Klausel sei auch intransparent im Sinne des § 6 Abs3 KSchG, weil sie eine Berechtigung für die Beklagte enthalte, die Daten des Konsumenten sowie die Daten Dritter in einem völlig unbestimmten Ausmaß zu verwenden.

Die Revisionsbeantwortung bringt vor, eine Beweislastverschiebung sei aufgrund des datenschutzrechtlichen Accountability-Prinzips nicht möglich, weil die Beklagte ohnehin stets die Berechtigung ihrer Datenverarbeitung nachweisen müsse.

3.2.2. Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist der erste Satz der Klausel so zu verstehen, dass der Versicherungsnehmer erklärt, zur Bekanntgabe seiner Daten sowie der Daten von Dritten an die Beklagte berechtigt zu sein. Damit ist aber im Streitfall eine Erschwerung der Beweissituation für einen Konsumenten zumindest denkbar (vgl RIS-Justiz RS0121955 [T6]). Wenn die Beklagte behauptet, sie könne sich in einem möglichen Streitverfahren gegen den Verbraucher nicht darauf berufen, dass er seine Berechtigung bestätigt hätte, so fragt sich, welchen Zweck die Beklagte dann mit einer derartigen Klausel verfolgt und warum sie an dieser Klausel festhält.

Mit dem zweiten Satz der Klausel stimmt der Verbraucher bei kundenfeindlichster Interpretation der Verwendung der

Daten in der dort beschriebenen Form zu. Dabei willigt er in die Verwendung seiner Daten und auch jener von Dritten in „jenem Ausmaß, als dies zur ordnungsgemäßen Begründung und Abwicklung unseres Versicherungsverhältnisses mit Ihnen notwendig ist“, ein, was offenlässt, welche Daten die Beklagte in welchem Umfang zu verwenden berechtigt wird (vgl RIS-Justiz RS0115216; 6 Ob 140/18h, Punkt 4.1.2.), sodass die Klausel schon aus diesem Grund intransparent im Sinne von § 6 Abs 3 KSchG ist. Selbst wenn die Beklagte zur Datenverarbeitung auch ohne Zustimmung der Kunden berechtigt ist (vgl Art 6 Abs 1 lit b und f DSGVO), ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, durch eine unklare Vertragsklausel einen weiteren Rechtfertigu ngsgrund (Einwilligung gemäß Art 6 Abs 1 lit a DSGVO) zu schaffen (vgl 2 Ob 155/16g, Punkt 4.9.; zur Frage der Zuläss igkeit des Heranziehens mehrerer Rechtfertigungsgründe siehe Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm, Art 6 DSGVO Rz 15; Jahnel, DSGVO, Art 6 Rz 7 ff; Schulz in Gola, DS-GVO 2, Art 6 Rz 18; Frenzel in Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG2, Art 6 DS-GVO Rz 3 und 8). Die Klausel ist daher unzulässig.

3.3. Klausel 2:

„Manche dieser Dienstleister befinden sich außerhalb des Gebiets der EU. In allen Fällen der Inanspruchnahme von Dienstleistern tragen wir jedoch stets dafür Sorge, dass das europäische Datenschutzniveau und die europäischen Datensicherheitsstandards gewahrt bleiben. Auch kann es im Rahmen unserer Geschäftsfallbearbeitungen erforderlich sein, dass wir innerhalb unseres Versicherungsunternehmens oder innerhalb unserer Versicherungsgruppe Ihre Daten transferieren oder gemeinschaftlich verarbeiten. Auch in diesen Fällen bleiben die europäischen Datensicherheitsstandards stets gewahrt.“

3.3.1. Das Erstgericht beurteilte die Klausel als intransparent, weil der Konsument nicht aufgeklärt werde, in welchen Fällen seine Daten in welche Drittländer übermittelt werden und welche Datenschutzbestimmungen dort anzuwenden seien.

Das Berufungsgericht führte aus, dass der Kläger einen möglichen vertragsregelnden Charakter der Klausel nicht aufzeige, sondern nur das Fehlen der von Art 13 Abs 1 f DSGVO verlangten Informationen und deren Intransparenz beanstande.

Die Revision argumentiert, die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot, weil sie den Betroffenen im Unklaren lasse, ob es für die betreffenden Drittländer einen Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission und/oder geeignete Garantien gebe. Es liege auch eine gröbliche Benachteiligung im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB vor, weil Daten an Drittländer ohne jegliche gesetzlich vorgeschriebene Gewährung des Schutzniveaus weitergegeben werden könnten. Darüber hinaus sei die Klausel intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG, weil der Konsument nicht darüber aufgeklärt werde, in welchen Fällen seine Daten an Drittländer übermittelt werden, um welche Drittländer es sich dabei handle und welche Datenschutzbestimmungen dort anzuwenden seien.

Die Revisionsbeantwortung argumentiert, der Kläger verwechsle die Informationspflichten des Art 13 DSGVO mit der Auskunftspflicht gemäß Art 15 DSGVO. Während Art 13 DSGVO eine allgemeine Information über die grundsätzlichen Datenverarbeitungen eines Verantwortlichen verlange, sei unter Art 15 DSGVO auf Anfrage einer Person Auskunft über die konkrete Verarbeitung ihrer Daten zu erteilen. Eine vorab erteilte Auskunft über die konkrete Datenweitergabe sei undurchführbar, weil im Vorhinein nicht bekannt sei, welche konkrete Datenweitergabe erforderlich sein werde.

121 3/2023 Rechtsprechung

3.3.2. Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte Datenübermittlung informiert wird, sondern dass er ihr – durch Akzeptieren der allgemeinen Geschäftsbedingungen – auch zustimmt (vgl 2 Ob 155/16g, Punkt 4.6.). Nach der Rechtsprechung ist die Umschreibung der empfangenden Gesellschaften als „Konzerngesellschaften“ nicht ausreichend präzise (4 Ob 63/21z, Rn 129; vgl auch RIS-Justiz RS0115217). Gleiches gilt, wenn – wie hier – die empfangenden Gesellschaften als „Versicherungsgruppe“ umschrieben werden. Überhaupt ist eine Klausel, die eine Datenweitergabe vorsieht, nur zulässig, wenn der Betroffene weiß, wer welche Daten zu welchem Zweck erhält (RIS-Justiz RS0115216; 6Ob 140/18h, Punkt 4.1.2.), was hier völlig offenbleibt. Da alle drei Sätze der Klausel in einem inneren Zusammenhang stehen, ist sie insgesamt unzulässig.

3.4. Klausel 3:

„Auch lassen wir durch solche Programme in Teilbereichen unsere Leistungspflicht im Schadensfall automatisiert bestimmen. Die in diesen Programmen verwendeten Prüfparameter bemessen sich an versicherungsmathematischen Erfahrungssätzen und sichern insofern einen objektiven Beurteilungsmaßstab.“

3.4.1. Das Erstgericht beurteilte diese Klausel als intransparent, weil die Teilbereiche, in denen die Beklagte automationsunterstützt arbeiten werde, völlig unbeschrieben bleiben und der Verweis auf versicherungsmathematische Erfahrungssätze nicht klarlege, welche Auswirkungen dies bei der Ermittlung der Leistungspflicht der Beklagten habe.

Das Berufungsgericht führte auch zu dieser Klausel aus, dass der Kläger einen möglichen vertragsregelnden Charakter der Klausel nicht aufzeige, sondern nur das Fehlen der von Art 13 DSGVO verlangten Informationen und deren Intransparenz beanstande.

Die Revision argumentiert, diese Klausel greife unmittelbar in die vertraglichen Rechte und Pflichten des Verbrauchers ein, zumal automatisierte Programme in Teilbereichen die Leistungspflicht im Schadensfall bestimmen und durch das Widerspruchsrecht eine manuelle Bearbeitung beantragt werden könne. Der Begriff „versicherungsmathematische Erfahrungssätze“ sei unbestimmt, weshalb die Klausel intransparent sei. Außerdem räume sich die Beklagte einen Ermessensspielraum ein, der unmittelbar auf ihre Leistungspflicht durchschlage, weshalb die Klausel auch gröblich benachteiligend sei. Da ein Fall des Profilings im Sinne des Art 22 DSGVO vorliege, seien auch die entsprechenden Informationen zu erteilen. Weiters könne durch die Klausel ein Verstoß gegen § 1d Abs 3 VersVG vorliegen, weil sich die Beklagte durch die Klausel ihrer Offenlegungspflicht entledigen könne.

Die Revisionsbeantwortung argumentiert, dass eine allfällige falsche Information nach der DSGVO nur in einem datenschutzbehördlichen Aufsichtsverfahren entschieden werden könnte. Die Verwendung automatisierter Datenverarbeitungsprozesse würde nicht mit dem Versicherungsnehmer vereinbart werden, sondern dieser werde in Entsprechung des Art 13 Abs 2 lit f DSGVO nur darüber informiert, dass die Beklagte solche verwende.

3.4.2. Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte automatisierte Datenverarbeitung informiert wird, sondern dass er ihr – durch ZurKenntnis-Nehmen des Datenschutzhinweises – auch zustimmt, sodass der durchschnittliche Verbraucher den Eindruck gewinnt, es werde damit der Inhalt des Vertragsverhältnisses bestimmt.

Worauf sich die Zustimmung des Verbrauchers konkret bezieht, ist mangels näherer Beschreibung der „Teilbereiche“ sowie der „versicherungsmathematischen Erfahrungssätze“ und der dabei verwendeten Daten unklar. Selbst wenn die Beklagte zum in der Klausel beschriebenen Vorgehen auch ohne Zustimmung der Verbraucher berechtigt wäre, ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, dies auch durch eine unklare Vertragsklausel abzusichern (vgl 2 Ob 155/16g, Punkt 4.9.). Die Klausel ist daher unzulässig.

3.5. Klausel 4:

„Darüber hinaus sind wir vielfältigen Aufbewahrungspflichten unterworfen, gemäß denen wir Daten zu Ihrer Person, zu Drittpersonen (etwa Mitversicherten), zu Ihren Leistungsfällen und zu Ihrem Versicherungsverhältnis über die Beendigung des Versicherungsverhältnisses hinaus oder auch nach Abschluss eines Leistungsfalles aufzubewahren haben, wie dies etwa aufgrund der unternehmensrechtlichen Aufbewahrungspflichten der Fall ist. Wir bewahren Ihre Daten zudem so lange auf, wie die Geltendmachung von Rechtsansprüchen aus unserem Versicherungsverhältnis mit Ihnen möglich ist.“

3.5.1. Das Erstgericht erachtete diese Klausel als intransparent, weil der Kunde nicht aufgeklärt werde, in welchen Fällen seine Daten wie lange aufbewahrt bleiben. Die Bestimmung scheine dies gerade verschleiern zu wollen und räume der Beklagten einen völlig unbestimmten Ermessensspielraum hinsichtlich der Aufbewahrungsdauer ein.

Das Berufungsgericht führte zu dieser Klausel wiederum aus, dass der Kläger einen möglichen vertragsregelnden Charakter nicht aufzeige, sondern nur das Fehlen der von Art 13 DSGVO verlangten Informationen und deren Intransparenz beanstande.

Die Revision argumentiert, die Klausel sei intransparent, weil sie nicht zwischen verschiedenen Datenkategorien unterscheide und nicht darüber aufkläre, in welchen Fällen die Daten wie lange aufbewahrt werden dürften und wann deren Löschung begehrt werden dürfe. Durch die Formulierung der Klausel würden Betroffene daher von der Durchsetzung ihrer Rechte abgehalten.

Die Revisionsbeantwortung wiederholt, dass die Frage, ob die erteilten Informationen den Transparenzanforderungen des Art13 DSGVO entsprechen würden, eine Frage des datenschutzbehördlichen Aufsichtsverfahrens sei. Außerdem verwechsle der Kläger auch hier Art 13 und 15 DSGVO.

3.5.2. Die in Rede stehende Klausel ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die darin genannte Datenaufbewahrung informiert wird, sondern dass er ihr – durch Zur-KenntnisBehmen des Datenschutzhinweises – auch zustimmt (vgl 2 Ob 155/16g, Punkt 4.6.). Aus der Klausel ist zunächst nicht ersichtlich, welche Daten für welche Zwecke und für welche Zeiträume aufbewahrt werden (vgl RIS-Justiz RS0115216). Darüber hinaus wird die Rechtslage unklar dargestellt, weil der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass er die Einwilligung nach der DSGVO jederzeit widerrufen kann. Die Klausel ist daher unzulässig.

3.6. Klauseln 5 und 6:

Klausel 5: „Die Bereitstellung Ihrer personenbezogenen Daten sowie gegebenenfalls von Dritten, die Sie namhaft machen, ist zur Prüfung Ihres Versicherungsrisikos, zur Begründung unseres Versicherungsverhältnisses und zur Erfüllung Ihrer Leistungsansprüche erforderlich.“

Klausel 6: „Sollten Sie uns diese Daten nicht oder nicht im benötigten Umfang bereitstellen, so können wir das von Ihnen gewünschte Versicherungsverhältnis unter Umständen nicht begrün-

Rechtsprechung 3/2023 122

den oder Ihren Leistungsfall nicht erfüllen. Bitte beachten Sie, dass dies nicht als vertragliche Nichterfüllung unsererseits gelten würde.“ 3.6.1. Das Erstgericht beurteilte Klausel 5 als intransparent, weil völlig unklar bleibe, welche konkreten Daten gemeint seien, die zur Begründung des Versicherungsverhältnisses oder zur Erfüllung eines Leistungsanspruchs erforderlich seien. Die Klausel 6 sei intransparent, weil unklar sei, welche Daten der Kunde preisgeben müsse. Die Wortwahl „unter Umständen“ ohne jedwede Beschreibung, welche Umstände das seien, sei geradezu beispielhaft für eine verpönte intransparente Regelung.

Das Berufungsgericht führte zu den Klauseln 5 und 6 aus, dass sich diese auf die in Art 13 Abs 2 lit e DSGVO vorgesehenen Informationen des Verbrauchers beschränken würden. Sie würden weder eine Verschiebung der Beweislast auf den Verbraucher in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung bewirken noch sollen sie die Grundlage dafür bieten, dass sich die Beklagte im Streitfall auf die Unmöglichkeit eines Vertragsabschlusses oder der Vertragserfüllung stützen könne. Es handle sich daher um bloße Informationen.

Die Revision bringt vor, Klausel 5 definiere sämtliche Daten, die der Verbraucher für sich oder einen Dritten bekannt gebe, als solche personenbezogenen Daten, die zur Vertragserfüllung erforderlich seien. Damit werde für alle Daten die Rechtmäßigkeitsgrundlage des Art 6 Abs 1 lit b DSGVO herangezogen, unabhängig davon, ob dieser Tatbestand erfüllt sei. Außerdem verstoße die Klausel gegen das Gebot der Datenminimierung. Da die Beklagte eine Rechenschaftspflicht für die Einhaltung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung treffe, sei in der Klausel 5 auch eine Beweislastverschiebung zu sehen. Außerdem sei die Klausel intransparent, weil unklar bleibe, welche Daten gemeint sein könnten, die zur Begründung des Versicherungsverhältnisses oder zur Erfüllung der Leistungsansprüche erforderlich seien. Die Klausel 6 sehe als Konsequenz der Nichtbekanntgabe der Daten vor, dass das Vertragsverhältnis unter Umständen nicht begründet oder der Leistungsfall nicht erfüllt werde. Damit werde direkt auf den Abschluss und die Erfüllung des Vertrages Einfluss genommen. Es bleibe aber unklar, welche konkreten Umstände gemeint seien. Außerdem sei sie gröblich benachteiligend, weil die Beklagte einen viel zu weiten Ermessensspielraum habe, innerhalb dessen sie leistungsfrei sei.

Die Revisionsbeantwortung führt aus, dass in Klausel 5 ausschließlich über den Zweck der Datenverarbeitung informiert werde. Klausel 6 setze die gemäß Art 13 Abs 2 lit e DSGVO geschuldeten Informationen um. Diese Information sei unter die Kautel „unter Umständen“ gestellt, weil es sich dabei um keine absolute Folge handle.

3.6.2. Klausel 5 ist bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dahin zu verstehen, dass der Verbraucher nicht bloß über die Erforderlichkeit der Datenbereitstellung informiert wird, sondern dass er – durch Zur-Kenntnis-Nehmen des Datenschutzhinweises – erklärt, sämtliche von ihm bereitgestellten Daten seien für die in der Klausel angeführten Zwecke erforderlich. In Klausel 6 gilt bei kundenfeindlichster Auslegung als vereinbart, dass dann, wenn der Verbraucher seine personenbezogenen Daten (sowie gegebenenfalls jene von Dritten) nicht – im von der Beklagten verlangten Umfang – bereitstellt, „unter Umständen“ kein Vertrag zustande kommt oder der Leistungsfall nicht erfüllt wird und dass dies nicht als Nichterfüllung seitens der Beklagten „gilt“.

Abgesehen davon, dass aus der Klausel 5 nicht ersichtlich ist, welche konkreten personenbezogenen Daten des Verbrauchers oder eines Dritten (zB Mitversicherten) für die genannten Zwecke (Risikoprüfung, Vertragsbegründung, Leistungsanspruch)

„erforderlich“ sind, wird dem Verbraucher überdies suggeriert, dass sämtliche seiner personenbezogenen Daten und jene von Dritten, die er der Beklagten bereitgestellt hat, zur Vertragserfüllung „erforderlich“ sind, ohne dass im Einzelfall die Voraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit b DSGVO vorliegen müssten. Dadurch wird die Rechtslage verschleiert. Wenn die Beklagte ausführt, sie sei zur Verarbeitung der für die Abwicklung des Vertrages erforderlichen Daten auch ohne Zustimmung der Verbraucher berechtigt, dann ist dies richtig. Allerdings ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Beklagten erkennbar, dies durch eine Erklärung des Verbrauchers abzusichern. Vielmehr wird dem Verbraucher ein unzutreffendes bzw unklares Bild seiner vertraglichen Position sowie ein unrichtiges Bild der Rechtslage vermittelt.

Aus der Klausel 6 ergibt sich zunächst nicht, in welchen konkreten Fällen, also etwa bei Nichtbereitstellung welcher personenbezogener Daten, der Vertrag nicht zustande kommt oder der Leistungsfall nicht erfüllt wird („unter Umständen“). Im Falle der Verletzung einer nachvertraglichen Informationsobliegenheit fehlt im Übrigen jeglicher Hinweis auf § 6 Abs 3 VersVG, sodass auch die Rechtslage durch die Klausel verschleiert wird (vgl RISJustiz RS0131601 [T2]). Darüber hinaus ordnet die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung als Rechtsfolge an, dass die Nichtbereitstellung der – nicht konkretisierten und daher unbestimmten – „benötigten“ personenbezogenen Daten zwar „unter Umständen“ (welchen?) eine Nichterfüllung des Verbrauchers bewirkt, hingegen keinesfalls als vertragliche Nichterfüllung der Beklagten gilt. Damit wird die Rechtslage ohne sachliche Rechtfertigung zum Nachteil des Verbrauchers verändert.

Die Klauseln sind daher unzulässig. 4. bis 6.

Leitungswasserversicherung: Rohrleitung innerhalb eines „Pufferspeichers“ als Rohrleitung im Sinne der allgemeinen Versicherungsbedingungen oder Teil einer angeschlossenen Einrichtung?

Art 1 und Art 2 AWB 2009; BB EHLWG009

OGH 13. 12. 2022, 7 Ob 184/22t

1. Eine angeschlossene Einrichtung im Sinne des Art 1.1 AWB 2009 ist nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers jedes Behältnis, das bestimmungsgemäß Wasser durchlässt oder aufnimmt und dauernd durch eine Zuleitung oder durch eine Ableitung oder durch beides mit dem Rohrsystem verbunden ist. Der Pufferspeicher des Klägers ist daher eine angeschlossene Einrichtung im Sinne der Versicherungsbedingungen.

2. Die wasserführende Rohrle itung innerhalb des Pufferspeichers ist gebrochen und hat diesen beschädigt. Da diese Rohrleitung ein Bestandteil der technischen Einheit „Pufferspeicher“ ist, liegt ein Bruchschad en an einer angeschlossenen Einrichtung und nicht ein Bruchschaden an einer wasserführenden Rohrleitung im Sinne der Bedingungen vor, was auch für den durchsch nittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist.

Zwischen den Streitteilen besteht ein Versicherungsvertrag, der unter anderem eine Leitungswasserschadensversicherung für das Wohnhaus des Klägers beinhaltet und dem die Allgemeinen Bedingungen für die Leitungswasserversicherung (AWB 2009) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise:

123 3/2023 Rechtsprechung

„Artikel 1 – Versicherte Gefahren und Schäden

1. Versichert sind Sachschäden, die durch die unmittelbare Einwirkung von Leitungswasser eintreten, das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt (Schadensereignis). Versichert sind auch Sachschäden, die als unvermeidliche Folge dieses Schadensereignisses eintreten.

2. Nur bei der Versicherung von Gebäuden gelten zusätzlich als Schadensereignis:

2.1. Frostschäden an wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen;

2.2. Bruchschäden an wasserführenden Rohrleitungen.

Artikel 2 – Nicht versicherte Schäden

Nicht versichert, auch nicht als unvermeidliche Folge eines Schadensereignisses:

4. Bruchschäden an Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen; ...“

Darüber hinaus liegen dem Vertrag die Besonderen Bedingungen EHLWG009 (BB EHLWG009) zugrunde, die lauten:

„Schäden an angeschlossenen Armaturen und Einrichtungen aufgrund Rohrgebrechens

Abweichend von Artikel 2.4 AWB 2009 fallen Schäden an angeschlossenen Einrichtungen und Armaturen, soweit deren Erneuerung oder Reparatur im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens im Sinne des Artikels 1.2.2 AWB 2009 notwendig ist, unter die Ersatzpflicht.“

Im versicherten Gebäude ist ein Pufferspeicher installiert. Dabei handelt es sich um einen zylindrischen Behälter mit einem entsprechenden Volumen zur Aufnahme von Wasser. Je nach Anforderung können im Pufferspeicher noch zusätzliche Einbauten vorhanden sein. Im Pufferspeicher des Klägers sind zusätzlich Wellrohre für die Wärmeübertragung von Heizkreisen im Haus montiert. Die im Pufferspeicher wendelförmig verlaufende Warmwasserleitung ist ein Teil des Gesamtwarmwasserrohrsystems mit einer speziellen technischen Ausführung. Diese besteht darin, dass die Rohrleitung innerhalb des Pufferspeichers mit Lamellen versehen ist, um eine möglichst große Oberfläche für die Wärmeübertragung zu ermöglichen. Die im Pufferspeicher befindliche Rohrleitung weist eine geringere Wandstärke auf als die Rohrleitung außerhalb des Pufferspeichers und ist eingangsseitig an die Kaltwassereinleitung angeschlossen. Im Puffer werden das Rohr und das darin befindliche Wasser erwärmt und das warme Wasser wird wiederum über ein Rohrsystem zu den Entnahmestellen geführt.

Es brach das Warmwasserwellrohr innerhalb des Pufferspeichers. Das dadurch aus der Rohrleitung austretende Wasser beschädigte den Pufferspeicher, sodass dessen Austausch notwendig war.

Der Kläger begehrt Leistung des Versicherers und brachte vor, der Bruch der Rohrleitung innerhalb des Pufferspeichers sei vom Versicherungsschutz umfasst, weil es sich um eine brauchwasserführende Rohrleitung handle. Nicht der Puffer als solcher sei beschädigt oder undicht, sondern nur die darin verlaufende Rohrleitung.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und wandte ein, der Pufferspeicher sei Teil des Heizungssystems und bestehe nicht nur aus Rohrleitungen. Auch wenn im Pufferspeicher Rohrleitungen verlaufen würden, seien diese nicht als Rohrleitungen im Sinne der Versicherungsbedingungen zu qualifizieren. Sie seien Teil der angeschlossenen Einrichtung und daher vertraglich so zu behandeln. Bruchschäden an Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen seien vom Versicherungsschutz ausgenommen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache statt. Die im Pufferspeicher verlaufende Rohrleitung sei Teil des Gesamtwarmwasserrohrsystems, sodass der Schaden von der Versicherung umfasst sei. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision nachträglich zu. Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei die innerhalb des Pufferspeichers verlaufende Rohrleitung, die einen Teil des Gesamtwarmwasserrohrsystems bilde, nicht als angeschlossene Einrichtung anzusehen.

Der OGH gab der ordentlichen Revision der Beklagten Folge.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH: 1. und 2. ...

3.1. Die Leitungswasserschadensversicherung des Klägers bietet Schutz gegen Sachschäden, die durch die unmittelbare Einwirkung von Leitungswasser eintreten, das aus wasserführenden Rohrleitungen, Armaturen oder angeschlossenen Einrichtungen austritt, wobei auch Sachschäden versichert sind, die als unvermeidliche Folge dieses Schadensereignisses eintreten (Art 1.1 AWB 2009; vgl auch 7 Ob 118/17d mwN; RIS-Justiz RS0123409).

3.2. Eine angeschlossene Einrichtung im Sinne des Art 1.1 AWB 2009 ist nach dem Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers jedes Behältnis, das bestimmungsgemäß Wasser durchlässt oder aufnimmt und dauernd durch eine Zuleitung oder durch eine Ableitung oder durch beides mit dem Rohrsystem verbunden ist (7 Ob 105/15i mwN; 7 Ob 118/17d). Der Pufferspeicher des Klägers ist daher eine angeschlossene Einrichtung im Sinne der Versicherungsbedingungen.

3.3. Im vorliegenden Fall ist die (wasserführende) Rohrleitung innerhalb des Pufferspeichers gebrochen und hat diesen beschädigt. Da diese Rohrleitung ein Bestandteil der technischen Einheit „Pufferspeicher“ ist, liegt ein Bruchschaden an einer angeschlossenen Einrichtung und nicht ein Bruchschaden an einer wasserführenden Rohrleitung im Sinne der Bedingungen vor, was auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist (ähnlich Spielmann in Martin/Reusch/Schimikowski/ Wandt, Sachversicherung4, § 5 Rz 61), sodass der Risikoausschluss des Art 2.4 AWB 2009 greift. Auch die hier zusätzlich vereinbarten BB EHLWG009 vermägen daran nichts zu ändern, weil dadurch nur Schäden an angeschlossenen Einrichtungen wieder in den Versicherungsschutz eingeschlossen werden, soweit deren Erneuerung oder Reparatur im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens im Sinne des Art 1.2.2 AWB 2009 notwendig ist, was hier nach den Feststellungen jedoch nicht der Fall war.

4. Es liegt somit der Risikoausschluss des Art 2.4 AWB 2009 vor. ...

5.

Rechtsschutzversicherung: Auslegung des Risikoausschlusses bezüglich Interessenwahrnehmung „aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen“; Reichweite eines „Arbeitsgerichts-Rechtsschutzes“; Begriff „privater Lebensbereich“

Art 7.1.7 und Art 17.2.1 MKRB 2019

OGH 13. 12. 2022, 7 Ob 193/22s

1. Nach Art 17.2.1.6.1 MKRB 2019 hat der Kläger Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherten in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber in Verfahren vor Arbeitsgerichten zu gewähren. Die Leistungsart erstreckt sich im Hinblick auf den – auch für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer – insoweit völlig klaren Wortlaut sowohl auf die Geltendmachung als auch die Abwehr von Ansprüchen, die in einem bereits bestehenden Arbeitsverhältnis ihre rechtliche Grundlage haben. Ansprüche, die erst auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet sind oder aus der Anbahnung eines letztlich nicht zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses begehrt werden, fallen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht unter

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Versicherungsschutz, weil sie ihre Grundlage („aufgrund“) eben nicht in einem Arbeitsverhältnis haben und sie damit nicht aus einem Arbeitsverhältnis abgeleitet werden. Die vorliegenden Rechtsschutzbedingungen verweisen auch an keiner Stelle auf das ASGG.

2. Weder nehmen die MKRB 2019 eine Definition der Begriffe „Privatbereich“, „Berufsbereich“ und „Betriebsbereich“ vor noch enthalten sie Deckungsabgrenzungsausschlüsse (insbesondere im Verhältnis Allgemeiner SchadenersatzRechtsschutz und Arbeitsgerichts-Rechtsschutz). Der Begriff „privater Lebensbereich“ stellt auf Ereignisse des täglichen Lebens ab, die nicht bei einer (geschäftlichen) Tätigkeit im Betrieb, Gewerbe oder Beruf eintreten.

3. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der geltend gemachten primären Risikoumschreibungen wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen – soweit sie nicht vom Arbeitsgerichts-Rechtsschutz umfasst sind – dem privaten Lebensbereich zuordnen. Er sind daher Schadenersatzansprüche aufgrund einer – im Arbeitsgerichts-Rechtsschutz hier nicht versicherbaren – Bewerbung um ein (unselbständiges) Arbeitsverhältnis nicht als Tätigkeit ansehen, die im Beruf eintritt.

4. Der Risikoausschluss des Art 7.1.7 MKRB 2019 setzt nach dem klaren Wortlaut ebenfalls einen bereits bestehenden Anstellungsvertrag voraus. Seine Anwendung verlangt, dass derjenige, dessen rechtliche Interessen wahrgenommen werden, bereits Vertreter einer juristischen Person geworden ist.

Zwischen den Streitteilen besteht eine ... Mobilitäts- und KonsumentenRechtsschutzversicherung. Der Vertrag umfasst einen Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz, einen Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz sowie einen Arbeitsgerichts-Rechtsschutz. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die ... Mobilitäts- und Konsumenten-Rechtsschutzversicherung (MKRB 2019) zugrunde, die auszugsweise lauten:

„Artikel 7 – Allgemeine Ausschlüsse

1. Der Versicherungsschutz umfasst nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen,

1.7. aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen sowie aus dem Bereich des Handelsvertreterrechts;

Artikel 9 – Pflichten des Versicherers, Vorgangsweise bei Meinungsverschiedenheiten

2. Davon unabhängig hat der Versicherer das Recht, jederzeit Erhebungen über den mutmaßlichen Erfolg der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzustellen. Kommt er nach Prüfung des Sachverhalts unter Berücksichtigung der Rechts- und Beweislage zum Ergebnis,

2.1. dass hinreichende Aussicht besteht, in einem Verfahren im angestrebten Umfang zu obsiegen, hat er sich zur Übernahme aller Kosten nach Maßgabe des Artikels 6 (Versicherungsleistungen) bereit zu erklären;

2.2. dass diese Aussicht auf Erfolg nicht hinreichend, das heißt, ein Unterliegen in einem Verfahren wahrscheinlicher ist als ein Obsiegen, ist er berechtigt, die Übernahme der an die Gegenseite zu zahlenden Kosten abzulehnen;

2.3. dass erwartungsgemäß keine Aussicht auf Erfolg besteht, hat er das Recht, die Kostenübernahme zur Gänze abzulehnen.

Artikel 17 – Konsumenten-Rechtsschutz

1. Voraussetzung für den Versicherungsschutz

1.1. Versicherte Eigenschaft

Versichert sind der Versicherungsnehmer und Familienangehörige als Privatpersonen.

2. Umfang des Versicherungsschutzes

2.1. Versicherte Risiken

Versicherungsschutz besteht für die folgenden, abschließend aufgezählten Risiken:

2.1.1. Schadenersatzrecht

Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines im privaten Lebensbereich erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens.

2.1.6. Arbeitsrecht

2.1.6.1. Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherers in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber in Verfahren vor Arbeitsgerichten.

Nachdem der Kläger auf eine Ausschreibung der Stelle des Geschäftsführers aufmerksam geworden war, bewarb er sich für diese Stelle. Nach Absolvierung mehrerer Hearings wurde ihm letztlich mitgeteilt, dass man sich für einen anderen Kandidaten entschieden habe. Es erfolgte eine entsprechende Medienaussendung, aus der sich ergab, dass der bestehende kaufmännische Geschäftsführer für fünf weitere Jahre wiederbestellt worden ist.

Der Kläger suchte bei der Beklagten um Rechtsschutzdeckung an, um Schadenersatzansprüche im Hinblick auf die getroffene Stellenbesetzung gerichtlich geltend zu machen, weil nicht er als der bestgeeignete Bewerber zum Zug gekommen sei.

Von der Beklagten wurde die Rechtsschutzdeckung mit dem Argument abgelehnt, dass die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts nur für einen im „privaten“ Lebensbereich erlittenen Schaden möglich sei, wogegen der gegenständliche Fall dem „beruflichen“ Lebensbereich des Klägers zuzuordnen sei. Weiters lehnte die Beklagte die Deckung mit der Begründung ab, dass der Versicherungsschutz nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen umfasse.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass die Beklagte ihm für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Sinne des § 17 Abs 1 Z 1 GlBG sowie nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes im Zusammenhang mit seiner Bewerbung um die Stelle des Geschäftsführers Deckung aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag bis zum vertraglich vereinbarten Höchstbetrag zu gewähren habe. Er sei ausgebildeter Kunstmanager, verfüge über eine jahrelange Erfahrung im Kunstmanagement und sei ausgebildeter Jurist. Er habe sich auf eine Ausschreibung der Stelle des Geschäftsführers beworben. Er sei nach Hearings in die Endauswahl gekommen, jedoch sei letztlich der bis dahin tätige kaufmännische Geschäftsführer weiterbestellt worden, wobei es sich um eine parteipolitisch motivierte Stellenbesetzung handle. Er beabsichtige daher, Schadenersatzansprüche zum einen im Sinne des GlBG, zum anderen wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes zu verfolgen. Sollte nicht ohnedies Versicherungsschutz aus dem ArbeitsgerichtsRechtsschutz nach Art 17.2.1.6.1 MKRB 2019 bestehen, sei die Deckung für Schadenersatzansprüche gemäß Art 17.2.1.1 MKRB 2019 zu übernehmen. Der Ausschluss nach Art 7.1.7 MKRB 2019 liege nicht vor, weil kein Anstellungsvertrag zustande gekommen sei. Aufgrund der Qualifikation des Klägers seien hinreichend positive Prozessaussichten gegeben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Art17.2.1.6.1 MKRB 2019 gelange schon nicht zur Anwendung, weil er ein bestehendes Arbeits- oder Lehrverhältnis voraussetze. Deckung gemäß Art 17.2.1.1 MKRB 2019 komme nicht in Betracht, weil die Bewerbung nicht den privaten Lebensbereich des Klägers betreffe. Im Übrigen sei nach Art 7.1.7 MKRB 2019 der Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen ausdrücklich ausgeschlossen. Auch reiche die bloße Behauptung, da ss eine Person als Bewerber besser geeignet gewesen wäre als jene Person, die dann tatsächlich den ausgeschriebenen Posten erlangt habe, für einschlägige Schadenersatzansprüche nicht aus. Damit bestehe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass Leistungsfreiheit nach Art 9.2.3 MKRB 2019 gegeben sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen nach dem B-GlBG sei nicht mehr möglich. Ein

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...“

gesetzmäßiges Vorgehen nach § 4 Stellenbesetzungsgesetz verlange, dass sich die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle im Rahmen sachlich auszuübenden Ermessens an der Eignung zu orientieren habe. Grundsätzlich würde die Geltendmachung des Anspruchs in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte fallen; dies gelte auch dann, wenn es sich um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit der Anbahnung eines künftigen Arbeitsverhältnisses handle. Nach Art 7.1.7 MKRB 2019 erfasse der Versicherungsschutz durch die Beklagte aber nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen. Dies müsse konsequenterweise auch für die Anbahnung eines solchen Anstellungsvertrages gelten, wobei der Kläger die Stelle eines Geschäftsführers (gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person) angestrebt habe. Der Kläger sei zwar beruflich äußerst qualifiziert, habe jedoch keine Beweise dafür erbracht, dass ein unsachlicher Grund zur Besetzung der Stelle mit dem anderen Kandidaten geführt habe. Deshalb bestehe keine hinreichende Aussicht, dass der Kläger im angestrebten Verfahren obsiegen werde. Die Leistungspflicht der Beklagten scheide nach Art 9 MKRB 2019 aus.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil (teilweise) dahin gehend ab, dass es zwischen dem Kläger und der Beklagten feststellte, dass die Beklagte dem Kläger für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach den Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes im Zusammenhang mit der Bewerbung des Klägers um die Stelle des Geschäftsführers Deckung aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zu gewähren habe. Das Mehrbegehren auf Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten auch für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Sinne des § 17 Abs 1 Z 1 GlBG wies es ab. Der Kläger könne bereits nach seinem eigenen Prozessstandpunkt keine Ansprüche nach dem GlBG mehr geltend machen, weil sowohl die nach dem B-GlBG (§20 Abs 1 [§ 17]) als auch die nach dem GlBG (§ 29 Abs 2 [§ 26 Abs1 iVm § 17 Abs 1 Z 1]) vorgesehene Frist verstrichen sei.

Der Kläger stütze seinen Schadenersatzanspruch aber auch auf eine Verletzung des § 4 Stellenbesetzungsgesetz. Selbst wenn Ansprüche im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses Arbeitsrechtssachen im Sinne des § 50 Abs 1 Z 1 ASGG seien, so nütze dies dem Kläger nichts, weil gerade diese Anbahnung nicht in Art 17.2.1.6.1 MKRB 2019 erwähnt sei, sondern auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses abgestellt werde. Vielmehr bestehe Deckungsschutz nach Art17.2.1 MKRB 2019. Art 7.1.7 MKRB 2019 greife nicht, weil er schon nach dem Wortlaut („aus Anstellungsverträgen“) auf einen bestehenden Anstellungsvertrag abstelle. Der Ausschluss gemäß Art 9.2 MKRB 2019 komme nicht zum Tragen. Der Kläger habe umfangreiches Vorbringen zu seinen eigenen Qualifikationen erstattet und eine Diskriminierung aus weltanschaulichen Gründen (und damit aus unsachlichen Gründen) behauptet. Ob er dies tatsächlich unter Beweis stellen wird können, sei nicht Frage des Deckungsprozesses. Der vom Berufungsgericht zugelassenen ordentliche Revision der Beklagten gab der OGH nicht Folge.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH:

1.1. Der Kläger begehrt – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach dem Stellenbesetzungsgesetz.

1.2. Ungeachtet des Umstands, dass das Stellenbesetzungsgesetz keinen subjektiven Anspruch auf Einstellung vermittelt und es jedenfalls öffentliche Interessen (Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich) dient, schützt das Stellenbesetzungsgesetz auch die Interessen von Bewerbern, um diese unter anderem vor unsachlichen Besetzungsentscheidungen zu bewahren. Der Schutzzweck der Norm kann damit einen Schadenersatzanspruch zugunsten des bestqualifizierten Bewerbers auslösen, wenn die Stelle aus unsachlichen Gründen mit einem anderen Kandidaten besetzt wurde (RIS-Justiz RS0127362 [T1]; 8 Ob 25/16h; 9 ObA 45/22s; vgl auch RIS-Justiz RS0031143).

2.1. und 2.2.

3. Nach Art 17.2.1.6.1 MKRB 2019 hat der Kläger Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des

Versicherten in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeits- oder Lehrverhältnisses gegenüber seinem Arbeitgeber in Verfahren vor Arbeitsgerichten zu gewähren.

3.1. Die Leistungsart erstreckt sich im Hinblick auf den – auch für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer –insoweit völlig klaren Wortlaut sowohl auf die Geltendmachung als auch die Abwehr von Ansprüchen, die in einem bereits bestehenden Arbeitsverhältnis ihre rechtliche Grundlage haben. Ansprüche, die erst auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet sind oder aus der Anbahnung eines letztlich nicht zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses begehrt werden, fallen nach dem eindeutigen Wortlaut nicht unter Versicherungsschutz, weil sich ihre Grundlage („aufgrund“) eben nicht in einem Arbeitsverhältnis haben und sie damit nicht aus einem Arbeitsverhältnis abgeleitet werden (Obarowski in Beckmann/MatuscheBeckmann, Versicherungsrechts-Handbuch3, § 37 Rz 53; derselbe in Harbauer, Rechtsschutzversicherung9, § 2 ARB 2010 Rz 93 [zur insoweit vergleichbaren deutschen Bedingungslage]; anderer Ansicht Kronsteiner, Die Rechtsschutzversicherung2, 66 [zu dem nicht vergleichbaren Art 20 ARB]).

3.2. Dem hält der Kläger entgegen, dass der Begriff „aufgrund eines Arbeits- und Lehrverhältnisses“ auch dessen Anbahnung miteinschließe, was bereits aus § 50 Abs 1 Z 1 ASGG folge, der die Anbahnung des Arbeits- und Lehrverhältnisses diesem gleichstelle. Diese Argumentation überzeugt nicht: Richtig ist, dass §50 Abs 1 Z 1 ASGG als Arbeitsrechtssache bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder dessen Anbahnung“ definiert. Die vorliegenden Rechtsschutzbedingungen verweisen aber an keiner Stelle auf das ASGG. So wird – anders als nach den Muster-ARB – schon nicht Bezug auf den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff nach § 51 ASGG genommen. Auch wird Versicherungsschutz nicht für bestimmte Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG übernommen, sondern nur im klar umschriebenen – zuvor angeführten – Umfang. Zuletzt erachtet selbst der Gesetzgeber – trotz der in § 50 Abs 1 Z 1 ASGG weiter gefassten Formulierung „im Zusammenhang“ – die Klarstellung für notwendig, Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses zusätzlich ausdrücklich anzuführen.

3.3. Versicherungsschutz nach Art 17.2.1.6.1 MKRB 2019 besteht demnach für die vom Kläger beabsichtigte Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach dem Stellenbesetzungsgesetz nicht.

4. Nach Art 17.2.1.1 MKRB 2019 besteht Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines im privaten Lebensbereich erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden.

4.1. Anzumerken ist auch hier, dass sich die vorliegenden Bedingungen wesentlich von den Muster-ARB unterscheiden. Weder nehmen die MKRB 2019 eine Definition der Begriffe „Privatbereich“, „Berufsbereich“ und „Betriebsbereich“ vor noch enthalten sie Deckungsabgrenzungsausschlüsse (insbesondere im Verhältnis Allgemeiner Schadenersatz-Rechtsschutz und ArbeitsgerichtsRechtsschutz).

4.2. Zum Begriff „privater Lebensbereich“ hat der Fachsenat schon insoweit Stellung genommen, dass damit auf Ereignisse des täglichen Lebens abgestellt wird, die nicht bei einer (geschäftlichen) Tätigkeit im Betrieb, Gewerbe oder Beruf eintreten (7 Ob 46/ 04x; 7 Ob 190/12k; 7 Ob 75/20k).

4.3. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der geltend gemachten primären Risikoumschreibungen wird der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen – soweit sie nicht vom Arbeitsgerichts-

Rechtsprechung 3/2023 126

Rechtsschutz umfasst sind – dem privaten Lebensbereich zuordnen. Er wird daher Schadenersatzansprüche aufgrund einer – im Arbeitsgerichts-Rechtsschutz hier nicht versicherbaren – Bewerbung um ein (unselbständiges) Arbeitsverhältnis nicht als Tätigkeit ansehen, die im Beruf eintritt.

4.4. Die Beklagte hat danach grundsätzlich Versicherungsschutz aus dem Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz für die beabsichtigte Geltendmachung des (deliktischen) Schadenersatzanspruchs des Klägers zu gewähren.

5.1. Der eingewandte Risikoausschluss des Art 7.1.7 MKRB 2019 umfasst nicht die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Anstellungsverträgen gesetzlicher Vertreter juristischer Personen sowie aus dem Bereich des Handelsvertreterrechts.

5.2. Dieser Risikoausschluss setzt nach dem klaren Wortlaut ebenfalls einen bereits bestehenden Anstellungsvertrag voraus. Seine Anwendung verlangt, dass derjenige, dessen rechtliche Interessen wahrgenommen werden, bereits Vertreter einer juristischen Person geworden ist (vgl BGH IV ZR 72/18).

5.3. Der eingewandte Risikoausschluss greift demnach nicht.

6.1. In der Rechtsschutzversicherung ist bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS00819129). Bei der Erfolgsprüfung können die zur Prozesskostenhilfe entwickelten Grundsätze übernommen werden. Die vorzunehmende Beurteilung, ob „keine oder nicht hinreichend Aussicht auf Erfolg“ besteht, hat sich am Begriff „nicht als offenbar aussichtslos“ des die Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden §63 ZPO zu orientieren. „Aussichtslos“ ist eine Prozessführung,

die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann (insbesondere bei Unschlüssigkeit, aber auch bei unbehebbarem Beweisnotstand [RISJustiz RS0116448]).

6.2. Der Grundsatz in der Rechtsschutzversicherung, dass im Deckungsprozess die Beweisaufnahmen und die Feststellungen zu im Haftpflichtprozess relevanten Tatfragen zu unterbleiben haben und daher dem Versicherer eine vorweg genommene Beweiswürdigung verwehrt ist, gilt allgemein. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist aufgrund einer Prognose (im Falle eines bereits laufenden Haftpflichtprozesses aufgrund einer nachträglichen Prognose) nach dem im Zeitpunkt vor Einleitung des Haftpflichtprozesses vorliegenden Erhebungsmaterial vorzunehmen, weil eine Beurteilung der Chancen durch antizipierte Beweiswürdigung nicht in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0124256).

6.3. Der Kläger hat – mit umfangreichem Vorbringen – behauptet, dass er tatsächlich der am besten qualifizierte Bewerber gewesen sei und bei rechtmäßiger Vorgangsweise mit der ausgeschriebenen Funktion betraut worden wäre. Soweit die Beklagte meint, dass die vom Kläger angebotenen Beweismittel nicht ausreichen oder nicht geeignet seien, um die von ihm zu beweisenden Tatsachen unter Beweis zu stellen, zielt sie auf die Vorwegnahme der Beweiswürdigung ab, die aber ebenso wie die Vorwegnahme des Ergebnisses des Haftpflichtprozesses bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten grundsätzlich nicht in Betracht kommt (RISJustiz RS0081927).

7. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen. ...

Empfehlungen der Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS)

Erwin Gisch

Fahrzeug-Rechtsschutz inklusive StrafRechtsschutz: Keine Deckung bei Widerstand gegen die Staatsgewalt nach § 269 StGB

RSS-E 20/23

1. Von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer ist zu erwarten, dass er den Fahrzeug-Rechtsschutz inklusive Straf-Rechtsschutz nach Art 17 ARB 2018 dahin versteht, dass er als Lenker seines PKW aufgrund der Versicherung, die er „für“ den PKW (vgl die Überschrift des Art17 ARB 2018) abgeschlossen hat, bei Eintritt eines für einen PKW-Lenker typischen Risikos abgesichert ist. Ein PKW-Lenker läuft typischerweise Gefahr, in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden oder wegen der Verletzung von Verkehrsvorschriften belangt zu werden.

2. Es liegt für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer auf der Hand, dass ein solcher Versicherungsschutz allein aufgrund einer vereinbarten Deckung nach dem Baustein „Allgemeiner Straf-Rechtsschutz“ des Art 20 ARB 2018 nicht besteht, also keine Deckung gewährt wird, wenn er für seinen PKW keine Fahrzeug-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. Dies verdeutlicht der Risikoausschluss des Art 20.3.2 ARB 2018, wonach der Versicherungsschutz im Allgemeinen Straf-Rechtsschutz nicht auch jene Fälle um-

fasst, die in Art 17 ARB 2018 aufgezählt sind, nämlich welche beim Versicherungsnehmer und bei den mitversicherten Personen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Halter, Zulassungsbesitzer, Leasingnehmer oder Lenker von Motorfahrzeugen eintreten.

3. Damit wird nach den aufgezeigten Auslegungsgrundsätzen eine Risikoabgrenzung zwischen dem Straf-Rechtsschutz im Rahmen des Fahrzeug-Rechtsschutzes und dem Straf-Rechtsschutz im Rahmen des Allgemeinen Straf-Rechtsschutzes vorgenommen, sollen doch Überschneidungen der einzelnen Bausteine und Doppelversicherungen vermieden werden. In diesem Sinn ist der Risikoausschluss zu verstehen, ohne dass es eines zusätzlichen Hinweises bedarf, dass sein Zweck der Vermeidung von Überschneidungen mit anderen RechtsschutzBausteinen dient.

4. Dementsprechend besteht Deckung nach Art 20 ARB 2018, wenn es um ein Strafverfahren geht, in dem der Versicherungsnehmer nicht in seiner Eigenschaft als Lenker seines Fahrzeugs belangt wird und wofür Deckung nach Art 17 ARB 2018 gegeben wäre.

5. Das Delikt des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §269 StGB kann unabhängig davon verwirklicht werden, in welcher Form die Gewalt oder die gefährliche Drohung ausgeübt wird, mit der ein Beamter an einer Amtshandlung ge-

127 3/2023 RSS-Empfehlungen
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hindert wird. Wenn dies dadurch erfolgt, dass mit einem PKW auf einen Beamten losgefahren wird, der im Begriff ist, eine Amtshandlung auszuüben, wird der Lenker des PKW nicht deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er einen PKW lenkt, sondern weil er einen Beamten bedroht. Es geht nicht um ein Delikt, das vom Lenken eines Motorfahrzeugs abhängig ist. Vielmehr wird der PKW als Mittel zur Tatbegehung eingesetzt. Typische Risiken, die mit dem Lenken eines PKW verbunden sind, verwirklichen sich dabei nicht.

Die Antragstellerin hat bei der antragsgegnerischen Versicherung eine Rechtsschutzversicherung ... abgeschlossen. Vereinbart sind die ARB 2018 und die ERB 2018 einschließlich der Bausteine der Art 17 und 20 ARB 2018, welche auszugsweise lauten:

„Artikel 17 – Schadenersatz-, Straf- und Führerschein-Rechtsschutz ... für Motorfahrzeuge (Fahrzeug-Rechtsschutz)

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben je nach Vereinbarung

1.1. der Versicherungsnehmer und seine Angehörigen (Artikel 5.1) für

1.1.1. alle nicht betrieblich genutzten Motorfahrzeuge ...

die in ihrem Eigentum stehen, von ihnen gehalten werden, auf sie zugelassen oder von ihnen geleast sind.

Der Versicherungsschutz erstreckt sich ... auch auf den berechtigten Lenker und die berechtigten Insassen dieser Fahrzeuge.

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.2. Straf-Rechtsschutz

2.2.1. für die Verteidigung wegen eines Verkehrsunfalls oder der Übertretung von Verkehrsvorschriften

Unter Verkehrsvorschriften sind die im Zusammenhang mit der Haltung und bestimmungsgemäßen Verwendung des Motorfahrzeugs geltenden Rechtsnormen zu verstehen.

Artikel 20 – Allgemeiner Straf-Rechtsschutz

Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat-, Berufs- und/oder Betriebsbereich

3. Was ist nicht versichert?

3.2. Der Versicherungsschutz im Allgemeinen Straf-Rechtsschutz umfasst nicht Fälle, welche beim Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Halter, Zulassungsbesitzer, Leasingnehmer oder Lenker von Motorfahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie Anhängern einschließlich Ersatzteilen und Zubehör eintreten.“

Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung gilt der Deckungsausschluss nach Art. 7.5.5 ARB 2018 (für Vorsatzdelikte und Verbrechen) im Rahmen des Art 20 ARB 2018 nicht und Kostenleistungen werden auch beim Vorwurf einer vorsätzlichen Begehung einer Straftat bereits vor rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens erbracht.

Die Antragstellerin begehrt Rechtsschutzdeckung für folgenden Rechtsschutzfall ...:

Die Antragstellerin erhielt eine Ladung als Beschuldigte in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Der zugrunde liegende Sachverhalt ereignete sich am 16. 1. 2022: Die Antragstellerin wurde als Lenkerin ihres PKW gegen 17:00 Uhr von der Polizei an der Durchfahrt einer Straße gehindert, die wegen einer Demonstration gesperrt war. Dabei kam es zu einer Diskussion zwischen einem Polizisten und der Antragstellerin. Ihr wird vorgeworfen, versucht zu haben, den Polizisten mit dem Auto zu überfahren oder anzufahren, was die Antragstellerin abstreitet.

Die antragsgegnerische Versicherung lehnte die Deckung mit der Begründung ab, es handle sich bei dem von der Antragstellerin geschilderten Rechtsproblem um ein „nicht versicherbares Risiko“. Einerseits komme im Fahrzeug-Straf-Rechtsschutz Art 17 ARB 2018 ein Versicherungsschutz nur für die Verteidigung wegen eines Verkehrsunfalls oder Übertretung von Verkehrsvorschiften in Betracht. Andererseits umfasse der Allgemeine Straf-Rechtsschutz des Art 20 ARB 2018 keine Fälle,

welche beim Versicherungsnehmer als Lenker von Motorfahrzeugen eintreten. Daran ändere auch die Kooperationsvereinbarung nichts. Es handle sich um einen nicht versicherbaren Versicherungsfall, da der Ausschlussgrund gemäß Art 20.3.2 ARB 2018 vorliege, wonach kein Versicherungsschutz bestehe, wenn sich der Versicherungsfall beim Lenken eines Fahrzeugs ereignet habe und weil er nicht unter die positive Leistungsumschreibung des Kfz-Rechtsschutzes falle.

Der Antragsgegner hat am Schlichtungsverfahren teilgenommen.

RSS-Empfehlung:

Der antragsgegnerischen Versicherung wird die Deckung des Rechtsschutzfalles ... aus der Rechtsschutzversicherung ... empfohlen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Vertragsbedingungen so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (vgl RIS-Justiz RS0050063), wobei Unklarheiten zulasten des Versicherers gehen. Zu berücksichtigen ist in allen Fällen der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung von allgemeinen Geschäftsbedingungen (RIS-Justiz RS0008901).

Von diesen Auslegungsgrundsätzen ausgehend ist von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer zu erwarten, dass er den Fahrzeug-Rechtsschutz inklusive Straf-Rechtsschutz nach Art 17 ARB 2018 dahin versteht, dass er als Lenker seines PKW aufgrund der Versicherung, die er „für“ den PKW (vgl die Überschrift des Art 17 ARB 2018) abgeschlossen hat, bei Eintritt eines für einen PKW-Lenker typischen Risikos abgesichert ist. Ein PKW-Lenker läuft typischerweise Gefahr, in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden oder wegen der Verletzung von Verkehrsvorschriften belangt zu werden.

Es liegt für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer auf der Hand, dass ein solcher Versicherungsschutz allein aufgrund einer vereinbarten Deckung nach dem Baustein „Allgemeiner Straf-Rechtsschutz“ des Art 20 ARB 2018 nicht besteht, also keine Deckung gewährt wird, wenn er für seinen PKW keine Fahrzeug-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. Dies verdeutlicht der Risikoausschluss des Art 20.3.2 ARB 2018, wonach der Versicherungsschutz im Allgemeinen Straf-Rechtsschutz nicht auch jene Fälle umfasst, die in Art 17 ARB 2018 aufgezählt sind, nämlich welche beim Versicherungsnehmer und bei den mitversicherten Personen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Halter, Zulassungsbesitzer, Leasingnehmer oder Lenker von Motorfahrzeugen eintreten.

Damit wird nach den aufgezeigten Auslegungsgrundsätzen eine Risikoabgrenzung zwischen dem Straf-Rechtsschutz im Rahmen des Fahrzeug-Rechtsschutzes und dem Straf-Rechtsschutz im Rahmen des Allgemeinen Straf-Rechtsschutzes vorgenommen, sollen doch Überschneidungen der einzelnen Bausteine und Doppelversicherungen vermieden werden. In diesem Sinn ist der Risikoausschluss zu verstehen, ohne dass es eines zusätzlichen Hinweises bedarf, dass sein Zweck der Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen dient.

Dementsprechend besteht Deckung nach Art 20 ARB 2018, wenn es um ein Strafverfahren geht, in dem der Versicherungsnehmer nicht in seiner Eigenschaft als Lenker seines Fahrzeugs belangt wird und wofür Deckung nach Art 17 ARB 2018 gegeben wäre.

Das Delikt des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §269 StGB kann unabhängig davon verwirklicht werden, in welcher Form die Gewalt oder die gefährliche Drohung ausgeübt

RSS-Empfehlungen 3/2023 128

wird, mit der ein Beamter an einer Amtshandlung gehindert wird. Wenn dies dadurch erfolgt, dass mit einem PKW auf einen Beamten losgefahren wird, der im Begriff ist, eine Amtshandlung auszuüben, wird der Lenker des PKW nicht deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er einen PKW lenkt, sondern weil er einen Beamten bedroht. Es geht nicht um ein Delikt, das vom Lenken eines Motorfahrzeugs abhängig ist. Vielmehr wird der PKW als Mittel zur Tatbegehung eingesetzt. Typische Risiken, die mit dem Lenken eines PKW verbunden sind, verwirklichen sich dabei nicht. Nach dem maßgebenden Verständnis eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers wird das Delikt des Widerstands gegen die Staatsgewalt nicht in der „Eigenschaft“ des Täters als Lenker, Eigentümer usw eines Motorfahrzeugs im Sinne des Risikoausschlusses des Art 20.3.2 ARB 2018 verübt.

Zumindest bestehen Zweifel, wie der Passus „Fälle, welche beim Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer ... oder Lenker von Motorfahrzeugen“ zu verstehen ist. Da Unklarheiten gemäß § 915 ABGB zulasten der Antragsgegnerin gehen, findet dieser Risikoausschluss keine Anwendung, wenn der strafrechtliche Vorwurf darin besteht, dass ein Delikt mit dem Einsatz eines PKW verwirklicht wird, das auch auf andere Weise begangen werden kann.

Sturmschadensversicherung: Abgrenzung zwischen Erdrutsch und Erdsenkung

RSS-E 28/23

1. Es stimmt grundsätzlich mit dem Sprachgebrauch überein, wenn infolge der Gefahr „Erdrutsch“ (Art 1 AStB 1994) nur Schäden versichert sind, die unmittelbar aus einer Abwärtsbewegung von Erd- und Gesteinsmassen im Sinne eines dynamischen Prozesses und nicht einer bloß statischen Krafteinwirkung resultieren.

2. Mitunter wird ein Erdrutsch auch als naturbedingte Abwärtsbewegung von Boden- oder Gesteinsmassen auf einer unter der Oberfläche liegenden Gleitbahn bezeichnet. Davon abgegrenzt ist eine Erdsenkung als eine naturbedingte Absenkung über natürlichen Hohlräumen.

3. Die Feststellungen, wonach die „aufgeweichten Zonen einen guten Gleithorizont“ bilden und die „Materialien samt dem darauf errichteten Objekt talwärts kriechen“, führen zum Schluss, dass das Schadensverhalten einem Erdrutsch, nicht aber einer Erdsenkung entspricht.

Der Antragsteller hat für sein Eigenheim ... bei der antragsgegnerischen Versicherung eine Eigenheimversicherung ... abgeschlossen, welche unter anderem die Sparte Sturmschaden umfasst. Vereinbart sind die AStB 1994, welche auszugsweise lauten:

„Besonderer Teil

Artikel 1 – Versicherte Gefahren und Schäden

(1) Der Versicherer bietet nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen Versicherungsschutz gegen Schäden durch Sturm, Hagel, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch.

(2) Im Sinne dieser Bedingungen sind

d) Felssturzschäden, Steinschlagschäden oder Erdrutschschäden Schäden, die an den versicherten Sachen durch in Bewegung geratene Felsblöcke, Gesteinsteile oder Erdmassen verursacht werden.

(8) Im Falle von

...

b) Erdbeben, Bodensenkung, unterirdischem Feuer oder außergewöhnlichen Naturereignissen,

haftet der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass der Schaden mit diesen Ereignissen oder deren Folgezuständen weder

unmittelbar noch mittelbar im Zusammenhang steht. Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher im Sinne des KSchG, so obliegt der Nachweis dem Versicherer.

...“

Der Antragsteller begehrt die Zahlung der Reparaturkosten am versicherten Gebäude infolge der im Dezember 2021 gemeldeten Schäden

Der von der antragsgegnerischen Versicherung beauftragte Sachverständige ... hält in seinem Gutachten vom 1. 2. 2022 Folgendes fest:

„... Das Wohnhaus von Herrn ... steht im tiefsten Bereich einer Siedlung. Oberhalb des Wohnhauses von Herrn ... sind an beiden Straßenseiten Einfamilienwohnhäuser errichtet. Zwischen den Wohnhäusern bergab führt eine befestigte Straße.

Das Wohnhaus von Herrn ... wurde, so teilte er bei der Befundaufnahme mit, 1990 durch ein Bauunternehmen errichtet. Das Gebäude wurde nach Vorgaben der Bauverhandlung errichtet.

Seit einigen Jahren bemerkt Herr ... nun bei seinem Wohnhaus bzw im Bereich des Traufenpflasters Setzungsrisse. Im Wohnhaus im Keller sind stufenweise Risse entstanden, die auf Senkungen des Erdreichs schließen lassen. Auch der Zusammenbau der Doppelgarage mit dem Wohnhaus weist Risse auf.

Herr ... hat sich daher in der Folge an das Ingenieurbüro für Bauphysik ... von Herrn Dipl.-Ing. ... gewandt. Durch das technische Büro wurden durch die Firma ... zwei Rammsondierungen vorgenommen, aufgrund derer eine dringende Stabilisierung des Bodens unterhalb des Gebäudes erforderlich ist. Es liegt keine ausreichende statische Festigkeit des Bodens in diesem Bereich mehr vor.

Bis in eine Tiefe von zirka 5 m ist keine Bodenstabilisierung des Untergrunds gegeben, sodass diese künstlich errichtet werden muss. Zur Stabilisierung wird empfohlen, mittels Rammlanzen, welche dann mit Injektionsharz ausgefüllt werden, bis in die Tiefe von 5 m die Stabilisierung herzustellen und so die Festigkeit des Untergrunds herzustellen.

Für die Befestigungsarbeiten ist es erforderlich, Teile des Traufenpflasters abzuheben, seitlich zu lagern und wieder zu verlegen. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass größere Mengen zu Bruch gehen. Im Gutachten wird hier von einem Teilbruch ausgegangen. Es ist allerdings eine Ausweitung diesbezüglich möglich, da dem Sachverständigen nicht bekannt ist, wie die Traufenpflasterplatten genau versetzt sind. Sollten diese tatsächlich in Beton verlegt worden sein, so wäre der Materialaufwand größer als im Gutachten angesetzt. Diesbezüglich wäre dann eine Rechnungsprüfung erforderlich.

Durch den labilen Boden kam es bereits auch zu Verformungen der Ablaufleitung unter dem Gebäude bzw auch im Traufenpflaster. Hier sind noch Sanierungen mittels Inliner möglich. Diesbezüglich liegt ein Angebot der Firma ... vor und kann dieses allerdings nur teilweise anerkannt werden, da auch Sanierungen bei Rohrsträngen, die Ablagerungen aufweisen, angeboten werden. Bezüglich dieser Rohrstränge handelt es sich um Instandhaltungsarbeiten. ...“

Der Sachverständige schätzt den erforderlichen Reparaturaufwand auf 88.521,60 € inklusive Mehrwertsteuer.

Die Antragsgegnerin lehnte in weiterer Folge die Deckung ab, denn die Schäden seien auf eine nicht versicherte Bodensenkung zurückzuführen.

Der Antragsteller beauftragte die ... mit der Erstellung eines geologisch-geotechnischen Gutachtens. Im Gutachten vom 1. 7. 2022 heißt es:

„... Sowohl beruhend auf der Historienrecherche als auch den jüngst durchgeführten Erkundungen vor Ort kann geschlossen werden, dass die aufgetretenen Gebäudeschäden auf ein langsames Hangkriechen im Bereich des Hangfußes zurückzuführen sind. Wie die Rammsondierungen und Rammkernsondierungen zeigen, sind die Bodenschichten im Bereich des Hangfußes zum Teil stark aufgeweicht, wodurch die Standsicherheit des Untergrunds deutlich herabgesetzt wurde. Dabei können die Wässer entlang der sandigen Lagen zuströmen und führen zu einer Aufweichung der schluffig-tonigen Materialien. Durch die Wasserführung verlieren die am Projektgrundstück anstehenden neogenen feinkörnigen und bindigen Sedimenten – welche entsprechend sensibel auf Feuchtigkeitsänderungen reagieren – an Tragfähigkeit. Zusätzlich sind diese aufgeweichten Zonen ein guter ‚Gleithorizont‘ und die hangenden Materialien (Löss) kriechen samt dem darauf errichteten Objekt talwärts. Auch wenn sich der Standort direkt am Hangfuß befindet

129 3/2023 RSS-Empfehlungen

bzw gerade deswegen, kommt es zu seitlichen Ausweichbewegungen mit einem Hineingleiten in den aufgeweichten Talboden, was letztlich die Schäden am Haus auslösen.

Gemäß Aussagen von Herrn ... befindet sich die Sohlfläche der Streifenfundamente bei rund 2,0 m unter der straßenseitigen Geländeoberkannte. Der oberste Hangwasserzutritt befindet sich bei zirka 3,2 m unter der Geländeoberkannte und liegt somit unterhalb der Fundamentaufstandsfläche. Gemäß Aussagen von Herrn ... weisen die meisten Häuser, welche am Hangfuß entlang der Straße errichtet wurden, Risse im Mauerwerk auf.

Festzuhalten ist außerdem, dass dieses Objekt in seiner zirka 30-jährigen Bestandsdauer keinerlei Schäden aufwies und diese erst seit 2020 auftreten. Ob dies in Zusammenhang mit natürlichen Ereignissen, geänderten Bewirtschaftungsmethoden der oberhalb liegenden Agrarflächen, Wassereinbzw -ableitungen entlang der Straße oder Änderungen der hydrogeologischen Rahmenbedingungen im ... Graben zusammenhängt, konnte im Rahmen der gegenständlichen Untersuchungen nicht geklärt werden. ...“

Die Antragsgegnerin hat am Schlichtungsverfahren nicht teilgenommen. Gemäß Punkt 4.3. der RSS-Satzung war daher der vom Antragsteller geschilderte Sachverhalt der Empfehlung zugrunde zu legen.

RSS-Empfehlung:

Der Antragsgegnerin wird die Deckung des Schadens ... aus der Sturmschadensversicherung ... empfohlen.

...

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 und 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RIS-Justiz RS0050063 [insbesondere T71]; RS0112256 [T10]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901).

Der OGH, der zur Auslegung von allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen ist, wenn das Berufungsgericht höchstgerichtliche Rechtsprechung missachtet hat oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (vgl RIS-Justiz RS0121516), hat in seiner Entscheidung vom 28. 9. 2016, 7 Ob 166/16m, festgehalten, dass es grundsätzlich mit dem Sprachgebrauch übereinstimme, wenn infolge der Gefahr „Erdrutsch“ nur Schäden versichert sind, die unmittelbar aus einer Abwärtsbewegung von Erd- und Gesteinsmassen im Sinne eines dynamischen Prozesses und nicht einer bloß statischen Krafteinwirkung resultieren. Ob auch ein langsameres „Abgleiten“ von Bodenschichten für die Annahme eines Erdrutsches im Sinne der Bedingungen ausreicht, war nach den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanzen nicht zu beurteilen.

Mitunter wird ein Erdrutsch auch als naturbedingte Abwärtsbewegung von Boden- oder Gesteinsmassen auf einer unter der Oberfläche liegenden Gleitbahn bezeichnet (vgl etwa Lambauer in Bildungsakademie der Österreichischen Versicherungswirtschaft, Versicherungshandbuch, IV. Teil, S 55). Davon abgegrenzt ist eine Erdsenkung als eine naturbedingte Absenkung über natürlichen Hohlräumen (vgl Rüffer in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch2 [2009] § 32 Rz 324).

Gemäß Punkt 4.3. der Satzung ist der vom Antragsteller geschilderte Sachverhalt, somit auch das von ihm zur Unterstützung seines Begehrens vorgelegte Sachverständigengutachten der ..., der Empfehlung zugrunde zu legen. Die dortigen Feststellungen, wonach die „aufgeweichten Zonen einen guten Gleithorizont“ bilden und die „Materialien samt dem darauf errichteten Objekt talwärts kriechen“, führen zum Schluss, dass das Schadensverhalten einem Erdrutsch, nicht aber einer Erdsenkung entspricht.

Es war daher spruchgemäß zu empfehlen.

In einem allfälligen streitigen Verfahren wäre von der jeweiligen Partei die für sie günstigen Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, das heißt der Antragsteller für das Vorliegen eines Schadens durch eine versicherte Gefahr bzw der Kausalität dieser Gefahr für die eingetretenen Schäden bzw der Versicherer für das Vorliegen eines Risikoausschlusses.

Rechtsschutzversicherung: E-Scooter ist kein Kraftfahrzeug

RSS-E 30/23

1. Während der Begriff „Kraftfahrzeug“ sich unmittelbar aus § 2 KFG ableiten lässt, findet sich der in Art 17 ARB 2010 verwendete Begriff „Motorfahrzeug“ in der StVO, dem KFG und dem FSG nicht; er wird lediglich in diversen internationalen Vereinbarungen verwendet.

2. Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer wird sich daher zuerst am Begriff „Fahrzeug“ orientieren; ein „Motorfahrzeug“ wird sodann ein Vehikel sein, welches die Kriterien eines Fahrzeugs im Sinne des § 2 Abs 1 Z 19 StVO erfüllt und zugleich mit einem Motor zur Unterstützung der Fortbewegung angetrieben ist.

3. Gemäß § 2 Abs 1 Z 19 StVO ist ein Fahrzeug ein „zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Beförderungsmittel oder eine fahrbare Arbeitsmaschine, ausgenommen Rollstühle, Kinderwagen, Schubkarren und ähnliche, vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge (etwa Mini- und Kleinroller ohne Sitzvorrichtung, mit Lenkstange, Trittbrett und mit einem äußeren Felgendurchmesser von höchstens 300 mm) sowie fahrzeugähnliches Spielzeug (etwa Kinderfahrräder mit einem äußeren Felgendurchmesser von höchstens 300 mm und einer erreichbaren Fahrgeschwindigkeit von höchstens 5 km/h) und Wintersportgeräte“. Ein E-Scooter erfüllt daher die Definition eines Fahrzeugs nicht, handelt es sich hier doch um ein Kleinfahrzeug.

4. Gemäß § 88b Abs 2 Satz 1 StVO haben sich Benutzer von E-Scootern aber so zu verhalten wie Radfahrer. Von ihnen sind nicht nur die spezifisch für Radfahrer geltenden Verhaltensvorschriften einzuhalten (vgl § 68 StVO mit der Überschrift „Verhalten der Radfahrer“), sondern auch all jene, die allgemein für Fahrzeuglenker gelten und somit auch für Radfahrer. Dadurch werden aber Fahrer von E-Scootern nicht zu Radfahrern und auch nicht zu Lenkern von Fahrzeugen. Der Antragsteller hat bei der antragsgegnerischen Versicherung eine ... Fahrzeug-Rechtsschutzversicherung ... abgeschlossen, welche unter anderem den Baustein „Schadenersatz- und Herausgabe-Rechtsschutz“ (gemäß Art 17.2.1 ARB 2010) umfasst.

Laut Polizze gelten als versicherte Fahrzeuge „sämtliche privat genutzten Kraftfahrzeuge, das heißt alle auf den Versicherungsnehmer und seine Angehörigen zugelassenen, ausschließlich privat genutzten Landkraftfahrzeuge und Anhänger“

Vereinbart sind die ARB 2010, welche auszugsweise lauten:

„Artikel 17 – Schadenersatz- und Herausgabe-, Straf- und Führerschein-Rechtsschutz (Fahrzeug-Rechtsschutz) – je nach Vereinbarung – mit oder ohne Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben je nach Vereinbarung

1.1. der Versicherungsnehmer und seine Angehörigen (Artikel 5.2) für alle nicht betrieblich genutzten Motorfahrzeuge zu Lande und zu Wasser sowie Anhänger oder ..., die in ihrem Eigentum stehen, von ihnen gehalten werden, auf sie zugelassen oder von Ihnen geleast sind.

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1. Schadenersatz- und Herausga be-Rechtsschutz für die Geltendmachung von

RSS-Empfehlungen 3/2023 130

2.1.1. Ansprüchen aufgrund gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Schadens, soweit diese aus der bestimmungsgemäßen Verwendung des versicherten Motorfahrzeugs entstehen; ...“

Der Antragsteller begehrte Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Lenker bzw Halter bzw den Kfz-Haftpflichtversicherer eines Kraftfahrzeugs, mit dem er –auf einem E-Scooter fahrend – am 13. 7. 2022 zusammenstieß ...

Die Antragsgegnerin lehnte mit Schreiben vom 25. 7. 2022 die Deckung mit der Begründung ab, der Versicherungsfall falle nicht in den versicherten Baustein „Kfz-Schadenersatz-Rechtsschutz“, sondern in den Allgemeinen Schadenersatz-Rechtsschutz. Gemäß der Polizze bestehe Versicherungsschutz für sämtliche privat genutzten Kraftfahrzeuge, bei einem E-Scooter im Sinne des § 88d StVO handle es sich jedoch um kein Kraftfahrzeug.

Der Antragsgegner hat am Schlichtungsverfahren teilgenommen.

RSS-Empfehlung:

Der Antrag, der antragsgegnerischen Versicherung die Deckung des Rechtsschutzfalles ... aus der Fahrzeug-Rechtsschutz-Versicherung ... zu empfehlen, wird abgewiesen.

Soweit sich die Antragsgegnerin darauf beruft, dass gemäß der Polizze Versicherungsschutz für „Kraftfahrzeuge“ besteht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie selbst in ihren Versicherungsbedingungen auf den Begriff „Motorfahrzeuge“ abstellt. Gemäß § 915 ABGB geht diese Unklarheit zulasten desjenigen, der sich dieser unklaren Äußerung bedient hat, hier also zulasten der Antragsgegnerin.

Während der Begriff „Kraftfahrzeug“ sich unmittelbar aus § 2 KFG ableiten lässt, findet sich der Begriff „Motorfahrzeug“ in der StVO, dem KFG und dem FSG nicht; er wird lediglich in diversen internationalen Vereinbarungen verwendet.

Ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer wird sich daher zuerst am Begriff „Fahrzeug“ orientieren; ein „Motorfahrzeug“ wird sodann ein Vehikel sein, welches die Kriterien eines Fahrzeugs im Sinne des § 2 Abs 1 Z 19 StVO erfüllt und zugleich mit einem Motor zur Unterstützung der Fortbewegung angetrieben ist.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 19 StVO ist ein Fahrzeug ein „zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Beförderungsmittel oder eine fahrbare Arbeitsmaschine, ausgenommen Rollstühle, Kinderwagen, Schubkarren und ähnliche, vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge (etwa Mini- und Kleinroller ohne Sitzvorrichtung, mit Lenkstange, Trittbrett und mit einem äußeren Felgendurchmesser von höchstens 300 mm) sowie fahrzeugähnliches Spielzeug (etwa Kinderfahrräder mit einem äußeren Felgendurchmesser von höchstens 300 mm und einer erreichbaren Fahrgeschwindigkeit von höchstens 5 km/h) und Wintersportgeräte“. Ein E-Scooter erfüllt daher die Definition eines Fahrzeugs nicht, handelt es sich hier doch um ein Kleinfahrzeug.

Gemäß § 88b Abs 2 Satz 1 StVO haben sich Benutzer von E-Scootern aber so zu verhalten wie Radfahrer. Von ihnen sind nicht nur die spezifisch für Radfahrer geltenden Verhaltensvorschriften einzuhalten (vgl § 68 StVO mit der Überschrift „Verhalten der Radfahrer“), sondern auch all jene, die allgemein für Fahrzeuglenker gelten und somit auch für Radfahrer. Dadurch werden aber Fahrer von E-Scootern nicht zu Radfahrern und auch nicht zu Lenkern von Fahrzeugen (vgl LVwG Wien 17.12. 2021, VGW-031/084/16095/2021).

Auch bei Auslegung der ARB 2010 im Sinne der §§ 914 ff ABGB ist daher ein Unfall, der sich beim Fahren mit einem Elektro-Scooter ereignet, nicht dem Kfz-Schadenersatz-Rechtsschutz im Sinne des Art 17 ARB 2010 zuzuordnen.

Abgrenzung von Schadensfällen zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Privathaftpflichtversicherung

RSS-E 32/23

1. Die Bestimmung des Art 15.4.3 ABH 2017 dient der Abgrenzung von Schadensfälle n zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Privathaftpflichtversicherung. Die Abgrenzung soll Doppelv ersicherungen vermeiden.

2. In diesem Sinn sind Schadenersatzverpflichtungen aus der Haltung oder Verwendung der nach dem österreichischen KFG kennzeichenpflichtigen Kraftfahrzeuge schlechthin von der Haushaltsversicherung ausgeschlossen.

3. Vorbereitungshandlungen für das Be- und Entladen werden zum Ladevorgang gerechnet, der zur Verwendung des Fahrzeugs gehört. Nicht dem Gebrauch zuzurechnen sind dagegen solche Vorbereitungshandlungen vor Beginn des Beladens, bei denen das Fahrzeug noch nicht beteiligt ist.

4. Sobald der Kofferraum geöffnet wird, um den Inhalt des Einkaufswagens in das Fahrzeug zu laden, liegen eine Beladung und somit eine Verwendung des Kraftfahrzeugs vor. Dies lässt sich auch mit der durch die Beladung erfolgenden erhöhten Gefahrenlage begründen. Um die Heckklappe zu öffnen, ist es in der Regel notwendig, zumindest eine Hand vom Einkaufswagen zu nehmen. Damit ist aber die Kontrollmöglichkeit hinsichtlich des Einkaufswagens bereits reduziert, umso mehr, wenn beide Hände verwendet werden, um zB Beschädigungen durch ein zu schwungvolles Öffnen der Heckklappe zu vermeiden. Das Abrollen eines Einkaufswagens, während die Heckklappe des mit den Einkäufen zu beladenden Fahrzeugs geöffnet wird, ist daher dem Beladungsvorgang, somit der Verwendung des Fahrzeugs zuzurechnen, weshalb keine Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung besteht.

Die Versicherungsnehmerin bringt ihren Einkaufswagen zum geparkten Auto. Als sie den Einkaufswagen loslässt, um den Einkauf in das Fahrzeug zu räumen, setzt sich der Einkaufswagen auf dem abschüssigen Gelände in Bewegung und beschädigt ein anderes Fahrzeug. Der Privathaftpflichtversicherer lehnt den Versicherungsschutz ab und verweist auf den Kfz-Haftpflichtversicherer und umgekehrt.

Die Antragsgegner hat am Schlichtungsverfahren nicht teilgenommen.

RSS-Empfehlungen:

Der Antrag, der antragsgegnerischen Versicherung die Deckung des Schadens ... aus der Privathaftpflichtversicherung ... zu empfehlen, wird abgewiesen.

Die Bestimmung des Art 15.4.3 ABH 2017 dient der Abgrenzung von Schadensfällen zwischen der Kfz-Haftpflichtversicherung und der Privathaftpflichtversicherung. Die Abgrenzung soll Doppelversicherungen vermeiden.

In diesem Sinn sind Schadenersatzverpflichtungen aus der Haltung oder Verwendung der nach dem österreichischen KFG kennzeichenpflichtigen Kraftfahrzeuge schlechthin von der Haushaltsversicherung ausgeschlossen (vgl RIS-Justiz RS0110470).

Vorbereitungshandlungen für das Be- und Entladen werden zum Ladevorgang gerechnet, der zur Verwendung des Fahrzeugs gehört (OGH 18. 1. 1995, 7 Ob 3/95; 5. 6. 2002, 2 Ob 214/01m; 5. 8. 2003, 7 Ob 148/03w; 27. 11. 2008, 7 Ob 182/08b). Nicht dem Gebrauch zuzurechnen sind dagegen solche Vorbereitungshandlungen vor Beginn des Beladens, bei denen das Fahrzeug noch nicht beteiligt ist (OGH 15. 12. 2004, 7 Ob 177/04m; 27. 11. 2008, 7 Ob 182/08b; vgl auch OGH 22. 4. 2014, 7 Ob 39/14g).

131 3/2023 RSS-Empfehlungen

Im vorliegenden Fall bringt die Antragstellervertreterin vor, der Beladevorgang habe noch nicht begonnen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Sobald der Kofferraum geöffnet wird, um den Inhalt des Einkaufswagens in das Fahrzeug zu laden, liegen eine Beladung und somit eine Verwendung des Kraftfahrzeugs vor (vgl Maitz, AHVB/EHVB [2018] 137). Dies lässt sich auch mit der durch die Beladung erfolgenden erhöhten Gefahrenlage begründen. Um die Heckklappe zu öffnen, ist es in der Regel notwendig, zumindest eine Hand vom Einkaufswagen zu nehmen. Damit ist aber die Kontrollmöglichkeit hinsichtlich des Einkaufswagens bereits reduziert, umso mehr, wenn beide Hände verwendet werden, um zB Beschädigungen durch ein zu schwungvolles Öffnen der Heckklappe zu vermeiden. Das Abrollen eines Einkaufswagens, während die Heckklappe des mit den Einkäufen zu beladenden Fahrzeugs geöffnet wird, ist daher dem Beladungsvorgang, somit der Verwendung des Fahrzeugs zuzurechnen, weshalb keine Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung besteht.

Rechtsschutz in Erbrechtssachen

gemäß Art26 ARB 2003

RSS-E 36/23

1. Es ist zwar ein erbrechtlicher Anspruch Anlass des Vorgehens des Versicherungsnehmers gegen den Schenkungsempfänger, jedoch soll im Ergebnis von ihm die Schenkung angefochten werden. Diese Anfechtung einer Schenkung wegen List (eine Anfechtung wegen Irrtums kommt wegen Ablaufs der dreijährigen Anfechtungsfrist nicht in Betracht) wäre von der ursprünglichen Schenkerin bzw deren Erben vorzunehmen.

2. Eine solche Anfechtung ist aber kein in den Bausteinen der Rechtsschutzversicherung versichertes Risiko.

3. Der erbrechtliche Anspruch auf Herausgabe des Erbes, das dem Antragsteller aufgrund des zwischenzeitlich verschwundenen und nunmehr aufgetauchten Testaments vorenthalten wurde (Herausgabe der Liegenschaftshälfte bzw Wertersatz nach § 1041 ABGB), würde sich gegen die Scheinerben nach F. W., somit gegen die Erben der J. W. richten.

4. Soweit die Erben nach J. W. zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs ihr Anfechtungsrecht an den Antragsteller abtreten würden, ist aber die Deckung weiters auch deshalb ausgeschlossen, weil die Forderung im Sinne des Art 7.2.4 ARB 2003 erst nach Eintritt des Versicherungsfalles an den Antragsteller abgetreten worden wäre.

Der Antragsteller hat bei der antragsgegnerischen Versicherung eine Rechtsschutzversicherung ... abgeschlossen. Diese beinhaltet unter anderem im Privatbereich den Rechtsschutz-Baustein „Rechtsschutz in Erbrechtssachen“. Vereinbart sind die ARB 2003, welche auszugsweise lauten:

„Artikel 7 – Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

2. Vom Versicherungsschutz sind ferner ausgeschlossen

2.4. die Geltendmachung von Forderungen, die an den Versicherungsnehmer abgetreten wurden, und die Abwehr von Haftungen aus Verbindlichkeiten anderer Personen, die der Versicherungsnehmer übernommen hat, wenn die Abtretung oder Haftungsübernahme erfolgte, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist oder nachdem vom Versicherungsnehmer, Gegner oder einem Dritten eine den Versicherungsfall auslösende Rechtshandlung oder Willenserklärung vorgenommen wurde

Artikel 26 – Rechtsschutz in Erbrechtssachen

1. Wer ist versichert?

Versicherungsschutz haben der Versicherungsnehmer und seine Angehörigen (Artikel 5.1).

2. Was ist versichert? Der Versicherungsschutz umfasst

2.1. die Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor Gerichten

2.1.1. aus dem Erbrecht;

2.1.2. aus Pflichtteils- oder Vermächtnisansprüchen;

2.1.3. aus Verträgen auf den Todesfall;

2.2. vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens gemäß Punkt 2.1. – Kosten außergerichtlicher Mediation (Artikel 6.6.7), – Kosten für die außergerichtliche Wahrnehmung rechtlicher Interessen bis 1 % der Versicherungssumme, sofern die Angelegenheit dadurch oder im Zusammenhang mit einer Mediation endgültig beendet ist;

2.3. die Geltendmachung von reinen Vermögensschäden, die im Zusammenhang mit Angelegenheiten gemäß Punkt 2.1.1. bis Punkt 2.1.3. eintreten. ...“

Der Antragsteller begehrt Rechtsschutzdeckung für folgenden Rechtsstreit ...:

Der Onkel des Antragstellers, F. W., starb am 28. 4. 2016; seine Ehegattin J. W. erbte dessen Hälfteanteil am gemeinsamen Haus.

J. W. schenkte mit Vertrag vom 9. 8. 2016 (unter Zurückbehaltung eines lebenslangen Wohn- bzw Fruchtgenussrechts) die gesamte Liegenschaft ihrem Enkel C. L. Hier steht der Vorwurf im Raum (siehe Schreiben ... vom 12. 3. 2021), dass diese Schenkung anfechtbar oder sogar nichtig ist, weil C. L. J. W. getäuscht hätte. J. W. verstarb im Jahr 2019.

Im Frühling 2020 tauchte ein Testament des F. W. aus dem Jahr 2012 auf, in dem er den Antragsteller als „Alleinerben“ des Hälfteanteils an der Liegenschaft einsetzte.

Der Antragsteller fordert nun von C. L. den Hälfteanteil an der Liegenschaft bzw eine Ablöse.

Der Versicherer lehnt die Deckung ab; es handle sich um kein versicherbares Risiko. Der Antragsteller fordert jedoch die Deckung aus dem Baustein „Rechtsschutz in Erbrechtssachen“

Die Antragsgegner hat am Schlichtungsverfahren teilgenommen.

RSS-Empfehlungen:

Der Antrag, der antragsgegnerischen Versicherung die Deckung des Rechtsschutzfalles ... aus der Rechtsschutzversicherung ... zu empfehlen, wird abgewiesen.

...

Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind.

Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass es sich um eine Interessenwahrnehmung aus dem Bereich des Erbrechts handelt, ist ihm entgegenzuhalten, dass zwar ein erbrechtlicher Anspruch Anlass seines Vorgehens gegen den Schenkungsempfänger ist, jedoch soll im Ergebnis von ihm die Schenkung angefochten werden. Diese Anfechtung einer Schenkung wegen List (eine Anfechtung wegen Irrtums kommt wegen Ablaufs der dreijährigen Anfechtungsfrist nicht in Betracht) wäre von der ursprünglichen Schenkerin bzw deren Erben vorzunehmen.

Eine solche Anfechtung ist aber, wie die Antragsgegnerin richtig ausführt, kein in den Bausteinen der Rechtsschutzversicherung versichertes Risiko.

Der erbrechtliche Anspruch auf Herausgabe des Erbes, das dem Antragsteller aufgrund des zwischenzeitlich verschwundenen und nunmehr aufgetauchten Testaments vorenthalten wurde (Herausgabe der Liegenschaftshälfte bzw Wertersatz nach § 1041 ABGB), würde sich gegen die Scheinerben nach F. W., somit gegen die Erben der J. W. richten.

Soweit die Erben nach J. W. zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs ihr Anfechtungsrecht an den Antragsteller abtreten würden, ist aber die Deckung weiters auch deshalb ausgeschlossen, weil die Forderung im Sinne des Art 7.2.4 ARB 2003 erst nach Eintritt des Versicherungsfalles an den Antragsteller abgetreten worden wäre.

RSS-Empfehlungen 3/2023 132
...

9. Kremser Versicherungsforum

7. Nov. 2023

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• Risikomanagement und Versicherung – 1 Semester, berufsbegleitend

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Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen Fachbereich Versicherungsrecht www.donau-uni.ac.at/versicherung

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