GUTE TAGE, GUTE NÄCHTE BETRACHTUNGEN UND EMPFEHLUNGEN ZUR LINZER LEBENSKUNST
LINZ.VERÄNDERT,
GUTE TAGE, GUTE NÄCHTE BETRACHTUNGEN UND EMPFEHLUNGEN ZUR LINZER LEBENSKUNST
Georg Steiner, Florian Sedmak und andere
LINZ.VERÄNDERT,
1. Auflage / 2015 Copyright © 2015 by Tourismusverband Linz Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Abdrucks oder der Reproduktion einer Abbildung, sind vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ohne Zustimmung des Tourismusverbandes Linz ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
INHALTSVERZEICHNIS
4 … Linz.verändert, 8 13 16 20 24 28 32 34 36 40 46 50 54 58 62 66 70 74 78 82 86 90 94 98 100
Ich schaue auf den Abend Meditieren Glücklich sein Ins Grüne gehen Komm, Herr Jesus, sei unser Gast Wofür es sich zu leben lohnt Slow Food: Mahl mit Zeit Essen ohne Schall und Rauch Schweine wie wir Shoppen Gemma auf an Kaffee! Ein Luxusgut: Die Linzer Torte Online sein Musik hören/erleben Ein Museum besuchen Ausgehen Taxi: Mitten im Leben sitzend nach Hause Baden Fernsehabende, Fernsehnächte Lesen Sex Schlafen Träumen Und nun: die Gute-Nacht-Geschichte Die Autorinnen und Autoren
… LINZ. VERÄNDERT,
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Sie sind in Linz zu Besuch oder beschäftigen sich mit der Stadt an der Donau. Mit ungewöhnlichen Impulsen wollen wir Ihnen zeigen, dass Sie hier mitten im Leben angekommen sind. Nicht der beschauliche Blick zurück auf Ruinen, Burgen, Schlösser und Kirchen steht im Vordergrund. Linz steht für Entdeckungen, Horizonterweiterung, neue Sichtweisen, ist wirtschaftlicher und technischer Schrittmacher. Und die Auszeichnung als UNESCO City of Media Arts dokumentiert, dass auch Kunst und Kultur hier von der Gegenwart geprägt werden. Tourismus bewegt sich so oft auf der Welt in tief eingefahrenen Geleisen.
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… LINZ.VERÄNDERT,
Suchen Sie nicht nach dem, was Sie schon kennen. Durch Offenheit für Neues entstehen ganz andere Zusammenhänge. Und nur wer immer wieder was Neues ausprobiert, entwickelt sich weiter oder weiß das Alte erst besonders zu schätzen. LINZ, DAS KRUMME DING
Das kommt wohl nicht von ungefähr. Schon der ursprüngliche Name der Stadt – „Lentos“ – steht im Keltischen für „biegsam“. War damit ursprünglich die Krümmung und Richtungsänderung der Donau gemeint, hat sich die Namensgebung im Lauf der Jahre als regelrecht prophetisch erwiesen. Die Fähigkeit, sich zu verändern und neu auszurichten, ist Teil der DNA von Linz. 6
ANSTIFTUNG ZUM ENTDECKEN
So treibt auch uns TouristikerInnen in Linz der Wunsch an, dieses Element der urbanen DNA mit unseren Gästen zu teilen. Wir stiften dazu an, Neuland zu betreten und neugierig zu bleiben. Hin und wieder die Perspektive zu wechseln. Kurz gesagt: Wir glauben an Inspiration, Genuss und Freude durch eine Veränderung im Sehen,
TOURISMUSVERBAND LINZ
Denken und Handeln. „Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern“, lautet klug und beherzigenswert eine Empfehlung von Konfuzius. ÜBUNGEN IN LEBENSKUNST – MENSCH BLEIBEN!
Wer in Linz zu Gast ist, soll das ganze Leben entdecken. Nicht nur die Geschäfte, nicht nur die Kultur und Geschichte – die Zusammenhänge, die uns im Leben weiterbringen und uns Neues eröffnen. Wir haben Beiträge von interessanten Menschen zusammengestellt, die Sie mit Gewinn und Nutzen lesen und reflektieren können und mit denen Sie das Alltägliche neu betrachten und interpretieren sollen. Diese Anleitungen und Reflexionen zu den verschiedensten Disziplinen und Genres der Lebenskunst haben wir in den vergangenen Jahren mal hier, mal dort veröffentlicht – und uns nun entschlossen, Sie Ihnen gesammelt als Lektüre und zur Umsetzung in die Tat zu empfehlen. IHR TOURISMUSVERBAND LINZ
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ICH SCHAUE AUF DEN ABEND VON DALIBOR TRUHLAR
ich schaue auf den abend dessen vorhang sich langsam senkt die welt ist gut, die welt ist schlecht seltsam, was man so denkt. ein augenblick von halten ein augenblick von gehen die sonne muss verlöschen damit wir die sterne sehen. der erste kuss, das letzte wort sie sagen, wer ich bin ein lächeln, eine träne es hat alles einen sinn. 8
ich schaue auf den abend dessen schatten die welt verhüllt das leben gibt, das leben nimmt seltsam, wie man so fühlt. ein augenblick von wachen ein augenblick von traum das licht neigt sich zum schlafen in dieser zeit, in diesem raum.
der erste schrei, der letzte blick sie zeigen, wie ich bin eine frage, eine antwort es hat alles einen sinn. 9
ich schaue auf den abend dessen atem kommt und schweigt das alles ist ein zwinkern im lächeln einer ewigkeit. du musst den augenblick betrachten du musst den augenblick verstehen wir mĂźssen die augen schlieĂ&#x;en damit wir mit der seele sehen.
ICH SCHAUE AUF DEN ABEND / DALIBOR TRUHLAR
die w채rme muss sich k체hlen damit dunst ein neues bl체hen schafft das feuer muss versiegen damit glut sich neu entfacht. die stimme muss verhallen damit ihr wort neu erklingt und alles muss sich wandeln damit alles neu beginnt. der himmel muss sich dunkeln damit der wald sich ruhen legt damit der tag aus nacht geboren zum neuen morgen aufersteht. 10
das l채cheln und die liebe sie sind, was ich bin schau mal auf den abend es macht alles einen sinn.
DALIBOR TRUHLAR: lyrisches und AMORatisches. Trauner Verlag
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MEDITIEREN VON PETER LICHTKOPPLER
Zen-Meditation, Transzendentale Meditation, MantraRezitation, Visualisierung, dynamische Meditation … die Vielfalt der Meditationsformen und -techniken wirkt verwirrend groß. Lassen Sie sich davon nicht beirren – es gibt eigentlich nichts, was einfacher wäre, als zu meditieren. Sie meditieren bereits, wenn Sie bloß bewusst atmen. Das ist so einfach, dass es manchen nicht kompliziert genug scheint. In den Veden, der großen Textsammlung des Hinduismus, heißt es, dass mit jedem Ausatmen ein Universum entsteht – und mit jedem Einatmen wieder vergeht. INNEHALTEN UND DEN GEIST ANHALTEN
So einfach es einerseits klingt, bewusst zu atmen, so schwer ist es andererseits auch. Das liegt an unserem Geist, der leider nicht gerne lange bei einer Sache bleibt, sondern – in den Worten des Zen-Meisters Taisen Deshimaru – lieber „wie ein geschäftiger Affe“ hin und her hüpft. Der Zweck des Meditierens liegt darin, das quirlige Äffchen wenigstens für einige Augenblicke ruhen zu lassen. Bereits eine kurze Auszeit vom ständigen Denken ist für unseren Organismus eine Wohltat. Wenn Sie es schaffen, fünf Minuten lang tief in den Bauch zu atmen, haben Sie schon gut meditiert. Nachher sind Sie präsenter, frischer und offener als vorher. Es muss ja nicht immer gleich um Erleuchtung gehen!
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MEDITIEREN
MEDITATION IN DER STRASSENBAHN
Diese Form der Meditation können Sie überall durchführen: in der Straßenbahn, vor einem wichtigen Termin, im Zug oder im Hotel. Es kommt nur darauf an, dass Sie es auch tun. In Ihrem Hotelzimmer können Sie dafür den Kopfpolster zu einem Sitzkissen falten. Sie brauchen aber weder im Schneider- noch im Lotos- oder Halblotossitz auf dem Boden auszuharren. Ruhig und aufrecht in einem Stuhl zu sitzen, mit beiden Fußsohlen fest am Boden und den Händen auf den Oberschenkeln, ist genauso dienlich. MACHEN SIE SICH KEINEN KOPF 14
Wichtig ist nur, so tief zu atmen, dass Ihr Brustkorb ganz still bleibt und Ihr Bauch herauskommt. Weiter brauchen Sie nichts zu tun – weder aktiv Luft einziehen noch ausstoßen. Vor allem ein forciertes Einatmen ist gar nicht so förderlich, wie wir meinen. Im Gegenteil: Wir im Westen neigen alle dazu, mehr ein- als auszuatmen. Ideal wäre es, vier Schläge im Tempo Ihrer Wahl einzuatmen und elf Schläge lang auszuatmen. Für die meisten von uns ist dieses Ideal unerreichbar. Lassen Sie einfach die Luft in Ihren Körper ein- und ausströmen und machen Sie sich keinen Kopf. Sich keinen Kopf zu machen ist ja der Kern des Meditierens.
PETER LICHTKOPPLER
AUF ZUR BUNTEN WIESE
Ein sehr guter Zeitpunkt zum Meditieren ist das Ankommen im Hotel. Setzen Sie sich nach dem Auspacken einfach ein paar Minuten hin, atmen Sie und kommen Sie an. Wenn Sie am Abend nichts mehr vorhaben, k旦nnen Sie sich auch aufs Bett legen und im Geiste einen Ort aufsuchen, an dem Sie sich wohlf端hlen. F端r sehr viele Menschen ist das eine Wiese. Statten Sie die Wiese vor Ihrem geistigen Auge mit Blumen, einem Bach und einer weichen Liegestatt aus und verweilen Sie dort. 15 Minuten Aufenthalt an diesem Ort bringen Ihnen die Entspannung von zwei Stunden Schlaf. DER SPRINGENDE SCHWARZE PUNKT
Wollen Sie sich anleiten lassen, finden Sie auf YouTube zahllose gef端hrte Meditationen. Und wenn Sie es wirklich wissen wollen, brauchen Sie nur einen schwarzen Punkt auf ein Blatt Papier zu malen, dieses an der Wand zu befestigen und aus ca. 1,5 Meter Abstand im Sitzen zu fixieren. Sie werden staunen, was der schwarze Punkt so alles anstellt.
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GLÜCKLICH SEIN VON MANFRED RAUCHENSTEINER
Der Schlüssel zum Glück liegt in der Bewusstheit. Bewusstheit heißt, keinen Widerstand gegen die Realität zu leisten. Es ist immer der Widerstand gegen das, was gerade ist, der Leid und Schmerz erzeugt. Sich der Realität und Ihrer selbst bewusst zu sein, führt zu freien
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Entscheidungen. Darüber, wie Sie auf ein Ereignis reagieren wollen und in welchem Gefühl Sie sein wollen. Denn das Leben stellt uns im Prinzip immer wieder ein und dieselbe Frage: Und was machst du jetzt? GLÜCK IN DER FREIHEIT
Wenn Sie diese Frage bewusst beantworten, sind Sie frei in Ihren Handlungen. Sie haben immer viele Möglichkeiten. So wie Sie sich entscheiden, werden Sie sich fühlen. In dieser Freiheit liegt das Glück. Nichts und niemand hat die Macht, Sie unglücklich zu machen – außer Sie entscheiden sich dazu, diese Macht abzugeben. Wenn Sie das tun, tun Sie es so gut wie immer unbewusst.
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GLÜCKLICH SEIN
In der Unbewusstheit leben Sie nur die Muster und Programme, die Sie in der prägnantesten und gleichzeitig schlimmsten Zeit Ihres Lebens gelernt haben: in Ihrer Kindheit. Das war die Zeit, in der Sie den ständigen Korrekturen und Kritiken anderer gegenüber weitgehend machtlos ausgeliefert waren. PROGRAMME AUFSPÜREN
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Wenn Sie Zorn, Trauer, Eifersucht oder Angst spüren, läuft gerade automatisch eine dieser damals erlernten Routinen ab. Das „Sich-Sorgen-Machen“ ist das wahrscheinlich schlimmste und sinnloseste dieser Programme. Um ein Programm zu spüren, brauchen Sie eine gute Körperwahrnehmung. Das, was wir als „schlechte Gefühle“ gelernt haben, macht Ihren Brustkorb eng. Von dort drückt es nach oben in die Kehle oder hinunter in den Bauch. Ihr Kopf wird Ihnen einen Hinweis geben, woher das Gefühl kommt. Sie sind nun frei, sich zu entscheiden, wie Sie reagieren und wie Sie sich fühlen wollen. Sogar wenn Sie sich bewusst dafür entscheiden, in Ihrem „schlechten Gefühl“ zu bleiben, werden Sie sich sofort besser fühlen.
MANFRED RAUCHENSTEINER
GEDANKEN SIND ENERGIE
Stellen Sie sich Ihre Gedanken als Informationsenergie vor, die sich manifestieren möchte. Denken Sie daher oft großartig, schätzen Sie Ihre Wünsche und Ihr Verlangen. Hören Sie dabei nicht auf Ihren Verstand. Er wird Ihnen meist abraten, denn in seiner Bequemlichkeit will er jede Veränderung verhindern. Gehen Sie mit einem offenen Geist durch das Leben. Entscheiden Sie sich möglichst klar und im Detail dafür, was Sie zum Beispiel als Gast in einer fremden Stadt erleben möchten. So erreichen Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit, was Sie wirklich wollen. Je klarer Sie sind, desto mehr können Sie selber entscheiden, was sich ereignen soll.
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INS GRÜNE GEHEN VON FRITZ SCHWARZ
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Es ist ganz egal, wo Sie in Linz gerade sind: Sie sind in wenigen Minuten im Gr端nen. Ein paar hundert Meter vom Hauptplatz, und Sie stehen im tiefsten M端hlviertel. Kaum eine Stadt hat einen derart hohen Gr端nlandanteil, schon gar nicht so nahe an der Innenstadt.
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INS GRÜNE GEHEN
LINZ ZU FÜSSEN HABEN
Nehmen Sie nur den Pöstlingberg: Vom Zentrum aus sind Sie schnell beim Petrinum. Über den Kreuzweg tauchen Sie geradezu aus der Stadt auf, die Ihnen dann wenig später zu Füßen liegt. Eine fantastische Tour ist auch die vom Hauptplatz auf den Freinberg. Eines der Highlights auf dem Weg ist die Martinskirche – die älteste Kirche Österreichs. Über die Römerstraße gelangen Sie in die wunderschöne Carl-Franck-Anlage. Das ist ein Park, der nach jenem jüdischen Malzfabrikanten benannt ist, der dem Franckviertel seinen Namen gegeben hat. 22
Den Park oben am Freinberg selbst gibt es seit dem 40-jährigen Thronjubiläum von Kaiser Franz Joseph 1888. Hier haben Sie einen unglaublichen Ausblick ins Mühlviertel und zu den Alpen. An klaren Tagen reicht der Blick bis zum Traunstein und zum Ötscher. TUCHFÜHLUNG MIT DER NATUR
Auch wenn Sie kein ausgewiesener Tier- und Pflanzenkenner sind, kommen Sie hier mit der Natur auf Tuchfühlung. Wenn Sie sich aber vorher ein wenig eingelesen haben, dann entdecken Sie umso mehr. Schließlich sind Städte ja ungemein artenreich.
FRITZ SCHWARZ
Zum einen fällt hier der Jagddruck auf die Tiere weg, und das spüren sie! Zum anderen gibt es in der Stadt Landschaftstypen, die anderswo längst verschwunden sind. Darum gibt es die extrem seltene Wechselkröte in Linz, wo sie im Industriegebiet jene nährstoffarmen und trockenen Schotterböden findet, die sie braucht. Eines der artenreichsten Gebiete in ganz Oberösterreich ist das Augebiet an der Mündung der Traun in die Donau, wo ich einmal einen entgeisterten Frosch im Rachen einer Ringelnatter verschwinden sehen habe. Gut 660 Hektar europäisches Naturschutzgebiet in der Stadt: Da müssen Sie viele Städte abklappern, bis Sie so etwas finden. HASEN AM PFARRPLATZ
Verschiedene Tiere nutzen die Stadt auch als künstliche Felslandschaft oder profitieren von den Brachen. Erst unlängst ist mitten in der Nacht ein Feldhase über den Pfarrplatz an mir vorbeigehoppelt. Unvergessen ist auch eine Zwergfledermaus, die ich am Taubenmarkt fast mit dem Rad überfahren und dann gerettet habe. Mit 3 cm Körperlänge ist sie das kleinste Säugetier Österreichs. Eigentlich unvorstellbar, so ein Exemplar am helllichten Tag mitten in der Stadt zu finden.
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KOMM, HERR JESUS, SEI UNSER GAST VON STEFAN SCHLAGER
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Das Leben ist eine Gabe, Essen und Trinken sind es auch. Weder ist die reiche Ernte eine Selbstverst채ndlichkeit, noch ist es ein reich gedeckter Tisch. Daran erinnert in unterschiedlichen Kulturen und Religionen seit tausenden von Jahren das Tischgebet. Vor und vereinzelt auch nach dem Essen wird es zum Dank 체ber die Speisen und als Segen gesprochen.
NACH DEM GEBOT MOSE
Ein sehr langes und eines der ältesten Tischgebete ist das jüdische Birkat haMason, das zu sprechen die Bibel im Buch Moses gebietet: Und du sollst essen und satt werden und segnen den Ewigen deinen Gott für das gute Land, das er dir gegeben hat. JÜDISCHE WURZELN
Das christliche Tischgebet stammt von den jüdischen Lobpreisungen und Segenssprüchen, den Brachot, ab. Das gemeinsame Mahlhalten ist in beiden Religionen etwas ganz Zentrales – am jüdischen Sabbat ebenso wie in der Verkündigung Jesu. Die vor dem Essen gesprochene Bracha lautet: Gepriesen bist du, Jahwe unser Gott, Schöpfer der Welt, für Speise und Trank: Durch sie gewährst du uns Leben und Freude. Gepriesen bist du in Ewigkeit. Das feierliche Tischgebet in großer Runde besteht zumeist aus Teilen des 104. Psalms und dem Gloria Patri. Im christlichen Alltag sind verschiedene gereimte Zweioder Vierzeiler gebräuchlich:
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KOMM, HERR JESUS, SEI UNSER GAST / STEFAN SCHLAGER
O Gott, von dem wir alles haben, wir preisen dich für deine Gaben. Du speisest uns, weil du uns liebst; o segne auch, was du uns gibst. DANKBARKEIT IM ISLAM …
Moslems erneuern ihre Wertschätzung für Speis und Trank jährlich durch den Fastenmonat Ramadan und danken für den vollen Tisch mit einer Du‘a, einem Bittund Dankgebet: O Gott, segne uns, unseren Unterhalt, den Du uns gegeben hast, und schütze uns vor dem Feuer, im Namen Gottes. 26
… UND IM BUDDHISMUS
Innerhalb der buddhistischen Tradition gibt es ein Tischgebet aus der Avatamsaka-Sutra. Darin gedenkt die oder der Betende aller Lebewesen, darunter auch der unzähligen Mikroorganismen im eigenen Körper: Möge die Nahrung, die ich erhalten habe, alle Wesen befähigen, satt zu werden. Ich selbst nehme die Nahrung zu mir, um sie ohne Gier ihnen zuteil werden zu lassen.
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WOFÜR ES SICH ZU LEBEN LOHNT VON ROBERT PFALLER
Ohne die Unvernunft unserer Ausgelassenheiten, Großzügigkeiten, Verschwendungen, unserer Geschenke, Feierlichkeiten, Heiterkeiten und Rauschzustände wäre unser Leben eine abgeschmackte Abfolge von Bedürfnissen und – bestenfalls – ihrer stumpfen Befriedigung; eine vorhersehbare, geistlose Angelegenheit ohne jegliche Höhepunkte, die insofern mehr Ähnlichkeit mit dem Tod hätte als mit allem, was den Namen des Lebens verdient. DIE WÜRDE DES MÜSSIGGANGS
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Die Zigarette, für die zwei Kollegen in der Besprechungspause zusammen vors Haus gehen, oder der Kaffee, zu dem Bekannte sich am Nachmittag verabreden, schlagen eine Bresche in die Monotonie oder Gehetztheit ihres Arbeitslebens. Das gibt den Beteiligten einen bestimmten Glanz – eine Würde, die offenbar mit dem Abstand von den erwerbsbezogenen, profanen Tätigkeiten zu tun hat. Kaffee, Zigarette und ähnliche Mittel eröffnen den rund um sie Versammelten, den Geselligen Momente der Muße, in denen sie kaum anders können, als sich dessen bewusst zu werden, dass sie leben.
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WOFÜR ES SICH ZU LEBEN LOHNT / ROBERT PFALLER
DAS LEBEN ALS GABE
Wenn man das Leben als Gabe begreift, dann behandelt man es als ein Geschenk, bei dem man auch eine Verpflichtung hat – nämlich die Verpflichtung, etwas von dem Geschenk weiterzugeben. Das sind die Gesten, die uns glücklich machen: Wenn wir rauchen, mit Freunden trinken, tanzen bis zum Umfallen, dann verausgaben wir unser Leben und geben damit etwas zurück von der Gabe, als die wir dieses Leben begreifen.
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Das macht uns so froh in diesen Momenten; es macht deren Kultiviertheit aus. Das Gegenteil wäre, das Leben als Sparguthaben zu begreifen.
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SLOW FOOD: MAHL MIT ZEIT VON PHILIPP BRAUN
„Buono, pulito e giusto“ – „gut, sauber und fair“ ist seit 1986 die Devise der Slow-Food-Bewegung für saisonales und regionales Essen. Gemeint ist die ganze Produktionskette vom Saatgut über die Verarbeitung bis zum Kochen. Von Italien ausgehend ist Slow Food heute in 154 Ländern präsent. Österreich spielt dabei eine wichtige Rolle. Das liegt an der Nähe zu Italien wie auch an unserer starken Biobewegung und unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft.
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In Linz gibt es seit 1986 einen Slow-Food-Zirkel, der im Augenblick aus 230 zahlenden Mitgliedern und mindestens noch einmal so vielen Sympathisanten besteht. Uns verbindet der Glaube, dass Genuss einer der Garanten für eine lebenswerte Welt ist. EINFACH UND KÖSTLICH
Wir sehen uns bei vierteljährlichen Kochtreffen, zu denen jeder frische, regionale und saisonale Biozutaten mitnimmt. Gekocht wird gemeinsam, wenngleich kein Kochzwang besteht. Ein fünf- bis sechsgängiges Menü, mittlerweile auf hohem Niveau zubereitet, kommt inklusive Weinbegleitung auf ca. 15 Euro, was ein weiteres Anliegen von Slow Food unterstreicht: Essen soll und darf nicht elitär sein, sondern für alle leistbar. Es geht um die ganz einfache, alltägliche Küche.
Ich finde es bedenklich, dass es fast in jedem Dorfwirtshaus Garnelen aus fragwürdiger Zucht gibt, während ein so schlichtes und köstliches einheimisches Gericht wie Leinölerdäpfel immer seltener zu finden ist. NAH UND FERN
Aber wir befassen uns nicht nur mit oberösterreichischer Küche. Zusammen mit Biobäcker Helmut Gragger und SOS Menschenrechte kochen wir beim Wirt am Graben regelmäßig mit Asylwerbern. Sie stellen uns traditionelle Gerichte aus ihrer Heimat vor. Das dient der Integration wie der Geschmackserweiterung. Außerdem unternehmen wir ein- bis zweimal jährlich Genussreisen, etwa nach Montenegro oder Irland, und besuchen Landwirte, auch um selbst zu käsen, Brot zu backen oder bei der Weinproduktion mitzuhelfen. LANGSAM ESSEN IN LINZ
Wenn Sie von Slow Food empfohlene Betriebe kennenlernen möchten, kann ich Ihnen einen Besuch im Salzamt, beim Wirt am Graben und bei den Donauwirtinnen empfehlen. Wenn ich auf ausländische Gerichte Gusto habe, gehe ich gerne ins Bigoli, das authentische Küche aus Venetien und Friaul bietet.
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ESSEN OHNE SCHALL UND RAUCH VON PETER ANDROSCH
Stellen Sie sich einmal vor, wir würden tagtäglich ungefragt so viel in den Mund gesteckt bekommen wie in die Ohren – wir wären vermutlich allesamt stark übergewichtig. Ein großer, wenn nicht der überwiegende Teil unseres gemeinsamen Lebensraums wird heute mit Musik beschallt. Hintergrundmusik begleitet uns von der Wurstabteilung bis aufs Klo. Manchmal läuft „nur“ das Radio, manchmal sind es mehr oder weniger überlegt zusammengestellte Programme, die per Satellit gegen teures Geld ins Lokal geliefert werden und uns Einkauf oder Essen akustisch versüßen sollen. UNSERE ARMEN OHREN 34
Der Zweck ist immer der gleiche: Atmosphäre schaffen, wo keine ist. Die Musik soll uns dazu bringen, länger zu bleiben, uns zu entspannen und mehr zu konsumieren. Sehr drastisch formuliert, ist das eigentlich eine Verletzung unseres Menschenrechts auf körperliche Souveränität: Zwangsbeschallung. Unsere Ohren sind ja wehrlos, wir können sie nicht einfach schließen oder woanders hinhören. Weniger drastisch gesprochen, ist die ungebetene Musik eine Bevormundung: prinzipiell und geschmacklich. Wie oft hat Ihnen nervtötende Musik schon ein eigentlich gutes Essen verdorben?
AKUSTISCH AUSGESCHLOSSEN
Dass Musik nicht immer und überall zu den wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren gehört, zeigen zahlreiche profitable Unternehmen, die auf Beschallung verzichten. Vielen ist einfach nicht bewusst, dass Menschen mit Hörverlust – und das sind über 20% unserer Gesellschaft – bei Hintergrundmusik keinem Gespräch mehr folgen können. Wer geht schon gerne essen, wenn er sich dabei mit seinem Tischnachbarn nicht mehr unterhalten kann? Ein Lokal mit Hintergrundmusik ist nicht barrierefrei, Punktum. INSELN DER RUHE
Lokale, die ihren Gästen akustische Souveränität zugestehen, signalisieren das mit dem Aufkleber „Beschallungsfrei“. Der ist das akustische Pendant zum Nichtraucherbereich und steht in einer guten österreichische Tradition: Ein Kaffeehaus mit Musikberieselung aus der Konserve etwa ist schlicht und einfach unvorstellbar.
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SCHWEINE WIE WIR VON THOMAS MACHO
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Zu den Schweinen unterhalten wir merkwürdig doppelsinnige Beziehungen. Einerseits essen wir gern ihr Fleisch; Schweinefleisch ist ein beliebtes Nahrungsmittel: Weltweit werden jährlich mehr als 116 Millionen Tonnen produziert. Andererseits verbieten manche Religionen – wie das Judentum oder der Islam – den Verzehr der angeblich unreinen Tiere. Einerseits beschimpfen wir andere als Schweine, und dieser Tiervergleich ist besonders kränkend; andererseits zitieren wir die Borstentiere als Symbole für Glück („Schwein gehabt“), Fruchtbarkeit und Reichtum (Sparschweine). Zu kulinarischen oder erotischen Schweinereien sind wir gern bereit; doch kann derselbe Ausdruck auch Schmutz oder Unordnung bezeichnen. Und während wir uns kaum vorstellen wollen, unter welchen Umständen Schweine gezüchtet und geschlachtet werden, bevölkern sie einen ausgedehnten Raum des Imaginären, der von Mythen, Fabeln und Legenden, Gedichten und Romanen, Bildern, Filmen, Kunstprojekten und Theateraufführungen, bis zu Werbeplakaten, Geschirr, Spielzeug und mehr oder weniger kitschigen Alltagsobjekten reicht. „Ich liebe Schweine“, bekannte Cora Stephan in ihren „Memoiren einer Schweinezüchterin“. „Sie sind ideale Hausgenossen. Sie durchstöbern die Mischwälder nach
Eicheln, Eckern, Kastanien und Pilzen. Sie fressen Würmer, Engerlinge, Insektenlarven und erlegen schon mal Mäuse oder andere Nager. Sie stellen ihre prächtige Nase in den Dienst der Trüffelsuche (teilen wäre allerdings fair!), lassen sich als Rauschgiftspürschwein und sogar als Jagdsau mit Vorstehqualitäten ausbilden. Sie sind klug wie Delphine, zart und ausdauernd in der Liebe und sensibel genug, um es nicht mit jedem oder jeder zu treiben. Sie sind verspielt und genusssüchtig, frech und anhänglich, gute Läufer, ausgezeichnete Schwimmer und wären des Menschen bester Freund, erschräke dieser nicht vor seiner Ähnlichkeit mit dem sprachgewandten Borstentier.
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SCHWEINE WIE WIR
Es wäre nicht das erste Mal, dass Ähnlichkeit zu erbitterter Feindschaft geführt hätte“1. Ähnlichkeit oder Feindschaft? Im zehnten Gesang der Odyssee begegnet Odysseus einer Göttin, die seine Gefährten in Schweine verzaubert hat: Kirke, der Tochter des Sonnengottes Helios, Schwester der Pasiphaë, der Gemahlin des Königs Minos von Kreta, die sich einst in einen Stier verliebt und danach den Minotaurus geboren hatte. Odysseus gelingt es, dem Zauber der Göttin – mit Hilfe eines Krauts, das ihm Hermes geschenkt hat – zu widerstehen und die Rückverwandlung seiner Männer zu erzwingen. Aber wollen sie denn wieder zu Menschen werden? 38
Fast ein Jahrtausend nach Homer hat der Philosoph Plutarch diese Geschichte wieder aufgegriffen und neu gedeutet. In seiner Version erlaubt Kirke dem listenreichen Odysseus, die verwandelten Gefährten zu befragen, ob sie wieder menschliche Gestalt annehmen
Cora Stephan: Aus den Memoiren einer Schweinezüchterin. In: Die Rübe. Magazin für kulinarische Literatur. Heft 2. Herausgegeben von Vincent Klink und Stephan Opitz. Zürich: Haffmans 1990. S. 113 – 121; hier: S. 117.
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THOMAS MACHO
wollen. Doch Odysseus wird von ihnen ausgelacht: „Wie die Kinder die Arzneimittel scheuen, [...] so sträubst du dich vor deiner Verwandlung und ist dir im Umgange Kirkes fortwährend angst und bange, sie möchte dich unversehens zu einem Schwein machen, und willst uns noch überreden die reichlichen Genüsse, in denen wir leben, mit diesen auch die Urheberin derselben, zu verlassen und mit dir aus dem Lande zu gehen, nachdem wir wieder zu Menschen geworden wären, dem mühseligsten Geschöpfe von Allem das lebt.“2 Nein, die Gefährten des Odysseus wollen Schweine bleiben – besser ein Schwein als ein Mensch!
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2 Plutarch: Gryllus, oder Beweis, daß die unvernünftigen Thiere Vernunft haben. In: Moralia. Band 2. Herausgegeben von Christian Weise und Manuel Vogel. Wiesbaden: Marix 2012. S. 643 – 653; hier: S. 644.
SHOPPEN VON GEORG STEINER
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Städte sind immer schon auch Marktplätze gewesen. Mit der Betonung auf „auch“, denn Städte sind weit mehr als bloße Ansammlungen von Geschäften. Im Gegensatz zu Shoppingcentern auf der grünen Wiese, die sich recht angestrengt bemühen, über die schiere Ballung von Shops hinaus jenen Mehrwert zu schaffen, der in der Natur der Stadt liegt. Dieser Mehrwert des urbanen Lebensraums besteht in der Verknüpfung mit den Menschen, die hier leben, und die sich hier nicht
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SHOPPEN
nur zum Shoppen aufhalten. Es ist die Vielschichtigkeit des Stadtlebens mit verschiedensten menschlichen Tätigkeiten, die sich auf engem Raum verbinden oder nebeneinander ihren Platz haben: das Wohnen, das Arbeiten, das Lernen, der Besuch beim Arzt oder Anwalt, die Bewegung, die Begegnung, das kulturelle, das politische und das spirituelle Leben. VIELFALT STATT MONOKULTUR
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Die Stadt ist gemeinsamer und geteilter Raum. Anders gesagt: Die Innenstadt ist ein Ort der Diversität. Was macht die lebendige, authentische Atmosphäre aus, die jeder (Innen)-Stadt eine besondere Aura verleiht? Ein Park mit Wiesen und Bänken unter großen alten Bäumen vor, neben, inmitten historischer und moderner Baukultur wird immer etwas anderes sein als eine Sitzinsel unter schwer entflammbaren Plastikbäumen oder Topfgewächsen im sterilen Schein von LED-Strahlern. SONNE, WIND UND WETTER
Es mag zunächst banal klingen, doch ein wesentlicher Unterschied zwischen Stadtraum und Shopping-Areal besteht in der Präsenz bzw. Absenz von Sonne, Wind und Wetter. In den Gängen eines Einkaufszentrums herrschen tagein, tagaus gleichförmige Temperaturen.
GEORG STEINER
Ganz anders ist es in der Stadt, wo die Elemente und die Jahreszeiten viel unmittelbarer erfahrbar sind. Das kommt auch dem Shoppingerlebnis zugute. Die Geschäfte und Kaffeehäuser werden heimeliger und anziehender, wenn es draußen kühl ist. Ein wärmendes Heißgetränk im Advent wiederum wird erst in der Winterkälte wirklich zum Genuss. Umgekehrt wirken ein Eis oder ein Erfrischungsgetränk im Gastgarten erst dann richtig belebend, wenn es sommerlich heiß ist. DEM UNERWARTETEN BEGEGNEN
Beim Flanieren in der Stadt begegnet man auch in weitaus größerem Maße als bei einem Aufenthalt im Shoppingcenter dem Unerwarteten – sei es, weil man Bekannte trifft, sei es, weil man spontan auf ein Plakat hin ein paar Minuten dem Orgelkonzert in der Kirche lauscht oder sich ins Kino locken lässt. Das pralle Leben umfängt einen – vom Bettler bis zum Straßenmusiker, vom Grünmarkt bis zum Dachgartenrestaurant. Nicht nur das verleiht einer urbanen Shoppingtour ihren Reiz. Vor einem kunstvoll arrangierten Schaufenster stehen zu bleiben und sich der Auslage beim „window shopping“ zu erfreuen, hat eine andere Qualität, als auf der Website eines Onlineshops zu scrollen.
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SHOPPEN
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GEORG STEINER
DIE ZUKUNFT HEISST ROPO: RESEARCH ONLINE, PURCHASE OFFLINE
Sich zuhause informieren und sich dann passgenau im Geschäft – mit weiteren Anregungen – einkleiden. In der Wissenschaft hat man dafür schon einen Namen: Ropo – Research Online, Purchase Offline. Ein Geschäft durch eine Tür zu betreten und die Atmosphäre darin wahrzunehmen spricht deutlich mehr Sinne an, als Grafik- bzw. Webdesign leisten können. Um etwas anzuprobieren, muss man den Artikel seiner Wahl nicht vorsichtshalber in drei verschiedenen Größen ordern (und mindestens zwei Exemplare portofrei retournieren), sondern findet das Passende sofort. In der analogen Welt des Einkaufsbummels in der City lassen sich Bücher aus dem Regal nehmen und durchblättern, Stoffe befühlen und riechen sowie die Dinge sehen, wie sie wirklich sind, und nicht wie sie fotografiert und in Photoshop geschönt wurden. Ropo ist das ganzheitliche Einkaufserlebnis – und in der Innenstadt mit noch mehr Dimensionen. Shopping in the City – und Sie leben nachhaltig, sinnlich und mittendrin!
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GEMMA AUF AN KAFFEE! VON ERHARD GSTÖTTNER
„Gemma auf an Kaffee!“ (Hochdeutsch: „Gehen wir auf einen Kaffee!“) ist eine Einladung mit unterschiedlichen Absichten. Gemeint kann ein absichtsloser Plausch sein, ein geschäftliches Treffen, ein Flirt, auch ein Treffen eines Journalisten mit einem Informanten. DIE NR. 1 AN DER PROMENADE
Nummer 1 in Linz ist das Café Traxlmayr an der Promenade unweit des Sitzes der Landesregierung und der Redaktion der Oberösterreichischen Nachrichten. Gegründet 1847 ist das Café Traxlmayr seither stets in Familienbesitz. Seit 2009 ist Ulrich Traxlmayr Geschäftsführer – ein Physiker, der seine Gaststätte als Ausgleich zum wissenschaftlichen Beruf betreibt. 46
Wochentags sperrt man um 7.30 Uhr auf, sonntags um 9 Uhr. Wechselnd wie die Tageszeiten sind die Gäste. Zeitig kommen die ersten Frühstücksgäste. Ei im Glas, ein Butterbrot mit Schnittlauch, einen Verlängerten – herrlich. Und die Zeitungen, ob österreichisch oder international, die gehören zur Seele eines solchen Betriebes wie der Kaffee. Ja, es stimmt noch immer: Man muss nicht viel konsumieren, um hier stundenlang Zeitungen lesen zu können.
„BITTE ANS TELEFON!“
Manchmal wird es etwas turbulent, denn im Traxlmayr gesehen zu werden, ist etwas Besonderes. Es ist nicht lange her, da konnte man sich hier auffällig in Szene setzen. Als es noch keine Mobiltelefone gab, konnte man sich im Café Traxlmayr anrufen lassen, eine Servierdame rief dann den Namen des gewünschten Gastes durch den ganzen Saal: „Herr oder Frau Sowieso bitte ans Telefon!“ DANKE, LIEBE TÜRKEN
Mag heutzutage recht kontrovers über die Türkei diskutiert werden, wir Österreicher haben Türken Wichtiges zu verdanken. Das türkische Heer konnte Wien im Jahr 1683 auch beim zweiten Versuch nicht erobern, doch die Männer aus dem Südosten hinterließen Säcke mit Bohnen, die hierzulande unbekannt gewesen waren: Kaffeebohnen. Der kaiserliche Dolmetscher Georg Franz Kolschitzky gründete sodann das erste Kaffeehaus in Wien.
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GEMMA AUF AN KAFFEE! / ERHARD GSTÖTTNER
Ob Prag, Triest, New York oder Linz – Wiener Kaffeehäuser gibt es an all diesen Orten. DIE NEUE HEIMSTATT DER SPIELER
Die Kartenspieler sind nicht mehr im Traxlmayr. Die treffen einander bei Tonio, einem ehemaligen Traxlmayr-Oberkellner aus Kuba, in dessen Café Valdes in der Linzer Herrenstraße.
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Im Café Meier am Pfarrplatz röstet der Besitzer die Kaffeebohnen selber. Das ist hier nicht das einzig Alternative: Auch das Publikum ist etwas anders als im Traxlmayr, weniger Etablierte, mehr Kreative und Widerständische. Doch auch das Café Meier ist ein Wiener Kaffeehaus. Hier kann man ebenfalls essen, trinken, Zeitungen lesen, diskutieren und die Welt neu erfinden. DAS SCHULSCHWÄNZERPARADIES
Früher war es in Linz noch etwas anders. Südlich der Mozartkreuzung war das Café Arabia, besonders beliebt bei Popmusikern wie den legendären „Eela Craig“ und bei schulschwänzenden Gymnasiasten. An der Hauptstraße nördlich der Donau war das Café
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Landgraf, abgewetzt, tags端ber ein beschaulicher Ort, an den Wochenenden Ende der 1970er-Jahre und Anfang der 1980er-Jahre Heimat der wilden neuen Linzer Musik, eine Zentrale der Linzer Wendezeit.
EIN LUXUSGUT: DIE LINZER TORTE VON WALTRAUD FAISSNER
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Was die Zutaten und die Herstellung der Linzer Torte betrifft, macht mir so schnell keiner was vor. Ich kenne über 260 handgeschriebene Rezepte, von den gedruckten ganz zu schweigen. Sehr viele dieser Rezepte habe ich selbst ausprobiert. Mehl, Zucker und Butter kommen in jedem davon vor. Darüber hinaus herrscht die denkbar größte Vielfalt. Es gibt mürbe Linzer Torten und saftige, sinnliche mit einem Dutzend Eiern darin, solche mit Mandeln und solche ohne.
VENEDIG – LINZ UND RETOUR
Das älteste von Hand geschriebene Rezept datiert aus dem Jahr 1653 und befindet sich heute in der Bibliothek von Stift Admont. Mit gutem Grund: Admont liegt sehr nahe der Handelsroute von Venedig nach Linz, auf der die kostbarsten Zutaten zur Linzer Torte von der Adria über die Alpen an die Donau gelangt sind: Mandeln, Zimt, Nelken, Muskatnuss und Zitrusfrüchte. LA TORTA DI LINZ
An dieser Achse liegt es auch, dass die „Torta di Linz“ bis heute in Norditalien weit verbreitet ist. Die über Venedig importierten Quitten aus Kreta, die als Fülle für die frühesten Linzer Torten dienten, waren kulinarische Prestigeobjekte. Die Torte wurde damals noch mit einem schlichten Deckel statt mit einem Gitter gemacht, denn küchengeschichtlich hat sich die Torte aus der Pastete heraus entwickelt. KULINARISCHES LUXUSGUT
Als im 18. Jahrhundert die Gewürze verschwenderischer eingesetzt wurden, wich die blumig-zarte Quitte kräftigeren Füllungen wie Weichsel oder Ribisel. Sehr reizvoll ist auch die historische Füllung mit in Zuckerwasser eingelegten grünen Walnüssen.
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EIN LUXUSGUT: DIE LINZER TORTE / WALTRAUD FAISSNER
Lange Zeit war die Linzer Torte aufgrund ihrer wertvollen, damals geradezu exotischen Zutaten purer Luxus, den sich nur der Adel leisten konnte. ÜBER DIE DONAU
Wer die Linzer Torte erfunden hat, wissen wir nicht. Unzweifelhaft ist, dass sie aus Linz kommt und auf der im Mittelalter in den europäischen Adelshäusern populären Mandeltorte basiert. In Linz wurden zweimal jährlich internationale Märkte abgehalten, wo Menschen von nah und fern zusammenströmten. Sie haben das Rezept der „guten Mandeltorte aus Linz“ entlang der Donau und der Landwege als Linzer Torte in ganz Europa verbreitet. 53
IN ALLE WELT
Im 19. Jahrhundert hat der deutsche Konditor Johann Konrad Vogel in Linz mehrere Varianten einer hellen Linzer Torte entwickelt und die Produktion quasi industrialisiert, indem er mit dem Versand in alle Welt begonnen hat. So machen es die Linzer Konditoreien heute noch. Sie bieten jedoch nur einen kleinen Ausschnitt aus der Rezeptvielfalt in Sachen Linzer Torte. Die besten Linzer Torten werden heute, davon bin ich überzeugt, nach Familienrezepten in den Linzer Haushalten gebacken.
ONLINE SEIN VON GERFRIED STOCKER
Hotelzimmer sind Kraft- und Datentankstellen. Man tankt persönlich und informationell auf. Letzteres, weil der natürliche Feind des Reisenden die Roaminggebühren sind. Daher ist das Hotel der richtige Ort, um alle benötigten Daten wie beispielsweise E-Mails herunterzuladen und sich für die Zeit abseits des hoteleigenen WLAN zu rüsten, in der man aus Kostengründen besser offline bleibt. INTENSIVER ERLEBTE FREMDE
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Privaturlaub oder Geschäftsreise gehen mit zwei verschiedenen Arten des Vernetztseins einher. Im Urlaub kann ich problemlos auf Handy und Co. verzichten, denn da ist Erreichbarkeit nicht das Thema. Doch die Netzanbindung braucht es trotzdem. Mit dem Wissen und den Hinweisen aus dem Netz ist es leichter, sich aus der Abhängigkeit von lokalen Informationen zu lösen und den fremden Ort zu erobern. Die digitalen Medien haben den Ort entgegen mancher kulturpessimistischer Prophezeiung nicht abgeschafft. Im Gegenteil: Wir können die Fremde dank besserer Vorbereitung nun viel intensiver erleben und ihr so auch das mitunter Ängstigende nehmen.
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ONLINE SEIN
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ÜBERALL ARBEITEN KÖNNEN
In anderer Hinsicht hat sich die Bedeutung des Orts in vielem aufgelöst. Zahlreiche Arbeiten kann man von wo auch immer aus erledigen. Wo ich zum Beispiel die Schlussredaktion des Katalogs zum Ars Electronica Festival mache, ist ziemlich egal. Es kommt bloß auf eine schnelle Anbindung an. Und eine etwaige Zeitverschiebung gilt es zu berücksichtigen. Die Egalisierung von Orten auf dieser Ebene führt jedoch in Summe nur dazu, dass wir ihre Besonderheiten erleben.
GERFRIED STOCKER
FERN UND DOCH DA
Tatsächlich bin ich aus der Ferne oft viel präsenter im Büro und in der Arbeit, als wenn ich in Linz bin. Die Zeit im Hotelzimmer ist eine geschenkte, in der ich viel weniger eingetaktet bin. Hier bietet sich die Gelegenheit, endlich E-Mails zu schreiben, zu recherchieren und mit Menschen in Kontakt zu treten. Auch mit meiner Familie zuhause. Skype ist ein wunderbares Mittel zum Austausch mit meiner Frau und meinem Sohn. Ich erlebe es uneingeschränkt positiv, dass diese alte Vision der Menschheit einer globalen Kommunikation in Echtzeit so perfekt verwirklicht ist. Für manche von uns bleibt damit jedoch eine Herausforderung verbunden: das Ausloggen zum richtigen Zeitpunkt. Das ist etwas, das wir im Umgang mit den neuen Kulturtechniken gerade lernen.
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MUSIK HÖREN/ERLEBEN VON ELISABETH VERA RATHENBÖCK
Das Glockenspiel auf einem der ältesten Häuser am Hauptplatz spielt „viele Stückln“, von „Hoamatgsong“ (Heimatgesang) bis zum Weihnachtslied. Steigt man in die Pöstlingberg-Bahn, erreicht man die Anton Bruckner Privatuniversität, ein Gebäude mit Falten in der Fassade, was an ein Akkordeon erinnern mag. Hier wird es kaum still. Jede Sekunde entsteht Musik neu, quer durch alle Epochen. Wenn ein Stück gelingt, sorgt das für ein Hochgefühl bei Musikern. Doch das Gelingen bedingt auch schon ein Verlöschen. Kaum ist Musik geboren, ist sie wieder gegangen. Zurück bleibt die Erinnerung an einen innigen Moment. 58
BRUCKNERHAUS UND MUSIKTHEATER
Anton Bruckner (1824-1896) war ein Romantiker. Auch wenn seine Musik fordert, das Herz berührt sie immer. Er ist mit dem Stift St. Florian unweit von Linz verbunden. Dort wird er zu Hause sein, solange seine „Brucknerorgel“ erklingt. In Linz nennt der mächtige Komponist, der mit seinen Sinfonien schon „Klangwolken“ im Linzer Donaupark füllte, gleich zwei Häuser seine Heimat. Das Brucknerhaus verpackt Klassik für heute in das „Internationale Brucknerfest“. Im Musiktheater am
Volksgarten ist er durch das Bruckner Orchester Linz ständiger Gast. Vieles würde hier dem „alten Haudegen“ ein Lächeln ins Gesicht zaubern, etwa ein Musical à la „Singin‘ in the Rain“. LANDSTRASSEN-MUSIK
Die Landstraße ist voller Menschen, Stimmen und Sprachen. Wie ein Wellenreiter balanciert man im Treiben, fast könnte man darin untertauchen, doch da tut sich etwas hervor: Musik. Ein Song. Leute bleiben stehen, hören dem Straßenmusiker zu. Vielleicht ist es der blinde „Piano Man“ mit seinem Keyboard. Er ist der Star unter den Straßenmusikern zwischen Mozartkreuzung und Taubenmarkt.
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MUSIK HÖREN/ERLEBEN / ELISABETH VERA RATHENBÖCK
AM STROM
Die „Kinder der Stahlstadt“ haben ab den 1970er-Jahren allerlei hervorgebracht, was bis heute Avantgarde geblieben ist: Stahlstadt-Rock in der Stadtwerkstatt, Zeitkultur im Posthof und junge Szenemusik im Kulturverein Kapu. Im Ars Electronica Center kommt das globale Konzert der virtuellen Welt, das zwischen Mensch und Maschine entsteht, kaum zur Ruhe. GEGEN DEN STROM
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Es mag mit Bruckner zu tun haben, Orgeln erklingen viele in Linz. In der Ursulinenkirche lassen Konzerte, abgestimmt mit dem kirchlichen Jahreskreis, innehalten und besinnen. Beim „Orgelsommer“ im Mariendom dreht sich alles um die berühmte „Rudigierorgel“. Hat der Turmeremit seine Türmerstube im Kirchturm bezogen, schaut er über die Dächer von Linz. Die Stadt wirkt von dort oben sanfter in ihrem Rauschen, die Schreie der Turmfalken drücken Wildheit aus. Der Hochofenabstich im Stahlkocher der voestalpine lässt den Abendhimmel orange aufglühen; kurz wird das Rauschen lauter.
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EIN MUSEUM BESUCHEN VON STELLA ROLLIG
Das Museum kann beides: Es führt Sie aus dem schnöden Alltag hinaus ins Reich von Schönheit, Harmonie, Ruhe und Antworten, oder es setzt Sie mitten hinein in den Trubel, die Widersprüche, Konflikte und offenen Fragen, aus denen das Leben nun einmal besteht. Es kann, sagt Walter Grasskamp, ein großer Theoretiker der ehrwürdigen Einrichtung Museum, das Fremde eingemeinden und das Alltägliche verfremden – gibt es eine interessantere Kulturinstitution? AUFGEWECKTE ZEITGENOSSEN
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Warum gehen Menschen ins Museum? Wir haben unsere Besucherinnen und Besucher danach gefragt. Und wurden überrascht. Denn der häufigst genannte Grund war: Um Neues zu entdecken und kennenzulernen! Die typische Museumsbesucherin kommt also keineswegs, um sich ihr kunsthistorisches Wissen selbstzufrieden zu bestätigen, sondern es sind vielmehr die aufgeweckten Zeitgenossen in Entdeckerlaune, in deren Gesellschaft Sie sich in unseren Häusern begeben. ANSTIFTUNG ZUM SELBSTBEWUSSTSEIN
In der Bestimmung des modernen Museums, wie es sich im republikanischen Nationalstaat nach der Französischen Revolution geformt hat, liegt die Anstiftung zum Selbstbewusstsein als emanzipierte
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Bürgerin und handlungsmächtiger Bürger. Dieser freie Citoyen sind Sie, auch mehr als zwei Jahrhunderte später. Sie dürfen bestimmen, wie Sie das Museum und sich selbst im Museum erfahren möchten. Ob Sie für eine kurze Weile hineingehen und sich ohne Weiteres in den Anblick eines Gemäldes versenken. Oder ob Sie sich über das Programm informieren und vorab einlesen, einer Führung anschließen, den Audioguide nutzen, unsere Apps zu Rate ziehen, vertiefende Videos auf unserer Website ansehen, den Katalog studieren – it‘s up to you.
EIN MUSEUM BESUCHEN
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STELLA ROLLIG
HOHE ZIELE, FLACHE SCHWELLEN
Wir freuen uns natürlich, wenn Sie sich für das zweite Vorgehen entscheiden, denn die Führungen, den Audioguide, die Apps, die Videos und den Katalog haben wir für Sie gemacht, damit Sie so viel wie möglich erfahren über die Absichten der Künstlerinnen und Künstler, die Überlegungen der Kuratorinnen und unser Selbstverständnis des Museums als Ort, an dem gemeinsam der gesellschaftlichen Desintegration entgegengewirkt wird. Zugegeben, unsere Ziele sind hoch gelegt. Die Schwellen an unseren Pforten allerdings ganz niedrig.
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AUSGEHEN VON MARC ZELLER
Eine Bar ist ein ausgezeichneter Ort, falls Sie sich im Hotelzimmer einsam fühlen. Hier können Sie sich mit anderen unterhalten und es dem Zufall überlassen, ob Sie vielleicht eine Bekanntschaft machen. Oder Sie schauen einfach dem Treiben zu und beschließen den Tag, indem Sie ein gutes Achtel Wein oder einen Cocktail genießen. KLEINIGKEITEN VERRATEN VIEL
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Eine gute Bar hat eigentlich immer eine Philosophie, hinter einer erfolgreichen Bar steckt ein Konzept. Die Qualität einer Bar können Sie oft an Kleinigkeiten erkennen. Werfen Sie einen Blick auf die Theke – und dahinter. Hat der Barkeeper alles im Griff oder herrscht Chaos? BARKEEPER SIND SENSIBEL
Merkt der Barkeeper sofort, wie Sie gelaunt sind und ob Sie Lust zum Plaudern haben – oder lieber für sich sein möchten? Das zu erspüren, zeichnet gutes Barpersonal aus. Ein echter Barkeeper kennt auch die Stadt im Detail. Er weiß, was wo los ist und wo Sie bestimmte Gruppen von Menschen finden. Und er kann Ihnen Heißes aus der Gerüchteküche servieren.
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AUSGEHEN / MARC ZELLER
ACHTEN SIE AUF DIE KARTE
Achten Sie auch auf die Barkarte. Die muss in den einzelnen Getränkeklassen gar nicht unendlich in die Breite gehen. Aber es sollte für jeden etwas dabei sein – vom einfachen Drink bis zum anspruchsvollen Cocktail. Und es muss eine entsprechende Auswahl geben. Wir führen 60 bis 70 Whiskeys, das ist mehr als ausreichend. Aber 20 verschiedene auserwählte Whiskeysorten und wenigstens sieben oder acht Wodkas sollten es schon sein. Nur zum Beispiel. DIE UNENDLICHE GESCHICHTE 68
Ich schätze, dass 70 Prozent aller Nachtschwärmer ausfliegen, um jemanden kennenzulernen. Das ist in einer Bar eine ewige und immer wieder neue Geschichte. Wenn Ihnen jemand gefällt, versuchen Sie es am besten mit Blickkontakt und lassen Sie den Barkeeper der- oder demjenigen ein Getränk bringen. So kommen Sie bestimmt ins Gespräch. Seien Sie dabei einfach am besten Sie selbst.
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TAXI: MITTEN IM LEBEN SITZEND NACH HAUSE VON MARIUS HUSZAR
Auf das Taxifahren bin ich in einer beruflichen Neuorientierungsphase durch eine Kollegin gekommen, die gemeint hat: „Du hast ein derart gutes Gedächtnis, mach doch den Taxischein.“ „Warum nicht?“, hab ich mir gedacht und die Prüfung gemacht. Aus den seinerzeit geplanten zwei Jahren am Steuer sind inzwischen 17 geworden. Ich bin von Dienstag bis Samstag meistens bis 19 Uhr für Taxi 6969 unterwegs. Für die Nachtschwärmer und die Fahrten als Linzer Anrufsammeltaxis sind meine Kollegen von der Nachtschicht zuständig. GEDULD UND TOLERANZ 70
Als Taxifahrer musst du zweierlei sein: tolerant und geduldig. Ich nutze meine manchmal ausgedehnten Stehzeiten zum Lesen und vor allem zum Schreiben. Die Geschichten dafür erlebe ich in meinem Taxi. Hier sitze ich mitten im Leben. Im Taxi bin ich unter anderem Zuhörer, ein guter alter Bekannter für meine Stammkunden, manchmal auch Paartherapeut und häufig Gourmetratgeber. Oft fragen mich hungrige Fahrgäste, welches Lokal ich ihnen empfehlen könnte. Dorthin geht dann anschließend unsere gemeinsame Reise.
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KULINARISCHES HEIMWEH
Interessanterweise zieht es ausländische Besucher kulinarisch meistens in ihre Heimat. Indische Fahrgäste habe ich noch nie woandershin gefahren als zum Royal Bombay Palace oder einem der anderen indischen Restaurants in Linz. Für Gäste mit Appetit auf typisch Österreichisches habe ich viele Vorschläge; ein bisschen schwieriger ist es leider immer noch bei Vegetariern.
TAXI: MITTEN IM LEBEN SITZEND NACH HAUSE
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MARIUS HUSZAR
SAG‘S MIT MUSIK
Eine ganz große Rolle in meinem Leben und meinem Taxi spielt die Musik. Ich habe stets rund 10 CDs, vor allem mit Barockmusik und Jazz im Auto, die ich alle zwei bis drei Tage wechsle. Jazz ist perfekt für Fahrgäste, die aus dem Theater oder aus dem Kino kommen. So gut wie nie verkehrt ist Klaviermusik. Die passt zu allen Lebenslagen. Mit der Musik versuche ich immer, der Situation gerecht zu werden. Meine Kunden schätzen das. Auch die Musiker, die ich schon zu ihren Auftritten bringen durfte: unter anderen Al Jarreau, David Klein, Gregory Porter oder Jean-Louis Matinier. 73
BADEN VON GABY MACH
Wenn Sie im Hotel ankommen, haben Sie bestimmt eine längere Reise hinter sich. Ob Sie nun mit dem Auto gekommen, Zug gefahren oder geflogen sind: Es kann gut sein, dass Sie müde, verspannt und steif vom Sitzen sind. Sollten Sie am Abend nicht mehr ausgehen wollen oder müssen, empfiehlt sich ein ausgedehntes Bad. Wenn Sie zu zweit unterwegs sind und gedenken, im Hotel auch ein Stück Zweisamkeit zu leben, ist ein gemeinsames Wannenbad ein schöner Auftakt. MEHR ALS DEN KÖRPER REINIGEN
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Wie auch immer, im Bad können Sie den sprichwörtlichen Staub der Straße abspülen. Nicht nur körperlich, denn mit dem Badewasser reinigen Sie ebenfalls Ihre Seele und Ihren Geist. Wasser ist ein Urelement, mit dem wir vom Mutterleib an in engster Beziehung stehen. Wir selbst bestehen ja auch zum größten Teil aus Wasser. Baden ist ein energetisches Reinigungsritual, und vom Wasser heißt es, dass es alle negativen Energien lösen und mitnehmen kann. Vielleicht aus diesem Grund zählen viele Psychotherapeutinnen und -therapeuten zu den Stammgästen in unserem Hamam. Hier im Bad können sie die Sorgen und Probleme ihrer Klienten loslassen.
SICH ZEIT NEHMEN
Auf das Reinigungsritual des Badens sollten Sie sich einlassen und Zeit dafür nehmen. Schon in der Vorbereitungsphase können Sie sehr heißes Wasser in die Wanne einlassen. Der Dampf im Raum öffnet jede einzelne Pore. Oft lösen sich Verspannungen schon jetzt. Idealerweise gönnen Sie sich zuvor ein Peeling. Das befreit die Haut von abgestorbenen Schuppen und lässt unser größtes Atmungsorgan wieder richtig Luft holen. Mit offenen Poren kann unser Körper die Mineralien aus Badesalzen oder die Wirkstoffe aus Essenzen und Ölen besser aufnehmen. Hochwertige Badezusätze sind etwas Feines, das Sie in jeder Parfümerie und in besonders reicher Auswahl in der „Sanften Pflege“ in der Rathausgasse bekommen. Sind Sie in die Wanne gestiegen, sollen Sie mindestens 20 Minuten im warmen Wasser bleiben. Diese Zeit braucht es, damit sich die Muskulatur lockern und entspannen kann. Anschließend können Sie sich eine Nachbehandlung mit einer guten Creme oder einem pflegenden Öl gönnen. Nach einem ausgedehnten Bad ist die Haut besonders aufnahmefähig.
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BADEN / GABY MACH
IM WECHSELBAD
Sollte Ihnen im Zimmer nur eine Dusche zur Verfügung stehen, brauchen Sie auf eine intensive Reinigung nicht zu verzichten. Probieren Sie es zur Abwechslung einmal im Hamam mit kalten und warmen Wassergüssen über den ganzen Körper. Alle Besucherinnen und Besucher sind begeistert, welchen Unterschied das zum gewohnten Duschbad macht.
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Aber auch mit der Dusche können Sie wirksam Wechselgüsse machen, wie man sie bei uns am ehesten vom Kneippen her kennt. Von einem Unfallchirurgen habe ich gelernt, dass abwechselnd kalte und warme Wassergüsse auf die Arme von den Händen aufwärts bis zur Schulter ein guter Weg sind, belastende Bilder – wie in seinem Fall von verletzten und verstümmelten Menschen – loszuwerden. Das Gleiche gilt für Kopfschmerzen. Anhaltende Beschwerden verschwinden mit Wechselgüssen auf die Füße. Das Wasser kann Kopfschmerzen buchstäblich durch die Zehen aus dem Körper ziehen.
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FERNSEHABENDE, FERNSEHNÄCHTE VON WOLFGANG PREISINGER
Fernsehen ist heute wie damals ein Fenster zur Welt. Ein Fenster, durch das es unglaublich viel zu sehen und zu lernen gibt. Auf dem Land aufgewachsen, wo es weder Biblio- noch Mediathek gegeben hat, habe ich durch den Fernseher tatsächlich in die Ferne schauen und Fernes sehen können.
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Eine Ferne, die sich mir noch erweitert hat, als wir wie durch Zauberhand auf einmal über die zwei österreichischen Sender und das tschechische Fernsehprogramm hinaus das Erste und Zweite Deutsche Fernsehen empfangen konnten. Die Nachmittage und Abende, die ich völlig allein zu Hause vor dem Fernseher verbracht habe, stehen in meiner Erinnerung für totale Freiheit. FERNSEHMEDITATIONEN
Manchmal sehne ich mich nach der Beschränktheit des Fernsehens von früher. Nicht nur, dass ich heute über den improvisierten Charakter des Fernsehens in den 1970er- und 1980er-Jahren staune. Hin und wieder vermisse ich den Sendeschluss und das darauffolgende Testbild. Vor allem seine Schwarz-Weiß-Version, die sich vorzüglich für ausgedehnte Fernsehmeditationen geeignet hat.
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FERNSEHABENDE, FERNSEHNÄCHTE
GOLDGRÄBERSTIMMUNG
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Doch am meisten leide ich heute beim Fernsehen unter dem latenten Gefühl, auf einem anderen der zahlreichen Kanäle etwas Besseres zu verpassen. Mit der einstigen Nichtverfügbarkeit cineastischen Materials ist auch die Goldgräberstimmung verschwunden, in die man bei der unverhofften Entdeckung eines Bunuel- oder PasoliniFilms geraten ist. Dafür sind diese Perlen heute viel einfacher zu finden. WO BIN ICH?
Zum Beispiel bei einem ausgedehnten Fernsehabend im Hotel. Gibt es einen hoteleigenen Sender, lernt man das Gedankengut kennen, auf dem die Hotelkette
WOLFGANG PREISINGER
basiert. Das kann sehr ernüchternd, aber zugleich sehr menschlich wirken. Lokale Fernsehsender vermitteln auch indirekt sehr viel von der Kultur eines Landes. Wie wird geredet, wie klingt die Sprache? Um welche Themen geht es? Wie ist das visuell inszeniert? Versäumen Sie ruhig in Linz die regionalen 19-UhrNachrichten aus dem ORF-Landesstudio Oberösterreich, schenken Sie sich das lokale LT1. Wenn es lokal sein muss: Beachten Sie das BürgerInnenfernsehen dorf. tv mit seinen ungeschnittenen Gesprächsrunden und dem usergenerierten Programm. Oder gehen Sie in Linz einfach raus zum NAHsehen, denn diese Stadt bietet einiges.
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LESEN VON PETRA-MARIA DALLINGER
Lesen kann man eigentlich immer und eigentlich (fast) überall – am lustvollsten wahrscheinlich nach wie vor im eigenen und papierenen Buch. Lesen ist im Allgemeinen nicht zwangsläufig eine gesellige Sache, Text und Leser bzw. Leserin tun sich leichter miteinander, wenn sie zu zweit allein sind, aber so ganz stimmt das natürlich auch nicht immer. Manches will vorgelesen werden, manches nachbesprochen, manches braucht Begleitung, um dann neu und anders gelesen werden zu können. Und manchmal möchte man einfach übers Lesen oder das Gelesene erzählen. AUF REISEN 82
Gerade Reisen verführt zum Einlesen, zum Vorerkunden, oder zum guten Buch im einsamen Hotelbett. Was tun, wenn das gute Buch nicht mit ist? Das sollte nicht passieren! Wenn man es vergessen haben sollte, dann gibt es Abhilfe – Buchhandlungen, die öffentliche Bücherei, manchmal herrenlose Bücher oder welche zum Tauschen. Es gibt Lesungen, wenn man es gern ein wenig diskursiver hat, und Poetry Slams; früher gab es Automaten mit Reclam-Bändchen. Literaturbegeisterte sind selten unbegleitet von Büchern. Und wenn doch, finden sie ihren Weg mit einigem Instinkt meist auch in der Fremde.
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LESEN
GELEGENHEITEN
Vielleicht ist ein Aufenthalt anderswo eine besondere Gelegenheit für die Begegnung mit dem Buch, vielleicht klappt in der Ausnahmesituation, was der Alltag sonst verwehrt. In Linz ist man durchaus an geeigneter Adresse: Bücher zum Borgen, zum Zuhören usw. gibt es vom Wissensturm über die Landesbibliothek ins StifterHaus, Bücher zum Kaufen und Selberhaben unter anderem an der Landstraße und am Hauptplatz. 84
Von dort sind es nur ein paar Schritte über die Donau zum öffentlichen Bücherkühlschrank vor der Stadtwerkstatt. Hier kann man anderen Bücher hinterlassen und sich selber welche nehmen – Lesen ist immer einen Versuch wert.
PETRA-MARIA DALLINGER
… STIFTER
„Ein Buch ist an sich klein, kann in einem Winkel liegen, die Blätter können herausgerissen werden und Theile des Einbandes können als Deckel auf Milchtöpfchen dienen …“ So stellt es Adalbert Stifter in den „Nachkommenschaften“ fest. Aber es darf bezweifelt werden, dass Büchermenschen einem Buch solches wirklich antun würden. Dazu ließe sich jedenfalls noch einiges sagen. Der üblichere Gebrauch des Buches ist vermutlich nach wie vor das Lesen – oder „Ruhenlassen“. Dem Buch schadet beides nicht.
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SEX VON CONSTANZE HILL
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Hotelzimmer sind ein spezieller Ort f端r Beziehungen. Wenn Sie hier ankommen, sind Sie aus Ihrer gewohnten Umgebung und aus dem Alltagstrott herausgetreten. Hier brauchen Sie sich um vieles nicht zu k端mmern. Das sind gute Bedingungen, um Ihre Beziehung zu pflegen und zu reflektieren.
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SEX
Wenn Sie alleine sind, können Sie sich etwa einmal Zeit für einen Liebesbrief an ihn oder sie nehmen. Oder für eine ausgedehnte Konversation, beispielsweise per Skype. Selbstverständlich können Sie auch ins Internet gehen und sich allein vergnügen. WIE ES EUCH GEFÄLLT
Wenn Sie zu zweit hier sind: Hotelzimmer sind perfekt, um Sex zu haben. Aber machen Sie kein Muss draus! Auch für Sex gilt, was vor einem gemeinsamen Urlaub ratsam ist: Sprechen Sie über Ihre Wünsche,
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CONSTANZE HILL
Erwartungen und Bedürfnisse. Was wollen Sie, was will Ihr Gegenüber? Haben Sie beide Lust? Keiner? Nur einer? Wenn Sie ungleiche Bedürfnisse haben, versuchen Sie, trotzdem einen gemeinsamen Weg zu finden. Sollte es bei Ihnen so sein, dass einer häufig blockiert, dann liegt es an ihm oder ihr, sich zu fragen, ob allein sein auf lange Sicht nicht die bessere Wahl ist – oder ob es nicht doch möglich ist, den Bedürfnissen des anderen entgegenzukommen. Wenn Sie sich auf ein offenes Gespräch darüber einlassen, kann das Gespräch besser werden als der Sex, den Sie dabei nicht haben! INTIME GESTÄNDNISSE
Wenn Sie aber beide Lust auf Sex haben: nur zu! In einem Hotelzimmer kann man vieles machen! Sich gegenseitig sexuelle Fantasien gestehen und sie an Ort und Stelle ausleben. Gewagtes ausprobieren, ein Zusammensein mit verbundenen Augen … lassen Sie sich Champagner und Erdbeeren aufs Zimmer bringen! Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre mit Musik Ihrer Wahl. Schon allein deshalb sollten Sie Ihr Hotel auch sorgfältig aussuchen. OFFEN SEIN
Auch wenn Sie allein in die Stadt gekommen und nun zu zweit im Zimmer sind, empfiehlt sich eine Klärung. Sind Sie beide ungebunden bzw. haben Sie von Ihren jeweiligen Partnern die Erlaubnis zum Seitensprung? Ist eine einmalige erotische Begegnung für Sie beide okay – auch im Hinblick auf den Tag danach?
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SCHLAFEN VON MARIA OBERMAIR
Uns gibt es doppelt: Wir haben ein Körper-Ich mit Körperfunktionen und Organen. Und wir haben ein Ego-Ich mit Bedürfnissen, Gewohnheiten und Vorlieben. Wenn die beiden nicht harmonieren, haben wir Probleme. Wir sind gereizt, kraftlos und krankheitsanfällig. Auch wenn wir geschlafen haben, fühlen wir uns nach dem Aufstehen wie gerädert. Oder wir können eben überhaupt nicht mehr schlafen und liegen lange wach.
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Schlafstörungen stellen sich dann ein, wenn es an oder über die Grenzen des Körper-Ichs geht. Das hat mit Stress zu tun, gerade auf Reisen. Da sind wir ständig mit Neuem konfrontiert. Mit neuen Räumen, Menschen, Städten, Sprachen, Gepflogenheiten. Sich darauf einzustellen ist eine große Lernerfahrung, aber eben auch anstrengend. BEGINNEN UND ENDEN
Wenn Sie unterwegs sind und nicht einschlafen können, hilft es, etwas Vertrautes mit ins Bett zu nehmen. Zum Beispiel einen Polsterüberzug von zu Hause, ein T-Shirt Ihres Partners oder Ihrer Partnerin beziehungsweise einen Spritzer ihres Parfüms oder seines Rasierwassers. Fatal ist es, wenn Sie bis zum Einschlafen lesen, fernsehen oder am Computer arbeiten. Der Computer
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SCHLAFEN
ist ein gutes Beispiel. So wie er brauchen auch wir eine Phase zum Starten und zum Schließen, und zwar in Form von etwas Zeit, in der wir nicht „funktionieren“ müssen. Genau das ist ja im Hotel sehr leicht, wo wir keine haushaltlichen oder erzieherischen Pflichten haben. NACH- UND VORDENKEN
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Nehmen Sie sich vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen im Bett einfach fünf Minuten, um in sich hineinzuhören: Wie war der Tag bzw. was wird er bringen? Was habe ich erlebt bzw. was kommt auf mich zu? Wie fühle ich mich, was sagt mein Körper eigentlich? Machen Sie sich bewusst, dass Sie selbst der Designer bzw. die Designerin Ihres Tages sind! Wenn Sie nicht einschlafen können, kann ich Ihnen drei verschiedene kinesiologische Übungen anbieten. Die erste ist der sogenannte Hook up. HOOK UPS
Legen Sie sich mit überkreuzten Beinen und vor der Brust überkreuzten und ineinander verschränkten Händen ins Bett und atmen Sie mit der Zungenspitze am Gaumen tief und ruhig in den Nabel. Wenn Sie ruhiger
MARIA OBERMAIR
werden, legen Sie die Beine und Ihre Fingerspitzen parallel aneinander und atmen einfach so weiter. Stellen Sie sich vor, dass Sie damit Ihren persönlichen Schlafraum schließen. HAND AUF DIE STIRN
Stress können Sie gut abbauen, indem Sie sich beide Handflächen auf die Stirn legen und gleichmäßig atmen. So können Sie sich von Problemen und hektischen Gedankenfolgen lösen. Manchmal werden Sie so auch auf neue Ideen kommen. BAUCHATMUNG
Ein ganz einfacher Weg zum Ruhigwerden ist die Bauchatmung: Ihr Bauch darf beim Einatmen groß und weit werden, beim Ausatmen darf er sich tief senken. Auf diese Weise sprechen Sie das Entspannungszentrum im Körper an. Diese Übungen können Sie auch bei Wachphasen in der Nacht machen. In solchen sollten Sie keinesfalls lesen, fernsehen oder wieder an den Computer gehen!
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TRÄUMEN VON BRIGITTE HOLZINGER
Jeder Mensch träumt Nacht für Nacht. Meist wissen wir jedoch nach dem Aufwachen von gar nichts. Allenfalls bleibt eine besondere Stimmung zurück oder einzelne flüchtige Bilder. Doch unsere Träume sind kostbar: Sie bereichern unser Tag-Leben, wenn wir sie ernst nehmen und uns um sie bemühen. Denn oft weiß unser Unbewusstes besser als unser bewusstes Denken, was uns gut tut oder was uns fehlt.
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Wenn man sich der Traumwelt zuwendet, muss man sich jedoch von etwas verabschieden, das ursprünglich neugierig gemacht hat: Von der Vorstellung nämlich, dass man den wahren Sinn des Traumes erkennen kann. Träume sind kreative, nächtliche Fantasien, auf einem anderen Boden als dem des Wachens gewachsen, nämlich dem des Schlafs. TRÄUMEN IST DENKEN IM SCHLAF
Sie können davon ausgehen, dass Sie jede Nacht mindestens vier-, fünfmal träumen. Der Traum ist eine Art Parallelwelt, in der unsere Realitäten sich widerspiegeln, sich abbilden und miteinander kommunizieren – eine Art des Denkens, die gewöhnlich während des Schlafens auftritt. Seine Ausprägung hängt maßgeblich von der Schlafphase ab, in der dieser Gedankenprozess stattfindet.
Luzide Träume, auch Klarträume genannt, sind bewusste Träume: Man weiß, dass man träumt und den Verlauf des Traums beeinflussen oder sich bei Bedarf wecken kann. Auch Albträume haben einen Sinn und es gibt Möglichkeiten, sich von ihnen zu befreien. Oft sind sie ein Versuch, etwas Unerträgliches zu verarbeiten oder etwas Schreckliches ins Leben zu integrieren. Manchmal sind sie eine Art Warnung oder als Stress- oder Burnout-Marker die Ausprägung einer Erkrankung. NÄCHTLICHE ENTWICKLUNGSHILFE
Meiner Ansicht nach sind Träume Gefühle in bewegten Bildern. Sie sind maßgeblich an unserer Entwicklung beteiligt. Der Traum dient, so prosaisch das auch sein mag, der Adaption. Er hilft Ihnen, mit neuen Lebenssituationen, Krisen und neuen Umgebungen fertig
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TRÄUMEN / BRIGITTE HOLZINGER
zu werden. Träume können Sie inspirieren, Horizonte eröffnen und warnen – vorausgesetzt, Sie vermögen die Traumgespinste zu entwirren. Die Traumerinnerung und damit den Zugang zur eigenen Traumwelt schärfen Sie am besten, indem Sie sich akribisch genau Träume notieren, am besten gleich nach dem Aufwachen.
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Wesentlich ist, dass Sie sich nach dem Aufwachen möglichst nicht bewegen. So können Sie den Traum um vieles müheloser vor dem inneren Auge rekapitulieren. Versuchen Sie, Eselsbrücken bzw. Anker zu setzen und Typisches aus jeder Szene hervorzuheben. Sind Sie völlig erwacht, schreiben Sie den Traum detailliert auf. MIT WERTSCHÄTZUNG UND LEICHTIGKEIT
Je mehr Wertschätzung und Liebe Sie der Traumwelt entgegenbringen – bei gleichzeitiger humorvoller Leichtigkeit den daraus resultierenden Assoziationen gegenüber, die nicht unbedingt immer die Wahrheit wiedergeben –, umso besser sind die Früchte. Ich glaube fest daran, dass eine innere Entwicklung beginnt, wenn man seine Träume wertschätzend aufzuschreiben beginnt.
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UND NUN: DIE GUTE-NACHT-GESCHICHTE VON HELMUT WITTMANN
„Mir scheint, dass man einen starken Willen braucht, um etwas zu erreichen im Leben“, hat einer zu einem Weisen gesagt. Der Weise hat darauf gelacht. „Warum lacht Ihr, Herr?“, hat der eine gefragt.
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„Die besten Dinge im Leben bekommst du nicht durch Willenskraft“, hat der Weise lachend gesagt. „Du kannst mit Willenskraft Essen in deinen Mund stecken, aber nicht mit Willenskraft Appetit bekommen. Du kannst dich mit Willenskraft niederlegen, aber nicht mit Willenskraft einschlafen. Du kannst mit Willenskraft ein Geheimnis mitteilen, aber nicht mit Willenskraft Vertrauen schaffen. Du kannst mit Willenskraft etwas für jemand anderen tun, aber nicht mit Willenskraft Liebe schenken. Das Beste im Leben geschieht einfach aus dir heraus – oder eben nicht.“
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DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Dalibor Truhlar ist Autor, Philosoph, Festredner und Kommunikationsberater. www.dalibortruhlar.com
Peter Lichtkoppler ist Energetiker und leitet regelmäßig Meditationsgruppen. www.lichtkoppler.at
Manfred Rauchensteiner ist Emotionstrainer, Wissensentwickler, Glücksforscher (Vortragender am Europäischen Institut für Glücksforschung) und Autor des im Goldegg Verlag erschienen Buchs „Glücklich leben. Dein Herz weiß mehr als dein Verstand“. www.rauchensteiner.at
Fritz Schwarz leitet als passionierter Stadtökologe den Botanischen Garten und die Naturkundliche Station der Stadt Linz, an der er seit über 30 Jahren tätig ist. Mit Stephen Solokoff hat er den Stadtwanderführer „Naturwanderungen in Linz“ mit 11 naturkundlichen Stadttouren verfasst.
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Foto © Jeff Mangione
Robert Pfaller ist Genussmensch und Philosoph. Also solcher lehrte er ab 1993 an der Kunstuniversität Linz. Seit 2009 ist er Professor für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Sein Befund zum Genießen stammt aus seinem 2011 erschienenen Buch „Wofür es sich zu leben lohnt“. www.robert-pfaller.at
Foto © Norbert Artner
Stefan Schlager ist Theologe, Erwachsenenbildner, Hochschullehrer und Autor mehrerer Bücher. Er leitet die Theologische Erwachsenenbildung der Diözese Linz und lehrt Ethik an der Fachhochschule Oberösterreich/ Campus Linz.
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Philipp Braun arbeitet im „Brotberuf“ als Versicherungsagent, hält häufig geschmacksbildende Slow-FoodWorkshops an Schulen und schreibt nebenher als Gastrokritiker und Feinschmecker für die Oberösterreichischen Nachrichten. Seit 2006 ist er treibende Kraft bei Slow Food in Oberösterreich. www.slowfoodlinz.at
Peter Androsch ist Komponist, Publizist und Initiator von Hörstadt, einem Labor für Akustik, Raum und Gesellschaft. Mit Hörstadt, der katholischen Kirche und der Gewerkschaft hat er die Initiative „Beschallungsfrei“ für öffentliche Räume ohne Hintergrundmusik gegründet. www.beschallungsfrei.at
Foto © Klaus Fritsche
Foto © Linz Tourismus / Karin Hofbauer
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Georg Steiner ist seit 2007 Tourismus direktor in Linz. Seit seinem BWL Studium und Berufseinstieg 1982 als Tourismusdirektor der Stadt Passau befasst er sich mit den Aspekten des Kulturtourismus. Seine Arbeit ist davon geprägt, die historischen Wurzeln der Region – von Römer bis Barock – mit den kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen unserer Zeit zu attraktiven touristischen Themen und Produkten zu verknüpfen. Foto © OÖNachrichten / Volker Weihbold
Thomas Macho ist seit 1993 Professor für Kulturgeschichte an der HumboldtUniversität zu Berlin. Linz ist er unter anderem durch eine Gastprofessur an der Kunstuniversität verbunden. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. die Geschichte der Zeitrechnung, der Rituale und der Mensch-TierBeziehungen sowie die Religion in der Moderne. www.thomasmacho.de
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Erhard Gstöttner ist in Linz, Bad Aussee und Wien aufgewachsen. Erste journalistische Versuche unternahm er bereits in der Gymnasialzeit, seit 1985 ist er Redakteur der Oberösterreichischen Nachrichten.
Waltraud Faißner war Leiterin der Bibliothek des Oberösterreichischen Landesmuseums und hat die Geschichte der Linzer Torte bis zum letzten Bröselchen erforscht. Zu ihrer eigenen Bibliothek zählen u. a. eine stattliche Kochbuchsammlung sowie ihre eigenen Veröffentlichungen zur Linzer Torte.
Foto © Rubra
Foto © Reinhard Winkler
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Gerfried Stocker ist gelernter Nachrichtentechniker und Medienkünstler mit Erfahrung u. a. in Interaktion, Robotik, Telekommunikation und Musik. Seit 1995 ist er künstlerischer Geschäftsführer von Ars Electronica. Als gefragter Vortragender und Ideengeber ist er an vielen Tagen des Jahres auf Reisen. www.aec.at
Foto © maschekS
Elisabeth Vera Rathenböck ist Absolventin der Linzer Kunstuniversität und seit rund 20 Jahren als Kulturjournalistin, Autorin und bildende Künstlerin tätig. http://rathenboeck.jimdo.com
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Stella Rollig ist Autorin, Ausstellungsmacherin und Kulturmanagerin. Die gebürtige Wienerin leitet seit 2004 als künstlerische Direktorin das LENTOS Kunstmuseum und seit 2011 zusätzlich das NORDICO Stadtmuseum in Linz.
Marc Zeller arbeitet seit über 20 Jahren in der Gastronomie und insbesondere im Nachtgeschäft. 2000 gründete er das „Marcelli“ im Shoppingcenter Passage an der Landstraße. 2001 übernahm er die angrenzende „SeptemBar“ und fusionierte beide Lokale zur „RememBar“, die er seither erfolgreich führt. www.remembar.at
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Gaby Mach ist Künstlerin und führt seit 2008 mit ihrem Mann Franz das in zweijähriger Arbeit liebevoll eingerichtete Zaubertal-Hamam am Stadtrand von Linz. Besuch nach Voranmeldung. www.zaubertal-hamam.at
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Foto © Reinhard Winkler
Marius Huszar ist gelernter Kultur journalist und wechselte Mitte der 1990er-Jahre vom ORF-Landesstudio Oberösterreich auf den Taxilenkersitz. 2013 ist im Verlag Bibliothek der Provinz sein Taxigeschichtenbuch „Der Taxisteher. Kultur im Fahrpreis inbegriffen“ erschienen. Eine Fortsetzung ist in Arbeit.
Wolfgang Preisinger ist Mitgründer und Geschäftsführer von Die Fabrikanten, die u. a. mehrere Filme produziert, mit Querspur 1990 das erste Festival internationaler Videokunst in Linz mitgestaltet und sehr bald einen nichtkommerziellen Fernsehsender wie dorf.tv gefordert haben. www.fabrikanten.at
Petra-Maria Dallinger ist Leserin und Leiterin des Adalbert-StifterInstituts des Landes Oberösterreich/ StifterHaus. Sie betreut Literatur ausstellungen und findet Bücher machen schön. www.stifter-haus.at
Foto © Chris Wiener
Foto © Manfred Scheucher / voll-fotograf.at
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN
Constanze Hill ist akademische Beraterin und diplomierte Sexualberaterin, Mutter von zwei Kindern und Österreichs erste und bis dato einzige blinde Radio- und Fernsehmoderatorin. Sie berät Menschen in Paarbeziehungsfragen und arbeitet als Coach für Hill International. www.constanze.at
Brigitte Holzinger ist Psychologin und hat sich der Schlaf- und Traumforschung verschrieben. Sie leitet das Institut für Bewusstseinsund Traumforschung und ist die Autorin mehrerer Sachbücher wie etwa „Anleitung zum Träumen“, „Schlaf coaching“ und „Der luzide Traum“. www.traum.ac.at www.schlafcoaching.org
Foto © Monika Löff
Foto © www.lukasbeck.com
Maria Obermair ist Gesundheits-, Schlaf- und Wohlfühlexpertin in Linz und hilft Menschen zu ausgewogener Beziehung zwischen Körper- und Ego-Ich. Sie bietet den Workshop „Reisen Ohne Nebenwirkungen“ an und vermittelt dabei, wie Sie ohne Jetlag reisen können. Ihr Buch „Die perfekte Nacht“ hilft Menschen mit Schlafstörungen weiter. www.kinmo.at
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Helmut Wittmann ist staatlich geprüfter Filmvorführer, Spieleerfinder, Schloss sekretär, Buchhändler, Texter und Landarbeiter. Seit über 20 Jahren ist er hauptberuflich als Märchenerzähler tätig. www.maerchenerzaehler.at
IMPRESSUM HERAUSGEBER/COPYRIGHT: Tourismusverband Linz Adalbert-Stifter-Platz 2 4020 Linz, Österreich
KONZEPTION/TEXT/UMSETZUNG: Georg Steiner, Florian Sedmak und andere, Gisela Gruber
GESTALTUNG/LEKTORAT: kest – strategie, kommunikation, design 4020 Linz, Österreich Dr. Lisa Deutschmann, delivision Elisabeth Girkinger, www.textillerie.at
FOTOS: S. 4/5/61/64 Linz Tourismus / L. Eckerstorfer, S. 9/99 Linz Tourismus / Alex Sigalov, S. 11/24/44/47/49 Linz Tourismus / Erich Goldmann, S. 12 iStock.com/damircudic, S. 15 Kite_rin/Shutterstock, S. 16/17/18 iStock.com/epicurean, S. 20/21/67 Linz Tourismus / Johann Steininger foto360.at, S. 27/40/41 Linz Tourismus / Andreas Röbl, S. 29/31/33/50 Linz Tourismus / F. Knogler, S. 35 Hören – die Entdeckung der Welt (Foto pondell), S. 37 taviphoto/Shutterstock, S. 52 F. Weichselbaumer / MSlinzerin, S. 55 iStock. com/Yuri, S. 56 iStock.com/GeorgeRudy, S. 59/72 Linz Tourismus / kest_2Meta, S. 63 Linz Tourismus / Andreas Kepplinger, S. 69 Remembar, S. 71 Jaromir Chalabala/Shutterstock, S. 77/91 R_K_B_by_Petra Bork_pixelio.de, S. 79 iStock.com/fatihhoca, S. 80 iStock.com/ scanrail, S. 83 R_K_B_by_Lupo_pixelio.de, S. 84/85 R_K_B_by_Rainer Sturm_pixelio.de, S. 86/87 iStock.com/miljko, S. 88 Kotin/Shutterstock, S. 95 Sidarta/Shutterstock, S. 97 Bettina Wolfinger
DRUCK: Gutenberg, Linz
Alle Angaben ohne Gewähr, Linz, Dez. 2015, Satz und Druckfehler vorbehalten, Gerichtsstand Linz.
LINZ.VERÄNDERT,
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