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54/55 Juni 2007 | 5. Jahrgang

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Der letzte Tanz

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Die 20. Berner Tanztage sind ein würdiger Ausstieg

«Kubrick war ein politisches Biest»

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Inside the Mind of a Visionary Filmmaker

Die Theater nehmen Abschied Wollen wir trauern?

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Ensemble Paul Klee – Fokus VI «still life – still alive» Do 7.6., 18.30 Uhr Konzert Auditorium, Zentrum Paul Klee, Bern Werke von Franz Schubert, Thomas Demenga Thomas Demenga, Violoncello; Hansheinz Schneeberger, Violine; Ensemble Paul Klee. Ab 20 Uhr Dîner-Concert mit 3-gängigem Menu in Zusammenarbeit mit den Restaurants Schöngrün, mit Magier Alex Porter Vorverkauf: www.kulturticket.ch, Tel. 0900 585 887 (CHF 1.20/Min)

www.zpk.org/musik


Bild Titelseite und links: Berner Tanztage: Vertigo and the Diamonds Fotos: Dorit Talpaz

INHALT KULTUR & GESELLSCHAFT

ensuite im Juni/Juli

Impressum Herausgeber: Verein WE ARE, Bern Redaktion: Lukas Vogelsang (vl); Stephan Fuchs (sf); Anna Vershinova (av) // Claudia Badertscher (cb), Andrea Baumann (ab), Peter J. Betts (pjb), Jean-Luc Froidevaux (jlf), Till Hillbrecht (th), Michael Imoberdorf (mi), Sonja Koller (sk), Andy Limacher (al), Belinda Meier (bm), Monique Meyer (mm), Eva Mollet (ev), Magdalena Nadolska (man), Marta Nawrocka (mn), Eva Pfirter (ep), Nicolas Richard (nr), Caroline Ritz (cr), Benedikt Sartorius (bs), Monika Schäfer (ms), AnneSophie Scholl (ass), Karl Schüpbach (ks), Sarah Stähli (ss), Tabea Steiner (ts), Kathrina von Wartburg (kvw), Simone Wahli (sw), Sonja Wenger (sjw) Cartoon: Bruno Fauser, Bern; Telefon 031 312 64 76 Kulturagenda: kulturagenda.ch; ensuite - kulturmagazin, Bewegungsmelder AG, allevents, Biel; Abteilung für Kulturelles Biel, Abteilung für Kulturelles Thun, interwerk gmbh. Korrektorat: Monique Meyer (mm) Abonnemente: 58 Franken für ein Jahr / 11 Ausgaben. Abodienst: 031 318 60 50 ensuite – kulturmagazin erscheint monatlich. Auflage: 10‘000 Anzeigenverkauf: anzeigen@ensuite.ch Layout: interwerk gmbh: Lukas Vogelsang Produktion & Druckvorstufe: interwerk gmbh, Bern Druck: Fischer AG für Data und Print Vertrieb: Gratisauflage an 350 Orten im Kanton Bern; passive attack, Telefon 031 398 38 66 Web: interwerk gmbh Hinweise für redaktionelle Themen (nicht Agendaeinträge!) erwünscht bis zum 11. des Vormonates. Über die Publikation entscheidet die Redaktion. Bildmaterial digital oder im Original beilegen. Agendahinweise bis spätestens am 18. des Vormonates. Redaktionsschluss der Ausgabe ist jeweils am 18. des Vormonates. (siehe auch www.ensuite.ch - menü: veranstalter) Die Redaktion ensuite - kulturmagazin ist politisch, wirtschaftlich und ethisch unabhängig und selbständig. Die Texte repräsentieren die Meinungen der Autoren/innen, nicht jene der Redaktion. Copyrights für alle Informationen und Bilder liegen beim Verein WE ARE in Bern und der edition ■ ensuite. Redaktionsadresse: ensuite – kulturmagazin Sandrainstrasse 3 3007 Bern Telefon 031 318 6050 mail: redaktion@ensuite.ch

www.ensuite.ch ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

■ Sommer 2007. In den letzten Wochen haben sich die Ereignisse in Bern überstürzt. Plötzlich steht die Hauptstadt der Schweiz ohne eigene Zeitung da. Die Espace Medien AG ist nicht mehr «bernisch», sie gehört jetzt zu 80 % der Tamedia. Damit sind fast alle Medien aus dem Kanton Bern, Zeitungen, CapitalFM und Telebärn, in Zürcher Hand. Ich hatte mich beim Morgenkaffee verschluckt. Und wann zügeln sie das Bundeshaus? - das war mein erster Gedanke. Bern hat damit den wesentlich grösseren Umbau eingeleitet als die EM08-Baustellen, Bahnhofsplätze oder Gasleitungsrenovationen. Eine alte Berner-Geschichte geht zu Ende. Und man erinnere sich an die vielen Diskussionen über das «Berner Modell» vor einigen Jahren. Tja, das ist nun definitiv gestorben - aber das weiss man ja auch schon länger. Diese neue Megafusion hat nur eines im Kopf: Wachstum und Gewinn. Beide Unternehmen haben in diesem Jahr fantastische Zahlen und Gewinne vorgezeigt - kein Grund also zu jammern. Aber die Lust nach Macht scheint bei der Tamedia gross zu sein. Bei diesem Grosskonzern ist das Herz für die Leserschaft oder für das Publikum schon lange verloren gegangen. 20-Minuten ist das Vorbild. Zürich übernimmt Bern oder auch umgekehrt: Sandro Lunin verlässt das Schlachthaus-Theater und wird künstlerischer Direktor des Zürcher Theaterspektakels. Alles scheint sich momentan nach Zürich umzusehen. Oder wird Bern jetzt wirklich Zürich-West? Lustigerweise hat diese Stadt auch in dieser ensuite-Ausgabe redaktionell ein grosses Fenster erhalten. Das war keine Absicht, sondern alles Zufall und gibt schlussendlich durchaus Sinn. Tja, aber die Zürich-Attacke war deswegen so überraschend, weil ich selber seit einem halben Jahr weiss, dass ensuite – kulturmagazin ab Oktober eine Zürich-Version zu produzieren gedenkt. Kein Witz: Wir bauen aus, damit wir die Berner Ausgabe subventionieren können. Bern ist finanziell wirklich nicht spannend. Und im Gegensatz zu Bern hat uns Zürich eingeladen das Magazin dort zu produzieren – dies gleich mehrmals. Nach dem fünften Mal hatte ich verstanden. Grundsätzlich ändert sich für Bern also nichts. Aber in den nächsten Monaten wird’s hier viel Arbeit geben – also schon wieder nichts mit Ferien… Tja, Prosit Zürich - ihr könnt tatsächlich nicht nur Fussball spielen... Achtung: Die nächste ensuite erscheint erst wieder am 1. August 2007.

Lukas Vogelsang Chefredaktor

tschüss stadttheater 4 | ein frischer blick auf das älteste gewerbe der welt 5 | mysteriös und unheimlich: wo ist unser opium geblieben? 32 | ein winziger ausschnitt projizierter realität 33

LITERATUR illija trojanow, dimension2, ilma rakusa 29 | filosofenecke 32

BÜHNE der letzte tanz 7 | der chef empfiehlt: züri gemetzeltes 12 | ausblick bühne 12 | das schlachthaus nimmt abschied 13 | es wird gespielt 15 | heimweh 35

KINO / FILM «kubrick war in seinem täglichen leben ein grosser optimist» 9 | takva 23 | irina palm 24 | pirates of the caribbean - at world‘s end 24 | the namesake 25 | das andere kino 26

MUSIK der klassische lückenfüller 16 | anyone can play guitar 17 | utopisten und reaktionäre 19 | konzert-tipp 19 | ein essen mit sophie hunger 20 | ECM listening post 22 | cd-tipps 22

LIFESTYLE reiseziel hotel: l‘aubier - oase der sinne 34 | insomnia 35

DIVERSES stadtläufer 17 | tratschundlaber 25 | berner kulturmenschen: a loop is a loop 30 | von menschen und medien / fauser cartoon 31

KULTUR-PUBLIREPORTAGE heisse sommerthemen wie sex, camping und terrorismus 57 | indisches heilwissen 61 | das meisterwerk «ad parnassum» zu besuch im zentrum paul klee 69

STADT THUN die geschichte von den pandabären 87

KULTURAGENDA kulturagenda bern 53 | biel 81 | thun 85

Kunstbeilage:

artensuite ab Seite 37

...und los! 3


fokus

KULTUR & GESELLSCHAFT

tschüss stadttheater Von Lukas Vogelsang – Wir verabschieden uns mit einem Theater ■ Das Stadttheater wechselt in diesem Sommer das gesamte Leitungsteam. ensuite – kulturmagazin möchte sich vom alten Team mit einer speziellen Aktion verabschieden: Wir haben das gesamte Berner Stadttheater aus dieser Ausgabe (Juni / Juli) gestrichen, inklusive Agendaeinträge und Artikel. Man könnte sagen, wir haben aus finanzieller Not die Druckerschwärze eingespart – und das wäre nicht mal gelogen. Der Grund für diese Aktion liegt in einer langen Geschichte und seien Sie unbesorgt, ab August wird das Stadttheater wieder normal in unserer Agenda vertreten sein – aber jetzt möchten wir erst mal ein Zeichen setzen. Warum dieser Ausschluss? Eines sei gleich vorweg klargestellt: Es geht nicht darum, dass wir vom Stadttheater Geld wollen – wir suchen den Dialog. Es geht auch nicht darum, mit dieser Aktion die KulturveranstalterInnen unter Druck zu setzen. Für uns ist die Trennung von Inseraten und redaktioneller Arbeit wichtig. Wir machen diese Aktion einmalig aus Protest und als Antwort auf den Ausschluss, den wir selber vom Stadttheater erfahren durften. Worum geht’s also? Jedes Mal, wenn wir beim Stadttheater anklopften und für Inserate anfragten, wurde uns erklärt, dass das Stadttheater kein Geld habe. Dummerweise wurde jeweils nach der Anfrage ein einseitiges Inserat bei der Konkurrenz geschaltet. Das wäre nicht weiter schlimm, wir wissen ja nichts über die angebotenen Konditionen. Doch redaktionell geschrieben wurde fast nur im ensuite – kulturmagazin, und dies gleich seitenweise. Im März 2007 waren es zum Beispiel ganze fünf Seiten – logischerweise gratis und bedingungslos. Das Stadttheater bat uns wenig später in einem Mail um die Gratis-Bildpublikation in unserer Kulturagenda mit dem Satz «Wir freuen uns natürlich immer wenn unsere Produktionen mit Bild drin sind.» – Kein Wort über unsere geleisteten Texte, kein Feedback. Das macht stutzig. Die Tatsache, dass das hochsubventionierte Stadttheater, welches für Bern eigentlich eine prägende Rolle spielt, 50‘000 Franken einem Konkurrenzblatt einfach so bezahlt, ohne adäquate Gegenleistung (also keine Inserate oder Dienstleistungen) zu erhalten, wirft noch mehr Fragen über den Sinn unserer Berichterstattung auf. Eine Zeitung ist nicht gratis. Schon nur die Herstellung einer einzigen ensuite kostet 4

(Foto: Pierre Marti)

uns monatlich 15‘000 Franken, ohne Lohnkosten, und der Werbemarkt in Bern ist zu klein. Als Zeitung überleben wir einzig durch Inserate und Abonnenten. Doch Henry Huber, Präsident des Verwaltungsrats des Berner Stadttheaters schreibt uns dazu: «Vor etwa zwei Jahren haben wir im Verwaltungsrat den Entscheid getroffen, unsere Mittel auf die Agenda («Berner Kulturagenda» / Anmerkung der Redaktion) zu konzentrieren. Heute sind wir ein ganz erheblicher Finanzierungsträger der Agenda. Dieser Entscheid mit der Konzentration der Mittel hatte Konsequenzen: Kein Engagement bei weiteren Magazinen und Kündigung der Mitgliedschaft beim Podium. Beim Podium (Stadttheater ist Gründungsmitglied) stiegen wir dann dank deutlich besseren Konditionen wieder ein.» Der Verwaltungsrat meinte auch noch: «Aus anderen Medien gibt es keinen vergleichbaren Druck.» Das widerspricht sich natürlich, denn die 50‘000 Franken an die «Berner Kulturagenda» erfolgen nicht freiwillig, sondern durch einen Deal im Leistungsvertrag. Diese Freiwilligkeit ist im Geschäftsbericht 2004/2005 nachzulesen. Und es ist anzufügen, dass der «BUND» und die «BZ» der Espace Medien AG durch den Produktions- und Vertriebsauftrag der «Berner Kulturagenda» viel Geld erhalten – und mehr Medien gibt’s in Bern kaum noch. Im Gegensatz zu der «Berner Kulturagenda» wollen wir aber kein Geld für nichts, sondern bieten für jeden Franken etwas Konkretes und Nützliches an. Natürlich machen wir unsere Zeitung für die Leserschaft und nicht wegen des Geldes. Darum kämpfen wir auch um unsere Unabhängigkeit. Dass in Bern jeder und jede jeden und jede kennt, ist kein Geheimnis. Mit Vitamin B kommt man in dieser Stadt weit – ohne braucht’s etwas mehr Kraft. Als wir im Vorfeld dieser Heftproduktion die Leitung des Stadttheaters von unserem «polemischen Vorhaben» per Mail informierten, schlugen die Wellen hoch. In einem 23-minütigen Gespräch erklärte mir Armin Kerber, Chefdramaturg und Leiter Marketing / PR, dass er damit nichts zu tun habe und er überhaupt kein Geld hätte... Nach drei Jahren Amtszeit war dies der erste Kontakt zwischen uns. Alle unsere Briefe an ihn waren bisher unbeantwortet geblieben. Nun, Armin Kerber sitzt im Vorstand der «Berner Kulturagenda» und hat die Marketingfäden des Theaters in der Hand. Er teilt «sein» restliches

Werbebudget des Stadttheaters von rund 50‘000 Franken (gem. Angaben von Armin Kerber) nach eigenem Plan ein – zumindest was davon gemäss Verwaltungsrat noch erlaubt ist. Und nicht nur wir, auch der «BUND» und die «BZ» erhalten weniger Inserate – nur holt sich die Espace Medien AG das Geld auf andere Weise zurück. Kultur ist keine nette Unterhaltung. Unsere Aktion kommt in einer Zeit, in welcher der Kulturdialog von der Politik und Räten zu einseitig als Monolog und Diktat geführt wird. Die Reaktionen waren deswegen auch sehr empfindlich nervös und emotional. Die Geschichte vom Kornhausforum steckt uns noch in den Knochen. Kulturinstitutionen wissen die politischen Kontakte zu nutzen oder auch nicht – ganz eine Frage des Vitamin B. Kulturmarketing ist in dieser Stadt eine junge Sache mit wenig Erfahrung. Institutionen – wie eben auch das Stadttheater – stehen unbeholfen und unorganisiert da. Wie sonst ist es möglich, dass ein Verwaltungsrat die Entscheide der Marketingabteilung so eingrenzen kann? Kein Wunder, dass die Medienhäuser sich aus der Kultur zurückziehen und die Feuilletons zu bezahlten PR-Suiten verkommen. Die so genannte Kulturbeilage «Z» der «NZZ» zum Beispiel hat verlegerisch finanziell grossen Erfolg. Doch das kann und darf nicht die Zukunft der Qualität von Medien und Kultur sein. Oder? Unsere Ausschlussaktion des Berner Stadttheaters ist also eine ganz kleine Antwort auf das, was wir in den letzten 5 Jahren erleben durften. Wir machen es zu einem Zeitpunkt, wo wir keinen wirklichen Schaden anrichten. Das Budget des Theaters ist aufgebraucht, die Bürotische werden geräumt, die NachfolgerInnen bereits in die Arbeit eingeführt und das Theaterprogramm spielt Saisonende. Nur: den Abgang der nun gehenden Leitung wollen wir nicht versüssen. Ab diesem Sommer möchten wir für das neue Leitungsteam die Türen öffnen. Wir haben bereits positive Signale für einen konstruktiven Dialog erhalten – es scheint, dass wir tatsächlich ein neues und mutigeres Theater erhalten. Was dies auch immer heissen mag. ensuite – kulturmagazin ist neugierig, dieses Team kennen zu lernen… Das fehlende Programm: www.stadttheaterbern.ch ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


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KULTUR & GESELLSCHAFT

ein frischer blick auf das älteste gewerbe der welt Von Anne-Sophie Scholl

Bild: Chez Grisélidis - Grisélidis Réal / zVg.

■ Büchertürme und Papierstapel, Fotokopien, grosse und kleine Säcke, Bilderrahmen mit schützendem Karton umhüllt und alte Fotografien – der Raum sieht nach viel Arbeit aus. Ein geordnetes Chaos: Zielsicher der Griff in eine der Plastiktüten. Ein kleines Prunkstück kommt zum Vorschein: zierlich und klobig zugleich, eine Plateausandale aus grobem Plastik, ein Original aus den 70er Jahren. Hellblau die Fussriemen, hohl und transparent die Sohle und im Absatz von mindestens 15 Zentimeter Höhe kuschelt sich verspielt ein kleiner weisser Teddybär aus Plüsch. Kitschig und kultig, berührend und befremdend – der «Ackerschuh» ist eines der Schmuckstücke in der Ausstellung Sexarbeit. Wie die verschiedenen anderen Preziosen erscheint auch die kleine Sandale im Streiflicht durch die Berner Sittengeschichte. Kuratorin der Schweizer Räume, die die aus dem Hamburger Museum für Arbeit übernommene Ausstellung zu Prostitution im Kornhausforum Bern ergänzen, ist Veronika Minder. Bekannt wurde die Ausstellungsmacherin mit «Katzenball», einem Film über lesbische Liebe in der Schweiz. Seit sieben Jahren ist Veronika Minder zudem im Vorstand von Xenia, der Beratungsstelle für Prostituierte aktiv. Ein Gespräch.

Veronika Minder, es ist davon auszugehen, dass die Ausstellung «Sexarbeit» viele Leute anzieht. Gleichzeitig aber wird Prostitution im Bewusstsein der allgemeinen Bevölkerung nach wie vor verdrängt. Wieso interessiert eine Ausstellung zu diesem Thema? Das Thema hat etwas Faszinierendes für Leute, ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

die nichts über Prostitution wissen und das Umfeld der Sexarbeit nicht kennen. Aber man darf nicht vergessen, dass ein Fünftel der männlichen Bevölkerung das Sexgewerbe sehr gut kennt. Jeder fünfte Mann, bzw. 15-20 Prozent der schwulen und heterosexuellen Männer in der Schweiz gehen zu Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern, sind also Freier. Zieht man in Betracht, wie viel Geld mit der Sexindustrie insgesamt umgesetzt wird, also nicht nur mit Prostitution, sondern auch mit Telefonsex, Pornokino, Zeitschriften, Inseraten und Internet, erreicht man sehr hohe Zahlen. In der Schweiz rechnet man mit einem jährlichen Umsatz von 3,5-4 Milliarden Franken. Auch weltweit ist die Sexindustrie volkswirtschaftlich gesehen eine der grössten Industrien. Sexarbeit ist ein Bestandteil unseres Lebens, findet aber in einer Grauzone statt, die als Milieu bezeichnet wird. Salons gibt es überall, aber die wenigsten Leute haben in ihrem Freundeskreis eine Sexarbeiterin oder einen Sexarbeiter. In der Ausstellung ist übrigens eine Karte zu sehen, auf die Orte des «Rotlichtmilieus» in Bern eingezeichnet sind. Verfolgt die Ausstellung ein bestimmtes gesellschaftspolitisches Ziel? Die Ausstellung will zur Diskussion oder zum Nachdenken anregen und Licht auf diesen Aspekt unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens werfen, deswegen wird sie mit einem Rahmenprogramm ergänzt. Im Moment drehen sich die grossen Diskussionen diesbezüglich vor allem um Zwangsprostitution und Frauenhandel, gerade auch im Hinblick auf die Euro 08. Dabei wird ausgeblendet, dass die reguläre Prostitution, bei der

die Frauen angemeldet sind und die Arbeit freiwillig machen, immer noch den grössten Anteil stellt. Wie häufig ist der Fokus sehr stark auf das Problem gerichtet. Wir können nicht erwarten, dass Prostitution nicht existiert, aber wir sollten vielleicht ein wenig lockerer damit umgehen. Welche Diskussionen werden heute innerhalb der Bewegung der Sexarbeiterinnen geführt? Man muss zwischen den Diskussionen, die in den einzelnen Ländern geführt werden, unterscheiden. In der Schweiz wird stark für die Anerkennung der Sexarbeit als Beruf gekämpft, was in Deutschland jetzt gerade erreicht worden ist. In Deutschland gibt es mit dieser neuen Gesetzgebung Verträge und dadurch sind die Arbeitenden über ihren Beruf automatisch an die Krankenkasse und weitere soziale Vorsorgeeinrichtungen, wie zum Beispiel die Arbeitslosenversicherung oder die Altersversicherung, angeschlossen. In Deutschland wurde somit erreicht, dass Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die in einem Salon oder in einem Cabaret arbeiten, angestellt sind und ein Recht auf Sozialleistungen haben. Diese berufliche Besserstellung ist Teil des Kampfes, den Schweizer Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter führen. Das primäre Engagement gilt aber der gesellschaftlichen Anerkennung, ist also gesellschaftspolitischer Natur. Es richtet sich gegen die Stigmatisierung, gegen die vielen despektierlichen sprachlichen Ausdrücke und macht sich stark für mehr Respekt und Toleranz. Seit wann organisieren sich Sexarbeiterinnen? Eine organisierte Bewegung gibt es noch nicht so lange. Die moderne Hurenbewegung – eine 5


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selbstgewählte Bezeichnung – nahm ihren Anfang in einem französischen Akt: 1975 besetzten Prostituierte in Lyon eine Kirche, um sich gegen die polizeilichen Übergriffe zu wehren. Die Polizei hatte Prostituierte auf der Strasse verhaftet und sie drei, vier Tage eingesperrt. Diese Übergriffe waren sehr schlimm, wenn man bedenkt, dass die Betroffenen vielleicht ein Kind zu Hause oder sonstige Verpflichtungen hatten, eingesperrt waren und erst nach einer gewissen Zeit zumindest telefonieren konnten. Im Anschluss an den Protest in Lyon haben Sexarbeiterinnen überall in Frankreich Kirchen besetzt. Wenige Jahre später, zu Beginn der 80er Jahre, wurden in der Schweiz und in anderen Ländern Beratungsstellen gegründet. Du selbst engagierst Dich bei der Berner Beratungsstelle Xenia. Welche Unterstützung bietet Xenia den Prostituierten? Xenia nimmt beratende Funktionen ein. Bei den Schweizerinnen geht es vor allem um die Steuererklärung, bei den Ausländerinnen eher um Vertragsbrüche und fremdenpolizeiliche Angelegenheiten. Ein bedeutender Teil der Arbeit liegt auch in der Gesundheitsprävention, in der Aufklärung über Geschlechtskrankheiten und in der Information über den Umgang mit der Krankenkasse. Xenia bietet auch Ausstiegshilfe an. Wir hier in der Schweiz können sehr stolz sein auf die Struktur der Beratungsstellen. Es gibt sogar in Biel und Thun Mediatorinnen, die in die Salons gehen, Kondome verteilen und Aufklärungsarbeit in gesundheitlichen und rechtlichen Fragen anbieten. Wie stehen die Frauen, die im Sexgewerbe tätig sind, zu ihrer Arbeit? Es kommt sehr darauf an, in welchem gesellschaftspolitischen Zusammenhang sie leben. Wie überall gibt es auch bei Sexarbeiterinnen Unterschiede zwischen arm und reich, schön oder weniger schön, clever und geschäftstüchtig, unbekümmert und sorglos. Belastet ist ihre Situation aber durch die fehlende soziale Sicherheit. Schwierig ist es, wenn jemand lange im Sexgewerbe gearbeitet hat und aussteigen möchte. Die Betreffenden können niemandem sagen, sie haben dreissig Jahre lang als Sexarbeiterin oder als Sexarbeiter gearbeitet und möchten die Geschäftsleitung übernehmen. Das ist nicht möglich, selbst wenn sie anführen, dass sie selbstständig einen Beruf ausgeübt haben, Fremdsprachen können, über sehr gute Menschenkenntnis, soziale Kompetenzen und psychologische Fähigkeiten verfügen – sie bekommen keinen Job, zum Teil nicht einmal als Putzfrau. Ist es denkbar, Sexarbeit als eine, dem Wellnessbereich oder der Therapie zugeordnete Dienstleistung zu verstehen? Zum Teil gibt es ein solches Verständnis in der Schweiz bereits. Im Hinblick auf Behinderte werden derartige Diskussionen geführt. Personal aus dem therapeutischen Bereich kann sich mit einem 6

Kurs zu Berührern und Berührerinnen ausbilden lassen. Dieser Beruf soll eingeführt werden. Sexarbeiterinnen haben diese Dienstleistung aber immer schon erbracht. Es stellt sich daher schon die Frage, warum sie für diesen neuen Beruf nicht in Betracht gezogen werden. Gibt es Sexarbeiterinnen, die das Selbstverständnis haben, dass sie eine qualifizierte Dienstleistung anbieten? Die meisten, die ich kenne, haben ein solches Selbstverständnis, deswegen stelle ich im Kornhausforum Grisélidis Réal aus. «La prostitution est un art, une science et un humanisme», so lautete ihre Philosophie. Grisélidis sah sich als Sexarbeiterin in der Fortsetzung einer langen Tradition aus der Antike. Im alten Griechenland hatte die Prostituierte mehr Ansehen als die Hausfrau, die zu Hause war und die Kinder zur Welt gebracht hatte. In der griechischen Literatur oder in den Theaterstücken, den Epen, ist das erkennbar: Wer sich als Heterosexueller etwas leisten wollte, ging zu einer Tempelhure. Prostitution war in der Antike eine Kunst. Für das Ansehen der Sexarbeiterinnen bedeutet die Geschichte einen Abstieg. Es ist ja auch so, dass Sexarbeit für die meisten Leute problematisch ist, weil sie vor der Nähe zu Fremden Angst haben. Fremde lässt man nur bis zu einem gewissen Punkt an sich heran. Sexarbeit überschreitet diesen Punkt jeden Tag mehrere Male. Kommen wir zu der Ausstellung. Was zeigt der Raum «Chez Grisélidis»? Grisélidis Réal hatte bei sich zu Hause ein «Centre International de la Documentation sur la Prostitution» eingerichtet. Sie hatte ein grosses Interesse für Literatur und besass eine unglaubliche Bibliothek. Sie hat sich auch mit politischen Fragen beschäftigt, war eng mit Jean Ziegler befreundet, kannte Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre und weitere bedeutende Leute in Frankreich und in der Westschweiz. Sie hat selber publiziert und es wurde viel über sie geschrieben. Der Raum ist einem der Zimmer ihrer Wohnung nachempfunden. Man kann dort sitzen und lesen. Es gibt ein Fotokopiergerät, das man benutzen kann, und zwei Monitore, die Fotos und Filmausschnitte mit ihr zeigen. Wenn man in diesen Raum hineingeht, ist es gewissermassen, wie wenn man zu Grisélidis nach Hause kommt. Der andere Raum heisst «Unter den Lauben» und wirft einen Blick auf hundert Jahre Sittengeschichte in Bern. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich mit dem Ideal der bürgerlichen Familie eine spiessige Sexualmoral. Es gab viele prüde Vorschriften und Verbote sowie eine verbreitete Doppelmoral. Immerhin waren vor hundert Jahren in Bern je nach Quelle acht bis zehn Puffs verzeichnet. Die meisten davon befanden sich in der Metzgergasse, der heutigen Rathausgasse. Man begann zu der Zeit

auch, über Prostitution nachzudenken: Dutzende Bücher wurden von Pfarrern, von Frauenvereinen, von Sittlichkeitsvereinen und von Ärzten verfasst. Dieser Raum in der Ausstellung schlägt einen Bogen von der damaligen Zeit bis zu der aktuellen Diskussion über die L-Bewilligungen von Tänzerinnen. Es gibt Hörstationen, Ordner mit Polizeiakten, Zeitungsartikel, Kleider und Objekte aus dem Milieu – Fotografien auch, z. B. zeige ich eine Schachtel der Kantonspolizei, die mit der Bezeichnung «Frauenzimmer» angeschrieben ist. In dieser Schachtel sieht man, wie die sogenannten «Dirnen» angezogen waren und wie sie fotografiert wurden. Die Aufnahmen greifen die Bildsprache von Verbrecherfotos auf, die Dokumente sprechen für sich. Der Raum «Unter den Lauben» ist theatralisch inszeniert und wirft mit verschiedenen Objekten und Dokumenten Streiflichter auf die Entwicklung der Sittengeschichte in Bern. Du hast ja auch das Rahmenprogramm gestaltet. Gibt es da etwas, auf das Du Dich speziell freust? Ich freue mich fast auf alles. Ich finde ganz wild, dass Dora Koster kommt, wobei man betonen muss, dass sie eine ehemalige Sexarbeiterin ist. Dora Koster ist eine Dichterin und Schriftstellerin aus Zürich und sie ist schon ein wenig älter. Dora bringt ihre Handorgel mit. Als ich sie gefragt habe, ob sie an dem Abend auf den Zug müsse oder ob ich ihr ein Zimmer reservieren solle, hat sie geantwortet: «Oh, wollen wir nicht die Nacht durchfeiern!» Man stelle sich vor, ich mit einer fast Siebzigjährigen, die ganze Nacht unterwegs. Auf sie freue ich mich sehr. Ich bin überhaupt sehr gespannt auf die Gespräche im Boudoir. Alle 14 Tage findet ein solches mit ganz unterschiedlichen Leuten statt. Die Filmreihe, schliesslich, ist sowieso gut. Sie zeigt ein paar Leckerbissen aus dem internationalen Kino, z. B. «Irma la Douce», aber auch zwei neue Dokumentarfilme, die noch nie in Bern zu sehen waren. Auf dem Bild: Verena Minder im Gespräch

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veranstaltungen

SEXARBEIT Eine Ausstellung zum Thema Prostitution ■ Respektvoll nähert sich die Ausstellung einem heiklen Thema und wirft Licht auf Lebenswelten und Mythen rund um das «älteste Gewerbe der Welt». Zu Wort kommt z. B. Laura, die im gleichgeschlechtlichen Club Rosa Dienste anbietet und häufig von anspruchsvollen Kundinnen besucht wird, die gerne einmal ein Liebeserlebnis der anderen Art erfahren wollen; die aber auch Kurse gibt und sich stark macht, Behinderten ein Recht auf Sexualität nicht abzusprechen. Oder auch Rebecca, die sich irgendwann nicht mehr von den Freiern hat anfassen lassen wollen, froh ist, den Absprung geschafft zu haben und hofft, eine Perspektive für einen normalen Job zu finden. Pieke, die den lukrativeren nächtlichen Messeservice schätzt und wohltuend findet, dass in dieser Bar für einmal die Männer ihre Legitimität beweisen müssen. Chrissie, die anschaffen geht, um ihren Kindern ein normales Leben zu ermöglichen; die ihre Arbeit nicht abwertend findet, ihrer Kinder wegen aber Mühe hat, zu ihrem Job zu stehen. Wenn Sexarbeit als Arbeit gilt, können Stellenlose zu Prostitution gezwungen werden? Wie steht es mit dem Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, wenn die Stelle im Cabaret gekündigt wird? Wenn Freier gebüsst werden, bedeutet dies einen Schritt hin zu einer gleichberechtigteren Gesellschaft oder verlagert sich das Gewerbe lediglich in ungeschützten Untergrund? – Vielschichtig greift die Ausstellung Fragen auf und gibt breitgefächerte Antworten. Sie zeigt Arbeitswelten, beleuchtet Migrationkontexte und Gesundheitsfragen, greift die rechtliche Situation auf, den Menschenhandel und das Drogenmilieu. Sie wirft einen Blick auf Freiertypen und Umgangsweisen in den europäischen Nachbarländern und Übersee. Sie zeigt den Mut, anders zu sein, zeigt den Kampf um Respekt. Die zehn thematischen Kabinette aus dem Hamburger Museum für Arbeit werden in der Ausstellung im Kornhausforum mit drei Schweizer Räumen ergänzt: «Chez Grisélidis» und «Unter den Lauben» von Veronika Minder (siehe nebenstehendes Gespräch) und, in einem weiteren Raum, das Projekt «Don Juan» über Aufklärungsarbeit bei den Freiern. Bereichert wird die Ausstellung mit einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Gesprächen im Boudoir, Führungen und einer Filmreihe. Viel Stoff bietet schon allein das glanzvoll gestaltete Buch zum Thema, von der deutschen Stiftung Buchkunst als schönstes deutsches Buch 2006 ausgezeichnet. Ausstellung im Kornhausforum Bern 1. Juni bis 1. August Dienstag bis Freitag, 10:00-19:00 h Samstag & Sonntag, 10:00-17:00 h Weitere Informationen: www.kornhausforum.ch, Tel. 031 312 91 10.

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BÜHNE

der letzte tanz Von Lukas Vogelsang – Eine Art Abschiedsrede Bild: Dorit Talpaz ■ Das sind also die letzten Berner Tanztage, die da vom 6. – 23. Juni 2007 stattfinden. Diese Meldung war genauso überraschend wie das diesjährige Festival-Programm. Aber es wäre falsch, die Entscheidung, das Jubiläum mit einem Ende zu feiern, zu kritisieren. Nach 20 Jahren setzen die Organisatoren auf würdige und reife Weise einen Schlusspunkt. Doch ist klar, dass diese Entscheidung in der Berner Kulturszene eine schmerzliche und einschneidende Veränderung darstellt. Mich persönlich haben die Berner Tanztage vor über 13 Jahren in das Berner Kulturleben und in den Tanz eingeführt. Ich weiss noch, wie ich Jahr für Jahr in den Festival-Vorstellungen sass und diesen Verrenkungen zusah, ohne zu begreifen, was das ganze bewegen soll. Die Ästhetik war mir fremd – die Sprache brauchte Übersetzung. Ich gebe zu, dass ich bis heute nicht wirklich viel vom Willen des Tanzes verstehe. Immerhin versuchte ich mich selber in «Modern Dance» und Kontaktimprovisation, hatte meine persönlichen Schlüsselerlebnisse und habe viele Jahre das Geschehen intensiv mitverfolgt. Die Berner Tanztage waren mir Initialzündung für ganz vieles. Auch für viele Fragen. So ist dieses letzte Festival für mich von besonderer Bedeutung. Das Programm des Abschlussfestivals ist erfrischend vielfältig und zeigt eine Retrospektive der letzten 20 Jahre. Die waren im wahrsten Sinne des Wortes «bewegend». Die Berner Tanztage sind fast zu einem Wahrzeichen eines dynamischen Berns geworden – auch wenn nicht immer alles brillierte. Das Festival hat viele Veränderungen miterlebt – wer sich noch an frühere Jahre erinnert, dem sind die langen Nächte in der Dampfzentrale noch gut präsent. Hier traf sich, was zwei Beine und Lust zur Bewegung hatte. Die Tanztage waren nicht nur geprägt von den Veranstaltungen, sondern auch durch den extra für das Festival erschaffenen und gestalteten Kulturort. Die Dekorationen überboten sich von Jahr zu Jahr, verschiedene Restaurants verpflegten die gesamte Gesellschaft und ob man

an die Performance ging oder nicht, die LateNight-Parties mit den DJs und zum Teil auch mit den PerformancekünsterInnen, haben tiefe Erinnerungsspuren gezogen und Kontakte geschaffen. Doch der Tanz und auch das Interesse des Publikums sind in den zwanzig Jahren gewachsen. Dass diese Entwicklung ebenfalls von Bern hätte mitgetragen werden müssen, dass ein solches Festival nicht einfach vom Himmel fällt, hat Bern zu spät erkannt. Bern und die gesamte Kulturszene haben sich ebenfalls verändert. Jetzt haben wir zwar mehr Plattformen für die Heimszene geschaffen und die Kunstform Tanz hat auch ein festes Standbein in Bern gefunden, jedoch fällt mit dem Festival auch eine Vergleichsmöglichkeit, eine Standortbestimmung weg. Natürlich ist ein Ende auch immer ein Anfang von einer neuen Ära. Mal sehen was sich in den nächsten Jahren eröffnen wird. Dieses Jahr freue ich mich besonders auf die israelische Tanzkompanie «Vertigo and the Diamonds». Als sie 1998 in Bern gastierte, habe ich zum ersten Mal eine Art Sprache im Tanz verstehen können. Bis heute ist diese Performance von «Vertigo» für mich prägend und Mass aller Dinge geblieben - ich habe fast ein wenig Angst, dass ich zu hohe Erwartungen setze und versuche mich in der Vorfreude zu mässigen. Doch auch Cie Maguy Marin, Raimund Hoghe, Cie Buissonnière und das Ballet National de Marseille machen Appetit. Und während ich darüber nachdenke, was ich auch noch gerne wieder gesehen hätte, so trauere ich bereits, dass die Zeit so rasch vorbei geht. Doch bevor die Berner Tanztage nur noch in den Erinnerungen bewegen werden, gilt es erst, das Jubiläum mit den Organisatoren zu feiern und ihnen herzlich für dieses Stück Berner Geschichte zu danken. Die letzten Berner Tanztage finden vom 6. – 23. Juni in der Dampfzentrale Bern statt. Infos: www.tanztage.ch oder das Programmheft

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Flüchtlingstag Bern Eröffnungsfeier am Freitag

Freitag 15. Juni, 14 Uhr Pädagogisches Ausbildungszentrum NMS, Waisenhausplatz 29, Bern, info@osar.ch Ansprache durch Bundespräsidentin

Micheline Calmy-Rey Fest und Solidaritätsmarkt

Samstag 16. Juni, 15 - 22 Uhr Auf dem Bundesplatz

Musik & Tanz & Kulinarisches aus Asien, dem Nahen Osten und Afrika Special Guests 17.20 17.45 19.30 20.45 21.15

Regula Rytz Rhythm Nation Moonraisers Bayfall Angle Rap for tibet feat. dj pablo

Gemeinderätin Bern Hip Hop / Break Dance Elektro-Reggae Rap / Hip Hop Senegal Rap / dj

integrationBE AG ist eine nicht Gewinn orientierte Aktiengesellschaft zur Integration anerkannter Flüchtlinge


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KULTUR & GESELLSCHAFT

«kubrick war in seinem täglichen leben ein grosser optimist» Von Sarah Stähli

Foto: Alexander Singer / Stanley Kubrick Estate

■ Ein Gespräch mit Jan Harlan, Stanley Kubricks Produzent seit 1975, anlässlich der Ausstellungseröffnung von «Stanley Kubrick – Inside the Mind of a Visionary Filmmaker» in Zürich.

Kubrick versuchte sich in sehr unterschiedlichen Genres. Man hört ja immer, er habe ganz verschiedene Filme gemacht, sich nie wiederholt, das stimmt alles, aber es stimmt nur in der Form, nicht in der Substanz. In der Substanz war das ein Mann, immer derselbe. Er war ein bisschen wie ein Maler, der einmal Sonnenblumen malt und das nächste Mal ein Interieur und trotzdem bleibt seine Handschrift erkennbar. Wie würden Sie denn seine Handschrift beschreiben? Er behandelt in all seinen Filmen dieselben Themen. Es ging ihm darum, unsere Schwächen zu zeigen. Was ihn interessiert hat, war die Eitelkeit und Dummheit der Menschheit. Während er in seinem täglichen Leben ein grosser Optimist war, war er sehr pessimistisch in Bezug auf unsere Zukunft. Bei «Paths of Glory» geht es um die Eitelkeit der Militärs, die in sich gefangen sind; dieser Zwang zieht sich durch all seine Filme. Für ihn war sein wichtigster Film «Eyes Wide Shut», wahrscheinlich weil es der allerschwierigste überhaupt war. Jeder im Publikum ist ein Experte im Gebiet der sexuellen Fantasie, der Eifersucht; da gibt es keine Laien. Der Film geht manchen zu nahe. Deshalb hat er das Publikum geteilt und viele Kritiker waren sehr rational in ihrer Reaktion. Das ist auch ein Thema, das sich durch alle Kubrick-Filme zieht: Unsere Bildung, unser Verstand, unsere ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

Intelligenz, unsere Fähigkeit analytisch zu denken, all das verschwindet, sobald sich die Emotion bemerkbar macht. Alle künstlerischen Leistungen entstehen so, alle Passion. Musik scheint bei Kubrick sehr wichtig zu sein, man assoziiert viele seiner Filme mit einem bestimmten Musikstück. Ligetis Musik wurde in «2001: A Space Odyssey» zu einer dramatischen Person, die sich mit dem Monolithen identifiziert, mit dem Unverständlichen, mit dem, was wir alle nicht begreifen. Das war übrigens eine meiner Rollen, Kubrick Musik vorzuschlagen. Aber ich habe nichts entschieden. Nichts, was sie auf der Leinwand sehen, hat jemand anderes entschieden als Kubrick selbst. Kein Komitee hat je einen grossen Film gemacht. Entscheidend ist letztlich eine Person, das ist bei Lars von Trier so, bei Ingmar Bergman und Charlie Chaplin, bei allen grossen Filmemachern.

«A Space Odyssey ist Kubricks Verneigung vor dem Unbegreiflichen» Kubricks Figuren sind keine typischen Identifikationsfiguren, oft sind sie überzeichnet. Film ist letzen Endes gefilmtes Theater und Theater erlaubt die Überzeichnung. Wir sind ja als Publikum in der Lage, aus dem Überhöhten eines Kunstwerks das herauszuziehen, was uns betrifft, ob das ein Bild, ein Roman oder ein Film ist. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist Shakespeares «Romeo und Julia». Total unrealistisch – völlig real. In der Essenz real. Es spielt keine Rolle, dass die sich

nur drei Mal sehen und am nächsten Tag heiraten sie. Kubrick hatte nicht den Anspruch, möglichst lebensnahe Figuren zu zeichnen. Sein Anspruch war, dass sie für das Publikum eine Gültigkeit hatten.

Es war ihm also wichtig, was das Publikum und die Kritiker von seinen Filmen hielten? Sehr wichtig. Die berühmte New Yorker Filmkritikerin Pauline Kael fand «A Space Odyssey» den langweiligsten Film, den sie je gesehen hatte. Das schmerzte ihn sehr. Denn Kael war ja eine kluge Frau, sie hat den Film einfach nicht verstanden. Viele Leute über vierzig hatten übrigens damals Mühe mit dem Film. Zum Glück gab es die Teenager, die ihn richtig verstanden haben, nämlich als eine Verneigung vor dem, was wir selbst nicht wissen, vor dem vollkommen Unbegreiflichen. Wollte er vielleicht gar nicht, dass man seine Filme versteht? Er hat immer gesagt: «Never explain what you don’t understand yourself.» Das war sein Leitfaden. Er deutet etwas an, stellt etwas hin und dann soll das Publikum entscheiden. Wie einfach war die Zusammenarbeit mit einem Regisseur, der immer aus dem Vollen geschöpft hat? Das war nicht immer einfach. Aber er war ein sehr vorsichtiger Mann im Umgang mit Geld. Wir haben sehr spartanisch gearbeitet, wir hatten ein Minimum von Büros. Die Filme wirken gar nicht spartanisch. Wir haben das ganze Geld in die Zeit gesteckt. Wir haben für einen Film in einer Woche gleich viel Geld ausgegeben wie andere an einem Tag. Des9


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S채gestrasse.


Bild: Stanley Kubrik am Set von Spartacus (USA 1959 - 60) / Stanley Kubrick Estate

halb haben wir auch fünf Mal so lange gebraucht. So gleicht sich das aus. Kubrick war ein sehr guter Treuhänder. Man hört immer, keiner habe so viele Freiheiten bekommen, aber das hat er sich verdient! Er hat etwas abgeliefert und seine Filme waren erfolgreich. Kubrick war sehr bescheiden. Wie sah er sich selber? Als Künstler oder als technisch versierter «Handwerker»? Er empfand es gar nicht als eine Notwendigkeit, Filme zu machen, es gab seiner Meinung nach bereits genug davon. Wenn er einen Film machte, wollte er unbedingt, dass es einen Sinn hatte, dass die Leute ein Billet kauften, einen Babysitter engagierten und da hingingen. Er wollte, dass das Publikum bereichert wurde. Gleichzeitig war er kein Prediger, wollte aber immer wieder hervorheben, dass wir als Menschen verletzlich sind, und er wollte aufzeigen, dass unsere Verwundbarkeit, unsere Abhängigkeit von der Emotion auch unsere Stärke sein kann.

«Kubrick war ein politisches Biest» Wie viel Einfluss hatte er auf «Artificial Intelligence: AI» (Steven Spielbergs Film nach einer Idee Kubricks)? Steven Spielberg hat sich stark an Kubricks Konzept gehalten. Natürlich musste es ein Spielberg-Film werden, das ging ja gar nicht anders. Die Kritiker wussten natürlich ganz genau, dass Kubrick das besser gemacht hätte. Bei ihm wäre der Film etwas schwärzer geworden, dieser Gigolo Joe war ursprünglich eine sehr dunkle Person, die musste aufgehellt werden, sonst hätten wir Ärger mit der Zensur bekommen. Wäre die Zensur bei Kubrick kein Problem gewesen, hätte er sich durchgesetzt? Unter Umständen. Die Amerikaner haben ja eine merkwürdige Zensurvorschrift. Jack Nicholson hat das einmal brutal auf den Punkt gebracht: «Bei uns kann man auf der Leinwand einer Frau ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

den Busen abschneiden, aber wehe du küsst ihn, dann gibt’s Ärger.» Diese Brutalität überall, schrecklich, aber ein nacktes Mädchen zu zeigen – von einem nackten Mann ganz zu schweigen, das geht zu weit. Was spielte die Zensur bei Kubricks Arbeit für eine Rolle? Ich hatte grosse Probleme mit der sogenannten Orgien-Sequenz in «Eyes Wide Shut». 10’000 Pornofilme wurden im Jahr 2003 gedreht, Kubrick wollte diese Tendenz, die Schnitzler bereits 1930 sehr gut erkannt hat, in seinen Film einbauen. Er zeigt diese Superreichen, die sich zu ihrer eigenen trostlosen Befriedigung diese Mädchen engagieren. Kubrick hat das Ganze stilisiert, kein Mensch würde diesem schrecklichen Klub beitreten wollen: Die Frauen sind alle gleich gross, haben alle die gleiche Figur und die Männer stehen da, vermummt, und glotzen. Es sollte wie ein Hieronymus-Bosch-Bild sein. Die amerikanische Zensurbehörde hat es so formuliert: Das Problem sei ‹accumulated full frontal female nudity›. Wir mussten den Film digital nachbearbeiten, schwarze Mäntel einbauen, um die Nacktheit zu reduzieren. Ich wollte auf gar keinen Fall nach Kubricks Tod an seinem Film herumschneiden. Ich habe ihm während den Dreharbeiten geraten, zusätzliche Aufnahmen zu machen, da er Ärger mit der Zensur bekommen könnte. Seine Antwort war typisch: «Du machst wohl Witze, so dumm sind die nicht.» Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand nicht verstehen konnte, dass das eine Attacke gegen die Gesellschaft war, vollkommen unerotisch, ein Blick in die moderne Hölle. War «Eyes Wide Shut» für ihn auch ein sehr persönlicher Film? Es war insofern ein persönlicher Film, als er klar machen wollte, dass unsere Vernunft, so wunderbar die ist, nur eines der Werkzeuge in unserem Kasten ist, bestimmt werden wir von etwas ganz anderem. Deshalb war das leider unvollendete Napoleon-Projekt so interessant für ihn. Ein Mann der so begabt und so erfolgreich war, ging letztlich nur auf Grund seiner Emotion zugrunde.

fokus

Auf der Höhe seiner Macht. Er hätte alles daran geben müssen, mit England Frieden zu schliessen, aber er hat mit dem Säbel gerasselt, hat England bedroht, völlig überflüssig und das hat ihn letztlich ruiniert. Was vermissen Sie am meisten an Ihrem Freund Stanley Kubrick? Seine Energie, seinen scharfsinnigen Humor und die ständige politische Analyse. Ich habe mit Kubrick viel diskutiert. Er war ein politisches Biest, jemand, der sich sehr dafür interessierte, was in der Welt geschah. «Stanley Kubrick – Inside the Mind of a Visionary Filmmaker» Ausstellung im Papiersaal, Sihlcity in Zürich Das Deutsche Filmmuseum Frankfurt am Main präsentiert zum ersten Mal in der Schweiz die von Jan Harlan und Kubricks Witwe Christiane Kubrick kuratierte grossflächige Ausstellung über Kubricks Schaffen. In achtmonatiger Arbeit wurde der immense Nachlass im Wohnhaus des Regisseurs – Kubrick war ein beharrlicher Sammler – gesichtet und durchforstet. Die ausgewählten Objekte, Kostüme, Requisiten, Kameras, Fotografien, schriftlichen Dokumente sowie Filmmaterial sind nun in Zürich zu besichtigen. Die riesige, inspirierende Ausstellung, die auch das umfangreiche Recherchematerial zu seinen unrealisierten Filmprojekten präsentiert, wird durch eine umfassende Kubrick-Retrospektive ergänzt. Ausstellung bis 2. September Kulturhaus/Papiersaal Sihlcity, Kalanderplatz 6 Retrospektive: Arena Filmcity, Kalanderplatz 8, Zürich Geöffnet Montag-Freitag 10:00-21:00 / Samstag& Sonntag 10:00-18:00 h Zur Ausstellung ist ein sorgfältig editierter Katalog erschienen. www.kubrick.ch

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veranstaltungen

AUSBLICK BÜHNE Zentrum Paul Klee Überall Theater ■ Die Welt als Bühne - dieser Topos wurde in der Geschichte der Menschheit immer wieder aufgegriffen. Die Vorstellung vom Leben als Theater und das daraus resultierende Spannungsverhältnis zwischen Leben und Theater war ein wichtiger «Motor» für Paul Klees künstlerisches Schaffen. Aus diesem Grund setzt sich das Zentrum Paul Klee in der Sonderausstellung «Überall Theater» mit der Thematik Schein und Sein, Theater und Wirklichkeit auseinander. Im Rahmen der Ausstellung werden einige theatrale Aufführungen zu sehen sein, die versuchen, dem geheimnisvollen Etwas, welches tote Materie auf der Bühne «belebt» und «beseelt», auf die Spur zu kommen. Konkret geht es um die Frage, wie es möglich ist, dass Fingerpuppen, Marionetten usw. von Zuschauern als handelnde Figuren wiedererkannt und akzeptiert werden. Diese interessante Thematik wird anhand des klassischen und modernen Kasperletheaters Italiens und Deutschlands, des Figurentheaters aus Deutschland und des Objekttheaters aus Frankreich untersucht. (mi) Die Ausstellung dauert vom 28. Juni bis zum 14. Oktober. Weitere Informationen zu Ausstellung und Rahmenprogramm: www.paulkleezentrum.ch

Schauspielhaus Zürich Der Gott des Gemetzels Text: Jasmina Reza ■ Der elfjährige Ferdinand schlug seinem Schulfreund Hugo zwei Zähne aus. Die Eltern der beiden Teenager treffen sich, um das pädagogisch richtige Vorgehen hinsichtlich dieses Vorfalls zu besprechen. Das Treffen, ein Symbol für den Sieg von Zivilisation über Gewalt, schlägt aber schnell ins Gegenteil um: Der Gott des Gemetzels ergreift das Zepter. Es wird geschlagen, gekotzt, geschrien und gesoffen. Fazit: Selbst der moderne und «kultivierte» Mensch wird, wenn auch versteckt hinter Etikett und Höflichkeit, von demselben Gott gesteuert, wie seine Urahnen: vom Gott des Gemetzels nämlich. (mi) Regie: Jürgen Gosch Bühnenbild: Johannes Schütz Schauspiel: Corinna Kirchhof, Dörte Lyssewsky, Michael Maertens und Tilo Nest Aufführungsdaten: Mi., 13. Juni und Sa., 16. Juni Weitere Informationen: www.schauspielhaus.ch

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BÜHNE

der chef empfiehlt: züri gemetzeltes Von Michael Imoberdorf

Bild: zVg.

■ «Der Gott des Gemetzels» vom Zürcher Schauspielhaus wurde als eine der zehn bemerkenswertesten Inszenierungen des letzen Jahres im deutschen Sprachraum ausgezeichnet. Man nehme: Einen Erfolgsregisseur, vier hervorragende Schauspieler, einen bekannten Bühnenbildner und lasse diese gemeinsam die Uraufführung eines Stücks der meistgespielten zeitgenössischen Dramatikerin erarbeiten. Publikumserfolg, internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung sind für diese Produktion gesichert. Was ein bisschen wie ein Dr.-Oetker-Kochrezept für erfolgreiches Theater daherkommt, funktioniert tatsächlich! Das Zürcher Schauspielhaus brachte Jasmina Rezas «Der Gott des Gemetzels» zur Uraufführung. Regie führte Kultregisseur Jürgen Gosch, gespielt wird in einer für Johannes Schütz typischen Bühnenschachtel. Die Produktion wurde tatsächlich ans Berliner Theatertreffen 07 eingeladen und als eine der zehn bemerkenswertesten Produktionen des letzten Jahres ausgezeichnet. Selbst in der Kunst wird (immer öfter) kalkulierter Erfolg über künstlerische Innovation gestellt. Diese Entwicklung ist vielen «Kunstkonsumenten» suspekt, da dies irgendwie an gecastete Popbands, Erfolgsmusicals und schlechte Hollywood-Filme erinnert. Auch «Der Gott des Gemetzels» des Schauspielhauses Zürich ist «Kommerzkultur». Trotzdem darf die Produktion nicht mit «Take That» und «Titanic» auf eine Stufe gestellt werden. Denn was man in Zürich zu sehen bekommt, ist (Theater-)Kunst auf der Höhe der Zeit: Die Schauspieler sind exzellent, der Text deckt Abgründe und versteckte Aggressionen in der Gesellschaft auf, die hinter Höflichkeit und Umgangsform versteckt sind, ohne an Schnelligkeit, Witz und Leichtigkeit einzubüssen. Jürgen Gosch versteht sich darauf, die im Text angelegte Leichtigkeit und Schnellig-

keit auf der Bühne umzusetzen. Die Bühnenschachtel, in der gespielt wird und die in klinisch sauberem Weiss gehalten ist und die lediglich mit zwei Stühlen, gestapelten Kulturblättern, einem Laptop, zwei Blumensträussen und einigen Gegenständen, die am hinteren Bühnenrand auf dem Boden abgestellt sind, ausgestattet ist, wirkt wie ein Laboratorium. Die zwei Schauspielerehepaare wecken Assoziationen an Versuchskaninchen, die von Wissenschaftern in dieses Laboratorium gesetzt wurden, um anhand ihres Verhaltens menschliche Umgangsformen zu erforschen. Und schnell wird klar: Der Gott des Gemetzels, der seit Anbeginn der Zeit herrscht, bestimmt auch in der modernen Gesellschaft den (zwischen-)menschlichen Verhaltenscodex, auch wenn Etikett und Umgangsform ihn zurückbinden (bzw. zurückzubinden versuchen). Jürgen Gosch setzt bei seiner Umsetzung von Rezas Stück auf Lacher und Effekte. So wurde auf deutschen Bühnen wohl noch nie effektvoller gekotzt als in «Der Gott des Gemetzels». Fazit. Es ist fraglich, ob die Zürcher Produktion von «Der Gott des Gemetzels» die Einladung ans Theatertreffen 07 und die Auszeichnung als eine der zehn besten Inszenierungen des Jahres verdient hat. Trotzdem ist die Produktion sehenswert und zeigt überdurchschnittlich gutes Theater. «Der Gott des Gemetzels» hat nicht nur hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte Ähnlichkeit mit Popbands, sondern der gesamte Theaterabend ist selbst wie ein (guter) Popsong: eingänglich, unterhaltsam und schnell vergessen. Aufführungsdaten und weitere Informationen: siehe «Ausblick Bühne» nebenan oder unter www.schauspielhaus.ch.

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veranstaltungen

BÜHNE

das schlachthaus nimmt abschied… Interview von Belinda Meier mit Sandro Lunin ■ Sandro Lunin verabschiedet sich gegen Ende dieses Jahres von seiner Tätigkeit als künstlerischer Leiter des Schlachthaus Theaters, die er nun seit zehn Jahren mit viel Elan und grosser Intensität ausübt. In Zürich aufgewachsen, schlug er nach Abschluss seiner Primarlehrerausbildung schon bald den Weg zum Theater ein. Nach verschiedenen Stationen (Theater am Neumarkt, Vorstandsmitglied ASTEJ und EU NET ART, Theaterbüro Rote Fabrik) stiess er schliesslich im Oktober 1997 auf das Schlachthaustheater, das ihm bis heute der Ort seines Schaffens blieb. Ab November 2007 wird er diesen Ort verlassen und als künstlerischer Leiter des Zürcher Theaterspektakels die Programmleitung betreuen. ensuite-kulturmagazin hat Sandro Lunin zu seiner Arbeit am Schlachthaustheater und zu seinem bevorstehenden Wechsel befragt.

Nun sind Sie bereits seit zehn Jahren als CoLeiter am Berner Schlachthaus Theater tätig. Sehen Sie Ihrem baldigen Abschied mit Wehmut entgegen? Sicher. Das Haus ist mir in diesen zehn Jahren sehr stark ans Herz gewachsen und ich habe das Glück, mit einem grossartigen Team zu arbeiten, was keine Selbstverständlichkeit ist. Doch freue ich mich auch sehr, dass eine neue Person die CoLeitung dieses wunderbaren Theaters übernehmen kann und neue Akzente setzen wird in einem Haus, das sich in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Ort für Berner Gruppen, aber sicher auch für national und international tätige Theaterschaffende entwickelt hat. Wie sind Sie als ehemaliger Primarlehrer überhaupt zum Theater gestossen? Ich habe nur sehr kurz als Primarlehrer gearensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

Bild: zVg.

beitet. Mit 23 Jahren konnte ich eine Produktion im Theater am Neumarkt begleiten und war begeistert von der Arbeit einer damals sehr jungen Regisseurin namens Andrea Breth, die unterdessen zu den grossen internationalen Regiestars gehört, sowie von der Atmosphäre an diesem Haus. Ich wurde schliesslich angefragt, ob ich nicht als Techniker am Neumarkt bleiben möchte. Das tat ich dann auch und bekam nach 2 Jahren die Möglichkeit, mich verstärkt ums Künstlerische zu kümmern und vier Jahre als Regieassistent zu arbeiten. Einen weiteren Einfluss hatte sicher auch der grossartige Jugendtheaterclub am Literargymnasium Ramibühl, bei dem Leute wie Christoph Marthaler als Workshopleiter tätig waren. Ich sehe, sie haben sich also schon ziemlich früh für das Theater entschieden. Betrachtet man nun ihre intensive Theaterarbeit am Schlachthaus Theater, so erkennt man, dass sich die Schwerpunkte auf lokale, nationale und internationale Theaterproduktionen verteilen. Auf welche Höhepunkte blicken Sie besonders zurück? Sicher haben sich die Schwerpunkte zu zeitgenössischer Kultur aus dem Weltsüden zu Höhepunkten entwickelt, doch freue ich mich genauso über gelungene Produktionen von Berner oder Schweizer Gruppen wie Debatin / Kämpf / Lenz / Urweider oder solche von Vroom, Sgaramusch, Renate Wünsch, Club 111, Plasma und vielen mehr. Und wenn nach fünf Jahren Jugendclub Jugendliche selber Stücke zu entwickeln beginnen und dies zu hervorragenden Resultaten führt, gehört dies sicher auch zu den Höhepunkten. Mit der «zeitgenössischen Kultur aus dem Weltsüden» meinen Sie wohl das Theaterfestival

«Afrique Noire». Dieses Festival und «AUAWIRLEBEN» sind nur zwei der vielen Produktionen, die nun seit mehreren Jahren am Schlachthaus Theater stattfinden und die Ihr breites theaterspezifisches Netzwerk über die schweizerischen Grenzen hinaus zum Ausdruck bringen. Wie haben Sie sich dieses Netzwerk erarbeitet? Bei «AUAWIRLEBEN» ist zu sagen, dass wir primär als Gastgeber agieren, auch wenn ich bei vier Ausgaben direkt in der Programmgruppe vertreten war. Ein Netzwerk habe ich mir über eine langjährige Zusammenarbeit mit Theaterschaffenden auf der ganzen Welt, durch Reisen, durch tage- und nächtelange Gespräche erarbeitet. Zudem befinde ich mich 5-6 Abende pro Woche irgendwo auf der Welt in einem Theatersaal und sehe zwischen 200 und 250 Vorstellungen pro Jahr. ...Dann bedanke ich mich umso mehr, haben Sie sich Zeit für ensuite genommen. Nun zu Ihrer zukünftigen Tätigkeit: Ab November 2007 agieren Sie als künstlerischer Leiter des Zürcher Theaterspektakels. Welches waren Ihre Beweggründe, sich um diese Stelle zu bewerben? Ich habe mich beworben, da das Theaterspektakel die einzigartige Möglichkeit bietet, in konzentrierter Form ausgezeichnete Theater- und Tanzproduktionen aus allen Kontinenten zu zeigen und mit seiner Lage am See über eine einmalige Atmosphäre verfügt. Es ist für mich nach zehn Jahren Schlachthaus ein wichtiger Schritt und eine grossartige Gelegenheit, meine bisherige Arbeit weiterzuentwickeln. Wenn Sie von einer Weiterentwicklung Ihrer Arbeit sprechen, so scheinen mir Ihre bisherigen Tätigkeitsfelder im Bereich des interkulturellen 13



veranstaltungen BÜHNE

es wird gespielt Austauschs gut zum Zürcher Theaterspektakel, das Theaterschaffende aus der ganzen Welt zusammenführt und bei dem politische Themen und interkulturelle Fragestellungen grosse Schwerpunkte darstellen, zu passen. Wie beurteilen Sie das? Sicher kann man an meiner bisherigen Arbeit auch ablesen in welche Richtung es bei meiner zukünftigen Tätigkeit gehen wird. Mir liegt sehr viel daran, Kultur aus Regionen dieser Welt zu zeigen, die in hohem Mass unter gesellschaftlichen und sozialen Konflikten leiden. Doch werden auch Theater und Tanz aus dem europäischen Raum viel Gewicht erhalten sowie zirzensische Formen und die Bespielung des Festivalgeländes. Ihre Neueinstellung beim Zürcher Theaterspektakel lässt sich gut mit anderen Anstellungen im Bereich Theater vergleichen. So wird die Baslerin Barbara Frey ab der Spielzeit 2009/10 den deutschen Matthias Hartmann am Schauspielhaus Zürich ablösen. Die Toggenburgerin Barbara Weber und der Basler Rafael Sanchez werden ab der Spielzeit 2008/09 den Österreicher Wolfgang Reiter im Theater am Neumarkt ersetzen. Was sagen Sie zum Trend, dass wieder vermehrt Schweizer ausländische Stelleninhaber ersetzen? Ich denke, dass es sich dabei um eine Wellenbewegung handelt. Manchmal versprechen grosse ausländische Namen mehr als sie halten können und dadurch wird es dann für SchweizerInnen wieder einfacher, eine solche Stelle zu bekommen. Es geht unter anderem auch um die Schwierigkeit, sich auf Schweizer Verhältnisse einzustellen. Dies gelingt nicht allen gleich gut. Aber es ist absolut normal und richtig, dass man sich auch in der Kultur nicht nur im «eigenen Gärtli» umschaut, sondern nach möglichst guten BerwerberInnen im gesamten europäischen Raum sucht. Dann bedanke ich mich herzlich für die Beantwortung der Fragen und entlasse Sie mit einer letzten Frage zum zehnjährigen Jubiläumsfest des Schlachthaus Theaters. Dieses wird bekanntlich zusammen mit Ihrem Abschied gefeiert. Können Sie uns schon etwas darüber verraten? Gerne. Wir feiern fünf Nächte lang vom 27. bis 31. Dezember. Es werden voraussichtlich drei grössere Produktionen aus Flandern, Burkina Faso und der Schweiz zu sehen sein. Dazu kommen über zehn Specials von Berner und Schweizer Gruppen, die speziell für diesen Anlass entwickelt werden. Und natürlich sollen auch Gaumen und Tanzbein eine wichtige Rolle spielen. Infos: www.schlachthaus.ch

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Von Magdalena Nadolska – Das Jugendtheater Festival SPIILPLÄTZ zum ersten Mal in Bern ■ Wir machen uns Sorgen um unsere Jugend. Die Kids rauchen, kiffen und saufen – wenn sie nicht auch noch harte Drogen konsumieren. Sie sitzen den ganzen Tag vor dem Computer, gamen, chatten und besuchen ominöse gewaltverherrlichenden Foren, auf denen sie noch mehr über ihre Mörderspiele erfahren. Die Mädchen werden früh schwanger und die Knaben landen im Gefängnis, da sie sowieso keine Arbeit finden und deswegen zu Kriminellen werden. So das Worstcase-Szenario unserer Gesellschaft. Doch es besteht Hoffnung. Denn die Jugend spielt auch Theater. 250 junge Theaterfans aus verschiedenen Theaterclubs der Schweiz strömen vom 6. bis 9. Juni nach Bern, wohnen bei Gastfamilien, zeigen sich gegenseitig und dem Publikum ihre neusten Produktionen. Sie trainieren, improvisieren, diskutieren und feiern. 1997 lancierten das junge theater basel und das Theater Basel das erste nationale Jugendtheaterclubtreffen SPIILPLÄTZ. Seither fand das Festival im Jahresrhythmus in Basel oder Zürich statt. Von Anfang an wollten die Initiatoren, dass SPIILPLÄTZ auch in weiteren Städten stattfindet – so dieses Jahr zum ersten Mal in Bern. Hier wird es von der Jungen Bühne Bern organisiert, in Kooperation mit dem Schlachthaus Theater, dem Tojo und der Reitschule. Die Junge Bühne Bern ist eine Plattform, auf der sich junge Menschen in den Sparten Theater, Tanz, Musik, Literatur und Video vor Publikum präsentieren können. Seit 1993 wurden Theaterprojekte, Musicals, Tanztheater mit Kindern, später mit Jugendlichen realisiert. Betrachtet man die bisherigen Aufführungsorte, ergibt sich eine breite Palette: Kornhausbühne, Zentrum Paul Klee, Kellertheater 1230, verschiedene Jugendtheaterfestivals im Inund Ausland, Expo 02, Rasen vor dem Block A in Gäbelbach, Schulen und Gemeindesäle. Zurzeit sind rund 100 Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Workshops und Projekten der Jungen Bühne Bern aktiv. Einige davon werden auch am SPIILPLÄTZ Festival teilnehmen. Das Programm des Festivals reicht von Improvisation über choreographische Elemente zu einem Integrationsevent und Szenencollagen. Vielfältig sind die Themen der Projekte und zeigen, was die Jugend bewegt: Das Flüggewerden und Verlassen des Heimatdorfes, das Experimentieren mit menschlichen Emotionen, Grenzüberschreitungen, Konsumwelt. Weiter gibt es ein Stück, das sich mit dem Nachkriegs-Belgrad beschäftigt und eine Version von Shakespeares Sommernachtstraum. Fiktive Welten werden auf der Bühne geschaffen,

zum Beispiel das Land NUR, in das man hinkommt, wenn man stirbt. Die Jugendlichen erwecken auch Phantasiefiguren zum Leben, wie Bodysurfer, die ihre Ferien in den Körpern anderer Lebewesen verbringen. Mit viel Phantasie und Engagement wird hier Jugendintegration betrieben und vor allem viel gespielt. Festivalzentrum: Grosse Halle der Reitschule Bern. Infos: www.junge-buehne-bern.ch // www. schlachthaus.ch // www.tojo.ch

SPIILPLÄTZ Festival Kalender Mittwoch, 6. Juni 17:30 Tojo Theater «Mer läbid of em Land» Jugendtheaterclub Willisau 19:00 Grosse Halle «Integrationsmaschine» Junge Bühne Bern 21:00 Schlachthaus Theater «parzellen» Jugendclub U21 – Schlachthaus 22:30 S chlachthaus Keller «Ich will im Supermarkt entdeckt werden» Regale Donnerstag, 7. Juni 17:30 Tojo Theater «Per Einkaufswagen durch die Nacht» Stadttheater Bern 19:00 Grosse Halle «Familiengeschichten Belgrad» Schauspielhaus Zürich 21:00 Schlachthaus Theater «Geschwister Löwenherz» Junge Bühne Bern 22:30 Schlachthaus Keller «Das Leben isst Müsli» Nur Salz Freitag, 8. Juni 17:30 Tojo Theater «emotion studies» junges theater basel. 19:00 Grosse Halle «Passionen» Junge Bühne Bern POOL 21:00 Schlachthaus Theater «Bodysurfer» theaterkurs junges theater basel 22:30 Schlachthaus Keller «KopfüberZahl» Duo Zwieback Samstag, 9. Juni 17:30 Tojo Theater «delete yourself» junges theater basel. 19:00 Grosse Halle «Rose Regen Schwert und Wunde» vitamin.T Basel 21:00 Schlachthaus Theater «Kaspar» Spielclub Theater an der Sihl, Zürich 22:30 Schlachthaus Keller «Wilma sein» ausserdem 15


musik

der klassische lückenfüller Von Sonja Koller ■ Weil sich das Berner Symphonie-Orchester bald in die alljährliche Sommerpause zurückzieht, bleibt dem passionierten Konzertgänger wieder mehr Zeit für Kreuzworträtsel. Dieses Ensuite-Quiz bereitet sanft auf den Übergang vor: Es ist ein Appetizer auf die neue Saison des BSO und bietet unseren Lesern Gelegenheit, zusammen mit dem Orchester die vierte Nacht der Musik zu zelebrieren, die den Schlusspunkt zum aktuellen Konzertjahr bildet. Geheimtipp für den Weg zum Erfolg: Alle Fragen beziehen sich auf die kommende Konzertsaison (ü = ue, etc...). Generalprogramm oder www.bernorchester.ch konsultieren! 1. Der jüngste der BSO-Solisten hat Jahrgang 1992 und war Hauptdarsteller in einem erfolgreichen Schweizer Kinofilm. Wie lautet sein Filmname, der zugleich Filmtitel ist? 2. Name der einzigen Frau unter den insgesamt 14 Dirigenten, mit denen das BSO Abonnementskonzerte spielt. 3. Diesem französischen Komponisten widmet das BSO in jeder Abonnementsreihe ein Konzert. 4. Welcher berühmte Musiker nannte Gilles Apap «den exemplarischen Geiger des 21. Jahrhunderts»? 5. So viele Jahre zählt der Schweizer Komponist Julien-François Zbinden, wenn das BSO sein Opus 100 zur Uraufführung bringt. 6. Welches Instrument spielt Akiko Suwanai? 7. Mit diesem Merkmal wird Haydns Sinfonie Nr. 31 identifiziert. 8. Wo wird am 1. September die Saisoneröffnung des BSO gefeiert? 9. Motto der Open-Air-Veranstaltung 10. Piano 11. Die 25jährige Han-Na Chang ist Solistin mit dem Cellokonzert eines englischen Sirs. Wie lautet sein Nachname? 12. «Die …. sind rund»: Zur Euro 08 inszeniert das BSO ein genau 90 Minuten langes Familienkonzert. 13. Heimatstadt des Orchesters, das am 28. September ein ExtraKonzert mit grossen Klassik-Klassikern spielt.

14. Dieses Instrument taucht in den Abo-Konzerten insgesamt fünf Mal als Solo-Instrument auf. 15. Regisseur des Stummfilms, den das BSO im Dezember live mit Musik untermalt. 16. Das BSO unterwegs: Wo spielt das Sinfonieorchester sein diesjähriges Agglomerationskonzert? 17. Seine Werke tragen manchmal klangvolle Beinamen. Zum Beispiel «Blumine» oder «Titan». 18. Es gibt das rote Abonnement, das grüne und das….? 19. An welchem Punkt in einer Sinfonie darf das Publikum klatschen? 20. Das Violinkonzert, welches der BSO-Konzertmeister Alexandru Gavrilovici zur Aufführung bringen wird, schrieb der hier gesuchte Komponist während dem zweiten Weltkrieg im Schweizer Exil. 21. Nachname von Vater und Sohn, die im März gemeinsam auf der Casino-Bühne stehen. 22. Vorname von Frau Meier, die insbesondere

für ihre Wagner-Interpretationen berühmt ist. 23. Dieser clevere Märchenjunge fängt im Familienkonzert vom 23. Februar den bösen Wolf und bringt ihn in den Zoo.

Zu gewinnen: Klassik unter Strom ■ Sende das Lösungswort bis zum 20. Juni elektronisch an redaktion@ensuite.ch (Betreff: «ensuite elektrisiert») oder per Post an: ensuite - kulturmagazin, Kennwort: «ensuite elektrisiert», Sandrainstrasse 3, 3007 Bern. Unter den richtigen Einsendungen werden 3 x 2 Tickets zur «Nacht der Musik» verlost, dem Saisonschluss des BSO. Ort: Kultur-Casino Bern, Datum: 30. Juni, Zeit: 19:30 – ca 02:00 Uhr. Gespielt wird nach dem Motto «Klassik unter Strom» auf klassischen und elektronischen Instrumenten. Weitere Infos zum Anlass unter www.nachtdermusik.ch. Die GewinnerInnen werden schriftlich benachrichtigt.

Lösungswort:

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musik

STADTLÄUFER Von Andy Limacher

POP- / ROCKMUSIK

anyone can play guitar Von Kathrina von Wartburg

Bild: zVg.

■ Wenn es eines im Musikbusiness gibt, was allen Bands gemeinsam ist, ausgenommen nur die Casting-Superstars, dann ist das der Anfang. Man macht gerne Musik, man schliesst sich zusammen, man schreibt Songs. Man geht auf die Suche nach Förderern, nach Plattenverträgen, oder man kratzt Geld zusammen, um selbst eine Platte aufzunehmen. Aber vor allem ist man immer auf der Suche nach Bühnen, nach Publikum, nach Menschen für die man spielen kann. Keine Gurtenfestivals oder Hallenstadien, keine kreischende Mädchen, das kommt vielleicht später oder gar nicht; nur eine Bühne in einer coolen Bar oder an einem lauschigen Plätzchen an der freien Luft. Um neue Fans zu gewinnen. Um zu beweisen, dass man Musik machen kann. Anyone can play guitar. Mit dem kleinen Berner Open-Air-Festival «Anyone can play guitar» erhalten talentierte aber noch unbekannte Bands genau diese Bühne. Und dies bereits zum vierzehnten Mal, in diesem Jahr am Samstag 7. Juli, ab 14 Uhr. Die kleine - aber feine - nicht kommerzielle Veranstaltung bietet an zentralster Lage, auf der Kleinen Schanze nur ein paar Gehminuten vom Bahnhof entfernt, einen Tag lang tolle Gitarrenmusik in einer unvergleichlichen Atmosphäre: Nebenan das Bundeshaus, mit Blick auf die Berner Alpen, die Aare und das Marzili-Bad. Statt seichtem Mainstream findet sich im Programm Musik zwischen britischem Indie-Rock mit Rock’n Roll Touch, alternativem Garage-Rock und New-Wave. Nicht für alle ist etwas dabei, aber sicher für alle, die rockige Gitarrenmusik mögen. Anyone likes guitar, oder nicht? Dreizehn Jahre Charme, Stimmung und vor allem: Musik. 1994 fand das Festival zum ersten Mal statt, damals noch im alten Tierpark an der Tiefenaustrasse. Es wurde von den beiden Bands «The Dying Snoopies» und «The Cardinals» organisiert, sozusagen als Abhilfe gegen mangelnde Auftrittsmöglichkeiten. Die Bands haben zwar mittlerweile das Zeitliche gesegnet (was keineswegs als schlechtes Omen verstanden werden soll), aber von den damals neun Musikern sind immerhin noch deren fünf im Organisationskomitee des «Anyone can play guitar»-Festivals vertreten. Und sorgen jetzt dafür, dass neue Bands eine Auftrittsmöglichkeit erhalten. Anyone can play guitar - auch wenn es nicht immer ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

für eine professionelle Karriere reicht. In den dreizehn Jahren gab es immer wieder lustige Events im Event: So zum Beispiel der einmalige «Smash your guitar contest» oder der erste nationale Luftgitarren-Wettbewerb. Und 1997 wurde gar ein Weltrekord aufgestellt: Rund 50 Gitarristen spielten gleichzeitig einen Song auf der kleinen Bühne des Festivals - mit dabei die gesamte Berner Rock-Gitarren-Prominenz! Anyone can play guitar - natürlich steht da die Musik im Mittelpunkt. Aber das Festival lebt auch von einem reichhaltigen Barbetrieb, wo ein breites Angebot an Speisen und Getränken hungrig und durstig macht. Und nicht zuletzt lebt der Anlass von einem entspannten Publikum. Denn hier ist nichts mit Schlangestehen wie bei Robbie Williams, mit Eintrittskontrolle, Taschenfilzen und verschieden farbigen Armbändeli wie etwa beim Gurten-Festival. An das Anyone can play guitar-Festival darf jede und jeder kommen, er und sie müssen dafür keinen Eintritt bezahlen, das Gelände ist frei zugänglich. Spielt Petrus noch mit und lässt die Sonne scheinen, reicht das für einen perfekten lauschigen Sommernachmittag und einen rockig ausklingenden Abend. Nicht kommerziell und gratis, da stellt sich unweigerlich die Frage nach der Finanzierung. Freiwillige Beiträge von zufriedenen Besuchern und Besucherinnen (Kollekte), die Einnahmen des Bar- und Grillbetriebes sowie Gönnerbeiträge sorgen dafür, dass die begrenzten Defizitgarantien der Stadt Bern und der Migros bis anhin noch nicht in Anspruch genommen werden mussten. Ein Team von motivierten und idealistischen «Chrampfer und Chrampferinnen», wie sie selbst auf ihrer Webseite schreiben, organisiert im Verein «Anyone can play guitar», stellt das Festival jährlich auf die Beine, unterstützt von freiwilligen Helfern und Helferinnen. Die Bands spielen ohne feste Gage, erhalten jedoch einen Unkostenbeitrag. Und ein allfälliger Gewinn wird an sie ausgeschüttet. Anyone wants to play guitar. Vielleicht trifft man am Anyone-Festival den einen oder anderen Star von morgen, auf jedenfall aber trifft man auf nette Leute, feines Essen, leckere Getränke und insbesondere: gute Musik. Und das sind schon einmal ein paar gute Gründe hinzugehen. Anyone can play guitar: Samstag 14. Juli, 14:00 - 23:00 h auf der Kleinen Schanze.

■ nr. 32 // beschallung. Als ich in Bern ankam, machte ich nichts lieber, als mit einem Riesenkopfhörer durch die Stadt zu streunen, vorzugsweise bei dunkler Nacht. Heute lasse ich die Musik meistens zu Hause. Vielleicht deswegen, weil mein Kopfhörer so überdimensional gross ist, dass sich die Ipod-Generation nach mir umdreht, wenn ich The Strokes höre. Klar, da wären noch die kleinen schwarzen Knöpfe, aber die unterwerfen sich der Schwerkraft derart leicht, dass ich immer meine Lieblingsstelle im aktuellen Song verpasse. Also habe ich mir angewöhnt, nur zu Hause oder im Büro Musik zu hören. Die Zwischenzeit habe ich als musikfreie Zeitblase deklariert – und dabei festgestellt, dass es auf einem Stadtspaziergang gar keinen zusätzlichen Sound braucht. Letztens stand ich neben dem Schönausteg und lauschte den Rhythmen, die die Jogger verursachen. Dumm-dumm-dumm-dumm in der Endlosschlaufe, oder so ähnlich. Wie beim Techno in den neunziger Jahren, ausser dass auf dem Schönausteg das Tempo schneller wechselt, nämlich mit jedem einzelnen Sportler. Etwas weiter flussabwärts vermischte sich das dumpfe Grollen des Trams auf der Kirchenfeldbrücke mit dem klaren Glockengeläut des Münsters, und die Hochtöne lieferte die Sirene eines Krankenwagens aus der nahen Matte. Das Rauschen des Wassers bei der Schwelle schliesslich überlagerte alle anderen Töne. Selbst in der Nacht, wenn die Stadt eigentlich schläft, ist ein gewisser Geräuschteppich immer vorhanden – von Stromleitungen und Heizungen. Manchmal frage ich mich, wovon noch. Stadtläuferinnen und Stadtläufer sollten also nicht nur die Augen offen halten, sondern auch die Ohren. Die Stadt ist voller Musik.

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BERN BAHNHOF AM AWAY TAKE BAR RESTAURANT VEGETARIAN

Essen Sie sich fit.

Kultur Casino Bern Das Programm für die Saison 2007/08 ist eingetroffen! 6 Konzerte mit Spitzenorchestern aus Europa, profilierten Dirigenten, aufstrebenden, vielversprechenden Solisten und unvergleichlichen Programmen, die man so nur im Konzertsaal erleben kann, warten auf ein musikbegeistertes Publikum.

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Das Programm ist ab sofort erhältlich über Tel. 031 859 77 43 oder via e-mail: kulturprozent@gmaare.migros.ch

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Konzept und Realisation Migros-Kulturprozent

Vorverkauf www.kulturticket.ch, Tel. 0900 585 887 (CHF 1.20/Min.) Informationen www.ensemble-phoenix.ch, www.zpk.org


musik

KONZERT-TIPP

POP- / ROCKMUSIK

utopisten und reaktionäre Von Benedikt Sartorius

Bild: zVg.

■ Gleich einem Schock wirkte das Statement von Daniel Schneider, dem Englisch radebrechenden, sogenannten «Head of Virus-Radio»: Die InternetPlattform mx3.ch, auf der sich junge Schweizer Bands, Musikerinnen und Musiker präsentieren können, habe mit einem neuen nationalen Selbstbewusstsein zu tun und man sei «proud of being Swiss». Ist diese wüste Äusserung als Vorbote einer auch hierzulande anstehenden Diskussion um nationale Quoten im hiesigen Radio anzusehen, die eine neue nationale, «selbstbewusste» Popidentität einfordern wird? Wer will sich das Label «Swissness» umhängen lassen? Freiwillige bitte vor, andere werden in Anlehnung an den unlängst erschienenen Sampler wider deutsche Popnationalismen antworten: «I can’t relax in der Schweiz». Rebellische Energie «Züri isch mini Heimatstadt», liess Sophie Hunger am Eröffnungsabend des diesjährigen M4Music-Festivals verlauten, wo neben attraktiven Konzerten und einem Newcomer-Wettbewerb auch ordentlich über die Zukunft des Musikgeschäfts gestritten wurde. Nun war die Äusserung der jungen Sängerin keineswegs Zeichen von Heimatduseligkeit, sondern geradezu bärbeissig gegen das an jenem Abend so laute wie von After-Work-Cüplis gezeichnete Publikum gerichtet. Das eingelöste Klischee des arroganten und ignoranten Musikmanagers, es trug dazu bei, dass auch die sensationellen Auftritte von Kutti MC und Polar rebellische Energie ausstrahlten, ehe der aalglatte Gala-Soul des Aargauer Seven die Festgesellschaft an der Bar wieder beschwichtigen konnte. Interessant an der zehnten Durchführung des Treffens war auch, wie die neueste Stil-Erfindung namens New Rave aufgefasst wird. Rüeblihosen, Plastiksonnenbrillen, PLO-Halstücher und damit auch der Mut zur Hässlichkeit waren im Zürcher Schiffbau allgegenwärtig. Die Musik zur bereits uniformen Mode spielten die leider nicht punktgenau agierenden Shitdisco mit einem ideenlosen ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

Set samt Prodigy-Cover. Viel aufregender fiel da der Auftritt der hyperaktiven Modeselektor aus. Ihr spitzbübischer Elektro mit zahllosen unerhörten Finten und Wendungen hielt auch die Kids ohne Speed auf Trab. Sturheit Als wohltuend trendresistent stachen im reichhaltigen Musikprogramm das Dub-Produzentenduo Rhythm & Sound und die kultisch verehrten Mogwai hervor. Beides sind Musterbeispiele, wie sich Sturheit gegenüber dem Modedruck einer breiten Öffentlichkeit auszahlen kann. Sturheit herrscht noch immer in den Teppichetagen der Musikindustrie vor, hier freilich mit negativen Folgen. Wie die Krise des Mediums CD konkret gelöst wird, ist trotz einigen Ansätzen immer noch nicht klar. Sicher ist in der leidigen Diskussion um digitale Rechte lediglich, dass die grossen Plattenfirmen nicht freiwillig den Vorschlägen von Peter Jenner folgen werden. Mit brillanter Rhetorik, so lustig wie informativ, stellte der erste Manager von Pink Floyd sein unorthodoxes und verblüffendes Modell vor. Dieses sieht vor, dass eine Art Kulturpauschale an die jeweiligen Internetanbieter bezahlt werden soll – jedes auf dem Internet verfügbare Lied würde im Gegenzug frei erhältlich. Gemäss Jenner, der mittlerweile den klassenkämpferischen Songwriter Billy Bragg managt, wird der Fokus so auf die MusikerInnen und KonsumentenInnen zurückverlegt. Die Musikindustrie als übermächtige Mittlergruppe, die sich noch immer in der Bewahrung ihrer Pfründe übt, würde endgültig überflüssig. Peter Jenners Modell mag noch eine utopische Vorstellung sein. Es zeigt aber auf, dass in der unerschöpflichen Diskussion um die zwangsläufige und immer näherrückende Neuordnung der Musikindustrie alles möglich ist. Das vom Migros Kulturprozent durchgeführte M4Music fand vom 10.–12.Mai im Zürcher Schiffbau statt. www.m4music.ch

Jeffrey Lewis & Band ■ Es kann nicht genug wiederholt werden: Jeffrey Lewis ist der vielleicht kreativste Künstler, den das viel beachtete New Yorker Antifolk-Netzwerk hervorgebracht hat. Der geschichtsbewusste Sänger und Comiczeichner schöpft aus den Quellen der New Yorker 60er-Jahre-Bohème und knüpft an anarchische Folkbands wie The Fugs an. In Konzerten erinnert Jeffrey Lewis mit grossformatigen Comics an die «Subterranean Homesick Blues» Zettel-Pose des jungen Bob Dylan, spult lakonisch leiernd die komplette Geschichte des Kommunismus ab und spürt als nachgeborener Chronist in seiner subjektiven «History Of Punk On The Lower East Side» vergessene und unbekannte New Yorker Perlen auf. Konsequent in Ich-Person und ohne doppelte Pathos-Böden erzählt der 31-Jährige in seinen Liedern tagebuchartig aus seinem uncoolen, monotonen und tagträumerischen Leben in New York City – lustig und traurig, überraschend und berührend. Lewis singt Lieder über sein Misstrauen gegenüber der Plattenfirma, LSD-Horrortrips, Entfremdung von der Gesellschaft, singende Bäume, das Dasein als 128-jähriger Greis, kurz: Persönliche Lieder über das Leben, das Universum und den ganzen Rest. Grossartig. (bs) Konzert: 26. 6., Dampfzentrale, Bern. Support: Cheese On Bread & Crazy For Jane Siehe auch ensuite November 2005 und ensuite Dezember 2006. Gurten- vs. Gartenfestival ■ Ein Buchstabe Differenz im Namen, Lichtjahre entfernt die Dimensionen und der künstlerische Wert: Währenddem das Hausberg-Festival mit fragwürdigen Headlinern Batzen sammeln will, fällt das Aufgebot des zeitgleich stattfindenden Gartenfestivals vom Café Kairo weit schöner aus. Allen voran freut man sich auf Nils Koppruch, den Sänger der mittlerweile aufgelösten Hamburger Band Fink. «Den Teufel tun» heisst sein eben erschienenes Solodebüt, das mit knorrigen, naturbelassenen Country-Folk-Liedern und verklausulierten Texten genau dort anknüpft, wo die feinsinnigen Fink aufhörten. Weiter im Programm: Die gefeierten Sängerinnen Heidi Happy und Emilie Welti alias Sophie Hunger mit ihrer Band Fisher sowie der Yoko-Ono-Perückenträger Bubi Rufener aka Boob. Und wer dieses Heft bereits am 1. Juni in den Händen hält, besucht bitte auch Delaney Davidson’s Geisterbahnblues im Rahmen des Kairo-Einmann-Bandwochenendes. (bs) www.cafe-kairo.ch, Gartenfestival, 20.–21. Juli Einmann-Bandwochende vom 1. - 2. Juni (u.a. mit Beat-Man, Delaney Davidson, Urban Junior.) www.gurtenfestival.ch, 19.–22. Juli (u.a. mit The Pipettes, Nada Surf, Dizzee Rascal und aber auch Avril Lavigne und Clawfinger.)

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musik POP- / ROCKMUSIK

Foto: Lukas Vogelsang

ein essen mit sophie hunger Von Lukas Vogelsang - Die Schweiz hat musikalisches Frischfleisch ■ Sophie Hunger zu begegnen ist kein einfaches Unterfangen. Wir trafen uns vor dem geschlossenen Restaurant in Zürich, wo wir eigentlich zusammen essen wollten und ich denke unweigerlich, ob dies etwas mit dem Namen zu tun hat. Ich stellte mir Sophie Hunger immer irgendwie verspielt und geheimnisvoll vor. So ist ihr Name, so klingt sie in der Musik – so präsentiert sich ihr erstes Soloalbum «Sketches on Sea». Vor mir steht aber eine «normale» junge Frau mit schickem Mantel, Handtasche und irgendwie ganz «Zürich». Ich versuche die verschiedenen Informationen, welche ich im Vorfeld recherchiert hatte zusammenzufügen, doch es gelingt mir nicht wirklich. Nichts passt – nichts soll passen. Sie hat Deutsch, Geschichte und Philosophie studiert und verdient ihren Lebensunterhalt noch durch einen Servicejob. Doch keine Sängerin in der Schweiz ist so musikalisch talentiert und keine hat in so kurzer Zeit so viele Aufstiegschancen zugespielt erhalten. So trat sie am M4Music-Anlass (siehe Seite 19) auf und im Sommer spielt sie mit John Parish und Raphelson in Montreux, doch zuvor macht sie einen Abstecher nach Paris, um mit Stefan Eicher auf der Bühne zu stehen. Ihre Stimme ist umwerfend und wenn sie schweizerdeutsch singt, kriege ich eine Art Heimatstolz. Dass sie nicht in Jerevan (Armenien) geboren und aufgewachsen ist, wie irgendwo zu lesen war, zumindest nicht in einem physischen Sinne, ist egal. Sie will sich weder produzieren, noch darstellen lassen, noch weiss sie, wohin sie möchte. Wenn sie spricht, haben ihre Sätze einen Anfang aber selten ein Ende. Sophie Hunger ist wer sie ist – das ist unrelevant. Mehr nicht. Oder doch? Im Telefonbuch gibt es tatsächlich eine Sophie Hunger in Silvaplana. Hast du das gewusst? (lacht) Nein, aber ich kenne die Gegend. Silvaplana ist im Maloyatal und ein Dorf weiter kommt Sils Maria. Meine Famile kommt von da, Hunger ist ein Bündner-Geschlecht und Emilie Jeanne-Sophie Hunger ist mein Name. Du spielst selber auf der CD mit dem Thema Hunger. Da ist zum Beispiel dieser kurze Sketch mit den beiden Sängerinnen, wo hast du diese beiden her? Also, das bin ich. Beide Male... Echt? Wow. Dann spielst du also alles selber. Hm, das kann man natürlich nicht wissen. Es gibt nicht viele Informationen über dich. Keine Biographie, keine offiziellen Daten. Du umgibst dich mit einer mystischen Hülle und das wirft viele Fragen auf. Das scheint mir etwas Schweizerisches zu sein. Wenn wir etwas nicht wissen haben wir oft das Gefühl, dass es von weit her kommen muss. Und ich kann nicht mehr Informationen geben, als ich bis jetzt gemacht habe. Alles andere ist einfach nicht wichtig, nicht relevant und leistet keinen Beitrag. Es 20

ist nicht spannend. Ich habe überhaupt nichts Spezielles zum erzählen. Wieviel Zeit brauchtest du, um deine «Sketches On Sea» aufzunehmen? Hast du einen speziellen Bezug zu Nashville oder New York? Warst du mal da? Ah, eine Woche. Die meisten Songs hatte ich als Skizzen. Einiges war mehr nur eine Idee. Dann haben wir es aufgenommen und gedacht… es ist was - oder es ist eben nichts. Zum Beispiel das Stück Nashville… Also ich war viel dort, aber nicht wirklich da. Ich habe zum Beispiel diese Woche Bob Dylans erste Platte oft gehört. Da gibt es dieses Lied «Talking New York»… (sie singt eine Strophe)… Also ich möchte schon mal nach New York. Ich habe gesehen, dass ein Bild von Bob Dylan auch im Cover der CD auftaucht. Warst du an einem Konzert hier in der Schweiz und was bedeutet er dir? Also ich finde er ist ein sehr vernünftiger Mensch und ich verbringe sehr gerne Zeit mit ihm. Ich finde Bob Dylan ein vernünftiger Zeitvertrieb - aber ich kenne ihn eigentlich kaum. Doch bei Dylan reicht es ein Lied zu kennen. Es enthält alles. Es kommt nicht drauf an, ob man von ihm ein Lied oder hunderte kennt. Er sagt immer gleichviel. Ich war am Konzert und habe es nicht wirklich als Konzert genossen. Aber es ist einfach gut bei ihm zu sein. Es ist einfach schön. Du hast längere Zeit an den Sonntagen mit dem «Trio from Hell» im Helsinki in Zürich gespielt. Wie kam es dazu? Das Helsinki ist eine kleine Bühne hier. Es entstand zu einer Zeit, wo es in Zürich um «live» zu spielen nichts gegeben hat, das nicht irgendwie in einem internationalen Kontext stand. Sprich: Kaufleuten, Moods und solche Sachen. Also es gab nichts, was den Zürchern eine Bühne geboten hätte. ...und die Rote Fabrik? Die kannst du vergessen. Die Rote Fabrik macht alles, ausser die Zürcher Musikszene zu unterstützen. Das ist das einzige Haus in Zürich, welches wirklich besetzt werden sollte. Ich würde jederzeit meine Unterschrift zur genauen Überprüfung oder Einschränkung der finanziellen Mittel der Roten Fabrik geben. Aber das war doch nicht immer so? Ja, du redest von den 70er-Jahren. Ich bin hier und ich weiss, was von ihrer Seite jetzt angeboten wird. Es ist nichts. Und dann kam das Helsinki und es fragt nicht nach irgendwas. Das Helsinki ist einfach da und zieht Menschen an. Es war ein Magnet für sehr viele Leute, die mit ihren Sachen etwas heimatlos herumirrten. In Windeseile wurde es zur wichtigsten Bühne in dieser Stadt, würde ich behaupten. Es ist aber sehr klein, oder? Sehr, ja. Aber es ist einzigartig. Es ist nicht Teil

von einer grösseren Subkultur. Es muss einfach alle Gefühle irgendwie stellvertreten. Ich bin einfach mal dran vorbeispaziert, habe Musik gehört und bin reingegangen. Da spielte gerade diese Band «Trio from Hell» und es war einfach umwerfend. Ich weiss noch, ich wusste: Angekommen! Und durch das «Trio from Hell» begann ich Lieder zu singen, die ich vorher nur gehört hatte. Und einfach spielen... einfach spielen... Du kannst diesen Sommer in Montreux auftreten und hast viele grosse Möglichkeiten, wovon andere jahrelang nur träumen. Überfordert dich dieses Engagement und diese Präsenz nicht? Nein, eigentlich nicht. Ein Lied ist ja immer dasgleiche. Das ist wie der Name, der ist auch immer gleich, ob du ihn auf ein Seidenpapier schreibst oder in einen Baum ritzt. Das einzige, was mich überfordern könnte ist, wenn alle weiter auf mir rumreiten, dass es mich überfordern könnte. Ich kann es mir ehrlich gesagt auch noch nicht vorstellen. Irgendeinmal kommt dann dieser Tag, wo ich am Morgen aufstehe und mit dem Zug nach Montreux fahre und dann dort aus dem Tunnel rauskomme, wo der See anfängt. Überforderung heisst ja eigentlich, dass etwas auf mich zukommt, womit ich nicht umgehen kann. Aber das, was ich dort mache, könnte ich auch hier an diesem Tisch machen: Ein Lied singen. Aber in Montreux hast du ein viel grösseres und wichtigeres Publikum als im Helsinki. Ja, aber es ist eine Illusion, dass viele Leute schwieriger sind als weniger. Das ist überhaupt nicht so. Im Gegenteil. Es führt ja auch zu einer gewissen Neutralisierung. Wenig Leute können einen viel stärkeren Eindruck hinterlassen, weil man den einzelnen wahrnimmt. Was bedeutet dir die Bühne, auf der Bühne zu stehen? Das finde ich schwierig. Aber ich schätze, dass ich da noch zu lernen habe. Irgendwie zu vergessen... also mit sich zu sein. Das muss ich noch fertig bringen. Vergessen, dass jemand zuhört und mich ansieht. An diesen Punk zu kommen, das habe ich noch nicht oft geschafft. Und Auftreten ist halt eine Konsequenz, die sich ergibt, wenn man eine CD produziert, wenn man CDs verkaufen will und davon leben möchte. Wovon träumst du und was bedeutet dir Zürich? Wirst du hier alt? Schlussendlich träume ich wohl von einem Tisch und einem Stuhl und dass ich jeden Tag aus dem gleichen Glas Wasser trinken kann. Ich weiss nicht. Zürich ist die Stadt in der ich «stattfinde». Es ist sicher nicht falsch hier. Es ist sicher schwieriger an einem Ort zu bleiben als irgendwo hinzugehen. Was ist deine Lieblingsmahlzeit? Brot, Käse und ein Glas Wein, oder zwei. Infos: www.sophiehunger.ch ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


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musik

ECM listening post Von Lukas Vogelsang

■ Eberhard Weber ist begnadeter Bassspieler und nach seinen Soloengagements suchte er neue Entwicklungsmöglichkeiten. Eigentlich ist er ja auch Fernseh- und Theaterregisseur, das hört man zum Teil in seinen Kompositionen heraus. Doch sein Suchen hat ihn momentan in orchestrale Klänge verschlagen. Zum Glück. Mit «Stades Of A Long Journey» mixt er mit alten Freunden und dem SWR Stuttgart Radio Symphony Orchestra eine musikalische Wundertüte zusammen. Das Konzert wurde 2005 anlässlich der Theaterhaus-Jazztage in Stuttgart aufgenommen. Der Eindruck, dass es sich um ein Jubiläumskonzert handelt, ist richtig, denn Eberhard Weber wurde 65 Jahre alt und Stuttgart feierte ihn. Weber, der hemmungslos und originell, lustvoll und mit vielen intelligenten Kompositionen überzeugt, spielt sich musikalisch durch ein paar Dekaden seiner über 45ig-jährigen Musikgeschichte. Die alten Freunde sind niemand anderes als Gary Burten, Jan Garbarek, Rainer Brüninghaus und Marilyn Mazur, mit denen er schon viele hervorragende Konzerte und Aufnahmen bestritt. Das Orchester im Hintergrund öffnet ein neues Spektrum an Klang und spielt unheimlich präzise mit. Bombastisch baut sich ein Klang auf und zieht die Geschichte weit in den Horizont. Das Potpourri ist aber nie selbstgefällig. Und mit Nino G hat Weber sogar eine Beatbox (Perkussions- und Schlagzeuggeräusche per Mund) eingebaut – ziemlich cool für einen 65-jährigen Jazzer. Eberhard Weber kommt aus dem Norden. Seiner sonst eher melancholisch geprägten Musik hat er diesmal einen fröhlichen und hoffnungsvollen Touch gegeben. Eine schöne Form alt zu werden. Wer so ein Konzert hinkriegt, der hat im Leben etwas erreicht und noch viel vor. Eberhard Weber Stages Of A Long Journey ECM 1920

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Blonde Redhead – 23

Serpentine – Beauty Queen

■ Sie schweben förmlich, irgendwo zwischen Erde und ihren Sphären. Blonde Redhead haben mit ihrem letzten Album viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen – das nun siebte Werk ist noch reifer und intelligenter geraten. Kraftvoll, irrwitzig, verspielt und trotzdem knochentrocken sind sie geworden – und eines ganz gewiss: kein Mainstream. Die Japanerin Kazu Makino hat eine perfekte Stimme für diesen Sound. Trotz des eigentümlichen Klanges und der Tonlage trägt diese Stimme ein Wesentliches zum Charakter dieser doch eigenwillig speziellen Band bei. Das Album ist eines jener Werke, die man bei jedem Hördurchgang ernster nimmt und bei welchem man jeweils neues entdeckt. Diese Musik lässt einem nicht so schnell los. Für den nun kommenden Sommer ist es die erste Sommerbrise – und das Cover der CD ist genial. Apropos: Die Blonde Redhead spielen an der Bad Bonn Kilbi am 9. Juni – nach Coco Rosie! (vl)

■ Ha! Kurz vor Redaktionsschluss stürzte dieses Album auf den Tisch. Ein kurioses Teil, kaum richtig einzuordnen. Einige bekannte Künstlerinnen treffen wir darauf wieder: Heidi Happy, Sophie Hunger, Andrea Milova. Die anderen Guests sind eher Szenennamen – vielleicht weniger bekannt in Bern. Serpentine heisst übrigens so was Ähnliches wie «Schlangenlinie einer Strasse oder Weg». So ungefähr klingt das Ganze auch. Serpentine auf dem Cover sieht aus wie ein Neandertaler, doch erinnert seine Stimme eher an Ron Sexsmith oder Rufus Wainwright. Irgendwo sitzt noch etwas Britpop und so kommt einem einiges vertraut vor. Doch Serpentine ist wunderbar selbständig und witzig. Jedes Stück ist eine Überraschung und man beginnt zu grübeln, ob das wirklich ein Schweizer ist. Dieses Album ist eine Sommerüberraschung! Unbedingt mal reinhören, denn so klingt die neue Schweizermusik. (vl) www.serpentine-music.com

David Torn – Prezens - ECM

Tori Amos – american doll posse ■ Schier endlos zieht sich dieses Album mit 23 neuen Songs und neuem Klangbild rockig und frisch durch fast 79 Minuten – dem absolute Maximum einer Musik-CD. Und genau so maximal hat sich Tori Amos mit diesem Album vom bisherigen Stilbild weiterentwickelt. Ihre letzten Veröffentlichungen waren mehrere Konzertmitschnitte ihrer Solo-Tour – diese waren faszinierende und ganz persönliche Eindrücke von einer uns bekannten Amos. Mit american doll posse setzt sie die selbstaufgebauten Klischees gleich selber in Widerspruch. Gelungen! Das Album ist sehr vielschichtig und überraschend. Persönliches von der fragilen Tori Amos finden wir weniger - dafür sehr viel mehr von dem, was sie zu sagen hat. Und der Albumtitel verrät dabei schon einiges. Ein ungewöhnlich provokatives, aber sehr kreatives Album. (vl)

■ Eigentlich gehört diese Kurzrezension in die ECM-Rubrik. In dieser Sommernummer machen wir aber eine Ausnahme – nur schon, weil das Album auffallend erfrischend und kontrastreich zum hier abgedruckten Rest steht. David Torn ist Gitarrist, Produzent und Filmmusikkomponist. Vor allem aber ist er ein Klangkünstler und ein experimentierfreudiger Freak. Zusammen mit ebenso freakigen Mitstreitern Tim Berne (Altsaxophon), Craig Taborn (Keyboards, Rhodes) und Tom Rainey (Drums) beschert er uns einen eigenwillig kraftvollen Soundtrack für diesen Sommer. Das ist kein langweiliges Improgedudel, auf jeden Fall nicht eines, welches uns nach fünf Minuten davonjagt. Im Gegenteil: Die ruhigen, ambientähnlichen Zustände und Landschaften fesseln. Das Zusammenspiel der Musiker ist intensiv, der Komplott gilt als perfekt. Zum Teil brechen sie aus ihren Flächen aus, zerschlagen ihre Grooves und überraschen unseren Kopf mit neuen Geschichten – eben ziemlich spacy. Fragmentarisch wollen wir die Crew in einem Stil festnageln und bemerken im selben Moment, dass wir dazu noch etwas mehr Zeit benötigen. «Prezens» ist wunderbares Kopfkino. (vl)

ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


cinéma

SPOTLIGHT KINO

FILM

takva Von Sarah Stähli

7 ANS

BILD: ZVG.

Bild: zVg.

■ «Ich zittere am ganzen Körper, weil ich Angst habe zu versagen». Muharrem lebt in ständiger Angst, nicht zu genügen; das Zittern vor Gott prägt seinen Alltag. Er lebt ein bescheidenes Leben als zölibatärer, frommer Junggeselle im traditionellen Süleymaniye-Viertel Istanbuls, streng nach den Geboten der islamischen Mystik, des Sufismus’. Spricht er nicht gerade mit Gott, dann spricht er vor allem mit sich selber. Frauen begegnen ihm nur in seinen sündigen Träumen, für die er sich am nächsten Morgen zu Tode schämt. Wegen seines gutherzigen und etwas naiven Charakters wird er vom Oberhaupt des Sufi-Ordens dazu auserkoren, die «weltlichen Geschäfte» für das Kloster zu besorgen. Dazu brauche es ein gutes Herz, aber besser keinen zu gut entwickelten Verstand. Muharrem muss das Geld von Gönnern verwalten und Mietzinse für die ordenseigenen Liegenschaften eintreiben. «Vergiss nicht: Gott ist allgegenwärtig», wird ihm mahnend auf den Weg gegeben. Dieser Satz begleitet ihn innerlich, als er – mit Handy und Anzug ausgestattet – in das moderne Istanbul entlassen wird. Diese fremde Welt, die voller Widersprüche und Verlockungen ist, verwirrt ihn zusehends und stürzt ihn schliesslich in eine Lebens- und Glaubenskrise. «Takva» (Gottesfurcht) ist ein fesselndes Drama, das den Zuschauer, nach und nach, wie die sich im Gebet in Trance wiegenden Ordensanhänger, gefangen nimmt. Ein durchdringendes, aber nie aufdringliches Sounddesign, intensive Bilder und ein hervorragend tragisch-starker Hauptdarsteller: Der Film wühlt auf, sei einem das Thema, das er behandelt, noch so fremd. Die türkische Nouvelle Vague «Takva» ist die sechste Produktion der Gruppe «Yeni Sinemacilar» («Neue Filmemacher»), die in ihrer Heimat als innovative und hoffnungsvolle Erneuerer des türkischen Kinos gehandelt werden. Kopf der Gruppe ist der Drehbuchautor Önder Çakar. Seine Drehbücher werden von wechselnden Regisseuren verfilmt. Zu den «Yeni Sinemacilar»-Schauspielern gehört auch ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

Erkan Can, der Muharrem verkörpert. Eine türkische Filmkritikerin meint: «Zu der Gruppe gehören fast ausschliesslich Männer und ihr Kino handelt zum Hauptteil von Männern, Frauen kommen nur am Rande vor. Dafür werden sie auch kritisiert. Andererseits: sie sind sehr gut im Darstellen eines hermetischen, männlichen Umfeldes.» Der von Fatih Akin («Gegen die Wand») koproduzierte Film hat Erfolg. In der Türkei wurde er zum Kassenschlager, an Filmfestivals weltweit mit Preisen geradezu überschüttet. Interessanterweise wurde «Takva» in der Heimat sowohl von religiösen wie auch religionskritischen Kreisen positiv aufgenommen. Ein Grund dafür könnte sein, dass der Film nicht wertet. Drehbuchautor Çakar meint dazu: «Die Interpretation des Endes hängt ganz vom Grad der Gläubigkeit des Betrachters ab. Es kann ebenso als Tragödie wie auch als Happyend gesehen werden». Der Regisseur Özer Kiziltan bezeichnet sich in einem Interview als überzeugten Atheisten und erklärt seine Herangehensweise an das heikle Thema so: «Ich versuchte Muharrems Geschichte zunächst einmal selbst zu verstehen, um meine Interpretation sogleich wieder zu hinterfragen. In keinem Fall möchte ich werten, kritisieren oder jemanden absichtlich beleidigen.» Der Film ist in enger Zusammenarbeit mit den Sufi-Derwischen des Klosters entstanden und ermöglicht so einen seltenen Einblick in eine von der Aussenwelt abgeschlossene religiöse Gemeinschaft. Die skeptische Haltung des Regisseurs fanatischen Religionen gegenüber zeigt sich trotz seiner vorsichtigen filmischen Annäherung in der folgenden Aussage: «Alle Ideologien und Religionen, welche jegliche Individualität verleugnen, führen zur Unterdrückung und Ablehnung des Humanismus und Rationalismus. Dies führt früher oder später in den Wahnsinn.»

■ Ihr Mann ist für sieben Jahre im Gefängnis. Warum ist soweit egal, die Situation ist wichtiger. Sie kümmert sich um die Wäsche und kommt wöchentlich zu Besuch. Sie ist sehr ordentlich, sehr pflichtbewusst und hängt an ihrem Mann. An wem oder was sonst? Ihr Leben ist auf ein kleines Stück Geschichte reduziert – für die nächsten sieben Jahre. Eines Tages lässt sie sich auf ein sexuelles Abenteuer ein. Das stört die Ordnung und die Geschichte verheddert sich in einer Dreiecksbeziehung ohne Ziel und Ordnung. Der so genannte Freund ist ein Gefängniswärter und wurde von ihrem Mann angeheuert. Beim Wärter spielen aber Emotionen mit, und mit der Zeit steht auch die Hauptprotagonistin vor einem Dilemma. Der Strudel zieht seine perversen Rituale, wenn ihr Mann die sexuellen Eskapaden der beiden Verlorenen auf Band aufzeichnen lässt, um seine Frau wenigstens erregt hören zu können. Keine einfache Sache und der Zuschauer steht im Wechselbad von Verurteilung und Zustimmung. «7 ans» ist ein kleiner junger Film mit vielen feinen Zwischentönen. Sehr französisch und zum Teil auch sehr klischiert. Aber die Klischees lassen den Film nicht ins Billige kippen. Denn die Geschichte ist – obwohl an vielen Stellen absehbar – doch überraschend tiefsinnig und kommt uns gefährlich nahe. Was gefällt ist die Einfachheit des Filmstils. Das Filmteam hat sich viel Zeit gelassen und dem Bild und den Eindrücken eine Entwicklung eingeräumt. Kein Wunderwerk oder cineastisches Highlight, jedoch ein feiner Beziehungsfilm. Eine ähnliche Geschichte könnte uns selber widerfahren – sitzen wir oder unsere PartnerInnen doch manchmal auch in einem Gefängnis. Bleibt zu hoffen, dass diese Zeiten nicht sieben Jahre andauern… (vl)

«Takva» läuft seit dem 31. Mai im Kino.

Filmstart demnächst: www.xenixfilm.ch

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cinéma

SPOTLIGHT KINO IRINA PALM Von Sonja Wenger ■ Maggie (Marianne Faithfull) ist verzweifelt. Wenn sie nicht in kurzer Zeit eine grosse Summe Geld zusammenbringt, wird ihr Enkel sterben, denn einzig eine medizinische Behandlung im fernen Australien kann ihn noch retten. Doch der kleinen Familie fehlt es an allen Ecken und Enden. Während Maggies Sohn und seine Frau bereits in vorgezogener Trauer zu ersticken scheinen, macht sie sich auf nach London, um Arbeit zu suchen. Aber für eine Witwe ihres Alters ohne besondere Kenntnisse gibt es im besten Falle wohlmeinende Absagen. So ist es wahrlich ihre letzte Chance, als sich Maggie bei Miki (Miki Manojlovic), dem Besitzer einer Rotlicht-Bar vorstellt. «Hostess gesucht» steht auf dem Schild im Schaufenster. Halb amüsiert und halb gerührt erklärt der abgebrühte Miki der peinlich berührten Maggie erst einmal, was damit gemeint ist. Und obwohl sie dem gängigen Klischee nicht wirklich entspricht, macht ihr Miki ein Angebot. Da Maggies Hände besonders sanft seien, könne er sie für eine Spezialität seines Etablishments brauchen. Nach einigem Zögern sagt sie zu, denn der Verdienst für die «Handarbeit» ist überwältigend. Bereits nach kurzer Zeit wird Maggie unter dem Künstlernamen «Irina Palm» zum Liebling der Kundschaft. Doch der plötzliche Geldsegen und die unweigerliche Geheimniskrämerei wecken auch die heuchlerische Neugier ihrer Umgebung - und das Misstrauen ihres Sohnes. Als dieser herausfindet, wie seine Mutter das viele Geld verdient, dreht er durch. Weil Maggie durch ihre Arbeit in der Branche aber auch eine völlig neue Form des Respekts erfährt, fällt ihre anfängliche Prüderie und das mangelnde Selbstbewusstsein immer mehr von ihr ab. Als eine selbstständige, witzige, leidenschaftliche Frau, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, nimmt sie die Dinge im wahrsten Sinne in die Hand. Regisseur Sam Garbarski hat mit «Irina Palm» ein leicht düster angehauchtes, mit dem melancholischen Pseudo-Charme der britischen Arbeiterklasse versehenes Kleindrama geschaffen, das aber durch erfrischende Komik voller Charisma und Humor besticht. Denn die wahren Helden des Alltags sind so wie Maggie jene, die voller Kraft und Inspiration die Hürden des Lebens meistern und seine ganz normalen, absurden Situationen ertragen. Der Film dauert 103 Minuten und kommt am 21. Juni in die Kinos.

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FILM

pirates of the caribbean – at world’s end Von Sonja Wenger Bild: zVg. ■ Es ist auf Dauer nicht lustig, über einen Film vor allem Vergleiche mit anderen sogenannten Blockbustern, Zuschauerzahlen und Fortsetzungen zu lesen. Deshalb sei dem dritten Teil der immer gigantischer gewordenen Piratensaga um Captain Jack Sparrow und seine Mitstreiter und Gegenspielerinnen eine kleine kritische Hommage gewidmet. Denn endlich erfahren wir alle, wie es weiter- und vor allem wie es ausgeht mit dem Grüppchen, dass uns trotz einer zwölfmonatigen Abstinenz allgegenwärtig und vertraut geblieben ist. Der Anschluss geschieht im wahrsten Sinne des Wortes nahtlos. Keiner der Charaktere oder Geschichtsstränge wird in irgendeiner Form noch einmal eingeführt. Wozu auch? Ohne Teil eins «The Curse of the Black Pearl» und besonders Teil zwei «Dead Man’s Chest» zu kennen, versteht man weder den Film noch den Witz der Handlung von «At World’s End». Und war Teil zwei durch seine veränderte Machart noch leicht gewöhnungsbedürftig, zudem mit Seeschlachten, Kannibalen und Meeresmonstern überfrachtet, so ist es nicht verwunderlich, dass das Finale nochmals einen Zahn zulegt. Seit sich der grausame Lord Cutler Becket von der East India Company der Dienste von Davy Jones und seinem Geisterschiff The Flying Dutchman sicher ist, hat er sich die Vernichtung aller Piraten auf die Fahne geschrieben. Um das zu verhindern, müssten aber alle neun Piratenlords der Welt zusammenspannen. Doch leider ist einer von ihnen, Captain Sparrow, in der Welt zwischen Leben und Tod gefangen, in seiner persönlichen, surrealen Vorhölle. Um ihn dort herauszuholen tun sich Freund und Feind zusammen, reisen ans Ende der Welt und wieder zurück. Während sich Elisabeth Swann mit Sparrow und Barbossa der Armada von Becket entgegenstellt, hat ihr Verlobter Will Turner vor allem

die Befreiung seines Vaters aus der Sklaverei auf Jones Schiff im Sinn - und auch die Vodoo-Hexe Tia Dalma hat noch mehr zu bieten ausser verdrehte Sprüche. Doch trotz fulminanter Schlacht und einem mutigen Schluss ohne zuckersüssem Happyend ist man trotz befriedigter Vorfreude, trotz der Vielzahl skurriler Einfälle, Computergenerierten Kämpfen und endlosen verräterischen Wendungen nach fast drei Stunden froh, dass es vorbei ist. Denn mit dem gleichen Regisseur Gore Verbinski, mit Jonny Depp als Captain Sparrow, Orlando Bloom als Will Turner, Keira Knightley als Elisabeth Swann, einer Vielzahl wunderbarer Schauspieler und Schauspielerinnen wie Bill Nighy, Geoffrey Rush, Naomie Harris, Chow Yun-Fat und der ganzen Darstellercrew aus den Teilen eins und zwei ist zwar die schauspielerische Qualität und der Wiedererkennungswert hoch, aber der Überraschungsfaktor weg. Nicht mal Keith Richards als Sparrow’s Dad ist wirklich neu, denn dass er beim Drehen von einer Palme gefallen ist, war schon vergangenes Jahr in den Medien. So dient «At World’s End» vor allem der Befriedigung von Neugier und eines falsch verstandenen Bedürfnisses nach grösser, besser, schneller – und in diesem Falle auch noch länger. Das man sich Teil eins von «Pirates of the Caribbean» mit seinen feinen Fechtszenen, seinem unschlagbaren Sprachwitz und seinen authentischen Bildern immer wieder ansehen mag, ist eine grosse Leistung. Hat man aber die Fortsetzungen gesehen, hat man’s gesehen. Trotzdem heisst es auch hier noch einmal: Sitzen bleiben und zehn Minuten Abspann über sich ergehen lassen. Es lohnt sich. Der Film dauert 172 Minuten und ist seit dem 24. Mai in den Kinos.

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cinéma

TRATSCHUNDLABER Von Sonja Wenger

FILM

the namesake Von Sonja Wenger

Bild: zVg.

■ Der neue Film der Regisseurin Mira Nair («Monsoon Wedding» und «Salaam Bombay») ist eine feinfühlig inszenierte, sympathische Familiengeschichte, die drei Jahrzehnte umspannt und das Publikum zwischen Kalkutta und New York hin und her führt. Nach dem gleichnamigen Roman der Pulizer-Preisträgerin Jhumpa Lahiri erzählt «The Namesake» die Geschichte der Familie Ganguli. Obwohl die Ehe zwischen Asoke (Irfan Khan) und Ashima (Tabu) von den Eltern arrangiert wird, entwickelt sich zwischen den beiden schnell ein inniges Verhältnis voller Respekt und Liebe. Grund dafür ist sicherlich auch, dass Ashima ihrem Mann nach New York folgt, weit weg von ihrer vertrauten Umgebung in eine Welt, in der die Sprache das kleinste der Probleme ist. Während Asoke durch seine Arbeit als Wissenschaftler bereits gut integriert ist, muss sich Ashima ihr Zuhause in der Fremde erst erschaffen. Die erste Hälfte des Films konzentriert sich stark auf die Beziehung zwischen dem wortkargen und nachdenklichen Asoke, der als junger Mann ein Unglück überlebt und jeden Tag als Geschenk betrachtet, und der verletzlichen und doch starken Ashima, die Glück und Leid des Lebens mit grosser Würde trägt. Sie versucht, die beiden Kinder Gogol und Sonia nach bengalischer Tradition aufwachsen zu lassen, doch spätestens in der Teenagerzeit werden die Fragen nach der Identität und der Zugehörigkeit zu einer Kultur immer stärker. So fokussiert die zweite Hälfte des Film vermehrt auf das Leben der Kinder, wobei sich besonders der Sohn Gogol (Kal Penn) zwar hauptsächlich zur amerikanischen Kultur hingezogen fühlt, aber auch die indische amüsiert und distanziert beobachtet. Dass seine amerikanische Freundin Maxine eine erstaunliche Unsensibilität für die indische Kultur an ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

den Tag legt, stört ihn zu Beginn nicht sonderlich. Erst nach einem tragischen Verlust in der Familie besinnt er sich und findet zu seinen Wurzeln, macht gar eine extreme Kehrtwende, nur um nach seiner Hochzeit mit einer Bengalin feststellen zu müssen, dass auch der klassische Weg nicht immer so funktioniert, wie man es gerne hätte. Regisseurin Nair hat mit gewohnt gekonnter Hand ein sehenswertes Porträt der Gangulis und ihren an sich unspektakulären, aber für jeden und jede nachvollziehbaren Familienprobleme geschaffen. Ohne sich anzubiedern zeigt «The Namesake» auch ein interessantes Bild des möglichen indischen Alltags in der Heimat und im Ausland, losgelöst von Romantik und allzu viel Kritik. Der Film ist gewiss kein klassischer Bollywood-Schinken, obwohl er zumindest im Ansatz vertraute dramaturgische Elemente enthält. Viel stärker geht es dabei um die Themen Einsamkeit in der Fremde, klassische Familienwerte und die Herausforderungen, denen Menschen in einem fremden Land ausgesetzt sind. Dass dabei das bunte, lärmende, lebendige Kalkutta um einiges besser wegkommt als das kalte, distanzierte und lebensfeindliche New York, ist bereits von der Grundkonstellation indischer Filme her klar, die selten den Stolz auf die eigene Kultur verstecken. Auch darf der westlich geprägte Charakter nicht hinterfragen, ob nun arrangierte Ehen gut oder schlecht sind oder was daran so schlimm sein soll, einen Partner aus einem anderen Kulturkreis zu wählen. Doch gerade in diesen Fragen wagt es «The Namesake» auf angenehme Weise, wenn auch nicht unbedingt kontrovers, die eingefahren Gleise etwas zu verlassen. Der Film dauert 122 Minuten und kommt am 7. Juni in die Kinos.

■ Das Filmfestival in Cannes ist vorbei, und kaum einer hat’s gemerkt. Die Sendung «Germany’s Next Top Model» ist vorbei, und kaum einen kümmert’s – denn im November kommt schon die Schweizer Ausgabe von «Supermodel», in der Frauen, O-Ton «NZZ am Sonntag», im «ZehnKleine-Negerlein-Modus» um Ruhm und Werbeverträge «kämpfen». Alles also «same procedure as every year». Im Nahen Osten ist wieder Krieg, in der Schweizer Politik sieht’s auch nicht besser aus und nicht mal die Prinzen von heute sind noch aus echtem Holz geschnitzt. Denn so schnell wie das Thema «Prinz Harry muss nun doch nicht in den Irak» wieder vom Tisch war, ist sogar in unserer abgebrühten Medienwelt fast peinlich. Andererseits brauchen wir ja den Platz, um uns ausgiebig über die von 45 auf 23 Tage reduzierte Haftstrafe der «neureichen Celebritygöre» Paris Hilton auszulassen. Eine Petition zur Freilassung wurde sogleich von ihren Fans mit der Begründung ins Leben gerufen, sie bringe Glamour in unsere sonst langweiligen Leben. Der Blog auf der Tratschwebseite des britischen «The Guardian» schäumte – und bot ein weiteres Beispiel für die Mobilisierungsfähigkeit der schieren Banalität. Über einen ganz anderen Skandal wusste die «Süddeutsche Zeitung» zu berichten: Das schlagkräftige Supermodell Naomi Campbell habe sich während ihres fünftägigen (fünf!) Strafeinsatzes bei der New Yorker Stadtreinigung um ihre Schönheit gesorgt. Tsts! Nach der Arbeit sei sie ausgelaugt gewesen, habe schlecht geschlafen und Tränensäcke bekommen. Trotzdem habe sie geschrubbt wie eine Wilde, schrieb sie in ihrem Tagebuch, das sicher bald als politische Dokumentation verfilmt werden wird - vielleicht lässt sich ja Michael Moore dafür begeistern. Aber wir wollen nicht böse sein. Das Leben als Modell ist wirklich hart, bedenkt man nur schon die Anfeindungen, denen sie ständig ausgesetzt sind. Immerhin titelte die «NZZ» vor kurzem «Wer hat Angst vor Heidi Klum» in einem Beitrag der kulminierten Blödheit. Eine Studie zum Einfluss von Fotomodellen auf das weibliche Selbstbewusstsein habe herausgefunden, dass - Himmel hilf - «manche Frauen tatsächlich sehr negativ auf Modells reagieren». Da muss man schon wieder die Konsequenz von Keira Knightly bewundern. In einem Interview mit «ELLE» sagte sie kürzlich, das ganze «Celebrity Ding» sei verrückt und wie besorgt sie darüber sei, auf Pro-Anorexia-Seiten als Vorbild zu gelten. Deswegen werde sie vermutlich die Schauspielerei aufgeben. Sie sei in ihrem Job «nicht mehr so hungrig».

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das andere kino

www.cinematte.ch / Telefon 031 312 4546

■ Ihr Wunsch sei uns Befehl! Wählen Sie noch bis Anfang Juni aus zahlreichen Filmen Ihre fünf Favoriten und gewinnen Sie mit etwas Glück einen von 20 Preisen. Ihre Lieblingsstreifen zeigen wir vom 4. Juli bis 10. September in unserem ausgedehnten Sommerwunschprogramm. Aktuelle Resultate und die Online-Abstimmung finden Sie unter www.cinematte. ch. Das detaillierte Sommerwunschprogramm erscheint Ende Juni. Buenos Dias Argentina: Früher war Argentinien eines der reichsten Länder Südamerikas - was sich mit der Krise 2001 geändert hat. An spannenden Filmen mangelt es Argentinien dagegen nicht. Die jüngeren Filmemacher haben sich vom magischen Realismus eines Eliseo Subiela (No Te Mueras Sin Decirme Adónde Vas, Pequeños Milagros, El Lado Oscuro del Corazón, Las Aventuras de Dios) jedoch abgewendet und untersuchen vermehrt die sozialen Realitäten. Ein Beispiel dafür ist Carlos Sorin, der mit Historias Mínimas vergessene Dörfer Patagoniens in den Fokus nimmt. Oder Daniel Burman, der mit El Abrazo Partido die Sehnsucht eines jungen Argentiniers nach Europa thematisiert. Der letztes Jahr verstorbene Regisseur Fabian Bielinsky dagegen setzt mit seinen Filmen Nueve Reinas und El Aura vor allem auf unterhaltendes, intelligentes Storytelling. Specials: Der Musikfilmzyklus Song & Dance Men präsentiert sechs Filme, die die Vielfalt einer zersplitterten, undefinierbaren Popkultur aufzeigen. Namhafte Musikjournalisten führen die in der Schweiz kaum je gezeigten Filme ein. Zum Abschluss dieses Zyklus zeigen wir Wattstax von Mel Stuart mit einer Einführung von Bänz Friedli.

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www.kellerkino.ch / Telefon 031 311 38 05

■ OSTROV (Von Pavel Lungin, Russland 2006, 112’, Russisch/d/f, Spielfilm) 1942 wird ein russischer Soldat von den Nazis gezwungen, seinen Hauptmann zu erschiessen und sterbend zurückgelassen. Der Soldat selber wird von Mönchen gerettet. 34 Jahre später ist er ein berühmter Heiliger und Heilender, der den Namen Vater Anatolij trägt. Er hat die vielen Jahre auf einer Insel verbracht, wo er seit dem Krieg Kohle schaufelt. Zu dieser Sisyphusarbeit scheint er für immer verdammt zu sein. Verzweifelte Menschen kommen von überall zu ihm, für seinen Segen und seiner mystischen seherischen Kräfte wegen. Aber Anatolij wird von seiner Sünde verfolgt: Der ausgelaugte alte Mann betet unaufhörlich und bittet Gott um Vergebung. Eines Tages treffen ein weit gereister Admiral und seine von Dämonen geplagte Tochter ein. Jede Gewissheit, die Anatolij als Gläubiger hatte, bricht zusammen. Regisseur Pavel Lungin und Kameramann Andrej Schegalov schaffen fesselnde Bilder dieser kargen Insel am Ende der Welt und von den gequälten Seelen, die sie bevölkern. Mamonov als Vater Anatolij ist durchgehend imposant und prägt sich als lebende Verkörperung von Schuld und Gram unauslöschlich ins Gedächtnis ein. LOOK BOTH WAYS (Von Sarah Watt, Australien 2005, 100‘, E/d/f, Spielfilm) Ein langes heisses Wochenende, ein tödlicher Unfall und eine beiläufige Begegnung. Meryl ist Zeugin des Unglücks, Nick Fotograf der lokalen Zeitung. Sie begegnen sich zufällig wieder. Meryl ist vom Gedanken an den Tod beherrscht, Nick versucht gerade, ihn zu ignorieren. Hat das Leben, hat die Liebe eine Chance? Beide haben nicht viel Zeit, um es herauszufinden. Gefahr und Tod lauern überall in Sarah Watts Film, und doch ist er erfrischend, lebensbejahend und gefühlvoll. Mehrere Episoden unterschiedlicher Charaktere werden zusammen geführt. Dabei geht es aber immer wieder um die Frage: was wäre wenn? LOOK BOTH WAYS geht unter die Haut, lässt einen aber trotz der melancholischen Grundstimmung nicht in Schwermut versinken. Die Spieldaten entnehmen Sie bitte unserer Homepage: www.kellerkino.ch.

www.kinokunstmuseum.ch / Telefon 031 328 09 99

■ KITANO TAKESHI – SCHAUSPIELER, REGISSEUR, TV-STAR Spätestens seit Hana-Bi in Venedig 1997 den Goldenen Löwen erhielt, wurde der Name Takeshi Kitano auch im Westen bekannt. Was sich hinter der aussergewöhnlichen Erfolgsgeschichte Takeshi Kitanos verbirgt, ist schnell erklärt: enorme Begabung, wenn nicht gar Genialität. Er ist neben John Woo der einzige ostasiatische Regisseur unserer Tage, dem es gelungen ist, sowohl die seriöse Kritik als auch die mittlerweile riesige Fangemeinde der knallharten AsienActionfilme restlos zu begeistern. Das ist auch an seinem bislang zehn Werke umfassenden filmischen Oeuvre abzulesen. Das Kino Kunstmuseum zeigt diese Werke - Merry Christmas, Mr. Lawrence, Zatoichi, Kids Return (Berner Premiere), Hana-Bi, Sonatine, Gohatto, Dolls, Brother, Kikujiro, Violent Cop - des japanischen Meister-Regisseurs; vom 3. bis 26. Juni. OPENAIR KINO: STEVE McQUEEN Das Kino Kunstmuseum und die Café-Bar Turnhalle präsentieren an zwei Wochenenden im Juli sechs Kultfilme mit Steve McQueen, dem coolsten Schauspieler der 60er und 70er Jahre. Do, 5.7.: Bullitt Fr, 6.7.: The Getaway Sa, 7.7.: The Magnificent Seven Do, 12.7.: Tom Horn Fr, 13.7.: Le Mans Sa, 14.7.: The Thomas Crown Affair (Programmänderungen vorbehalten!) Im PROGR-Innenhof an der Speichergasse, Bern Bar und Abendkasse ab 20:00 h Filme ab 21:30 h Vorverkauf ab 21. Juni: Café-Bar Turnhalle und Münstergass-Buchhandlung SOMMERPAUSE BIS 1. SEPTEMBER 07 Wir wünschen schöne Ferien!

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Für das Tagesprogramm die Tageszeitung oder das Internet www.bernerkino.ch

K IN O i n

d e r

R e i t s c h u l e

www.reitschule.ch / Telefon 031 306 69 69

■ BENT HAMER Das Kino in der Reitschule widmet sich im Juni mit Kitchen Stories und Factotum dem zeitgenössischen norwegischen Star-Regisseur Bent Hamer. Seine international bekannten Kinofilme bekamen Preise auf der ganzen Welt, darunter zweimal den Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI) und den Europäischen Verleihpreis für Kitchen Stories in Cannes 2003. Kitchen stories (2003) (Do, 7. Juni, 20:30 h und Fr, 22. Juni, 21:00 h) zeigt den Einzug der Technik in die privaten Haushalte in den 50er Jahren. 18 Beobachter werden in Schweden zu Junggesellen in die Küche geschickt, um deren Küchenroutine von einem eigens für das Experiment konzipierten Hochsitz in der Ecke der Küche zu studieren. Dabei darf keinerlei persönlicher Kontakt zwischen Beobachter und Proband entstehen. Harte Regeln in der Einsamkeit Norwegens... Mit Factotum (Do, 21. Juni, 20:30h und Fr, 29. Juni, 21:00 h) hat Hamer 2005 einen atmosphärisch dichten Film inszeniert über den Schriftsteller Henry «Hank» Chinaski, der sich als Gelegenheitsarbeiter mit den verschiedensten Jobs über Wasser hält, um sich das leisten zu können, was ihn wirklich interessiert: Alkohol, Frauen, Zigaretten, Wetten abschliessen – und vor allem: Geschichten schreiben, die niemand veröffentlichen will. UNCUT – Warme Filme am Donnerstag zeigt: Kilómetro Cero (Do, 14. Juni, 20:30 h)von J. L. Iborra und Y. García. Ein amüsant-erotischer Ensemblefilm mit feinsinnigem Verwirrspiel. The Peter Berlin Story (Do, 28. Juni, 20:30 h) von J. Tuskinski. Eine Dokumentation über den deutschen Künstler und Selbstdarsteller Peter Berlin. Zu Gast ist zudem der Filmklub der Uni Bern. Er zeigt in seinem Zyklus FROM DAWN TILL DUSK Filme, die an nur einem Tag spielen. Genau genommen beginnt die Handlung am frühen Morgen und endet am Abend oder spät in der Nacht: Festen von T. Vinterberg (Fr, 1. Juni, 21.00h) 19 von K. Watanabe (Fr, 8. Juni, 21h) Nueve Reinas von F. Bielinksy (Fr, 15. Juni, 21h) Mehr Infos unter: www.reitschule.ch/reitschule/kino/index.shtml www.filmclub.unibe.ch/ ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

LICHTSPIEL www.lichtspiel.ch / Telefon 031 381 15 05

■ SEXARBEIT Als Rahmenprogramm zur Ausstellung im Kornhausforum zeigt das Lichtspiel in einem Zyklus wie Sexarbeit im Film realistisch, kritisch, manchmal auch verspielt und humorvoll dargestellt wird. Frau Mercedes – Alt werden auf dem Autostrich (Premiere) ist das intime Porträt einer Frau, die tausende Männer hatte und eigentlich die Frauen liebt, die ihren Körper, aber nicht ihre Ehre verkauft. In Anwesenheit der Autoren Louis Mataré, Simon Jäggi und David Fonjallaz sowie von «Frau Mercedes». (2. & 8.6., 20:00 h). Mit Café Odéon führt uns Kurt Früh ein in die Praktiken und das Elend des Zürcher Milieus der Fünfzigerjahre (25.6., 20:00 h). Rolf Thiele verfilmte mit Das Mädchen Rosemarie (1958) einen Skandal, der hohe Wellen schlug: den unaufgeklärten Mord an der «Lebedame» Rosemarie Nitritt, unter deren Kunden sich auch prominente Industrielle befanden. (27.6. 20:00 h). TOUR D‘AMOUR In Twist and Shout von Bille August (6.6. 20:00 h) und L‘effrontée von Claude Miller (11.6. 20:00 h) stehen wiederum die intensiven Gefühle der ersten Liebe und des Erwachsenwerdens im Mittelpunkt. Einen Film noir erster Güte zeigen wir mit WILDER URLAUB (1943) von Franz Schnyder. (18.6., 20:00 h) CITIZEN FRED: 1949 wandert der Bauernsohn Franz nach Kalifornien aus. Er arbeitet als Milchmann und verdient 100 Dollar im Monat - das Vierfache dessen, was er in der Schweiz erhielt. Er kleidet sich wie ein Cowboy, fährt einen Chevrolet, trifft sich mit Mädchen und nennt sich Fred. 1950 mobilisiert Truman alle 18- bis 26-Jährigen für den Koreakrieg - auch Ausländer wie Fred werden eingezogen. In Anwesenheit des Regisseurs Theo Stich. (20.6., 20:00 h) BEST OF FRESNOY Zwei kurzweilige Kurzfilmabende mit frischen und frechen Filmen aus dem französischen «Studio national des arts contemporaines Fresnoy». (21.&22.6., 20:00 h) Der Zyklus SEXARBEIT wird im Juli weitergeführt. Weiter heizen wir diesen Sommer mit romantischen und schnulzigen SCHLAGERFILMEN aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren ein, u. a. mit Peter Alexander, Caterina Valente oder Freddy Quinn. Details siehe Tagespresse oder www.lichtspiel.ch.

www.pasquart.ch / Telefon 032 322 71 01

■ TANGO «Der Tango Argentino ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann». (Enrique Santos Discépolo, argentinischer Komponist) Aufgrund wirtschaftlicher Not in ihren Heimatländern treffen Mitte des 19. Jahrhunderts in Argentinien und Uruguay afrikanische, spanische und brasilianische Einwanderer aufeinander und vermischen sich mit kreolischen und indianischen Kulturen. Durch dieses Zusammenleben verwandeln sich die Rhythmen und Melodien ihrer Herkunftsländer allmählich in neue Klänge. Neue Lieder und Tänze entstehen. So auch die Milonga, die Vorläuferin des Tangos, die ursprünglich ein leichter, sinnesfroher Tanz war. Mit den sozialen Problemen, welche Südamerika gegen Ende des 19. Jahrhunderts erschüttern, wandelt sich zum Ausdruck existenzieller Not. Der Tango ist geboren. Mit den ausgewählten Filmen will das Filmpodium Biel Geschichte und Ausdruck dieses Tanzes lebendig werden lassen und von seiner melancholischen Sinnlichkeit und Leidenschaft erzählen. Carlos Sauras Tango ist ein Film der leidenschaftlichen Gefühle, die alle Ebenen unseres Lebens durchdringen. Wunderbar erotische Tanzszenen verknüpfen die verschiedenen Handlungsfäden miteinander. Sally Potters Tango Lesson ist ein Tanz- und Musikfilm und zugleich eine filmische Reise durch die Geschichte des Tangos. Potter porträtiert eine Frau, die sich vom TangoMeister Pablo Veron in die von strengen Regeln gekennzeichnete Welt des argentinischen Tanzes einführen lässt. In Je ne suis pas là pour être aimé von Stéphane Brizé besucht ein einsamer älterer Gerichtsvollzieher einen Tangokurs. Die Musik und seine betörende Tanzpartnerin wecken in ihm längst vergessene Gefühle. In Tangos – El exilio de Gardel skizziert Fernando Solanas mit inszenatorischer Eleganz und der wunderbaren Musik Astor-Piazzollas die emotionalen Widersprüche des Exils. Maria Schneider und Marlon Brando werden einmal mehr den letzten Tango tanzen in The Last Tango in Paris von Bernardo Bertolucci. Ein Wiedersehen gibt es auch mit dem wohl melancholischsten aller Tangofilme, mit Happy Together von Wong Kar-Wai.

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Paul Klee, Semitische Schönheit (Praecision), 1927, 191 (Ausschnitt), Feder und Bleistift auf Papier auf Karton; 43,7/44,2 x 40,4 cm, Zentrum Paul Klee, Bern

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Alther&Zingg Ein filosofisches Gespräch:

«Wir wollen die Welt nicht erforschen, wie sie ist, sondern erfinden, wie sie nicht ist.» Peter Sloterdijk 1987

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Mittwoch, 20. Juni 2007 // 19:00 h tonus-labor, Kramgasse 10 Mitbringen: Ideen, Stimme, Instrumente oder so...


literatur

Ein Spürhund bibliophiler Schätze Ilija Trojanow: Nomade auf vier Kontinenen – auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton.

Sein oder nichtsein einer spezifischen Schweizer Literatur? Dimension2. Focus: Young Swiss Writers.

Ein Plädoyer für die Langsamkeit Ilma Rakusa: Langsamer! – Gegen Atemlosigkeit, Akzeleration und andere Zumutungen. Essay.

■ In seinem fulminanten Erfolg «Der Weltensammler» (2006) hat Ilija Trojanow das Leben Sir Richard Francis Burton (1821-1890) fiktional aufbereitet. Auch «Nomade auf vier Kontinenten» hat wiederum Burton zum Thema, wobei wir uns hier an der Hand Trojanows auf Spurensuche begeben. Trojanow reichert seine eigenen Erlebnisse auf vier Kontinenten – Indien, Arabien, Ostafrika, Europa (Triest) - geschickt mit Orginialtexten Burtons an. Dieses Verfahren führt stellenweise dazu, dass nicht mehr klar ist, ob hier der Autor selbst oder Burton spricht, was aber dem Buch in keiner Weise abträglich ist. Umsomehr als diese Verdichtung deutlich macht, wie wenig sich die Beschreibungen, die doch sage und schreibe an die 150 Jahre trennen, sich manchmal zu unterscheiden vermögen. Auch den Fussnotenfetischismus hat Trojanow von Burton übernommen sowie dessen Eigenheit, wichtige Informationen dort zu verstecken. Nichtsdestotrotz ist das Buch vergnüglich zu lesen und hat, trotz Fussnoten, nur wenig mit einem universitären Lehrwerk gemein. Angesichts Trojanows eigener Biografie wird seine Faszination für Burton offensichtlich: er selbst flüchtete mit seiner Familie aus Sofia nach Westdeutschland, verbrachte einen Grossteil seiner Kindheit in Nairobi und lebte unter anderem mehrere Jahre in Mumbai und Kapstadt. Zurzeit weilt er als Stadtschreiber in Mainz. Auch seine Tätigkeiten als Übersetzer und Verleger (vor allem afrikanischer Literatur) lassen Parallelen zu Burton zu, welcher sein linguistisches mit einem literarischen Interesse verknüpfte und neben Tausendundeiner Nacht auch Kama Sutra ins Englische übersetzte. Das an Anekdoten reiche Werk besticht nebst seinem Variationsreichtum auch durch die schönen Reproduktionen und das aufwendige Druckverfahren. Ein absolutes Must für alle Bibliophilen.

■ In ihrer Einleitung zur Ausgabe «Young Swiss Writers» stellen Romey Sabalius und Michael Wutz die berechtigte Frage nach einer spezifisch Schweizerischen Literatur. In Anbetracht der historischen Entwicklungen im 20. Jahrhundert begründen sie, dass nach der geistigen Landesverteidigung sowie den Rechtfertigungsversuchen Schweizer Autoren in der Nachkriegszeit eine neue freiere Generation herangewachsen ist, welche die Rolle der Schweiz zwar teilweise kritisch reflektiert, diese jedoch nicht immer ins Zentrum ihres Schaffens stellt. Dies wiederspiegelt auch die Textauswahl der aktuellen Ausgabe von «Dimension2», da viele der Texte zwar durchaus typisch schweizerische Befindlichkeiten zum Thema haben, Ruth Schweikerts «Alejandros Katze» oder Milena Mosers «Der Umbau» beispielsweise in Spanien beziehungsweise in San Francisco angesiedelt sind. Obwohl die Textauswahl wie auch die Illustrationen von Yves Netzhammer ansprechend sind, gibt es für den Leser/ die Leserin aus dem deutschsprachigen Raum nicht wirklich Neues zu entdecken, insofern als die meisten Texte bereits in anderen Literaturzeitschriften oder Anthologien gedruckt worden sind. Weiter ist auch zu bemängeln, dass es sich bei den Autoren um zumeist renommierte Schriftsteller Mitte dreissig bis fünfzig handelt, die Entdeckung junger, neuer Autoren also grösstenteils verunmöglicht wird. Berücksichtigt man jedoch das Zielpublikum von «Dimension2», welches sich aus dem englischen Sprachraum rekrutiert, wird deutlich, dass beinahe alle Texte bislang in englischer Sprache nicht zugänglich waren, somit also eine grosser Beitrag geleistet wurde, die Autoren über die Grenzen des deutschen Sprachraums hinaus bekannt zu machen.

■ Ilma Rakusa, eine wahre Dame de Lettre, die in den mannigfaltigsten Zungen spricht und dies in einer nicht zu beschreibenden Perfektion, war am 19. Mai an den Solothurner Literaturtagen zu bewundern. Tochter eines Slowenen und einer Ungarin, verbrachte sie ihre Kindheit in Budapest, Ljubljana und Triest, bevor sie in der Zwingli-Stadt sowohl Volksschule als auch Gymnasium absolvierte. Nach einem Studium der Slawistik und Romanistik ist sie seit 1977 Lehrbeauftragte an der Universität Zürich, freie Übersetzerin sowie Schriftstellerin und Publizistin («NZZ», «Die Zeit»). Ihr 2005 erschienener Essay «Langsamer!» vermittelt einen guten Eindruck ihres präzisen Umgangs mit der Sprache, der sich insbesondere durch seine Verdichtung von Fiktion und Lektüre auszeichnet. Der Essay plädiert in neun Kapiteln – Lektüre, Arbeit, Natur, Geschwindigkeit, Schrift, Auszeit, Musse, Erlebnis, Reise – für das Innehalten, das uns in der heutigen Zeit der multimedialen Verführungen und des permanenten Leistungs- und Erfolgsdrucks abhanden gekommen zu sein scheint. Mit Zitaten Goethes angesichts der bahnbrechenden Erfindung der Eisenbahn macht Rakusa jedoch auch deutlich, dass die Beschleunigung der Welt nicht erst in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat, wenn sie auch heute in besonderer Weise ad absurdum geführt wird. Denn trotz Schnelligkeit gewinnen wir nicht an Zeit, die eingesparte Zeit verwenden wir stets auf andere, dringliche Dinge. Erst eine Verlangsamung ermöglicht es uns innezuhalten. Obwohl Essay bietet er, zumindest sprachlich, einen Vorgeschmack auf das neueste Werk der Autorin, in welchem sie sich fiktional ihrer eigenen Kindheitserinnerungen annähern wird.

Dimension2 – a bilingual Magazine for contemporary German-language literature in English translation. Focus: Young Swiss Writers. Volume 8. Numbers 2&3. ISSN 1072-7655. (sw)

Rakusa, Ilma: Langsamer! – Gegen Atemlosigkeit, Akzeleration und andere Zumutungen. Essay. Literaturverlag Droschl. Graz, Wien 2006. ISBN 385420-692-5. (sw)

Trojanow, Ilija: Nomade auf vier Kontinenten - auf den Spuren von Sir Richard Francis Burton. Eichborn Verlag Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-38128-4756-6. (sw)

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magazin

BERNER KULTURMENSCHEN

a loop is a loop Von Eva Mollet (Bild: Eva Mollet) ■ Peter Aerschmann ist Künstler. Er filmt Alltagsszenen, isoliert daraus Objekte und Menschen mit bestimmten Bewegungsabläufen und legt damit ein ständig wachsendes Bildarchiv an. Aus diesem Fundus gestaltet er Videoinstallationen. Sein Atelier ist im PROGR Bern. Das Fenster mit Blick auf den Waisenhausplatz befindet sich genau unter den grossen Lettern GYMNASIUM. Der Schreibtisch ist belegt mit Zetteln, DVDs, mit einer Videokamera, zwei Bildschirmen und einer Tastatur. An der Steckwand finden sich ausgedruckte Bildkompositionen. Peter ist siebenunddreissig. Seine dunklen Haare werden durch einzelne weisse aufgehellt. Die Nase und die Brauen zeichnen sein Gesicht markant. Computerknow-how Die ersten sechzehn Jahre verbringt Peter auf dem Bauernhof seiner Eltern in Zumholz, Kanton Freiburg - ohne Kunst. Zumholz ist ein Dorf ohne Schule, ohne Kirche. Der Vater hat den Bauernhof von seinem Vater übernommen. Mit vierzehn arbeitet Peter während der ganzen Sommerferien und kauft mit dem Verdienst den legendären C 64. «Ich kannte damals niemanden, der einen Computer hatte. Meine Kollegen aus dem Dorf spielten nächtelang darauf.» Peter interessiert sich fürs Programmieren. Sein erstes Malprogramm «Hi Eddie» tippt er Seite für Seite aus einer Computerzeitschrift ab: Buchstaben und Zahlen. «Ich war im richtigen Alter, ich interessierte mich für die Computertechnik. Die Entwicklung habe ich kontinuierlich miterlebt und mir angeeignet.» 30

Um die Berufswahl hinauszuzögern, besucht Peter mit sechzehn das Gymnasium. In der Freizeit gestaltet er Holzskulpturen und beschäftigt sich weiterhin mit Computern. Im Gymnasium ist er den Lehrern mit seinem Elektronikwissen weit voraus. Nach der Matura besucht er den Vorkurs an der HGK Basel, und nachher absolviert er das Studium zum Zeichenlehrer in Bern. «Ich habe diese Ausbildungen gemacht, weil ich die vielfältigen Gestaltungstechniken lernen wollte.» Er malt viel, später ist er fasziniert von Fotografie und Video. Er lernt Videos zusammenzuschneiden und Animationen zu generieren. Meilensteine auf dem Weg zur Kunst Es entstehen erste freie Werke, und Peter nimmt an Wettbewerben teil. Er denkt, er macht Kunst, aber noch fehlt die Bestätigung der Fachöffentlichkeit. Im Jahr 1999 kann er an der Weihnachtsausstellung in der Kunsthalle Bern teilnehmen. Dadurch bekommt er eine erste Anerkennung. «Ich habe lange nicht geglaubt, dass man mit Videokunst überleben kann.» Das Atelierstipendium des Kantons Freiburg für Berlin und das N. Y.-Stipendium von Bern ermöglichen intensives Arbeiten ohne finanziellen Druck und den Austausch mit anderen Kunstschaffenden. Das Eidgenössische Stipendium eliminiert Peters letzte Zweifel: Es ist Kunst. Ein weiterer Meilenstein ist die Zusammenarbeit mit der Galerie annex14 in Bern. Die Computerinstallation «Hula-Hoop» war u. a. in der Einzelausstellung letzten Monats zu sehen: Die Frau im kur-

zen Kleidchen ist zurechtgemacht wie ein Starlett. Sie trägt glitzernde Silberstiefel und bewegt sich aufreizend mit dem Hula-Hoop-Reifen. Die Strassenkünstlerin aus N. Y. hat Peter während seines Aufenthalts gefilmt und aus dem realen Kontext freigestellt. Im neu konstruierten, virtuellen Raum schiesst die Frau aus dem Boden, als ob ein Lift sie nach oben transportierte. Die Frau wird vervielfältigt und zeitlich versetzt. Aus einer «Hula-Hooperin» ist eine ganze Gruppe entstanden. Der Bewegungsablauf wird als Loop abgespeichert, d. h. eine ausgewählte Bewegung wird in einer minimalen Anzahl von Bildern zu einem Sample. Peters überraschende Bilder In der Videokunst verbindet Peter seine Vorliebe für Technik mit seiner Faszination für Gestaltung. Sein Bildarchiv ist sein Baukasten. «Ich rekonstruiere Situationen der realen Welt, ohne dabei ihre Gesetze zu befolgen: Ein Baum gleitet über den Platz, Hochhäuser wachsen, eine Person erscheint mehrfach.» Sujets aus verschiedenen Orten dieser Welt werden raum- und zeitunabhängig kombiniert und ermöglichen eine genauere Betrachtung von Einzelheiten, die in der Realität untergehen würden. Peter glaubt nicht an ein einziges perfektes Bild. Er programmiert den Rechner so, dass manche Objekte nach dem Zufallsprinzip platziert werden - so kann er sich von seinen eigenen Arbeiten überraschen lassen. www.aerschmann.ch ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


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VON MENSCHEN UND MEDIEN

die saure-gurken-zeit Von Lukas Vogelsang ■ «Studie: Zehn Millionen Deutsche trinken zu viel Alkohol» (82,4 Millionen Einwohner / Anm. Redaktion) - Eine Studie jagt die andere. Mal stimmen die Studien und sagen rot, dann stimmt das Gegenteil und es ist belegt und bewiesen, dass es grün ist – doch schon nach einem Jahr kriegt irgendwer was Neues raus und es wird alles violett. Super. Das fördert und hebt den ohnehin hohen Bildungsgrad in der Bevölkerung. Wir dürfen gar nicht erwähnen, dass diese Studien von unserer angeblichen Elitegesellschaft, den Universitätsgenossen, erstellt werden. Doch viel bedepperter stellen sich die Medien darin an: Die drucken was das Zeug hält – ist schliesslich wissenschaftlich und belegt. Zudem sind solche Studien kurz und falsch genug, um nicht richtig verstanden zu werden. Aber ein paar Millionen LeserInnen schnappen sie jeweils auf und die Studien-Sponsoren reiben sich genüsslich die Hände. Aha, es geht um Geld. Wohl deswegen sind da auch unsere Medien… «Studie: Hoher Lärmpegel in den Schulen Konzentration leidet» - Mit diesen dümmlichen – und notabene wissenschaftlichen – Abhandlungen gedenken vorwiegend jüngere Chefredaktorinnen und Chefredaktoren (man liest eigentlich immer nur von Männern…), die Auflagen und das Interesse beim Publikum zu steigern. Ältere Semester in dieser Branche verhalten sich eher zurückhaltend mit solcher Art von «Shortnews». Denn die jungen Beratungsfirmen, welche heute den Medienunternehensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

mungen zur Seite stehen, kommen aus den heutigen Universitäten. Dort hatten sie gelernt, wie man eine Studie erstellt – egal was zu beweisen war, man kann alles beweisen. Mit Handwerk und Erfahrung hat das schon lange nichts mehr zu tun. Und genau das verkaufen sie den Medien. Und diese verkaufen es der Leserschaft. Und diese verkauft es ihren Kindern. Und diese werden es weiterverkaufen. Ich wette, man könnte dies wissenschaftlich in einer Studie belegen. «Studie: 90 Prozent der US-Babies sitzen vor der Glotze» - Es gibt zwei Kategorien von Journalistinnen und Journalisten: Die einen üben diesen Beruf aus, weil sie Geld verdienen, die anderen, weil sie die Welt erklären wollen. Die eine Kategorie stirbt langsam aus oder wird mundtot gekauft. Die meisten Journalistinnen oder Journalisten welche ich kenne, arbeiten fürs Geld und sind glücklich, dass sie einen Monatslohn haben. Erst danach kommt die Frage über den Inhalt – wenn diese Frage überhaupt noch kommt. Viele drucken den Blödsinn ab, den der Chef oder die Chefin sehen will – wenn’s hoch kommt, lästert man noch auf einem Blog, natürlich anonym. Und weil alles nach dem gleichen Muster abläuft, entscheidet die journalistische Instanz bei einer Meldung nicht mehr nach Sinn und Wahrheit, sondern nach Leseprozent und Unterhaltungswert. Der Journalist und die Journalistin haben sich zu Leser-EntertainerInnen entwickelt. Vor einigen Jahren erklärte mir ein Freund,

dass der Berufsbegriff Journalist abgeschafft und durch «Faxnachrichtenumschreiber» ersetzt werden sollte. Wie Recht er hatte. Und weil Studien auch belegt haben wollen, dass der Mensch nur noch Häppchennachrichten will (neuste Meldungen aus den Medien: Nachrichten werden gar nicht mehr gebracht, das ist noch kürzer!), werden Häppchenzeitungen erstellt. Jetzt gibt’s also diverse Gratis-Morgenzeitungen à la «20-Minuten», dann wird’s Gratis-Mittagszeitungen geben à la «20-Minuten» und etwas später lesen wir den ganzen Gratismüll vom Häppchentag in den Abendzeitungen à la «20-Minuten». Falsch, diese Zeitungen werden ja nicht für die Leserschaft produziert, sondern haben nur den einen Zweck: Aushungern der Konkurrenz. Denn je mehr GratisHäppchenzeitungen es gibt, umso schwieriger wird der Inseratemarkt aufgeteilt. Dass der eine oder andere Verlag aufgeben muss ist das Ziel, nicht mehr die Leserschaft. Und da die Marktstudien irgendwelche unwahren Wahrheiten erzählen (Studie: Schweizer informieren sich über TV-Programm bei Teletext), macht die Presseagentur lässig mit und platziert nach wissenschaftlichen Studien und nicht mehr nach gesundem Menschenverstand. «Studie: Online-Werbung: Stammt Ein Zehntel der Klicks von Betrügern?» Nein, der Betrug ist viel grösser.

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FILOSOFENECKE Von Alther&Zingg

«WIR WOLLEN DIE WELT NICHT ERFORSCHEN, WIE SIE IST, SONDERN ERFINDEN, WIE SIE NICHT IST.» Peter Sloterdijk 1987 ■ Die Welt dreht immer schneller, schrumpft, wird zu einem Dorf. Längst hat sich dieses Gefühl in uns westlich Geprägten niedergelassen. Das technisch Machbare ist zum neuen Fetisch geworden. Nicht, ob sich etwas verwirklichen lässt, ist die Frage, sondern das Wann, Wo und mit wie viel Einsatz von Ressourcen steht im Zentrum. Geklonte Schafe, Liebe und spirituelle Erfahrungen als elektrochemische Vorgänge in unserem Hirn, die weltweite Vernetzung und das Sichtbarmachen des eigenen Lebensraums via Google prägen unser Bewusstsein der Welt. Spätestens mit der Katastrophe von Tschernobyl damals oder dem sich in aller Munde befindenden Klimawandel heute verstehen wir, dass das Grundmuster «bigger, better, faster» nicht das Mass aller Dinge sein kann. Das Zurückbesinnen auf alte Werte und Bilder – manchmal auch gerne fastfood-industriell aufbereitet und vereinfacht – ist eine Folge davon. Uns sogenannt postmodernen Menschen erscheinen die neuen Möglichkeiten und Welten der vergangenen zwei technisch und wissenschaftlich geprägten Jahrhunderte beim Hinschauen und Erfahrbarmachen durchaus auch als Abgründe und Bedrohungen. Gleichzeitig besteht das Dilemma, dass diese mit den vorher bekannten Weltbildern und Ideen nicht einfach so wieder zugeschüttet oder entschärft werden können. Die in die Welt gekommenen Gedanken und Erkenntnisse bleiben, sind Teil unserer Kultur geworden. Nicht in Pessimismus oder systematische Abschottung zu verfallen, sondern das Sowohl-alsauch zu akzeptieren und zu praktizieren, scheint das Gebot der Stunde zu sein. Die menschliche Neugierde weiterzutreiben, ohne dabei den vermeintlichen Ballast der Vergangenheit, das träumerische Element des Menschseins aus den Augen zulassen, ist die Synthese zwischen Diesseitigem und Jenseitigem in der Postmoderne. «Weil der Modernismus unwiderruflich dominiert, kann er es aushalten, durch eine zweite Reflexion und zweite Sensibilisierung auf seine Wirkung hin befragt werden», fordert uns Sloterdijk auf. Eine Aufforderung der wir, Alther&Zingg, zusammen mit Ihnen gerne Folge leisten wollen. Wie üblich im Tonus Musiklabor an der Kramgasse 10, am 20. Juni um 19:00 h. Bringen Sie sich in die Diskussion ein – wenn Sie möchten auch in die anschliessende improvisierte Jam-Session. 32

KULTUR & GESELLSCHAFT

mysteriös & unheimlich: wo ist das opium geblieben? Von Stephan Fuchs ■ Etwas sehr Seltsames ereignet sich derzeit auf dem Opiummarkt: Obwohl so viel wie nie produziert wird, taucht nicht mehr Opium auf dem Markt auf. Wohin über 1500 Tonnen verschwinden, ist ein Rätsel, das demnächst für grossen Ärger sorgen könnte. Der Weltmarkt verbraucht in etwa 4500 Tonnen Opium jährlich. Letztes Jahr produzierte alleine Afghanistan 6100 Tonnen. Das heisst: Afghanistan produziert 30 Prozent mehr als weltweit zur Drogenherstellung gebraucht wird, und Afghanistan ist nicht der einzige Opiumlieferant. Der Heroinpreis sollte, so denkt man, im Keller sein, das ist er aber bei weitem nicht. Kurz nach dem Einmarsch der Amerikaner in Afghanistan stieg der Kilopreis rapide an. Heroin wurde zehnmal teurer. Jetzt, nach sechsjähriger Besetzung des Landes und einer gewaltigen Produktionssteigerung, sollte das Heroin eigentlich wieder auf ein Rekordtief gefallen sein. In Erwartung einer noch grösseren Ernte für 2007 sollte das Opium und Heroin so billig zu haben sein wie nie zuvor. Bunkern die Opiumbauern das Rohmaterial? Zurzeit ist das Kilo Opium an der Grenze Afghanistans je nach Kaufregion für 125 US-Dollar zu haben. Im Dezember war das Kilo 150 US-Dollar, die Produktion verdoppelte sich seit 2005 aber. Um die Lagerbestände kleinzukriegen, sollte das Kilo jetzt also viel billiger sein. Der Heroinpreis in Europa und Amerika ist aber stabil geblieben, was auch heisst, dass es nicht mehr Junkies gibt, wie auch die Statistik bestätigt. Der Stoff ist zwar ein wenig reiner, weshalb man auch in Bern schon mal Junkies sieht, die mit verstreuten Heroin-Tüten am Boden liegen – ein Zeichen, dass der Stoff weniger gestreckt ist. Der Absatzmarkt in Europa und Amerika ist somit nicht grösser geworden. Ist das nicht merkwürdig? Gibt es in Afrika oder Asien einen neuen Absatzmarkt? Nein, denn ein neuer Markt, der mehr als 1500 Tonnen reines Opium verschlingt, würde eine Welle an Herointoten in diesen Ländern auslö-

sen. Das war nicht zu beobachten. Es gibt schlichtweg nicht mehr Heroinsüchtige als vorher. Bunkern die Opiumbauern das Rohmaterial? Wohl kaum. Opium hat zwar, nicht wie Kokain, eine lange Lebensdauer und kann so gut als finanzielle Sicherheit gelagert werden. Aber weshalb sollten arme afghanische Bauern das Opium im Wert von einer Milliarde US-Dollar plötzlich, einem Kommando gleich, lagern und zurückhalten? Warum sollten lokale Kriegs-und Opiumfürsten auf dringend benötigte Gelder für Schutz und Waffen verzichten? Das Opium wird also verkauft und dafür werden, den Bauern zur Freude, von irgendjemandem überhöhte Preise bezahlt. Warum sollten die Abnehmer den Bauern überhöhte Preise bezahlen? Selbstverständlich lebt auch der Terrorismus vom Drogenhandel, wie am Beispiel der UCK im Kosovokrieg detailliert gezeigt werden konnte: Über die Balkanroute sickerte das Heroin in metrischen Tonnen nach Westeuropa. Der Drogenhandel wurde seit 1990 dazu benutzt, die bosnische Armee und die Kosovo Befreiungsarmee (UCK) zu finanzieren und auszurüsten. Jane‘s Defense Weekly bestätigt in diesem Zusammenhang auch, dass Al-Qaida-Gruppen damit gut verdienen. Opium zahlt für Schutz, für Waffen, für die Fusssoldaten und für Operationen. Bei aller physischer und psychologischer Gewalt terroristischer Gruppen, die Entscheidungsgewalt, ob Milliarden US-Dollars auf Halteposition stehen können, liegt wohl nicht bei ihnen. Dabei ist es atemberaubend zu beobachten, dass der Markt absolut zentralistisch organisiert sein muss. Wenn es auf globaler Ebene gelingt, das Regime der Verteilung und der gesteuerten Preisstrategie duchzusetzen, dann muss eine mächtige Organisation dahinterstehen, von der wir noch einiges zu hören bekommen könnten. Aber ob das tatsächlich Al-Qaida ist? Kann sich Al-Qaida erlauben, Milliarden von US-Dollars zurückzuhalten? Wohl kaum.

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KULTUR & GESELLSCHAFT

ein winziger ausschnitt projizierter realität Von Peter J. Betts ■ Ein winziger Ausschnitt projizierter Realität im Rückspiegel. Der Fahrer hinter mir: Mittdreissiger, reglos, hager, blass, anscheinend (scheinbar?) konzentriert und zugleich ohne Ausdruck, die Hände fahrschulkonform am Lenkrad. Er hat es ebenfalls geschafft, noch bei grün unter der Ampel durchzuschlüpfen. Die Kolonne hält, Grünlicht hin oder her bewegt sie sich dann in Schüben von etwa drei Wagenlängen: Morgenverkehr, stadteinwärts. Beim nächsten Halt – Blick in den Rückspiegel: Der reglose Mitdreissiger nach wie vor ungerührt. Die Beifahrerin: etwas kleiner, entschieden jünger, die linke Schulter vorn gegen die Tür gepresst, die rechte gegen die Mitte des Beifahrersitzes, angeregt auf den Piloten einredend, lebhaft, lächelnd, heiter, das Gespräch mit beiden Händen untermalend. Im Autoradio DRS3? Kaum: weder er noch sie vibrieren zu einem Rhythmus. DRS1? Gut möglich. Drei Wagenlängen später, zwei Wagen vor der Eisenbahnbrücke: Kein Szenenwechsel hinten. Der Fahrer unbeweglich, aufs Ziel fixiert. Die Beifahrerin aus etwas südlicheren Gefilden? Auch ihre klischeehaft mandelförmigen, braunen Augen lächeln, pfeilen hin und her, suchen den Partner zu erreichen, wie die durch ihre Hände in die Luft gezeichneten Figuren und wohl ihre Worte. Aus meinem Radio erklingt der Schlussteil einer Beethoven-Klaviersonate. Meine Kühlerhaube guckt unter der Eisenbahnbrücke hinaus. Im Rückspiegel: kein Szenenwechsel. Moment, doch: Seine Lippen bewegen sich. Nur die Lippen. Keine Änderung des Gesichtsausdruckes. Sie lässt die Hände sinken. Keine Änderung ihres Gesichtsausdruckes. Drei Wagenlängen später: er, wie immer. Sie spricht, lächelt, blickt hin und her. Er, wie immer. Mit der Rechten tastet sie sanft nach seinem Kinn. Hat er wirklich den Kopf geschüttelt? Seine Lippen wenigstens haben sich mit Sicherheit bewegt. Der Wagen vor mir fährt an. Das Konzert bei mir wird durch die Nachrichtensprecherin unterbrochen. Als Kolonnenvorderster bleibe ich stehen. Im Rückspiegel sieht er aus wie immer, noch kein Milliardär. Sie hält den Kopf mit beiden Händen. Ihr Mund lächelt nicht. Sie spricht nicht. Ihre Augen weit. Das Gesicht glatt. Keine Milliardärin. Vielleicht denkt sie über einen interessanten Vorschlag nach? Eine alltägliche Kommunikationspanne? Kommunikation: Trotz aller Mittel und Möglichkeiten halt nicht immer einfach. Nicht zuletzt, weil es möglich sein müsste, dass zwischen Menschen etwas Menschliches ist, direkt. Ich fahre dem Metro-Parking entgegen. Ruhezone für Beweglichensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

keit in der Metropole. Im Rückspiegel das riesige, glänzende Kühlergitter des Coop-City-Lastwagens, der mich von meiner Begleitung der letzten paar hundert Meter getrennt hat. Warum sehe ich ganz klar vor mir Edvard Munchs Lithographie «Der Schrei»? Ich fahre parallel zum Kunstmuseum, nur weiter oben. Sie kann es ja nicht gewesen sein. Bestimmt nicht. Ihr Mund war geschlossen. Sie hatte kurzes Haar. Nichts Nordisches. Das Museum, natürlich! Vom Museum war doch vorhin in der Vorauszusammenfassung der Radionachrichten die Rede gewesen. Und zu Hause war mir noch vor der Abfahrt auf der ersten Seite einer Tageszeitung die Schlagzeile aufgefallen: «Neues Ausbauprojekt für das Kunstmuseum». Den Artikel im Zeitungsinnern hatte ich mir für später aufgespart, weil mich die andere Schlagzeile mehr ansprach, nicht wegen der Alliteration: «Populist und Putschist», sondern wegen des grossen Farbbildes, das einen lachenden Jelzin zeigt und einen Clinton, der «vor Lachen platzt». Aus dem Kommentar von Daniel Goldstein erhoffe ich mir spätere Klarheit darüber, welcher der beiden der Populist und welcher der Putschist sei, nicht zuletzt wegen seines Titels, «Bärendienste für die Demokratie»; welcher der beiden an einem Herzversagen verschieden war, hatte ich schon vorher in den Abendnachrichten gehört, zusammen mit der denkwürdigen Wertung Bushs... Es war mir vor meiner Abfahrt also nur wenig Zeit geblieben (wann kann man endlich das ganze Blättlein in zwanzig Minuten vollumfänglich konsumieren?), die «Vorschau» über das Kunstmuseum auf der Frontseite zu überfliegen: Der seit bald zwanzig Jahren geplante Bau einer Abteilung Gegenwart am Kunstmuseum Bern sei seiner Realisierung nähergerückt; das zweitklassierte Projekt verstosse grundsätzlich nicht gegen die Auflagen der Denkmalpflege; der Stiftungsrat habe sich entschieden, dieses Projekt weiterzuverfolgen; der Museumsdirektor freue sich auf die höchst fällige Eröffnung der neuen Abteilung; was der Mäzen der Abteilung Gegenwart am Kunstmuseum (falls ich mich richtig erinnere, war ursprünglich ein «Museum für Gegenwartskunst» geplant gewesen, aber das ist sicher eine andere Geschichte) vom Ganzen halte, sei nicht bekannt. Kommunikation. Kommunikation? Deshalb Munch! Deshalb «der Schrei». Und eben höre ich die Stimme eines alternden Mannes im Radio. Nein, er schreit nicht. Sicher, das Alter hört man ihm an. Und man hört das, was die Königin von England vielleicht so ausdrücken würde: «We are not amused.» Es ist Herr

Hansjörg Wyss, der milliardenschwere Noch-Mäzen. Er sei vom Siegerprojekt überzeugt gewesen, sagt er, die Haltung der Denkmalpflege habe er nie nachvollziehen können, und die Kommunikation mit – der Stadt? dem Stiftungsrat? (verzeihen Sie bitte, der Radioempfang im Parkhaus ist auch nicht überall optimal) befriedige ihn auch nicht vollumfänglich. Ja, de facto schon, aber offiziell habe er seine zwanzig Millionen Franken noch nicht zurückgezogen. Kommunikation, zum Schreien! Ich verstehe sogar seine Haltung, seine Empörung. Ich schliesse den Wagen ab, steige die Treppe hoch in die freie Luft. Markttag. Ich gehe ein paar Schritte nach rechts. Unmittelbar vor mir Meret Oppenheims Brunnensäule: «Dem Leben in wenig lebensförderlicher Umgebung gewidmet». Damals von vielen, vielen, vielen bekämpft. Heute akzeptiert? Toleriert? Übersehen? Nicht bedrohter als anderes in der Metropole. Aber bewachsen, und zwar nicht mit dem bewusst Angepflanzten (das ist glücklicherweise grösstenteils eingegangen), sondern mit dem, was dort wachsen wollte und den entsprechenden Überlebenskampf erfolgreich geführt hat. Links von mir das alte Progymnasium, ursprünglich für die Neunutzung zum Unterbringen der Schenkung der Paul-Klee-Bilder gedacht, bevor ein (anderer) Mäzen seine Millionen für die Stadt entscheiden liess. Vor mir das alte Waisenhaus: Hauptwache. Zwischen beiden Gebäuden das Kunstmuseum, möglicherweise künftig mit einer Abteilung für Gegenwart. Wie kommuniziert man wirkungsvoll mit Mäzenen? Eine Frage der Kommunikationstechnologie? Ich werde die Szene im Autorückspiegel nicht los. Wenn einseitig liebevoll, eindringlich - wie vorhin im Rückspiegel, aber ohne das Menschliche dazwischen, misslingt Kommunikation öfters. Führt vielleicht ein Ehrenbürgerrecht zu: «Seid umschlungen, Millionen!»? Anderseits: Ist es im zweiten Akt von Friedrich Dürrenmatts «Der Besuch der alten Dame», dass alle beginnen, gelbe Schuhe zu tragen? Wann und wie wussten plötzlich alle, dass es sich gehörte, gelbe Schuhe zu tragen? Die «Alte Dame», Schlüssel zu einem Kommunikationsprogramm, das den Erfolg im Umgang mit Mäzeninnen und Mäzenen sichert? Über wessen Leiche hinweg auch immer, Ill kann ja nicht mehr als Opfer herhalten. Es wäre nützlich, den «Besuch der alten Dame» wieder einmal zu lesen. Nicht nur, um die Mechanismen und Folgen des Mäzenats zu nutzen. Aber eben, der Blick in den Rückspiegel bietet immer nur einen winzigen Ausschnitt der projizierten Realität. 33


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REISEZIEL HOTEL

l’aubier – oase der sinne Von Andrea Baumann

Bilder: zVg.

■ Vor 27 Jahren wurde der Grundstein gelegt, um das biodynamische Projekt L’Aubier in Montezillon oberhalb Neuchâtel zu begründen. Wohin dies konkret führen sollte, war offen. Zuerst gab es das Bauernhaus und die Landwirtschaft. Der Hof wurde neu nach biodynamischen Kriterien geführt. Hinzu kam ein Restaurant, das erste ökologische Restaurant der Westschweiz. Die Lage ist zauberhaft: Eingebettet zwischen dem Neuenburger Jura mit seinen saftigen Weiden und unzähligen Wanderrouten sowie freiem Blick auf den Neuenburgersee. Der ideale Ort für einen Erholungsurlaub. So nahm die Geschichte ihren Lauf; zum Bauernhof und Restaurant gesellte sich ein Hotelbetrieb. Weitere Ideen entstanden und werden umgesetzt. So etwa «Les murmures», ein Projekt, das «Wohnen à la carte» für Menschen im Dritten Lebensabschnitt anbieten soll. Überraschende Wege gehen Noch nicht vor allzu langer Zeit wurden Befürworter von ökologischen Initiativen als Spinner betrachtet. Auch setzte sich das Bild von Jutesäcken, Wollpullovern, Birkenstock und Schmuddellook hartnäckig in den Köpfen fest. Heute sind es keine Spinner mehr, sondern Boomer. Eine immer breiter werdende Gesellschaftsschicht in den Städten, die sogenannten LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability), unterstützen den ÖkoTrend. Anita Grandjean erinnert sich schmunzelnd an die Restauranteröffnung im Jahre 1984: «Getreu dem Motto assez chic pas freak – wussten wir, dass wir unsere Gäste mit weissen Tischdecken, Stoffservietten und erstklassigem Service überraschen und somit hoffentlich Vorurteile wegräumen können». Die Rechnung ging auf und das Restaurant florierte. Überraschend ist auch die Geschäftsform des Betriebes. 1984 als Stiftung gegründet, wird 34

L’Aubier später als Aktiengesellschaft eingetragen. Eine seltene Form für alternative Unternehmen. Marc Desaules, Mitbegründer und Verantwortlich für Struktur und Finanzierung, bezeichnet in einem Jahresbericht zwei Impulse als wegweisend für L’Aubier: Zum einen die Arbeit an der Erde und zum anderen die Arbeit mit dem Geld. Man stelle sich vor, dass die Erweiterungen von Bauernhof über Restaurant und später Hotel mit enormen finanziellen Investitionen verbunden waren. Je nach Wirtschaftslage waren die Banken nicht bereit, entsprechende Kredite zu gewähren. Gezwungenermassen musste eine andere Lösung gefunden werden. Et voilà: Die L’Aubier S.A. wurde gegründet. Dass diese Aktienegesellschaft keine Dividenden ausschütten kann, war klar. Die Aktionäre unterstützten anfänglich das Unternehmen vorwiegend aus einer ideelen Motivation heraus: etwas Gutes für den Planeten Erde und somit für die Zukunft zu tun. Im Zuge der Globalisierung und der Öffnung der Aktienmärkte für Private, musste wiederum umgedacht werden. Es machte sich nun eine andere Mentalität bemerkbar. Die Investoren wünschten fortan, eine mögliche Rendite in Ausicht zu haben. Dem Zeitgeist nicht verschlossen, bietet L’Aubier heute eine Palette von ökologischen Investmentmöglichkeiten an. Darunter Aktien, Obligationen oder Partizipationsscheine. Zum Thema Aktiengesellschaft organisierte L’Aubier auch schon Seminare. Die ausgeschriebenen Tagungen werden hingegen meistens von externen Veranstaltern organisiert. «Die Beliebtheit der Seminare nahm dermassen zu», berichtet Anita Grandjean, «so dass wir mehr Übernachtungsmöglichkeiten anbieten mussten». Auch in diesem Punkt scheint die Zeit für L’Aubier gearbeitet zu haben. Just vor der Expo02-Eröffnung, weihte das Hotel

zehn Pavillons mit atemberaubender Sicht über den See ein. Die Expo02 brachte viele, neue Gäste in die Neuenburger Region. Nach der Ausstellung musste die Hotellerie der Drei-Seen-Landschaft einen Rückgang erdulden. Anita Grandjean dazu: «Es schien als hätte die gesamte Deutschschweiz die Region besucht und zugleich abgehackt». Heute erholt sich die Gegend wieder und freut sich über neue als auch rückkehrende Gäste. Halbe Kühe gibt es nicht Alle Zimmer sind rauchfrei und äusserst stilvoll eingerichtet. Einen Fernseher oder ein Telefon sucht man vergebens. Mehr als entschädigt werden die Gäste mit erholsamer Ruhe und Ausblicke in die Natur. Das Rundum-Wohlbefinden wird durch Gaumenfreuden komplettiert. Die Gerichte werden saisonal mit besten biodynamischen und biologischen Zutaten vom Hof und vom Markt zubereitet. Vom Tier wird alles verwertet und nicht wie häufig anzutreffen ist, nur die hinteren, teuren Teile, denn halbe Kühe gibt es nicht. Auf der Speisekarte stehen deshalb drei Kategorien von Fleisch zur Auswahl: Uno steht für die teuren Stücke wie etwa Filet, Due für die mittleren und Tre für die minderen, aus denen zum Beispiel «Ghacktes» verarbeitet wird. Beliebt sind auch die verschiedenen Siruparomen, Säfte und hausgemachten Desserts. Da bleibt nur noch zu sagen: Bon appétit! Parallel zum Rundum-Wohlbefinden teilt L’Aubier mit seinen Gästen ein Rundum-Bewusstsein. Zur ökologischen Umsetzung zählen die Wahl von natürlichen Bau- und Ausstattungsmaterialien, die Heutrocknung mit einer Sonnenkollektoranlage, die Verwertung von Regenwasser für alle Waschmaschinen und WCs, die Gewinnung eines Viertels des Stromverbrauchs durch ein Heizkraftwerk, den ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


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optimalen Einsatz von Gas statt Elektrizität sowie die Wärmerückgewinnung aus allen Kühl- und Belüftungsanlagen. L‘Aubier hat 1994 für diese Massnahmen u. a. den ersten Preis des «Öko-Hotel des Jahres» in der Schweiz erhalten. Und im November 2003 wurde der Betrieb mit den «5 Steinböcken» ausgezeichnet, das Maximum des neuen Labels für ein nachhaltiges Management in der Schweizer Hotellerie. Les Murailles 5 CH-2037 Montezillon / Neuchâtel (Schweiz) E-Mail: accueil@aubier.ch Tel.: +41 32 732 22 11 Fax: +41 32 732 22 00 Preise zwischen CHF 125.00 bis 260.00 Anreise: Zug: 20 Min. ab Neuchâtel, Linie Neuchâtel La Chaux-de-Fonds, Halt «Montmollin-Montezillon». Dann 10 Min. zu Fuss. Bus: 15 Min. ab Neuchâtel (Haltestelle vor dem Bahnhof), Linie Neuchâtel - Le Locle, Halt «Montmollin». Dann drei Minuten bis zum Bahnhof, anschliessend wie oben beschrieben. Auto: 10 Min. ab Neuchâtel. Pontarlier folgen. Im ersten Waldstück nach Corcelles Abzweigung nach rechts nehmen, der Strasse folgen. Grosser Parkplatz. ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07

HEIMWEH! ■ Cristina Teuscher hat sich in den letzten drei Jahren als Regieassistentin am Stadttheater Bern mit dem Thema Musiktheater auseinandergesetzt. Zusammen mit dem Musiker Franz Klee fand sich ein kreativer Weg zwischen zeitgenössischer Kunst und Theater. Aus einem vorangehenden Projekt vom vergangenen Frühling mit ausschliesslich Kompositionen von John Cage entstand der Wunsch, sich nochmals mit den «Song Books» zu beschäftigen. Das Konzept des Abends sind Verschachtelungen und Überlappungen und bewegt sich zwischen normal und nicht-normal. Thema: Im Janácek Liederzyklus verliebt sich ein normaler Bauernbursche in eine Zigeunerin und bricht aus seiner angestammten Welt aus. Ernst Herbeck ist ein «verrückter» Dichter, doch seine Gedankenwelt erscheint uns vertraut. In «Song Books» bewegen sich ganz normale Menschen und erscheinen uns fremd. Es klingt sehr spannend! Heimweh – ein musikalisches Theater Freitag, 22. Juni / 20:30 h & Samstag 23. Juni / 19:30 - Im «Casino» des Psychiatriezentrums Münsingen PZM.

WAS RÖMER NÄCHTE WUNDERBAR MACHT Von Eva Pfirter ■ Pizza, die frisch aus dem Ofen kommt und fast nichts kostet. Nachtbusse, die viel zu schnell übers Kopfsteinpflaster im centro storico sausen. Nachtbusse, die einen fast vor die Haustür fahren. Nachtbusse, die einen vor der Haustür aussteigen lassen, weil der Chauffeur voll easy ist. Buschauffeure, die einen vor dem Untergang am einsamen Stadtrand bewahren und eine Extrafahrt zurück in die Zivilisation unternehmen, weil sie eine 23-jährige Tochter haben und sich nicht wünschen, dass diese so enden würde. Buschauffeure, die während der Extrafahrt eine väterliche Moralpredigt halten. Das Dolce Notte in San Lorenzo, eine der wunderbarsten Erfindungen der Nacht, das ab 23 Uhr frische Pains au Chocolat und Muffins verkauft. Lorena, die das Dolce Notte liebt. Lokale, die erst um fünf Uhr morgens schliessen. Konzerteintritte, die nur fünf Euro kosten. Lokale, die Leitungswasser gratis zur Verfügung stellen. Centri culturali, deren Türen weit offenstehen. Napoletanische Lieder. Musiker, die eigentlich Schauspieler sind. Der jüdische Bäckermeister hinter dem Rialto Sant’Ambrogio, der cornetti verschenkt. Renaissance-Brunnen, die man endlich plätschern hört. Der Jazz-Saxophonist auf der Ponte Fabricio, der Poesie über den Tiber haucht. Das selbstgebastelte Sonnendach des Jazz-Saxophonisten auf der Ponte Fabricio. Die stille Tiberinsel. Der Trevibrunnen ohne Amerikaner, Japaner und Australier. Fussgängerzonen. Rum e pera. Das 1.-MaiKonzert. Helle Kirchenfassaden, die in die Nacht hinausleuchten. San Giovanni in Laterno. Gelaterien, die bis nach Mitternacht offen sind. Scopa spielen lernen. Morgens um fünf scopa-Meisterin sein. Lebhafte Strassen, auch nachts. Die Kübelmänner, die punkt halb eins die Container unter meinem Balkon leeren, einen Riesenkrach machen und ohne die aber etwas fehlen würde. Carabinieri, die einem zu jeder Tages- und Nachtzeit den Weg zeigen. Schöne Carabinieri. Barkeeper, die einen trotz Grossstadt wiedererkennen und wie alte Freunde begrüssen. Trattorien, die auch um Mitternacht noch Pasta servieren. Uhren, die nicht stimmen. Uhren, die nebeneinanderstehen und verschiedene Zeiten anzeigen. Orari sballati, verschobene Tagesrhythmen, wie die Römer sagen. Bars, die durchgehend frische Cornetti anbieten. Bars, welche die Nacht aus- und den Tag einläuten.

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ensuite - kulturmagazin Nr. 54/55 | Juni 07


artensuite ar nsuite nr. 06 / 2007

Titelseite: Paul Camenisch Landschaft bei Davos, 1922, テ僕 auf Leinwand, 115 x 140 cm, Sammlung Anliker / weiter Seite 39

Mit anderen Augen sehen lernen 38 | Das Erbe der Bテシndner Berge 39 | Visualisierte Denkprozesse 40 | Kunst im Buch 41 | Galerienseiten 42/43 | ツォI think that everything I make is politicalツサ 45 | Ach, das Scheitern liegt so nah 46 | Berner Galerien 47 | Augenspiel 50 | Impressum 50 | Berner Museen Bern / Biel / Thun 51


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Steve Bloom, Zebras, Etosha National Park, Namibia © Steve Bloom

Mit anderen Augen sehen lernen «haarsträubend» TierMensch-Kommunikation Museum für Kommunikation, Bern, Helvetiastrasse 16. Geöffnet Dienstag und Donnerstag bis Sonntag 10:00-17:00 h, Mittwoch 10:0019:00 h. Bis 1. Juli.

■ Haben Kühe ein Selbstbewusstsein? Mit dem Ohr am Hörrohr, den Blick auf einen kleinen Bildschirm geheftet, begleitet man einen interkulturellen Austausch über die Frage nach dem wahren Seelenleben der Kuh. Ein Exkurs, der den Blick verändert und den dribbelstarken Paarhufer im Spot der Schweizer MilchwirtNicola Schröder schaft auf der Leinwand daneben in ein anderes Licht rückt. Entlockte der Anblick dem eintretenden Besucher eben noch ein Schmunzeln, betrachtet er ihn nun möglicherweise mit der Frage, ob ein solcher Werbefilm auf der anderen Seite der Welt die gleiche Reaktion hervorrufen würde. Schon auf den allerersten Metern des breiten Holzstegs, der den Weg durch die derzeitige Sonderausstellung des Museums für Kommunikation weist, wird klar, dass es sich in der Kommunikation von Tier und Mensch um ein vielschichtiges Thema mit unendlichen Facetten und Perspektiven handelt. Geht es doch nicht nur um die Beziehung von Mensch und Tier, sondern auch um die Interaktion von Tieren untereinander. Gesäumt von Kies und metallenem Dickicht bahnt der Steg dem Interessierten einen Weg durch diesen Facettenreichtum, der mit Geräuschen, Gerüchen und Tasterlebnissen lockt. Man lernt Claudio, den klavierspielenden Hund von Erika Mann-Borgese nebst seinem originellen Hundeklavier, kennen und trifft auf den ehemals sprachbegabten Papagei aus dem Besitz Alexander von Humboldts. Gegenüber wird der Unterschied und Sinn von Mimikry und Mimese vorgeführt und

anhand einer Farborgel präparierter Vogelkörper die Ausdruckskraft schillernder Gefieder erfahrbar gemacht. Das seltene Sumatra-Nashorn wiederum erstaunt durch seine ausgefeilte Technik, sonderbare Knoten im Dschungel-Schilf zu hinterlassen, deren Bedeutung auch im modernen Zeitalter der Kommunikation noch nicht entschlüsselt werden konnten. Im Tunnel, der die Ausstellungsflächen des Museums für Kommunikation mit dem Naturhistorischen Museum für diese Gemeinschaftsausstellung verbindet, warten Geruchsproben, die auch ohne ihre Beschriftung schnell ihren natürlichen Sinn verraten. Betört durch einen zurückhaltenden Moschusduft kann man sich dort mit einem kräftigen Skunk-Aroma den Geruchssinn bis auf Weiteres lahm legen lassen, der aber rechtzeitig wieder funktioniert, um zu lernen, dass ein Ameisenbau nach Zitrone duftet. Rücklings auf grosse Kissen gebettet lässt man in einer Jurte Wale über sich hinwegziehen und belauscht halb dösend deren Gesänge. Kann man sich hier wieder losreissen, warten weitere Stationen, mit Videos von Tierforschern oder Kabinen mit tierischen Therapeuten und therapierten Tieren. Eine Ameisenstadt mit echten Bewohnern gewährt Einblick in ihre Arbeitswelt und sogar die durchorganisierte Entsorgung ihrer Verblichenen auf einem ordentlich abgegrenzten Ameisen-Friedhof. Selbst wer die Welt immer schon mal mit anderen, nämlich tierischen Augen sehen wollte, findet hier in eigens eingerichteten Schaukästen die Gelegenheit dazu. Mit all ihren Informationen, sinnlichen Eindrücken und Geschichten bietet diese Ausstel-

lung ein Repertoire, das als ästhetische Schule kaum zu überbieten ist. Angeboten in überschaubaren Portionen ist selbst für die allerkleinsten Besucher überall etwas zu entdecken. Mit allen Sinnen kann Museum hier als erlebbar und spannend erfahren werden. Ein Ansatz, der auch das Bild der Dauerausstellung «nah und fern: Menschen und ihre Medien» prägt. Wer erfahren will, welcher Kommunikationstyp in ihm steckt oder wie sich die Menschen ohne Natel und EMail verständigten, hat hier die Gelegenheit zu schauen, anzufassen und auszuprobieren. So erstaunt es zu sehen, dass Kinder heute unbeholfen an einem 70er-Jahre-Telefon mit Wählscheibe herumprobieren, während ältere Semester sich freuen, ein Radio ihrer Jugend als Exponat einer Ausstellung wiederzutreffen. Die Geschichte der Kommunikation und die Entwicklung ihrer Medien sind bunt und finden sich hier ebenso umgesetzt. Im laufenden Jahr 2007 feiert das Museum für Kommunikation in Bern seinen 100. Geburtstag und lud aus diesem Anlass am 12. und 13. Mai zu einem Wochenende der offenen Tür ein. Mit einem Rahmenprogramm, das sich über Livemusik, OldtimerPostauto-Rundfahrten und Märchenstunden erstreckte, wurden gleich zwei neue Dauerausstellungen eröffnet. Die Schau «As Time Goes Byte» zur Entwicklung der digitalen Kultur sowie «Bilder, die haften» über die Geschichte der Briefmarke ergänzen die bisherige Dauerausstellung. Das Museum hat damit dem Vorhaben Rechnung getragen, eine Wandlung vom technikorientierten zum kulturhistorischen Museum zu vollziehen. artensuite Juni 06 | 07


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Ernst Ludwig Kirchner, Alpsonntag (Szene am Brunnen), 1923–1925, Öl auf Leinwand, 168 x 400 cm, Kunstmuseum Bern

Das Erbe der Bündner Bergwelt ■ «Expressionismus aus den Bergen» nennt das Kunstmuseum Bern seine diesjährige Sommerausstellung, die sich auf das in Davos entstandene Werk Ernst Ludwig Kirchners (18801938) und seiner Künstlerfreunde konzentriert und eine grosse Auswahl an Gemälden, Holzskulpturen und druckgrafischen Arbeiten versammelt. Kirchner, der 1905 die Dresdner Künstlergruppe «Die Brücke» mitbegründete und somit als früher Protagonist des deutschen Expressionismus auftrat, kam 1917 als psychisch und physisch Kriegsversehrter nach Davos. Seine Genesung ging mit tiefen Eindrücken der faszinierenden Bergwelt und seiner Bewohner einher, es beginnt eine anregende künstlerische Schaffensphase. Es entstehen zahlreiche Landschaftsbilder, die weniger dem impulsiven, schraffurartigen Pinselstrich seiner früheren grossstädtischen Strassenszenen verpflichtet sind, sondern eine insgesamt ruhigere und monumentalere Malweise darstellen. Die meist grossformatigen Kompositionen mit Wiesen, Baumgruppen und Berggipfel, die sich zu ornamentalen Flächen mit scharfen Konturen ordnen, wirken ausgeglichen, obwohl eine intensive, anaturalistische Farbigkeit, vorwiegend in Grün-, Blau-, Lila- und Rosatönen, eine fremd- und neuartige Bergwelt erscheinen lässt. Seine Bilder sind gekennzeichnet von einem dekorativen, immer gegenständlichen, aber stark abstrahierenden Stil. In Davos lernte Kirchner bald die ebenfalls zur Genesung angereisten Künstler Philipp Bauknecht (18841933) und Jan Wiegers (1893-1959) kennen. Der Deutsche Bauknecht artensuite Juni 06 | 07

hatte sich bereits als Autodidakt eine eigene, expressionistische Malweise angeeignet. In welcher Art sich Kirchner und Bauknecht beeinflussten, ist umstritten, Kirchner unterstützte ihn jedenfalls in seiner Karriere und vermittelte ihm Ausstellungsmöglichkeiten. Der Holländer Wiegers fand in Kirchner einen Geistesverwandten, nahm dessen Formensprache auf und vermittelte sie später in Holland der Groninger Künstlergruppe «De Ploeg», worauf dort eine expressionistische Bewegung entstand. Wiegers und Bauknecht adaptierten Kirchners Stil, ohne jedoch wie ihr Vorbild der topografischen Genauigkeit der Bergumgebung in ihren Arbeiten verpflichtet zu sein. Als Kirchner 1923 in der Basler Kunsthalle ausstellte, lernte er die Künstler Albert Müller (1897-1926) und Hermann Scherer (1893-1927) kennen. Beide besuchten ihr neues Vorbild mehrmals in den Bündner Bergen und übernahmen ebenfalls seine Bildsprache. Mit Paul Camenisch (1893-1970), der Kirchner ebenfalls besuchen sollte, gründeten sie in der Neujahrsnacht 1924/25 in Obino die Künstlervereinigung «Rot-Blau», später trat ihnen Werner Neuhaus noch bei. Mit dieser Not- und Schicksalsgemeinschaft wollten die vier Künstler einen Gegenpol zu den «Dunkeltonigen» bilden und erhofften sich, in der Kunstszene besser Fuss fassen zu können. Die Mendrisiotto-Landschaften dieser Gruppe bilden eine Gegenwelt zu den in Davos unter Kirchners nachhaltiger Wirkung entstandenen Werken. Müller, Scherer und Camenisch arbeiteten sehr präzis nach Kirchner,

Camenischs Gemälde wirken jedoch oft übertrieben und manieristisch, Scherer wurde schon bald als «sklavischer Nachahmer» beschimpft, obwohl vor allem seinen Holzskulpturen schöpferisches Potenzial zukommt. Müller ging am reflektiertesten und intellektuellsten mit Kirchners Werk um, hier kann von einem eigentlichen künstlerischen Austausch gesprochen werden. Kirchner, das grosse Vorbild, von welchem die entscheidenden Impulse als Figuren- und Formenerfinder ausgingen, fühlte sich bald von seinen Bewunderern nachgeahmt und hatte Angst, in den Schatten gestellt zu werden. Dennoch waren Freundschaft und Nähe wichtig und inspirierend, wie an den zahlreichen Einzel- und Gruppenbildnissen zu sehen ist. Die von Samuel Vitali kuratierte Schau setzt einerseits viel daran, dem Betrachter das kreative, aber auch problematische künstlerische Verhältnis zwischen Kirchner und seinen Schülern und Bewunderern deutlich zu machen. Durch die unmittelbare Gegenüberstellung der Gemälde ergibt sich die wunderbare Möglichkeit, Analogien und Unterschiede im Werk der sechs expressionistischen Künstler direkt nachzuvollziehen. Andererseits vermittelt die Ausstellung auch eine interessante, spannungsreiche Interaktion von Bild, Farbe und Raum. Durch das Farbkonzept in den verschiedenen Ausstellungsräumen wird dem Besucher auf anregende Weise vor Augen geführt, wie Farben aufeinander wirken und in einen Dialog zu stehen kommen, aber vielleicht auch die Aussagekraft eines Gemäldes verändern können. (mm)

Expressionismus aus den Bergen. Kirchner, Bauknecht, Wiegers und die Gruppe RotBlau Kunstmuseum Bern, Hodlerstrasse 8-12. Geöffnet Dienstag 10:00-21:00 h. Mittwoch bis Sonntag 10:0017:00 h. Bis 19. August.


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Ueli Berger, Zeichnung, 2005, Mikrofotografie, 92 x 125 cm

Visualisierte Denkprozesse Ueli Berger: Alles in Allem - Arbeiten auf Papier 1967 - 2007 Kunstmuseum Bern, Hodlerstrasse 12, Bern. Geöffnet Mittwoch bis Donnerstag 10:0017:00 h, Dienstag 10:00-21:00 h. Bis 5. August.

■ Auf die Frage, wo er die Inspiration zu seinen unzähligen Ideen hernehme, nennt Ueli Berger Kopf und Bauch. «Ich bin ein Wahnsinniger…», schmunzelt er verschmitzt, «ich interessiere mich einfach für vieles und werde zwar als Konzeptkünstler bezeichnet, bin aber auch ein ausgeSylvia Mutti sprochener Bauchkünstler. Viel geht über Gefühl oder über das Taktile, Manuelle.» Berger, der in den letzten Wochen seinen siebzigsten Geburtstag feiern konnte, ist seit einigen Jahrzehnten eine feste Grösse der Berner Kunstszene. Seine Werke im öffentlichen Raum gehören vielfach so sehr zum Ortsbild dazu, dass sie kaum wegzudenken sind. Markant ragt der rote «Chribel» schwungvoll mehrere Stockwerke vor der Mobiliar in die Höhe, charmant bereiteten in den Boden eingelassene, silberne Milchkannen auf dem Bahnhofplatz eine Hommage an das Milchgässchen, bevor nun auch dieses Kunstwerk den Baggern weichen musste. Mit «Alles in Allem» zeigt das Kunstmuseum Bern einen Querschnitt durch das zeichnerische Werk der letzten vierzig Jahre, wobei der Begriff der Zeichnung sehr weit gefasst ist, was im Untertitel «Arbeiten auf Papier» bereits anklingt. Seine Werke sprengen gängige Kategorien und stellen das scheinbar Offensichtliche immer wieder in Frage. Begonnen hat Ueli Bergers Weg in den 60er Jahren. Er pflegte Kontakte mit Architekten in der Jazz-Szene und entdeckte über den Umweg des Designs, dass künstlerischer Aus-

druck weit mehr sein kann als Flachmalerei. Künstler wie Dieter Roth, Bernhard Luginbühl und vor allem Christian Megert, der damals als Barkeeper in einem Jazz-Keller arbeitete, waren wichtige Bezugspersonen aus jener Zeit. «Learning by doing ist noch heute das Prinzip. Ich bin immer wieder am Entdecken. Ich meinte stets, ich sei Maler, merkte aber, dass mich Übergänge von Fläche zu Raum mehr faszinieren und so blieb es bei der Skulptur und dem Raum.» Wegweisend wird auch die 1969 von Harald Szeemann kuratierte Ausstellung «When Attitudes become Form» in der Berner Kunsthalle, die der internationalen Konzeptkunst eine geschichtsträchtige Plattform bot. Ueli Berger geht davon aus, dass eigentlich, je nach Blickwinkel, alles Skulptur ist. Programmatisch demonstriert dies ein kleines Objekt mit dem Titel «Bloc Notes» von 1978: Bis zur Hälfte steckt ein Bleistift in einem Skizzenbuch und hinterlässt eine dunkle Furche als zeichnerische Spur. Die Zeichnung wird somit dreidimensional und geht mit der Skulptur eine Symbiose ein, eine Arbeit, die durchaus als Leitmotiv für Ueli Bergers Schaffen gesehen werden kann. Viele der in der Ausstellung präsentierten Werke sind Studien und Vorarbeiten zu später ausgeführten, dreidimensionalen Projekten – aber nicht nur: Die Blätter haben durchaus eigenständigen Werkcharakter und demonstrieren Stadien von Prozessen, die jedes Projekt durchläuft, bevor es ausgeführt wird. Das Finden der Form geschieht sehr häufig über das Medium selbst. Berger entdeckt Formen, die bereits existieren und eignet sie sich an. So benutzt er Windschutzschei-

ben von Autos als Druckträger und druckt mit Glasgranulat, demselben Material, aus dem die Druckfläche besteht. Entstanden sind Blätter mit zahlreichen Einsprengseln, Fehlern, die sonst unerwünscht wären und tunlichst zu vermeiden sind: «Meh Dräck», lacht Berger. Doch hier bieten sie als weisse Leerstellen auf dunklem Hintergrund sternengleich einen Blick ins Weltall. Das Spiel mit der Wahrnehmung wird auch in den «Twins» ausgelotet, paarweise Arbeiten, deren Unterschied von blossem Auge nicht zu erkennen ist, liegt der Haken doch im Detail des Gewichts verborgen, beispielsweise wenn ein vermeintlicher Papierstapel einmal in Beton und einmal in Graukarton angefertigt wurde. Diese Objekte illustrieren und betonen die Zwei- und Dreidimensionalität und enthüllen nicht selten die Eindimensionalität von Denkmustern. Indem die Logik gebrochen wird, gerät die konditionierte Wahrnehmung ins Wanken und ein genaueres Hinsehen wird erforderlich. Diesen fokussierten Blick zelebriert Ueli Berger seit 1996 mit kleinsten Graphitkritzeleien mit den Ausmassen von ein paar Millimetern oder Zentimetern, die er unter dem Mikroskop überdimensional vergrössert und dabei mit erheblichem, technischem Aufwand fotografiert. Eine Linie präsentiert sich in der Vergrösserung nicht etwa flach, sondern dreidimensional als monumentaler Materialhaufen mit skulpturalem Charakter, wobei sich Einfaches, Skizzenhaftes verflüchtigt. «Alles ist eine Frage der Sicht und alles ist Skulptur», meint Ueli Berger. Nach dem Besuch der anregend konzipierten Ausstellung sollte daran kein Zweifel mehr bestehen. artensuite Juni 06 | 07


Kunst im Buch Leerstelle

Pepperminta

Retroaktiv

■ «Die Arbeit ist sinnlos. Kunst gibt es nur, weil es das Wort Kunst noch gibt. Kunst hat ihr Selbstverständnis verloren. Sie kann sich deshalb äussern, als wäre sie nicht vorhanden», erwiderte Giro Annen (1957 in Chur geboren) einmal auf die Frage nach den Widerständen in seiner Arbeit. Dieses Äussern-als-wäre-sie-nicht-vorhanden ist seit Anbeginn in den Arbeiten von Annen zu finden und noch heute treibt er es weiter. Es sind erst einmal Annens Materialien, die durch ihre Alltäglichkeit gar nicht erst vorhanden sind: Karton, Berner Sandstein, Sagex und vor allem Gips. Also Materialien wie wir sie zur Genüge tagtäglich sehen, brauchen und damit kennen. Ebenso schlicht – und ebenso wenig vorhanden – sind Annens Arbeitsweisen. Er giesst aus Gips mit Hilfe von Kleiderbügeldraht und Foto-Plastikhüllen unförmige Kissengebilde; er klebt und steckt Karton ganz einfach zusammen, zu ungeheuren Gebilden von enormer Leichtigkeit, noch grossartigerer Poesie und dennoch mit beträchtlicher Stabilität ausgestattet. Schliesslich sind es die Themen, die seit Anfang in Annens Schaffen vorhanden sind und noch heute ihre Berechtigung haben wie die Ausstellung «retro.aktiv» im Kunsthaus Langenthal vor Kurzem zeigte: Linie, Fläche, Objekt. Annens Arbeiten stehen der Minimal Art der 60er und 70er Jahre nahe, gleichzeitig der Arte Povera mit ihren bescheidenen Materialien. Mit «Die Katze im Teppich» ist endlich eine dem Schaffen von Giro Annen würdige Publikation entstanden und zudem ein sehr schönes Künstlerbuch. Es ist so schlicht wie Annens Werke, ohne Farbe, aber in allen Schattierungen. Neben einem einleitenden Text von Philip Ursprung bringen 15 Werkbetrachtungen Annens Werke dem Leser näher – in Stil und Herangehensweise sind sie so unterschiedlich wie Pipilotti Rist. Herzlichen Glückwunsch! deren Verfasser (von Endo Anaconda Zur Ausstellung «Gravity, Be My Fri- bis Philipp Pirotte). (di) end» im Magasin 3 Stockholm KonstVéronique Zussau. Prismes et com- hall, 2007. Lars Müller Puplishers, 159 Giro Annen. Die Katze im Teppich, Benteli, 80 Seiten, 2007, Fr. 38.00. pressions, Stämpfli, 64 Seiten, 2006, Seiten, 2007, Fr. 39.90. Fr. 38.00. ■ Nicht immer macht man etwas deutlich und klar, indem man es deutlich und klar präsentiert. Verschiebungen, Veränderungen, Weglassungen können viel nachdrücklicher als das ungetrübte und offensichtliche Zeigen sein. Leerstellen sind nicht gleichbedeutend mit Leere. Gerade wo etwas fehlt, wird das Fehlen von diesem Etwas bedeutsam und vom Betrachter auch wahrgenommen. Die Leerstelle ist keine neue Technik der Kunst, immer schon haben Künstler versucht, mithilfe von Weglassungen Bedeutung zu erzeugen – und sie tun es auch heute noch. Véronique Zussau (1962) ist eine dieser Künstlerinnen, die mit der Erzeugung von Vorstellungen, Assoziationen und Phantasien durch Leerstellen arbeitet. Wie viel Bild braucht es, um etwas überhaupt zu einem Bild zu machen oder ein Bild zu erkennen? Mit Malerei, Installation und Fotografie geht Zussau derartigen Fragen und Phänomenen der Wahrnehmung nach. In «Les yeux au ciel» (erst kürzlich noch in «Spiegel, Räume, Projektionen» der Mobiliar zu sehen) ist eine weisse Scheibe mit der Silhouette eines Schwans an die Wand gemalt. Ein Sensor löst die Projektion einer Fotografie eines ausgestopften Schwans auf diese Wand aus. Eine schrittweise vor sich gehende Abstraktion ist dargestellt: vom Tier zum ausgestopften Tier, zur Fotografie des ausgestopften Tieres, zur Projektion der Fotografie, bis zur Silhouette. In anderen Werken sind es klassische Themen wie Landschaft und Stillleben, die Zussau in künstlichen Versuchsanordnungen seziert und damit Klischees und Stereotypen verdeutlicht. Die bei Stämpfli erschienene schmale Künstlermonografie enthält neben zahlreichen Abbildungen (und etwas zu versteckten Bildunterschriften) zwei kurze Texte in Deutsch und Französisch von Konrad Tobler und Boris Magrini, die einen schönen Einblick in Zussaus Schaffen bieten. (di)

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■ Pepperminta schwebte in «Homo Sapiens Sapiens» während der letzten Biennale in Venedig mit ihrer Schwester über die Decke der Kirche San Stae durch einen paradiesischen Ort vor dem Sündenfall. In «A Liberty Statue For Löndön» kam Pepperminta in die Gesellschaft zurück. Und in der neuen Arbeit von Pipilotti Rist «Tyngdkraft, var min vän (Schwerkraft, sei meine Freundin)» überwindet Pepperminta Gravitation und Zeit und wird zu einer androgynen Person. Pipilotti Rist zeigt letztgenannte Videoarbeit in der Stockholmer Magasin 3 Konsthall (10. Februar – 17. Juni), zu deren Anlass eine Publikation bei Lars Müller Publishers erschienen ist. Das pinkfarbene, wattierte und mit goldener Schrift dekorierte Büchlein ist zwar klein, hat es aber dennoch in sich, ausgestattet mit einem reizvollen und ausführlichen Künstlergespräch und zahlreichen Abbildungen zu den neuen Arbeiten, der Ausstellung in Stockholm und zu früheren Werken. Das Künstlergespräch führte Richard Julin (Direktor der Magasin 3) während den Vorbereitungen zur Ausstellung «Gravity, Be My Friend» mit Pipilotti Rist in ungezwungener Atmosphäre. «Wir bieten Träume und distanzierte Reflexion in zeitlich und sinnlich konzentrierter Form an», meint sie zur Aufgabe des Künstlers. Die Kunst als Freiraum, wo man mit Distanz nachdenken und mitfühlen kann. Neben derartigen ganz allgemeinen Ideen zu Kunst und Leben, geht Rist auf ihren Arbeitsprozess ein und natürlich auf die neuen Arbeiten. Im Interview werden nicht einfach nur Rists Werke erklärt, wie es so oft in Interviews vorkommt, sondern der Leser erhält einen seltenen und teils auch persönlichen bis intimen Blick hinter die Kulissen von Rists Leben und Schaffen. (di)

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■ Die unmittelbare Gegenwart spricht aus dem Namen der Berner Galerie «Bis Heute», die nun bereits im dritten Jahr, jedoch ohne die Plattform des Vereins Berner Galerien, gewissermassen als Geheimtipp, sehenswerte, aktuelle Kunst von und bis heute präsentiert. Ein kleines Interview mit Galeristin Sabine Rühle. Die Galerienszene Berns ist in Bewegung: Langjährige Akteure verschwinden, neue kommen hinzu. Was spricht für Sie für den Standort Bern? Der Standort Bern hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und ist mit der neuen Direktion in der Kunst-

halle Bern sowie dem geplanten Anbau «Gegenwartsmuseum Bern» immer noch im Umbruch. Während in Basel und Zürich die Situation gefestigt ist, bietet Bern Platz für Neues. Dies empfinde ich als Herausforderung. Ausserdem ist Bern sehr zentral gelegen und bietet einen strategischen Schnittpunkt zur Romandie. Im Verlauf der letzten Jahre hat sich Ihr Programm konkretisiert. Was zeichnet die Kunstschaffenden, die Sie vertreten, besonders aus? Wenn ich die KünstlerInnen auf einen Nenner bringen müsste, so steht bei allen die Wahrnehmung im Zentrum

ihres Schaffens. Der Betrachter wird gezwungen, sich mit seinem eigenen Sehverhalten auseinanderzusetzen. Virginie Morillo zeigte in der letzten Ausstellung «supercalifragilisticexplialidocious!» in einer raumgreifenden Installation die düstere Seite der Märchenwelt von Walt Disney auf. In der nächsten Ausstellung sind Werke von Emilienne Farny zu sehen, die sich ein Leben lang mit den zunehmenden Betonwelten auseinandergesetzt hat. Am 8. September 2007 wird die Doppelausstellung Deborah Sengl und Ronald Kodritsch eröffnet. Die beiden virtuosen Maler aus Österreich haben sich mit dem Thema «er-Tarnung» beschäftigt. (sm)

Galerie Bis Heute, Amthausgasse 22. Geöffnet Donnerstag bis Freitag 14:00 -18:00h, Samstag 11:00-16:00 h. Emilienne Farny «peintures et assemblages», Vernissage, Freitag, 8. Juni 2007, 18:00 h.

pier appliziert, entstehen in den äusserst dichten, verschachtelten Motiven beruhigende Leerstellen. Sie bilden Zäsuren, in denen sich der Betrachter angesichts der konsequent titellosen Exponate seine eigene Geschichte erdenken soll. Die M.-C.-Escher-artigen Bildnetzwerke sind in der heutigen Zeit verwurzelt, erlauben aber durchaus Referenzen zu historischen Vorbildern. Ob abstraktes, geordnetes Chaos oder gegenständliche, chaotische Ordnung, in den Einweglabyrinthen kann sich das Auge verlieren und verweilen. Doch es sind keine Fluchtwelten um der Flucht willen: Beklemmend muten die Schwarzweissdarstellungen an, in

denen beispielsweise kindliche Püppchen viel zu erwachsen agieren. An seinem anfänglichen Ziel bisher ungesehene Formen zu entwickeln, ist Valentin Magaro zunächst gescheitert, denn es war immer möglich, Assoziationen zu bereits Bekanntem herzustellen. Den Ausweg aus dieser Situation gelang ihm erst, als er Formen ohne Zusammenhang kombinierte und so zu Darstellungen kam, die bis anhin noch nie erfahren werden konnten. So begreift er seine Arbeiten auch nicht als abstrakte Malerei, sondern als Bausteine für ein ausdehnbares (Bild)Universum: «Ich bin ein Bildererfinder. Ich kreiere eine Gegenwartswelt, die eine Parallelwelt ist.» (sm)

Valentin Magaro Galerie Kabinett, Gerechtigkeitsgasse 72. Geöffnet Donnerstag bis Freitag 14:0019:00 h, Samstag 11:00 -16:00 h. Bis 23. Juni.

Das hat schon als Kind meine Liebe zur Antike geweckt. Ich habe später bei jeder Gelegenheit Italien durchstreift, Museen und Baudenkmäler studiert, wobei mich die Handzeichnungen grosser Meister wegen ihrer Spontaneität am meisten faszinierten. Ihre Galerie ist in der Umgebung, vielleicht gar schweizweit einzigartig. Dies erfordert gewiss viel Mut und auch das entsprechende Publikum. Die Galerie, die auf unserer Privatsammlung basiert, ist einzigartig, weil sie sich unter dem Motto «Klassik Pur» auf antike Skulpturen sowie Meisterzeichnungen konzentriert, in denen die Antike weiterlebt. Als Pensionierte

betreiben wir die Galerie aus reiner Freude und teilen unsere Leidenschaft mit Gleichgesinnten. Was gibt es in der Jubiläumsausstellung besonderes zu entdecken? Alle Antiken sind von einem professoralen Echtheitszeugnis begleitet. Das Spitzenstück ist eine liebliche Porträtbüste der Iulia von der man nur noch ein weiteres, in Avenches gefundenes Bildnis kennt. Oder man stösst auf das einzig bekannte römische Relieffragment mit einem Schuhmacher. Bei den Meisterzeichnungen gibt es zahlreiche Spitzenstücke, Raritäten und Neuentdeckungen von musealer Qualität, die ich hier nicht einmal ansatzweise erwähnen kann. (sm)

10 Jahre triple gallery - 40 Jahre Sammlung Meisterwerke unsere BESTEN Römerstrasse 26, 3047 Bremgarten. Geöffnet Mittwoch bis Samstag 15:00-18:30 h. Bis 30. Juni.

Erdachte Bildlabyrinthe ■ «Ich will absolut verbindliche Bildkompositionen schaffen, die aber unverbindliche Bildaussagen erwecken sollen», fasst Valentin Magaro die formale und inhaltliche Ebene seiner Werke zusammen. Dezente Collagen treffen in der Galerie Kabinett auf knallige Acrylgemälde und eröffnen dem Betrachter einen Einblick in verschlungene Welten, die manchmal weder einen Eingang noch einen Ausgang besitzen und das Auge detailreich fesseln. Magaros Collagen sind Zeichnungen, die zunächst auf einem leicht gelblichen Papier mit Tusche aufgetragen werden. Ausgeschnitten und mit Klebefolie auf ein blütenweisses Pa-

Klassik pur ■ Entgegen dem Trend haben sich Ulrike und Peter Feuz seit zehn Jahren mit Leidenschaft der antiken Skulptur und der Meisterzeichnung von der Renaissance bis zur klassischen Moderne verschrieben. Die triple gallery in Bremgarten bei Bern feiert nun ihr zehnjähriges Bestehen. Peter Feuz, seit vierzig Jahren sind Sie Sammler und seit zehn Jahren Kunsthändler, ohne allerdings jemals Kunstgeschichte studiert zu haben. Woher kommt Ihr Interesse für explizit ältere, gar antike Werke? Mein Vater war ein kunstbegeisterter Historiker und hat u. a. das Buch «Morgenland und Abendland» verfasst. artensuite Juni 06 | 07

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Ein Name als Programm



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«I think that everything I make is political» ■ Erik van Lieshout (geb. 1968) ist seit seiner Beteiligung im Dutch Pavilion der venezianischen Biennale 2003 aus der internationalen Kunstszene nicht mehr wegzudenken. Der Monika Schäfer Niederländer versteht es wie kaum ein anderer, die «Problemzonen» unserer Gesellschaft auf subjektive und sehr pointierte Weise einer schonungslosen Analyse zu unterziehen. Tabuthemen wie Rechtsextremismus, Homosexualität oder Rassenkonflikte werden von van Lieshout ungeschönt thematisiert. So verarbeitet der Künstler in der dreissigteiligen Bildserie «Pim Fortuyn Diary» von 2002 die vielfältigen und aufwühlenden Eindrücke, die die Ereignisse um den Mord am rechtspopulistischen Spitzenpolitiker Pim Fortuyn in ihm hinterlassen haben. Die offensichtlich islamfeindliche Haltung des mit Le Pen und Haider verglichenen Politikers sowie schliesslich dessen Ermordung wurden von den niederländischen Medien ausführlich thematisiert. Van Lieshout weist mit seiner Arbeit unter anderem darauf hin, wie stark unsere Aufmerksamkeit und unser Wissen um Personen medial bestimmt sind. Er meint dazu in einem Interview: «Bin Laden, Pim Fortuyn or Haider are personnel of the media world. They create tension in multifaceted ways. I take them resp. their images into my studio, let them be themselves and get them out on the street again.» Diese künstlerische Umwandlung medial definierter Personen in Menschen wie du und ich geht bei artensuite Juni 06 | 07

van Lieshout manchmal gar weit. So stellt er zum Beispiel Adolf Hitler mit schräg aufgesetztem Baseballkäppi dar und verpasst ihm mit dem Namen «Ali H.» eine Identität mit Migrationshintergrund. Van Lieshout provoziert. Vor allem seine Videoinstallationen zeichnen sich durch Provokation und die Überdehnung gesellschaftlicher und sozialer Klischees aus. Für seine Filme, die zwischen Fiktion und Dokumentation changieren, begibt sich der Künstler in Randbereiche der Gesellschaft und wird dabei selbst zum Teil unterschiedlichster Szenen. Ob van Lieshout unter marokkanischen Jugendlichen nach einem Lover für seinen Bruder sucht, mit alten Nazis ein Kaffeeschwätzchen hält oder mit seinem Freund und Mitarbeiter van der Hoevn Julia Roberts einen Besuch abstatten will, der Künstler thematisiert sich und sein Verhältnis zur Welt immer wieder aufs Neue und wirft damit gesellschaftliche Fragen auf. Dabei stösst van Lieshout ständig an seine physischen wie auch psychischen Grenzen, und dies tut er ganz absichtlich: «My challenge is to lose control… Because it’s only when you lose control that you have the feeling of freedom. In fact I am a control freak who is trying to lose control in order to get himself into the craziest possible situations, and thus get over his fear.» Besonders eindrücklich kommt dieses Konzept des Kontrollverlusts in der Videoarbeit «Up!» von 2005 zum Ausdruck. Van Lieshout spricht mit verschiedenen Therapeuten über sein gestörtes Verhältnis zu seiner Mutter, sagt, er hasse sie, sie sei so egozentrisch, eine blöde Kuh. Momente der

Therapie wechseln sich in rascher Folge ab mit Szenen eines Spaziergangs mit besagter Mutter und mit Bildern des von Koliken geplagten Künstlers – van Lieshout flucht, jammert, weint und lacht, bis auch die Betrachter an ihre Grenzen zu stossen drohen. Weniger um des Künstlers Seelenheil, als vielmehr um eine Kritik an der westlichen Entwicklungshilfe in Afrika geht es in der Videoarbeit «Lariam» von 2001. Van Lieshout reist nach Ghana und will sich dort das Rappen beibringen lassen. Als Text dient ihm die in holländischer Sprache verfasste Packungsbeilage des Anti-MalariaMittels Lariam, das sich die lokale Bevölkerung gar nicht leisten kann. Wenn nun van Lieshout unbeholfen Nebenwirkungen skandiert und die ganze Dorfjugend lachend Lariam dazwischen ruft, entfalten sich Komik und Tragik zugleich, und wir Betrachter fühlen uns amüsiert und betroffen zur selben Zeit. Van Lieshout provoziert und polarisiert durch die Ambivalenz, Rebellion und Subversivität, mit der er sein Werk angeht - seine künstlerische Haltung wurde deshalb auch schon als «Abstract Gangsterism» charakterisiert. In Zusammenarbeit mit den Museen Boijmans van Beuningen in Rotterdam und der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München zeigt das Kunsthaus Zürich «Erik van Lieshout. Kunsthaus Hollywood», die erste Einzelausstellung des Niederländers in der Schweiz. Zur Ausstellung ist die erste umfassende Künstlermonographie Erik van Lieshouts erschienen.

Erik van Lieshout. Kunsthaus Hollywood Kunsthaus Zürich, Heimplatz 1. Geöffnet Dienstag bis Donnerstag 10:00-21:00 h, Freitag bis Sonntag 10:0017:00 h. Bis 17. Juni.


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Pascal Häusermann, Die grosse Ernüchterung, 2005. Foto: Viktor Kolibal

Ach, das Scheitern liegt so nah The Art of Failure Kunsthaus Baselland, St. JakobStrasse, Muttenz. Geöffnet Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 11:00-17:00 h, Mittwoch 14:0020:00 h. Bis 1. Juli.

■ So wahnsinnig vieles kann in die Hose gehen. Gerade heutzutage, wenn eigentlich niemand mehr so richtig an das Gelingen eines Projektes glaubt, ausser vielleicht ein paar verrückten Amis, die sich der Illusion hingeben, die Dinge im Griff zu haben. Weder Sylvia Rüttimann auf politischer, persönlicher oder gesellschaftlicher Ebene: Das Scheitern ist wohl neben der Angst (Achtung Kuratoren: wer packt es zuerst?) eine der heutzutage prägendsten – oder wenigstens thematisiertesten – Erfahrungen. Der Forschrittsglaube ist endgültig zu Grabe getragen worden, der Einzelne ist psychologisch gesehen auch nur ein Produkt des anderen, und die Wohlstandsgesellschaft scheint schon bald der Vergangenheit anzugehören. Scheitern ahoi! Und da Kunst eigentlich wirklich eine ganz gute Reflexionsfläche für akute Zustände ist, ist es nicht sonderlich schwierig, genügend Vertreter zu finden, die sich mit dem Thema des Scheiterns auseinandersetzen. Vielleicht auch kein Zufall, dass gerade die künstlerische Gilde diesem Thema sehr hold ist, steht doch gerade sie ganz nahe am Abgrund. Der Erfolg ist nur wenigen vergönnt, die Mehrzahl von ihnen tatsächlich zum Scheitern verurteilt. Die beiden Kuratorinnen Sabine Schaschl und Claudia Spinelli haben in ihrer Ausstellung im Kunsthaus Baselland einen Reigen von Künstlerinnen und Künstlern zusammengestellt, von denen die meisten wohl keine Sorge mehr um ihr Fortkommen haben müssen. Aber eben, es ist eine mehr denn berechtigte Frage, ob künstlerische Arbeit wirklich erst durch Not und Mühsal zustande kommt oder ob hier

nur ein altes Klischee bedient wird. So oder so, und anzunehmen ist eh das Letztere, die Arbeiten überzeugen mehrheitlich, entstanden ist eine Ausstellung, die vielleicht dramaturgisch geschickter hätte gestaltet werden können, andererseits eine reiche Palette verschiedener Abstufungen des Themas in zahlreichen Stimmungen präsentiert. Ein Mittel, das von mehreren Künstlern eingesetzt wird und eine ganz besonders trockene Stimmung erzeugt, ist das der Ironie. Sehr schön zum Beispiel Ed Young’s Arbeit «Dialogue/Bonami/Bourriaud», die die zwei in der Kunstwelt reichlich bekannten Kuratoren im Gespräch mit einem im Bild nicht sichtbaren Interviewpartner zeigt. Beide wirken überzeugend, ernsthaft, das Gespräch scheint einen wichtigen Gehalt zu haben – meint man, denn hört man richtig hin, beschränken sich ihre Aussagen auf ein Gestammel von «äh»-Lauten. Eine köstliche Infragestellung des Gelingens des Kunstdialogs und -systems. Auch Stefan Burger hat es auf das Scheitern innerhalb des Kunstbetriebs angelegt. Zu sehen ist u. a. sein Werk «Internationales Seifenkistenrennen, Leipzig, 2002», das den Sarkasmus schon im Titel trägt, oder «Il Museo e chiuso»: Die Kunst hat im wahrsten Sinne des Wortes den Laden dicht gemacht... Ganz ohne den Mund zu verziehen, kann man auch Sofia Goscinskis Siegerpodest nicht betrachten, wenn sich die Lippen auch erst auf einen zweiten Blick bewegen mögen. Denn das Scheitern ist hier erst einmal versteckt, das Siegerpodest das Sinnbild des Erfolgs, sei dies in sportlichen oder, bildlich gesehen, in künstlerischen Belangen. Goscinski arbeitet mit dem Überraschungseffekt des Un-

erwarteten, denn was zuerst wie eine glänzend polierte Treppenoberfläche aussieht, ist in Tat und Wahrheit eine durch die Spannung so erscheinende Wasseroberfläche, die aus dem Podest eine Einsturzgefahr für Gewinner macht. Ein Grinsen verursacht zu guter Letzt auch Asta Grötings absurdpoetisches Video «Parken». Von oben sieht man auf eine Strasse, auf der sich eine mobilisierte Jagd nach freiwerdenden Parkplätzen abspielt, wie zu erwarten, bleiben dabei die meisten Teilnehmer als Verlierer auf der Strecke. Das choreographierte Spiel wirkt auf eigenartige Weise elegant und gleichzeitig völlig lächerlich. Einem Lachen, dem nun gar nichts Befreiendes mehr anhaftet, begegnet man in Max Philipp Schmids und Stella Händlers «Sad Song». Zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, verziehen ihren Mund zu einem breiten Grinsen, das aber so forciert ist, dass ihre Mundwinkel dabei zittern. Denn eigentlich ist es ihnen überhaupt nicht zum Lachen zumute. Vielmehr scheinen sie von einer existentialistischen Schwermut befallen und das Lachen ganz nahe der Verzweiflung. Schaschl und Spinelli machen im Saaltext darauf aufmerksam, dass Scheitern eng mit der Melancholie verwandt ist. Hier denkt man auch schnell einmal an den Künstler als Clown mit weinendem Auge oder den einsamen Rufer in der Wüste, und gerade eine Arbeit wie Ceal Floyers Werk «Solo» trägt diese Idee auf lapidare Weise vor, indem sie einfach auf den Mikrofonständer, hinter dem ihr fiktiver Künstler steht, kein Mikrofon installiert, sondern eine Bürste. Zu vernehmen ist da nun gar nichts mehr. Ist das die «Die grosse Ernüchterung» wie Pascal Häusermann es nennt?

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BERNER GALERIEN Galerieneintrag: Auf den Seiten «Galerien in Bern» werden nur noch Galerien publiziert, welche unsere jährliche Publikationsgebühr bezahlt haben. Wer sich hier eintragen lassen möchte, melde sich bei der Redaktion: Telefon 031 318 6050 oder redaktion@ensuite.ch. Aboriginal Art Dr George Takata Ward Tjapaltjarri vom 15.05 - 23.06.07 Galerie Rigassi, Bern

Altes Schlachthaus Metzgergasse 15, Burgdorf T 034 422 97 86 Sa & So jeweils 11:00-17:00 h Jwan Luginbühl zeigt bewegliche Eisenfiguren. Jeden zweiten Sonntag mit Shuttle-Bus zum Skulpturenpark von Bernhard Luginbühl bis 4.11. annex14 - Galerie für zeitgenössische Kunst Junkerngasse 14, 3011 Bern T 031 311 97 04 / www.annex14.ch Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h oder nach Vereinbarung Pavel Büchler 2.6. - 14.7. Art-House Mittlere Strasse 3A, 3600 Thun T 033 222 93 74 7 www.art-house.ch Mi&Fr 14:00-17:30 h / Do 16:00-19:30 h / Sa 11:00-16:00 h und nach Vereinbarung Max Hari - Malerei, Zeichnungen, Objekte Finissage: 23.6. ab 14:00 h Magma Bro & Paffy Zehnder - Musik trifft Malerei 29./30.6. & 1.7. / 16:00-18:00 h Skulpturengarten Thun – Thierachern Thierachern bei Thun, Dorfstr.8 Permanente Skulpturenausstellung Art + Vision Junkerngasse 34, 3011 Bern T 031 311 31 91 Di-Fr 14:00-19:00 h / Do 14:00-21:00 h / Sa & So 11:00-16:00 h Bärtschihus Gümligen Dorfstrasse 14, 3073 Gümligen Mary Poppins! superkalifragilistigexpialigetisch artensuite Juni 06 | 07

Fri-Art 22 Petites Rames, 1700 Fribourg T 026 323 23 51 / www.fri-art.ch Di-Fr 14-18:00 h / Sa&So 14:00-17:00 h Stella Capes, Christina Hemauer & Roman Keller A Curiosity, A Museum Piece And An Example Of A Road Not Taken bis 3.6. Exposition 3 Hadrien Dussoix, Gilles Rotzetter, Frédéric Post 22. & 23.6 Exposition 4a emotional landscapes i 6.7. - 19.8. bk Galerie Bernhard Bischoff & Partner Speichergasse 8, 3011 Bern T 031 312 06 66 www.bernhardbischoff.ch Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h oder nach Absprache Arno Nollen, Natasha Jaliuc Schwarzweiss in Farbe bis 2.6. Katia Bourdarel, Raffaella Chiara, Rainer Eisch, Bernhard Huwiler, Christian Indermühle, Reto Leibundgut 14.6. - 11.8. Galerie 25 Regina Larsson 2577 Siselen / T 032 396 20 71 www.galerie25.ch Fr-So 14:00-19:00 h oder nach tel. Vereinbarung Ruedy Schwyn bis 17.6. Galerie 67 Belpstrasse 67, 3007 Bern / T 031 371 95 71 www.galerie67.ch

Mo 14:00-18:30 h / Di-Fr 9:00-12:00 h & 14:00-18:00 h / Sa 10:00-12:00 h Erica Fankhauser Acryl / Mischtechnik bis 30.6. Galerie Artdirekt Herrengasse 4, 3011 Bern / T 031 312 05 67 www.artdirekt.ch Dieter Zeindler Malerei bis 2.6. Galerie bis Heute Amtshausgasse 22, 3011 Bern T 031-311 78 77 / www.galerie-bisheute.ch Do-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h & nach Vereinbarung Emilienne Farny Peintures et assemblages Vernissage: 8.6., 18:00-20:00 h 9.6. - 23.7. Galerie Beatrice Brunner Nydeggstalden 26, 3011 Bern T 031 312 40 12 / www.beatricebrunner.ch Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h Galerie Bärtschi Nydeggstalden 32, 3011 Bern T 031 311 61 15 www.art-baertschi.ch Do-Fr 14:00-18:30 h & Sa 10:00-16:00 h Nicole Bron Chappuis Malerei Vernissage 7.6., 18:00-20:30 h 7.6. - 30.6. Apéro 17.6., 17:00 - 19:00 h Finissage 30.6., 10.00 - 16:00 h


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Galerie Christine Brügger Kramgasse 31, 3011 Bern T 031 311 90 21 Mi-Fr 14:00 - 18:30 h; Sa 11:00-16:00 Edualrd Dill Malerei Rudolf Tschudin Skulpturen bis 16.6. Galerie Duflon & Racz Gerechtigkeitsgasse 40, 3011 Bern T 031 311 42 62 Do 14:00-19:00 h, fr 16:00-19:00 Sa 12:0017:00 h oder nach tel. Vereinbarung. Pierre Bonard Gouachen bis 4.8. Heinrich Gartentor «Gartentor kommt!» ab Sonntag 24.6. täglich 00:00-24:00 h Vernissage: 24.6., 18:00 h Galerie Henze & Ketterer Kirchstrasse 26, 3114 Wichtrach T 031 781 06 01 / www.henze-ketterer.ch Di-Fr 10:00-13:00 h & 14:00-18:00 h / Sa 10:00-16:00 h Erich Heckel - Aquarelle von 1917 - 1962 Ruhe nach dem Sturm. Verhaltene Form zarte Farbe - inneres Leuchten bis 21.7. Kunstdepot: art_clips.ch.at.de Verlängert bis 30.6. jeweils Samstags 10:00-15:30 h Führung von Gerhard Johann Lischka: Galerie im Graben Waldeckstrasse 12, 3052 Zollikofen T 031 911 96 06 Fr 17:00-19:00 h / Sa 16:00-19:00 h & So 11:00-17:00 h Galerie Madonna#Fust Rathausgasse 14, 3011 Bern T/F 031 311 28 18 / www.madonnafust.ch Mi/Fr 12:30-18:00 h / Do 12:30-20:00 / Sa 10:00-16:00 h und auf Anfrage Eröffnungsausstellungen Chiara Dynys (Galerie) Whole - hole bis 9.6. Brigitte Lustenberger (Projektraum) Caught bis 9.6.

Galerie Margit Haldemann Brunngasse 14, Brunngasshalde 31 T 031 311 56 56 / margithaldemann@bluewin. ch, www.artgalleries.ch/haldemann Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h Saison 2006/07: 25 Jahr Jubiläum Peter Stein (Bilder, Zeichnungen) / Jean Mauboulès (Skulpturen, Wandobjekte) Finissage mit Sommerapéro: 3.6., 11:0015:00 h Ab 4. Juni bis Mitte August ist die Galerie nur nach Vereinbarung geöffnet! Galerie Martin Krebs Münstergasse 43, 3011 Bern T 031 311 73 70 / www.krebs.artgalleries.ch/ Di-Fr 14:30-18:30 h / Sa 10:00-14:00 h Tierisch Urs Brunner/ Margaretha Dubach/ Ottmar Hörl/ Brutus Luginbühl/ Karin Schaub/ Fifo Stricker/ Willi Wettstein sieben Künstler zeigen das Tier Vernissage: 20.6., 18:00-20:00 h bis 21.7. Galerie Kornfeld Laupenstrasse 41, 3001 Bern T 031 381 46 73 / www.kornfeld.ch Mo-Fr 14:00-17:00 h Auktionen am 14. und 15. Juni 2007 Auktion 240: Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Teil I Ausgewählte Werke der Klassischen Moderne Auktion am Freitag, 15.6., 14:15 h (Voranmeldung für Sitzplatz erforderlich) Auktion 240: Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Teil II Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Skulpturen und Illustrierte Bücher Auktion am Donnerstag, 14.6., 9:30 h und 14:15 h Auktion 239: Graphik und Handzeichnungen Alter Meister Auktion am Freitag, 15.6., 9:15 h Auktion 241: Sammlung Max Huggler Kunst des 20. Jahrhunderts Auktion am Freitag, 15.6., 11:00 h Galerie Ramseyer & Kaelin Junkerngasse 1, 3011 Bern T 031 311 41 72 Mi-Fr 16:00-19:00h / Sa 13:00-16:00h Eugen Traber Les carrées dynamiques, les paysages, les nuages et les femmes 5.6. - 23.6.

Galerie Rigassi Münstergasse 62, 3011 Bern T 031 311 69 64 / www.swissart.net/rigassi Di-Fr 11:30-13:30 h & 15:30-19:00 h / Sa 10:30-16:00 h oder nach tel. Vereinbarung Aboriginal Art Werke aus Australien und Skulpturen aus Ozeanien Dr George Takata Ward Tjapaltjarri, Minnie Pwerle, Gloria Tamerre Petyarre, Michael Nelson Jagamarra u.a bis 23.6. Vortrag & Apero: Der einfluss der Aboriginal Art auf die westliche zeitgenössische Kunst: 6.6., 19:00 h Special Events Australia‘s Favourite: 20.6., 17:00-19:00 h 21.6., 17:00-19:00 h Galerie Rosengarten Thun Haus Immer, Bälliz 35, Thun T 033 223 12 42 Mo-Fr 14:00-17:00 h & Sa 10:00-16:00 h Gegenwartskunst Galerie Silvia Steiner Seevorstadt 57, 2502 Biel / T 032 323 46 56 / www.silviasteinergalerie.ch Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 14:00-17:00 h oder nach Vereinbarung Rosmarie Thurneysen: Bilder-Glück Christine Aebi - Ochsner: windbewegt Vernissage: 2.6., 15:00-18:00 h Apéro Sonntag 17.6., 11:00-13:00 h 2.6. - 30.6. Galerie Tom Blaess Uferweg 10b, 3013 Bern / T 079 222 46 61 www.tomblaess.ch Kabinett Bern Gerechtigkeitsgasse 72-74, 3011 Bern T 031 312 35 01 / www.kabinett.ch Do & Fr 14:00-19:00 h & Sa 11:00-16:00 h Valentin Magaro bis 23.6. Klinik Bethesda Tschugg 3233 Tschugg BE, Telefon 032 338 4 444 www.klinik-bethesda.ch täglich 8:00-19:00 h Patente Gene Martina Lauinger artensuite Juni 06 | 07


bis 28.9. 2.6., 14:00 h und 16:00 h Rundgänge mit der Künstlerin am Kellerfest des Reb- und Weingutes Bethesda, Treffpunkt vor dem Weinkeller Kornhausforum Forum für Medien und Gestaltung Kornhausplatz 18, 3011 Bern T 031 312 91 10 / www.kornhausforum.ch Di-Fr 10:00-19:00 h / Do 10:00-20:00 h / Sa 10:00-16:00 h Aarewasser bis 16.6. Sexarbeit 1.6. - 1.8. Sonntag 19. 6 - 28. 6 Kunstraum Oktogon Aarstrasse 96, 3005 Bern Fr 16:00-19:00 h; Sa 11:00-15:00 h Matias Spescha: Bilder, Arbeiten auf Papier, Skulpturen Vernissage: 9.6., 12:00-15:00 h 9.6. - 7.7. Kunstreich Gerechtigkeitsgasse 76, 3011 Bern T 031 311 48 49 / www.kunstreich.ch Mo-Fr 9:00-18:30 h / Do 9:00-20:00 h / Sa 9:00-16:00 h Hegetusch und Yeunhi Kim bis 2.6. Joseph Bürgi 9.6. - 14.7. ONO Bühne Galerie Bar Kramgasse 6, 3011 Bern T 031 312 73 10 www.onobern.ch Nachtgalerie Fr&Sa 22:00-24:00 h oder nach telefonischer Vereinbarung / bei allen ONOVeranstaltungen Cornelia Koch zeigt ihre Arbeiten bis 30.6. peripherie-arts Im Stufenbau, Pulverstrasse 8, 3063 Ittigen Tel 076 325 19 11 / www.peripherie-arts.ch Di&Mi 18:00-20:00 h (oder nach tel. Vereinbarung) PROGR Zentrum für Kulturproduktion Speichergasse 4, 3011 Bern / www.progr.ch «No Place Like Home» artensuite Juni 06 | 07

les freres Chapuisat Loge, PROGR Hof bis 2.6. Di 14:00-20:00 h & Mi bis Sa 14:00-17:00 «Classe de danse» Ort: Ausstellungszone, 1.OG bis. 23.6. Di 14:00-20:00 h & Mi bis Sa 14:00-17:00 Dominik Stauch: Videokunst Ort: videokunst.ch, 1.OG bis 23.6 Di 14:00-20:00 h & Mi bis Sa 14:00-17:00 «Unknown Pleasures» Vernissage: 21.6., 19:00 h 23.6. - 10.8. Di 14:00-20:00 h & Mi bis Sa 14:00-17:00

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RAUM Militärstrasse 60, 3014 Bern www.kulturraum.ch Mi-Fr 16:00-19:00 h / Sa 12:00-16:00 h Remo Lorenzini: Cannaregio. Collagen Malerei Finissage: 1.6., 18:00-20:00 h Steiner braucht Raum Reto Steiner, Perlen und Steine Vernissage: 8.6., 18:00-20:00 h Finissage: 29.6., 18:00-20:00 h

Wartsaal 3 Helvetiaplatz 3, 3005 Bern T 031 351 33 21 / www.wartsaal3.ch täglich 11:00-19:00 h Chamakh Bouslama, André Gunzinger Modernd Times 8.6. - 10.6. Orlando Schüpbach, Noel F. Gayret Nilda‘s Brasilien-Schweiz Art&Unart Brasil-Brasil! Bilder 14.6. - 30.6. Ann Chen Mittwochs-Mittagskonzert 27. 6., 12:00 h Temporäre Austellungen Hochschule der Künste, Fachbereich Theater Sandrainstrasse 3, 3007 Bern «bi_legale» ist eine junge und etwas andere Antwort auf den bestehenden Kunstmarkt. Vernissage: 1.6., 18:00-22:00 h 2.6., 12:00-22:00 h 3.6., 12:00-18:00 h

SLM Kunstausstellung Dorfplatz 5, 3110 Münsingen T 031 724 11 11 Mo-Do 8:00-12:00 h & 13:30-17:00h / Fr 8:00-12:00 h & 13:30-18:00 h Stadtgalerie Speichergasse 4, 3001 Bern T 031 311 43 35 7 www.stadtgalerie.ch Di 14:00-20:00 h & Di-Fr 14:00-17:00 h «No Place Like Home (3)» Les frères Chapuisat bis 2.6. «Unknown Pleasures», Various Artists ab 22.6 VALIART KulturRaum Bundesgasse 26, 3001 Bern www.valiart.ch Täglich 9:00-18:30 h / Do bis 21:00 h / Sa bis 16:00 h Eva Borner / Martin Bircher Interaktives Dilemma der Einsamkeit Wort-Klang-Installation mit Geige bis 2.6.

Kunst Invasion in der Favela Orlando Schüpbach, Elevator von 14.06 - 30.06.07 Wartsaal 3, Bern

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Augenspiel

Impressum

Von Dominik Imhof ■ «Was tun?» Einfach von Venedig über Basel nach Kassel hasten, viel Kunst und noch mehr Kunstinteressierte (oder solche die so tun als wären sie‘s) sehen, aber gleichzeitig den Sommer verpassen? Oder doch lieber das blosse Leben geniessen? Aber «was ist das blosse Leben»? Einfach an und in der Aare liegen, genüsslich ein Eis zwischen den Lippen und sich grilladenmässig verbrutzeln lassen? So wie jedes Jahr? Die Antwort ist klar. Denn: Mit dem Sommerloch kommt in diesem Jahr nicht nur die Sonne und ein jähes Fehlen von Tanznächten und ähnlichen Geselligkeiten, sondern gleich drei Kunstgrossevents: Angefangen mit der Biennale in Venedig vom 10. Juni an (bis 21. November); kaum überschaubare Massen an Kunst, Gardini und Arsenale und in der ganzen von sommerlichen Ausdünstungen muffigen Stadt verteilte Ausstellungen. Für die Schweiz in Venedig im Rennen sind in diesem Jahr Christine Streuli (*1975) und Yves Netzhammer (*1970) im Pavillon und Ugo

Rondinone (*1964) mit Urs Fischer (*1973) in San Stae – dieser Spielort ist sicher noch allen wohlbekannt! Gleich darauf startet am 13. Juni die Art Basel (bis 17. Juni), die wichtigste Kunstmesse überhaupt – und das sogar in der Schweiz. Die Art ist nicht nur Kunstmesse für Kunstbusinessleute, sondern rundherum gibt noch einiges mehr als hunderte Galerien: ein Begleitprogramm mit Diskussionen, Gesprächen und Filmen, die Statements und die Art Unlimited, aber auch die Liste im Wartek-Areal. Und schliesslich eröffnet am 16. Juni die 12. documenta in Kassel (bis 23. September). Roger M. Buergel wird versuchen, sich nicht nur der Avantgarde zu widmen, sondern die Alten Meister einzubeziehen. Drei Leitmotive – drei Fragen – bewegen die documenta in diesem Jahr: Nein, nicht «Was tun, wenn der Sommer kommt?», sondern «Ist die Moderne unsere Antike?», «Was ist das blosse Leben?» und ein ganz allgemeines «Was tun?».

artensuite erscheint monatlich als Beilage im ensuite - kulturmagazin. Herausgeber: edition ■ ensuite, Bern Redaktion: Dominik Imhof (di); Monique Meyer (mm), Sylvia Mutti (sm), Nicola Schröder (ns), Sylvia Rüttimann (sr), Monika Schäfer (ms) Die Redaktion artensuite ist politisch, wirtschaftlich und ethisch unabhängig und selbständig. Die Texte repräsentieren die Meinungen der Autoren/innen, nicht jene der Redaktion. Copyrights für alle Informationen und Bilder liegen beim Verein WE ARE in Bern und der edition ■ ensuite. Redaktionsadresse: artensuite Sandrainstrasse 3 3007 Bern Telefon 031 318 6050 Mail: art@ensuite.ch www.artensuite.ch

„HANDS UP! - DER GROSSE COUP”: Eine interaktive Installation Ein Projekt der Serie HANDS UP! rund um den Mythos Bankraub im digitalen Zeitalter. Von Tom Hänni, Simon Küffer, Reno Bertolotti (Pixelfarm). Sound: Fabian Friedli Quellenmaterial: Vabanque/Klaus Schönberger Idee und Konzept: TNC Network Eine TNC Network Produktion Ausstellungsdauer: 21. Juni 2007 bis 25. August 2007 Öffnungszeiten: täglich 09 - 18.30h, Do - 21h, Sa - 16h Eintritt frei / Sonntag geschlossen

VALIART KulturRaum, Theaterplatz 7, Bern

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BERNER MUSEEN BERN / BIEL / THUN Abegg-Stiftung Werner Abegg-Strasse 67, 3132 Riggisberg täglich 14:00-17:30 h Sonderausstellung 2007 Drachen aus Seide, Blumen aus Gold. Textile Schätze der chinesischen LiaoDynastie (907-1125) bis 11.11. Antikensammlung Bern Hallerstrasse 12, 3012 Bern Mi 18:00-20:00 h Die Antikensammlung beherbergt nebst den Abgüssen (rund 230 Exponate antiker Skulpturen von den Anfängen der griechischen Archaik bis zur römischen Spätantike) auch eine kleine Sammlung mit originalen Fundstücken aus der griechisch-römischen Antike. Bernisches Historisches Museum Helvetiaplatz 5, 3005 Bern Di-So 10:00-17:00 h Sonntag, 1.4., 11:00h Berns Weg in die Moderne Warum ist die Gegenwart so geworden wie sie heute ist? Die Sonderausstellung lädt ein zu einem Gang durch die Schweizer Verfassungsgeschichte und die Geschichte Berns im 19. und 20. Jahrhundert. bis 6.1.2008 Erlebnispark Physik Bildungsvergnügen für die ganze Familie 15.6. - 14.10 Centre Dürrenmatt Chemin du Pertuis-du-Sault 74, 2000 Neuchâtel Mi-So 11:00-17:00 h Am Rande der Sprache bis 26.8. Einstein-Haus Kramgasse 49, 3011 Bern 1.10.-16.12., Di-Fr 10:00-17:00 h / Sa 10:0016:00 h Führungen jederzeit nach Absprache Heilsarmeemuseum Laupenstrasse 5, 3001 Bern Di-Do 9:00-12:00 h & 14:00-17:00 h Dokumente, Zeitschriften, Bilder, Fotos, Grammophonplatten, Kassetten, Musikinstrumente und andere Sammelobjekte.

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Institut für Archäologie der Universität Bern Länggassstrasse 10, 3012 Bern T 031 631 89 92 Mo-Fr, 8:00-17:00 h Kunsthaus Centre Pasqu’art Seevorstadt 71-75, 2502 Biel Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa&So 11:00-18:00 h Out of ArtT Vernissage: 2.6, 17:00 h 3.6. - 5.8. Gian Pedretti - Der Maler / Le peintre Einzelausstellung Vernissage: 2.6., 17:00 h 3.6. - 5.8. Photoforum Pasquart Peter Maurer - Faceland bis 10.6. Jacob Holdt - United States 1970-1975 24.6. - 12.8. Kunsthalle Bern Helvetiaplatz 1, 3005 Bern Mi-So 10:00-17:00 h / Di 10:00-19:00 h Allan Kaprow Kunst als Leben -Art as Life 2.6. - 26.8. Kunstmuseum Bern Hodlerstrasse 8-12, 3007 Bern Di 10:00-21:00 h / Mi-So 10:00-17:00 h Serge Spitzer – Installation Re/Search (Alchemy and/or Question Marks with Swiss Air)», 1996-2002 bis Ende 2007 Expressionismus aus den Bergen Kirchner, Bauknecht, Wiegers und die Gruppe Rot-Blau bis 19.8. Ueli Berger: Alles in Allem - Arbeiten auf Papier 1967 - 2007 bis 5.8. Im Kabinett: Lascivie e santità - Druckgraphik der Carracci bis 5.8. Kunsthaus Langenthal Marktgasse 13, 4900 Langenthal Mi & Do 14:00-17:00, Fr 14:00-19:00 h, Sa& So 10:00-17:00 h Aufbruch ins Material - Sammlung Liechti Vernissage: Mi, 9.5., 19:00 h bis 1.7.

Kunstmuseum Thun Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun Di-So 10:00-17:00 h / Mi 10:00-21:00 h Simon Dybbroe Møller Like Origami Gone Wrong 3.6. - 19.8. Vernissage: 2.6., 18:00 h Pamela Rosenkranz 3.6. –-19.8. Vernissage: 2.6., 18:00 h 360° Thun - Marquard Wocher und das Panorama in Thun bis 28. 10. museum franz gertsch Platanenstrasse 3, 3401 Burgdorf Di-Fr 10-18h / mi 10-19h Sa&So 10-17h Unter Sternen. Aus der Sammlung Willy Michel. Fotografie Franz Gertsch - Schottische Aquarelle bis 24.6. Max Roth - Monolothische Skulpturen bis 28.10. Museum für Kommunikation Helvetiastrasse 16, 3000 Bern Di und Do bis So 10-17h & Mi 10-19h As Time Goes Byte Neue Dauerausstellung zur Computergeschichte und digitalen Kultur Bilder, die haften Neue Dauerausstellung zu den Briefmarken Wechselausstellung «haarsträubend». Tier-Mensch-Kommunikation. Gemeinsam mit dem Naturhistorischen Museum Bern (beidseitig zugänglich) bis 1.7. Museum Neuhaus Biel Schüsselpromenade 26, 2501 Biel Di-So 11:00-17:00 h / Mi 11:00-19:00 h Bürgerlicher Lebensstil im 19. Jahrhundert: Wohnen und Haushalten Die Stiftung Sammlung Robert präsentiert eine neu gestaltete permanente Ausstellung im Museum Neuhaus. Die Welt der Vögel Werke von Léo-Paul (1851-1923) und PaulAndré Robert (1901-1977) bis 24.6. Museum Schwab / Museum für Archäologie Seevorstadt 50, 2502 Biel Di-Sa 14:00-18:00 h / So 11:00-18:00 h

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Permanente Ausstellung Das archäologische Fenster der Region Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern Bernastrasse 15, 3005 Bern Mo 14:00-17:00 h / Di/Do/Fr 9:00-17:00 h Mi 9:00-18:00 h, Sa&So 10:00-17:00 h «haarsträubend: Tier – Mensch – Kommunikation» bis 1.7. Anpasser und Alleskönner - Tiere in der Stadt Dauerausstellung

Vom 1.6. - 29.6. feiern wir die 40. Schlosskonzerte mit vielen festlichen Anlässen. www.schlosskonzerte-thun.ch Schweizerische Landesbibliothek Hallwylstrasse 15, 3003 Bern Mo-Fr 9:00-18:00 h, Mi bis 20:00 h / Sa 9:00-16:00 h / So 12:00-17:00 h Das neue Bild der Schweiz Eine Ausstellung des ETH-Studio Basel – Institut Stadt der Gegenwart 20.6. - 1.9.

Psychiatrie Museum Bern Bolligenstrasse 111, 3060 Bern Mi 14:00-16:00 h Neben historisch wichtigen Gegenständen und Dokumenten beherbergt das Museum auch eine Sammlung bildnerischer Patientenarbeiten, die mehrheitlich auf jener Morgenthalers beruht. Sie umfasst über 2500 Bilder (Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder und Collagen), rund 1500 Textblätter sowie viele Stoffarbeiten, Objekte aus Holz, Ton, Keramik und anderen Materialien.

Schweizerisches Alpines Museum Helvetiaplatz 4, 3005 Bern Mo 14:00-17:00 h / Di-So 10:00-17:30 h Berge bauen Auf rund 220m2 sehen Sie die Sonderausstellungen zu Themen der Bergwelt im 2. Stock des Schweizerischen Alpinen Museums. 29.6. - 10.2.2008 Kindervernissage «Berge bauen» Mi, 27.6., 16.00 h Der Bau der Gotthardbahn im Bild – zum 125-Jahr–Jubiläum bis 13.6.

Schloss Landshut Schweizer Museum für Wild & Jagd 3427 Utzenstorf Di-Sa 14:00-17:00 h «abnorm? Vom Kopfschmuck bei Reh und Steinbock» bis 21.10. Abendführungen 2007 auf Schloss Landshut Jeweils am letzten Donnerstag der Monate Mai bis September, in der Regel von 19:30 – ca. 20:30 h

Schweizerisches Schützenmuseum Bern Bernastrasse 5, 3005 Bern Di-Sa 14:00-17:00 h / So 10:00-12:00 h & 14:00-17:00 h Das 13. Sternzeichen – Der Armbrustschütze bis 2.12. Vortrag von Fritz Brönnimann vom EASV über Ernährungslehre und Mentaltraining, 13.6., 18:00 h

Schloss Münsingen Schlossstrasse 13, 3110 Münsingen jeweils am Sonntag, 14:00-17:00 h oder nach Vereinbarung

Universitätsbibliothek Bern Münstergasse 61-63, 3011 Bern Mo-Fr 8:00-19:00 h / Sa 8:00-12:00 h Reclam. Die Kunst der Verbreitung Sammlung Georg Ewald bis 16.6.

Schlossmuseum Thun Schlossberg 1, 3600 Thun 10:00-16:00 h Das historische Museum mit einmaliger Aussicht auf Stadt, See und Alpen. Töpferwerkstadt Typische Heimberger Keramik Werkstatt des 19. Jahrhunderts Teil der Dauerausstellung Schlosskonzerte

Neuerscheinungen. Beratung in Dokumentationsfragen und bei Recherchen. Leseplätze mit Internetarbeitsplatz, Lexika usw. Konsultationsmöglichkeit für aktuelle Zeitschriften, Wörterbücher, Nachschlagewerke und aktuelle Fahrpläne ausländischer Bahnunternehmungen. Zentrum Paul Klee Monument im Fruchtland 3, 3001 Bern Di-So 10:00-17:00 h / Do 10:00-21:00 h Kindermuseum Creaviva 10:00-17:00 h, Do bis 21:00 h Rémy Zaugg – Nachbar Tod und die Wahrnehmung bis 3.6. Paul Klee – Ad Parnassum 12.6. - 14.10. Paul Klee – Überall Theater 28.6. - 14.10. Führungen und Aktivitäten finden Sie in der ensuite - kulturmagazin-agenda und unter www.zpk.org

Stiftung Historisches Erbe SBB Bollwerk 12, 3000 Bern 65 Mo-Fr 9:00-12:00 h & 13:30-17:00 h Die Infothek der Schweizer Bahngeschichte zum Nachlesen und Ansehen. Unsere öffentlich zugängliche Infothek bietet Ihnen u. a. folgende Dienstleistungen an: regelmässige Publikation ausgewählter artensuite Juni 06 | 07


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