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FOOD-TRENDS 2023
from manufakt 11/2022
by lvh.apa
Die Zukunft auf dem Tisch
WAS UND WIE WIR MORGEN ESSEN HÄNGT VON VIELEN GLOBALEN ENTWICKLUNGEN AB UND HAT EINFLUSS AUF DIE BERUFE IN DER NAHRUNGSMITTELBRANCHE.
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Die Lebensmittelbranche steht vor einer gigantischen Transformation. Dabei geht es nicht nur um das veränderte Essverhalten der Konsumenten. Es sind vor allem globale Herausforderungen, die den Wandel in der Branche vorantreiben. Während der Qualitätsanspruch und damit auch das Verlangen nach regionalen Produkten steigt, kommt gleichzeitig die Forderung nach neuen und effizienten Produktionssystemen, plastikfreier Verpackung sowie nachhaltigem Konsum und effizienter Abfallreduzierung auf. Damit entsteht eine neue Fahrtrichtung für das gesamte Lebensmittelsystem, welche die verschiedenen sektorbezogenen Politiken zusammenbringen soll, die sich auf die Erzeugung, Verarbeitung, Verteilung und den Verbrauch von Lebensmitteln auswirken.
NACHHALTIGKEITSHERAUSFORDERUNGEN
Ökologische, gesundheitliche und sozioökonomische Gründe sind Auswirkungen, mit denen die Nahrungsmittelbranche verstärkt konfrontiert wird. Laut einer IPES (International Panel of Experts on Sustainable Food Systems) Studie gehen etwa 20 Prozent der in der EU produzierten Lebensmittel jedes Jahr verloren oder werden verschwendet. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Zugang zu gesunder und ausreichender Ernährung für viele Millionen Menschen weltweit unerreichbar ist. Damit wird auf EU-Ebene der Ruf nach einer Reform der Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen laut ebenso wie die Forderung von Anreizen für nachhaltige Ernährung. Damit einhergehend müssen faire, kürzere und saubere Lieferketten gewährleistet werden, die gerade in Krisenzeiten die Produktion und Lieferung ermöglichen.
ZUGANG ZU GESUNDER NAHRUNG IMMER SCHWIERIGER
BLICK IN DIE ZUKUNFT
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ist eines klar: Die Gesellschaft muss neue Wege erschließen, Nahrungsmittel zu produzieren und zu konsumieren. Erst dann wird der Hebel für nachhaltige Produktion und Ernährung starten können. Die Meinung, dass zukünftig Standards für ökologisch erzeugte Lebensmittel ausreichen oder Fleischersatzprodukte die Heilsbringer für die Deckung der Proteinnachfrage sind, ist ein Irrglaube. Vielmehr ist grundsätzlich ein Umsteuern bei der Erzeugung und Konsum von Nahrungsmitteln erforderlich.
Oft ist weniger mehr
© Double Brain/Shutterstock
HANNI RÜTZLER SPRICHT IN IHREM FOOD REPORT 2023 VON DREI FOOD TRENDS:
01
New Glocal
In den letzten Jahren wurde immer wieder der Wunsch nach einem neuen und sinnvolleren Verhältnis von lokal produzierten und global importierten Lebensmitteln geäußert. „New Glocal“ berücksichtigt nicht nur lokale und globale Aspekte. Das primäre Kriterium, ob Lebensmittel importiert werden oder nicht ist nicht mehr der günstigste Preis, sondern die regionale Verfügbarkeit. Bereits während Corona kamen die Abhängigkeiten von globalisierten Lieferketten zum Vorschein. Geopolitische Krisen verstärken dieses Problem.
Trendprognose:
New Glocal ist ein Vorbote der nächsten Evolutionsstufe in der globalen Lebensmittelproduktion, die sich durch einen neuen Fokus auf Regionalität und nachhaltiges Wirtschaften mit resilienten Verschränkungen zu überregionalen und globalen Strukturen auszeichnen wird. Schritt für Schritt wird dies auch zu einer Neuausrichtung des Sortiments in Supermärkten, aber auch zur Ausweitung des internationalen Direktvertriebs führen.
02
Veganisierung von Rezepten
Ein Großteil der Südtiroler, der deutschen oder auch österreichischen Küche basiert auf tierischen Lebensmitteln. Immer häufiger entwickelt die Lebensmittelindustrie raffinierte Ersatzprodukte, um auch traditionelle Gerichte veganisieren zu können. Dabei muss nicht immer auf Hightech-Ersatzprodukte zurückgegriffen werden, sondern auch natürliche Zutaten wie Pilze, Kräuter, Hülsenfrüchte usw. können Gerichte verfeinern.
Trendprognose:
Vegane Alternativen bestimmter Traditionsspeisen werden zum Standard. Der Wettbewerb um das Geschmackserlebnis, das dem Original am nächsten kommt – oder es sogar übertrifft – ist bereits in vollem Gange und wird in den nächsten Jahren mit neuen Ersatzprodukten, Kochbüchern und kreativen Rezeptideen Erstaunliches hervorbringen.
03
Regenerative Lebensmittel
Bereits beim Einkauf spielt immer mehr der Gedanke mit, wo die Lebensmittel herkommen. Die Auswirkungen einer schlechten Energie- und Nachhaltigkeitsbilanz sowohl für tierische als auch pflanzliche Lebensmittel sind omnipräsent. Warum Produkte kaufen, die zu viel Wasser verbrauchen oder die Humusschicht der Böden reduziert? Warum eine extensive Tierwirtschaft unterstützen, welche die Treibhausemissionen in die Höhe treibt? Nur wenn Lebensmittel nach Kriterien der regenerativen Landwirtschaft produziert werden, kann ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Diversifizierung führen. In der Spitzengastronomie ist dieser Trend bereits sehr gefragt. Auch internationale Konzerne signalisieren immer mehr, innerhalb der eigenen Lieferkette vermehrt auf Produkte aus der regenerativen Landwirtschaft zurückgreifen zu wollen.
Trendprognose:
Regenerative Lebensmittel werden in naher Zukunft immer bedeutender, aber auch als Unterscheidungsmerkmal für Premiummarken eine wichtige Rolle spielen. Die Methoden der regenerativen Landwirtschaft werden einen Wandel in der Agrarwirtschaft hervorrufen.
WIE NEHMEN DIE BERUFE IM LEBENSMITTELBEREICH DIESE TRENDS WAHR?
Mit seinen regionalen Strukturen und hochwertigen Produkten kann das Handwerk von diesen Trends profitieren. Höchste Qualität, das Tierwohl im Mittelpunkt und regionale Nähe stehen unter den Betriebsinhabern der Lebensmittelberufe an erster Stelle.
Christoph Pöhl, Konditor in Meran
Gute Erfahrungen mit veganem Sortiment
Wir bieten vegane Waren bereits an und haben inzwischen auch einen treuen Kundenstock, der die Angebote wohlwollend annimmt. Es gibt dennoch einige Kunden, die z. B. veganen Produkten skeptisch gegenüberstehen bis sie diese selbst probiert haben. Auf jeden Fall ist es möglich mit natürlichen Rohstoffen qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Ich gehe davon aus, dass dieser Trend weiter anhalten wird.
Hannes Mair, Metzger in Terlan
Regionalität im Mittelpunkt
In unserer Metzgerei spielt der Regionalitätsfaktor eine zentrale Rolle. Wir achten strikt darauf, dass die Tiere, dessen Fleisch wir anbieten, in Südtirol geboren, gemästet und geschlachtet werden. Entsprechend haben unsere Rohstoffe auch kurze Wege . Noch keine wirklich guten Alternativen gibt es hinsichtlich Verpackungen, da gerade im Lebensmittelbereich hohe Hygienestandards gelten.
Nikolas Liguori, Speiseeishersteller in Bozen
Qualität wichtiger denn je
Man merkt immer mehr, dass die Kunden noch stärker auf Qualität setzen. Wir verwenden ausschließlich frische Früchte und Zutaten für unsere Eissorten, um ganz besondere Geschmackserlebnisse bieten zu können. Was wir immer schon im Sortiment hatten, sind vegane Eissorten. Generell stellen wir kein Eis mit Eiern her. Aufgrund der Nachfrage nach glutenfreien Produkten, bieten wir auch diese an.
Benjamin Profanter, Bio-Bäcker in Brixen
Hohe Sensibilität bei jungen Generationen
Vegane und vegetarische Ernährung gewinnen bei jungen Leuten zunehmend an Bedeutung, da sie immer größeren Wert auf Ressourcenschonung, Tierwohl und gesunde Ernährung legen. In der Biobranche ist das Thema schon seit vielen Jahren präsent und erfährt nun auch im klassischen Handel große Zuwächse. Schade ist allerdings, dass industriell hergestellte vegane Lebensmittel oft voller künstlicher Zusatzstoffe sind.