Wirtschaftszeitung - das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung | Juni 2020

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Das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung

Ausgabe 7

Heft 2/2020

Preis: 2,90 €

Ralf Rangnick – Leipzigs

Top-Verpflichtung

Es ist ganz eindeutig: Mit ihm kam der Aufschwung. Als Ralf Rangnick vor acht Jahren nach Leipzig kam, um als Sportdirektor den damaligen Regionalligisten Rasenballsport Leipzig zu übernehmen, hatte er ganz offenkundig das richtige Rezept in der Tasche. Der gebürtige Baden-Württemberger verschrieb der Mannschaft einen radikalen Kurswechsel: hin zu einer dynamischen, ballorientierten Vorwärtsverteidigung, gepaart mit hohem Tempo. Junge, entwicklungsfähige Spieler statt satter, altgedienter Stars – das Konzept ging auf. RB Leipzig

zum Erstbundesligisten und Champions-League-Teilnehmer: Ralf Rangnick (61). Er ist auch sozial stark engagiert.

schaffte vor sieben Jahren den Aufstieg in die dritte Liga und gleich danach den Sprung in die zweite Bundesliga. Nach einer Ehrenrunde dort ging es in die Eliteklasse und prompt in die europäischen Wettbewerbe. RB Leipzig hat sich unter den Top-Teams der Bundesliga etabliert. Mehr fußballerischer Erfolg geht kaum. Ralf Rangnick hat sich ohne Zweifel als Top-Verpflichtung für die Region Leipzig erwiesen. Heute verantwortet er als „Head of Sport and Development Soccer“ die weltweiten Aktivitäten des österreichischen Getränkekonzerns Red Bull. Ulrich Milde

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Unternehmer & Unternehmen Steht unter Strom: EEX-Chef Peter Reitz. Seite 3 Geld & Märkte Spricht für Sachsens Handel: Verbandsboss Joachim Otto Seite 12
Forschung & Innovation
privat Wacker Chemie AG
Baut auf Bakterien: Wacker-Managerin Susanne Leonhartsberger. Seite 22
Hendrik
Leben & Stil Setzt sich für Kultur ein: Funzel-Intendant Thorsten Wolf. Seite 25 André Kempner
André Kempner
Schmidt/dpa
Machte RB Leipzig

Unternehmer & Unternehmen

Die Leipziger EEX ist der weltweit führende Stromhändler 3

Vorstandschef Peter Reitz im Gespräch

Martin Bergner will braune Zöpfe abschneiden 4

Altes Gesetz führt zur Auflösung des Konsums Altenburg

Wiederaufbaufonds: ein Solidaritätsinstrument

Von Achim Wambach

In ganz Europa hat die Corona-Krise schwerwiegende wirtschaftliche Folgen. Ausmaß und Art der Schädigung sind dabei von Land zu Land und von Region zu Region unterschiedlich ausgeprägt. Die EU reagiert mit verschiedenen Instrumenten auf die vielfältigen Probleme, eine Systematik zeichnet sich langsam ab. Jetzt plant sie einen Wiederaufbaufonds.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron haben einen „Wiederaufbaufonds“ von 500 Milliarden Euro zur wirtschaftlichen Erholung Europas vorgeschlagen. Die EU hat die Initiative aufgegriffen und ein Konjunkturpaket in Höhe von 750 Milliarden Euro vorgelegt, von denen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse vergeben werden sollen, der Rest als Kredite.

Eine erfolgreiche Reaktion auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise erfordert die Umsetzung problemorientierter Instrumente. Zu den akuten Baustellen in der europäischen Wirtschaft zählen: Solidarität – die Unterstützung derjenigen, die sehr schwer von der Krise betroffen sind; Stabilität – die Sicherung der Zahlungsfähigkeit für Unternehmen und Länder mit hohem Schuldenstand; Erholung – die Umsetzung einer effektiven Konjunkturpolitik.

Stabilisierungsinstrumente stellen Liquidität und Mittel für Unternehmen und Länder mit hoher Verschuldung sicher, damit sie gut durch die Krise kommen. Firmen werden dabei weitgehend durch nationale Programme gestützt. In Deutschland übernimmt dies der zu Anfang der Krise verabschiedete Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der Mittel für Kredite und für Rekapitalisierungsmaßnahmen bereitstellt. Das neu aufgelegte Programm der Europäischen Investitionsbank in Höhe von 25 Milliarden Euro, das sich an kleine und mittlere Unternehmen wendet, ergänzt die nationalen Anstrengungen.

Die Europäische Zentralbank hat ein gewaltiges PandemieNotfallankaufprogramm in Höhe von 1,35 Billionen Euro aufgelegt, um Risiken für die Finanzmärkte entgegenzuwirken. Diese Anleihekäufe tragen dazu bei, dass Länder, insbesondere solche mit hohem Schuldenstand, in der Krise nicht vom Kapitalmarkt ausgeschlossen werden. Hinzu kommt das neu aufgelegte Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus, der 240 Milliarden Euro für Hilfskredite bereitstellt.

Solidaritätsinstrumente haben die Betroffenheit als zentrales Kriterium: Von der Logik ähnlich wie bei Naturkatastrophen erhalten die Regionen und Wirtschaftssektoren, die stärker unter der Krise leiden, Unterstützung von den weniger Betroffenen. Das ZEW hat in einer Studie untersucht, was dies bedeuten könnte: Mittel würden an die Länder und Regionen fließen, in denen der Einbruch der Wirtschaftsleistung und der Anstieg an

Vorteile für die Ost-Wirtschaft

Von Ulrich Milde

Impressum

Wirtschaftszeitung – Das Unternehmerblatt der Leipziger Volkszeitung

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Redaktionsleitung: Ulrich Milde

Redaktion: Dr. Ulrich Langer, Frank Schmiedel, Stefan Michaelis, Nannette Hoffmann

Layout: Christiane Kunze, Silke Kaiser

Vermarktung: Björn Steigert, Thomas Jochemko

Projektleitung: Daniela Linke

V.i.S.d.P.: Jan Emendörfer

Verlag und Herstellung: Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & KG Peterssteinweg 19, 04107 Leipzig. Geschäftsführer: Björn Steigert, Adrian Schimpf

Druck: Pressedruck Potsdam GmbH

Auflage: 20 000

Nächster geplanter Erscheinungstermin: September 2020

Preis: 2,90 Euro

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Die Corona-Pandemie hat wie ein weltweiter Tsunami gewirkt. Mit vielen, vielen negativen Folgen auch für die hiesige Wirtschaft. Absatzmärkte sind durch den Lockdown eingebrochen, Industrieproduktionen wurden gestoppt, so manche Dienstleistung wurde zwangsweise ausgesetzt, viele Beschäftigte notgedrungen in Kurzarbeit geschickt. Die Krise hat viel Negatives bewirkt. Mit Folgen, die noch lange zu spüren sein werden. Gleichwohl hat es aber auch das eine oder andere Positive gegeben.

Erfreulicherweise hat der Staat relativ schnell reagiert und, bei aller Kritik am Detail, milliardenschwere Hilfsprogramme aufgelegt. Das war in diesem Umfang nur möglich, weil zuvor die Steuereinnahmen dank einer florierenden Wirtschaft immer neue Höhen erreichten. Das verführte zwar viele Politiker, nach dem Motto „geben ist seliger denn nehmen“, viel zu viel für konsumtive Zwecke zu spendieren. Doch dank der Schuldenbremse waren dem Grenzen gesetzt. So gelang es, ein Finanzpolster anzusetzen. Das zeigt: Es ist in guten Zeiten wichtig, nach Möglichkeit Rücklagen zu bilden, um im Krisenfall finanziellen Spielraum zu haben. Das gehört auch zur Verantwortung der Unternehmer. Ein politischer Streit ist darüber entbrannt, wie diese zusätzlichen Schulden zurückzuzahlen sind. Ein Teil plädiert für Steuererhöhungen, denkt an eine Vermögensabgabe. Diese Politiker vergessen dabei, dass laut OECD-Bericht Deutschland bei der Belastung durch Steuern und Abgaben weltweit bereits jetzt an der Spitze liegt. 39,9 Prozent der Einkünfte gingen im vorigen Jahr gleich wieder weg an die gierigen öffentlichen Hände. Im OECD-Durchschnitt waren es lediglich 25,9 Prozent. Da verbieten sich weitere Anhebungen von selbst. Oben drauf kommt, dass die staatlichen Hilfsmaßnahmen mit einem „angemessenen Tilgungsplan“ versehen sind, wie es der Bundesrechnungshof kürzlich feststellte. Es ist folglich vielmehr an der Zeit, die Wachstumskräfte zu entfalten, die Unternehmen nicht zu überfordern mit weiteren Regulierungen, Einschnitten und zusätzlichen Kostenbelastungen. Steigt die Wirtschaftsleistung wieder, nehmen die

Arbeitslosigkeit größer ist. Demnach würden Griechenland, Italien und Spanien, und, wenn man die Arbeitslosigkeit stärker gewichtet, auch Bulgarien und Kroatien, relativ zu ihrer Wirtschaftskraft die meisten Hilfen bekommen.

Das ebenfalls zur Bekämpfung der Krise aufgelegte Europäische Programm SURE erfüllt die Ansprüche an ein Solidarinstrument nicht. Bei SURE werden den Mitgliedstaaten bis zu 100 Milliarden Euro in Form zinsgünstiger Darlehen zur Verfügung gestellt, damit sie die Kosten ihrer Kurzarbeitsregelungen decken können. Aber warum sollte das jeweilige Land dies nicht selber machen, da Arbeitsmarktpolitik eine nationale Aufgabe ist?

Ein Konjunkturprogramm schließlich dient der Stärkung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, damit ansonsten brachliegende Kapazitäten wieder ausgelastet werden. Offen ist, in welcher Form und auf welcher Ebene die Ankurbelung der Konjunktur erfolgen wird. Ein europäisches Handeln ist vor allem dann sinnvoll, wenn dadurch ein zusätzlicher Mehrwert entsteht. Der Erhalt des europäischen Binnenmarkts ist für alle Mitgliedstaaten von Interesse. Insbesondere Deutschland, mit einer exportorientierten Wirtschaft, müsste ohne leistungsfähige Partner mit großen Einbußen rechnen. Dennoch, die Erholung der nationalen Wirtschaft liegt primär im nationalen Interesse. Der Europäische Wiederaufbaufonds ist im jetzigen Planungszustand nicht zielgerichtet, da er die Solidarität zwischen mehr und weniger betroffenen Regionen mit der Stabilisierung der hochverschuldeten Länder und einer Ankurbelung der Konjunktur kombiniert. Abgesehen davon soll der Fonds die Basis für den European Green Deal, das Prestigeprojekt von Kommissionspräsidentin von der Leyen, bilden sowie an die Einhaltung der länderspezifischen Empfehlungen der EU geknüpft werden. Mit dieser Vielfalt an Anforderungen läuft er Gefahr, keinem der Ziele gerecht zu werden. Der EU-Rat wäre gut beraten, bei der weiteren Ausarbeitung des Fonds konsequent zu sein: Der Wiederaufbaufonds ist ein Solidaritätsinstrument. Daher sollten die Mittel an besonders betroffene Regionen und Sektoren als Zuschüsse vergeben werden

Steuereinnahmen zu. Gekoppelt mit finanzpolitischer Ausgabendisziplin können die öffentlichen Haushalte so wieder in den Griff bekommen werden – zum Wohle der nachfolgenden Generationen.

Klar sollte allen, Unternehmern wie Privatpersonen, auf jeden Fall sein, dass die Hoffnung auf höhere Zinsen bis auf Weiteres nur Träume bleiben. Die Europäische Zentralbank hat ihre Geldschleusen weit geöffnet. Sparer, Pensionsfonds, Lebensversicherungen – sie alle leiden darunter heftig. Hier ist die Politik gefordert, nachhaltige Lösungen zu finden. Ebenfalls positiv ist, dass viele Firmen ihren Ideenreichtum unter Beweis stellten. Da wurde die Produktion kurzfristig etwa auf Desinfektionsmittel und Mund-Nasen-Schutz umgestellt, Restaurants forcierten den Außer-Haus-Verkauf, Buchhandlungen verstärkten den Online-Absatz. Eine nur kleine und völlig unvollständige Aufzählung. Und: Das Gemeinwohl blieb nicht komplett auf der Strecke. Ein Beispiel von vielen: der Leipziger Straßenbahnbauer Heiterblick GmbH. Die Firma unterstützt das Kinderfest im Zoo im September und ist Namensgeber des Projektes „Kinder helfen Kindern“. Auch das macht Mut.

Eine weitere Erkenntnis: Gerade in den neuen Ländern war angesichts der Knappheit an Gütern lange Jahre die Kreativität der Menschen besonders gefordert. Die Nachwirkungen sind heute noch spürbar und zwar positiv. Deshalb: Wer, wenn nicht Ostdeutschland, wenn nicht die pfiffigen Sachsen, sollte rasch aus der Krise kommen und sie als Chance sehen, zu neuen Ufern aufzubrechen.

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Kommentar
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Achim Wambach (52): Der Professor ist Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim.
ZEW
Ulrich Milde ist Redakteur der Wirtschaftszeitung. Christian Modla
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Zwischen Tradition
8 Das Bodenbearbeitungsgerätewerk
Geld & Märkte „Vom Normalbetrieb weit entfernt“ 9 Sachsens Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner im Interview The Show must go on 1 0 Festivalbranche hofft auf Neustart im kommenden Jahr Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft 11 Achim Oelgarth sieht Finanzbranche in der Pflicht Mit dem Rücken zur Wand 12 Für die Gastronomie geht es um die Existenz „Einkaufen soll den Kunden Freude machen“ 13 Sachsens Handelsverbandspräsident Joachim Otto im Interview So kommt die Region gut aus der Krise 14 Vier Wirtschaftsexperten geben Ratschläge Das lange Warten auf Fördermittel 15 Zwei Firmen berichten über ihre Erlebnisse „Ich erwarte eine lang anhaltende Stagnation“ 1 6 Uni-Professor Gunther Schnabl im Interview zu China Forschung & Innovation Spitzenforschung an kleinen Standorten 17 Überblick über Einrichtungen in Thüringen Neuer Hub für Software-Entwicklung 1 8 Hallenser Firma sieht Chance für weiteres Wachstum Die zehnte Klasse im Spin-Lab ist eingetroffen 1 9 Start-ups zeigen hohes Innovationspotenzial Impact Hub hat Geld für Umzug zusammen 20 Jetzt geht es in die Konsum-Zentrale Kleines Gerät für gesundes Atmen 21 Gratis-Test für schnelle WirtschaftszeitungsHeilsame Bakterien 2 2 Wacker-Konzern arbeitet in Jena und Halle für die Pharmabranche Mobile App für den Gesundheitsmarkt 2 3 Unternehmen aus Halle seit Jahren erfolgreich Sachsens Unternehmer des Jahres 24 Appsfactory holt sich den begehrten Titel Leben & Stil
Garten der Dummheit ist immer Frühling“ 2 5 Funzel-Chef Thorsten Wolf – ein Mann mit vielen Ideen Käse-Genuss aus Sachsen-Anhalt 26 Genießer bekommen Einblicke in ein altes Handwerk Der Bücherkönig aus Rötha 27 Frank Schulze hat traditionsreiche Firma LKG übernommen „Nach der Krise mit dem Stärken wirtschaften“ 2 8 HHL-Professor Timo Meynhardt nimmt Führungskräfte in die Pflicht Aus Uwe Kösters Weinkeller 2 9 Winzer Klaus Böhme kann nicht nur Weißburgunder Business Class 30 Neues aus den Chefetagen der regionalen Wirtschaft Das Boss-Büro 31 Blick ins Office von Stefan Schedler und Jonathan Hexel Ralf Rangnick – Einsatz für Kinder 32 Ex-RB-Leipzig-Sportdirektor berichtet über seine Stiftung
Der Reiz des Neuen
Sparkassen-Firmenkundenvorstand Andreas Koch wechselt nach Potsdam Die Leipziger Foren – eine unbekannte Größe
Gründer Klaus Rosenbaum sieht sich als Innovationspartner
und Moderne
Leipzig behauptet sich
„Im
Inhalt

Der weltweite Stromhändler Nr. eins

Leipziger Energiebörse EEX feiert 20. Geburtstag

Exakt am 15. Juni 2000 nahm die Leipziger Strombörse (LPX) ihre Tätigkeit auf. Sie fusionierte zwei Jahre später mit der Frankfurter Strombörse zur European Power Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig. Seit August 2011 ist Peter Reitz (54) Vorstandschef des Unternehmens, das heute 700 Mitarbeiter hat und im vorigen Jahr einen Umsatz von 304 Millionen Euro erwirtschaftete. Der Diplom-Mathematiker über …

… den 20. Firmengeburtstag: Damals, vor 20 Jahren, hat eine sehr kleine Gruppe von Leuten angefangen, einen Strom-Spotmarkt aufzubauen. Seither ist viel passiert. Die heutige EEX-Gruppe hat mit dem, was am Anfang war, nicht mehr viel gemeinsam. Wir haben ganz viele Meilensteine erreicht. Bei uns werden nicht mehr nur kurzfristige Stromkontrakte gehandelt, sondern Terminmärkte kamen ebenso hinzu wie weitere Produkte wie Gas, Agrar, CO2-Emissionen und Fracht. Ein ganz wichtiger Baustein war die Etablierung eines eigenen Clearinghauses.

… über die weltweite Expansion: Als ich zur EEX kam, hatten wir gerade einen Standort, Leipzig, und waren dabei, das erste Auslandsbüro zu eröffnen, und zwar in London. Inzwischen sind wir an 17 Standorten weltweit präsent, sind neben Europa in Nordamerika und in Asien aktiv.

… die Bedeutung der EEX: Wir sind im weltweiten Stromhandel die Nummer eins und in unserem Segment ein Hidden Champion. Ich glaube, die EEX hat eine wirkliche Erfolgsgeschichte geschrieben.

... den Standort Leipzig: Wir fühlen uns, mich eingeschlossen, sehr wohl und haben die besten Voraussetzungen für unser Geschäft. Unsere mehr als 300 Mitarbeiter stellen ein wesentliches Asset dar und haben unser Know-how hier aufgebaut. Leipzig hat eine Historie als Handelsstadt, ist ein wichtiger Energiestandort und eine weltoffene Stadt. Das passt sehr gut zu uns. Das zeigt sich auch daran, dass wir unsere Mietverträge vorzeitig verlängert haben. Wir bleiben dem Standort Leipzig treu.

… über die Aussichten in diesem Jahr: Es ist schwer vorherzusagen, wie sich die wirtschaftliche Erholung nach Corona darstellt. Aber wir sind gut in das Jahr gestartet, hatten ein sehr gutes erstes Quartal. Auch jetzt in den Corona-Krisenzeiten sind unsere Dienstleistungen weiter nachgefragt. Wir konnten sie uneingeschränkt zur Verfügung stellen, zum Großteil aus den Home-Offices unserer Mitarbeiter heraus. Bislang laufen unsere Geschäfte gut. Ich rechne damit, dass das so bleiben wird.

…die weitere Wachstumsstrategie: Weiße Flecken auf der Landkarte versuchen wir zu vermeiden. Wir haben uns geografisch sehr weit ausgedehnt, zuerst in Europa. Hier sind wir in 20-Strom-Marktgebieten tätig, die sich zum Teil über mehrere Länder erstrecken. Wir beobachten die Energiemärkte weltweit. Immer wenn die Voraussetzungen für einen börslichen Handel vorhanden sind, prüfen wir, ob wir dort ein Produkt anbieten können. So wie in den USA. Dort sind wir inzwischen die größte Strombörse. Aktuell haben wir ein neues Angebot, einen Clearingservice, in Japan geschaffen. So werden wir das überall dort handhaben, wo sich Chancen ergeben.

…über den Emissionshandel: In diesem Markt sind wir seit 2005 tätig. Wir haben also seit 15 Jahren Erfahrung, damit sind wir global führend. Unsere Expertise ist gefragt, wenn Länder Emissionshandelssysteme aufbauen wollen. Wir engagieren uns unter anderem auch in den USA in Kalifornien und an der Nordostküste.

…über die Zukunft des Emissionshandels in Europa: Generelles Ziel ist es, die Emissionen zu reduzieren. Das Emissionshandelssystem in Europa deckt nur un-

gefähr die Hälfte der emittierten CO2-Emissionen ab. Es ist daher wichtig, den Handel auf die beiden großen Sektoren auszudehnen, die noch nicht abgedeckt sind: Wärme und Verkehr. Es ist begrüßenswert, dass die Bundesregierung vor Kurzem beschlossen hat, in die Vorreiterrolle zu schlüpfen und für diese beiden Sektoren Systeme zu etablieren mit dem Ziel, dass weitere europäische Partner mitmachen.

… die grundsätzliche Bedeutung der CO2-Senkung: Es handelt sich um ein globales Problem. Dem Planeten ist es egal, wo CO2 emittiert wird. Es gilt daher, internationale Allianzen zu bilden, Handelssysteme in weiteren Teilen der Welt zu etablieren. Fernziel muss sein, einen globalen Preis für CO2 zu etablieren.

… über Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft: Dort findet gerade ein großes Umdenken statt. Die Zahl der Investoren nimmt deutlich zu, die den Unternehmen sagen, wenn es bei euch kein Umdenken hin zu einem ökologischen Wirtschaften gibt, dann werdet ihre keine Finanzgeber mehr finden. Die Wirtschaft hat die Zeichen der Zeit erkannt, dass sie etwas tun muss. Daher mache ich mir um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie keine Sorgen. Oben drauf kommt, dass bei den Corona-Unterstützungsprogrammen Nachhaltigkeitsaspekte eine große Rolle spielen. Green Recovery wird für einen weiteren Schub sorgen.

… über die Folgen für Autofahrer: Es dürfte teurer werden. Aber es ist ja auch der gewünschte Aspekt, klimaschädliches Verhalten mit einem Preis zu belegen, um eine Verhaltensänderung zu erreichen. Im Übrigen wird über Gegenfinanzierungen nachgedacht, etwa, indem die Einnahmen aus dem Emissionshandel an die Verbraucher zurückgegeben werden.

… über die Herausforderungen für die EEX durch die Energiewende mit stark schwankenden Stromeinspeisungen: Das ist für uns keine Herausforderung mehr. Unsere Systeme sind dafür vollständig geeignet. Die Volatilität bei der Einspeisung führt zu Volatilität bei den Preisen. Das sehen wir speziell im kurzfristigen Markt. Die starken Preisschwankungen dort sind genau die Signale, die zur Flexibilität anreizen, sei es bei der Stromerzeugung, sei es beim Verbrauch. Große Industriekunden investieren in die Flexibilität ihrer Produktionsprozesse, um Strom dann abzunehmen, wenn er günstig ist. Der Verbrauch muss und wird sich mehr als früher an der verfügbaren Stromerzeugung ausrichten.

…über die Entwicklung des Strompreises: Der Verbraucher zahlt gegenwärtig im Schnitt rund 31 Cent je Kilowattstunde. Wir aber stellen den Großhandelspreis fest. Er macht ungefähr 20 Prozent des Betrages aus, der beim Endkunden ankommt. Unserer Preise liegen aktuell bei ungefähr vier Cent, alles andere sind vor allem Abgaben und Steuern sowie Netzentgelte. Bei uns an der EEX kann Strom bis zu sechs Jahre im Voraus gehandelt werden. Man sieht es am Terminmarkt, der Preis für 2026 wird dabei nur unwesentlich höher gehandelt als heute.

…über die Folgen des Atom- und Kohleausstiegs: Viele Menschen glauben, der Strom werde deshalb teurer. Am Markt sieht man das nicht. Entscheidend für den Endkundenpreis wird sein, wie sich die Steuern und Abgaben entwickeln.

...über die EEX in zehn Jahren: Das ist schwierig vorherzusagen. Die EEX-Gruppe ist weltweit die Plattform mit dem größten Stromhandelsvolumen und das wollen wir auch bleiben. Und wir wollen alle weiteren Märkte ausbauen und weitere Dienstleistungen, womöglich irgendwann auch Wasserstoff, in unser Angebot aufnehmen. Ich bin davon überzeugt, dass wir unsere Wachstumsstory fortsetzen werden.

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EEX-Vorstandschef Peter Reitz will die Wachstumsstory fortsetzen. Von Ulrich Milde
„Am Markt sieht man nicht, dass der Atomund Kohleausstieg den Strom verteuert.“
Peter Reitz (54)

müssen die braunen

Es hilft nichts, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.“

Dieses Zitat des 2013 gestorbenen Schauspielers, Buchautoren und Kabarettisten Dieter Hildebrandt trifft auf einen in der bundesrepublikanischen Rechtsgeschichte wohl einmaligen und inzwischen letztinstanzlich entschiedenen juristischen Streit zu. Das Landgericht Gera wies die Beschwerde der Konsumgenossenschaft Altenburg gegen den Mitgliedszwang in einem genossenschaftlichen Prüfverband ab. „Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat“, so die Richter, seien weitere juristische Schritte nicht möglich. Eine zumindest zweifelhafte Entscheidung der Thüringer Richter, meinen Rechtsexperten.

Mit drastischen Folgen: Der Konsum Altenburg verliert seine Existenz. „Hier wird von Amts wegen eine Konsumgenossenschaft, die wirtschaftlich solide handelt, die auf eine fast 150-jährige Geschichte zurückblicken kann, die erfolgreich die Wendezeit gemeistert hat und noch heute mit ihren Immobilien die Versorgung auf dem Land, zum Beispiel in KohrenSahlis, sichert, aufgelöst“, ärgert sich Martin Bergner, Vorstandssprecher der Zentralkonsum eG und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Konsumgenossenschaft Altenburg und Umgebung eG.

Das war passiert: Die Aufständigen aus Altenburg hatten zum Jahresende 2016 ihren Austritt aus dem Genossenschaftsverband der Regionen erklärt. Ein

unerhörter Affront. Schließlich müssen Genossenschaften laut Gesetz einem Verband angehören, dem das Prüfungsrecht verliehen ist. Der große Haken an der Geschichte, was die Geraer Richter aber nicht störte: Das Gesetz zur Zwangsmitgliedschaft stammt aus dem Jahr 1934. Die nationalsozialistische Reichsregierung hatte das ohne Beteiligung des Parlaments beschlossen, um die Genossenschaften gleichzuschalten, zu überwachen und eng an das NS-Regime zu binden. Das Gesetz wurde nach Gründung der Bundesrepublik unverändert übernommen und gilt heute somit auch in den neuen Ländern.

Das Geraer Gericht bezog sich auf den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2001. Damals hatte die Volksbank Ost Lippe eG geklagt. „Dies war zu erwarten, dennoch sind wir diesen Weg gegangen, einerseits in der Hoffnung, dass sich nach rund 20 Jahren die Rechtsauffassung geändert haben könnte, andererseits auch, um eine breite Diskussion des Themas anhand eines realen Beispiels in der Öffentlichkeit anzustoßen“, erläutert Bergner. Das mangelnde Interesse der Gesellschaft an Genossenschaften zeige sich in diesem abgeschriebenen Beschlusstext des Landgerichts Gera, „obwohl wir, die Genossenschaften, 20 Millionen Mitglieder haben“. Es bestehe offenbar keinerlei Interesse, sich mit der Thematik zu befassen. Bereits seit Jahren hat sich Bergner dem Kampf gegen die Zwangsmitgliedschaft verschrieben:

„Diese heilige Kuh der Genossenschaftsverbände scheint unantastbar zu sein.“ 75 Jahre nach Ende des Dritten Reichs werde auf Grundlage einer nachweislich vom Nazi-Regime ohne parlamentarische Beratung und Abstimmung eingeführten Vorschrift eine Konsumgenossenschaft zwangsaufgelöst. Bergner sagt, er hoffe, dass dieses Aus nicht vollkommen umsonst gewesen sei und „endlich eine offene Diskussion um die Abschaffung dieses längst überholten Paragraphen 54 des Genossenschaftsgesetzes stattfindet – und zwar auf allen Ebenen: Politik, Wissenschaft, Verbände und Genossenschaften“. Es sei an der Zeit, den Vorständen der Genossenschaften unternehmerisches Denken und Weitsicht zuzutrauen und ihnen im Ergebnis die freie Entscheidung über die Mitgliedschaft in einem Genossenschaftsverband zu überlassen. „Und die Genossenschaftsverbände sollten sich zumindest den freien Wettbewerb um ihre Mitglieder zutrauen“, meint der Vorstandssprecher. Er hatte mit seinem Anliegen alle Abgeordneten des Thüringer Landtages angeschrieben, eine Reaktion kam nur aus der Fraktion der AfD sowie vom Landtagsvizepräsidenten Dirk Bergner (55) von der FDP. Kontakt gebe es auch mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (64), der diese überholte Regelungen als „diskriminierende Gesetze“ einordne, berichtet Bergner, der nicht einsieht, warum eine Genossenschaft sich nicht ebenso wie eine GmbH oder Aktiengesellschaft den Wirtschaftsprüfer frei wählen darf, sondern stattdessen Zwangsmitgliedsbeiträge an Verbände leisten müsste, die für die Wirtschaftsprüfung hohe Gebühren abrechneten. „Wir müssen die braunen Zöpfe endlich abschneiden.“

Das Eigenartige der deutschen Vorschrift und der Gerichtsentscheidung wird nach Auffassung von Juristen in einem weiteren Punkt deutlich. Wenn die Konsumgenossenschaft Altenburg und Umgebung eG ihren Sitz in ein anderes Land der Europäischen Union verlegen würde, könnte sie sich der Pflichtmitgliedschaft in einem genossenschaftlichen Prüfungsverband nach deutschem Recht entziehen, ohne dass sich am Bestand der Genossenschaft oder derer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch nur irgendetwas ändern würde.

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„Wir
Zöpfe endlich abschneiden“
Von Ulrich
Nach der Auflösung des Konsums Altenburg: Aufsichtsratschef Martin Bergner fordert, alte Regelung aus der Nazi-Zeit abzuschaffen
Milde
Martin Bergner (59) ist Vorstandssprecher der eingetragenen Genossenschaft Zentralkonsum und Aufsichtsratsvorsitzender der Konsumgenossenschaft Altenburg und Umgebung eG. Konsumgenossenschaft

Da ist er seit 13 Jahren im Vorstand der Sparkasse Leipzig. Er hat das Firmenkundengeschäft strukturiert und zum Erfolg geführt. In der hiesigen Unternehmerlandschaft kennt ihn nahezu jeder. Gute Vorzeichen also, um die Früchte der Arbeit weiterhin zu ernten. Doch Andreas Koch verlässt das Institut und wechselt zum 1. Juli in den Vorstand der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam. Dort wird er ebenfalls das Firmenkundengeschäft leiten und zusätzlich für die privaten Baufinanzierungen verantwortlich sein.

Als das Angebot aus Potsdam kam, habe er sich die grundsätzliche Frage gestellt, ob er noch einmal wechseln oder seine Arbeit in Leipzig fortführen wolle, dann wahrscheinlich bis zum Ende seines Berufslebens, erzählt Koch. Seinen für die hiesige Finanzszene überraschenden Wechsel begründet der 57-Jährige letztlich damit, „dass der Reiz, etwas Neues zu machen, gewonnen hat“. Sein künftiger Arbeitgeber ist schließlich auch eine Top-Adresse unter den Sparkassen. In Ostdeutschland sind die Brandenburger mit ihrer Bilanzsumme von 14,2 Milliarden Euro (zum Vergleich: Leipzig kommt auf 9,6 Milliarden Euro) die Nummer eins, bundesweit liegen sie auf Rang sieben. „Klar ist, dass ich nicht zu jedem Institut gegangen wäre“, versichert Koch, der mit seiner Frau in die Potsdamer Innenstadt ziehen wird. Die Mittelbrandenburgische Sparkasse sei eine gesundes, überaus stabiles Institut in einer guten, interessanten Region mit hoher Lebensqualität.

Dabei ist der gebürtige Kölner in gewisser Weise ein Wanderer zwischen Ost und West. Nach dem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Dresdner Bank in der Domstadt. Anschließend studierte er in Würzburg und Bonn Rechtswissenschaften. Er ging zurück zur Dresdner Bank und auf seinen ausdrücklichen Wunsch nach Dresden. Koch, dessen Mutter aus der Nähe von Torgau stammt und dessen Großvater in Leipzig geboren wurde, avancierte später zum Vorstandsassistenten der Dresdner Bank und zog nach Frankfurt. Dort erlebte er hautnah die letztlich gescheiterten Fusionsbemühungen seines Kreditinstituts mit der Deutschen Bank. Als die Dresdner Bank 2008 von der Commerzbank übernommen wurde, war er nicht mehr an Bord. Nach Stationen in Augsburg und in München – dort war er Mitglied der Geschäftsleitung der Dresdner Bank für Bayern – kam der Ruf aus Leipzig.

„Die Zeit hier war hochspannend, interessant und hat großen Spaß gemacht“, resümiert Koch, der in seiner Freizeit, sofern es die Zeit zulässt, sich mit Radfahren, Schwimmen und im Winter mit Skilaufen fit hält. Da habe es Höhen und Tiefen gegeben. „Aber die Höhen haben eindeutig überwogen.“ Und erfolgreich war seine Leipziger Ära allemal. Als Koch kam, lag die Arbeitslosenquote bei gut 17 Prozent, jetzt sind es 6 Prozent. „Ich staune heute noch manchmal, wie friedlich die Menschen angesichts dieser Massenarbeitslosigkeit waren.“ Der Kreditbestand der Firmenkunden der Sparkasse umfasste damals 1,4 Milliarden. Heute „hat sich das auf 2,7 Milliarden Euro fast verdoppelt“. Mit anderen Worten: Der Sparkasse ist es stets gelungen, den Finanzierungsbedarf der Firmen in der Region, die unter anderem durch Ansiedlungen wie die von BMW und Porsche, Amazon und DHL einen kräftigen Aufschwung nahm, zu erfüllen. Und Koch hat es geschafft, den Marktanteil im Firmenkundengeschäft trotz der harten Konkurrenz aus dem In- und Ausland bei 53 Prozent stabil zu halten.

Der Reiz des Neuen

Sparkassen-Firmenkundenvorstand Andreas Koch verlässt nach 17 Jahren Leipzig und wechselt nach Potsdam

Der Bankier hat mit seinem Team seinen Bereich dabei neu strukturiert, unter anderem das Kompetenzzentrum Auslandsgeschäft neu ausgerichtet und ausgebaut. Es wickelt inzwischen das Auslandsgeschäft für zwölf Sparkassen in Sachsen und SachsenAnhalt ab. Auch hier gab es eine Verdoppelung des Geschäfts, einhergehend mit einer steigenden Exporttätigkeit der Unternehmen in Mitteldeutschland. Ein besonderes Anliegen war und ist ihm die Entwicklung des Mittelstandes. Großkonzerne gibt es in der Region nicht. „Unser Geschäft ist daher relativ kleinteilig“, betont der Finanzfachmann. Ziel müsse sein, etwa durch Zusammenschlüsse von Firmen in der Region größere Einheiten zu formen. „Das müssen wir aus eigener Kraft schaffen.“ Da stehe die Sparkasse mit Rat und Tat, dem erforderlichen Know-how und einschlägigen

Netzwerken zur Seite. Ein Schub könnte dadurch erfolgen, dass in den neuen Ländern jetzt viele Unternehmer ihre Nachfolger suchen. Die Generation derer, die nach der Wende den Sprung in die Selbstständigkeit wagte, kommt nach und nach in das Ruhestandsalter. Positiv bewertet Koch die grundsätzliche wirtschaftliche Entwicklung in der Region. „Es ist besonders erfreulich, dass ein Wachstum in der Breite festzustellen ist.“ Jetzt komme es darauf an, Zukunftsthemen und –technologien wie die Digitalisierung noch stärker in den Blick zu nehmen. Zuversichtlich stimme ihn, dass Leipzig eine vielfältige Start-up-Szene habe. Generell habe er „allerhöchsten Respekt vor der Leistung und dem Einsatz der vielen Unternehmer, die existenziell ins Risiko gehen“. Koch sagt im Gespräch mit der LVZ-Wirtschaftszeitung, er gehe davon aus, dass die regionale Wirtschaft trotz aller Schwierigkeiten unterm Strich „erfolgversprechend durch die Corona-Krise kommen wird“. Dazu trügen auch die vielfältigen Hilfsprogramme bei. Natürlich sei die Nachfrage nach

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Liquidität groß. Die Sparkasse habe bis jetzt für rund 150 Millionen Euro Kreditanträge bearbeitet, darunter zwei Drittel für die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Eine ganze Reihe von Betrieben habe den Finanzbedarf aus eigenen Rücklagen abdecken können. „Ich bin mir daher sicher, dass wir die hiesige Wirtschaft trotz aller Bremsspuren aus der Krise herausführen.“ Voraussetzung sei aber, dass von allen Seiten mit den Lockerungen verantwortungsvoll umgegangen werden und ein zweiter Lockdown vermieden werde.

Wenn Koch nun nach Potsdam geht, so wird er Leipzig nicht vergessen, viele Kontakte behalten. „Ich fühle ich Leipzig nach all den Jahren sehr verbunden.“

Die Zeit hier sei sehr prägend gewesen. Die Erfahrungen können ihm bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse nur helfen.

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Der unbekannte Marktführer

Von Ulrich Milde

Der Eingang ist leicht zu übersehen. Schnell ist der Besucher daran vorbeigegangen. Versteckt zwischen einem Schuhgeschäft und einer Eisdiele liegt die Tür des mit der Hausnummer 16 versehenen historischen Gebäudes Hotel de Pologne in der Leipziger Hainstraße. Irgendwie passend. „Wir sind so etwas wie ein Hidden Champion“, schmunzelt Markus Rosenbaum, „in Leipzig kennt uns kaum jemand.“ Er ist der Geschäftsführer der Leipziger Foren Holding GmbH, also eines Unternehmens, das in einer Nische Marktführer ist, dessen allgemeiner Bekanntheitsgrad aber noch ein erhebliches Steigerungspotenzial aufweist.

Mit 16 die Schule geschmissen

Nukleus der LF Gruppe, die mittlerweile 155 Mitarbeiter zählt und bei einem Umsatz von 13,7 Millionen Euro im vorigen Jahr einen Gewinn von 0,65 Millionen Euro erwirtschaftete, sind die Versicherungsforen. Die verstehen sich als Ideengeber und Innovationspartner für Versicherungsunternehmen, wurden im Jahr 2000 gegründet, haben eine Marktlücke entdeckt und besetzt und sich in der Branche einen Namen gemacht. „Da kennt uns jeder“, sagt Rosenbaum.

„Unternehmer ist man 24 Stunden am Tag“, gibt der 52-jährige Gründer und Firmenchef sein Motto vor. Auch beim morgendlichen Duschen etwa kommen ihm Ideen. Eine erfolgreiche Karriere in der Selbstständigkeit war ihm dabei nicht unbedingt in die Kölner Wiege gelegt worden. Mit 16 schmiss er die Schule und begann eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. An der Abendschule holte er das Abitur nach und studierte anschließend Betriebswirtschaftslehre in Köln sowie in der irischen Hauptstadt Dublin.

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Mit 30 kam Rosenbaum nach Leipzig. Er wurde Mitarbeiter am Lehrstuhl Versicherungswirtschaft der Universität. „Ich konnte mir sehr gut eine wissenschaftliche Laufbahn vorstellen.“ Doch diese Überlegung verflog relativ rasch. Zweieinhalb Jahre hielt er es im Elfenbeinturm der Forschung aus, dann beendete er dort seine Laufbahn und rief die Versicherungsforen

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ins Leben. „Es kam vor, dass mehrere Professoren zwei Stunden lang darüber debattierten, auf wessen Kostenstelle zehn Mark Kopierkosten gebucht werden sollten“, schüttelt er noch heute ein wenig verständnislos den Kopf. Oben drauf sei gekommen, dass an der Hochschule die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Beiträgen im Fokus gestanden habe. „Es hat wenig Praxisbezug gegeben.“ Deshalb sei ihm die Idee gekommen, mit einer Gesellschaft für angewandte Versicherungswirtschaft an den Markt zu gehen.

Gesagt, getan. Das Geschäft florierte rasch. Rosenbaum und seine Mitstreiter kümmern sich um Forschungs- und Entwicklungsthemen in der Assekuranz, von der Digitalisierung bis zur Demografie, haben also die Zukunft im Blick. „Alles, was über drei bis fünf Jahre hinaus geht, ist aber nicht seriös vorherzusagen“, schränkt der Foren-Chef ein. Er macht also um das, was in dieser Dienstleistungsbranche nicht unbedingt oben auf der Tagesordnung steht.

„Es ist häufig festzustellen, dass sich so mancher Vorstand nicht mit neuen Trends beschäftigt“, berichtet Rosenbaum. Viele hätten nicht gelernt, innovativ zu denken. Häufig gehe es um Fehlervermeidung. Nachteilig wirkt sich nach Einschätzung von Branchen-

gekoppelt mit einer Messe, veranstaltet. Geplant ist etwa im November eine Tagung unter dem Thema „IT für Versicherungen“. Über 400 Teilnehmer werden erwartet, mehr als 40 Aussteller sollen dabei sein, 70 Referenten ihre Erkenntnisse vortragen.

Allerdings könnte die Corona-Krise der Austragung noch einen Strich durch die Rechnung machen. Dürfen größere Treffen dann überhaupt schon stattfinden? Erlauben die Versicherer ihren IT-Spezialisten, nach Leipzig zu fahren? Haben die Manager überhaupt Lust, wieder auf Reisen zu gehen? Alles ungeklärte Fragen. Grundsätzlich ist Rosenbaum aber davon überzeugt, dass Videokonferenzen oder ähnliche Formate die persönliche Begegnung, den Austausch, nicht ersetzen können und werden, auch wenn die LF Gruppe in den jetzigen Krisenzeiten einige Veranstaltungen virtuell durchgeführt hatte. „Sex geht auch online, aber persönlich macht es mehr Spaß“, meint der Vater von zwei in Leipzig geborenen und inzwischen erwachsenen Kindern.

Die Pandemie hat natürlich auch bei der LF Gruppe ins Kontor geschlagen. „Wir werden in diesem Jahr erstmals rote Zahlen schreiben.“ Viele der Beschäftigte seien in Kurzarbeit. Andere arbeiten im Home-Office –

beobachtern ebenfalls aus, dass gerade an der Börse notierte Firmen oftmals auf das nächste Quartalsergebnis und den Aktienkurs schauen, nicht langfristig denken. „Über die Stellschraube der Provision kann ich relativ schnell den Umsatz bei Versicherungen steigern“, sagt Rosenbaum. Aber es sei in der Regel besser, weil nachhaltiger, die Erlöse „nicht auf Teufel komm raus“ in die Höhe zu treiben.

Familiäre Verhältnisse

Neben der Beratung von Vorständen erstellen die Foren Marktanalysen, betreiben Marktforschung und veranstalten Innovationswerkstätten. Dort werden Theoretiker und Praktiker zusammengeführt. Gemeinsam können Kreativitätsmethoden ausprobiert und strategisch relevante Themen für die Assekuranz erschlossen werden. „Auch dadurch haben wir das Ohr an der Branche.“ Das vor vier Jahren gegründete New Players Network unterstützt den Wissensaustausch von Versicherern und Start-ups und fördert Kooperationen. Zudem werden regelmäßig Kongresse,

keine neue Entwicklung, „denn das haben wir schon vor rund einem Jahr eingeführt“. Generell „werden bei uns die Arbeitszeiten überhaupt nicht kontrolliert, wir haben Vertrauensarbeitszeit“, erzählt der Geschäftsführer. „Wenn es nach mir ginge, würden wir noch nicht mal den Urlaub erfassen.“ Es gehe eben um Vertrauen, „wir haben familiäre Verhältnisse“. Rosenbaum hat im Laufe der Jahre das erfolgreiche Modell mit den Versicherungen auf andere Branche wie Energie und Banken übertragen. Auch da gehe es um Alleinstellungsmerkmale, Nachahmungsprodukte sind nicht angesagt. Und da „wir als Innovationsexperten die Zukunft im Blick haben“, denkt der Geschäftsführer an die Unterstützung von Gründerteams. Die natürlich innovative Ideen haben müssen. Rosenbaum, der in seiner Freizeit gerne liest und läuft – er hat bereits den Leipzig-Marathon absolviert –, blickt also optimistisch in die Zukunft. „Wir dürfen uns als Innovationsexperten jeden Tag mit der Zukunft beschäftigen, das ist doch großartig.“ Er halte das Geschäftsmodell seines Unternehmens für langfristig tragbar. „Die Leipziger Foren wird es auch weiterhin geben.“

6 & Unternehmer Unternehmen
Leipziger Foren verstehen sich als Ideengeber und Innovationspartner für Versicherungen
André Kempner
„Über die Stellschraube der Provision kann ich relativ schnell den Umsatz bei Versicherungen steigern.“
Markus Rosenbaum (52) ist Gründer und Chef der Leipziger Foren.
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Ansporn und Verpflichtung

Markus Wägner im Interview über 150 Jahre Deutsche Bank und die Herausforderungen der Corona-Krise

Herr Wägner, wie hat die CoronaPandemie die Deutsche Bank hier in der Region getroffen?

Wir haben die Auswirkungen natürlich gespürt. Zum Schutz unserer Mitarzbeiter haben wir rasch entschieden, Splitting-Teams zu bilden. Wir haben also an allen Standorten ein A- und ein B-Team, die im 14-tägigen Rhythmus in der Filiale sind beziehungsweise daheim arbeiten. Es gelang uns zügig, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass unsere Mitarbeiter auch von Zuhause aus ihre Kunden beraten können. Das funktioniert sehr gut und ist unverzichtbar. Schließlich gab es an den Kapitalmärkten heftige Bewegungen. Umso wichtiger ist die Beratung unserer Kunden, um deren Vermögen zu sichern oder zum Beispiel bei Finanzierungen zu helfen.

Was war das Besondere an der technischen Ausrüstung? Einen Computer oder Laptop hat doch nahezu jeder.

Alle unsere Mitarbeiter sind mit einem Tablet ausgestattet und haben einen gesicherten Zugang zum IT-System der Deutschen Bank. Das hat sich insbesondere bei der Wertpapierberatung, aber ebenso bei der Kreditberatung bewährt, hier vor allem bei der Baufinanzierung. Unsere Technik macht es möglich, dass die Berater praktisch ortsunabhängig alle gesetzlich vorgeschriebenen Protokollierungen erstellen können. Unsere Berater sind also gemeinsam mit den Kunden jederzeit handlungsfähig.

Wachschutz kontrolliert, dass die Maskenpflicht eingehalten wird und achtet auch auf den Abstand. Am Anfang hat das vielleicht der eine oder andere Mitarbeiter etwas belächelt. Doch jetzt schätzen es alle sehr, dass eine Person da ist, die das kontrolliert.

Ist in diesen turbulenten Zeiten der Bedarf an Beratung gestiegen?

Das ist auf jeden Fall so. Bei unseren Privatkunden betrifft das vor allem zwei

Punkte: Zum einen geht es um die Wertpapierberatung in sehr stark schwankenden Märkten, zum anderen gibt es Kunden, die Existenzsorgen haben, etwa Kurzarbeitergeld beziehen und sich Sorgen machen, wie sie die Raten für ihren Konsumentenkredit oder Immobilienhypothek bezahlen können. Da haben wir natürlich Hilfestellung gegeben, etwa Ratenpausen vereinbart

Wie sieht es bei den Unternehmenskunden aus?

Da standen Themen wie Fördermittelkredite und Zuschüsse ganz oben auf der Agenda. Da haben wir als Hausbank uns in der Pflicht gesehen, die Firmen und Gewerbetreibenden nach Kräften zu unterstützen. Es war und ist unser Anliegen, Ansprechpartner für die Unternehmer zu sein, die große existenzielle Sorgen haben.

Was haben Sie da konkret getan?

Wir haben in unserem Beratungscenter in Schkeuditz – es ist von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr sowie samstags

„Es war und ist unser Anliegen, Ansprechpartner für die Unternehmer zu sein, die große existenzielle Sorgen haben.“

Allein im vorigen Jahr haben wir das Neugeschäft in der Region Ost, also den ostdeutschen Bundesländern einschließlich Berlin, um 410 Millionen Euro auf insgesamt 2,1 Milliarden Euro gesteigert. Und die ersten Monate 2020 stimmen uns optimistisch. Wenn der positive Trend anhält, können wir das Volumen in diesem Jahr erneut steigern.

Wäre angesichts der Krise da nicht ein Rückgang zu erwarten gewesen?

Das hatten wir zunächst auch gedacht. Wir haben aber schnell gemerkt, dass wir sehr stark nachgefragt werden, auch von unseren Baufinanzierungspartnern. Offensichtlich sind nicht alle unsere Mitbewerber technisch so gut ausgestattet wie wir. Bei uns funktionieren alle Protokollierungen, wir sind voll handlungsfähig. Unser Antragsvolumen ist um rund 30 Prozent gestiegen.

Der Immobilienboom in der Region hält also an?

Wird Corona den Trend zum mobilen Arbeiten fördern?

Corona wird diesen Trend sicher auch bei uns verstärken. Wir wollen die Erkenntnisse der vergangenen Wochen nutzen. Wir hatten allerdings auch schon zuvor ein Projekt gestartet, wie vermehrt mobil gearbeitet werden kann. Das geht natürlich nicht in allen Bereichen. Die Schalter müssen permanent besetzt sein, in jeder Filiale ist eine bestimmte Mindestzahl an Beschäftigten erforderlich. Andere Beratungsleistungen lassen sich sehr gut mobil erledigen. Wir haben aber auch festgestellt, dass manche Mitarbeiter sich danach sehnen, ins Büro zurückzukommen, mit den Kollegen zu sprechen. Hinzu kommt, dass man bei mobiler Arbeit natürlich untereinander Kontakt halten muss, etwa durch regelmäßige Telefonkonferenzen oder Videoschalten. Lassen Sie mich noch eines zu Corona anfügen.

Gerne.

Es war uns wichtig, unsere Filialen in Borna, in Wurzen und in Leipzig am Martin-Luther-Ring und Gohlis geöffnet zu haben. Auch in den Monaten März und April, also während der Ausgangsbeschränkungen. Das bedeutet, dass wir dort die erforderlichen Hygienemaßnahmen umgesetzt haben. Der

von 8 bis 15 Uhr telefonisch und per Video erreichbar – die Mitarbeiterzahl kurzfristig von 30 auf 50 aufgestockt.

Dort erhielten unsere Kunden häufig die Erstberatung. Es ging etwa um Fragen, ob die Sächsische Aufbaubank oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zuständig ist für eine finanzielle Unterstützung in der Pandemie. Über uns werden dann beispielsweise die KfW-Kredite abgewickelt. Bundesweit hat unsere Unternehmerbank bis Mitte Mai 6500 Fördermittelkredite mit einem Gesamtvolumen von circa fünf Milliarden Euro bewilligt.

So etwa ist doch Ihr täglich Brot?

Im Prinzip schon aber wir mussten auch bei dieser enormen Zahl von Kreditanträgen immer den betreffenden Businessplan beurteilen und eine Bonitätsprüfung vornehmen. Alle Unternehmen müssen auch im Rahmen dieser Programme per Jahresende 2019 gesunde Bilanzen aufweisen. Dann aber sind die KfW-Förderkredite ein großzügiges Angebot. Dennoch müssen auch diese ohne Zweifel sehr günstigen Kredite einmal zurückgezahlt werden.

Wie läuft das Geschäft mit den Baufinanzierungen? Wir sind damit generell sehr zufrieden.

Er hat offenkundig lediglich eine kurze Pause gemacht. Die Nachfrage nach Immobilien ist vorhanden, wir gewinnen Marktanteile.

Die Europäische Zentralbank hat ihre Geldschleusen in der Corona-Krise weiter geöffnet. Was bedeutet die Nullzinspolitik für die Anleger?

Wir haben es bereits im vorigen Jahr erkannt. Der Nullzins ist angekommen nicht nur in Form von Verwahrentgelten für größere Einlagenbeträge, sondern auch in den Köpfen der Menschen. Es gibt praktisch keinen Guthabenzins mehr. Wer dennoch eine Verzinsung möchte, muss eine Risikostufe Höhe in Kauf nehmen. Ansonsten ist es sehr schwer, von den Märkten zu profitieren und längerfristig positive Renditen zu erzielen. Dieser Trend hat schon im vorigen Jahr begonnen und ist jetzt noch stärker geworden. Unsere Kunden haben sich in der Krise nicht zurückgezogen. Es wurden dabei auch Bestände aufgebaut. Viele Anleger in der Region Leipzig haben die Chancen günstiger Kurse genutzt und sind in Aktien und Aktienfonds eingestiegen. Wichtig ist dabei, ein ausgewogenes Depot zu haben, also auf eine breite Streuung zu achten.

Wie sehen Ihre Aktivitäten bei den Unternehmenskunden aus?

Die Deutsche Bank hat sich einer strategischen Neuordnung verschrieben. Seit Mitte 2019 begleiten wir Unternehmen jeder Größe noch intensiver. Selbstständige und Gewerbetreibende, Geschäftskunden sowie mittelständische Firmen, bis hin zu Großkonzernen, werden unter dem Dach unserer Unternehmensbank betreut. Gleichzeitig fokussieren wir uns auf Europa und Deutschland und haben die Geschäftsaktivitäten in den USA etwas zurückgefahren. Aktuell merken wird auch, dass Mitbewerber, vor allem US-Banken, sich von hier zurückziehen.

Streng nach „America first“ werden sie vielleicht in ihrem eigenen Heimatmarkt gebraucht. Folglich sind wir bei immer mehr Transaktionen gefragt und unterstützen auch gerne. Unser Vorstandsvorsitzender Christian Sewing hat bekräftigt, dass wir Bilanz freihalten wollen für deutsche Unternehmen. Wir wollen unseren Marktanteil vergrößern.

Wirkt sich diese Strategie auch in der Region Leipzig aus?

Sie wirkt sich auch in dieser Region bereits positiv aus.

Banken sind Seismografen für die konjunkturelle Entwicklung. Wie schätzen Sie die Lage in Leipzig und Umgebung ein?

Natürlich war der Lockdown auch hier ein Schock und wird seine Spuren hinterlassen. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir gemeinsam aus diesem Tal wieder herauskommen werden. Die Unternehmen, die gut aufgestellt sind, werden sich rasch wieder erholen.

Woran machen Sie das fest?

Für unsere Region ist wichtig, dass die Automobilindustrie wieder anspringt.

An ihr hängen viele Arbeitsplätze, auch bei den Zulieferern und in der Logistik. Es ist gut, dass die Produktion wieder läuft. Erfreulicherweise haben sich die asiatischen Märkte schnell von der Corona-Krise erholt, da steigt die Nachfrage wieder.

Wie sieht es in der Baubranche aus?

Sie ist in unserer Region sehr stark aufgestellt. Ich glaube, dass die Nachfrage nach Immobilien auch wegen der nied-

rigen Zinsen anhaltend hoch ist. Daher wird auch die Baubranche schnell wieder Tritt fassen. Gerade bei den kleinen und mittleren Handwerksbetrieben spüren wir, dass die Geschäfte gut weiterlaufen. Das hat positive Effekte. Im Veranstaltungs-, Kongress- und Messewesen sowie im Tourismus ist es noch ein langer Weg, bis wir auf dem alten Niveau sein werden.

Die Deutsche Bank ist trotz der Rückbesinnung auf Deutschland global aufgestellt, Was haben die hiesigen Unternehmen davon?

In allen wichtigen Märkten der Welt ist die Deutsche Bank vertreten. Wir sind die Bank, die Unternehmen global begleiten kann und damit der natürliche Partner, wenn eine Firma zum Beispiel neue Absatzmärkte erschließen will. Im Übrigen hat die Exportquote der hiesigen Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Sobald sich die Wirtschaft einigermaßen normalisiert, wird sich diese Entwicklung fortsetzen.

Die Deutsche Bank ist 2020 genau 150 Jahre alt geworden. Was bedeutet das für Sie?

Mit Blick auf unsere Tradition hätte es keinen besseren Zeitpunkt geben können, als sich strategisch auf den Heimatmarkt Deutschland zu konzentrieren. Wir sind davon überzeugt, dass wir den richtigen Kurs eingeschlagen haben. Die 150 Jahre machen uns stolz, sind aber sind auch eine Verpflichtung, für unsere Kunden und die Gesellschaft da zu sein.

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Markus Wägner ist Leiter des PrivatkundenGeschäfts der Deutschen Bank in der Region Ost.
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Zwischen Tradition und Moderne

Leipziger Bodenbearbeitungsgerätewerk trumpft mit Exportquote von 80 Prozent auf

Boden bearbeiten, ihn pflegen, auf Vordermann bringen – klingt gut. Ist auch gut. Das schaffen zum Beispiel mehr als 40 Schafe. Große und kleine, die auf einer grünen Wiese, die zur Firma BBG Bodenbearbeitungsgeräte Leipzig GmbH & Co. KG gehört, ihr Wesen treiben. „Sie sind sozusagen unser lebendiger Rasenmäher“, schmunzelt Hauke Jürgens. Der junge Mann ist seit Januar in diesem Betrieb für Personalmanagement zuständig. „Das ist eine sehr nachhaltige Angelegenheit“, fügt der 31-Jährige hinzu. Aber das reicht natürlich längst nicht aus, um landwirtschaftliche Flächen im großen Maßstab so zu trimmen, dass sie Höchsterträge generieren. Dabei allerdings hilft BBG auf den Äckern der Welt mit seinen Maschinen. „Bei uns werden etwa Grubber und Eggen hergestellt. Berühmt ist in gewisser Hinsicht unsere Kurzscheibenegge Catros, die 2002 in Serie ging. Hohe Flächenleistung und geringe Kosten haben viele Landwirte seither überzeugt. Mehrere Tausend solcher Geräte wurden inzwischen verkauft. Alles in allem verfügt BBG aktuell über zwölf verschiedene Produktlinien in jeweils unterschiedlichen Arbeitsbreiten und mit diversesten Ausstattungen in seinem Angebot, Tendenz steigend. „Der Umsatz lag 2019 bei rund 60 Millionen Euro“, freut sich Jorg Pollex (51). Als Werkleiter ist er verantwortlich für den Standort Leipzig. Und rasch fügt er hinzu: „Damit lagen wir auf Vorjahresniveau“. Etwa 350 Mitarbeiter erwirtschaften längst Gewinne. „Wir schreiben seit Jahren stabile gute schwarze Zahlen“, berichtet denn auch Christian Dreyer stolz. Der Gesellschafter und Geschäftsführer des Mutterkonzerns Amazone aus Hasbergen bei Osnabrück hat die Übernahme des sächsischen Unternehmens nie bereut. „Als es 1998 pleite war, sind wir eingestiegen und haben 99 Mitarbeiter übernommen. Mit der seither vollzogenen Entwicklung können wir mehr als zufrieden

sein“, meint der Chef des traditionsreichen Landmaschinenherstellers.

Immerhin hat BBG im vorigen Jahr seinen Ertrag konstant gehalten, während die gesamte AmazoneGruppe – 1900 Beschäftigte, 20 Millionen Euro Investitionen – bei den Erlösen leicht um 2,9 Prozent auf 467 Millionen schrumpfte. Dennoch lagen die Ergebnisse „auf dem erwarteten Niveau zwischen den Werten der beiden vorangegangenen Rekordjahre 2017 und 2018“, wie das die Niedersachsen kürzlich bilan-

„Den Betrieb zu modernisieren, Neues zu ent wickeln und dem Umweltschutz gerecht zu werden, kosten selbstverstänlich Geld. Das ist am Ende aber gut angelegt.“

Hauke Jürgens (31)

zierten. „Angesichts des zweiten trockenen Sommers hintereinander sowie politischer Sondereinflüsse durch Handelskonflikte und strukturelle Probleme in einigen Ländern bewertet die Amazone-Geschäftsführung den Verlauf 2019 insgesamt positiv“, schätzt Dreyer ein. Und: Im ersten Quartal 2020 sei es gelungen „auf einem hohen Umsatzniveau abzuschließen“. Für das Gesamtjahr seien allerdings in Folge der durch die Corona-Pandemie und durch Wetterextreme ausgelöste negative Auswirkungen nicht auszuschließen.

Davon ist am Leipziger Standort bisher wenig zu spüren. „Wir liegen bei den Umsätzen auf Vorjahresniveau“, betont der mittlerweile seit mehr als 20 Jahren für die BBG tätige Werkleiter. Die Produktion konnte weiterlaufen, nicht zuletzt dank der hohen Fertigungstiefe. Die Auftragslage sei gut. Immerhin sei BBG genauso wie Amazone insgesamt prima aufgestellt. Die Exportquote liege bei 80 Prozent. „Wir liefern in 70 Länder der Erde.“ Hauptabnehmer seien dabei Deutschland, Frankreich und Russland. Kein Wunder daher, dass in den BBG-Hallen auf Schritt und Tritt Hinweistafeln auch mit russischer Aufschrift zu finden sind. Hilfreich ist zudem das Amazone-Tochter-Unternehmen im russischen Samara, das ebenfalls für BBG und seine Erzeugnisse ein gutes Aushängeschild ist. Und der hiesige Standort ist in vieler Herren Länder ein Begriff. Immerhin sind täglich Dutzende Laster – mit Kennzeichen etwa aus Ungarn, Polen, der Schweiz, Weißrussland, der Ukraine und sogar aus Kasachstan – auf dem Gelände zu finden, um hier die Bestellungen der Kunden abzuholen.

Um das erreichte hohe Niveau zu halten und möglichst noch auszubauen, setzen die Niedersachsen in Leipzig auf kontinuierliche Investitionen. „Na klar, den Betrieb zu modernisieren, Neues zu entwickeln und dem Umweltschutz gerecht zu werden, kostet selbstverständlich Geld“, weiß Pollex „Das am Ende aber gut angelegt ist“, fügt er im Brustton der Überzeugung hinzu. Über 40 Millionen Euro flossen seit der BBG-Übernahme durch Amazone ins hiesige Werk“, so der Betriebsleiter. Größte Investition war die Anschaffung der neuen Pulverbeschichtungsanlage. „Sie basiert auf modernster Technik und wird höchsten Qualitätsansprüchen gerecht.“ Damit hat sich das Werk in Großzschocher – hierher ist es Anfang der 1990er-Jahre vom langjährigen Stammplatz Plagwitz umgezogen – grundlegend gewandelt. Es ist heute eines der modernsten seiner Art in Deutschland. Dass es dies wurde, liege, so Pollex, selbstredend auch an dem großen Stellenwert, der hier den Innovationen zukomme. Die Amazone-Gruppe, die weltweit an zehn Standorten vertreten ist, stecke jährlich über sieben Prozent der Gewinne in Forschung und Entwicklung. Das sei in Leipzig nicht anders. „Bei uns engagieren sich fast 30 Mitarbeiter in diesem Bereich“, so Jürgens, der leidenschaftliche Kiter, der auch gern mal joggt – im vorigen Jahr sogar die Marathon-Distanz absolvierte. Und auch auf den Fabrikdächern tut sich Einiges. Derzeit wird gerade die zweite Photovoltaik-Anlage installiert. 1800 Quadratmeter werden mit fast 1000 Modulen belegt. Damit ziehen wir dann gute 20 Prozent des von uns benötigten Stromes aus der Sonne“, erzählt Jürgens, der aus Lengerich in der Nähe des Teutoburger Waldes stammt.

Wachstum zu generieren, funktioniert bei BBG nicht nur über Effizienzsteigerung, sondern genauso dank der Einstellung neuer Mitarbeiter. „Wir suchen natürlich immer Leute“, so der Personalfachmann, ein studierter Wirtschaftsingenieur, in dessen Verantwortung nicht zuletzt die Auswahl künftiger Beschäftigter liegt. „Uns macht dabei die seit geraumer Zeit anhaltende Tendenz zur Akademisierung zu schaffen.“ Immer mehr Jugendliche strebten die universitäre Ausbildung an. „Für viele komme daher keine technische oder kaufmännische Lehre in Frage.“ Aber als Premium-Hersteller von Landmaschinen werfe BBG nicht die Flinte ins Korn. „Wir bilden selber aus, versuchen über alle möglichen Kanäle für unsere Lehre im Betrieb zu werben.“ Bei der Amazone-Gruppe sind 130 Azubis beschäftigt, in Leipzig davon 30. Industriemechaniker, Mechatroniker, Konstruktions-, Zerspanungs- und Verfahrensmechaniker für Beschichtungstechnik, Lagerlogistiker, Industriekaufleute sowie Fachinformatiker –all das können junge Leute bei BBG werden. Dafür steht nicht zuletzt eine moderne Ausbildungswerkstatt zur Verfügung. Allerdings gelte es, so Jürgens, die Mädchen und Jungen für BBG-Berufe zu begeistern. Hierzu würden die verschiedensten Möglichkeiten genutzt – etwa in Schulen zu werben. „In Corona-Zeiten ist das allerdings schwerer geworden, die jungen Leute vor Ort kennenzulernen. Dafür sind wir nun stärker digital zu Gange.“ Zum Beispiel über Instagram (amazone_ careers), Facebook, LinkedIn. Da würden entsprechende Accounts „bespielt“, wo sich Interessenten über die Ausbildungsinhalte und die Anforderungen im Betrieb informieren könnten. Eine tatkräftige Hilfe hat Jürgens dabei mit Benjamin Kelm. Der 20-jährige Wurzener ist dualer Student im Fach Betriebswirtschaftslehre/Industriemanagement. Er lernt im vierten Semester an der Berufsakademie im sächsischen Breitenbrunn, die praktischen Erfahrungen sammelt er momentan bei BBG. „2021 bin ich mit allem fertig und kann mir auch vorstellen, danach im Bodenbearbeitungsgerätewerk anzufangen.“ Bei der Talkrunde Anfang Juli, die die Stadt Leipzig, der Autobauer BMW, das Leipziger Herzzentrum und sein Betrieb veranstalten, mag er gern dabei sein und seine Sicht auf die Dinge einbringen. Ausbildungsverantwortliche stellen dort ihre attraktiven Berufe vor. „Das geht alles interaktiv vonstatten, sodass Interessierte auch Fragen stellen können, was ihnen auf den Nägeln brennt in Sachen mögliche Lehre“, berichtet Kelm. Die Idee zu diesem gegenseitigen Austausch stammt übrigens von Jürgens. Jene mit der Schafzucht zwar nicht. Aber das macht ihn in dieser Hinsicht nicht weniger stolz. Denn: „Das ist und bleibt eine Leipziger BBG-Besonderheit.“ Diese Öko-Rasenmäher-Version gebe es im Amazone-Stammwerk nämlich nicht –auch weil dort keine freien Wiesen zur Verfügung stünden.

Historisches

BBG Leipzig geht auf den Gründer Rudolph Sack (1824 bis 1900) zurück. Dieser war der Sohn eines Landwirtes. Sein Vater starb, als Rudolph vier Jahre alt war, so musste er schon früh auf dem Hof der Familie mitarbeiten. Er lernte bei einem Feldmesser in Leipzig das Zeichnen und die Grundlagen der Mathematik. 1842 verließ er den elterlichen Hof und arbeitete als Verwalter verschiedener Landgüter in der Provinz Sachsen. Nach dem Tod seines Stiefvaters 1855 übernahm er den elterlichen Hof und heiratete 1857 Adolphine Franke (1832 bis 1896) – eine Müllerstochter, mit der er zwei Söhne und zwei Töchter hatte.

Während seiner Tätigkeit wurde ihm bewusst, dass der Einsatz von maschineller Technik in der Landwirtschaft stark rückständig war. So baute Sack 1850 mit Unterstützung durch den Dorfschmied den ersten deutschen Pflug aus Eisen beziehungsweise Stahl. Ab 1854 stellte er Pflüge auf Bestellung her. 1857 exportierte er 120 Pflüge nach Kiew, später weitere 80. Anfang Mai 1863 gründete er auf Empfehlung des Leipziger Rechtsanwalts und Unternehmers Karl Heine (1819 bis1888) die Landmaschinenfabrik Rudolph Sack in Leipzig-Plagwitz, die sich zu einem der bedeutendsten Unternehmen dieser Branche entwickelte. Von seinem Universalpflug wurden mehr als zwei Millionen Stück verkauft, die Jahresproduktion umfasste 1910 etwa 182 000 Stück. Nachdem sich Rudolph Sack 1891 aus der Geschäftsleitung zurückgezogen hatte, übernahm sein Sohn Paul (1863 bis 1923) das Unternehmen.

Zu DDR-Zeiten gehörte BBG zum Kombinat Landmaschinen und hatte in Spitzenzeiten laut Hauke Jürgens 9000 Beschäftigte.

8 & Unternehmer Unternehmen
Von Ulrich Langer Kniefall vor dem Produkt: Alles muss perfekt sitzen, dann bleiben auch die Abnehmer der BBG-Maschinen zufrieden. Dirk Knofe (4) Ohne Handarbeit geht es trotz moderner Technik beim Bodenbearbeitungsgerätewerk nicht ab.

bei BBG genauso suchen

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„Wir sind vom Normalbetrieb weit entfernt“

Interview mit Sachsens Arbeitgeberchef Jörg Brückner

Herr Brückner, Ist Sachsen gut durch die Krise der Corona-Pandemie gekommen?

Ich bin erleichtert, dass die Zahl der Krankheits- und Todesfälle – trotz aller persönlichen Betroffenheit – im weltweiten Vergleich gering geblieben ist. Dank eines gut funktionierenden Gesundheitssystems und mit großer Akzeptanz in der Bevölkerung ist es gelungen, unsere Gesundheit als wichtigstes Gut zu schützen.

Gehen wir sogar gestärkt daraus hervor?

Davon kann derzeit keine Rede sein, wir stecken noch mittendrin. Trotz vieler Lockerungen sind wir vom Normalbetrieb weit entfernt. Schauen Sie sich in Restaurants oder Geschäften um, fragen Sie in den Betrieben. Alle merken, dass Kunden und Verbraucher zurückhaltend sind, weil unklar ist, was die Zukunft bringt. Wir können nur hoffen, dass die Talsohle des drastischen Absturzes bald erreicht ist und es dann wieder aufwärts geht. Noch regiert das Prinzip Hoffnung, die harten Fakten zeigen noch eine lange Durststrecke an.

Welche Branchen trifft es besonders?

Dienstleistungen, Handel und Gaststätten sind durch die wochenlangen Schließungen natürlich besonders stark betroffen. Aber auch der größte Industriezweig im Freistaat, die Metall- und Elektroindustrie, steht unter extremem Druck. Diese Branchen waren schon vor Corona durch eine massive Abkühlung der Weltkonjunktur in einer Rezession. Hinzu kommt der politisch verordnete Strukturwandel mit Elektromobilität und Kohleausstieg, der zu massiven Veränderungen – gerade in Sachsen – führen wird. Erstmals seit 2009 schrumpft die Stammbelegschaft unseres Wirtschaftsmotors. Das zeigt, wie schwer die Krisen uns bereits getroffen haben.

Hilft uns jetzt die Kurzarbeit durch die Krise?

Ja, und jetzt kommt ein großes Aber: Kurzarbeit ist eine vorübergehende und keine dauerhafte Lösung. Sie kann eine gute Brücke sein, in eine Zeit, in der wieder Arbeit da ist, weil Kunden und Verbraucher hier bei uns im Land und in aller Welt neues Vertrauen gefasst haben, Bestellungen auslösen und uns hier in Sachsen Aufträge erteilen. Wir brauchen also dringend wieder Licht am Ende des Tunnels.

Das heißt, wenn es nicht bald wieder richtig losgeht, drohen auch Entlassungen?

Die Firmen gehen sehr verantwortungsbewusst mit ihren Mitarbeitern um und versuchen sie mit allen Mitteln zu halten. Aber wenn es keine Aufträge gibt oder zu wenig verkauft wird, kommt das beste Verhältnis in den Betrieben an seine Grenzen. Um zu verhindern, dass die ganze Firma kaputt geht, müssen gegebenenfalls Kapazitäten angepasst werden. Deshalb muss ehrlich gesagt werden, dass nicht alle Unternehmen unbe-

schadet aus der Krise kommen und auch Jobs verloren gehen.

Die Politik hat eine Vielzahl von Rettungsschirmen gespannt. Müssen wir allen helfen?

Fest steht, der Staat kann nicht allen alles ersetzen, das kann er nicht leisten und das ist nicht seine Aufgabe. Aber wenn Unternehmen unverschuldet in existenzielle Krisen geraten, dann ist staatliche Unterstützung vertretbar. Jedoch: Alle diese Maßnahmen kosten viel Geld und sind nicht geschenkt. Deshalb müssen wir darauf achten, dass die Maßnahmen zielgenau und wirksam sind.

Auch Sachsen hat einen Nachtragshaushalt beschlossen. Eine richtige Maßnahme?

Das war eine schwere, aber wohl notwendige Entscheidung. Jetzt erwarten wir eine sehr konsequente Sparpolitik des Freistaates mit entsprechender Prioritätensetzung. Wenn wir nach wie vor Lehrer und Polizisten brauchen, dann muss eben an anderer Stelle gespart werden. Manches neue Rathaus oder Bankgebäude geht jetzt nicht und muss gar komplett hinterfragt werden. Die öffentliche Verschuldung steigt gerade enorm – die Schuldentilgung kommt und muss durch Bürger und Firmen getragen werden. Das schenkt uns niemand.

vor Ort eingefordert wird. Denn dann gibt es weder neue Jobs, noch verdienen wir damit Geld in Sachsen. Wir sind also auch künftig auf eine faire arbeitsteilige Weltwirtschaft angewiesen.

Aus Sicht der Wirtschaft: Worauf kommt es jetzt an? Entscheidend ist, dass wir die Substanz der Unternehmen erhalten und alles tun, damit es unsere Betriebe auch morgen noch gibt. Wir brauchen wieder eine gewisse Normalität, um die wirtschaftlichen Aktivitäten hochzufahren. Selbst für das Vorkrisenniveau müssen wir uns deutlich strecken, mehr leisten und auch flexibler sein – es gibt viel aufzuholen. Von allein ist unser Wohlstand nicht zu halten.

Was schlagen Sie konkret vor?

Wir haben unsere Forderungen auf drei Bausteine konzentriert: erstens Firmen entlasten unter andrem mit einer Senkung der sächsischen Gewerbe- und Grundsteuer auf Bundesniveau, weniger Bürokratie mit der Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge und niedrigeren Energiekosten – auch hier zahlen wir in Sachsen nach wie vor deutlich mehr.

Worum geht es bei den beiden anderen Bausteinen?

Zweitens wollen wir Investitionen erleichtern, indem das Programm Regionales Wachstum wieder aufgelegt und die Vorgaben von Bund und EU für GRW-Investitionszuschüsse nur 1:1 umgesetzt werden. Da machen die Beschlüsse des Koalitionsausschusses vom 3. Juni Hoffnung, die wir nun zügig umsetzen müssen. Und drittens wollen wir Innovationen stärken. Die FuE-Projektförderung muss auch in Sachsen neu dotiert, die KMU-Innovationsprogramme sind fortzusetzen.

Jetzt ging es vor allem um die Wirtschaft. Wie steht es um Kunst und Kultur?

Über die VSW

Die Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e.V. (VSW) ist die freie und unabhängige Stimme der sächsischen Wirtschaft. Als freiwillige, branchenübergreifende und nicht-staatliche Interessenvereinigung koordiniert und moderiert die VSW als Dachverband die arbeitsmarkt-, sozial-, wirtschafts- und tarifpolitischen Interessen ihrer 38 Mitgliedsverbände aus den Branchen Bau, Dienstleistungen, Handel, Handwerk, Industrie, Landwirtschaft und soziale Dienste.

Die VSW tritt – über Parteigrenzen hinweg – für eine zukunftsorientierte Politik ein, die sich an den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft orientiert, auf stabiles Wachstum und Beschäftigungsaufbau abzielt und damit die Grundlagen für den Wohlstand unserer Gesellschaft sichert.

Die sächsische Wirtschaft – Zurück an die Spitze. VSW-Wertekodex

Unternehmen müssen sich jeden Tag im Wettbewerb behaupten. Produkte, Produktionsprozesse und Personaleinsatz werden kontinuierlich optimiert. Auf diese Weise sichern Unternehmen ihre Marktposition, dringen in neue Geschäftsfelder vor, erobern sich Zukunftsmärkte und schaffen so eine Grundlage für unseren Wohlstand. Die VSW steht in der Verantwortung, an der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft und damit ihrer Arbeitsplätze mitzuwirken. Dabei bekennt sich die VSW zu den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft, zu Staat und Rechtsordnung, zu den Grundsätzen guter Arbeit, zur Nachhaltigkeit sowie zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen.

Braucht es auch für den Staat eine verbindliche Frist zur Schuldentilgung?

Warum soll für den Staat etwas anderes gelten als für Unternehmen? Wir erwarten klare Festlegungen für die Rückzahlung – durchaus auch mit Bonus, wenn es schneller geht. Das sind wir kommenden Generationen schuldig – zumal die nächste Krise bestimmt kommt, erinnert sei nur an Hochwasser-, Finanz-, oder Flüchtlingskrise in den vergangenen 20 Jahren.

Stellt die Corona-Krise die Globalisierung infrage?

Sachsen lebt sehr gut vom Export. Fast die Hälfte des Umsatzes unserer Unternehmen kommt von Kunden in aller Welt und wir sollten uns freuen, dass unsere Produkte so gefragt sind. Jetzt müssen wir aufpassen, dass uns nicht unter dem Deckmantel des Protektionismus Aufträge verloren gehen oder mehr Produktion

Für die Kultur gilt das Gleiche, wie für alle Bereiche: Wir müssen aktuell die gesunde Substanz erhalten. Sicher werden wir das eine oder andere Projekt strecken müssen. Manches Schloss wird vielleicht etwas später fertig. Das ist auszuhalten, auch wenn wir alle ungeduldig sind. Die Kultur überall im Land gehört zu unserer DNA als Freistaat Sachsen und ist sehr wertvoll. Wir brauchen aber zuerst die Sanierung der wirtschaftlichen Grundlagen unseres Landes in den Betrieben, die schnellstmöglich auf den Wachstumspfad zurück müssen. Dann kommen auch wieder die Steuereinnahmen, die wir für die Kultur einsetzen wollen.

Welche Lehren müssen wir aus der Krise ziehen? Der Staat muss sich besser auf entsprechende Krisensituationen vorbereiten. Dazu gehören die ehrliche Analyse und die Ableitung geeigneter Maßnahmen in den grundsätzlichen Fragen des Katastrophenschutzes. Die nächste Herausforderung kommt, das ist sicher.

Der Anspruch Aktiv für Sachsen

Die VSW bündelt Kompetenz und Erfahrung von Unternehmern und Fachleuten aus Mitgliedsverbänden aller Wirtschaftszweige und Unternehmensgrößen in Sachsen, die die gemeinsamen Positionen unternehmerischer Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik sachbezogen und praxisnah erarbeiten. Diese stellen den Grundkonsens in der sächsischen Wirtschaft dar. Die VSW ist deshalb wichtiger Ansprechpartner sowie respektierter Experte und Berater für Regierung, Verwaltung, Parteien und öffentliche Institutionen im Freistaat Sachsen. Zudem vermittelt sie der Öffentlichkeit eine realistische Vorstellung von der Wirtschaft, ihren vielfältigen Branchen und Unternehmen. Als Sozialpartner erfüllt die VSW ihre gemeinsamen Verpflichtungen mit den Gewerkschaften und gewährleistet Stabilität und sozialen Frieden.

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Von Ulrich Langer
VSW & Märkte Geld
Jörg Brückner (61) ist Präsident der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW) und Geschäftsführer des Kupplungswerkes Dresden, hier in seinem Betrieb.
„Jetzt erwarten wir eine konsequente Sparpolitik des Freistaates.“

Die Musik muss weiter spielen

Das Corona-Virus hat die die mitteldeutsche Festival- und Veranstaltungsbranche

Zwei Beispiele machen Mut.

Stichtag ist der 31. August 2020. Bis zu diesem Tag bleiben in ganz Deutschland Großveranstaltungen untersagt. Hinzu kommt eine spezielle Anordnung der sächsischen Landesregierung, die alle Events, Konzerte und Versammlungen verbietet. Ab 1. September könnten wieder Festivals oder Musikkonzerte unter freiem Himmel stattfinden – falls die CoronaAnsteckungszahlen und die Behörden das zulassen. Statt Bandzusagen hagelt es im Frühjahr 2020 Absage um Absage. Rammstein durften ihre zwei lang erwarteten Gigs in der Red Bull Arena Leipzig nicht spielen, das Wave Gothik-Treffen musste nach Kaugummi-zähen Verhandlungen kurz vor knapp abgesagt werden. Der Sputnik-Springbreak auf der Halbinsel Pouch bei Bitterfeld fand Pfingsten nicht statt, die Festivals Melt, Full Force und Splash in Ferropolis nahe Gräfenhainichen sind gecancelt. Das Rudolstadt

erwischt. Wer die Krise überlebt, hofft auf 2021.

Festival in Thüringen gibt es dieses Jahr auch nicht. Fehlanzeige dieses Jahr auch in der Heavy MetalHochburg Wacken. Totenstille überm Acker. Nichts geht mehr. Bundesweit. Statt üblicher Vorfreude auf den Festivalsommer herrscht Grabesstimmung in der Branche. Binnen weniger Tag sind im „Schwarzen Frühling“ rund 90 Prozent des erwarteten Umsatzes verloren gegangen. So drastisch beschreibt es der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik in einer Mitteilung. Es gibt pro Festivalsommer rund 1200 Veranstaltungen unterschiedlichster Größe in Deutschland, fast keines wird dieses Jahr stattfinden können. Über Hilfen für die Veranstalter wird weiterhin diskutiert, viele Einzelkämpfer haben den Markt fragmentiert. Die wenigsten sind abgesichert, selbst Versicherungen kommen nicht für die Ausfälle durch Seuchen auf. Den wenigen Interessenverbänden der Branche fehlt es an Durchsetzungskraft. Sachsen hat nun ein Hilfspaket für die Branche auf den Weg gebracht.

Denn irgendwie muss es weitergehen –und es geht weiter. Zum Beispiel bei der US Car Convention (USCC) in Dresden. Sie war bislang Jahr für Jahr der Magnet für die Freunde laut blubbernder Motoren, Weißwandreifen und chromblitzender Felgen „Made in America“. Von den beiden Geschäftsführern Matteo Böhme und Mathias Lindner liebevoll vom kleinen Szenetreff zur einer der größten Veranstaltungen ihrer Art in

FürIhrenEr fo lg alsUnternehmer.

Deutschland aufgepäppelt, stand die USCC in diesem Jahr vorm zehnten Geburtstag. Doch gegen Corona ziehen auch viele Pferdestärken unter der Haube klar den Kürzeren, die 2020er-Auflage der Veranstaltung wurde abgesagt.

Ein ganzes Jahr Vorarbeit fiel bei voller Fahrt die Ladeflächen der Dodge- und Chevy-Pick-Ups herunter, die sonst immer auf der Festwiese im Ostragehege geparkt wurden. Das Festival der V8-Motoren und Elvislocken hatte bislang rund 2000 Fahrzeuge samt Besitzerfamilien und knapp 16 000 Besucher angelockt. Zur sonntäglichen Ausfahrt rollten 2019 rund 3000 Amischlitten durch Elbflorenz.

Den Laden für 2020 komplett dicht gemacht haben die Organisatoren der US Car Convention jedoch nicht. Der Platz nahe der Elbe ist eh angemietet, eine typische US-amerikanische Freizeitbeschäftigung hilft nun auch den Festivalmachern in Sachsen: Sie lassen auf dem Areal ein Autokino stattfinden. Die Einnahmen der „Cars and Stars“ können zwar nur Tropfen in den leeren Benzintank sein – die Vorstellungen von „Dirty Dancing“, der „Olsenbande“, „Bohemian Rhapsody“ und „Le Mans 66“ sind jedoch ein sichtbares Lebenszeichen. Entwickelt wurde das Format zusammen mit den bekannten Filmnächten am Elbufer (die in diesem Jahr stattfinden können) und Dresdner Eventagenturen. Im kommenden Jahr geht’s weiter: Die Convention-Organisatoren haben bereits den neuen Termin für 2021 bekannt gegeben, die nächste USCC findet vom 9. bis 11. Juli in der säch-

sischen Landeshauptstadt statt. Die 2020er-Tickets behalten ihre Gültigkeit.

Aufgeben, das gibt es auch beim Highfield Festival am Störmthaler See nicht. In Großpösna wurde schnell klar, dass es dieses Jahr beim Plätschern der Wellen bleiben wird, die Festivalabsage wurde dann Mitte April offiziell. Langes Trübsal blasen gab es für die Fans jedoch nicht: Gleich 37 Bands aus dem ursprünglichen Line-up sind auch nächstes Jahr wieder mit dabei. Unter den bestätigten Acts für 2021 finden sich die Headliner Electro-Punks Deichkind und die Beatsteaks. Die ansehnliche Bandliste wird sicherlich viele Karteninhaber dazu bewegen, ihre Tickets zu behalten. Die Billetts bleiben dann auch fürs kommende Festival gültig. Das findet vom 13. bis zum 15. August 2021 statt. Ticketbesitzer für das diesjährige Highfield können zwischen drei Optionen wählen. So bietet der Festivalveranstalter FKP Scorpio Besuchern an, die gekauften Tickets online auf 2021 umschreiben zu lassen und dafür mit einem limitierten Supporter-Shirt beschenkt zu werden, einen Gutschein über die betreffende Summe zu erhalten oder den Preis zurückerstattet zu bekommen. Irgendwie muss es ja für alle weitergehen.

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FKB Scorpio / Robin Schmiedebach
„Dirty Dancing“ statt V8-Motoren: Die US Car Convention in Dresden überbrückt den diesjährigen Ausfall mit Autokino. Von Frank Schmiedel
eiskalt
USCC
Das Highfield-Festival südlich von Leipzig konnte viele seiner 2020er Acts für kommendes Jahr wiederverpflichten.

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft

Achim Oelgarth, Vorstand des Ostdeutschen Bankenverbandes prophezeit große Herausforderungen für die Finanzbranche

Von Achim Oelgarth

Derzeit scheint die Corona-Pandemie alle Diskussionen noch weitgehend zu überlagern. Mit den Lockerungsmaßnahmen lüftet sich zunehmend dieser Schleier und gibt den Blick auf die anderen globalen Herausforderungen wieder frei. Eine der drängendsten bleibt ein effektiver Klimaund Umweltschutz, um die Lebensgrundlagen unserer Gesellschaft zu erhalten. Hierfür ist eine gezielte und rasche Umsteuerung der bisherigen Lebens- und Wirtschaftsweise nötig, lautet dabei die klare Botschaft der Wissenschaft. Auch ein größerer Teil der Bevölkerung fordert ein aktives Handeln von Politik sowie Wirtschaft. Über Umfang, Geschwindigkeit und konkrete Maßnahmen gehen allerdings die Meinungen erheblich auseinander.

Die Politik ist erste Schritte auf einem langen Weg gegangen: In Paris einigte man sich 2015 auf ein weltweites Klimaschutzübereinkommen, das unter anderem die Begrenzung der Erderwärmung zum Ziel hat. Die EU hat ihren „European Green Deal“ vorgelegt, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. In Deutschland wurde Ende vorigen Jahres das Klimapaket und damit der Einstieg in die CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme beschlossen. Zugleich ist das Ende der Kohleverstromung bis spätestens 2038 vereinbart. Von den Corona-Konjunkturmaßnahmen zur Krisenbewältigung soll ein starkes Aufbruchssignal für „kluge Investitionen in die Zukunft“ ausgehen. Der „Wiederaufbau“ der deutschen und europäischen Wirtschaft wird deutlich unter grünen Vorzeichen stehen.

Eine unerwartete Schockstarre – verursacht durch die Corona-Pandemie – liegt hinter uns. Allmählich kehrt in das gesellschaftliche Leben und in die Wirtschaft ein wenig „Normalität“ zurück. Doch was uns in den kommenden Wochen und Monaten noch erwartet, ist ungewiss.

Konsequentes Risikomanagement

Viele Unternehmen sind durch vorübergehende Geschäftsschließungen oder stagnierende Umsätze in Schieflage geraten, mussten sich neu aufstellen oder Hilfskredite beantragen. „Das wirkt sich über die Krise hinaus auf die Zahlungsfähigkeit und Bonität vieler Firmen aus“, ist Simone Polenz. Marketingbeauftragte bei der Creditreform Leipzig sicher. Die Zahl der Insolvenzen werde deutlich zunehmen.

Unternehmerinnen und Unternehmer benötigen daher einen klaren Blick auf die Risiken in ihrem Kunden- und Lieferantenportfolio. „Wichtiger denn je ist ein umfassendes und konsequentes Risikomanagement. Gerade kleine und mittlere Betriebe haben hier Nachholbedarf“, meint Polenz. Vor dem aktuellen Hintergrund sollten Unternehmen zunächst ihre Bestandskunden genauer betrachten, denn Umsatzsicherung ist die beste Form, die eigene Liquidität zu stärken. Der Blick auf die aktuelle Bonität sowie eine Auswertung der eigenen Zahlungserfahrungen helfen bei der Neubewertung und Risikoeinschätzung des jeweiligen Unternehmens. Umfassende Informationen dazu liefert zum

einen die Creditreform Leipzig mit ihrer Wirtschaftsauskunft. Zum anderen können auch die eigene Vertriebsabteilung oder die Buchhaltung mit entsprechenden Hinweisen weiterhelfen.

Systemrelevante Geschäftspartner Außerdem sei es ratsam, systemrelevante und strategisch wichtige Geschäftspartner (zum Beispiel den Support für Technik und EDV) permanent zu prüfen, um den reibungslosen Ablauf aller Geschäftsprozesse jederzeit sicherzustellen. „Solange alles läuft, macht man sich keine Sorgen. Aber wenn es beispielsweise der Firma, die meine Maschinen wartet, auf einmal nicht gut geht, steht vielleicht auch meine eigene Produktion still und bringt mich in ungeahnte Schwierigkeiten“, beschreibt Polenz. Viele Unternehmen hätten diese Problematik nicht unmittelbar im Blick.

Neue Kunden und alternative Lieferanten können, gerade unter den schwierigen Marktbedingungen, helfen, die eigene Produktion und den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. „Unsere Bonitätsprüfungen bieten an dieser Stelle die Möglichkeit, den neuen Kunden besser einzuschätzen und zu sehen, wie es um seine wirtschaftliche Situation bestellt ist. So wird schnell klar, mit wem man es zu tun hat.“ Chancen und Risiken ließen sich so frühzeitig erkennen.

Kundenmanagement-Systeme helfen

Um immer den optimalen Überblick über

Im Ergebnis sehen sich auch die Ost-Unternehmen mit massiven Veränderungen konfrontiert – und zwar in allen Branchen. Der unter der Stärkung der Nachhaltigkeitsaspekte einhergehende Strukturwandel sollte positiv begleitet werden, so wie es nicht wenige Unternehmer bereits tun. Denn: Wo die Transformation gelingt, ergeben sich Chancen für die Wirtschaft und die Regionen. Ein Beispiel sind Biolebensmittel, die zunehmend die Nische verlassen und in keinem Supermarkt mehr fehlen. Ein anderes sind die Ansiedlungen im Zusammenhang mit der E-Mobilität wie Tesla in Brandenburg oder die Batteriefabrik eines chinesischen Herstellers am Erfurter Kreuz. Zugleich bleibt der Grat zwischen höheren Schutzzielen und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit schmal. Gerade mit Blick auf den kleinteiligen Ost-Mittelstand ist daher eine gezielte Unterstützung notwendig.

Mehr Nachhaltigkeit wird zahlreiche Innovationen und erhebliche Investitionen in den Unternehmen erfordern. Laut Kommission sind bis 2030 zusätzlich 260 Milliarden Euro jährlich in der EU nötig, um die aktuellen Klimaziele zu erreichen. Weder die Staatshaushalte noch die Unternehmen allein werden dies finanzieren können. Hier kommt der Finanzwirtschaft eine Schlüsselrolle zu.

Es gilt der Grundsatz: Je nachhaltiger die Verteilung der Finanzmittel beziehungsweise die Investmentstrategie ausfällt, desto nachhaltiger wird im Umkehrschluss auch die Wirtschaft. Zusammengefasst wird dies unter dem Stichwort „Sustainable

Finance“. In der engen Definition geht es dabei um die Einhaltung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, neben der Verringerung von Umwelt- und Klimaschäden etwa auch die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Menschenrechten. Um nachhaltige Investitionen zu fördern, arbeiten die Gesetzgeber intensiv an entsprechenden Vorgaben und Aktionsplänen. So sieht die EU ein einheitliches Bewertungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, eine Reform der Förderprogramme und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in der Finanzberatung vor. Die konkreten Überlegungen richten sich dabei primär an Investoren am Kapitalmarkt und (noch) nicht an das Kreditgeschäft der Banken.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind auch für Banken eine wichtige und richtige Handlungsmaxime. Sustainable Finance wird im Geschäft mit dem Mittelstand vor Ort zunehmend wichtiger und konkreter. Für die Kreditwirtschaft ist die zukunftsfähige Aufstellung ihrer mittelständischen Kunden ein wichtiges Anliegen. Finanzierungen für entsprechende Investitionen werden damit zum Kerngeschäft. Andererseits wird der Trend durch weitere Sachverhalte verstärkt. So verändert sich die Geschäftsausrichtung der Institute – immer mehr Bankkunden fragen nachhaltige Finanzdienstleistungen nach und institutionelle Investoren verlangen entsprechendes Engagement, bevor sie in Banken investieren. Nachhaltigkeitsaspekte spielen auch bei der Risikobewertung eine wichtige Rolle – von den Auswirkungen des Klimawandels bis hin zu politischen Entscheidungen, etwa weil emissionsstarke Industrieunternehmen hohe CO2-Preise zahlen müssen. Außerdem formuliert der Gesetzgeber zunehmend eine entsprechende Erwartungshaltung – Nachhaltigkeitsberichte sind für größere Kreditinstitute heute schon verpflichtend. Sustainable Finance hat damit das Potenzial, auch die Bankenwelt mittelfristig spürbar zu verändern. Das Kunde-Bank-Verhältnis wird dies widerspiegeln –Nachhaltigkeit wird immer stärker Thema in den individuellen Beratungen und bei den Datenvorlagen. Dabei bleibt es das Anliegen der Banken, aktiv die Transformation im Mittelstand hin zu einem klimaverträglichen, ressourcenschonenden und nachhaltigeren Wirtschaften zu unterstützen.

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neue und bestehende Kunden zu haben, sollten sämtliche Daten gesammelt und verwaltet werden. Auf diese Weise sind wichtige Kundeninformationen immer griffbereit und abrufbar. Wichtig sei hierbei immer die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Eine entsprechende Software für Customer-Relationship-Management (kurz: CRM) kann laut Simone Polenz dabei helfen. „Diese ermöglicht in der Regel auch eine Anbindung unserer Bonitäts- und Zahlungsinformationen sowie ein dauerhaftes Monitoring von Kunden und Geschäftspartnern.“ Der Vorteil: Positive wie negative Veränderungen lassen sich schnell erkennen, und wenn nötig, können Zahlungs- oder Lieferbedingungen verändert werden.

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Richtiges Forderungsmanagement Liquidität ist insbesondere jetzt für Unternehmen überlebenswichtig. Forderungen gegenüber Kunden rechtzeitig bezahlt zu bekommen, ist aktuell eine große Herausforderung. Für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer wird das Einfordern von offenen Rechnungen zur Gratwanderung. Zum einen – das Verständnis und Entgegenkommen bei Liquiditätsengpässen und Schwierigkeiten der eigenen Kunden. Gleichzeitig besteht aber auch eine hohe Verantwortung für die Beschäftigten sowie das eigene Geschäft überlebensfähig zu halten. Das Einschalten eines Inkassobüros – als neutraler Dritter – kann mitunter die Situation entspannen und Abhilfe schaffen. E-Mail: info@leipzig.creditreform.de www.creditreform.de/leipzig
Geschäftspartner und Zahlungsverhalten neu bewerten
Creditreform Leipzig rät: Besonders in schwierigen Zeiten sollte man seine Kunden im Blick behalten
„Wichtiger denn je ist ein umfassendes und konsequentes Risikomanagement.“
Achim Oelgarth (49) ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ostdeutschen Bankenverbandes. Bankverband
„Wo die Transformation gelingt, ergeben sich Chancen für die Wirtschaft und die Regionen.“

Mit dem Rücken zur Wand

Für die Gastronomen geht es um die nackte Existenz. Jedes dritte Lokal ist von der Pleite bedroht. Doch die Wirte nehmen die aufgezwungenen Umstände nicht klaglos hin.

„Wir geben den Löffel ab“: Dresdens Gastronomen machten am 8. Mai auf dem Neumarkt auf die Einschränkungen durch die Corona-Krise aufmerksam.

Von Frank Schmiedel

Das Frühjahr 2020 war bitterböse für Gastronomen und Hoteliers. Bundesweit. Der Hamburger Promikoch und TV-Star Tim Mälzer brachte die Situation seines Gewerbes bei einer FreitagabendTalkshow im Dritten auf den Punkt: „Das System implodiert!“ Für die meisten Wirte ist das Glas nicht mehr nur halbleer – am Boden befindet sich nur noch eine kleine, verdunstende Pfütze. „Die Gastronomie ist angeschossen, hat ein Pflaster auf der Wunde, aber die Kugel steckt noch im Körper und vergiftet ihn von innen“, beschreibt Mälzer die Lage mit deutlichen Worten. In Zahlen ausgedrückt: Mehr als 95 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Gastronomie, 1 025 000, waren zum 30.  April in Kurzarbeit.

Seit Anfang Mai dürfen die Lokale nun wieder öffnen, Hotels Übernachtungen anbieten. Jedoch nur unter strengen Auflagen der Behörden, die neue Kosten verursachen. Die Branche muss schauen, wie sie bei deutlich geringeren Gästezahlen und geringerem Umsatz die anfallenden Kosten in den Griff bekommt.

Wie soll das mit dem neuen Hygiene-Regeln funktionieren? Einlass in Gaststätten nur mit Mund-NasenMaske. Tisch aussuchen ist nicht, denn „Sie werden platziert“. Gedruckte Speisekarten? Meist Fehlanzeige. Die Auswahl der Speisen ist per QR-Code auf dem Smartphone zu treffen. Salz, Peffer, Essig und Öl? Nur per Nachfrage beim teilvermummten Personal, das dann auch gleich das Besteck mit an den Tisch bringt. Das alles mit riesigen Abständen zwischen den Tischen. Ungenutzte Möbel finden sich in einer Ecke wieder, zu Türmen gestapelt. So viel zum gemütlichen Speisen im Lieblingsrestaurant.

„Die neuen Abstandsregeln führen zu 50 bis 70 Prozent Umsatzverlust in der Speisegastronomie“, prognostiziert Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättengewerbes. Und scheint damit nicht falsch zu liegen: Denn ein Ansturm der Gäste blieb bisher aus. In einer Umfrage des Dehoga Sachsen gaben gut 78 Prozent der Unternehmen im Freistaat an, dass sich die Erwartungen nicht erfüllt haben. Knapp 40 Prozent der Gastbetriebe teilten Ende Mai mit, ihr Umsatz sei verglichen mit einer Mai-Woche des Jahres 2019 um 50 bis 75 Prozent geschrumpft. Etwa 26 Prozent bezifferten ihn auf nur noch 10 bis 25 Prozent des Wochenumsatzes vor einem Jahr. 80,2 Prozent der Teilnehmer sahen unter den vorgegebenen Hygiene-Vorschriften keine Wirtschaftlichkeit gegeben. Die Gastronomie-Betriebe haben im Schnitt ihr Platzangebot um 45 Prozent reduzieren müssen. Nur 7,3 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Gäste wenig Verständnis für die Auflagen hätten.

Die sächsische Hotellerie sitzt im gleichen Boot wie die Gastronomie, die Zahl der Übernachtungsgäste in Sachsen ist im März Corona-bedingt massiv eingebrochen. Insgesamt gab es rund 245 000 Besucher in den Unterkünften im Freistaat, so das Statistische Landesamt. Das waren rund 58 Prozent weniger Gäs-

te als im März 2019. Auch die Zahl der Übernachtungen ging um rund 48 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf knapp 718 000 Übernachtungen zurück. Allein die Jugendherbergen, Ferienheime und Ferienzentren mussten einen Rückgang von Besuchern um zwei Drittel verkraften. Besonders stark sanken die Zahlen in Dresden und Leipzig.

Hier an der Pleiße haben die Gastronomen große Sorgen. Robert Krauß, Betreiber des HuWa (ehemals Hundertwasser) mahnt an, dass die Menschen ihr Sicherheitsgefühl wiederbekommen müssten. „Man hat

ren wir komplett ausgebucht“, so der Chef. Auch das Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden, in dem sich das „Kastenmeiers“ befindet, empfängt wieder Gäste. Allerdings gebe es hier bis auf Weiteres recht wenige Belegungen. Alles weit entfernt vom VorCorona-Niveau. Ganz ähnlich sieht die Situation am Rande von Dresden aus. Im Stadtteil Wilder Mann in der Nähe der Autobahn 4 betreibt Rolf-Dieter Sauer die „Bergwirtschaft Wilder Mann“. In seinem Hotel mit Restaurant logieren normalerweise vor allem Geschäftsrei-

passung heißt nicht, sich mit allem anzufreunden oder es widerspruchslos zu akzeptieren. Jahrelange Gängeleien und Bevormundungen durch Behörden und Ämter haben die Gastronomen grummelnd geschluckt, diese haben aber eine Grund-Gereiztheit bei ihnen aufgebaut. Durch die überbordende Menge von Anordnungen und Vorschriften läuft das Fass nun über. Für Sachsens Gastwirte und Hoteliers ist ein Punkt erreicht, an dem sie auf die Straßen und Plätze gehen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

In Leipzig brachte die Aktion „Leere Stühle“ den Leipziger Gastronomen und Hoteliers im Frühjahr doppelte Aufmerksamkeit. Am 24. April war der Augustusplatz vor der Oper dicht mit den leeren Sitzmöbeln belegt, herangefahren aus Lokalen der ganzen Stadt. Anfang Mai säumten leere Stühle die Bordsteinkanten des Barfußgässchens, die Wirte sperrten Leipzigs bekannteste Kneipenmeile symbolisch ab.

In Dresden organsiert Kathleen Parma zusammen mit Ute Stöhr den Protest der betroffenen Wirte. Die „Leeren Stühle“ auf dem Neumarkt nahe der Frauenkirche schaffte es bis in die nationalen Nachrichtensendungen, Motto war „Wir geben den Löffel ab“. Die Marketingberaterin und Dozentin Parma weist noch auf einen weiteren negative Entwicklung hin: „Viele selbstständige Gastronomen gehen jetzt an ihre private Altersvorsorge, um ihre Betriebe am Laufen zu halten. Sie stopfen die aktuellen Finanzlöcher mit dem Geld, dass sie sich für den Lebensabend zurückgelegt haben.“ Kommt da eine weitere Welle von Armutsrentnern auf die Solidargemeinschaft zu, diesmal aus der Gastrobranche?

ihnen über Wochen Angst gemacht, ihnen gesagt, was sie dürfen und was nicht.“ Trotz der Lockerungen werde die allgemeine Verunsicherung nicht sofort weggehen. Es soll ja auch wieder Spaß machen, mit Freunden, der Familie oder Bekannten essen zu gehen. Das werde mit den aktuellen Auflagen noch dauern.

In der „Milchbar Pinguin“ am Markt kann der erweiterte Freisitz einen kleinen Teil der Ausfälle ausgleichen. „Draußen waren die Gäste, drinnen sitzt so gut wie niemand“, erklärt René Jentsch, Schichtleiter des bekannten Cafés. Ein düsteres Bild zeichnet hingegen Sven Geyer, Geschäftsführer des Traditionslokals „Zills Tunnel“ im Barfußgässchen. „Wir öffnen gerade nur für unsere Stammgäste.“ Seine Gaststätte lebe im Normalfall von Touristen, die zu Mittag oder zu Abend essen. „Wenn die nicht kommen, ist nichts los.“ Solange es aber keine weitreichenden Lockerungen im Bereich des Tourismus gebe, werde sich an der generellen Lage nichts ändern, meint Geyer.

Die Lage in der Landeshauptstadt, dem Touristenmagnet im Freistaat, ist ähnlich. Gerd Kastenmeier betreibt in der Dresdner Altstadt sein bekanntes Restaurant mit gehobener Küche. Viele Gäste konnten es nicht erwarten, seinen Gastrotempel wieder zu besuchen. „Die ersten Tage nach der Wiedereröffnung wa-

sende, doch aufgrund der Corona-Krise ging auch hier die Anzahl der Übernachtungen stark zurück. Denn Geschäftsreisen gab es so gut wie keine mehr. Seit Mitte Mai hat sein Restaurant wieder für Gäste geöffnet. „Die Bilanz der ersten Tage ist für die aktuelle Lage zufriedenstellend, aber bei Weitem nicht optimal“, fasst Rolf-Dieter Sauer zusammen.

Die bundesweiten Proteste, somit auch die Aktionen in Sachsen, scheinen erste, kleine Früchte zu tragen: Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie wird vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt, so ein Beschluss des Bundestages von Ende Mai. Damit sollen Restaurants unterstützt werden, die wegen der Pandemie große Umsatzeinbrüche haben.

Die Steuersenkung gilt ab Juli 2020 und ist befristet für ein Jahr. Die Opposition kritisierte, das wirke nur, wenn die Restaurants auch wieder Umsätze machten. Außerdem würden Kneipen, Bars und Clubs vergessen – denn die Mehrwertsteuer auf Getränke soll nicht gesenkt werden.

Hinzu kommen die Soforthilfen von Bund und Ländern, Verbesserungen bei den Kreditprogrammen, insbesondere den KfW-Schnellkredit bis 800 000 Euro mit einer 100-prozentigen Haftungsfreistellung. Ebenso die Stundung von Sozialabgaben und Steuern, die steuerliche Verrechnung von Gewinnen aus 2019 mit den aktuellen Verlusten sowie zeitnahe Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld.

Um diese schwierige Zeit so gut wie möglich zu meistern, müssen sich die Gastronomen auf die neue Situation einstellen. „Es ist wichtig, dass wir jetzt umdenken, uns auf Stammgäste orientieren und an die Situation anpassen“, meint Josef Micek, Inhaber der Dresdner Restaurants „Hurvinek“ und „Schwejk“.

Damit dürfte Micek sicherlich Recht haben. Doch An-

Ob und wie lange diese Maßnahmen den Gastronomen und Hoteliers tatsächlich helfen werden, bleibt offen. Nach Angaben der Branche ist jeder dritte Betrieb von der Pleite bedroht. Und was passiert, wenn es tatsächlich eine zweite Corona-Welle im Herbst gibt? Die Branche steht mit dem Rücken zur Wand.

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André Kempner Die „Leere Stühle“-Aktion der Wirte des Barfußgässchens, Leipzigs bekanntester Feiermeile, Anfang Mai.s
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Robert Michael dpa Christian Modla Vor der Oper Leipzig wurde Ende April gemeinsame für Belange der Branche demonstriert.
„Draußen waren die Gäste, drinnen sitzt so gut wie niemand.“
René Jentsch

„Wir fahren auf Sicht

Joachim Otto, Präsident des Handelsverbandes Sachsen

Herr Otto, wie schwer hat die Corona-Pandemie den sächsischen Einzelhandel getroffen?

Der Großteil der sächsischen Handelsunternehmen hat mit den verordneten Schließungen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb heraus eine Vollbremsung hinlegen müssen. In vielen Wochen der Unsicherheit wurde mit den Widrigkeiten der Situation und folglich mit den Verantwortungsträgern der Politik um eine für beide Seiten vertretbare Lösung für einen Neustart gerungen. Dieser verlief unter schwierigsten Bedingungen:

Das gesellschaftliche Umfeld, die Stimmung der Kunden hatte sich komplett gewandelt. Ein vorsichtiges und langsames Herantasten aller an diese „Neue Normalität“ kennzeichnet die Phase, an deren Anfang wir uns noch immer befinden.

Es läuft jetzt wieder einigermaßen normal?

Lieferungen blieben aus oder kamen zur Unzeit und mussten natürlich bezahlt werden. Gaststättenbetreiber mussten ihre Unternehmen noch länger geschlossen halten, die Kultur kam weitgehend zum Erliegen, Touristen kamen nicht. Bei allem Optimismus, der uns Händler auszeichnet: Von einem normalen Geschäftsbetrieb in vitalen Städten sind wir noch weit, weit entfernt.

Ihr Bundesverband spricht davon, dass 50 000 Geschäfte schließen werden. Wie sieht es in Sachsen aus?

Einzelhandelsunternehmer sehen eine ganze Reihe von Hoffnungszeichen. Aber auch wir fahren auf Sicht, wissen nicht, welche Schrammen weitere Branchen der Volkswirtschaft mit all ihren Auswirkungen auf Beschäftigung, verfügbares Einkommen, Lebenslust und Konsumlaune noch davon tragen werden. Und was am möglichen Ende der Pandemie noch so ist, wie wir es erstreben, was wir dauerhaft verloren und vielleicht an neuer Kraft gewonnen haben. Wenn die staatlichen Hilfsmaßnahmen ausgereizt sind, die Unternehmen jedoch noch nicht zu akzeptabler Leistungskraft zurückgefunden haben, wird es für große Teile des Handels kritisch Deshalb bleiben wir als Handelsverband Sachsen im engen Dialog mit der Politik und machen deutlich, dass das Ende der Schließung nicht gleichzusetzen ist mit dem Ende unserer Sorgen und Existenznöte. Der Einzelhandelsumsatz dürfte in diesem Jahr deutlich sinken?

Seit Anfang März und der Nachrichtenlage zu Corona ging es mit der Stimmung und der Kauflaune unserer Kunden bergab. Während der Schließzeit wurden keine oder sehr, sehr geringe Umsätze verzeichnet. Die Anlaufkurve nach Wiederöffnung wird extrem lang und somit die Entwicklung der Umsätze. Viel Geld ist verloren, 2020 wird ein Umsatztiefpunkt und an 2019 nicht annähernd zu messen sein. Wir müssen wohl viel weiter zurückblicken, um ein Jahr mit vergleichbarer Umsatzhöhe zu finden. Wenn wir uns dann auch die entsprechenden Kosten und Gewinne ansehen, wird deutlich, in welcher Ausnahmesituation wir uns jetzt befinden.

Wie sieht es mit der Entwicklung der Arbeitsplätze aus?

Mit dem Kurzarbeitergeld hat Deutschland ein hervorragendes Instrumentarium, um ein Stück weit durch die Krise zu navigieren. Das hat sich auch im Einzelhandel bewährt und bewährt sich weiter. Wir haben auf breiter Fläche gut ausgebildete und sehr motivierte Mitarbeiter, die zu halten aller Mühen wert ist. Unsere Beschäftigungsmöglichkeiten sind jedoch dicht an die Leistungsfähigkeit unserer Unternehmen, an erzielbare Umsätze und darstellbare Kosten gekoppelt.

In der Krise stiegen die Online-Bestellungen rasant an, ungefähr auf das Niveau des Weihnachtsgeschäfts. Gibt das dem Online-Handel einen weiteren Push?

Unbestritten! Nicht, dass der Online-Handel nicht von der Corona-Pandemie betroffen gewesen wäre. Aber er war es in anderer und nicht so nachhaltiger Weise wie der stationäre Handel.

Wie kann der stationäre Handel sich dagegen behaupten?

Ich meine, der stationäre Handel hat die Zeit auch genutzt, Gedanken über eigene Potenziale, neue Möglichkeiten und Vorgehensweisen am Markt zu entwickeln. Diese wurden in der Zeit der Schließung erprobt und werden weiter ausgebaut. Stichworte sind unter anderem Soziale Medien und digitale Anwendungen. In Kombination mit seinen klassischen Stärken wird dies weiterhin mehr als ein Pfund sein, das in die Waagschale des Wettbewerbs geworfen werden kann. Unstrittig ist, dass die Krise die Digitalisierung des stationären Geschäftes befördert hat.

Welche Vorteile bietet der Handel in den Innenstädten?

Der Handel in unseren Innenstädten in seiner Konzentration, der Mischung verschiedenster Branchen, mit seinen Inszenierungen, Aktionen und Aktivitäten ist dort ganz besonders im Blickpunkt und dicht dran an den Menschen, unseren Kunden. Er berührt alle Sinne, agiert gemeinsam mit den Unternehmen weiterer Branchen und bietet so eine Riesen-Auswahl und ein unvergleichliches Gesamterlebnis. In der Schließzeit des Handels haben viele verstanden, wie wertvoll unser Beitrag für aller Nutzen und Wohlbefinden ist. Eine lebendige Innenstadt ist ohne einen funktionierenden Einzelhandel undenkbar.

Wie kann verhindert werden, dass in den Haupteinkaufsstraßen der großen Städte die kleinen familiengeführten Läden verschwinden?

Die Geschäftsstraßen großer und anziehender Städte haben vor dem Hintergrund der Entwicklung des Handels der vergangenen Jahre und Jahrzehnte eine besondere Magnetwirkung für ansiedlungswillige Firmen aus dem In- und Ausland, europa- und weltweit. Die Mieten stiegen und stiegen ohne Reflektion dessen, dass die Bäume für die Handelsunternehmen nicht gleichsam in den Himmel wachsen und das Marktumfeld unfreundlicher und der Wettbewerb noch einmal viel härter geworden ist. So gingen gerade mittelständische Unternehmen verstärkt in 1B- und 1C-Lagen. Hier muss das Umdenken bei den Vermietern weiter als bisher gehen, ist mehr Entgegenkommen und noch mehr Flexibilität gefragt, wenn Einkaufslagen spannend und sexy bleiben sollen.

Wo sind noch Verbesserungen möglich?

Einkaufen soll den Kunden größtmögliche Freude bereiten. Handeln soll den Unternehmern neben der Sicherung der eigenen und der Lebensgrundlage der Beschäftigten gleichfalls Freude machen. Dazu gehört neben der Anerkennung der Leistungen für unsere Gesellschaft durch die Öffentliche Hand, dem Respekt vor dem Geschaffenen auch die Erkenntnis, dass Unternehmer nicht immer weiter belastet werden können: Da kann der neue Papierkrieg um einen Werbeaufsteller, das abermalige Drehen an der Gebührenschraube, das wiederholte Verhindern von Initiative auch zu der Erkenntnis führen, den eigenen Lebensentwurf auf den Prüfstand zu stellen.

Geht, abgesehen vom Lebensmittelhandel, der Einzelhandel in kleineren Städten den Bach runter?

In kleineren Städten hat es der Einzelhandel zunehmend schwerer in Konkurrenz zum Innenstadthandel der Metropolen, zu Einkaufszentren und dem kontinuierlich wachsenden Online-Handel. Ansatzpunkte für ein Gegensteuern sind ein enges Miteinander von Stadt und Handel vor Ort, die Protegierung pfiffiger Ideen für den eigenen Standort und dessen Reize, die Ansiedlung von Unternehmern mit ungewohnten Sichtweisen und neuen Ansätzen. Aber auch die Konzentration des Handels auf kleinerer Stadtfläche bei intelligenter, also möglichst frequenzbringender Umnutzung von Ladengeschäften für Dienstleistungen und Gastronomie. Der Mix muss stimmen und den Bürgern so gefallen, dass sie gerne kommen und kaufen. Dass dieser Prozess kein Selbstläufer sein wird, ist klar und bedingt den gemeinschaftlichen Mitwirkungswillen der politisch Verantwortlichen.

Ein Großteil des Online-Handels wird über Amazon abgewickelt. Müsste die Marktmacht begrenzt werden? Wenngleich Amazon sich sehr erfolgreich entwickelt hat, so gibt es doch auch eine Reihe weniger marktmächtiger Alternativen mit ausgesprochener Leistungsfähigkeit. Wichtig ist, dass Marktakzeptanz eines Unternehmens nicht auch auf Basis besonderer Vorteile entsteht, die ihren Ursprung in einer besonderen Besteuerung oder Nichtbesteuerung sowie Förderung haben. Gerade auf diesem Feld hat sich Europa in der Vergangenheit nicht verdient gemacht.

Dennoch: Geht der kleine Händler in den Weiten des Internets nicht unter?

Sicherlich ist es nicht leichter geworden, im Dschungel des Internets gefunden zu werden. Aber zahlreiche kleine und mittlere Handelsunternehmen haben eigene Internet-Shops, die attraktiv gestaltet, mit interessanten Inhalten und Offerten hinterlegt, punkten. Sehr hilfreich sind dabei die Kooperationen mittelständischer Anbieter, die es in fast allen Sortimenten gibt. Deren Plattformen sind ebenfalls sehr erfolgreich und realisieren den Spagat von Bekanntheit, Preiswürdigkeit und inhabergeführtem Einzelhändlertum. Gerade lokal agierende Händlern nutzten verstärkt die sozialen Medien und es entfalteten sich während der durchlebten Gesundheitskrise ganz neue Aktivitäten und Netzwerke. Der Kunde hat das durch erhöhte Aufmerksamkeit, Loyalität und Kaufbereitschaft honoriert.

Online kann der Kunde rund um die Uhr bestellen. Sollte es da einem Händler nicht überlassen werden, wann und wie lange er sein Geschäft öffnet?

Werktags kann eine gesetzliche Spanne zwischen

6 und 22 Uhr genutzt werden, das geht mit der Lebenswirklichkeit weitgehend konform. Sonntags sollten die Freiräume unbedingt größer sein. So erlaubt das sächsische Ladenöffnungsgesetz bis zu vier verkaufsoffene

Sonntage nebst einem lokal begrenzten fünften Sonntag.

Soweit, so schwierig. Zu welchen Anlässen mit welchen Besucherzahlen Geschäfte wo geöffnet sein dürfen: Darüber gibt es heftigen Dissens. Verdi klagt auf Grundlage sehr festgefahrener und dogmatischer Positionen regelmäßig gegen den öffnungswilligen Handel, die Städte und deren Rechtsverordnungen. Die Gerichte legten die Hürden immer höher. Zur Nutzung der gesetzlich erlaubten verkaufsoffenen Sonntage, die in der Regel auch Höhepunkte im gesellschaftlichen Miteinander vor Ort sind, brauchen wir einfachere, unverkrampftere und vor allem vereinfachte Abläufe.

Welche politischen Rahmenbedingungen müssten verändert werden, um dem Handel zu helfen?

Was wir brauchen, ist eine gesetzlich verankerte Risikoteilung zwischen Gewerbemietern und -vermietern für händlerseitig nicht beeinflussbare Ereignisse wie diese Corona-Pandemie. Null Umsatz, aber volle Miete,

eine solche betriebswirtschaftliche Gemengelage kann der beste Kaufmann nicht gestalten. Immer wieder legt der Handel der Politik den Bürokratieabbau als Forderung auf den Tisch. Aber wir stellen fest, es wird eher immer mehr, was den Unternehmern unseres Wirtschaftszweiges die Zeit stiehlt. Und Zeit ist bekanntlich Geld. Datenschutzgrundverordnung, Verpackungsregister, Bonpflicht, technische Sicherungseinrichtungen für Kassen: Hinter allen Themen stehen aufwändige Arbeiten und entsprechende Meldepflichten. Bei schwindenden Spannen muss effektiver gearbeitet werden können, die Überregulierung steht dem jedoch entgegen.

Woran mangelt es noch?

Die Hinzurechnung von Mieten zum Gewerbeertrag im Rahmen der Erhebung von Gewerbesteuer ist eine sachwidrige Konstruktion des Gesetzgebers, die abgeschafft werden muss. Und: Deutschland braucht eine Allianz für Innenstädte, die deren Bedeutung für unser Gemeinwesen nicht nur uneingeschränkt benennt, sondern zu deren Förderung an allen Stellschrauben dreht. Maßstab ist einzig und allein: Handeln dort muss bezahlbar bleiben und manche aus anderem Blickwinkel wünschenswerte Maßnahme muss sich daran messen lassen, ob sie dem Geschäfts- und Innenstadtleben nicht letztlich doch eher abträglich ist.

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Handelsverband Sachsen
Joachim Otto (60) ist Präsident des Handelsverbandes Sachsen.
von Ulrich Milde

Darum kommt die Region gut aus der Krise

Vier Wirtschaftsexperten geben ihre Einschätzungen

Detlef Schubert

Mein Ansatz ist ein politischer, der die vier „I“s zur Grundlage macht: Interessen, Ideologien, Ideen und nicht zuletzt Irrtum. Fasziniert war ich schon immer von der Umsetzung von Ideen – den eigenen und den transformierten Ideen anderer, die mein eigenes Bewusstsein mit prägten. Die ideologische Einordnung überließ ich denen, die festgelegt sind und Spaß daran haben, sich damit zu beschäftigen. Dass aber in der Vergangenheit die Umsetzung vieler Ideen in Leipzig trotz einiger Irrtümer mehrheitlich relativ schnell zur positiven Entwicklung beitrug, kann jeder aufmerksame Betrachter erkennen und sehen.

Mit ihrer mutigen Strategie der Realisierung der von vielen Menschen eingebrachten Ideen hat die Stadt gemeinsam mit und in der Region vieles bewirkt und zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung ihren Beitrag geleistet. Die Investitionen und die Orientierung an strategischen Zielen haben sich gelohnt. Die Wirtschaft konnte sich, ob Mittelstand oder Großindustrie, relativ schnell entwickeln, die Steuereinnahmen stiegen und einige Zielsetzungen wurden sogar trotz des oft unterstellten Größenwahns übertroffen. Selbstverständlich konnten Irrtümer und Verfehlungen nicht gänzlich ausgeschlossen werden, was ich in meiner Betrachtung nicht verschweigen möchte.

Gestützt auf diese Erfahrung bleibe ich weiter optimistisch und glaube, dass eine beschleunigte Herangehensweise an die notwendigen Prozesse auch unter Corona-Erschwernissen machbar ist und mit dem durch die Pandemie erzwungenen Relaunch mutig begonnen werden kann, ja muss. Persönlich bedeutet das für mich: Wirtschaftspolitik war noch nie so spannend.

Eigentlich wollte ich mich mit Ratschlägen zurückhalten, aber man soll ja bekanntlich nie nie sagen. An Corona habe ich nun wirklich nicht gedacht. Der britische Premier Harold Macmillan soll von einem jungen Politiker gefragt worden sein, was das Schwierigste beim Regieren sei. Er soll geantwortet haben: Ereignisse, die man, auch, wenn man große Mehrheiten hat, nicht voraussagen kann. Damit sind wir in der aktuellen Situation angekommen, der Pandemie und ihren wirtschaftlichen Folgen auch für die Stadt und Region Leipzig.

wie Ökologie, Gesundheitsinfrastruktur, Innovation, Digitalisierung, Humankapital-Bildung wurden schon in der Clusterstrategie hinreichend beschrieben und eine eigene Beteiligungsgesellschaft hatte die Stadt schon vor Jahren gegründet. Sie wäre heute notwendiger denn je. Die Stadt selbst als Dienstleistungsorganisation ist auch hier unmittelbar gefragt im Sinne von Kaizen – schlank, effizient und schnell ihre Dienste anzubieten, damit sich Kosten, Gebühren und Entgelte für Wirtschaft und Bürger bei auf absehbare Zeit sinkenden Steuereinnahmen in Grenzen halten lassen . Ich bin sicher „Leipzig kommt“ schneller wieder, wenn wir den Investitionen für einige Zeit den Vorrang einräumen.

Uwe Albrecht

Die Region Leipzig hat gute Chancen, aus der gegenwärtigen schwerwiegenden Krise in Folge der CoronaPandemie gestärkt hervorzugehen. Mein Optimismus begründet sich darin, dass es Leipzig in der Vergangenheit immer wieder gelungen ist, sich erfolgreich zu behaupten. In der Zeit nach 1989, mit ihren schmerzhaften strukturellen und sozialen Umbrüchen, hatte Leipzig es geschafft, wieder zu einer prosperierenden, sich dynamisch entwickelnden Stadt zu werden. Ich möchte daran erinnern, dass bis Mitte der 1990er-Jahre 90 Prozent der Industriearbeitsplätze weggebrochen waren. Dennoch gelangen wenige Jahre darauf mit Porsche und BMW bedeutende Großansiedlungen, in deren Folge sich zahlreiche Zulieferer ansiedelten. Leipzig investierte in modernste Infrastruktur, die sich bis heute auszahlt. Parallel erfolgte ein Wandel hin zu mehr Dienstleistungen, der IT-Sektor wurde gestärkt, der Logistiksektor nahm einen enormen Aufschwung. Aber auch aus der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 ging Leipzig dank starker regionaler Aufstellung ohne nachhaltige Schäden hervor.

Für Leipzig ist es wichtig, auch in Zukunft krisenresilient zu bleiben, gerade nach den tiefgreifenden Corona-Beschränkungen. Zunächst müssen Bund, Land und Kommune dafür sorgen, dass unsere Unternehmen die gegenwärtige Durststrecke überleben können. Dafür wurden zahlreiche Programme auf den Weg gebracht, wie das Leipziger Hilfsprogramm für

Gefahr ist evident, dass der wochenlange Shutdown des wirtschaftlichen Lebens im März und April uns nun langfristig weit zurückwirft.

Die bisher getroffenen Entscheidungen aller politischen Ebenen sind hinreichend bekannt und werden je nach Betroffenheit kommentiert und wahrgenommen.

Von Schuldzuweisungen in diesem Zusammenhang halte ich nicht viel, aber ich bin mir sicher, dass wir regional auf den Mehrwert eines möglichst schnellen in Gang gesetzten weiteren Wachstums angewiesen sind. Denn ohne dieses Wachstum gibt es keine Lohnzuwächse, keine privaten Investitionen in die Zukunft, keine weitere Entwicklung der Mittelschicht und keine Mittel für den sozialen Ausgleich. Die Arbeits- und Kapitalproduktivität ist entscheidend für die Zukunft. Wir werden deshalb mit Blick auf die regionale Situation nicht um eine möglichst schnelle Entscheidung über eine höhere Verschuldung herumkommen.

In diesem Zusammenhang sind die Abgeordneten aller Eben gefordert. Was alleine zählt, ist, dass wir mit den zusätzlichen Schulden produktive Investitionen finanzieren und dabei einen ausgewogenen Mix von Risiken und Chancen im Auge behalten müssen! Wir werden dazu einen Relaunch unserer Ausgaben und Strategien unter Einsatz unseres vorhandenen Vermögens mit in Betracht ziehen und das Land mit einbinden müssen. Vom Land würde ich mir wünschen, dass kommunale Betriebe auch die Rechtsform einer Aktiengesellschaft annehmen könnten. Damit könnten sie auf den Kapitalmärkten besser agieren. Eine gutes „Corporate Governance“ macht das möglich und sollte die Voraussetzung für die notwendigen Änderungen der Rechtslage sein, Investitionsfelder

Solo-Selbstständige. Die Krise wird uns aber auch zu neuen Denk- und Herangehensweisen führen und hierdurch neue Chancen eröffnen. Die Digitalisierung wird einen enormen Schub erfahren. Initiativen wie Digital Hub Leipzig oder die 5G-Pionierregion im Leipziger Norden weisen den richtigen Weg in die Zukunft. An den notwendigen Voraussetzungen arbeitet die Stadt Leipzig intensiv mit ihren Partnern. Leipzigs Wirtschaft wird nach einer harten Übergangsphase wieder stark wachsen, davon bin ich fest überzeugt. Die Krise hatte Leipzig auf einem hohen Niveau erwischt, dieses wollen wir rasch wieder erreichen und mittelfristig sogar überbieten. Dies ist unser Anspruch!

Krisenerprobt ist die ostdeutsche Wirtschaft ohne Frage. Aber weder der wirtschaftliche Umbruch 1989 noch die Finanzkrise 2008/09 sind mit der aktuellen Krise vergleichbar. Wir fangen ja nicht bei null an wie vor 30 Jahren. Wir kommen im Gegenteil aus einer stabilen Wachstumsphase; selbst den globalen Konjunkturabschwung im vergangenen Jahr hat die Leipziger Wirtschaftsregion bis dato relativ unbeschadet überstanden. Die Corona-Pandemie trifft die regionale Wirtschaft jedoch womöglich heftiger als die Finanzmarktkrise vor elf Jahren, weil die Wirtschaft nun in ihrer ganzen Breite getroffen ist. Die

Aus dieser Krise gestärkt herauszukommen – das muss jetzt alle Maßnahmen und alle beteiligten Akteure leiten. Die Soforthilfen, die Bund und Freistaat in der akuten Krisenlage auf den Weg gebracht haben, waren wichtig – aber letztlich nur das Pflichtprogramm, um für viele Unternehmen das Schlimmste zu verhindern. Sachsen hat hier im Vergleich zu anderen Bundesländern viel zu defensiv agiert und bis heute kein Zuschussprogramm aufgelegt für Unternehmen, die durch staatlich angeordnete Schließungen völlig unverschuldet in Existenznot geraten sind. Die sächsische Regierung nimmt damit einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil der hier ansässigen Unternehmen bei der Krisenbewältigung in Kauf. Ein aus unserer Sicht schwerwiegender Fehler. Umso mehr erwarten wir jetzt, dass der Freistaat schnell – zusätzlich zu dem vom Bund auf den Weg gebrachten Konjunkturpaket – eigene, zielgerichtete Impulse für die regionale Wirtschaft nachlegt. Worum es dabei gehen muss, haben die sächsischen Kammern in gemeinsamen Leitlinien für ein sächsisches Konjunkturprogramm deutlich gemacht.

Gestärkt aus der Krise zu kommen, bedeutet für Sachsen bei allen krisengebotenen Hilfsmaßnahmen, Entlastungen und Investitionen, die jetzt zwingend erforderlich sind, auch latente strukturelle Schwächen endlich zielgerichtet und mutig anzugehen. Ein Schlüssel sind massive Investitionen in die Infrastruktur, in Digitalisierung, Breitbandausbau, Elektromobilität, Bildung, Straße und Schiene, die auf kurze Sicht die Nachfrage stärken, auf lange Sicht aber den Standort insgesamt zukunftssicher aufstellen. Nur dann kann es gelingen, die strukturelle Kleinteiligkeit unserer Wirtschaft zu überwinden, mehr auch größere forschungsintensive Unternehmen hier anzusiedeln.

Dazu brauchen wir endlich schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren und spürbare bürokratische Entlastungen auf allen Ebenen. Das ist – bei aller akuten Krisenbewältigung – Grundvorrausetzung dafür, dass sich unsere krisenerprobte Wirtschaft zukunftsfähig aufstellen und auch künftige Problemlagen krisenfest bestehen kann.

Der Ausblick auf die künftige Wirtschaftskraft der Region Leipzig gefällt: Bei Infraleuna hat man einen guten Job gemacht – das neue Biokraftwerk wird 2022 in Betrieb gehen, der Stoffverbund wächst, eine halbe Milliarde Euro Neuinvestitionen sind unter Dach und Fach. Über den Branchenansatz „Hypos“ und die Herstellung von „Grünem Wasserstoff“ auf dem früheren Kasernengelände in Bad Lauchstädt wird ein umweltschonender Energieträger für den Personenund Warentransport der Zukunft entwickelt. Apropos Personenverkehr – Straßenbahnen für Europa werden in Leipzig projektiert und mit einem Anteil von etwa 70 Prozent aus regionaler Zulieferung gefertigt. Sehr erfreulich auch das TRi5G Vorhaben für Ausbau und Nutzung einer digitalen Infrastruktur für den Nordraum Leipzig und die Unternehmen der Automobilindustrie. Medizintechnik, Mess- und Regeltechnik und Pharmaerzeugnisse bieten neue Geschäftschancen. Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft erhalten im Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik das Rüstzeug an Erfahrung und Weisheit für ihre verantwortungsvollen Aufgaben. Kurzum – ich sehe heute bei fünf bis sieben Unternehmen aus der Metropolregion das Potenzial zum National Player.

Kurzfristig braucht es ein Sicherungskonzept. Regionalen Wertschöpfungsketten folgend möchten die Gelder aus dem Konjunkturprogramm (und dem Kohleausstieg!) in der Region gebunden werden. Vernetzungsplattformen für Alumni-Netzwerke von Technischen Hochschulen und den Managerschmieden können hervorragend ausgebildete junge Menschen binden und helfen, die Nachfolgegestaltung in technikbasierten Firmen der Region zu gestalten.

Voraussetzung für sämtliche bisherigen Erfolge in der Metropolregion Leipzig war und bleibt die wirtschaftsfreundliche Haltung in allen Verwaltungen und zwar länder- und parteiübergreifend. Ein starkes Wirtschaftsdezernat und ein kompetenter Wirt-

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Christian Albert Jacke schaftsbürgermeister im Leipziger Rathaus sind ganz wichtig. Erst recht zu einer Zeit, in der es kraftvolle Impulse für die Entstehung von Einkommen braucht. Kristian Kirpal (47) ist Präsident der Industrie- und Handelskammer Leipzig. Christian Modla Uwe Albrecht (62) ist seit 2006 Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister. Rainer Justen/StadtLeipzig Christian Albert Jacke (60) war von 1990 bis 1991 Leipzigs Wirtschaftsbeigeordneter. André kempner Detlef Schubert (73) war von 1997 bis 2006 Leipzigs Wirtschaftsbeigeordneter. André Kempner
„Kurzum – ich sehe heute bei fünf bis sieben Unternehmen aus der Metropolregion das Potenzial zum National Player“
Christian
Albert Jacke

Mühsame Hilfen

Tourismusbanche und Hotellerie beklagen Bürokratie

Hilfe, wem Hilfe gebührt. Aber wie und wann greift sie? Das ist nicht selten die Frage gewesen, die sich auch im Corona-Umfeld an vielen Stellen auftat. Kirsten Gasoos, Chefin des Reisebüros Vividus im Leipziger Süden, und Matthias von Hermanni, dem eine Pension in Hohenroda bei Delitzsch gehört, sind zwei der Gebeutelten, die sich nach Ausbruch der Pandemie redlich um die vollmundig angekündigten staatlichen Unterstützungen zum Überleben ihrer Unternehmen bemühten. Und anfangs nicht ahnten, welchen mühsamen Weg sie zu beschreiten hatten.

„Gleich als verkündet wurde, kleine Firmen bekommen 9000 Euro Zuschuss, habe ich mich in die Spur begeben“, erzählt die Tourismus-Fachfrau. „Diese Finanzspritze ist ja mehr als verlockend, vor allem, weil sie nicht zurückzuzahlen ist.“ Nur ist sie so leicht und problemlos denn doch nicht zu haben gewesen. In den ersten zwei Tagen bei fast stündlichen Versuchen erhielt sie nur Fehlermeldungen beim Bemühen, überhaupt auf das Förderportal zu gelangen. Schließlich klappte es. „Den Antrag auf diese Tausender stellte ich am 1. April bei der Sächsischen Aufbaubank.“ Dazu habe sie vom Förderportal ein PDF-Dokument heruntergeladen, ausgefüllt und mit den notwendigen weiteren Dokumenten per E-Mail an die Bank gesandt. Dies, weil ein Antrag online immer noch nicht möglich war. Eine Antwort oder zumindest eine Eingangsbestätigung sei nicht eingetrudelt. „Tagelang bangen, ob ich alles richtig gemacht habe mit dem OnlineFormular – nichts tat sich“, erinnert sich Gasoos. Endlich, am 20. April sagte die Sächsischen Aufbaubank (SAB) die Finanzhilfe zu. „Drei Wochen lang hatte sich nichts getan. Ich wusste nicht einmal, ob unsere Bitte dort regelgerecht angekommen ist.“

Unschätzbarer Rettungsanker

Natürlich versuchte sie auch telefonisch in der Angelegenheit etwas zu erreichen. „Das einzige war, dass mir Ende April von der SAB mitgeteilt wurde, sie hätten mit zu vielen E-Mails und Anträgen der Firmen zu kämpfen, so dass sie nicht zum Antworten gekommen sei.“ Überlastung der Servers und des Personals –mag sein. Nur: Ist durch die Verantwortlichen nicht vorhersehbar gewesen, dass ein Ansturm auf diese sehr wichtige Unterstützung einsetzt? „Ich verstehe das alles nicht“, meint die Reisebüro-Chefin. Nun gut, am Ende ist die offizielle Bewilligung der 9000 Euro für ihr Reisebüro eingegangen. „Aber dann musste ich doch noch die Auszahlung per Post ganz bürokratisch beantragen“, ziemlich viel Aufwand, „allerdings ist das Geld für mich und meine Kollegin ein unschätzbarer Rettungsanker.“ Am Ende landete die Summe am 5. Mai auf dem Konto der Firma. „Das stimmt uns sehr froh und hilft doch ein Stück weiter“, freut sie sich. Das sieht Matthias von Hermanni (66) genauso. „Inzwischen haben wir zum Glück die 9000 Euro erhalten. Dafür sind wir sehr dankbar“, betont der Betreiber des Landhauses Hohenroda. Unverständlich bleibe ihm aber, dass es am Ende nur nach einigem Hin und Her funktionierte. Antrag stellen – kurzfristig das Geld in den Händen halten, so einfach lief es nicht. Fast deckungsgleich lief das ganze Prozedere bei von Hermanni ab wie bei Vividus. „Kaum, als bekannt wurde, dass die staatliche Finanzspritze offiziell auf den Weg gebracht wurde, habe ich mich darum gekümmert“, erzählt der Pensions-Inhaber. Allerdings –wie sich die Bilder doch gleichen – „keine Chance, den Antrag digital zu stellen“. Wahrscheinlich ServerÜberlastung, meint der Chef. Anfang April, nachts gegen 23 Uhr sei es ihm endlich gelungen, wenigstens das Formular per Computer runterzuladen. Nun sollte dem Ganzen nichts mehr im Wege stehen. „Weit gefehlt, denn zwei Wochen lang hörte ich nichts mehr in der Sache.“ Also habe er sich telefonisch bei der SAB in Dresden erkundigt. „Aber die Bank wusste von unserem Begehr nichts“, schildert von Hermanni nahezu die gleichen Erfahrungen wie Kirsten Gasoos. Also habe er ein zweites Mal die 9000 Euro beantragt. Danach wieder kein Signal aus der Landeshauptstadt, kein Mucks eine Woche lang. Also habe er erneut zum Hörer gegriffen. „Immerhin wurde mir dabei der Eingang des Antrags bestätigt.“ Das Geld war dennoch längst noch nicht auf dem Wege in den kleinen Ort nördlich von Leipzig. „In der Post fand ich ein Schreiben mit der Aufforderung, dass wir uns legitimieren sollten. Komisch, noch am selben Tag, Ende April, war die Summe überwiesen worden“, wundert sich von Hermanni. Die offensichtlich schlechte Vorbereitung der Abläufe bei den Behörden dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, „dass wir sehr froh über die Hilfe sind“, sagt er dezidiert. Nur zur Veranschaulichung: Das Landhaus mit 20 Zimmern hatte allein wegen des Wegfalls der Leipziger Buchmesse Umsatzeinbußen

André Kempner

von 12 000 Euro. „Dass wir vom Staat einfach Geld bekommen – das finde ich nicht normal, noch dazu geschenkt. Das ist einfach klasse.“

Die Crux mit dem Kredit

So kompliziert es sich mit den 9000 Euro gestaltete, so mühsam lief es – beziehungsweise gar noch ärgerlicher – bei dem zinslosen Kredit, der den kleinen Firmen von Sachsen gewährt wird, um die CoronaZeit möglichst ohne große Blessuren zu überstehen.

Kirsten Gasoos agierte hier ebenfalls sofort, nachdem sie davon gehört hatte. Ein Weg, der erneut mit so manchen Widrigkeiten mehr als gepflastert war. „Klar, ein Kredit muss zwar im Unterschied zu einem Zuschuss wieder getilgt werden, das heißt, die Summe ist erst einmal zu verdienen. Aber er verschafft natürlich in schwierigem wirtschaftlichen Fahrwasser Zeit, um wieder in die richtige Bahn zu gelangen“, betont Gasoss. Deshalb habe sie sich am 24. März bereits rasch um diese Form der Hilfe bemüht. Am 17. April dann das: „Die Reaktion bei der SAB ist eindeutig gewesen: Die Angelegenheit könnte an den TourismusExperten des Instituts weitergeleitet werden“, erfuhr die Firmenchefin am Telefon. Warum dieses Prozedere?

Am anderen Ende hieß es: „Der Kredit wird nur gewährt, wenn Ihr Unternehmen im vorigen Jahr Gewinn erwirtschaftet hat.“ Da konnte Gasoos nur ungläubig den Kopf schütteln und antworten: „Wie sollte das denn möglich gewesen sein, nachdem der Reise-Riese Thomas Cook Insolvenz anmelden musste?“ Das hatte verheerende Folgen. Denn zu dem Touristik-Konzern gehörten die Veranstalter-Töchter Neckermann-Reisen, Thomas-Cook- und Bucher-Reisen, Air Marin und Öger-Tours – genau jene Anbieter, die die Kunden in den vergangenen Jahren bei Vividus am häufigsten und am liebsten gebucht hatten. Massiv weggebrochene Umsätze ließen befürchten, dass das Reisebüro in die Verlustzone schlittert. Kluges Agieren hat das hingegen verhindert. „Wir sind glücklich, 2019 überhaupt noch mit einer schwarzen Null durchs Rennen gegangen zu sein. Von einem auch noch so kleinen Gewinn war nicht einmal zu träumen angesichts der Umstände“, schildert Gasoos die Lage.

So logisch dies klingt, geholfen hat es nicht. „Am 12. Mai teilte uns die SAB per Mail mit, dass der Kredit nicht gewährt wird.“ Mit welcher Begründung?

Gasoos: „Unsere Liquidität sei nicht gesichert.“ Wörtlich stand in der Antwort: „Wir haben Ihren Antrag geprüft und dabei festgestellt, dass die erforderlichen Voraussetzungen für die Förderung nicht vorliegen.

Die Rückzahlung des Darlehens muss bei normalem wirtschaftlichem Ablauf innerhalb der Laufzeit des Darlehens zu erwarten sein. Unter Berücksichtigung

Ihrer Angaben zum wirtschaftlichen Ergebnis Ihres Unternehmens ist die Kapitaldiensterbringung für das beantragte Darlehen nicht vollumfänglich möglich.“

Verwundert ist die Geschäftsführerin zudem darüber, „dass ich nie etwas von dem vermeintlichen SAB-Tourismus-Experten gehört habe, der mir einst ,versprochen‘ wurde.“

Organisatorische Mängel bei der schnellen Unterstützung kleiner Firmen auf der einen Seite, Unklarheit darüber, wem wirklich Hilfe gewährt wird – das schmälerte leider bei vielen Betroffenen die Euphorie über den staatlichen Beistand in schwierigen CoronaZeiten.

Von Dietrich Enk

Unternehmerischer Wille und Entschlossenheit der verantwortlichen Entscheider sind durchaus und kraftvoll spürbar. Das bemerken wir in vielen Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern deutlich. Die Krise schlug dramatisch in Betriebe – besonders der Event-, Messe-, Gastronomieund Hotelleriebranche – ein und weitete sich aus unterschiedlichsten Gründen auf weitere Branchen aus. Nach Schock, herunterfahren und kompensieren verlassen Unternehmen zunehmend die Probleme und suchen Lösungen, um Gegenwart und Zukunft verantwortungsvoll zu begegnen. Der Pandemieverlauf, die Lösung Impfstoff –alles Wünschelrute und handeln im Unklaren.

Sachsen und die Region Leipzig haben nach der Wiedervereinigung eine erstaunliche Entwicklung genommen. Geprägt ist der Aufschwung durch die Leistungen kleiner und mittelständischer Firmen, die 99,8 Prozent aller Betriebe stellen. Unternehmen, die über Jahre Steuern und Abgaben geleistet haben, benötigen nun einen Zehntel dessen, um finanzielle Lücken zu schließen, Innovation und Fortbestand zu ermöglichen. Das Agieren der Bundesregierung ist nach unserem Ermessen nicht mehr zeitgemäß, um gerecht und nachhaltig die Krise zu bewältigen und innovativen Schwung aufzunehmen. Das Recht auf HomeOffice wird diskutiert, während für schwerst betroffene Betriebe noch immer keine Soforthilfen, weder von

Ichwill: Grenzen überschreiten!

Bund noch vom Land, gesichert aufgestellt wurden. Das ist, mit Verlaub, schlichtweg inkompetent und sozial alles andere als nachhaltig.

Ein Wegbrechen der mittelständischen Unternehmensstruktur hätte katastrophale Folgen für die komplette sächsische Wirtschaftslandschaft, den Erhalt der von Bildung, Soziales, Kultur. Dass in der Stadt Leipzig zu diesem Zeitpunkt Überlegungen angestellt werden, das Wirtschaftsdezernat nicht mit einem Bürgermeister zu besetzen, zeigt Missachtung und Bedeutung notwendigster Unternehmenskultur auf.

Wir wollen Mut machen, vermissen aber klare Signale, mit Vernunft und Anerkennung vor Geleistetem, Maßnahmen anzugehen, die sich den Themen nachhaltiger Zukunft und Generationengerechtigkeit annehmen. Ja, ich persönlich nehme es als sehr positiv und ermutigend, dass viele junge und ältere Leute bereit sind, verantwortungsvoller, ressourcenschonender mit dem Leben und dem Arbeiten umzugehen und zerrüttendes Globalisierungswachstum in Frage zu stellen.

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„Ich erwarte eine lang anhaltende Stagnation in China“

Leipziger Uni-Professor Gunther Schnabl spricht von komplexem Handelsstreit mit den USA

Herr Schnabl, das Corona-Virus hat womöglich seinen Ursprung in China. Die USA verlangen Aufklärung. Ist China unter Druck?

China ist seitens der USA schon länger unter Druck, insbesondere aufgrund des großen Handelsungleichgewichts zwischen beiden Ländern. Ich bezweifle, ob man wirklich den Ursprung eines Virus verlässlich nachverfolgen kann. Vermutlich werden wir nie erfahren, ob das Virus in China oder in einem anderen Land ausgebrochen ist.

China hat viele Lieferungen wie Atemschutzmasken in die Welt geschickt. Ist das Ausdruck eines schlechten Gewissens oder Hilfsbereitschaft?

Ich nehme an, dass die Masken bezahlt wurden, also Teil eines Geschäfts waren. Nach den offiziellen Zahlen sind die Infektionen in China früher abgeklungen. Da stand dem Export nichts mehr im Wege. Die chinesische Industrie dürfte zudem anpassungsfähig genug sein, um die Maskenproduktion schnell zu erhöhen.

Ursprünglich sollte im September in Leipzig der Gipfel der Europäischen Union (EU) mit China stattfinden, jetzt ist er verschoben worden. Dennoch: Welche Bedeutung steckt hinter dem Treffen?

China ist die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt und als größte Handelsnation ein sehr wichtiger Partner für Deutschland und Sachsen. Das Land hat ein riesiges Marktpotenzial. Je mehr die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa stockt, desto mehr wird die Bedeutung der Handelspartner in Ostasien wachsen. China kommt in Ostasien auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil es über verlängerte Werkbänke mit vielen anderen Ländern in der Region verbunden ist.

Welche Knackpunkte sehen Sie im Verhältnis EU-China?

Die Knackpunkte sind oft die politischen Fragen wie Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit. Die Politiker in westlichen Demokratien stehen unter einem ständigen Druck, diese Defizite anzumahnen. Gleichzeitig sind die gegenseitigen wirtschaftlichen Interessen groß. Aus deutscher Sicht sind das nicht nur die chinesischen Absatzmärkte, sondern auch China als Produktionsstandort. Das Land verfügt über eine disziplinierte und aus europäischer Sicht immer noch billige Arbeitskraft.

Und umgekehrt?

Das Wachstum Chinas war seit seiner Öffnung in den 1990er-Jahren exportorientiert. Für China ist es elementar, große Zielmärkte mit hoher Kaufkraft zu haben. Deshalb ist nicht nur China für Deutschland ein wichtiger Handelspartner, sondern auch Deutschland für China. Das wirtschaftliche Interesse ist – wie meist – gegenseitig.

Was erwarten Sie im Handelsstreit zwischen China und den USA?

Der Handelsstreit ist komplexer als das auf den ersten Blick scheint. Die USA sind für China der wichtigste Exportmarkt. Zwischen 2001 und 2014 ist viel billiges Kapital aus den USA und anderen westlichen Ländern nach China geflossen. Damit wurden sehr große Produktionskapazitäten aufgebaut. Diese Kapazitäten müssen ausgelastet werden. Sonst gäbe es in China eine hohe Arbeitslosigkeit, die für die Regierung in Peking politisch gefährlich wäre. Aus diesem Grund ist die Regierung gewillt mit hohen Kosten den Export weiter zu subventionieren.

Wie sieht das aus Sicht der USA aus?

Aus Sicht der USA ist das Handelsungleichgewicht aus zwei Gründen vorteilhaft. Erstens halten die billigen Importe aus China das Preisniveau in den USA niedrig und fördern damit den Konsum. Viele US-Unternehmen wie Apple produzieren in China. Zweitens hat lange Zeit die chinesische Zentralbank über die Käufe von US-amerikanischen Staatsanleihen das Handelsdefizit der USA finanziert. Dadurch ist ein großer Kapitalzufluss entstanden, der die langfristigen Zinsen in den USA niedrig gehalten hat. Davon profitierten in den USA der Finanzsektor, der hoch verschuldete Staat sowie die hoch verschuldeten Unternehmen. Es gibt natürlich auch Verlierer.

Wen meinen Sie?

Insbesondere die Menschen, die in Sektoren tätig

sind, die mit China konkurrieren, vor allem in der Industrie. Deren Löhne wurden gedrückt oder sie wurden arbeitslos. Auf diese Menschen muss die amerikanische Politik eingehen. Deswegen hat bisher jeder Präsident, auch vor Donald Trump, immer wieder die unfairen Handelspraktiken von China öffentlich kritisiert.

Wie wird man dieser Gruppe helfen? Ob man daran etwas ändern will, ist eine andere Frage. Der umfangreiche Ankauf von US-Staatsanleihen durch die chinesische Zentralbank beziehungsweise inzwischen die großen privaten Kapitalzuflüsse aus dem Reich der Mitte sind de facto ein Transfer von Kaufkraft von China in die Vereinigten Staaten. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die USA ihre Verschuldung jemals zurückzahlen werden. Die Stellung des Dollars als Weltwährung erlaubt es den USA, die internationale Verschuldung durch Inflation und Abwertung zu entwerten. Das hat schon Charles De Gaulle beklagt. Seither hat sich daran nicht viel verändert.

sackt seit 2014 langsam, aber sicher das chinesische Wachstum ab. Durch den Handelskonflikt, den Präsident Trump mit China vom Zaun gebrochen hat, hat er die Absatzwege Chinas verstopft. Das hat China zusätzlich destabilisiert und so die Kapitalabflüsse in die USA beschleunigt. Die Corona-Krise ist ein weiterer Rückschlag für China.

Der Zenit ist überschritten?

Ja, China versucht verzweifelt, die hohen Überkapazitäten mit vielen billigen Krediten aufrecht zu erhalten und verhindert damit einen wichtigen Strukturanpassungsprozess. Die billigen Kredite, die unter anderem über das staatlich kontrollierte Bankensystem ausgereicht werden, zombifizieren die chinesische Wirtschaft. Ich erwarte deshalb eher eine lange anhaltende Stagnation wie in Japan. Nebenbei: Man sollte nicht vergessen, dass man sich auf die offiziellen chinesischen Zahlen nicht verlassen kann. Was bedeutet das für Europa und Deutschland? Vor allem für Deutschland ist das kritisch. Deutsch-

zurückhaltung und die Abwertung des realen Wechselkurses. Zudem könnten die Chinesen mehr Unternehmen in Deutschland kaufen wollen, wenn die Kapitalflucht aus dem Land anhält. Das wird in Berlin nicht gerne gesehen.

China ist für Sachsen der wichtigste Handelspartner. Was raten Sie unseren exportorientierten Unternehmen?

China wird aufgrund seiner Größe ein wichtiger Partner bleiben. Trotzdem würde ich mich nicht darauf verlassen, dass weiterhin neue positive Impulse aus China kommen. Es gilt auch andere Absatzmärkte zu entwickeln. Vielleicht wäre es auch wieder an der Zeit, sich auf den Binnenmarkt zu besinnen.

Deutschland muss sich mehr auf eigene Stärken konzentrieren?

Ich beobachte seit langer Zeit, dass unsere Industrie vor allem auf den Export setzt. Das liegt auch daran, dass aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der im Vergleich zum Ausland restriktiven Finanz- und Lohnpolitik in Deutschland viel Kapital ins Ausland abgeflossen ist. Dort hat es Käufe deutscher Güter finanziert, wovon überproportional die exportorientierten großen Unternehmen profitiert haben. Aus meiner Sicht wäre es günstig, durch einen höheren Zins die Kapitalabflüsse einzudämmen und die Löhne in Deutschland etwas anzuheben. Das würde die Kaufkraft und die Nachfrage im Inland stärken.

Das wäre ein Vorteil für Ostdeutschland, da die hiesigen Betriebe im Schnitt kleiner sind als die im Westen der Republik.

Ja. Ich sehe die Niedrigzinspolitik der EZB auch als indirekte Subventionierung vor allem großer Exportunternehmen. Da die ostdeutsche Wirtschaft binnenmarktorientierter ist als die westdeutsche, würden Sachsen und die anderen ostdeutschen Länder mittelfristig von einer geldpolitischen Straffung profitieren. Ich sehe im Osten ein großes Potenzial nicht nur in der mittelständischen Industrie, sondern auch bei Dienstleistungen, etwa im Tourismus, im Konferenzgeschäft und hoffentlich bald auch wieder im Messegeschäft.

Wie schätzen Sie angesichts dieses Umfelds die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland ein? Deutschland sollte sich nicht mehr so stark wie bisher auf den Export verlassen. Die USA werden sich in der globalen Krise, auf die wir uns zubewegen, noch relativ gut entwickeln. Das liegt daran, dass das Land als sicherer Hafen für das internationale Kapital gilt. Die Kapitalflucht in die USA könnte deshalb weiter zunehmen. Davon werden auch die deutschen Ausfuhren profitieren. Dennoch wäre es für Deutschland an der Zeit, sich auf alte Stärken zu besinnen. Dazu gehören ein wettbewerbsorientiertes Wirtschaftssystem und eine harte Währung. Damit verbunden sind ein starker Mittelstand sowie die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Dann könnte das Land wieder zu einem wichtigen Wachstumskern in einem Europa werden, das ein Gegengewicht gegenüber China und den USA bildet.

Wo ist der Haken?

Im ersten Quartal 2020 ist die chinesische Wirtschaft um 6,8 Prozent geschrumpft, im zweiten Quartal wird ein Plus von 2,0 Prozent erwartet, für das Gesamtjahr ein Wachstum von 3,4 Prozent. Hat China die Corona-Krise fast schon überwunden?

Das ist schwer zu beurteilen. Es ist schwierig, die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen von anderen Entwicklungen zu trennen. Seit 2018 hat sich die weltwirtschaftliche Entwicklung merklich abgekühlt. Das ging von China aus. Der Investitionsboom, den man auch als Überinvestitionsblase bezeichnen kann, ist dort spätestens seit 2014 vorbei.

Woran machen Sie das fest?

Die chinesische Währung, der Renminbi, steht seither unter Abwertungsdruck. Privates Kapital fließt netto betrachtet nicht mehr zu, sondern wird abgezogen. Zuvor hatte die Kapitalzuflüsse den Renminbi unter starken Aufwertungsdruck gebracht. Damit

land ist exportabhängig. China ist der wichtigste Handelspartner. Der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland seit der Jahrtausendwende stark angestiegen und liegt bei knapp 50  Prozent. Wenn die Nachfrage aus China zurückgeht, dann hat das insbesondere für die hiesige Autoindustrie und den Maschinenbau negative Konsequenzen. Auch die Wirtschaftlichkeit der deutschen Produktionsstandorte in China könnte leiden.

Die Handelsbeziehungen zu China waren auch früher nicht immer positiv. Chinesische Dumpingpreise bei Solarmodulen etwa haben die hiesige Solarwirtschaft arg beschädigt.

Die Gefahr dieser Dumpingpreise bleibt weiter bestehen. Die chinesische Regierung hat ein starkes Interesse, die Überkapazitäten ausgelastet zu halten. Dazu dienen Subventionen, billige Kredite, Lohn-

Es wird in der EU darauf hinauslaufen, dass über die EZB und die EU viele Ressourcen in andere Länder transferiert werden. Das wird zwar unserer Exportwirtschaft helfen, aber auch die Kaufkraft der Bürger und unser marktwirtschaftlich orientiertes Wirtschaftssystem weiter schwächen. Ich zweifle, dass die Abkehr von den Prinzipien von Ludwig Erhard auf Dauer Deutschland und Europa nützen wird.

Zur Person

Wirtschaftsprofessor Gunther Schnabl (53) hat seit 2006 den Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Leipzig inne, Er leitet zugleich das Institut für Wirtschaftspolitik. Schnabl zählt zu den Top-Volkswirten in Deutschland.

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& Geld Märkte
„Deutschland sollte sich nicht mehr so stark wie bisher auf den Export verlassen.“
Swen Reichhold Von Ulrich Milde

Deutsche Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse

Die Zuse-Gemeinschaft vertritt die Interessen unabhängiger privatwirtschaftlich organisierter Forschungseinrichtungen. Dem technologie- und branchenoffenen Verband gehören bundesweit über 70 Institute an, davon eine große Anzahl in Mitteldeutschland. Als praxisnahe und kreative Ideengeber des deutschen Mittelstandes übersetzen sie die Erkenntnisse der Wissenschaft in anwendbare Technologien und bereiten so den Boden für Innovationen, die den deutschen Mittelstand weltweit erfolgreich machen.

www.zuse-gemeinschaft.de

Kompetenz auf der gesamten Fläche

Mitteldeutschland ist einer der größten Forschungsstandorte in Deutschland. Neben Universitäten und Hochschulen in nahezu allen größeren Städten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind zahlreiche Institute in der Region eng mit der Wirtschaft verzahnt. Ihre Forschungsschwerpunkte reichen von industriellen Anwendungen über innovative medizinische Methoden bis hin zu den neusten Entwicklungen in der digitalen Welt.

Die Wirtschaftszeitung stellt in vier Teilen die wissenschaftlichen Einrichtungen mit ihren Forschungsschwerpunkten, ungefähren Mitarbeiterzahlen und ihren Internetadressen vor. Bei manchen Einrichtungen sind die Synergien verschiedener Fakultäten für ein Institut so groß, dass der Vermerk „Mitarbeiterzahl variiert“ die seriöseste Angabe ist, um nicht einen Wissenschaftler doppelt oder dreifach zu zählen.

Die Serie endet nun mit der Forschung in Thüringen.

Im Gegensatz zu Sachsen und Sachsen-Anhalt konzentrieren sich die Institute hier nicht allein auf die großen Städte des Bundeslandes, sondern verteilen sich auf der gesamten Fläche auch in kleinen Orten.

In Ilmenau zum Beispiel, der Goethe- und Universitätsstadt mit rund 25 000 Einwohnern, wird an einem hochmodernen Thema auf dem Gebiet audiovisueller Medien geforscht.

1 Jena

Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF)

• Anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet der Photonik, Entwicklung optischer Systeme zur Kontrolle von Licht.

• ca. 250 Mitarbeiter

• www.iof.fraunhofer.de

Max-Planck-Institut für Biogeochemie

• Erforschung globaler biogeochemischer Kreisläufe der Erde und ihre Interaktionen mit dem Klimasystem.

• ca. 235 Mitarbeiter

• www.bgc-jena.mpg.de

Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

• Untersuchung ökologischer Wechselbeziehungen mit molekularen, chemischen und neurobiologischen Methoden.

• ca. 180 Mitarbeiter

• www.ice.mpg.de

Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte

• Grundlagenforschung zur menschlichen Evolution und Geschichte seit der Steinzeit.

• 230 Mitarbeiter

• www.shh.mpg.de

Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Hans-Knöll-Institut e.V.)

• Erforschung von Naturstoffen aus Mikroorganismen und der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze.

• 380 Mitarbeiter

• www.leibniz-hki.de

Leibniz-Institut für Altersforschung (Fritz-Lipmann-Institut e. V.)

• Biomedizinische Erforschung des menschlichen Alterns.

• Mitarbeiter: Keine Angabe

• www.leibniz-fli.de

Leibniz-Institut für Photonische Technologien e. V.

• Erforschung photonischer und biophotonischer Prozesse und Systeme für Fragestellungen aus den Bereichen Medizin, Lebens- und Umweltwissenschaften.

• 370 Mitarbeiter

• www.leibniz-ipht.de

Helmholtz-Institut Jena

• Außenstelle des GSI Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung, Schwerpunkt Hochleistungslaser und Teilchenbeschleuniger.

• ca. 150 Mitarbeiter

• www.hi-jena.de

DLR-Institut für Datenwissenschaften

• Forschung in den Bereichen Datenmanagement, IT-Sicherheit, Smart Systems (Industrie 4.0) und Bürgerwissenschaften.

• 38 Mitarbeiter

• https://www.dlr.de/dw/desktopdefault. aspx/21397_read-49437

GNRL – General Numerics Research Lab

• Energietechnologien, Nanotechnologie, Werkstofftechnologien

• Mitarbeiter: Keine Angabe

• www.general-numerics-rl.de

ifw – Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik und Werkstoffprüfung GmbH

• Anwendungsorientierte Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung zur Fügetechnik, Fertigungstechnik und Werkstoffprüfung

• 70 Mitarbeiter

• www.ifw-jena.de

INNOVENT Technologieentwicklung

• Gesundheitsforschung und Medizintechnik, Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Optische Technologien, Werkstofftechnologien

• 140 Mitarbeiter

• www.innovent-jena.de

2 Jena-Maua

Robert Boyle Institut

• Klima- und Umwelttechnologien, Leitinstitut für Biomasse- und Biowasserstoff-Forschung in Thüringen

3 Ilmenau

Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT)

• Anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet audiovisueller Medien.

• Mitarbeiter: Keine Angabe

• www.idmt.fraunhofer.de

Institutsteil Angewandte Systemtechnik (AST) des Fraunhofer IOSB

• Erforschung neuer kybernetischer Methoden und Verfahren zur optimalen Steuerung und Führung komplexer Systeme.

• 111 Mitarbeiter

• www.iosb.fraunhofer.de

Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS

• Abteilung Elektronische Messtechnik und Signalverarbeitung (EMS) des IIS, Forschung im Bereich Mobilkommunikation und Signalverarbeitung.

• ca. 40 Mitarbeiter

• www.thueringen.fraunhofer.de/de/institutes/ Fraunhofer_IIS.html

Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme gGmbH

• Anwendungsorientierte Forschung für die Entwicklung von Erzeugnissen der Mikroelektronik, Systemtechnik und Mechatronik.

• 85 Mitarbeiter

• www.imms.de

4 Weimar

Forschungsstation für Quartärpaläontologie Weimar

• Abteilung des Forschungsinstituts Senckenberg, Rekonstruktion der Organismenwelt und der ökologischen Verhältnisse während der globalen Klimaschwankungen des Eiszeitalters

• Mitarbeiterzahl: Keine Angabe

• www.senckenberg.de

Materialforschungs- und Prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar

• Forschung und Materialprüfung, Überwachung und Zertifizierung von Werkstoffen, Bauteilen, Bauprodukten und Bauwerken.

• 100 Mitarbeiter

• www.mfpa.de

IAB – Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH

• Energietechnologien, Klima- und Umwelttechnologien, Werkstofftechnologien, Produktionstechnologien

• 118 Mitarbeiter

• www.iab-weimar.de

Leopoldina –Nationale Akademie der Wissenschaften

Die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft in Deutschland ist in Halle  (Saale) beheimatet und vertritt seit 2008 die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien. www.leopoldina.org

Franckesche Stiftungen zu Halle

Der Sozial- und Bildungskosmos in Halle (Saale) beherbergt mehr als 50 verschiedene Einrichtungen von der Kinderkrippe bis zum Forschungsinstitut und Fakultäten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. www.francke-halle.de

5 Erfurt

IGZ – Leibniz-Institut für Gemüseund Zierpflanzenbau e.V.

• Pflanzenwissenschaftliche Grundlagenforschung.

• 110 Mitarbeiter

• www.igzev.de

CiS – Forschungsinstitut für Mikrosensorik GmbH

• Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Optische Technologien

• ca. 100 Mitarbeiter

• www.cismst.org

6 Heiligenstadt

Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik e.V.

• Anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet technischer Systeme für Bioprozesse.

• Mitarbeiter: Keine Angabe

• www.iba-heiligenstadt.de

7 Rudolstadt

TITK – Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung

• Fahrzeug- und Verkehrstechnologien, Werkstofftechnologien, Produktionstechnologien

• 200 Mitarbeiter

• www.titk.de

8 Bad Langensalza

fzmb GmbH – Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie

• Gesundheitsforschung und Medizintechnik, Biotechnologie, Mikrosystemtechnik

• ca. 100 Mitarbeiter

• www.fzmb.de

9 Schmalkalden

GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung Schmalkalden

• Mikrosystemtechnik, Werkstofftechnologien, Produktionstechnologien

• Ca. 65 Mitarbeiter

• www.gfe-net.de

10 Greiz

TITV – Textilforschungsinstitut

Thüringen-Vogtland e.V.

• Gesundheitsforschung und Medizintechnik, Fahrzeug- und Verkehrstechnologien, Mikrosystemtechnik, Werkstofftechnologien, Produktionstechnologien

• 60 Mitarbeiter

• www.titv-greiz.de

• 21 Mitarbeiter • http://rekoplan.wixsite.com/rbi-jena
in Thüringen stepmap.de
& Forschung Innovation 17
Forschung
Von Stefan Michaelis

Mit Stolz nach ganz oben

Die Hallenser relaxdays GmbH eröffnet in Leipzig einen Hub für Software-Entwicklung. Für den CEO Martin Menz nur ein weiterer Schritt fürs geplante Firmenwachstum.

Satte 30 neue IT-Arbeitsplätze entstehen über den Dächern der Stadt: Leipzig ist ab diesem Sommer ein neuer Standort der relaxdays GmbH. Wie Martin Menz, CEO des Hallenser E-Commerce-Unternehmens im Gespräch mit der LVZ-Wirtschaftszeitung bestätigte, wird das neue Büro nahe der Thomaskirche den Betrieb aufnehmen. „Hier werden sich unsere Mitarbeiter künftig um die Softwareentwicklung kümmern“, so der Gründer und Geschäftsführer des Versandhändlers und Dienstleisters.

Für den Standort Leipzig sprechen die guten Erfahrungen, die Menz mit zwei Absolventen der hiesigen Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTWK) gemacht hat. „Das fachliche Level der Mitarbeiter ist hervorragend“, sagt der Firmeninhaber. „Deshalb kommen wir zur Quelle, statt das Wasser zu uns fließen zu lassen.“ Der 34-Jährige weiß, dass er sich im täglichen Kampf um Fachkräfte befindet und auf die Spezialisten zugehen muss. Ebenso ist im bewusst, dass Halle an der Saale, dem Sitz der relaxdays GmbH, für viele Studenten und Absolventen aus Leipzig eben kein magischer Ort für die Karriere ist. Um die guten Verbindungen zur HTWK auszubauen und das Netz zum Talente-Fischen weiter im Wasser zu haben, werden 400 Quadratmeter Bürofläche in der City ausgebaut. Vor Ort in Leipzig heißt es dann auch klotzen statt kleckern: Die Aussicht über die City ist fantastisch, von der Thomaskirche bis zum Breuninger-Haus ist alles in den bodentiefen Fenstern zu sehen. Die – wohl eher kurzen – Pausen können die neuen Kollegen auf der Terrasse verbringen oder in der nagelneuen Küche, die einen fünfstelligen Betrag kostet. Das Investment in Technik und Ausstattung bleibt in Mitteldeutschland, der Küchenbauer kommt aus Zeitz. Ebenso Firmen und Arbeiter, die dicke Kabelbündel verlegen, die Elektrik installieren und Teppichböden einpassen. „Wir lassen diese Arbeiten und Lieferungen alle von Firmen aus der Region ausführen“, meint der gebürtige Hallenser nicht ohne Stolz.

Mit geschwellter Brust kann der Selfmade-Man auch auf anderthalb Jahrzehnte Firmengeschichte zurückschauen. „Schon 2006, im ersten Semester meines

BWL-Studiums, habe ich eine Handelsfirma gegründet. Die Marke relaxdays habe ich dann 2008 angemeldet“, erinnert sich Menz. Der Martin-Luther-Universität sagte er nach sechs Semestern Lebwohl, konzentrierte sich fortan auf seine Firma und deren Wachstum. Er finanziert seine Unternehmungen mit den regionalen Niederlassungen dreier Privatbanken, Investoren hat er keine in der Firma. „Ich bin ein Freund von klaren Ansagen, einer erkennbaren Marschroute. Sitzen zu viele gegensätzliche Kräfte am Tisch, kann das ein Unternehmen zerreiben.“

Aktuell arbeiten 300 Angestellte an verschiedenen Standorten für ihn, die Belegschaft splittet sich in rund 150 Logistikkollegen in drei Großlagern und die

Junge Unternehmer aus Deutschland retten Leben in Afrika

Start-up authentic.network kann Medikamente fälschungssicher machen

Die Zahlen sind alarmierend: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO werden in Afrika zwischen 30 und 60 Prozent gefälschte Medikamente an erkrankte Menschen ausgeteilt. Die unrühmliche Spitze zeige sich im westafrikanischen Niger. Hier wird der Markt mit bis zu 80 Prozent gefälschten Medikamenten geflutet. Der Ursprung der meisten Plagiate, die keinerlei wissenschaftlich fundierter Prüfung unterliegen, wird laut WHO in China und Indien vermutet.

Durch gefälschte Malaria-Medikamente sterben nach Schätzungen der Organisation zudem jedes Jahr etwa 200 000 Menschen. Allein dem Staat Elfenbeinküste entgehen durch den Handel mit gefälschten Medikamenten etwa 80 Millionen Euro an Umsätzen der Privatwirtschaft und 16 Millionen Euro dem Staat. Geld, welches in Arbeitsplätze oder in nützliche Projekte von instabilen Staaten fließen könnte. Kriegerische Auseinandersetzungen in instabilen Staaten befördern zudem den Handel mit gefälschten Medikamenten.

Vertreter des Chemnitzer Startups authentic reisten nun nach Afrika, um vor Ort die Situation einzuschätzen. Das Unternehmen entwickelte weltweit erstmalig und einzigartig einen digitalen Schlüssel, um unter anderem der Medikamentenfälschung ein Ende zu setzen. „Die Afrika-Reise war eine außergewöhnliche Erfahrung und auch erfolgreich darin, bestehende Strukturen der Medikamentenfälschung zu bekämpfen”, berichtet Firmengründer Frank Theeg. In Niger, der ersten Etappe des Erfahrungstrips, trafen die Unternehmer den Gesundheitsminister sowie dessen Minister-Kollegen für die Aufgaben Industrie und Handel. Zudem gab es Gespräche mit dem direkt dem Präsidialamt des Landes angehörigen Verantwortlichen für Digitalisierung. „Wir konnten eine Zusammenarbeit vereinbaren“, freut sich Theeg. Wei-

tere Konferenzen besuchte die südwestsächsische Delegation in Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste). Zoll, Polizei, Gesundheitsministerium, Handelsministerium und weitere ranghohe Vertreter aus Politik und Wirtschaft verhandelten auch hier mit authentic über eine Kooperation. „Beim Treffen mit dem Gesundheitsminister wurde konkret besprochen, wie wir binnen zwölf Monaten die Medikamentenfälschungen in Elfenbeinküste komplett unterbinden können“, so Theeg. Am Rande der Treffen in Afrika wurden auch Gespräche zu dem Thema mit Vertretern der bundesdeutschen Politik geführt, unter anderem mit dem Vizepräsidenten des Bundestages, Thomas Oppermann.

Das Ergebnis: Ein vermeintlich kleines Start-up aus Sachsen ist mit seiner Entwicklung in der Lage, ein

gleiche Zahl an Technik-, Support-, Content- und Marketingmitarbeitern auf.

Mittelfristig sollen es bald 500, besser noch 1000 Angestellte bei relaxdays sein. Der Umsatz im zurückliegenden Geschäftsjahr lag bei 51 Millionen

Euro. „Das war das vierte Jahr in Folge, dass wir mindestens 50 Prozent Wachstum haben.“ Da ist er wieder, der Stolz bei Menz, auf seine Firma und seine Mitarbeiter. Und er kommt gleich mit der nächsten Zahl.

„In den vergangenen sechs Monaten hatten wir ein Wachstum von 100 Prozent zum Vorjahreszeitraum.“

Wobei das zum Teil auch einen traurigen Anlass hatte, wie er zu bedenken gibt.

Kurz nach dem Weihnachtsgeschäft 2019 kam –

Corona. Die Menschen trauten sich anfangs noch mit Vorsicht in Kaufhäuser oder Lebensmittelläden, durften später wegen fast flächendeckender Geschäftsschließungen kaum noch außerhalb der Supermärkte einkaufen. Rettung war für viele der Online-Handel, diese Sparte erlebt derzeit einen Boom. Völlig überarbeitete Lieferdienstmitarbeiter waren – und sind –stumme Zeugen dieser rasanten Entwicklung. Güter des täglichen Bedarfs kommen nun auf Bestellung, der bargeldlose Zahlungsverkehr per Einzug, Paypal oder Kreditkarte geht durch die Decke. Menz bringt es für sein Unternehmen auf den Punkt: „Von der geschäftlichen Entwicklung haben wir einen Sprung direkt ins Jahr 2022 gemacht, wenn ich die aktuellen Zahlen mit unseren internen Vorausberechnungen vergleiche.“ Das Beispiel aus der Praxis folgt auf dem Fuße. „Für den Online-Shop von Rewe übernehmen wir unterschiedliche Dienstleistungen und vertreiben dort auch unsere Produkte im Heim- und Hobbybereich. Waren es vor Corona noch 30 000 Euro Umsatz pro Monat, hat sich der Betrag auf 150 000 Euro verfünffacht.“ Ganz klar, die Corona-Krise war ein Katalysator für die E-Commerce-Branche. Wie sein großes Vorbild Jürgen Klopp zieht es Martin Menz auf die europäische Bühne. „Bereits jetzt erreichen unsere Angebote und unsere Logistik jedes Land Kontinentaleuropas.“ Das Geschäft mit den Nicht-EU-Staaten Schweiz und Norwegen laufe ebenso problemlos. Für diese Geschäfte und kommende Aufgaben braucht die relaxdays GmbH weiterhin viel Fachpersonal. „Wir haben dieses Jahr unsere Stipendien für die HTWK von drei auf 20 angehoben. Ich möchte, dass die Studenten hier im neuen Büro ins Business reinschnuppern und bei Projekten mitmachen können.“ An die hohe Geschwindigkeit im E-Commerce könnten sie sich so auch gewöhnen, lacht der Unternehmer, und erlernen, wie man neue Informationen erfasst und Strategien umsetzt, ohne die Dinge zu verlangsamen und zu zerdenken. „Ich brauche Leute, die ihre tägliche Arbeit wirklich ernst nehmen – und bei unserem gemeinsamen Erfolg auch stolz auf sich sein können.“

Authentic-Anwendung

weltweites Problem zu lösen. „Wir freuen uns, dass die afrikanischen Regierungen offen für unsere Technologie sind. Die ersten Schritte zur Unterbindung der Medikamentenfälschung sind gesetzt.“ Gleichzeitig pocht Unternehmer Frank Theeg auf ein Weiterdenken bei der deutschen Entwicklungshilfe.

Unser Entwicklungsminister fordert bereits die deut-

authentic

Authentic-CNLC-Konferenz zum

18 & Forschung Innovation
Von Frank Schmiedel
Aus eigener Kraft zum CEO und dennoch auf dem Boden geblieben - der Hallenser Martin Menz gründete sein Unternehmen noch zu Studienzeiten. In derLeipziger City arbeiten bald 30 IT-Experten für ihn.
authentic (3)
schen Unternehmen auf, nach Afrika zu gehen und bietet die Unterstützung der deutschen Institutionen und Regierung an.“ Aber gerade zukunftsweisende Technologien, welche durch Start-ups entwickelt werden und mit deren Hilfe man über neuartigen Ansätzen sehr schnell Ergebnisse in die Länder bringen kann, hätten quasi keine Chance auf Erfolg. Die jungen Firmen verfügten über keinerlei Erfahrung und Netzwerke in die Entwicklungshilfe oder direkt in die Länder. Umso dringender seien diese auf Unterstützung angewiesen. „Im Ergebnis hilft dies sowohl den Entwicklungsländern als auch der Entwicklung neuer Technologien in Deutschland”, meint Theeg. Fälschungsschutz
Im Jahr 2017 gründeten Digitalexperten, Wissenschaftler und Netzwerker in Chemnitz das Unternehmen authentic. Mit Hilfe einer Blockchain-Technologie entwickelten sie einen digitalen Schlüssel, der jedes physische Produkt Fälschungssicherheit verleiht. Eine Anwendung sind Medikamente. Damit können die jungen Firmengründer Hunderttausende von Leben retten sowie wirtschaftliche Hilfe in Entwicklungsländern und instabilen Staaten vorantreiben.
Medikamenten-Schwarzmarkt in Cote d‘Ivoire

noch mit Lebensmittelläden, durfGeschäftsSupermärkte Online-Handel, überarsind –Güter Bestellung, Paypal bringt es der geSprung aktuellen Vorausberechnungen auf dem übernehmen vertreiben HobbyEuro Um150 000 Euro war ein zieht es „Bereits jetzt Logistik jedes mit den ebenkommende weiterhin viel Stipenangehoben. Ich Büro ins mitmaGeschwindigkeit im gewöhnen, man neue umsetzt, ohne zerdenken. „Ich wirklich ernst Erfolg auch

Einschulung

Die 10. Klasse ist virtuell im Spin-Lab eingetroffen

Die neue Klasse des Spin-Labs wurde vor Kurzem virtuell in den Räumen der Baumwollspinnerei empfangen. Innerhalb von sechs Wochen stellte das Team des Accelerators auf ein digitales Format um, damit die acht innovativen Teams trotz der aktuellen Situation im kommenden Semester wieder an Energie-Smart-Infrastructure und E-Health-Themen arbeiten können: Von Luftqualitätssensoren, einem Netflix für (Kunst-)Ausstellungen, einer digitalen Nachlassverwaltung bis hin zu magnetischen Kühlsystemen verspricht auch die aktuelle Klasse ein hohes Innovationspotenzial.

Geschäftsführer Eric Weber führte die Teams das erste Mal in der Spin-Lab-Geschichte digital durch die Räumlichkeiten. Auch unter den Krisen-Umständen startete die neue Klasse wie gewöhnlich mit dem Welcome Day, bei dem das Spin-Lab sowie die Spin-Offices vorgestellt wurden. In der großen digitalen Runde hielten die Start-ups außerdem ihre Pitches ab. Mit der Aufnahme in das Programm erhalten die Teams eine Finanzierung von bis zu 15000 Euro, ein umfangreiches und maßgeschneidertes Coachingund Mentoring-Programm sowie Zugang zu einem breiten Partner- und Investorennetzwerk, das mit ihrer Industrie Expertise während und auch nach dem Programm den Gründern zur Seite steht. Wie bereits in den vergangenen Semestern sollen wieder Kooperationsprojekte zwischen den 26 Partnerunternehmen und den Start-ups entstehen. Diese acht Startups konnten sich gegenüber einer Vielzahl an hochwertigen Bewerbern durchsetzen:

Walter’s Cube

Das Start-up bietet eine Plattform für digitale Führungen – ein „Netflix für Ausstellungen“, wie sie es selbst nennen. Die Digitalisierung von Museen und Galerien ist aktuell gefragter denn je – Zugang erhalten Besucher oftmals auch kostenlos oder durch ein Abomodell, um exklusive Ausstellungen virtuell zu besuchen. Verfügbar sind diese rund um die Uhr und können von jedem Gerät abgerufen werden. Mehr als 300 Institutionen und Galerien haben ihre Ausstellung bereits auf die Plattform hochgeladen, Besucher aus über 100 Ländern und mehr als 2000 Städte auf der ganzen Welt nutzen das Angebot von Walter’s Cube bereits.

home-iX

Die Firma bietet ein Schnittstellen-Management für Smart Home-Anwendungen, das es Unternehmen ermöglicht, Smart-x-Ökosysteme miteinander zu verbinden und kontextsensitive, intelligente digitale Dienste zu entwickeln. Somit wird es Entwicklern durch die Bereitstellung einer Schnittstelle erleichtert, verschiedene Geräte und Services (wie etwa Alexa oder Google Home) zu integrieren.

ready2plugin

Mit ihrem intelligenten Energiemanagementsystem verwandelt ready2plugin Energieprojekte in

Do-it-yourself-Produkte: Konsumenten werden zum Prosumer und können mit der einfach zu handhabenden Lösung Produzent und Konsument von Solarsystemen und Batteriespeichern zugleich sein. Durch Sicherstellung der zulässigen Strombelastung ist ready2plugin das einzige System, das eine kostengünstige standardkonforme DIY-Lösung bietet.

MedicSen

Diabetiker und viele andere chronisch erkrankte Personen müssen sich in regelmäßigen Abständen Injektionen verabreichen. Diese lösen aufgrund der Nutzung von Nadeln sowohl Schmerzen als auch Unbehagen aus und erhöhen das Risiko von Infektionen. MedicSen entwickelt aus diesem Grund ein Gerät, das eine nadelfreie und mobile Medikamentenabgabe ermöglicht. Das Device ist in der Lage, die Mikroporen der Haut zu öffnen und Makromoleküle unter die Haut zu führen – ganz ohne Einstiche und Schmerzen.

Breeze Technologies

Breeze Technologies ist eine der führenden Technologieanbieter für Luftqualitätssensoren. Das Start-up hilft Städten sowie Unternehmen dabei, ihre Luftqualität in Echtzeit zu beobachten, zu analysieren und Wege zur Verbesserung ihrer Situation zu finden. Die Qualität der Daten wird durch die Hilfe von MachineLearning und Big Data-Technologien gesichert.

memoresa

Das Startup verfügt über das weltweit erste Portal zur automatisierten digitalen Nachlassverwaltung unter Einbeziehung von künstlicher Intelligenz. memoresa bietet Unterstützung für die Hinterbliebenen und die Verstorbenen selbst und wird sich zunächst auf den deutschen Markt konzentrieren.

Magnotherm

Die Firma entwickelt und baut magnetokalorische Kühlaggregate. Die Technologie der magnetischen Kühlung ist bis zu 40 Prozent effizienter als auf Gas basierende Kühlsysteme. Mithilfe von Wasser werden Wärme und Kälte transportiert. Das daraus entstandene wartungsarme System, das ohne jegliche Gase und Kompressor auskommt, ermöglicht die Entwicklung hochspezialisierter Kühlungssysteme sowie Einsparungen von Kohlenstoffdioxid und entsprechenden Betriebskosten.

aidhere

Aidhere bietet digitale, datenbasierte Therapieprogramme an. Ihr erstes Produkt fokussiert sich auf eine langfristig angelegte Adipositas-Therapie und soll mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz ab Herbst 2020 von Krankenkassen übernommen werden. Die datengestützte Verhaltenstherapie ist durch die Nutzung von künstlicher Intelligenz höchst skalierbar.

Spin-Lab

Das Spin-Lab, eine Einrichtung der Managerschmiede HHL, ist eines der zwölf Digital Infrastructure Hub Standorte, das ein digitales Netzwerk zwischen Startups, Wissenschaft und etablierten Unternehmen bildet und eine Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums darstellt. Einer der wichtigen Kapitalgeber der Region ist Smart Infrastructure Ventures, der sich auch diesmal an der Finanzierung der Start-ups mit dem Fokus auf den Themen E-Health, Energy und Smart City beteiligen wird.

Das Spin-Lab unterstützt Gründerteams in der Gründung und dem Wachstum ihrer innovativen Unternehmensideen. Ziel ist es, Entrepreneurship und Innovation in Mitteldeutschland und darüber hinaus in der Startup-Förderung voranzutreiben. Die Gründerteams bleiben vollkommen unabhängig und geben keine Anteile ab, um sich voll auf ihre Aufgaben konzentrieren zu können. Die Start-ups erhalten einen Arbeitsplatz in der Leipziger Baumwollspinnerei, einer international anerkannten Location für Kunst, Kultur und Unternehmertum. Durch das sechsmonatige Programm werden die Start-ups durch das breite Netzwerk an Partnern, Investoren, Mentoren und Coaches unterstützt, um erfolgreiche Kooperationsprojekte auf die Beine zu stellen.

Das SpinLabwurde in mehreren Rankings als eines der besten Start-up-Programme Deutschlands ausgezeichnet.

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Spin-Lab-Geschäftsführer Eric Weber (oben rechts) begrüßt die neuen Teilnehmer per Video-Konferenz. Von Ulrich Milde

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Zielgruppenanalyse

Die Betreiber des „Impact Hub“, Leipzigs jüngstem Coworking Space, haben die Mittel für den geplanten Umzug zusammen. Nächster Stopp ist die Konsum-Zentrale.

Design Offices, SimpliOffice, Basislager – in Leipzig haben sich die Coworking Spaces mittlerweile gut etabliert. Gemeinsam arbeiten, einander helfen, dabei mit überschaubaren Kosten kalkulieren können. Doch Start-up-Aktivist Martin Jähnert sieht immer noch viel Raum für sich und sein jüngstes Projekt in diesem Markt. Zusammen mit Geschäftspartnerin Anne Hegner bringt er noch in diesem Jahr den Impact Hub Leipzig an den Start. „Mit diesem Konzept sind wir in der Stadt tatsächlich Pioniere“, sagt Martin Jähnert. Gemeinsam mit Anne Hegner betritt er Neuland und führt die Geschäfte des Impact Hub. Ein Projekt, das künftig den Weg für nachhaltige Businesspläne ebnen soll – notwendige Netzwerke schaffen, kreative Räume schaffen, Geschäftsideen mit Tiefgang kreieren. Beide wissen, dass sie dafür dringend ihre Räumlichkeiten vergrößern müssen, um kleinen Unternehmen und Freischaffenden den notwendigen Platz zu verschaffen. Damit sie ihr bisheriges Büroprovisorium in der Leipziger City in Richtung Plagwitzer Konsumzentrale verlassen können, starteten sie eine Crowdfunding-Kampagne auf der Startnext-Plattform. Mit Erfolg.

Medikamenten, konnte er sich in der deutschen Startup-Szene einen Namen machen. Anne Hegner hat eine Ausbildung im Bereich Architektur und langjährige Erfahrungen im Um- und Ausbau von Veranstaltungsorten und Bürolandschaften.

In den Räumen in der Industriestraße sollen Menschen ab dem letzten Jahresdrittel zusammenarbeiten, so wie es der Grundgedanke dieser modernen Form des betreuten Arbeitens vorsieht. „Es ist sozusagen ein niedrigschwelliges Angebot zum Herumexperimentieren.“ Jeder ist willkommen. Das Impact Hub-Duo unterstützt die künftigen Mieter gern zusätzlich mit ihrer Expertise, bietet Workshops an und vermittelt Kontakte. Die mehr als 21000 Euro aus dem Crowdfunding verwendet das Team für die Erstausstattung der circa 450 Quadratmetern Büroflächen mit Möbeln und Kommunikationsmitteln sowie dem Ausbau der Küchen und der Sanitärbereiche. Dass das ganze Unterfangen kein großes Gewinngeschäft sein wird, sei ihm klar, betont Jähnert. Mit einem Social Business wie dem Impact Hub lässt sich in unseren Breiten eben nicht das große Geld machen. „Aber das ist auch nicht der Punkt. Wir wollen vor

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Mit Postwurf Select minimieren Sie Druckkosten und Streuverluste durch eine Verteilung an selektierte Gebäude. Diese können wir für Sie nach soziodemografischen Daten (Alter, Familie, Kaufkraft, soziale Milieus, Lebenswelten usw.) und unseren Gebäudedaten (Gebäudetyp, -zustand, Altbau, Neubau, Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Garage, Garten, Außen- oder Innenbriefkasten usw.) selektieren, um Ihre Zielgruppe zu bestimmen. Unsere Postzusteller bestücken dann zielgenau nur die Briefkästen der ausgewählten Gebäude.

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Bauen und leiten das Impact Hub Leipzig: Martin Jähnert und Anne Hegner.

„Vor einem Jahr war der Impact Hub nicht mehr als eine fixe Idee. Jetzt sind wir schon eine Gesellschaft.“

Martin Jähnert

Den Mindestbetrag von 20 000 Euro hatten Jähnert und Hegner bei einer Crowdfunding-Aktion im Frühjahr aufgerufen, etwas mehr als diese Summe konnte realisiert werden. „Die Kampagne war für uns eine gute Möglichkeit zu schauen, ob so ein Konzept überhaupt gebraucht wird“, blickt Jähnert zurück. Offensichtlich braucht es ihren Ansatz, und er wird unterstützt.

Einen neuartigen Coworking Space, wie Martin Jähnert und Anne Hegner ihn einrichten wollen, gibt es in der Messestadt inzwischen einige – das ist dem Geschäftsführer bekannt. Auch der Impact Hub als solcher basiert auf einem Konzept, das bereits 2005 in London entwickelt wurde und es seitdem geschafft hat, weltweit Fuß zu fassen. „Wir fokussieren uns in Leipzig jedoch als Einzige komplett auf das Thema Nachhaltigkeit.“ Sozial, ökologisch und ökonomisch lautet hier das Motto. Gerade Letzteres sei für den Prozess von der Idee zur Umsetzung entscheidend. „Nur Luftschlösser bauen, geht nicht.“

Mit dem Aufbau von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit kennt sich Martin Jähnert aus. Mit „binee.com“, einer innovativen Lösung zum Sammeln von alten Elektrogeräten, später dann von abgelaufenen

allem ein Zentrum für ein nachhaltiges Innovationsökosystem in Leipzig etablieren.“ Und für diesen Social Entrepreneurship brauche es eben mehr Platz. Derzeit hat das kleine Team noch seinen Sitz am Roßplatz neben dem Ring-Café. „Ein Ort für kürzere Versammlungen, aber keiner für langfristiges kreatives Arbeiten“, sagt Jähnert. Dennoch bieten die beiden Unternehmensgründer an ihrem aktuellen Standort ihren Service „Lehrer:InnenZimmer“ an. Hier können angehende Pädagogen, Referendare und Promovierende ihre Unterrichtsstunden vorbereiten, Klausuren korrigieren, Fachliteratur studieren oder sich mit Kollegen austauschen und vernetzen.

Von der Theorie geht’s manchmal sehr schnell zur Praxis: „Vor einem Jahr war der Impact Hub nicht mehr als eine fixe Idee. Jetzt sind wir schon eine Gesellschaft“, kann sich Jähnert freuen. Er und Anne Hegner schauten sich knapp 40 Objekte an, bevor sie „ihren“ neuen Standort gefunden hatten. Dort wird der Sommer nun dank erfolgreichen Crowdfundings sehr arbeitsreich, der Ausbau der neuen Räumlichkeiten in der Konsumzentrale steht an. Und so machen ihn die beiden Gründer selbst vor: Den Weg zum eigenen, nachhaltigen Unternehmen.

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Von Frank Schmiedel Helen Stoehr

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Gesund Atmen mit dem air-Q

Große Freude im Leipziger BIC an der KarlHeine-Straße: Der „air-Q“ bekommt ein frisches Investment. Der Erfurter Unternehmer und Investor Ralf Unthan hat sich mit einem Betrag in sechsstelliger Höhe beteiligt. Die Finanzspritze kommt nicht von ungefähr. Denn der Geldgeber unterstützt ein revolutionäres System für Arbeitsschutz und Gesundheitsprävention, das nachweislich funktioniert und bereits in Produktion ist.

„air-Q“, das ist die Abkürzung für „air-Quality“ (auf Deutsch: Luftqualität). Die kompakte Scheibe hat einen Durchmesser von nur knapp 14 Zentimetern und steckt im weißen Plastikgehäuse, an dem im Normalfall grüne und blaue LEDs leuchten. Allerdings beherbergt das Gehäuse auch gelbe oder rote Lichtgeber. „Blau bedeutet, dass die Raumluft optimale Bedingungen für die Leistungsfähigkeit bietet“, erklärt Mario Körösi die Farbampel. Er ist kaufmännischer Geschäftsführer der Chemnitzer Firma Corant GmbH, die hinter der innovativen Entwicklung steht. „Rot signalisiert Handlungsbedarf, weil die Raumluft die Gesundheit beeinträchtigt.“ Im Extremrot-Bereich wird ein akustischer Alarm ausgelöst – so bei Rauchund Kohlenmonoxid-Belastung. Auch Schimmelbildung kann sehr genau vorhergesagt werden. Wer auf dem Computer oder Mobiltelefon die zugehörige Software startet, kann in die unsichtbare Welt der Luft eintauchen, die uns täglich umgibt. Das kleine Gerät misst in Zimmern und Büros nicht nur den Sauerstoff- und Ozon-Gehalt der Luft, sondern auch Bestandteile wie Feinstaub, Kohlendioxid, Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid sowie Luftfeuchte und Luftdruck. Alles Inhaltsstoffe, die in schädlichen Konzentrationen zu Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, zu Ermüdung oder Kopfschmerzen führen können. Das Gerät spürt Abweichungen von den zulässigen Grenzwerten auf und gibt Hinweise, wie es zurück in den blauen Bereich geht.

Gleichzeitig werden die Daten der Zimmerluft über Wochen, Monate oder Jahre gespeichert und verglichen. „Rund 90 Prozent unserer täglich mehr als 20 000 Atemzüge passieren in Gebäuden, oft bei geschlossenen Fenstern und mit mehreren Menschen im selben Raum“, sagt Körösi. „Trotzdem wissen wir bislang fast nichts über die Zusammensetzung dieses wichtigsten Lebensmittels. Wir wollen möglichst vielen Nutzern das Atmen sauberer Raumluft ermöglichen.“

Das Gerät spürt mindestens 14 Luft-Bestandteile mit der weltweit modernsten Sensortechnik auf und wertet diese mittels einer eigens entwickelten Software aus. Die Produktionskosten für die in LeipzigPlagwitz entwickelten und in Sachsen produzierten Geräte sind nicht gering: Das notwendige Kapital trieb das Entwicklerteam per Crowdfunding-Kampagne auf. Die ersten Unterstützer erhalten dafür seit Mai 2020 die ersten Exemplare aus der Serienproduktion zum Vorzugspreis.

Die Idee dafür – und ein Großteil des notwendigen technischen Know-hows – kam von Dr. Daniel Lehmann. Der Physiker richtete vor etwa drei Jahren im heimischen Chemnitz eine kleine Party aus und bemerkte, wie sich mit der Zeit die immer stickiger werdende Raumluft negativ auf das Wohlbefinden seiner Gäste auswirkte. „Natürlich können wir die Fenster aufmachen, aber in großen Städten ist halt nicht immer die beste Luft“, meint der gebürtige Meißener. Lehmann erkannte rasch, dass er auf ein enormes Problem gestoßen war. „Keiner weiß, was wir tatsächlich atmen“, beschreibt der Wissenschaftler den Status quo in Sachen Raumluft. Deren Qualität könne in Büros über Innovationen und Produktivität entschei-

den, in Wohnungen über Gesundheit und Wohlbefinden. Für Allergiker, Senioren und Kinder sei dies besonders wichtig. Denn die Raumluft wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Wandfarbe, Teppichböden, feinen Partikeln aus Druckern oder Gerüchen vom Parfüm der Kollegen und anderes mehr.

Der „air-Q“ hat neben Lehmann, Körösi, dem dritten Gründer und IT-Spezialisten Alexander Stinka noch andere Geburtshelfer. Die mehr als zweijährige Entwicklungsphase sowie der Bau von zwei Prototypen wären nicht möglich gewesen, wäre das Projekt nicht seit 2018 von der Sächsischen Aufbaubank gefördert worden. Mit Beginn 2019 stieg auch der Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) als weiterer Investor mit ein. „Zuerst haben wir ohne Einkommen an dem Gerät gearbeitet“, berichtet Familienvater Körösi. „Erst seit dem Einstieg des TGFS können wir uns jeden Monat selbst ein kleines Gehalt auszahlen.“

Corant GmbH / air-Q

Wie haben Sie bisher für Ihren Lieferservice und Ihre Aktionen geworben?

Vorwiegend über Flyer. Die Werbebotschaft kommt schnell, günstig und direkt bei Kunden und künftigen Kunden an, sehr persönlich, wie auch breit gestreut. Unser Vorteil: Wir haben eine klar definierte Zielgruppe. Das erleichtert uns den Kundenkontakt. Marketing mit Flyern war und ist bisher für uns unschlagbar einfach durchzusetzen. Was außerdem für Flyer spricht: Sie sind in höchstem Maße individualisierbar. Das bedeutet, dass unser Image, unsere Besonderheit im Vergleich zu Anzeigen besser zur Geltung kommt. Witzig und pfiffig, oder elegant-smart – die Kunden merken sich das. Wir haben unsere Pizzaflyer auch über die eigenen Mitarbeiter verteilt und die Wirkung getestet.

Was hat Sie bewogen, Ihre Werbe kampagne um Postwurf zu erweitern?

Unternehmen suchen immer nach den effektivsten Werbemaßnahmen, mit denen die eigenen Dienstleistungen oder Produkte gezielt unter die Leute gebracht werden können, sodass ein erhöhter Absatz stattfindet und im Endeffekt mehr Umsatz generiert werden kann. Postwurfsendungen sind dabei eine gute sowie simple Option, um möglichst viele potenzielle Kunden auf einmal zu erreichen. Ich habe von der Leipzig Media GmbH, insbesondere von meinem Mediaberater Alexander Röhling, ein attraktives Angebot erhalten: eine Kombi-Verteilung über Postwurf-Exclusiv und eine Beilage im SachsenSonntag. Eine Option, die ich ausprobieren und bewerten wollte.

Welche Erwartungen hatten Sie und welche Zielgruppe hatten Sie besonders im Blick?

Alle Lieferdienste ringen um die hungrige Kundschaft, die sich im Netz auf Nahrungssuche begibt. Unsere Zielgruppe ist klar definiert: internetaffine Menschen, die keine Zeit zum Kochen oder keine Lust darauf haben – mit leeren Mägen. Menschen aller Altersgruppen, die eine leckere Pizza zu schätzen wissen.

Wie haben Sie die Beratung und den Service von Leipzig Media empfunden?

Als sehr professionell, genau und transparent. Ich war gespannt: Leipzig Media garantiert mehr Sichtbarkeit, mehr Reichweite, mehr Erfolg sowie einen umfassenden Service aus einer Hand. Die Hand, die mir da gereicht wurde, habe ich gern ergriffen.

Worauf haben Sie bei der Gestaltung des Postwurfs geachtet? Wer hat Sie dabei beraten?

Auf ein handliches Format, kurze, prägnante Botschaften, Hinweise auf Aktionen und Rabatte, eine tolle Optik, besondere Haptik und Prägung. Leipzig Media hat zwar angeboten, unsere Postwurfsendungen zu gestalten und zu setzen, doch unser zentrales Marketing hatte und hat diesbezüglich Vorkaufsrecht.

Zum Team gehören inzwischen fünf festangestellte Mitarbeiter, hinzukommen noch eine Reihe externe Dienstleister. „Weil wir für die Messungen die besten Komponenten in der ganzen Welt zusammenkaufen, ist alles relativ teuer“, so Körösi. Diese Kosten sind aber gesunken, seitdem Lieferwege angepasst wurden und der „air-Q“ in Leipzig in Serie produziert wird. Inzwischen kann die Corant GmbH verschiedene Modelle ihres Luftprüfers mit unterschiedlichen Analysespektren und Gehäusen für verschiedene Anwendungsgebiete anbieten.

Kostenloser air-Q-Test für Leser

Die LVZ-Wirtschaftszeitung und die Corant GmbH bieten interessierten Unternehmen und Selbstständigen unter den Lesern an, je einen „air-Q“ zwei Wochen lang zu testen. Einrichtung und Inbetriebnahme erfolgt durch die „air-Q“-Experten. Interessierte Leser melden sich bitte unter der Mailadresse lvz@air-q.com für den kostenfreien Testbetrieb an. Insgesamt fünf Geräte stehen für den Test zur Verfügung, die Corant GmbH behält sich eine Auswahl der Tester vor.

Gab es Feedback von Ihren Mitarbeitern und Kunden?

Wir haben ein durchweg positives Echo von unseren Kunden erfahren – was uns natürlich sehr gefreut hat.

Wird Postwurf perspektivisch eine dauerhafte Option für Sie?

Es mag Werbeartikel geben, die nicht in jeder Branche gleichermaßen zum Einsatz kommen. Der Flyer via Postwurf wiederum ist eine Allzweckwaffe. Nahezu jeder kann ihn verwenden und von ihm profitieren. Deswegen nutzen ihn kleine Firmen ebenso wie ganz große Unternehmen, Verbände, ja sogar Ämter machen sich das effiziente Werbemittel gern zunutze. Wenn man kurz und knapp Informationen oder Werbebotschaften versenden will, ist der Werbeflyer via Postwurf die optimale Wahl. Wir – Tele Pizza und Leipzig Media – werden deshalb nach Ablauf der ersten Test-Phase die Zusammenarbeit intensivieren.

21 & Forschung Innovation
„Die Hand, die mir da gereicht wurde, habe ich gern ergriffen“
Peter Böcker, Geschäftsführer des Lieferservice Tele Pizza, über die Vorteile der Flyer-Werbung via Postwurf.
Ein kleines Gerät kann Unternehmen zu mehr Arbeitsschutz und Produktivität verhelfen, indem es die Luftqualität analysiert. Flinke Leser der Wirtschaftszeitung können das sächsische Produkt kostenlos testen.
Von Frank Schmiedel air-Q Gründer (von oben): Alexander Stinka, Daniel Lehmann und Mario Körösi.
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Heilsame Bakterien

Als die Medikamente von morgen gelten Biopharmazeutika. Statt synthetisch werden sie in lebenden Organismen hergestellt – zum Beispiel in Bakterienzellen. Wacker Biotech hat Verfahren entwickelt, die Bakterien in kleine Pharmafabriken verwandeln, die Wirkstoffe in großen Mengen, in höchster Qualität und zu akzeptablen Preisen produzieren. Eine Wissenschaft für sich, auch aus Jena und Halle, die bei Pharmafirmen aus der ganzen Welt gefragt ist.

In riesigen Stahltanks schwimmen sie, in einer trüben Suppe aus Nährlösung: winzige Lebewesen, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Es handelt sich um Bakterienstämme, die hier wachsen, sich vermehren und dabei wertvolle Arbeit verrichten. Sie produzieren Wirkstoffe gegen Krebs oder Multiple Sklerose – Krankheiten, bei denen chemisch-synthetische Wirkstoffe an ihre Grenzen stoßen. Biopharmazeutika oder Biologics werden die gentechnisch hergestellten Arzneimittel genannt, die gerade den Markt erobern.

Die Nachfrage nach Biopharmazeutika ist enorm: Sie sind heute der am schnellsten wachsende Bereich für Therapeutika und machen bereits 29 Prozent des weltweiten Pharma-Marktes aus. In Deutschland waren zuletzt mehr als die Hälfte der neu zugelassenen Medikamente Biologics. Laut einer aktuellen Studie wird mit einem durchschnittlichen globalen Wachstum von neun Prozent pro Jahr gerechnet, das Volumen dürfte 380 Milliarden US-Dollar erreichen.

Kontinuierliches Wachstum

Bei Wacker Biotech, eine Tochter des Münchner Wacker-Konzerns, werden vor allem modifizierte Stämme von Escherichia coli, ein Kolibakterium, genutzt, um pharmazeutische Stoffe herzustellen – sozusagen als Pharmafabriken im Miniaturformat. In einem einzigen Tank voller Bakterien, Fermenter genannt, können einige hundert Gramm Proteine produziert werden. Das reicht aus, um Zehntausende von Patienten zu behandeln. Doch wie man die Bakterien dazu bringt, möglichst viel Wirkstoff zuverlässig und kostengünstig herzustellen, ist eine Wissenschaft für sich. Die Naturtalente lassen sich nur für die Produktion im großen Maßstab einspannen, wenn man möglichst viele Mikroorganismen gleichzeitig „glücklich macht“. Es geht darum, den Fermenter so ausgeklügelt zu steuern, dass die Bakterien zur richtigen Zeit immer genau die richtige Sauerstoffmenge und die richtigen Nährstoffe erhalten. Ein Gebiet, auf dem

wurde die heutige Wacker Biotech GmbH unter dem Namen Pro Thera GmbH als Spin off des staatlichen Hans-Knöll-Instituts gegründet. Seit 2005 ist das Unternehmen eine 100-prozentige Tochter des Wacker-Konzerns. In den vergangenen Jahren ist das Geschäft mit Biopharmazeutika kontinuierlich gewachsen. 2014 kam mit der Akquisition von Scil Proteins Production in Halle ein zweiter Standort hinzu. Dadurch verdoppelte sich die Zahl der Produktionsanlagen. Vor zwei Jahren hat Wacker mit der Übernahme des niederländischen Unternehmens SynCo Bio Partners die Kapazitäten für das BiotechGeschäft erneut verdoppelt: Zwei weitere Fermentationslinien mit 270 und 1500 Litern stehen in Amsterdam bereit.

„Wir beherrschen die biotechnologische Herstellung von Wirkstoffen im kleinen wie im großen Maßstab, für klinische Entwicklungsphasen zur Zulassung eines Medikaments, aber auch für die spätere kommerzielle Marktversorgung.“

Wacker Biotech Spezialist ist. Als Auftragnehmer hält sich das Unternehmen im Hintergrund – und produziert für Arzneimittelhersteller und Biotech-Firmen für die Medikamente von morgen. „Wir beherrschen die biotechnologische Herstellung von Wirkstoffen im kleinen wie im großen Maßstab, für klinische Entwicklungsphasen zur Zulassung eines Medikaments, aber auch für die spätere kommerzielle Marktversorgung“, sagt Susanne Leonhartsberger, bis März Geschäftsführerin der Wacker Biotech GmbH und heute für die gesamte Life-Science-Sparte des Konzerns zuständig. Darunter auch für die Tochter Biotech. Am Hauptsitz der Tochterfirma in Jena werden bereits seit 20 Jahren Pharmaproteine für Arzneimittel biotechnologisch entwickelt und produziert. 1999

Ein strategischer Schritt. Denn dank des überdurchschnittlichen Wachstums sind die Standorte in Halle und Jena langsam an ihre Grenzen gestoßen. Mit den zusätzlichen Kapazitäten kann die steigende Nachfrage bedient werden. „Die Produktion von Biopharmazeutika ist zeitintensiv. Unsere Produktionsanlagen sowie alle vor- und nachgelagerten Schritte sind immer nur für einen Kunden gebucht – und damit für einige Wochen bis Monate belegt“, erklärt Leonhartsberger. Anschließend muss alles penibel gesäubert werden, damit das gesamte Equipment für den nächsten Kundenauftrag bereit ist.

Die generelle Vorgehensweise ist meistens gleich: In die Mikroorganismen wird ein ringförmiges Stück Erbgut transferiert – ein Plasmid. Es enthält die Gene,

die das Bakterium zur Produktion des gewünschten Proteins veranlassen. Das Plasmid wird auf die folgenden Bakteriengenerationen weitervererbt und sorgt dafür, dass auch die Nachkommen das Biomolekül produzieren. Haben die Mikroorganismen ausreichende Mengen davon erzeugt, stoppen die Experten von Wacker Biotech den Fermentationsprozess und unterziehen den Tankinhalt mehreren Reinigungsschritten. Dabei werden Zellbestandteile, Erbgut-Stücke und unerwünschte Proteine durch Zentrifugieren und Chromatografie-Verfahren voneinander getrennt. Am Ende liegt dann der Stoff in Reinform vor, den der Kunde in Auftrag gegeben hat. Lebendbakterien werden teilweise auch ohne Veränderung des Erbguts verwendet.

„Um Bakterien dazu zu bringen, Wirkstoffe hochrein und effizient in großen Mengen zu herzustellen, ist zum einen großes Spezialwissen nötig. Zum anderen ist die technische Ausstattung kostspielig. Weil die Pharmafirmen im frühen Entwicklungsstadium nicht wissen, ob es ihr Wirkstoff durch die klinischen Phasen und den Zulassungsmarathon schafft, ist es zudem riskant, in das komplette Produktionsequipment zu investieren“, erklärt Leonhartsberger. Deswegen lagern Pharmaunternehmen diesen Teil verstärkt an Auftragshersteller wie Wacker Biotech aus.

Jena, Halle, Amsterdam: Jeder der drei Standorte bringt seine Besonderheit mit: Das sind unterschiedliche Technologien, spezielle Fermentationsanlagen, flankierende biotechnologische Prozesse oder nachgelagerte Schritte sowie das dafür notwendige Knowhow der jeweiligen Teams. In Jena steht die so genannte Esetec-Technologie im Fokus, ein von Wacker entwickeltes und patentiertes Verfahren. Der Clou dabei: „Normalerweise behalten Bakterien die von ihnen produzierten Proteine in der Zelle, also auch die gewünschten Wirkstoffe“, erklärt Leonhartsberger. „Das macht es aber aufwendig, diese herauszulösen und zu reinigen. Bei unserem System arbeiten wir mit Kolibakterien-Stämmen, bei denen wir das Genom so verändern, dass sie die gewünschten Proteine in löslicher Form ins umgebende Kulturmedium ausscheiden.“ Die Bakterien werfen die Wirkstoffe sozusagen aus ihrer Zelle – und das ist ein großer Vorteil: Zentrifugieren reicht aus, um Zellen und Proteine voneinander zu trennen. Aufwendige Reinigungsschritte lassen sich reduzieren, und das spart Kosten.

Zudem bietet das Verfahren in vielen Fällen Rekordausbeuten von mehreren Gramm pro Liter. Ein weiterer Vorteil: Auch komplexe Biopharmazeutika wie Antikörperfragmente lassen sich kostengünstig und effizient fabrizieren.

Goldschatz Zellbanken

Eine weitere Besonderheit des Standorts Jena: die Herstellung von Zellbanken. Sie sind der Goldschatz jedes einzelnen Kunden. Ähnlich wie in einer Bibliothek reihen sich darin mehrere hundert kleiner

Glasampullen in Boxen aneinander. In ihnen befinden sich millionenfach Bakterienklone, die Wacker Biotech für ihren speziellen Job genetisch modifiziert hat –gelagert bei tiefkalten Temperaturen. So bleiben sie auch über Jahrzehnte stabil und wiederverwendbar.

„Aus Sicherheitsgründen bewahren wir unsere Zellbanken in doppelter Ausführung an zwei getrennten Orten auf“, erklärt Leonhartsberger. Jedes Mal, wenn ein Kunde seinen Wirkstoff produzieren möchte, greifen die Biotech-Experten auf die entsprechende Zellbank zurück, entnehmen Bakterien und kultivieren diese in den Fermentern zur Biopharmazeutika-Fertigung. Dafür steht in Jena eine 350-LiterAnlage bereit.

Mehr als viermal so groß ist die Fermentationslinie in Halle. Sie umfasst eine Kapazität von 1500 Litern. Gleichzeitig bringt dieser Standort eine weitere innovative Technologie mit: Foldtec. „Es gibt auch Proteine, die in der Bakterienzelle einfach unlöslich bleiben“, erklärt Leonhartsberger. „Das ist beispielsweise bei Reteplase so – einem Protein, das bei akutem Herzinfarkt eingesetzt wird. Es aggregiert so stark in den Zellen, dass die Bakterien es nicht ausschleusen können. Um solche Proteine aus unseren maßgeschneiderten Stämmen herauszuholen und als Wirkstoff bereitzustellen, nutzen wir Foldtec.“ Dazu muss man wissen: Die Bakterien bauen die gewünschten Proteine zwar korrekt zusammen, aber ihr räumlicher Aufbau muss ebenfalls stimmen – nur dann entfalten sie ihre Wirksamkeit. Die Biotech-Experten schaffen es, die Proteine in großer Menge in den Zellen zu erzeugen, sie dann herauszulösen und mit speziellen Rückfaltungstechnologien in ihre aktive Form zu überführen.

Die in Jena oder Halle hergestellten keimarmen Lösungen füllt Wacker entweder in Flaschen oder in bis zu 50 Liter fassende Kunststoffbeutel und liefert diese an seine Kunden zur weiteren Verarbeitung.

„Mit dem Standort in Amsterdam haben wir nun auch die Möglichkeit, sterile Lösungen direkt in Glasampullen abzufüllen“, sagt Leonhartsberger. Zudem gibt es am niederländischen Standort eine Anlage zur Lyophilisation. Damit lassen sich Wirkstofflösungen gefriertrocknen, bevor sie zum Kunden gehen, was ihre Lagerfähigkeit verbessert.

Wacker

Wacker ist ein global operierender Chemiekonzern und wurde 1914 von Alexander Wacker gegründet. Das Unternehmen mit seinen rund 14 500 Beschäftigten erwirtschaftete im vorigen Jahr einen Umsatz von 4,93 Milliarden Euro. Wacker Biotech hat 330 Mitarbeiter.

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& Forschung Innovation
Wacker Biotech (2)
Der Chemiekonzern Wacker stellt in Jena und Halle Produkte für Pharmafirmen her
Von Ulrich Milde Blick in die hochtechnisierte Produktion von Wacker Biotech.

Gesundheits-Apps sind allerorten auf dem Vormarsch: Fitnesstracker, Ernährungs- und Bewegungs-Apps werden in immer größerer Zahl von Smartphone-Nutzern hochgeladen. Neben diesen sogenannten Lifestyle-Apps gibt es auch immer mehr medizinische Applikationen, die der Diagnose oder auch der Therapie einer Erkrankung dienen. Oder als eine Art Tagebuch der Symptom- beziehungsweise Verlaufskontrolle bei einer Erkrankung. Die Celloon GmbH aus Halle hat eine spezielle App für Patienten nach einer Herzoperation entwickelt.

In einem stetig wachsenden Gesundheitsmarkt werden mobile Applikationen in den nächsten Jahren immer präsenter, sagt Cellon-Geschäftsführer Mirko Kisser. Die Zahl der Apps und Fitness-Gadgets wachse weiter. Schon jetzt werde das EKG von Herzpatienten per Smartwatch aufgezeichnet. Google habe beispielsweise eine Kontaktlinse entwickelt, um den Blutzucker zu messen. Und Ultraschallgeräte, heute so klein wie eine Computer-Maus, ließen sich mit dem Smartphone verbinden, um Bilder zu speichern oder zu versenden. Die Digitalisierung der Medizin biete viele Möglichkeiten für mobile Anwendungen, meint Kisser.

„Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt und die Unternehmen. Mobile ist einer der Treiber dieses technologischen Wandels. Immer, wenn Prozesse und Anwendungen aufgrund rasant wachsender Zugriffe in den mobilen Kanal erweitert werden sollen, kommen unsere Web-Anwendungen und Apps zum Einsatz“, sagt Mirko Kisser.

Innovative Apps für den Gesundheitsmarkt

Innovative Apps für den Gesundheitsmarkt sind inzwischen ein wichtiges Thema der Entwickler aus Sachsen-Anhalt. Schwerpunkt für Celloon sind sogenannte B2B-Anwendungen, also Business to Business, die nicht im App-Store erhältlich sind, sondern für Kunden maßgeschneidert werden. „Aktuell haben wir für eine Herzklinik eine spezielle Cardio-Care-App entwickelt, die zunächst in einer Studie eingesetzt wird“, sagt Kisser. Die medizinischen Werte von Patienten, die ein Herzunterstützungssystem, also beispielsweise ein Kunstherz, erhalten haben, müssen im Anschluss gut kontrolliert werden. In der Praxis heute werden diese Risikopatienten im Rahmen der Nachsorge von der Klinik in regelmäßigen Abständen angerufen oder in die Klinik einbestellt. Mit der von Celloon im Auftrag der Klinik entwickelten App erfolgt diese Kontrolle nun täglich.

„Die App funktioniert wie ein Tagebuch. Sie ist einfach konzipiert für ältere Leute und funktioniert intuitiv. Die Angaben der Patienten werden kontinuierlich an die Klinik übermittelt und von den Ärzten ausgewertet. So können diese den Zustand des Patienten aus der Entfernung im Blick behalten“, erläutert Kisser. In der App seien beispielsweise auch Fotos von der Austrittsstelle der Versorgungsleitung machbar, um Entzündungen in diesem Bereich rechtzeitig zu erkennen. Zu den technischen Möglichkeiten einer künftigen App-Version könnten auch direkte Messungen

ihrer Art. „Auch wenn verschiedene Kliniken unterschiedliche Dinge ausprobieren:

In dieser Form gibt es das auch international noch nicht“, sagt Mirko Kisser.

Der Hallenser ist zudem stellvertretender Vorsitzender der Gruppe Connected Health im Bundesverband digitaler Wirtschaft (BVDW). Diese Unternehmen befassen sich mit digitalen Technologien im Gesundheitswesen, um die Versorgung effizienter, präziser und personalisierter zu machen.

Schon vor dreizehn Jahren hat das kleine Unternehmen aus Halle damit begonnen, Programme für Mobiltelefone zu entwickeln. Zu einer Zeit also, als Smartphones noch nicht verbreitet waren und die Anwendungsprogramme der Mobiltelefone noch nicht den Namen „App“ trugen. Celloon gehört damit zu den ersten Unternehmen in Deutschland, die das Potenzial von innovativen Applikationen für Mobiltelefone und den heutigen Smartphones erkannt haben. Der Gesundheitsmarkt ist dabei nur ein Betätigungsfeld.

Gute Startbedingungen in Sachsen-Anhalt

Die Celloon GmbH ist ein klassisches Start-Up. Bereits während seines Design-Studiums bis 2003 hatte Mirko Kisser die Idee, digitale Marketinglösungen für Unternehmen anzubieten. In Sachsen-Anhalt fand er hervorragende Bedingungen zur Verwirklichung seiner Geschäftsidee. Dank der Unterstützung durch das Gründungsprogramm „Exist“ an der Matin-Luther-Universität Halle-Wittenberg kreierte Kisser zunächst patentierte QR-Codes für den geschäftlichen wie den privaten Bereich, was es damals noch nicht gab. Später kamen mobiloptimierte Websites für Kunden und Apps für Smartphones hinzu. Nach einem ersten Unternehmen wurde schließlich 2009 die CelloonFirma gegründet, im Mitteldeutschen Multimediazentrum Halle, dem Existenzgründerzentrum für die rege Medien- und Kreativwirtschaft in SachsenAnhalt.

Längst gehören Entwicklungen für den HealthCare-Markt zu den speziellen Angeboten von Mirko Kisser und seinen Mitarbeitern, die projektweise auch von der Martin-Luther-Universität und der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle rekrutiert werden.

Start-up Inline-Med stellt Produkte für optimierte bildgesteuerte Eingriffe her

Ein Magdeburger Start-up hat Assistenzgeräte entwickelt, die nadelbasierte Eingriffe sicherer machen. Die Mission der Inline-Med GmbH wird jetzt in die Tat umgesetzt: innovative Produkte für sichere, genaue und einfache Interventionen – wie die Krebsdiagnose durch Biopsien sowie zur Schmerz- und Krebstherapie – zur Verfügung zu stellen. Unterstützung kommt vom Forschungscampus Stimulate, klinischen Partnern und der BMP Ventures AG.

Aus der Idee für eine Masterarbeit in der Medizintechnik ist in Sachsen-Anhalt eine medizinischtechnische Innovation gewachsen. Der gute Ruf der Universität lockte die Kielerin Sinja Lagotzki und den Kolumbianer Juan Sebastián Sánchez López einst nach Magdeburg. Der Südamerikaner beschäftigte sich beim Studium mit der Möglichkeit, mechanische Assistenzvorrichtungen bei minimalinvasiven Eingriffen zu nutzen, um so die Führung von Biopsie-Nadeln präziser steuern zu können. Das Thema nahm rasch Fahrt auf. Die befreundeten Kommilitonen verbrachten viele Stunden in OP-Sälen und sprachen mit Radiologen. „Wir haben schnell gemerkt, dass es einen großen Bedarf gibt, und vor allem, dass wir noch ein paar Schritte weitergehen müssen. Das war genau unser Anliegen“, sagt Sinja Lagotzki. „Wir wollten immer schon Probleme aufspüren und dafür medizintechnische Lösungen entwickeln.“

Med-Tech-Startup mit großem Potenzial

Vor einem Jahr hat das Duo sein eigenes Unternehmen gegründet, um mit seinen Entwicklungen bisher aufwendige und teure Verfahren zu optimieren. In der radiologischen Bildgebung werden mithilfe von Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) oder Ultraschall Hohlnadeln für die Entnahme von Gewebe eingesetzt. „Für die richtige Positionierung der Nadeln brauchen Kliniken derzeit speziell geschultes Personal, und die Prozeduren sind voller Risiken“, weiß López. Darum hat Inline-Med Assistenzgeräte entwickelt, mit denen die Experten nadelbasierte Eingriffe einfacher, präziser und sicherer durchführen können. Die Vorteile: Die Assistenzgeräte, Softwarelösungen und Instrumente lassen sich in gängige Verfahren integrieren, lösen die Platzprobleme beim MRT, verringern die Strahlenbelastung für Radiologen beim CT und sparen Zeit durch eine schnelle Ausrichtung der Nadel.

„Die korrekte Platzierung der Biopsie-Nadeln ist bei bisherigen Prozeduren sehr komplex und daher mit Risiken für Patienten und Radiologen verbunden“, weiß Raik Madla. Der BMP-Investment-Manager hat sich eingehend mit dem Thema und dem Magdeburger Start-up beschäftigt. Er ist davon überzeugt, „dass dieses Med-Tech-Start-up großes Potenzial hat, einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur signifikanten Arbeitserleichterung für Radiologen zu leisten“. Die Venture Capital Gesellschaft unterstützt das Unternehmen mit den von ihr gemanagten Mitteln des IBG-Fonds Sachsen-Anhalt. Inline-Med sei als junge universitäre Ausgründung prädestiniert gewesen für das GladiatorProgramm, sagt Raik Madla. „Genauso stellen wir uns den Schub für vielversprechende Start-ups hierzulande

vor“, so Raik Madla. Das von der BMP entwickelte Programm finanziert junge Tech-Start-Ups in SachsenAnhalt in der Frühphase. Neben der finanziellen Förderung gibt es auch Unterstützung bei der Suche nach strategisch wichtigen Mitspielern und potenziellen Partnern für die Vermarktung.

Ideale Standortbedingungen

Für Sinja Lagotzki und Juan Sebastián Sánchez López sind das weitere Signale dafür, dass sie „genau richtig sind in Sachsen-Anhalt“. Die Landeshauptstadt war für sie keine zufällige Standortwahl. Das in Magdeburg entstandene „Founders Playbook“ gab den Gründern einen Leitfaden für den Aufbau ihres Unternehmens. Darüber hinaus helfen zahlreiche Förderprogramme den Neugründungen in Sachsen-Anhalt. Die Otto-von-GuerickeUniversität (OvGU) stärkt seit vielen Jahren die Medizintechnik. Beide Gründer absolvierten hier den internationalen Masterstudiengang „Medical Systems Engineering“. Durch den Forschungscampus Stimulate, der zu den zwölf definierten Zukunftsorten SachsenAnhalts gehört, sind die Firmengründer ganz nah dran an neuen Erkenntnissen. Die Partnerschaft aus Universität, Siemens Healthcare und Stimulate-Verein bündelt auf einem Gelände interdisziplinäre Forschung mit modernster Technik. Gemeinsam mit Stimulate ist das junge Unternehmen kürzlich in neue Büros im Magdeburger Wissenschaftshafen umgezogen. „Man kann hier schon von idealen Standortbedingungen für uns als Med-Tech-Start-up sprechen“, sagt Sinja Lagotzki.

Breit einsetzbare Assistenzgeräte

In den neuen Räumen an der Elbe lagern nun erste Prototypen, die Inline-Med in Zusammenarbeit mit der Radiologie des Universitätsklinikums Magdeburg bis zur Serienreife entwickelt hat. Unter dem Namen Flexspine fasst das Unternehmen Produkte für die interventionelle – also operative – Radiologie zur Krebsdiagnose beziehungsweise -therapie und die interventionelle CT-basierte Schmerzbehandlung zusammen. „Wir setzen auf eine einfache Anwendung für Ärzte und Krankenschwestern, auf Werkzeuge, die universell einsatzbar sind und sich gut in Arbeitsabläufe integrieren lassen“, erklärt die Gründerin. „Die Methode soll massentauglich werden.“ Das bedeutet für sie: kleine Geräte, hohe Benutzerfreundlichkeit und mehr Einsatzmöglichkeiten statt teurer Spezialroboter für nur einen Eingriff. Dank eines von Inline-Med entwickelten Computerprogramms, das als Mobile-App auf dem Tablet laufen kann, wird die Planung des Radiologen direkt vom Bildschirm auf den Patienten übertragen – ohne teure und komplizierte Systeme. „So kann fehlerfrei die gewünschte Region innerhalb des Körpers getroffen und unnötige Mehrfachpunktionen vermieden werden“, meint Sinja Lagotzki. Bei vielen Medizinern kommt das bereits gut an. Die Gründerin sagt: „Wir haben schon viele positive Reaktionen von Medizinern erhalten. Die meisten loben, dass wir keine Roboter nutzen, sondern Prozeduren mit einfachen Mitteln optimieren.“

Solche Rückmeldungen spornen die jungen Unternehmer an. Auch in Zeiten von Corona und mit all den Auswirkungen auf behördliche Genehmigungen, Lieferketten und Erreichbarkeit arbeitet das Team weiter an seinen Lösungen und hofft, „dass es nicht zu großen

Verzögerungen kommt“. Sinja Lagotzki meint, dass sie „positiv ungeduldig“ ist. Sie und ihr Team sind längst dabei, die nächsten Schritte zu machen. Nach der Entwicklung sollen jetzt der Aufbau der Produktion und die Produktzertifizierung folgen. Manuela Bock

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Die Celloon GmbH aus Halle entwickelt spezielle mobile Applikationen für den Gesundheitsmarkt

Chefs von Appsfactory sind „Unternehmer des Jahres“ in Sachsen

Über 600 Applikationen hat die Leipziger AppsFactory bereits realisiert: Für die Deutsche Bahn, für das Quizduell von Jörg Pillawa oder Tagesschau wurden die kleinen, aber mächtigen Programme entwickelt oder verbessert. Die drei Gründer wurden nun für ihr unternehmerisches Handeln ausgezeichnet.

Digitalisierung: Jetzt starten – aber mit Strategie

Zehn Ansätze für den digitalen Wandel in Unternehmen –und ein Tipp für die alte IT-Infrastruktur

In diesem Jahr ist alles etwas anders: Auch die große Gala für den Preis „Unternehmer des Jahres“ “ ist dem Corona-Virus zum Opfer gefallen. Feierlich, wenn auch im kleinen Rahmen, fand die Verleihung von Sachsens renommiertestem Unternehmer-Preis am 5. Juni in kleiner Runde statt. Die Gläserne Manufaktur von VW in Dresden bot dafür einen würdigen Rahmen. „Die Träumende“, die begehrte Skulptur von Małgorzata Chodakowska, geht in diesem Jahr nach Leipzig: Groß ist die Freude der drei überraschten Gründer der Spezialagentur Appsfactory, als ihre Namen verkündet werden und ihnen die Preisskulptur aus Bronze und Gold überreicht wird.

Auch wenn der Firmenname noch nicht jedem etwas sagt: Auf dem Handy und Tablet des ein oder anderen hat das Unternehmen von Alexander Trommen (52), Roman Belter und Rolf Kluge (beide 39) seine Spuren hinterlassen. Wer mit Jörg Pilawa Quizduell spielt oder bei der Deutschen Bahn nach Routen sucht, greift auf Apps der Leipziger zurück. Für die Tagesschau hat das Unternehmen die bereits bestehende App weiterentwickelt.

Alles Beispiele von mittlerweile über 600 realisierten Applikationen, die Appsfactory zur führenden Spezialagentur Deutschlands für kundenzentrierte digitale Transformation gemacht haben – eine unternehmerische Leistung, für die die drei Gründer und Geschäftsführer ausgezeichnet wurden.

Die Firma gehört zudem zu einer der am schnellsten wachsenden Multimediaagenturen des Landes: Innerhalb von zehn Jahren ist das Unternehmen auf 220 Mitarbeiter, verteilt auf inzwischen vier Standorte, angewachsen. Bereits in der Vergangenheit heimste die Agentur namhafte Preise wie den Webby Award und den Daimler Supplier Award ein.

Mit Appsfactory ist erneut eine Firma aus der Region Leipzig zum Sieger gekürt worden. Gewinner im Vorjahr war das Umweltmesstechnik-Unternehmen von Holger Födisch aus Markranstädt.

Neben dem Hauptpreisträger wählte die Jury aus über 100 Bewerbungen zudem die Backhaus Hennig GmbH aus Zwenkau bei Leipzig sowie die Agrartechnik Vertrieb Sachsen GmbH aus Ebersbach in die Top drei des Wettbewerbs.

Gewinner des diesjährigen Preises „Sachsen gründet – Start-up 2020“ ist die scanacs GmbH. Die Dresdner digitalisieren einen der aufwendigsten und teuersten Prozesse des deutschen Gesundheitswesens. Bisher dauert es mehr als ein Jahr, bis feststeht, ob eine Krankenkasse ein ärztlich verschriebenes und in der Apotheke abgeholtes Medikament erstattet. Künftig kann alles in Echtzeit vonstattengehen. Denn scanacs hat eine digitale Plattform entwickelt, die mit den etablierten Apotheken-Softwares kompatibel ist und es ermöglicht, ärztliche Verordnungen sofort bei der Arzneimittelabgabe auf ihre Erstattungsfähigkeit hin zu prüfen. Andreas Dunte

Der Wettbewerb

Der Wettbewerb „Sachsens Unternehmer des Jahres“ ist eine Initiative von Sächsischer Zeitung, Freier Presse, Leipziger Volkszeitung, MDR Sachsen, KPMG AG, Volkswagen Sachsen, LBBW Landesbank Baden-Württemberg und der Gesundheitskasse AOK Plus.

Viele klein- und mittelständische Firmen in Deutschland haben ein Digitalisierungsproblem. Corona hat das schonungslos aufgezeigt. Die Gründe, warum das so ist, sind vielfältig und von Firma zu Firma unterschiedlich. Die meisten betroffenen Unternehmer sind sich ihrer kritischen Lage absolut bewust. Soll es zur sinnvollen Strategiebestimmung kommen, steht die Führung meist alleine da. Im Zentrum steht eine Frage: Wie können die notwendigen Veränderungen in der Firma gestaltet werden? Um sich im Wirrwar der Angebote und Möglichkeiten nicht zu verrennen oder in Kostenfallen zu tappen, sollten Unternehmer und Unternehmen Ruhe bewahren – und sich über zehn wichtige Felder klar werden.

1 Die Ziele festlegen

Was soll mit der Digitalisierung erreicht werden?

Hand aufs Herz: Ohne ein konkretes Ziel wird der benötigte Erfolg ausbleiben. Am einfachsten ist es, Teilschritte festzulegen, die zu mittelfristigen Zielen führen. Sind die Teilergebnisse erreicht, kann das finale Ziel bestätigt oder angepasst werden. Die Hilfe externer Parter ist dabei unabdingbar. Experten für digitales Change Management oder Prozessbegleiter für nachhaltigen Wandel der Firmenkultur unterstützen die interne Erneuerung mit neutralem Blick und halten sie in der richtigen Bahn.

2 Das Investitionsvolumen einplanen

Digitalisierung kostet Geld – aber nicht zu digitalisieren kostet langfristig noch mehr Geld. Der digitale Wandel sollte also durch die Bereitstellung adäquater Finanzmittel ermöglicht und eine angemessene Budgetsteigerung zeitnah in die Investitionsplanung aufgenommen werden. Schmerzhafte Fragen sind im Fortgang absolut erlaubt: Welche vorhandene Technik verschlingt viel Geld für Instandhaltung und Wartung? Könnte sie durch neue und langfristig günstigere Technologien ersetzt werden?

3 Den Bedarf erkennen

Welche digitale Performance braucht das Unternehmen eigentlich? Bleibt es allein bei neuen Rechnern, Tablets und Smartphones, auf denen neue und effizientere Software genutzt kann? Oder muss der Wandel tiefer und breiter greifen? Hier kommen wieder die Experten ins Spiel: Zusammen mit ihnen kann analysierte werden, welchen digitalen Reifegrad die Firma aktuell hat und welchen sie erreichen muss, um ihre Ziele in Zukunft zu erreichen. Viele Berater verfügen über Tools, die den Bedarf präzise analysieren können.

4 Die Prioritäten bestimmen

Die Prozesse, denen eine Digitalisierung am meisten nutzen könnten, sollten auch als erste digitalisiert werden. Womit starten, was kann warten? Gemeinsam sind interne Kriterien zu definieren, damit nicht beliebig und ziellos drauflos digitalisiert wird. Das verschwendet nur wertvolle Ressourcen und lässt wichtige Bereiche im alten Zustand verharren.

5 Die Synergien erkennen

Die digitalen Prozesse eines Unternehmens enden nicht an den Türen der einzelnen Abteilungen. Eine neue Infrastruktur muss dem Unternehmen als Ganzem nutzen, Kleinstaaterei und Herrschaftswissen müssen verschwinden. Die neue Prozessstruktur in der Firma sollte so gestaltet sein, dass viele offene Schnittstellen zur Kommunikation mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Partnern bestehen – und weiterhin geschaffen werden können. So können alle an der Digitalisierung teilnehmen und von ihr profitieren.

6 Neue Projektmethoden nutzen

Neues Denken benötigt neue Methoden: Hinter der Digitalisierung verbirgt sich auch eine neue Denkkultur mit modernen Ansätzen zur Problem- und Aufgabenlösung. Klassische Projektmethoden helfen nicht mehr weiter, die bestehende interne Bürokratie bietet keine Leitlinien mehr. Bei der Umsetzung des digitalen Wandels bieten daher agile Methoden klare Vorteile. Da es eine Anzahl dieser Projektmanagement-Tools gibt, sollte das richtige Werkzeug zusammen mit dem Berater gefunden werden.

7 Die Cloud beachten

Eine neue technische Infrastruktur unter Zeitdruck aufzubauen und zusätzlich noch interne Verfahren zu entwickeln, beschneidet die Flexibilität im Markt. Die Antwort auf diese Herausforderung sind die CloudLösungen. Sie bieten fertige, schnelle und flexible Lösungen, die bereits bestehende Systeme unterstützen und ergänzen können. Meist sind sie zu festen Preisen pro Arbeitsplatz zu haben.

8 Digitale Arbeitsplätze schaffen

Die klassischen Schreibtischarbeitspätze mit PC, Bildschirm und Topfplanze haben in den meisten Unternehmen bereits jetzt ausgedient. Sie können die Anforderungen des modernen Arbeitslebens immer weniger erfüllen. Die Arbeitsprozesse werden ständig

Jetzt gibt es keine Ausreden mehr: Der Digitalisierung kann sich kein modernes Unternehmen mehr entziehen.

Damit der Wechsel ins Digitale problemfrei gelingt, haben die Unternehmer einige Vorarbeiten zu leisten.

schneller und mobiler, neue Kommunikationsarten setzen sich unaufhaltsam durch, Teams haben immer unterschiedlichere Tätigkeitsfelder- und Orte. Wie der digitale Arbeitsplatz in einem Unternehmen aussehen kann, sollte zusammen mit Experten definiert werden. Denn dieser schaut für jede Firma, ja für jede Abteilung anders aus.

9 Für Fortbildung sorgen

Die anstehende Digitalisierung des Unternehmens steht und fällt mit dem Know-how der Mitarbeiter. Kann die neue Technik und Software nur eingschränkt oder gar nicht durch das Personal genutzt werden, verpufft das Investment. Gezielte Weiterbildungen auf breiter Front sind daher unerlässlich, um die erforderlichen neuen Qualifikationen für alle Kollegen zu gewährleisten. Die Mitarbeiter sollten schon früh eingebunden werden, um auch praktische Erfahrungen mit der Digitalisierung sammeln zu können.

10 Eigene Innovationskultur starten Führungskräften sollte klar sein: Nicht alle Kollegen haben eine hohe Veränderungsbereitschaft. Also muss vor und während des Prozesses eine gemeinsschaftliche Digitalisierungskultur im Unternehmen geschaffen werden. Da die Digitalisierung erhebliche Veränderungen in den Arbeitsalltag bringt, kommt der positiven Einstellung der Mitarbeiter eine Schlüsselrolle für den Erfolg zu.

11 Extratipp: ... bedürftigen Kindern helfen

Wer nicht weiß, wo seine im Digitalisierungsprozess ausgemusterte, aber noch funktionstüchtige Hardware hin soll, kann mit ihr Gutes tun und Schulkinder unterstützen. Abgeschriebene beispielsweise ausgediente Laptops werden im Rahmen des Programms „Hardware for Future“ kostenfrei entgegengenommen, technisch aufgearbeitet und zur Nutzung weitergegeben. Das Referat „Digitale Stadt“ der Stadt Leipzig bittet um diese Technik-Spenden.

Empfänger sind vor allem Schulkinder aus einkommensschwachen Familien der Stadt. Ihnen werden so neue digitale Möglichkeiten und die generelle Teilnahme an unterschiedlichsten Schulaktivitäten ermöglicht, an denen sie ohne Rechner nicht teilnehmen könnten. Gerade die aktuelle „Homeschooling“-Situation hat den Bedarf nach IT-Technik deutlich erhöht. Und wer lernt schon Programmieren, wenn er keinen Rechner hat?

Durch die digitale Initiative werden die Laptops und Tablets wieder fit gemacht. Der Verein „dezentrale e.V.“ in Lindenau kümmert sich um die Sammlung und Lagerung, die Aufbereitung und die Ausgabe der erneuerten Geräte.

Tdabei. Seine diesen eigentlich retts Leipziger moralisch ten. Humor In seinem einen Kaffee nicht kämpfen“, mit sächsischer „g“. Wolf geben zum Erhalt normalerweise traditionell sagt der und heute und seinem durch das Kabarett aus einer wacklig, Assekuranzriesen Versicherung Fällen Wolf. Der der Corona-Virus ist, bietet Summe Prüfung. einer größeren andere spieler Kabarett-Hauptstadt Bissig –Sie spießen liche und Von der

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& Forschung Innovation
Fotolia.com Roman Belter, Alexander Trommen und Rolf Kluge (von links), Gründer der Appsfactory, sind Sachsens Unternehmer des Jahres. Christian Modla Von Frank Schmiedel

„Im Garten der Dummheit ist immer Frühling“

Thorsten Wolf, Chef des Kabaretts Leipziger Funzel, hat keinen Ideenmangel

Ausreden Digitalisierung modernes entgelingt, Unternehmer leisten.

Thorsten Wolf muss nicht lange überlegen. „Gehen wir in mein Büro, noch habe ich eines“, sagt er zu seinen Gästen und schmunzelt dabei. Seine gute Laune hat er ganz offenkundig auch diesen Corona-Krisenzeiten nicht verloren. Geht ja eigentlich auch nicht, denn Wolf ist Chef des Kabaretts Leipziger Funzel, also berufsbedingt zumindest moralisch dazu verpflichtet, gute Laune zu verbreiten. Humor ist halt, wenn man trotzdem lacht.

In seinem Büro in der Strohsack-Passage bietet er einen Kaffee an. „Kollegen, ohne Kaffee kann man nicht kämpfen“, formuliert der gebürtige Leipziger mit sächsischer Aussprache einen Satz mit viermal „g“. Wolf hat wohl viel Kaffee getrunken, denn aufgeben ist nicht seine Sache, durchhalten angesagt –zum Erhalt seines Kabarett-Theaters. „Wir brauchen normalerweise einen guten März und April, um den traditionell eher schwächeren Sommer zu stützen“, sagt der 55-Jährige, der in Leipzig geboren wurde und heute in Taucha wohnt. Da hat die Pandemie ihm und seinem Ensemble in diesem Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wochenlang durfte das Kabarett nicht auftreten. Der Einnahme-Ersatz aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung ist wacklig, da liegt der Bühnenchef mit einem Münchner Assekuranzriesen im Clinch. „Dafür habe ich doch die Versicherung abgeschlossen, damit sie in solchen Fällen den Einnahmeausfall erstattet“, empört sich Wolf. Der Konzern wiederum beruft sich darauf, dass der Corona-Virus in den Bedingungen nicht enthalten ist, bietet „aus Kulanz“ 15 Prozent der vereinbarten Summe an. Der Fall liegt derzeit immer noch zur Prüfung. Doch der Wolf ist bissig, schnappt nach einer größeren Portion. Ein Gang vors Gericht ist alles andere als ausgeschlossen. Der passionierte Skatspieler wird seine Karten ausreizen.

Kabarett-Hauptstadt

Bissig – das ist auch das Kennzeichen von Kabaretts. Sie spießen Alltagsgeschehen, politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Ereignisse unterhaltsam auf. Von der Politsatire über literarisch-musikalische

Vorstellungen bis hin zur Varieté-Show ist in Leipzig dabei alles vorhanden. Die Messemetropole ist bundesweit gesehen die Stadt mit der höchsten Kabarettdichte pro Kopf. Die Vielfalt an Kabarett- und Kleinkunstbühnen sei „charakteristisch für Leipzig“, heißt es im Rathaus. Allein in der Innenstadt gibt es fünf Kabaretts. Neben der Funzel sind das die Pfeffermühle, die Akademixer, das Central Kabarett, und das Kabarett Sanftwut. Der Ruf als deutsche Kabarett-Hauptstadt wird jährlich durch die Lachmesse gepflegt. An elf Tagen im Oktober werden auf dem größten bundesrepublikanischen internationalen Kabarett- und Kleinkunstfestival mehr als 100 Veranstaltungen mit Künstlern aus aller Welt präsentiert.

Schon zu DDR-Zeiten wurden auf den Bühnen bestehende Verhältnisse kritisch-elegant aufgespießt. Sie hatten beim Wortwitz ihre besonderen Gäste im Hinterkopf. Die habe man sofort daran erkannt, „dass sie erst dann zu lachen anfingen, wenn der dienstvorgesetzte Nebenmann dies ebenfalls tat“, wie es Peter Ensikat einst formulierte. Ensikat war in den 1970er- und 1980er-Jahren der meistgespielte Kabarettautor in der DDR. Heute sind die Kabaretts ein nicht unwichtiger Wirtschaftsfaktor, Anziehungspunkt für die vielen auswärtigen Touristen. „Wir haben im Normalfall viele Gäste aus anderen Städten, die vor ihrer Reise nach Leipzig schon ihre Eintrittskarten bestellen“, erzählt Wolf. „Unsere Szene macht die Stadt attraktiv.“ Derzeit kocht das allerdings auf Sparflamme. Weil die Touristen fehlen, und weil die Funzel seit 23. Mai zwar wieder geöffnet hat, als erstes Haus der Stadt, aber wegen der Corona-Auflagen nur für einen Teil ihrer Plätze Karten verkaufen darf. Schwere Zeiten, die später mit Sicherheit zu der einen oder anderen kabarettistischen Szene führen werden.

Wolf kämpft für Zuschüsse

Wolf („mir persönlich geht es nicht schlecht“) kämpft engagiert für den Erhalt der Häuser, setzt sich für Zuschüsse ein. „Wir müssen die Spielstätten der freien privaten Theater erhalten“, appelliert er an die Verantwortlichen. Wenn diese privatwirtschaftlichen

Bühnen wegbrechen sollten, „dann hätte die freischaffende Kultur keine Basis mehr“, mahnt er und rechnet damit, „dass wir noch monatelang unter den Folgen der Pandemie leiden werden“. In Normalzeiten kommen zu den Funzel-Vorstellungen jährlich 25 000 Besucher. Kooperationen mit Unternehmen sorgen für eine finanzielle Grundstabilität der Funzel. Da zeigt sich die Verantwortung des Intendanten für seine Ensemble-Mitglieder. Zudem ist er stets für ein offenes, direktes Wort gut: „Lieber die geballte Faust im Gesicht als in der Tasche.“ Und von Widerständen lässt er sich nicht klein kriegen. „Wenn das Licht am Ende des Tunnels sich als entgegenkommender Zug erweist, muss man schnell eine Weiche bauen.“

Bühne für Gastspiele

Wolf wuchs in Leipzig auf und erlernte nach der Schulausbildung den Beruf des Sanitärinstallateurs und Klempners im damaligen Bau- und Montagekombinat Süd. Aber „das ist es nicht“, stellte er rasch fest, „ich wollte Schauspieler werden.“ Was ihm auch gelang. Er bewarb sich an der Schauspielschule Ernst Busch in Berlin und schaffte den Test. Dort wurde schnell sein Talent mehr für das Kabarett und weniger für die Schauspielbühne erkannt. Gleichwohl machte er auch dort später Karriere. In dem legendären Kinofilm „Go, Trabi go“ war er ebenso zu sehen wie in Michael „Bully“ Herbigs „Traumschiff Surprise –Periode 1“ oder im Tatort sowie in vielen anderen TV-Produktionen. Seit inzwischen fünfzehn Jahren mischt er dabei als Tierpfleger Conny in der ARDSerie „Tierärztin Dr. Mertens“ mit. Gegenwärtig wird die siebte Staffel gedreht. Schon früh zog es ihn als Besucher in die Kabaretts Akademixer und Pfeffermühle. „Dort war ich als Jugendlicher häufig zu Gast.“ 1984 schloss er sich dem Amateurkabarett Baufunzel an, wurde rasch zum führenden Kopf und hatte drei Jahre später, so erinnert er sich, seinen ersten öffentlichen Auftritt. Spielstätten waren der Club Nelke und das Klubhaus der Freundschaft. „Nach der Wende sahen wir die Chance, das professionell zu machen.“ Die erste Spiel-

stätte der Funzel war in Grünau, 1992 erfolgte der Umzug in die Innenstadt. Seit 1997 hat das Kabarett seine Spielstätte in der Strohsackpassage in der Nikolaistraße.

Als Intendant („da ist man manchmal auch der seelische Mülleimer für seine Künstler“) ist es Wolfs Zuständigkeit, ein attraktives Programm auf die Beine zu stellen. Und da der Wurm dem Fisch und nicht dem Angler schmecken muss, sind die Vorstellungen bisweilen eine Mischung aus politisch–bissigen Stücken und unterhaltsamen Sketchen des Alltagsgeschehens. Als Chef „bin ich verantwortlich für die Bandbreite, für Unterhaltung und Anspruch“, sagt der Direktor. „Der Spannungsbogen muss allen Zuschauern Lust machen auf die zweite Halbzeit nach der Pause.“

Wolf, der auch eine Gesangsausbildung absolviert hat und einst fünf Jahre lang als Schöffe am Amtsgericht ehrenamtlich tätig war („das ist häufig bestes Kabarett“), holt sich viele seiner Inspirationen aus dem wahren Leben und arbeitet mit 19 Autoren zusammen. Einen Ideenmangel gibt es offenkundig nicht. „Im Garten der Dummheit ist immer Frühling.“ Über allem stehe die Aufgabe, niveauvolle Unterhaltung zu bieten.

Die Funzel ist auch eine begehrte Bühne für Gastspiele vieler Komödianten. Von Dieter Nuhr über Atze Schröder bis hin zu Karl Dall – jeder, der in der Szene etwas auf sich hält, stand schon auf diesen StrohsackBrettern, die die Welt bedeuten. In seiner persönlichen Rangliste der Wertschätzung ganz oben befindet sich übrigens Dieter Hildebrandt, der Mitbegründer der Münchner Lach-und Schießgesellschaft. „Er hat bei seinem Auftritt hier die aktuelle LVZ genommen und daraus spontan ein tolles Programm gemacht.“ Das sei Kabarett vom Feinsten gewesen.

Am Ende des Gesprächs schaltet Wolf als letzter, der das Büro verlässt, das Licht aus und schließt ab. Doch er ist sich sicher: Die Funzel wird überleben. Beleg: Jetzt wird das Sommertheater im Gründergarten des Leipziger Zoos (22. Juli bis 9. August) vorbereitet. Es gibt auch eine Kartenhotline: 0341 9603232.

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Die VNG AG ist eines der größten und umsatzstärksten Unternehmen der Region. Im Interview berichtet Vorstandsvorsitzender

Ulf Heitmüller (Foto), warum sein Unternehmen Ende des Monats einen besonderen Grund zum Feiern hat und wie er die Entwicklung der Konzerngruppe betrachtet.

Herr Heitmüller, Glückwunsch zum baldigen Jubiläum! Ihr Unternehmen wird schließlich am 30. Juni 30 Jahre alt.

Auch wenn sich das von Ihnen angesprochene Jubiläum erst am 29. Juni vollzieht, nehme ich die Glückwünsche sehr gerne schon jetzt entgegen. Gleichwohl muss ich auch klarstellen: Die VNG als Unternehmen ist nicht

erst 30 Jahre alt, sondern wurde in diesem Jahr bereits 62. Somit blicken wir auf eine über 60-jährige Tradition und Erfahrung im Gasgeschäft zurück. Nichtsdestotrotz ist auch das 30-jährige Jubiläum bedeutend, denn im umwälzenden Jahr 1990 erfolgte zwei Tage vor Inkrafttreten der deutschdeutschen Wirtschafts- und Währungsunion die Umwandlung des VEB Verbundnetz Gas in die Verbundnetz Gas AG. Es handelte sich damit um die erste Privatisierung eines DDR-Unternehmens durch die Treuhand.

Sie sprachen die turbulente Zeit an. Wie bewerten Sie die damaligen Prozesse rückblickend?

Mit allerhöchstem Respekt. Es war eine Zeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruchs, und es war absolut nicht selbstverständlich, dass diese immensen Herausforderungen derart gut gemeistert wurden. Unsere Vorgänger haben Beeindruckendes geleistet und im Rahmen dieses unvergleichlichen Transformationsprozesses die Weichen für die späteren Unternehmenserfolge gestellt. Zudem haben sie in den folgenden Jahren auch entschieden dazu beigetragen, die erste Energiewende in Ostdeutschland erfolgreich zu gestalten, indem sie gemeinsam mit Partnern eine moderne Erdgasversorgungsinfrastruktur aufgebaut haben.

Seit 1990 hat sich nicht nur die Unternehmensbezeichnung von Verbundnetz Gas AG hin zu VNG AG geändert. Wie steht das Unternehmen heute da? Sehr gut. Wir sind ein europaweit aktiver Unternehmensverbund mit mittlerweile mehr als 20 Gesellschaften, einem zweistelligen Milliardenumsatz im Jahr und einem breiten, zukunftsfähigen Leistungsportfolio im Energiebereich. Unsere Gesellschaft befindet sich derzeit in einer entscheidenden Phase, in der es gilt, die Energiewende zu meistern und ein CO2-armes Energiesystem zu etablieren. Die VNG leistet dazu einen

wichtigen Beitrag, weswegen es auch für die heutige VNG um das Beschreiten neuer Wege geht: Um die Weiterentwicklung des Energieträgers Erdgas hin zu erneuerbaren Gasen und Wassersto . Beispielsweise haben wir mit unserem Tochterunternehmen BALANCE Erneuerbare Energien GmbH (BALANCE) einen der größten deutschen Biogasproduzenten in unseren Reihen, der mittlerweile über insgesamt 29 Anlagen verfügt. Auch im Bereich Wassersto sind wir sehr aktiv, weswegen wir die jüngst verö entlichte Wassersto strategie der Bundesregierung sehr begrüßen.

Vertrieb, Transport, Speicher und Biogas fokussiert sich VNG auch auf Grüne Gase oder Quartierslösungen. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat die VNG AG gemeinsam mit dem Leipziger Smart Infrastructure Hub die Hilfsinitiative RE-START gegründet. Durch die Corona-Krise geschädigte Kleinunternehmen, Selbstständige oder Start-ups aus Mitteldeutschland können sich unter re-start.jetzt um Soforthilfe von bis zu 4 000 Euro bewerben.

& Stil Leben
Von Ulrich Milde
/ 30 Jahre
VNG Die VNG AG (2019: 10,5 Mrd. € Umsatz) mit Hauptsitz
Leipzig
aktiv. Neben den vier Geschäftsbereichen
„Unsere Vorgänger haben Beeindruckendes geleistet“
VNG
AG-Gründung
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ist europaweit im Gas-Sektor
Handel &
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Thorsten Wolf (55) freut sich auf Gäste in der Funzel.

Ein fantastischer Käse-Genuss aus Sachsen-Anhalt

Produzenten bieten Einblicke in das traditionsreiche Handwerk

Unglaublich, aber wahr: In Deutschland gibt es eine Straße, die zu Milch und Käse führt. Verschiedene Produzenten haben sich nämlich zur „Milch- und Käsestraße“ zusammengeschlossen –und die verläuft auch quer durch Sachsen-Anhalt. Genießer können von der Altmark bis in den Harz nicht nur leckeren Käse kaufen und probieren, sondern bekommen auch einen Einblick in das traditionelle Handwerk. Gleichzeitig erleben sie, wie genussreich, gesund und nachhaltig Betriebe hierzulande Nahrungsmittel herstellen.

Die Milch- und Käsestraße ist keine normale, keine durchgehende Trasse. Sie bildet ein Netz von Wegen, das Höfe, Käsereien und Dorfmolkereien verbindet. Sie ist ein virtuelles Band, das bundesweit rund 700 Biohöfe, Käsereien und Dorfmolkereien „vereint“. Sie alle sind im „Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau e. V.“ mit Sitz in Freising zusammengeschlossen. In Sachsen-Anhalt gibt es an der Route inzwischen zwölf Stationen. Dort können Interessierte Hofkäsespezialitäten und Hofmilchprodukte probieren und gleich auch kaufen. Gelegenheit ist zudem, die Menschen kennenzulernen, die die Tiere betreuen. Selbstredend dürfen die Hofkäsereien auch besichtigt werden. Wer möchte, kann an Schaukäsereien und „Hofkäse-Schulen“ teilnehmen und allerlei Interessantes rund um die Käseherstellung erfahren. Die beteiligten Betriebe SachsenAnhalts sind auf einer Rundreise von der Altmark bis zur Magdeburger Börde, vom Nationalpark Harz bis zum Naturpark Dübener Heide, vom Fiener Bruch bis zur Karower Platte ganz einfach am grünen Logo, dem Hofschild „Milch- und Käsestraße SachsenAnhalt“, zu erkennen. Im Netz sind auf einer interaktiven Deutschlandkarte des Verbandes für handwerk-

liche Milchverarbeitung (VHM) nach wenigen Klicks zu sehen, welche sachsen-anhaltinischen Höfe, Milch-Manufakturen und Dorfmolkereien Mitglied sind, wie sie handwerklich und traditionell Hofkäse und Hofmolkerei-Produkte zaubern – und eben zu dieser besonderen „Straße“ gehören.

Alles Käse? Von wegen! Hier gibt es noch viel mehr zu erfahren. Hofkäse aus Sachsen-Anhalt ist laut Verbandsangaben etwas ganz Besonderes. Sie werden nach Traditionsrezepten auf Bauernhöfen hergestellt – genauso, wie man es sich vorstellt. Die wichtigste Zutat, die naturbelassene Milch, liefern Kühe, Ziegen und Schafe. Frisch gemolkene Milch wird gleich vor Ort zu cremigem Hofjoghurt, frischer Butter, Eis oder eben zu würzigem Käse verarbeitet. Und das ganz nach dem Geschmack, der in der Region besonders gefragt ist.

Spezialitäten aus Lindau sind weit über die Region hinaus bekannt

Was man sich hier gerne auf der Zunge zergehen lässt ist beispielsweise in der „Schafmilchkäserei Jaare“ in Lindau, einem Ortsteil der Stadt Zerbst, zu bestaunen. Der Name der Schafmilchkäserei setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der fünf Mitglieder der Familie de Vries zusammen: Jaare – das sind Sohn Joris, Schafexperte Arnold, Hofkäserin Anett, Sohn Rik und Tochter Esther. In ihrer Hofkäserei am Rande des Naturparks Fläming verarbeitet die Familie die feine Milch ihrer 250 Laucaune-Schafe in Handarbeit zu Joghurt und feinen Käsespezialitäten – von Frischkäsebällchen mit Gartenkräutern bis zum beliebten „Pecorino“. Anett de Vries und ihr aus den Niederlanden stammender Mann Arnold sind über einige

Umwege zu den Schafen gekommen. „Vor 13 Jahren haben wir unser erstes Schaf gekauft, dann kam die Idee, Schafs käse selbst herzustellen“, erinnert sich Anett de Vries. Ein Jahr nach dem ersten Schaf bauten sie eine alte Werkstatt zur Käserei um, richteten dann den Hofladen ein. Heute sind die Jaare-Spezialitäten weit über die Region hinaus bekannt und viele der mehr als 20 Produkte preisgekrönt. „Für einen vier Kilo schweren Käselaib brauchen wir 20 Liter Schafmilch“, erklärt Anett de Vries. Die Tiere werden mechanisch gemolken, die Milch läuft über Leitungen vom Kühltank direkt in die kleine Hofkäserei, wo die Milch in Handarbeit zu feinen Käsedelikatessen verarbeitet wird, die anschließend in den Reiferäumen gepflegt werden. Eine besondere kulinarische Attraktion ist das cremige Schafmilcheis. Und nachweislich auch der Schnittkäse „Roter Pfeffer“ und der Hartkäse „Jaare Pecorino“, mit denen die Schafmilchkäserei aus Sachsen-Anhalt in diesem Jahr vom VHM mit dem Prädikat „Käse cum Laude“ ausgezeichnet wurde.

Alle Hofkäse in Glinde bestehen aus 100 Prozent Ziegenmilch

Jede Menge Hofkäse – vom frischen „Kräutertaler“ über den pikant würzigen „Glinder Spezial“ bis zum gereiften „Ziegenschnitt mit Bockshornklee“ – gibt es auf dem „Glinder Ziegenhof“ im Elbdorf Glinde, nahe der Landeshauptstadt Magdeburg, auf einen Vierseitenhof, der sich seit 1905 im Besitz der Familie Kutschbach befindet. Dass die Qualität ausgezeichnet ist, beweist der „Elbröwer“. Auch der Weichkäse

aus Glinde wurde vom VHM bei der größten deutschen Prüfung für handwerkliche Milchprodukte gewürdigt und zählt nun offiziell mit dem „Innovationspreis“ zu den besten handwerklichen Käse-Erzeugnissen. Die Jury aus Fach-Experten und Verbrauchern war überzeugt von der Originalität, die im Glinder Käse steckt. „Alle unsere Hofkäse sind zu 100 Prozent aus Ziegenmilch und damit auch bestens für Kuhmilch-Allergiker geeignet“, sagt Gitte Kutschbach. Die studierte Landwirtin und ihr Mann, ein Diplom-Landtechniker von der Insel Rügen, sind Mitglieder des „Verbundes Ökohöfe“. Sie sind überzeugte Ökobauern, weil ihnen „die Tiere am Herzen liegen“, wie sie unisono sagen. Das Reich von Gitte Kutschbach ist die Käserei. Hier bietet sie auch Käseseminare an, die inzwischen sehr beliebt sind, wie sie berichtet. „Dabei lernen die Teilnehmer Käse herzustellen und können ihn auch mit nach Hause nehmen.“ Beide Chefs umsorgen, füttern und melken die Ziegen der 75-köpfigen Herde „liebend gern“. Was in Glinde durch die Arbeit und die Milchziegenherde – bestehend aus selten gewordenen Harzziegen – entsteht, sind feinste Käsespezialitäten. „Die früher auch als ,Harzer Bergmannskühe‘ bekannten Tiere galten bis vor wenigen Jahren noch als ausgestorben“, sagt Steffen Kutschbach. „Für uns sind sie ideale Tiere, auch, weil sie sehr robust sind.“ Die Ziegen bleiben den ganzen Sommer auf den Weiden an der Elbe und werden hier auch gemolken. Aus der Rohmilch entsteht in der hofeigenen Käserei in Handarbeit ein ganzes Ziegenkäsesortiment – nur mit Milchsäurebakterien, Naturlab, Meersalz und frischen Kräutern. „Das muss man alles mal probiert haben“, meint Steffen Kutschbach. „In unseren Produkten kann man die Region schmecken. Solche Wiesen und Landschaften mit derart satten Weiden und der besonderen Würze, die gibt es nicht überall.“

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& Leben Stil
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Der Buch-König von Rötha

Frank Schulze hat ein traditionsreiches ostdeutsches Unternehmen übernommen

Von Ulrich Langer

Bedruckte Seiten haben es ihm angetan. Aber gebunden sollten sie schon sein, dann ist er regelrecht fasziniert von ihnen. Und dabei kann er sich glücklich schätzen, sein Faible für Bücher zum beruflichen Alltag gekrönt zu haben: Frank Schulze, seit Ende vorigen Jahres Eigentümer und Chef der Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft mbH (LKG). Nun hat er stets und ständig mit seiner geliebten Literatur zu tun und verdient damit auch noch ganz passabel Geld. Der 52-Jährige kaufte seinerzeit sein Unternehmen von der Berliner Zeitfracht-Gruppe und damit einen traditionsreichen Betrieb, der schon zu DDR-Zeiten weit über die Grenzen Mitteldeutschlands von sich Reden machte und dessen Geschichte im Jahr 1946 mit seiner Gründung seinen Lauf nahm. Und das mit großem Erfolg. Zur Wende zählte die LKG, deren Zentrale in der Leipziger Prager Straße mit großer Leuchtschrift und dem Slogan „Mehr lesen, wissen, können“ für sich und die Büchervielfalt warb, zu einem der bedeutendsten Großhändler seiner Art. „Mit 1200 Mitarbeitern, einem Jahresumsatz von 1,2 Milliarden DDR-Mark war LKG der größte Verlagsauslieferer von Gesamtdeutschland“, erzählt Schulze stolz über seine Errungenschaft. Zur Wende umfasste der Bestand mehr als zehn Millionen Exemplare. Jetzt ist der Stammsitz in Rötha bei Leipzig zu finden, ein schon vor der Wende errichteter Standort vor den Toren der Großstadt. Von Kinderliteratur über Schul- und Fachtexte bis hin zu Sprachlehren und Reiseführern, „einfach alles war und ist bei unserer LKG zu haben“, berichtet der gebürtige Freyburger. Mit dem Weinanbau an Saale und Unstrut hat er zwar nichts zu tun, aber Grund zum Anstoßen gab es mit dem Firmen-Erwerb in jedem Falle. Denn er zog sich ein Kleinod an Land. Derzeit kümmern sich 160 Beschäftigte um den Umschlagplatz zwischen Verlagen und Buchhändlern. Sie erwirtschafteten im vorigen Jahr einen Warenumsatz von 150 Millionen Euro. „40 000 Einzeltitel sind bei uns auf 27 000 Quadratmetern Hallenfläche ständig verfügbar.“ 94 Partner aus Europa bieten über LKG ihre gedruckten Werke an.

Allerdings hat die Corona-Krise nicht wenige Sorgen bereitet. „Innerhalb von zwei Tagen rutschten die Umsätze auf ein Fünftel zusammen“, sagt der gelernte Bankkaufmann, der im Graphischen Viertel von Leipzig wohnt, unweit der früheren LKG-Zentrale. Statt rund 500 000 Euro Tageserlöse „kamen wir zeitweise nur noch auf 37 000 Euro, nachdem alle Buchläden wegen der Pandemie schließen mussten“. Da bestellten plötzlich viele der bisherigen Abnehmer keine Bücher mehr, weil sie selbst nahezu ins Koma gefallen waren, nachdem sie ihre Geschäfte nicht mehr öffnen durften. Für Schulze eine Herausforderung. So öffnete er im April den Online-Marktplatz www.LKG24.de. Er ist im Netz abrufbar – versehen mit dem Hashtag-Slogan #buchwasgutes. Schulze hat mit dieser Initiative Neuland betreten. LKG24

Bücher am laufenden Band – und auch verpackt müssen sie werden. Buch von Jürgen Petry, „Die Geschichte des Leipziger Kommissions- und Großbuchandels LKG“, erschienen im Verlag Faber & Faber Leipzig, 2001.

Losung „Buchwasgutes“ auf der Seite mit dem Zusatz „Unterstützen Sie lokale Buchhandlungen“ versehen ist.

So schlagen sich Schulze und sein Geschäftsführer-Kollege Kai Große ganz passabel – und das nicht nur in schwierigen Zeiten. Denn das Schwärmen für Bücher ist beiden eigen. Für den LKG-Eigentümer äußert sich seine Liebe zur Literatur auf ganz spezielle Weise. „Bücher werden bei mir nie weggeworfen, höchstens verschenkt“, sagt der Vater einer 22-jährigen Tochter, die Lehramt in Leipzig studiert und beruflich in die Fußstapfen ihrer Mutter Kathrin tritt, die seit Jahren als Lehrerin arbeitet. „Kennengelernt haben wir uns 1986 im Urlaub in Ungarn. Wegen ihr bin ich dann im Wende-Jahr nach Leipzig gezogen.“ Ihre Meinung „Du hast ja eine ganze Buchhandlung zu Hause“, bringt Frank Schulze zum Schmunzeln und lässt ihn sagen: „Nichts ist schlimmer, als keine Bücher zu lesen“, ist der Manager überzeugt, der ur-

„Nichts ist schlimmer, als keine Bücher zu lesen.“

Frank Schulze (52)

wollte rasch Geld verdienen und heuerte bei der Sparkasse Kitzingen an, wo ich 1993 meinen Abschluss machte“ – immer geblieben. Deshalb steht in seinem Betrieb auch ein Regal, das regelmäßig mit neuen Editionen gefüllt ist. „Das verführt dazu, sich mal das eine oder andere zu schnappen. Es reizt mich einfach, in ihnen zu stöbern.“ Und da hat er sich tatsächlich mit dem LKG-Kauf reichhaltig beschenkt. Zu DDR-Zeiten wurde von Leipzig aus das gesamte Land mit Büchern aus aller Herren Länder beliefert. Aber nicht nur deutsche Titel. „Russisches, Englisches, Tschechisches und noch viel mehr war hier zu kriegen“, erzählt Schulze. Das habe später auch zu Kuriosem geführt. „Nach dem Fall der Mauer war natürlich auch in Tschechien bei unseren Kunden das Geld knapp geworden. Da bezahlten sie durchaus schon mal mit einer Bierladung die Rechnung.“ Wenn er sich nicht irre, sei es die Marke Staropramen gewesen.

Seinerzeit hat ein ständiges Auf und Ab in der Entwicklung des sächsischen Unternehmens eingesetzt.

Zuerst brach der Markt fast vollständig zusammen. Konkurrenten aus anderen Ländern setzten LKG zu. Der damalige Chef Jürgen Petry kaufte die Firma 1992. Vor elf Jahren schluckte der Stuttgarter Großbuchhändler KNV den Röthaer Standort. Allerdings stand das Ganze nicht unter einem Zeichen von Beständigkeit, denn 2019 waren die baden-württembergischen Eigentümer pleite und wurden samt ihrer sächsischen Tochter an die Zeitfracht-Gruppe in Berlin veräußert. Da er selbst inzwischen dort einen Job hatte und für Finanzen zuständig war, übernahm er den Posten des Geschäftsführers bei LKG. Dessen Eigentümer ist er nun, hat deshalb natürlich sein Berliner Engagement beendet.

Die Geschichte des Leipziger Kommisions- und Großbuchhandels ist keine der „feinen jubiläumsschrifte“, die Firmen als Krönung einer Zeitspanne herausgeben, in der sie sich erfolgreich darstellen und sich anderen als Erfolgsgarant empfehlen. Diese Geschichte der LKG ist spannend wie ein Abenteuer. Sie zeigt in einer Art „Mikrokosmos“ die Wirtschaftsgeschichte der DDR, die Ursachen für das schrittweise Scheitern eines Experiments und für dessen logischen Untergang. Erzählt wird vm harten Kampf vieler, die – durch Tradition und Bildung dem Ethos des Buchhändlers verpflichtet –konfrontiert wurden mit den „Erfordernissen des real existierenden Sozialismus“, und die mit ihren Idealen scheitern mussten oder sich anpassten. Diese Publikation ist mehr als eine Firmengeschichte, sie ist Zeitdokument, fesselnd geschrieben, in der Dokumentation tragisch und optimistisch zugleich.

„Das Monopol: die Geschichte des Leipziger Kommissions- und Großbuchhandels LKG.“

Petry, Jürgen: ISBN 10: 3932545834

stieg zum zentralen Marktplatz für Verlage auf, auf dem Bücher, Spiele und Geschenkartikel aus einer Hand zu haben sind. „Das schätzen Endverbraucher genauso wie Verlage“, heißt es beim Unternehmen in der Nähe des Störmthaler Sees. Die Lesefreunde können hier ihr Lieblingswerk bestellen. Dies wird ihnen direkt zugesandt, und: Jeder darf trotzdem noch seinen bevorzugten Buchladen um die Ecke angeben. „Die Geschäfte erhalten dafür 20 Prozent des Verkaufspreises und haben mit dem Prozedere eigentlich gar nichts zu tun“, meint der Chef. Also für alle Beteiligten eine „Gewinnsituation“. Dieses gegenseitige Beistehen sei ein großes Pfund. Kein Wunder, dass die

sprünglich damit liebäugelte, Biomedizintechnik zu studieren. Und er setzt noch eins drauf: „Kinder müssen an Büchern Freude haben, nur so werden sie in Orthografie und Grammatik fit.“ Schreiben nach Hören zu lernen – da schüttelt er den Kopf. „Da brennt sich so viel Falsches im Gedächtnis ein, das später schwer wieder auszuräumen ist“, betont er, vielleicht auch mit Blick auf die pädagogischen Erfahrungen seiner Ehefrau. Bücherlesen ist für die ganze Familie längst ein wichtiges Lebenselixier geworden – beruflich wie privat.

Neugierig ist der ausgebildete Banker – „bevor es was mit dem Studium wurde, kam die Wende und ich

„Jetzt ist der Traditionsbetrieb wieder in ostdeutscher, sächsischer Hand“, bemerkt Schulze stolz. „Das ist wichtig für Rötha, aber nicht nur wegen der Gewerbesteuer, sondern auch als Arbeitgeber und wirtschaftliches Aushängeschild.“ Pro Jahr werden im Schnitt von hier aus 33,5 Millionen Bücher ausgeliefert – an Endkunden und Einzelhändler. Auch größere Abnehmer gehören dazu wie Hugendubel, Thalia, der Online-Riese Amazon oder die DrogerieKette Müller. Versendet wird Gedrucktes zudem an Großbuchhändler wie KNV und Libri. „Insgesamt stehen 2000 Abnehmer in Deutschland, Schweiz, Österreich auf unserer Vertriebsliste“, zählt der gebürtige Leipziger Große auf, der seinen Chef-Kollegen noch aus deren gemeinsamer Tätigkeit bei der Commerzbank kennt. „Seit 1993 haben wir miteinander zu tun“, berichtet der 48-jährige Vater zweier Töchter. Und Schulze fügt scherzhaft mit Blick auf seinen Geschäftsführer-Mitstreiter hinzu: „Wir können nicht voneinander lassen. Es ist gut, einen solchen tollen Sparringspartner zu haben.“

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& Leben Stil
Christiane Kunze
„Das Monopol“
André Kempner (3)

Nach der Krise mit den Stärken wirtschaften

HHL-Professor Timo Meynhardt fordert Manager zur Selbstreflexion auf

Gemäß dem Ifo-Geschäftsklimaindex sehen die ostdeutschen Unternehmen seit Ende Mai wieder „Hoffnungsschimmer“ am Horizont. In Folge der Corona-Krise und der entsprechenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie war der Index in historisch einmaliger Weise schnell und tief abgestürzt. Während die Lageeinschätzungen zwar weiter negativ sind, steigen dagegen die Geschäftserwartungen wieder «kräftig». Staatliche Hilfen in Form von Konjunkturpaketen, Rettungsschirmen und Kurzarbeitergeld werden in einem bis dato in der Bundesrepublik nicht gekanntem Ausmaß geschnürt, aufgespannt und gewährt. Dies ist notwendig, um zu retten, was zu retten ist und um den „Wiederaufbau“ zu unterstützen. Also alles auf dem Weg zurück in die Normalität wie sie vor Covid-19 war?

In den neuen Bundesländern kann dabei auf die weit verbreitete Transformationskompetenz zurückgegriffen werden, die sich seit 1990 im Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft bewährt hat: Nicht wissen, wie es weitergeht, hart hinfallen und wieder aufstehen – das ist hier eine immer noch breit vorhandene kollektive Erfahrung aus eigener Anschauung. Nicht zu vergessen sind die tradierte Fähigkeit zur Improvisation und ein Pragmatismus im Umgang mit Veränderungen. Allerdings ist es auch gar nicht so einfach, eine solche spezifische Transformationskompetenz zu aktivieren und gewinnbringend zu nutzen. Bei dem einen ist diese in Fleisch und Blut übergegangen, bei dem anderen spielt sie scheinbar keine Rolle mehr („Das ist ja lange her.“). Wie die individuelle Antwort auch

nehmen und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen zu suchen.

Dabei sollte die eigene Aufmerksamkeit immer wieder (und eben nie einseitig) auf vier fundamentale Fragen gerichtet werden:

1 Purpose (Warum?) Verfolgen wir ein übergeordnetes Ziel?

2 Unternehmergeist (Wie?) Denken und handeln wir unternehmerisch?

3 Verantwortung (Wie?) Ist unser Handeln legitim?

4 Effektivität (Was?) Sind wir effektiv?

Effektiv sein bedeutet heute, das eigene Geschäftsmodell krisenfester zu machen. Der Rückbau einseitiger Abhängigkeiten, sei es von globalen Lieferketten, auf Kante genähter Lagerhaltung oder auch von unflexiblen Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodellen erweist sich in neuer Weise als wenig nachhaltig. Bisherige Kostenvorteile fallen weg oder müssen neu bewertet werden. Das bisherige Effizienzdenken muss auf den Prüfstand.

Fazit: Es ist nur zu menschlich zu versuchen, alles wie vor der Krise zu machen. Dies könnte aber bedeuten, sich bietende Chancen nicht zu nutzen und langfristig die Lebensfähigkeit des eigenen Unternehmens zu riskieren. Wer will sich schon später sagen lassen müssen: „Das hättest Du aber wissen können.“

Zur Person

Niemand kann das heute seriös sagen. Es wird heftig lobbyiert und argumentiert, um die eigenen als richtig erkannten Ideen zu bewerben: Mehr Resilienz statt Effizienz, raus aus der Höher-Schneller-WeiterSteigerungslogik, mehr digitales Lernen in den Schulen, neue Arbeitswelt durch Home-Office-Lösungen, kürzere Lieferketten, Rückverlagerung der Produktion aus dem Ausland, mehr Szenarioplanung und so weiter. All dies wird, zumindest in Teilen, hier und da entstehen. Es wäre auch naiv zu glauben, es gäbe gar keine Langfristauswirkungen einer solchen Krise, die unter Umständen Vorbote weiterer Krisensituationen ist. Ein einfaches „Weiter so“ gibt es schon jetzt für viele nicht mehr.

Nur, inwieweit sich innovative Lösungen in den Unternehmen tatsächlich dauerhaft durchsetzen, wird stark von den Führungskräften abhängen, die ihren Gestaltungsspielraum nutzen und Neues zulassen. Fest steht: Die gemeinsame Erfahrung des Runterund Hochfahrens großer Bereiche des öffentlichen Lebens wird in der Bevölkerung Spuren hinterlassen –ob als Mitarbeiter, als Geschäftspartner, als Kunde oder als Bürger.

Gute Führungskräfte verstehen sich als Teil eines größeren Ganzen und sollten dieses eben auch ganzheitlich erfassen, möglichst viel von den Rissen in der Erfahrung und dem aktuellen Verlust von Selbstverständlichkeiten wahrnehmen. Und: Sie sollten sich gleichzeitig hüten, in einer unüberschaubaren Situation zu schnell zu urteilen, nach dem Motto: „Das ist ja nichts anderes als...“.

Führungskräfte können sich als Person nicht raushalten und vom Balkon aus einordnen, dirigieren und dabei stets Zuversicht ausstrahlen. Das ist nicht authentisch und es schadet ihnen selbst. Sie sollten im Eigeninteresse den Mut aufbringen, nach innen zu schauen und wenn vorhanden, das Gefühl der Ohnmacht und existenziellen Verunsicherung zulassen.

Selbst der Haltungsstabilste kann nicht dauerhaft die Angst vor dem Nicht-Weiter-Wissen verdrängen. Es ist ungesund, permanent dagegen zu arbeiten und alles Mögliche zu tun, nur um den Status quo aufrechtzuerhalten.

Man kann eine künstlich hochgehaltene Fassade nur bedingt langfristig aufrechterhalten. Mitarbeiter merken rasch, wenn Führungskräfte eine Rolle spielen. Wer sich selbst nicht führen kann, wird Mühe haben, andere zu führen. Ohne Selbstreflexion und permanente Standortbestimmung geht es nicht. Auch eine Führungskraft darf sich einmal fallenlassen und loslassen. Die meisten werden dabei den Punkt finden, an dem sie für sich über kurz oder lang wieder einen Grund finden, auf dem sie stehen und sich aufrichten können. Das wissen all jene, die erfolgreich durch Lebenskrisen gegangen sind. Albert Camus nannte dies den „unbesiegbaren Sommer“. Modern sprechen wir von Resilienz, die sich aus der Erfahrung speist, eine Aufgabe im Leben (einen „Purpose“) zu haben.

ausfällt, wir müssen uns alle fragen, worauf wir uns besinnen, wenn es eng wird und woher die Orientierung kommt. Haltung ja, aber was hält die Haltung?

Im Zweifel die erprobten Handlungsmuster. Mit dem Leipziger Führungsmodell wird an der Handelshochschule Leipzig (HHL) seit einigen Jahren ein Denkansatz entwickelt, wie man Einseitigkeit im Denken und Handeln vermeidet und das größere Ganze im Blick behält, ohne sich selbst darin zu verlieren.

Die Corona-Krise erzwingt und ermöglicht neue Antworten. Aktuell bedeutet das vor allem, den eigenen Beitrag zu einem funktionierenden Gemeinwesen als Wettbewerbsvorteil zu erkennen und unternehmerisch auszubauen: Das übergeordnete Ziel ist die Antwort auf das Warum und Wozu unternehmerischer Tätigkeit. Mit der Krise wird deutlich, was wirklich gebraucht wird, was vielleicht sogar systemrelevant ist und worauf man verzichten könnte. Mit dem Hinweis auf den Kundennutzen oder Wachstums- oder Expansionsziele ist es nicht getan. Wer mit seinen Produkten und Dienstleistungen einen gemeinwohlorientierten Nutzen nachweisen kann, hat die besseren Karten. Unternehmergeist ist immer gefragt. Mitteldeutschland ist ein historisch gewachsenes Powerhouse vieler kultureller, wirtschaftlicher und politischer Entwicklungen. Für die ostdeutsche Wirtschaft liegt hier ein krisenfester Standortvorteil, wenn es gelingt, Geschäftsmodelle weiter auszubauen, die sich (wieder) stärker auf das vorhandene geistige und kulturelle Kapital besinnen. Es gilt auch hier: Zukunft braucht Herkunft.

Timo Meynhardt (47) ist seit 2015 Inhaber des Arend-Oetker-Lehrstuhls für Wirtschaftspsychologie und Führung an der privaten Leipziger ManagerSchmiede HHL (Handelshochschule).

Der gebürtige Rudolstadter studierte Psychologie in Jena, Oxford und Peking und schloss sein Studium als Diplom-Psychologe ab. 2004 wurde er an der Universität St. Gallen zum Dr. oec. promoviert. 2013 habilitierte er sich an dieser Schweizer Hochschule mit der Venia Legendi für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des Organisations- und Personalmanagements. Von 1999 bis 2007 arbeitete er bei der weltweit tätigen Unternehmensberatung McKinsey in Berlin. Meynhardt, der verheiratet ist und drei Kinder hat, kombiniert in Forschung und Lehre psychologische und betriebswirtschaftliche Themen miteinander. Er beschäftigt sich intensiv mit der Frage nach dem Gemeinwohlbeitrag vor allem von Unternehmen und hat zusammen mit Manfred Kirchgeorg, Andreas Pinkwart, Andreas Suchanek und Henning Zülch das „Leipziger Führungsmodell“ entwickelt.

Wege der sozialen Unterstützung

Leipziger Führungsmodell

Im Modell wird betont, dass sich gute Führung über einen Wertbeitrag und nicht über Status, Wissen oder Macht definieren sollte – für die Organisation, für den Einzelnen und das gesellschaftliche Umfeld. Oft ist es ein Spagat zwischen allen Seiten. Der Schlüssel zum Umgang mit Widersprüchen liegt in der Gemeinwohlorientierung, die alles in einen vernünftigen Zusammenhang bringt und Konflikte lösen hilft. Praktisch bedeutet dies, Verantwortung für mehr als nur für das eigene Wohlergehen zu über-

Verantwortungsvoll handeln in der Krise bedeutet, sich und andere zu schonen. Die Aufrechterhaltung des betrieblichen Alltage hat Kraft gekostet und der Wiederaufbau oder Umbau wird ebenso alle stark beanspruchen. Gute Führung nimmt dies in den Blick und sucht nach Wegen der sozialen Unterstützung und stärkt solidarisches Handeln bei allen Beteiligten. Die schmerzhaft empfundene Fragilität kann zudem ein Umdenken in ökologischen Fragen stärken.

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„Gute Führungskräfte verstehen sich als Teil eines größeren Ganzen und sollten dieses eben auch ganzheitlich erfassen.“
Timo Meynhardt (47)
HHL Leipzig Graduate School of Management
EFFEKTIVITÄT Purpose PURPOSEPURPOSE POTENZIALE & SPANNUNGEN INDIVIDUALITÄT ORGANISATION GESELLSCHAFT WERTBEITRAG GLOBALISIERUNG DIGITALIISIERUNG GRAND CHALLENGES ÖKOLOGIE
Von Timo Meynhardt
EFFEKTIVITÄT Purpose UNTERNEHMERGEIST VERANTWORTUNG
André Kempner

Zuwachs bei den Privatkunden

Ein Gespräch

mit Winzer Klaus Böhme über die Corona-Krise und den Klimawandel.

Herr Böhme, welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf Ihren Betrieb?

Wir sind ja mit allem, was wir tun, stark an die Natur gekoppelt. Zumindest was den Weinberg angeht. Da sind die Arbeiten mehr oder weniger ganz normal weitergegangen. Meine Mitarbeiter waren nicht krank, zum Glück. Wir haben also wie immer unser Bestes gegeben, sodass unsere Arbeit von Corona relativ unbeeinflusst blieb. Was sich verändert hat war natürlich die Vermarktung. Unsere Kunden in der Gastronomie und im Handel mussten von heute auf morgen ihre Betriebe schließen, da hatten wir plötzlich keine Abnahme mehr. Das haben wir natürlich schon gemerkt.

mittelhandel gemerkt, dass die Leute mehr gekauft haben, weil sie zu Haue bleiben mussten. Das traf sicher auch auf den Weinkonsum zu. Weil die Leute eben nicht ins Restaurant gehen konnten, haben sie zu Hause gekocht und zu Hause den Wein dazu getrunken. Das haben wir schon gespürt. Es gab in den letzten Wochen Zuwächse im Privatkundengeschäft.

Da scheinen die Themen Wetter und Klima größere Probleme als Corona zu bereiten…

Das ist wohl so, zumindest auf mittlere und längere Sicht. Ein tiefer Einschnitt war kürzlich bei uns im Gebiet der wohl größte Spätfrostschaden seit 30 Jahren.

Es gibt Betriebe mit 70 bis 80 Prozent Schädigungsgrad. Dinge, die man jetzt nicht wirklich braucht.

Wie sah es bei Ihnen aus?

Etwas besser. Wir haben weit auseinander liegende Rebflächen, jede steht anders in der Topografie. Da sieht man auch Unterschiede im Grad der Schädigung. Im Betriebsdurchschnitt ist das Schadensmaß vielleicht bei 30 Prozent. Aber nach nur kurzer Zeit kann man die Schäden noch nicht genau definieren.

Dann ist noch die Trockenheit.

Das Thema bewegt uns ja schon seit zwei Jahren. 2018 und 2019 waren sehr trockene Jahre. Und 2020 scheint sich das in voller Dramatik fortzusetzen.

Was tun Sie dagegen?

Wir haben auf 80 Prozent der Fläche Tröpfchenbewässerung. Das ist für uns eine kleine Lebensversicherung, Aber die ist auch mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, die Wasserbeschaffung ist auch nicht umsonst.

Wie sehr beeinflussen die Klimaveränderungen den Weinbau?

Der Weinanbau ist ein sehr träges Geschäft. Wenn du heute Reben anpflanzt, hast du erst in drei Jahren ein Ergebnis. Genau so ist es mit Dingen, die du im Unternehmen strukturell änderst. Da sieht man die Effekte auch erst später. Deshalb will gut überlegt sein, was man jetzt tut.

Gab es Unterstützungen von Bund und/oder Land?

Nein. Es gab das Angebot zinsgünstiger Darlehen. Aber das war für uns nicht relevant, weil das Zinsniveau ja schon vorher niedrig war.

Haben Sie die Kurzarbeiter-Regelung für ihre sechs Mitarbeiter in Anspruch genommen?

Nein. Wir können ja nicht einfach die Bewirtschaftung der Weinberge einstellen.

Klingt so, als sei den Winzern das Schlimmste erspart geblieben.

So sieht es aus. Den Einbruch in der Gastronomie konnte unsere Stammkundschaft kompensieren. Das hat uns sehr geholfen. Man hat es ja auch im Lebens-

… unbedingt probieren

Klaus Böhme gilt als Weißburgunder-Spezialist, überzeugt seit Jahren mit gleichbleibend guter Qualität. Dafür gab’s schon reichlich Annerkennung. Erst kürzlich wieder: Bei der Weißburgunder Trophy 2020 des Weinmagazins „Falstaff“ schaffte es der „Bergstern Weißburgunder Dorndorfer Rappental 2018“ von Klaus Böhme in die Top 20. Als einziger Weißburgunder von Saale-Unstrut!

Der Weißburgunder Bergstern – die Marke Bergstern ist seit 2011 das Flaggschiff der Böhmeschen Weine –ist nicht der einzige Wein, der überzeugt. Da ist der ein Jahr im neuen Holzfass gereifte 2018er-Weißburgunder . Hat weniger als zwei Gramm Restzucker, Chapeau! Weißwein im Holz ist nicht einfach, große Frage: Hat der Wein die Kraft, dem Holz zu widerstehen? Er hat. Dazu präsentiert sich dieser Wein schön schmotzig, buttrig. Natürlich ist er noch sehr jung. Aber klar, das kann was Großes werden.

Der Bergstern Riesling Auslese Dorndorfer Rappental 2012 ist der flüssige Beweis, dass Klaus Böhme nicht

Was tun Sie? Auf neue Rebsorten setzen?

Ja, man muss schauen, mit welchen Sorten man weiterarbeitet. Wir haben zum Glück ein breites Rebsortenspektrum im Gebiet. Da gibt es Erfahrungen mit vielen Rebsorten. Man kann vergleichen – von Standort zu Standort, von Rebsorte zu Rebsorte. Man sieht jetzt, welche Rebsorte gut mit Trockenstress klarkommt. Oder welche Rebsorten früh austreiben und daher länger durch Spätfrost gefährdet sind und welche nicht. Es stellen sich weitere Fragen: Muss man im Anbausystem etwas verändern, andere Schnittmethoden wählen oder andere Spaliermethoden?

Was kann man tun, um Austrieb zu verzögern? Mit solchen Dingen muss man sich auseinandersetzen.

Pflanzen Sie nun bald Shiraz an?

Ich glaube nicht, dass ich Shiraz anpflanze. Wir haben gute Alternativen. Wir haben uns vor Jahren auf den Frühburgunder verlegt, der bringt kontinuierlich gute Qualitäten. Ich bin nach wie vor ein Anhänger vom Portugieser, unser Basic an Saale-Unstrut. Und ich glaube, dass man auch aus Dornfelder einen gescheiten Rotwein machen kann.

Konnte man sich auf den Klimawandel eigentlich vorbereiten?

Natürlich, das sind ja Dinge, die nicht von heute auf morgen vom Himmel fallen. Wer aufmerksam die Natur und unsere Landschaft beobachtet hat, dem sind in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren Veränderungen aufgefallen. Austriebsdaten, Blühbeginn und so weiter – die dramatischen Veränderungen, die wir jetzt erleben, haben sich angedeutet. Da kann man schon vom Klimawandel sprechen.

Das Weingut Klaus Böhme in Kirchscheidungen (Saale-Unstrut) gehört seit Jahren zu den Aushängeschildern im Gebiet. Seit 1990 bewirtschaftet der Winzer den Hof im Haupterwerb, seit dem 94er-Jahrgang werden alle Weine auch selbst ausgebaut. Aktuell bewirtschaftet Klaus Böhme 12,5 Hektar Rebfläche in den Lagen Dorndorfer Rappental, Großjenaer Blütengrund, Burgscheidunger Veitsgrube, Freiburger Schweigenberg sowie der Großlage Schloss Neuenburg. Die Qualitätspyramide strukturiert sich so: Den Gutsweinen (meist QbA’s) folgen die Prädikatsweine und als Spitze die „Bergsterne“, meist Auslesen, aber nicht zwingend.

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nur Weißburgunder kann. Er hat eine schöne Frische und genau so schöne Säure. Er ist spitz und rund zugleich, was wirklich ein Kunststück ist. Wir reden über einen 2012er! Obwohl nicht im Holzfass gereift ist der Wein topfit, erwachsen, von opulenter Präsenz.

Der Gutedel Großjenaer Blütengrund 2019 ist das, was landläufig unter „Sommerwein“ firmiert. Passt schon – der Wein ist leicht, dezent und frisch. Aber Böhmes Gutedel kann mehr als nur Hitze verschönern. Der ist dank seiner feinen Aromatik ein netter Speisebegleiter und geht auch, wenn die Sonne mal nicht scheint.

Überraschung: Veitstanz 5.0, Veitsgrube 2018 . Ein Rotwein! Aromen nach Vanille und Tabak, dazu eine robuste Eleganz – erstaunlich für das nördlichste Anbaugebiet Deutschlands. Kein Blockbuster, kein Weichgespülter, kein Allerweltswein. Veitstanz ist eine Cuvee aus Portugieser, Frühburgunder sowie den Piwi-Sorten Pinotin und Cabernet Noir. 5.0 steht für fünften Jahrgang dieses Weins. Gereift ist er in 600 Liter Fässern.

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Das Weingut Klaus Böhme
Uwe Köster
„Tröpfchenbewässerung ist eine kleine Lebensversicherung.“

Business-Class

Sachsen-Anhalt setzt auf die Themen Auto und Mobilität. Die Branche umfasst 270 Betriebe mit zusammen 26 000 Beschäftigten. Darauf verwies Wirtschafts-Staatssekretär Jürgen Ude (62) kürzlich in Barleben. Dort erfolgte der Startschuss für ein Zukunftsprojekt: Das auf Testlösungen für Brennstoffzellen und Batterien spezialisierte Unternehmen Horiba Fuelcon legte den Grundstein für die Erweiterung im Technologiepark Ostfalent. Gut anderthalb Jahre nach der Übernahme durch die japanische Horiba-Gruppe investiert der Anlagenbauer rund 30 Millionen Euro und will bis zu 250 neue Arbeitsplätze schaffen. Die Japaner sind auf Testlösungen für Brennstoffzellen und Batterien spezialisiert. Die Investition stärke auch den E-Mobility-Campus MagdeburgBarleben, „mit dem wir unseren Zulieferern Rückenwind für den Strukturwandel in der Automobilbranche geben wollen“, sagte Ude.

Umgehend reagiert auf die Pandemie hatte die ostdeutsche Textilindustrie. 70 Hersteller nahmen rasch die Produktion von Mund-Nasen-Masken sowie anderen dem Gesundheitsschutz dienenden Textilien aufgenommen. „Unsere Firmen haben sich in sensationell kurzer Zeit auf die Anforderungen eingestellt, die sich aus der Corona-Krise ergaben“, lobte Jenz Otto (60), Hauptgeschäftsführer des in Chemnitz ansässigen Verbandes der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti). Die Firmen folgten dem Ruf nach mehr Erzeugnissen aus heimischer Produktion. „Wir hoffen und gehen davon aus, dass dieser Ruf noch bis weit in die Zukunft nachhallt.“ Denn Produzenten, die in spezielle Technologien sowie in kostspielige Tests und medizinische Zertifizierungen investieren, benötigten langfristig zuverlässige Abnehmer. Dabei müsse jedem klar sein, dass Textilfirmen hierzulande unter ganz anderen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen produzierten als die Konkurrenz in Fernost. „Mit anderen Worten: Unzumutbarer Preisdruck auf die deutschen Hersteller führt nicht zum Ziel“, meinte der Geschäftsführer.

Neuer Leiter der Privatkundenbank der HypoVereinsbank in der Region Ost ist René Babinsky (42). In dieser Funktion wird er von Berlin aus künftig das Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden sowie das Wealth Management & Private Banking in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg verantworten. Zuletzt leitete Babinsky das Firmenkundengeschäft der Bank in Berlin und in Nordost-Deutschland.

Unternehmenschefs müssen gelegentlich unpopuläre Entscheidungen treffen. Das hat jetzt auch PorscheVorstandsvorsitzender Oliver Blume (52) zu spüren bekommen. Eigentlich wollte die SportwagenSchmiede die Produktion in Stuttgart und Leipzig im Zuge der Corona-Pandemie nur zwei Wochen ruhen lassen. Am Ende wurden sechs Wochen daraus. Ursache waren Engpässe in den globalen Lieferketten. „Doch das tat richtig weh“, sagte Blume. „Aber wir lassen uns nicht beirren: Wir schauen nach vorne und wollen nach der Krise so schnell wie möglich wieder Vollgas geben.“ Während des Stillstandes hatte Porsche die Krisenstäbe in Sachsen und BadenWürttemberg mit Experten der beiden Beratungsgesellschaften Porsche Consulting und MHP unterstützt und für beide Bundesländer federführend die Beschaffung von Schutzmaterial in China übernommen.

Führungswechsel bei den Netzbetreibern des größten ostdeutschen Energieversorgers EnviaM: Mitnetz Strom und Mitnetz Gas erhalten zum 1. Dezember 2020 einen neuen technischen Geschäftsführer. Nachfolger von Adolf Schweer (61), der aus eigenem Wunsch ausscheidet, wird Dirk Sattur (39). Schweer führte die Unternehmen mit ihren. 700 Mitarbeitern seit dem Jahr 2009. EnviaM-Chef Stefan Lowis (51) dankte Schweer für sein „unermüdliches Engagement bei der erfolgreichen Mitgestaltung der Energiewende in Ostdeutschland und der damit verbundenen Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit“. Sattur wurde in Bottrop geboren. Der Wirtschaftsingenieur für Elektrotechnik begann 2008 seine berufliche Laufbahn bei der RWE Westfalen-Weser-Ems Netzservice GmbH. In den vergangenen sechs Jahren war Satturals Geschäftsführer der ESK GmbH tätig, einer 100-prozentigen Tochter des Energieriesen Innogy. Die ESK ist eine weltweit tätige Ingenieurconsulting- und Projektgesellschaft.

Mitten in der Corona-Krise hatte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (46) auch positive Nachrichten zu verkünden. Sein Haus verzeichnete für seine neue Gründungsförderung InnoStartBonus einen Teilnahmerekord. Im dritten Förderaufruf wurden von mehr als 90 Interessenten insgesamt 44 Gründungskonzepte aus zehn verschiedenen Branchen eingereicht. Im ersten Aufruf (Frühjahr 2019) waren es 42 Konzepte aus acht Branchen, im zweiten Aufruf (Herbst 2019) 34 Vorhaben aus sechs Branchen. „Ich bin begeistert über die große Resonanz auf unseren dritten Förderaufruf“, jubelte der Minister.

Thorsten Jansen, Deutsche Börse AG

Es umfasst 60 Mitgliedsunternehmen aus der Informationstechnologie (IT). Zusammen erzielen diese Unternehmen einen Jahresumsatz von 3,8 Milliarden Euro und beschäftigen knapp 6000 Mitarbeiter in der Region. Jetzt hat das IT Cluster Mitteldeutschland einen neuen Vorstand gewählt. Erneut wurde Jens Heinrich (49), Geschäftsführer der ccc software GmbH in Leipzig, zum Vorstandsvorsitzenden gekürt. „Aktuell stehen wir vor vielfältigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Dabei hilft Digitalisierung in vielen Bereichen, die Auswirkungen der Pandemie auf Arbeit, Ausbildung und auf das tägliche Miteinander zu begrenzen und bisher ungenutzte Potenziale zu erschließen“, sagte Heinrich.

Hauke Stars

Noch gehört sie zu den wenigen Ostdeutschen, die es in den Vorstand eines (westdeutschen) Dax-Konzerns geschafft hat. Doch damit ist bald Schluss. Hauke Stars (53) scheidet im Herbst aus dem Top-Gremium der Deutschen Börse AG in Frankfurt aus, auf eigenen Wunsch. „Nach acht Jahren war es Zeit für etwas Neues”, begründete die gebürtige Merseburgerin. Stars, die in Magdeburg Informatik studierte, zieht in den Aufsichtsrat des umstrittenen Zahlungsdienstleisters Wirecard ein. Erfahrung als Kontrolleurin hat sie bereits: Sie sitzt schon im Aufsichtsrat des Gesundheitskonzerns Fresenius.

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Von Ulrich Milde
Jenz Otto Hendrik Schmidt Dirk Sattur Mitnetz Strom Jens Heinrich ccc software GmbH
HVB
René Babinsky Martin Dulig Dietrich Flechtner Jürgen Ude
Krieg
Ministerium/Harald Oliver Blume Porsche

Arbeiten im Löwenkäfig

Stefan Schedler ist der CEO der 2 LIONS. Der Sponsoring-Experte geht ohne sein Smartphone nirgends hin. Außer aufs Brett beim Stand-Up-Paddeln.

Jonathan Hexel kümmert sich als COO um das operative Geschäft und ist für das Fokusthema digitales Videomarketing verantwortlich.

Joeline Bischoff ist in der Social Media-Welt unterwegs. Die BWL-Studentin ist frisch im Team, sie wirft den Kennerblick auf Instragram und Twitter.

Das SimpliOffice im Merkurhaus bietet moderne Büroflächen für Solo-Selbstständige, Teams und Firmen. Einzelne Schreibtische oder ganze Büroeinheit sind im CoWortkin-Space flexibel anmietbar. Die futuristische Sitzgruppe mit Stadtblick kann von allen Mietern genutzt werden. Kaffee holt sich jeder selbst.

Stefan Schedler (links) und Jonathan Hexel vor ihrer „Wall of Fame“ mit dem Marketingpreis und anderen Ehrungen für die Agentur.

Wo arbeiten Gewinner des Leipziger Marketingpreises? Auf der Yacht am Cospudener See, in der Villa im Musikviertel oder der eigenen Office-Etage in Schleußig? Nein, alles falsch. Die „2 LIONS Media Consult GmbH“ hat sich bei SimpliOffice im Merkurhaus eingemietet. Stefan Schedler (33) und Jonathan Hexel (24), die beiden Köpfe der Leipziger Digitalmarketingagentur, lassen es nicht raushängen, dass sie nach nur zwei Jahren Agenturbetrieb bereits einige Erfolge für ihre Kunden errungen haben.

So brachten sie beispielsweise Hollywoodstar Charlie Sheen dazu, Video-Werbung für den Weißenfelser Basketball-Erstligisten Syntainics MBC zu machen. Für diesen Geistesblitz bekam die Agentur den Marketingpreis 2019 in der Kategorie „Newcomer“. Kurz nach dem Beginn der Corona-Krise waren die „2 LIONS“ ein wichtiger Teil einer aufwändigen Crowdfunding-Kampagne, die es dem Sportverein erlaubte, die laufende Saison finanziell sauber abzuschließen – und so einem Zwangsabstieg zu entgehen. Die Basketballer netzen kommende Saison weiter im Oberhaus ein, die Agentur erhält weiterhin nationale Aufmerksamkeit.

Nicole Heina ist die Assistentin der Geschäftsführung und behält die Ruhe, wenn der Stressfaktor höher wird. Wie alle anderen im Team ist sie stets digital erreichbar.

Mit Kompetenz und Charme halten die drei Frauen des Teams den Chefs den Rücken frei: Stephanie Gacek (52) ist für die PR und Projektmanagement zuständig, Nicole Heina (32) ist die Assistentin der Geschäftsführung, die Herrin der Zahlen und Buchungen. Das Küken bei den „2 LIONS“ ist Joeline Bischoff (22). Die BWL-Studentin und Digital Native kümmert sich um die Social-Media-Marketing-Belange der Firma.

Neuestes Projekt der schlagkräftigen jungen Agentur ist eine Videoshow bei YouTube, in der Stefan Schedler das Marketingbusiness mit seinem Hobby Stand-Up-Paddeling verbindet. Man darf gespannt sein, wo dann gearbeitet wird: Im Büro – oder am See? frs

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Kind ist

Ralf Rangnick hat

R B Leipzig zum Erfolg geführt und nun Großes mit seiner Stiftung vor

Er könnte es ruhig angehen lassen, etwa als Fernseh-Experte das aktuelle Geschehen rund um den Fußball kommentieren. Doch für Ralf Rangnick, den Vater des RB-Leipzig-Erfolges, kommt das nicht infrage, obwohl er in diesen Tagen 62 Jahre alt wird, also alles Recht der Welt hätte, etwas kürzer zu treten. Doch der gebürtige Backnanger winkt ab. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, irgendwann einmal gar nichts mehr zu machen“, sagt er im Gespräch mit der LVZ-Wirtschaftszeitung. In den Ruhestand zu gehen „halte ich für mich nicht für sonderlich erstrebenswert“.

Rangnick, der heute als globaler Fußballchef des österreichischen Getränkeherstellers Red Bull arbeitet, hat dabei das Glück gehabt, aus seinem Hobby Fußball einen Beruf zu machen. Erst als Spieler, später als Trainer und Sportdirektor. „Ich habe nicht das Gefühl, dass das Arbeit ist“, betont er. Schließlich komme Beruf von Berufung. Deshalb könne er die Frage, auf welche wöchentliche Arbeitszeit er im Schnitt kommt, auch nicht seriös beantworten. Ist es dienstliche Zeit, wenn er im Fernsehen Fußballspiele anschaut oder ist es Freizeit? „Das ist einfach Teil meiner Passion“, antwortet der Fußballlehrer. Und fügt hinzu: „Wenn du etwas sehr gerne machst, einen Sinn siehst und du dich mit deinen Stärken einbringen kannst, dann ist das nicht wirklich Arbeit, sondern eine Aufgabe, die dich nicht belastet, sondern dir Kraft und Energie gibt.“

Nach dem Motto „Jedes Kind ist wertvoll“ war die Stiftung schnell beim Thema Grundschulen. „Unser Ziel ist, die Situationen dort in relevanten und ausgewählten Bildungsbereichen nachhaltig zu verändern“, sagt Rangnick. Es gehe darum, Kindern neue Erfahrungen zu ermöglichen, darum, Interesse und Talente zu entdecken und zu fördern. Gemeinsam mit der Polizeidirektion und der Verkehrswacht wurde die mobile Radfahrausbildung ins Leben gerufen, am Brühl eine Digitalwerkstatt eingerichtet, ein Ernährungsprojekt entwickelt, das Projekt „Unternehmen machen Schule“ ebenso gestartet wie die Stadtteiloper und das musikalische Stipendienprogramm. Partner aus der Wirtschaft sind mit an Bord und unterstützen viele dieser Maßnahmen. Doch Rangnick gibt sich damit nicht zufrieden.

„Die Corona-Pandemie hat uns aufgezeigt, dass wir gerade in der Bildung in Deutschland Nachholbedarf haben und bei der Digitalisierung ganz sicher nicht der Zeit voraus sind.“ Deshalb müsse es nun darum gehen, diesen Prozess ein Stück weit zu be-

Daneben ist Rangnick seit einigen Jahren Botschafter der Stiftung der Uni-Kinderklinik. Der Vater von zwei Söhnen schätzt sich so ein, dass er wohl eine Antenne für Menschen habe, denen es nicht so gut geht.

Regelmäßig sind RB-Spieler in der Kinderklinik zu Besuch. „Das sind bewegende Situationen, nicht nur für die Kinder, sondern auch für unsere Spieler.“ Sie würden damit konfrontiert, welches Leid es gebe. „Was dort an der Klinik von Professor Wieland Kiess und seinen Mitarbeitern geleistet wird ist einfach großartig.“ Deshalb sei es für ihn selbstverständlich, dort mitzuwirken. Außerdem gehöre das zu einem Verein wie RB Leipzig. „Wenn man so etwas wie ein Repräsentant der Stadt geworden ist, dann sollte man sich auch engagieren und mithelfen.“

Für Experten steht fest, dass der rasante Aufstieg des 2009 gegründeten Fußballclubs RB Leipzig ohne Rangnick so wohl kaum möglich gewesen wäre. In den Anfangsjahren kam der Verein über die Regionalliga nicht hinaus. Bis vor acht Jahren Rangnick verpflichtet wurde, der früher unter anderem in Schalke und Hannover, Stuttgart und Hoffenheim Erfolge gefeiert hatte. Den von Dietmar Hopp (80), Mitgründer des Softwareriesen SAP, unterstützten Dorfverein Hoffenheim führte Rangnick in zwei Spielzeiten von der Drittklassigkeit in die erste Liga. Mit Hannover 96 schaffte er 2002 ebenfalls den Aufstieg in die Eliteklasse. Und bei RB griff Rangnick als Sportdirektor durch, verpflichtete neue, junge Spieler, gab ein klares Konzept vor. RB gelang so rasch der Aufstieg erst in dritte und ein Jahr darauf in die zweite Bundesliga. 24 Monate später war der Einzug in die erste Bundesliga perfekt. Die erste Saison wurde mit dem Vizemeistertitel gekrönt. Heute zählt RB zu den TopTeams der und spielt regelmäßig in europäischen Wettbewerben.

hohe Lebensqualität. „Es ist toll, was hier in den 30 Jahren seit der Wende passiert. ist.“ RB habe mit dazu beigeragen, dass die Stadt über die Grenzen Sachsens und Deutschlands hinaus bekannter geworden ist. Der Verein, aber ebenso das Gewandhaus, die Oper – „auch darauf können wir stolz sein, das sind Einrichtungen, die zur DNA von Leipzig gehören“. Jetzt könnten sich die Jungen und Mädchen zudem mit Spielern wie Yussuf Poulsen oder Emil Forsberg identifizieren, schlägt Rangnick wieder die Brücke zu Kindern. „Sie brauchen Vorbilder, an denen sie sich orientieren können.“ Als er selbst mit 15 in der Jugendmannschaft im Mittelfeld spielte, war der 2016 verstorbene Niederländer Johan Cruyff sein großes Vorbild. Der begnadete Spielmacher trug die Nummer 14. Damals waren in Deutschland die Nummer eins bis elf üblich. „Ich habe meinen Trainer gefragt, ob ich ausnahmsweise das Trikot mit der Nummer 14 bekommen kann, und zu meiner großen Freude hat der ja gesagt“, erinnert sich Rangnick.

Die weitere Zukunft von RB Leipzig sieht der globale Red-Bull-Fußballchef durchaus positiv. „Wenn unser bisheriger klarer Weg fortgesetzt wird, haben wir gute Aussichten, uns in den nächsten zehn Jahren in der Bundesligaspitze zu etablieren und vielleicht auch irgendwann mal Titel zu gewinnen. Das halte ich nicht für ausgeschlossen.“ Der jetzige Kader „ist in der Spitze und Breite so gut wie nie“. Zugleich handele sich um die jüngste Mannschaft in der Bundesliga. „Ich sehe nur wenige andere Teams, die qualitativ so gut besetzt sind wie unseres.“ Kurzum: RB ist bestens gerüstet.

Zahlen & Fakten

Das Leben, philosophiert der Trainer und Manager, bewege sich zwischen den Polen Liebe und Angst, zwischen positiver und negativer Energie. „Ich versuche, mich in Richtung positive Energie zu bewegen, denn das kostet keine Kraft, sondern gibt dir welche.“ Überhaupt, die Suche nach dem Sinn des Lebens reduziere sich darauf, wie man sich als Mensch entwickelt habe und für andere Personen da gewesen sei, ihnen geholfen habe. „Es gibt so viele Möglichkeiten, dazu beizutragen, dass sich unsere Welt zum Besseren verändert.“

Kein bloßes Gerede des Power-Mans. Soziales Engagement steht für ihn oben auf der persönlichen Prioritätenliste. So hat er vor zwei Jahren die „Ralf Rangnick Stiftung“ gegründet, die ihren Sitz in Leipzig hat. Schnell sei klar gewesen, dass sie sich um die Bildung von Kindern kümmern wird. „Bildung ist die Basis für eine starke, zukunftsfähige Gesellschaft“, meint der Initiator. „Und wenn wir diese Basis festigen und fördern, können gemeinsam großartige Dinge vollbracht werden.“ In einer ersten Zwischenbilanz sagt der Stifter: „Dafür, dass wir noch sehr jung sind, haben wir doch schon sehr viel bewegt.“

schleunigen. Weshalb nun ein Digitalisierungsprojekt für Schulen ausgerollt wird. Oftmals hätten Schulen nicht die Kompetenzen, niemand fühle sich so richtig zuständig. Es kranke daher gelegentlich schon daran, die Bundesmittel aus dem Digitalpakt Schule abzurufen. „Also suchen wir uns zehn Schulen aus, die Lust haben mitzumachen.“ Dazu zähle auch, die Lehrer zu befähigen, auf die neue Art und Weise Unterricht abzuhalten. „Die Kinder wachsen digital auf, in der Schule haben sie es dann mit analogen Büchern zu tun.“ Rangnick berichtet, dass dieses das erste Projekt ist, das mit Partnern über die Stadt- und sächsischen Landesgrenzen hinaus angepackt wird. „Wir wollen das bundesweit durchführen und zeigen, dass alle Bedenken zu beseitigen sind.“ Deutschland sei nicht gerade bekannt dafür, bei Innovationen hurra zu schreien. Deshalb brauche es Menschen, die eine Vision haben und genug Leidenschaft, diese umzusetzen. Wie einst der Autobauer Henry Ford. „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde“, lautet ein ihm zugeschriebenes Zitat.

„Diese Entwicklung, in sieben Jahren von der Oberliga in die Champions League, hat es bisher so noch nicht gegeben. Und ich wage die Prognose, dass es das wahrscheinlich auch zukünftig nicht mehr geben wird.“ Das habe ein „riesige Euphorie“ in der Region ausgelöst. Kamen in der vierten Liga noch im Schnitt 4000 Zuschauer zu den Heimspielen, so seien es jetzt 40 000. „Diese Verzehnfachung zeigt, was wirklich passiert ist.“ Mit den Aufstiegen im Schnelldurchlauf habe RB einen „enormen Beitrag geleistet, um die Attraktivität der Stadt zu erhöhen“. Rangnick sagt, er habe das Gefühl, dass viele Menschen stolz darauf seien, dass es einen Verein gebe, mit dem sie sich identifizieren könnten. „In der jetzigen Mannschaft sind acht, neun Spieler schon seit der zweiten Liga dabei und haben ihre Karriere bei RB entwickelt.“ Zudem seien die Spieler bodenständig, verkehrten ganz normal in der Stadt. „Das bleibt nicht automatisch so“, mahnt Rangnick. Der Club müsse darauf achten, dass dieses so bleibe. Das gelte ebenso für das Fanverhalten. „RB ist wahrscheinlich der einzige Club, bei dem es, seitdem ich da bin, noch keinen einzigen Schmähgesang gegen die gegnerischen Mannschaften und deren Fans gegeben hat.“ Es herrsche eine friedliche Atmosphäre, „man kann auch mit Frau und Kind ins Stadion gehen, ohne Angst haben zu müssen, dass etwas passiert.“

Rangnick, der im Waldstraßenviertel wohnt, bescheinigt Leipzig eine dynamische Entwicklung und

Seine Laufbahn als...

Erwachsenen-Spieler:

1876 – 1979 VfB Stuttgart Amateure

1979 – 1980 FC Southwick

1980 – 1982 VfR Heilbronn

1982 – 1983 SSV Ulm

1983 – 1985 FC Viktoria Backnang

1987 – 1988 TSV Lippoldsweiler

Trainer/Sportdirektor:

1983 – 1985 FC Viktoria Backnang

1985 – 1987 VfB Stuttgart Amateure

1987 – 1988 TSV Lippoldsweiler

1988 – 1990 SC Korb

1990 – 1994 VfB Stuttgart U19

1995 – 1996 SSV Reutlingen

1997 – 1999 SSV Ulm

1999 – 2001 VfB Stuttgart

2001 – 2004 Hannover 96 2004 – 2005

32 & Leben Stil
04
2011 TSG 1889
FC Schalke 04 2012 – 2019 R B Leipzig, von 2012 bis 2015 parallel Sportdirektor beim FC Red Bull Salzburg seit 2019: H ead of Sport and Development Soccer bei der Red Bull
FC Schalke
2006 –
Hoffenheim 2011
Ralf Rangnick fördert mit dem Ernährungsbus das gesunde Essen von Grundschülern.
„Bildung ist die Basis für eine starke, zukunftsfähige Gesellschaft.“
Ralf
Rangnick (61)
André Kempner André Kempner
„Jedes
wertvoll“

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