Energie Dezember 2017 | Sonderausgabe der Leipziger Volkszeitung

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Anzeigen-Sonderveröffentlichung • 5. Dezember 2017

ENERGIE

Enorm

effizient Der Igel ist ein Meister im Energiesparen. Er kann während des Winterschlafs seine Lebensfunktionen in den Spargang schalten – sich runterkühlen und seine Atmung verlangsamen. Ob Igel, Rentier oder Pinguin – sie alle überleben, weil sie mit Material- und Energie­effizienz punkten. Bioniker – Forscher, die Naturprinzipien entschlüsseln – lernen von diesen Tieren. Ihre Auftraggeber: Auto- und Luftfahrtunternehmen, die im Leichtbau mit Hochdruck forschen, weil eingesparte Kilos weniger Sprit und Emissionen bedeuten. Wissenschaftler, die die 3-D-Druck-Technologie voranbringen, um Überflüssiges wegzulassen. Bauingenieure, die auf neue Materialien speziell für Lastfälle setzen. Effizienz ist die Achillesferse der Energie­wende, die in Deutschland gerade einen Rebound erlebt. Doch Rückschläge sind oft Ansporn, neue Wege zu gehen. Ein paar Ideen stellt die aktuelle Ausgabe der ENERGIE vor.


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ENERGIE REPORT

DIENSTAG, 5. DEZEMBER 2017 | NR. 282

Ein Rekord, der kostet 30 000 Windräder rotieren in Deutschland. Der Biospritproduktion dienen hierzulande mehr als eine Million Hektar ­Landwirtschaftsfläche. 10 000 Biogasanlagen sind übers Land verteilt. Dächer und Freiflächen sind Heimstatt von 1,6 Millionen ­Fotovoltaik-Anlagen. Wer durch Deutschland fährt, kann die Energiewende nicht mehr übersehen. Das alles hat seinen Preis.

R

ekordwert für Ökostrom in Deutschland: Bis Mitte November ist laut Berechnungen des Energiekon­ zerns Eon so viel Strom aus erneuerba­ ren Quellen in einem Jahr erzeugt wor­ den wie nie zuvor. „Von Anfang Januar bis Mitte November haben alle Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen bereits 131 Milliarden Kilowattstunden (kWh)

Platz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 14 15 16 17 18

95 Prozent halten die stärkere Nutzung von Ökostrom-Kraftwerken für wichtig oder sogar sehr wichtig. Das geht aus einer repräsentativen Erhebung des Emnid-Instituts im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) hervor. Geht es allerdings um den eigenen Geldbeutel, wachsen die Bedenken. Rund 20 Euro pro Monat kostet den

toren Wasserkraft, Windenergie und Fotovoltaik, sondern auch Biomasse, den „biogenen“ Anteil des Abfalls und die Geothermie zu den erneuerbaren Energien, dann hat sich deren Gesamt­ anteil an der Stromerzeugung in Deutschland seit 1990 verzehnfacht. 2016 machten erneuerbare Energiequellen mit 188,2 Milliarden kWh rund 29 Pro­ zent der Bruttostromerzeugung aus – 1990 waren es nur rund drei Prozent. „Das erfreuliche Ergebnis im Strom­ sektor darf nicht darüber hinwegtäu­

Bundesland Brandenburg Mecklenburg-Vorpommern Neue Bundesländer Hanburg Thüringen Berlin Schleswig-Holstein Sachsen-Anhalt Sachsen Saarland Rheinland-Pfalz Bundesdurchschnitt Baden-Württemberg Alte Bundesländer Nordrhein-Westfalen Hessen Niedersachsen Bayern Bremen

in allen Bereichen laut EU-Richtlinie bei 18 Prozent liegen – unter derzeiti­ gen Bedingungen klettert er in den kommenden drei Jahren in Deutsch­ land aber nur auf 16 Prozent, wie der BEE berechnet hat. Das alles hat seinen Preis. Strom­ kunden in Deutschland müssen auch 2018 tief in die Tasche greifen. Obwohl die staatlichen Umlagen leicht zurück­ gehen und viele Konzerne 2017 etwas weniger für die Strombeschaffung im Großhandel zahlen mussten, sinkt der

Gas 40,36 (8,3%)

Wasserkraft 18,94 (3,9%) Biomasse 42,05 (8,6%)

Steinkohle 75,78 (15,5%)

Wind 86,59 (17,7%)

TWh (%) Solar 37,84 (7,8%)

Braunkohle 120,72 (24,6%)

Kernenergie 63,32 (13%) Quelle: Fraunhofer Institut, Stand: 24. Nov. 2017

Quelle: spiegel-online Stand: 24. Nov. 2017

Strom produziert und damit schon jetzt mehr als im gesamten Jahr 2016“, sag­ te Robert Hienz, Geschäftsführer bei Eon. 2016 kamen die Windparks, Foto­ voltaik- und Wasserkraftanlagen dem­ nach auf insgesamt 129 Milliarden kWh, 2015 auf rund 126 Milliarden kWh. Die große Mehrheit der Deutschen unterstützt einer Umfrage zufolge den Ausbau der erneuerbaren Energien.

noch Spielraum für die Preisgestaltung. Strom kostet für Haushaltskunden aktuell durchschnittlich 29,2 Cent pro Kilowattstunde. Der Preis hat sich damit seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Deutschlands Stromkunden müssen – je nach Tarif – im Schnitt zwischen 1100 und 1400 Euro jährlich für die Versorgung eines vierköpfigen Durch­ schnittshaushalts (4000 Kilowattstun­ den) zahlen. In Brandenburg ist Strom bundesweit am teuersten. Ein Muster­ haushalt mit einem Jahresverbrauch

Angaben zufolge die Förderung von Ökostrom-Erzeugung durch das Erneu­ erbare-Energien-Gesetz (EEG) derzeit einen durchschnittlichen Drei-Personen-­ Haushalt. Laut der Umfrage empfan­ den 37 Prozent der Befragten das als zu hoch, 49 Prozent als angemessen und acht Prozent als zu niedrig. Zählt man nach einer Definition des Umweltbundesamts nicht nur die Fak­

schen, dass Deutschland seine Erneuer­ bare-Energien-Ausbauziele für 2020 insgesamt verfehlen wird, wenn der Ausbau jetzt nicht deutlich beschleu­ nigt wird“, sagte Peter Röttgen, Ge­ schäftsführer des Bundesverbands Er­ neuerbare Energie (BEE). „Denn der Zuwachs betrifft lediglich den Strom­ sektor, während der Anteil erneuerbarer Energie bei der Wärmeversorgung nicht nachzieht und bei der Mobilität sogar leicht zurückgegangen ist.“ 2020 soll der Anteil an erneuerbarer Energie

Preis für die Haushaltskunden zum Jahresbeginn kaum. Der deutsche Strom­preis bleibt damit insgesamt auf einem der Spitzenplätze in Europa. Verbraucherschützer kritisieren, dass Versorger Entlastungen nicht an die Endkunden weitergäben. Die Branche ihrerseits sieht den Staat in der Pflicht: Die staatlichen Umlagen machten weiter mehr als die Hälfte des Gesamtpreises aus, erklärte der Chef des Branchen­ verbandes BDEW, Stefan Kapferer. Den Stromanbietern bleibe kaum

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Erstansprechpartner für Unternehmen zu Innovation und Umwelt:  Einstiegsberatung und Information zu betrieblicher Energieeffizienz, erneuerbaren Energien, verfügbaren Förderungen und Finanzierungshilfen  Unterstützung bei abfall-, immissions- und wasserrechtlichen Fragestellungen  Vermittlung von Beratern und Sachverständigen  Förderung des Technologietransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft  Interessenvertretung der Unternehmen bei innovations-, energie- und umweltpolitischen Themen “. Anfang 2018 iative „Energieeffizienz-Netzwerke Init der r äge rktr zwe Net ist zig Leip Die IHK zu Start. Interessierte Untzwerk in der Region Leipzig an den geht ein neues Energieeffizienz-Ne rk austauschen möchn und sich darüber in einem Netzwe ternehmen, welche Energie einspare ihk.de/energieeffizienz IHK zu Leipzig wenden. www.leipzig. die an rt sofo ab sich nen kön ten,

von 4000 kWh bezahlt dort mehr als 1200 Euro. In Bremen sind die Preise dagegen am niedrigsten. Die gleiche Menge Strom kostet hier durchschnitt­ lich 1065 Euro. Generell gibt es deutliche Unter­ schiede zwischen Ost und West: Das Preisniveau in den neuen Bundeslän­ dern liegt im Schnitt um rund 50 Euro höher als in den alten. Eine Ursache dafür sind die regional unterschiedlich hohen Netzentgelte, die rund ein Viertel des Strompreises ausmachen.

Sparsamkeit ist ein Ziel Der Primärenergieverbrauch soll in den kommenden zwei Jahren um 20 Prozent sinken

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er Primärenergieverbrauch (PEV) ist in Deutschland nach vorläufi­ gen Zahlen des Statistischen Bundes­ amtes (Destatis) seit dem Tiefststand im Jahr 2014 wieder leicht angestie­ gen, erreichte aber dennoch den viertniedrigsten Stand seit 1990. Ins­ gesamt ist der Primärenergiever­ brauch im Zeitraum von 1990 bis 2016 um 9,8 Prozent gesunken. Das liegt zum einen am Ausbau der erneuerba­ ren Energien, die einen hohen Wir­ kungsgrad besitzen und andere Ener­ gieträger mit niedrigerem Wirkungs­ grad zurückdrängen. Zum anderen lag dies aber auch an tatsächlichen Effizienzsteigerungen zum Beispiel durch Erhöhung des Bruttobrennstoff­ nutzungsgrades in fossilen Kraftwer­ ken oder durch Kraft-Wärme-Kopp­ lung. Der Primärenergieverbrauch unter­ liegt immer wieder deutlichen jährli­ chen Schwankungen, was unter ande­ rem der konjunkturellen Entwicklung und den Witterungsverhältnissen zu­ zuschreiben ist. Die Bundesregierung hat sich bis 2020 eine Reduktion um 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2008 (14 380 Petajoule) als Ziel gesetzt. Ziel sind 2020 rund 11 000 Petajoule. Der Primärenergieverbrauch be­ zeichnet den Energiegehalt aller im Inland eingesetzten Energieträger. Der Begriff umfasst sogenannte Primär­ energieträger, wie zum Beispiel Braun- und Steinkohlen, Mineralöl oder Erdgas, die entweder direkt ge­ nutzt, oder in sogenannte Sekundär­ energieträger wie zum Beispiel Kohle­ briketts, Kraftstoffe, Strom oder Fern­ wärme umgewandelt werden. Berech­ net wird er als Summe aller im Inland gewonnenen Energieträger zuzüglich des Saldos der importierten/exportier­ ten Mengen sowie der Bestandsverän­ derungen abzüglich der auf Hochsee gebunkerten Vorräte.

Blitzreform auf dem Strommarkt Bundesregierung gegen Teilung des Elektrizitätsmarktes

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ie Bundesregierung will eine Auf­ teilung des deutschen Strommarktes in unterschiedliche Preiszonen verhin­ dern. Deshalb hat das Kabinett Ende November eine Änderung der Strom­ netzzugangsverordnung beschlossen. So will die Bundesregierung sicher­ stellen, dass die Übertragungsnetzbe­ treiber die sogenannten Stromgebots­ zonen in Deutschland nicht anders zu­ schneiden können, ohne staatliche Stellen einzubeziehen. Den Betreibern der Übertragungsnetze ist untersagt, bei Netzüberlastungen ein Engpassmanage­ ment einzuführen, das zu einer Auftei­ lung der innerdeutschen Strompreiszone führen würde. Die einheitliche Stromgebotszone stellt sicher, dass der Strompreis in ganz Deutschland gleich hoch ist. Sie ist da­ mit die Basis für einen uneingeschränk­ ten und in ganz Deutschland einheitli­ chen Netzzugang. Die Größe und Auf­ teilung dieser Zone beeinflusst die Nachfrage und das Angebot von Strom und damit auch die Großhandels­ preise. Auslöser der Debatte ist, dass die Preisentwicklung zwischen den Regio­ nen innerhalb Deutschlands auseinan­ derdriftet. Ursache dafür sind Schwierig­ keiten beim Netzausbau: Im Norden mit immer mehr preiswertem Strom aus Windenergie und geringem Ver­ brauch sinken die Preise. Im wind­ schwächeren Süden steigen sie dagegen, weil dort trotz hohem Verbrauch deut­ lich weniger Windräder entstehen. Wenn eine ausgewogenere regionale Verteilung nicht gelingt und der Netz­ ausbau nicht schneller vorankommt, rückt eine Teilung der einheitlichen Strompreiszone näher. Die Folge wären uneinheitliche und steigende Großhan­ delspreise. Dies hätte Auswirkungen auf den Ausbau und die Wirtschaftlich­ keit der erneuerbaren Energien. „Volkswirtschaftlich wenig sinn­ voll“, nennt Jürgen Kühling von der Monopolkommission das Vorhaben. „Wir sehen die Ansätze des Gebotszo­ nenzuschnitts sehr kritisch, was auch für die Pläne der Änderung der Strom­ netzzugangsverordnung gilt“, sagte er gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Hans Gersbach, Chef des Wissenschaftlerbeirats beim Wirtschafts­ ministerium monierte, mit Kriterien für einen optimalen Zuschnitt von Preiszo­ nen „kann man kein Verbot begründen, mehrere Zonen in Deutschland einzu­ führen“. Mittelfristig sollten im Binnen­

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen: Den Betreibern der Übertragungsnetze ist untersagt, bei Netzüberlastungen ein Engpassmanagement einzuführen, das zu einer Aufteilung der innerdeutschen Strompreiszone führen würde.

markt Nationalgrenzen als Kriterium für den Zuschnitt von Strompreiszonen an Gewicht verlieren. Marc Bettzüge, Direktor des Energie­ wirtschaftlichen Instituts der Uni Köln, sagt, die Energiewende müsse stärker auf „regionalisierte Preissignale“ setzen. Das Verbot werde „eine historisch ge­ wachsene Regulierungsform zementie­ ren, die sich im Kontext der Energie­ wende als immer weniger tragfähig ­erweisen dürfte“. Die Knappheit im Übertragungsnetz hat Folgen: Nachbarstaaten können nicht so viel Strom nach Deutschland exportieren, wie das die Binnenmarktregeln garantieren. Zuletzt hatten sich die Dänen beschwert. Die EU-Kommis­ sion hatte schon vorher mehrere deut­ sche Preiszonen ins Gespräch gebracht,

so wie sie das in Schweden erzwungen hat. Die wohl noch Jahre bestehende Knappheit im deutschen Stromnetz würde sich damit direkt im Strompreis niederschlagen. Im Norden würde er sinken, im Süden steigen. Investoren sollten darauf im Süden mit dem Bau neuer Kraftwerke reagieren, am Ende würden flexible Strompreise den Net­ zengpass ausgleichen. Auch der Energiewirtschaftsverband BDEW warnt vor einer Teilung des deutschen Strommarktes. Verbands­ chef Stefan Kapferer sagt, es würde der „trügerische Schein“ erweckt, Netzaus­ bau sei nicht mehr so dringend. Auch würde die Höhe der Stromrechnung maßgeblich davon abhängen, „ob man nördlich oder südlich einer künstlich gezogenen Grenze wohnt“.


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Die Zeit der Kohle läuft ab Eine große Gruppe von Unternehmen spricht sich für einen Ausstieg aus der Kohleenergie aus. Die künftige ­Bundesregierung müsse einen „Ausstiegspfad bei der Kohleverstromung“ festlegen. in Bündnis aus deutschen Konzernen und Umweltverbänden fordert von einer neuen Bundesregierung einen Ausstieg aus der Kohleenergie. In einem Positionspapier spricht sich das Bündnis für „eine schrittweise Verringerung der treibhausgasintensiven Kraftwerkskapazitäten unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit und der Klimaziele“ aus. „Eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz ist eine große Chance für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft“, heißt es in einem Papier von rund 40 Unternehmen wie Deutsche Bahn, Deutsche Telekom, Aldi, Adidas, Siemens, EnBW und den Ökoverbänden Germanwatch, B.A.U.M. und der „Stiftung 2 Grad“. „Die kommende Regierungskoalition sollte die Geschwindigkeit der Transformation hin zur treibhausgasneutralen Wirtschaft erhöhen“, fordert das Bündnis. Konkret wird ein Bekenntnis zu den deutschen Klimazielen, einem Ausstieg aus der Kohle und einem beschleunigten Ausbau des Ökostroms verlangt. „Von der neuen Regierung erwarten wir entschiedene und effiziente Maßnahmen zur Erreichung des nationalen 2020-Emissionsziels.“ Dies gilt nur als erreichbar, wenn schnell Braunkohlekraftwerke vom Netz gehen. Kohleenergie gilt als Haupttreiber der globalen Erwärmung, als Energiequelle, die das meiste Treibhausgas freisetzt. Auf der Weltklimakonferenz in Bonn haben am 16. November dieses Jahres 18 Staaten gemeinsam erklärt, dass sie in den nächsten Jahren auf Kohleenergie verzichten wollen. Der Initiative Kanadas und Großbritanniens haben sich in Bonn angeschlossen: Angola, Belgien, Costa Rica, Dänemark, Fidschi, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Marshallinseln, Mexiko, die Niederlande, Neuseeland, Österreich, Portugal, Schweiz. Die Ankündigung bringt die deutsche Bundesregierung und andere Staaten mit hohem Anteil an Kohleenergie in die Defensive: Deutschlands Strom stammt zu mehr als einem Drittel aus der Verbrennung von Kohle. Für den Fall eines vorzeitigen Braunkohleausstiegs hat der scheidende sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) milliardenschwere Ausgleichszahlungen gefordert. Deutschland habe zweieinhalb Jahrzehnte von der subventi-

Staaten mit Kohlestrom

> 20

20 > 40

Gemeinsam für optimale Lösungen enviaM-Gruppe, IHK zu Leipzig und SAENA gründen neues Energieeffizienznetzwerk

Staaten ohne Kohlestrom

< 40

0

11% Finnland Ausstieg 2030 Foto: Mitgas

E

3

1% Schweden Ausstieg 2030

15% Großbritannien Ausstieg 2025

26% Irland

23% Niederlande Ausstieg 2030

Marcel Steppuhn

27% Dänemark

54%

Deutschland

Belgien 2016 aussgestiegen 3% Frankreich Ausstieg 2023

Tschech. R.

30% Slow.

3% Österreich Ausstieg 2025

12% Slowakai

20% Ungarn

18% Kroatien

10% Portugal Ausstieg 2020

15% Italien Ausstieg 2025

81% Polen

40%

27% Rumänien

45% Bulgarien

20% Spanien 46% Griechenland

onsfreien Braunkohleverstromung profitiert. „Nötig ist nun – analog zum Atomausstieg – ein Fonds zur Gestaltung des Strukturwandels, der sich aus einem bundesweiten Kohlepfennig speisen könnte“, sagte Tillich. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte MDR Aktuell, sein Bundesland sowie Sachsen und Brandenburg hätten seit der Wiedervereinigung viermal mehr CO2 pro Einwohner eingespart als die westdeutschen

Bundesländer. Mit Blick auf ein mögliches Ende der Braunkohleverstromung fügte er hinzu, der nächste Schritt auf dem Weg zu den Klimazielen könne nun nicht wieder von den ostdeutschen Bundesländern erbracht werden. Ein deutscher Ausstieg aus der Kohleverstromung würde dem Klima nach Einschätzung von Ifo-Präsident Clemens Fuest nichts nützen. Denn die EU hat Obergrenzen für den CO2-Ausstoß festgelegt: Je weniger Klimagas Industrie

Quelle: Greenpeace, Agora-Energiewende, Weltbank, AG Energiebilanzen

und Energieversorger ausstoßen, desto weniger Emissionsrechte müssen sie kaufen. Wenn deutsche Kraftwerke künftig weniger Verschmutzungsrechte brauchen, sinkt deren Preis im europäischen Emissionshandel – und in anderen Ländern werde „mehr in die Luft gepustet“, erklärte Fuest. „Für das Weltklima ist es völlig egal, ob Deutschland aussteigt oder nicht.“ Aber „vielleicht geht es nur ums Image“.

Die enviaM-Gruppe plant gemeinsam mit der IHK zu Leipzig und der Sächsischen Energieagentur – SAENA GmbH – ein neues Energieeffizienznetzwerk im Raum Leipzig. Die Initiatoren sprechen vorzugsweise produzierende Betriebe an, die an ihrer Prozesseffizienz arbeiten wollen. Interessierte Unternehmen aus Leipzig und Umgebung können sich ab sofort anmelden. Der Start des Netzwerks soll im ersten Quartal 2018 erfolgen. Die Netzwerkarbeit ist auf eine Dauer von zwei Jahren angelegt und kann bei Bedarf verlängert werden. Ziel der Energieeffizienznetzwerke ist es, Unternehmen bei der Energieeinsparung und der CO2-Reduktion zu unterstützen. Wichtige Themen sind dabei die Einführung und Erweiterung von Energiemanagementsystemen nach ISO 50.003 und Energieaudits. Begleitet von einer professionellen Moderation treffen sich die Teilnehmer einmal pro Quartal zu halbtägigen Workshops. Sie diskutieren darüber, wie Maßnahmen zur Energieeinsparung und Effizienzsteigerung im eigenen Unternehmen erkannt und umgesetzt werden können. Die „Hilfe zur Selbsthilfe“ erhalten sie durch den Austausch mit den anderen Teilnehmern und durch Unterstützung durch den in Netzwerkfragen erfahrenen Energieexperten Dr.-Ing. Jens Strack vom Ingenieurbüro Therm-Process-Consulting aus Freiberg. Dass die Teilnehmer aus unterschiedlichen Branchen kommen, ist von den Netzwerkträgern gewollt und Teil des Konzeptes. „Die Netzwerkinhalte wer-

den direkt an den Interessen der Teilnehmer ausgerichtet sein. Daher rufen wir die Unternehmen auf, aktiv ihre Wünsche, Vorschläge und Bedürfnisse bereits im Vorfeld mithilfe eines Fragebogens an uns zu richten“, erklärt Marcel Steppuhn, Netzwerkverantwortlicher bei enviaM. „Da für die Netzwerkarbeit lebendiger Austausch wesentlich ist, erhalten die Teilnehmer von Anfang an die Möglichkeit, ihr Netzwerk grundlegend zu gestalten.“ Die enviaM-Gruppe gründete bereits 2015 das erste Energieeffizienznetzwerk und initiierte bis heute vier Netzwerke für Unternehmen, Stadtwerke und Kommunen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Beim Partner SAENA sind derzeit mehr als 40 sächsische Unternehmen in vier Netzwerken tätig. Ziel der Teilnehmer ist sowohl die Wahrnehmung brancheninterner als auch -übergreifender Dialoge, die Möglichkeit, neue Geschäftspartner zu gewinnen oder zu erfahren, „wie es andere machen“. Unternehmen, die sich an dem neuen Netzwerk beteiligen möchten, können sich an die enviaM-Gruppe wenden. Die Gründung der Energieeffizienznetzwerke leitet sich aus dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) der Bundesregierung ab. Danach sollen bundesweit bis zum Jahr 2020 rund 500 Netzwerke entstehen. Ansprechpartner für Unternehmen: Marcel zzSteppuhn, Telefon: 0371-482 2347, Marcel. steppuhn@enviam.de

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Gut gemeint, schlecht gemacht

Effizienz ist gefragt Die deutsche Industrie versucht, Energie besonders sparsam einzusetzen

Warum die bundeseigene Deutsche Energieagentur in der Klima- und Energiepolitik Nachbesserungen fordert

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ie deutsche Industrie verbraucht im internationalen Vergleich besonders wenig Energie. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln – veröffentlicht von der FAZ – zeigt, dass sie zu den energieeffizientesten der Welt gehört. Nur Dänemark und Großbritannien schneiden in dem Vergleich von 23 Industrieländern besser ab. Gemessen wurde, wie viel Energie die jeweilige Industrie, gemessen in Öleinheiten, aufwendet, um eine Wertschöpfung von 1000 Euro zu erzielen. In Finnland sind dafür 250 Einheiten nötig, in Amerika 134. In Deutschland reichen 76, während die Dänen nur 48 Öleinheiten einsetzen. Damit liegen deutsche Betriebe auf demselben Niveau wie Frankreich und Großbritannien. Recht energieeffizient wirtschafteten auch die Industrien in Italien und Japan. Belgien, Portugal und die Slowakei benötigten dagegen im Vergleich zu Deutschland etwa den doppelten Energieeinsatz. Mehr Energieeffizienz entstehe insbesondere dann, wenn Unternehmen in neue Technik investierten, typischerweise nicht aus Effizienzgründen, sondern um neue Produkte oder eine rationellere Produktion voranzutreiben, sagte der IW-Forscher Hubertus Bardt gegenüber der FAZ. An die neue Bundesregierung appelliert er, dass die allgemeinen Investitionsbedingungen gestärkt werden müssten. Er nennt Stichworte wie Bürokratieabbau, Kostenbegrenzung und Fachkräftebedarf. „Wenn zu wenig investiert wird, machen wir auch keinen Fortschritt bei der Energieeffizienz.“ Die Energiepolitik sei dabei ein wichtiger Faktor der Wirtschaftspolitik. Für ein Drittel der größeren Unternehmen sei sie „heute schon ein Grund, Investitionen zu verzögern“. IW-Forscher Hubertus Bardt geht noch einen Schritt weiter: Die deutsche Industrie habe einen hohen Standard, der durch neue Vorgaben nicht einfach gesteigert werden könne. „Daher ist Vorsicht bei neuen Effizienzvorgaben oder gar Energieverbrauchsvorgaben geboten.“ Bardt bezieht die Warnung auch auf aktuelle Brüsseler Überlegungen, die Effizienzvorgaben weiter zu schärfen. Die energieintensive Industrie protestiert dagegen, auch weil sie in Teilen keine technischen Möglichkeiten für weitere Einsparmöglichkeiten mehr sieht.

Wasserdampfschwaden steigen aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerkes Jänschwalde in Brandenburg auf.

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ie geht es weiter mit der deutschen Energiewende? Die Deutsche Energieagentur (Dena) hat als Kompetenzzentrum der Bundesregierung jüngst die „Dena-Leitstudie Integrierte Energie­ wende“, die rund 50 „Partner“ aus der Wirtschaft auflistet, vorgelegt. Sie zeigt erstmals volkswirtschaftlich umfassend auf, welche Wechselwirkungen und Abhängigkeiten die Energiewende zwischen den Sektoren Strom, Gebäude, Verkehr und Industrie erzeugt – und welche Herausforderungen auf dem Weg zu einer CO2-­ freien Wirtschaft noch bewältigt werden müssen. „Die Energiewende muss jetzt sektorenübergreifend gedacht und der ökonomische Rahmen neu ausgerichtet werden“, sagte Dena-Chef Andreas Kuhlmann gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Das gegenwärtige System von Abgaben und Umlagen sei innovationsfeindlich. Es sei viel zu kompliziert und setze die falschen Akzente. Wenn es gelänge, Komplexität abzubauen und eine stärkere Konzentration auf den Abbau von CO2-Emissionen zu setzen, würden sich viele Dinge besser entwickeln. Die wichtigste Aufgabe e ­iner kommenden Regierung sei es ­ daher, einen neuen ökonomischen Ordnungsrahmen für eine wirklich integrierte Energiewende zu schaffen. „Heute werden über das Erneuerbare-­ EnergienGesetz jährlich rund 25 Milliarden Euro umverteilt, ohne dabei eine überzeugende Lenkungswirkung zu ent­

falten. Man kann es also besser machen, ohne unter dem Strich die Nettobelastung für die Verbraucher zu erhöhen.“ Notwendig sei eine „Vervielfachung“ der schon heute installierten Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Was für eine Herausforderung angesichts wachsender Proteste gegen eine „Verspargelung der Landschaft“ darin besteht, macht der folgende Satz deutlich: „Besonders die verfügbaren Flächen für Windkraftanlagen an Land werden fast vollständig genutzt werden müssen“, allerdings sei eine Entlastung durch den Ausbau von Meereswindparks möglich. Doch der Paradigmenwechsel würde sich rechnen. Während die erneuerbaren Energien in Deutschland auf Vollkosten von 50 bis 70 Euro pro Megawattstunde Strom kommen, liegen fossile Kraftwerke unter derzeitigen Bedingungen bei 70 bis 100 Euro. Das geht aus Analysen des Freiburger Öko-Institutes im Auftrag der Grünen hervor. An günstigen Standorten mit viel Wind und Sonne, etwa in Südeuropa, ist der Unterschied sogar noch größer. Da ist Windstrom schon für 40 Euro pro Megawattstunde zu gewinnen. So ist es laut Öko-­ Institut profitabler, in erneuerbare Energien zu investieren statt in Kohle oder Gaskraftwerke. Um die nötigen Ökostromkapazitäten auszubauen, müsse bis 2050 das zuletzt erreichte (und über den Vorgaben der Regierung liegende) Niveau von 8000 Megawatt Zubau im Jahr bis 2050 beibehalten werden. Tatsächlich hat die Regierung den Zubau im Norden schon begrenzt, weil die Leitungen fehlen, um den Ökostrom abzuleiten. Hier entsteht das nächste Problem. Der Netzausbau, der wegen vielfältiger Proteste schon heute um Jahre zurückliegt, müsse nicht nur beschleunigt, sondern über das bisher erkannte Maß hinaus erheblich und zusätzlich verstärkt werden. Die Kosten für die Ertüchtigung der Verteil- und Übertragungsnetze schätzen die Autoren auf mindestens 150 Milliarden Euro. Der nächste Punkt berührt die Versorgungssicherheit. Auch 2050 würden noch konventionelle (Gas-) Kraftwerke gebraucht, auch wenn die dann mit synthetischen und CO2-freien Kraftstoffen betrieben würden – was wiederum die Existenz globaler Märkte für diese Kraftstoffe voraussetze.

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Leben am Limit S

elbst wenn man segelt wie der Storch, bedeuten weite Wanderwege einen hohen Energieverbrauch. Ihre Meisterleistung – zwei Mal jährlich knapp 13 000 Kilometer zurückzulegen – verdanken Zugvögel dem Wundertreibstoff Fett, dessen Verbrennung die Energie für den Flugbetrieb liefert. Vogelforscher haben beispielhaft berechnet, dass ein kleiner Vogel von 40 Gramm Körpergewicht bei einer Fluggeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern und bei aktivem Schlagflug – also nicht die Thermik nutzend wie Störche – an einem Nonstop-Flugtag knapp zehn Gramm Fett verbraucht. Damit kann er bis zu 1000 Kilometer zurücklegen. Während Zugvögel so den ungünstigen Lebensbedingungen in ihren Brutgebieten ausweichen, haben viele Tiere einen anderen Weg gewählt, um den Winter zu überstehen: Sie verschlafen den Winter. Echte Winterschläfer wie Fledermäuse, Hamster, Siebenschläfer und Igel schalten ihre Lebensfunktionen in den Spargang. Dabei werden Temperatur, Herzschlag und andere Funktionen dramatisch gesenkt. Der Körper kühlt bis auf fünf Grad Celsius ab und der Igel atmet nur noch viermal pro Minute. Das stachlige Tier, das hierzulande von November bis April Winterschlaf hält, hat eine Art Notthermostat. Wenn die Körpertemperatur unter den Nullpunkt sinkt, wird gleichsam die innere Wärmepumpe hochgefahren. Doch für solch einen Tag verbraucht der Igel die Reserven für zehn Tage Winterschlaf. Deshalb muss der Igel vor dem Winterschlaf viel fressen. Am liebsten Insekten – wie Ohrwürmer, Käfer, Spinnen, Bienen, Wespen oder Kellerasseln. Doch es gibt heute in Deutschland 75 Prozent weniger Insekten als noch vor knapp 30 Jahren. Die Auswertung der Daten und die Publikation der Ergebnisse liefere den Beleg, dass der

Sie bunkern sich ein, fliegen weit weg oder fallen in eine unheimliche Starre: Tiere haben die unglaublichsten ­Strategien ausgetüftelt, um Energie zu sparen. Der Igel ist zum Beispiel ein Energiesparmeister. Doch das e­ ffiziente Stacheltier ist bedroht – ihm geht nämlich das Futter aus. Was Klimawandel, Raubbau, intensive Landwirtschaft und Energieverschwendung damit zu tun haben und welche Initiatiatven es gibt, gegenzusteuern, zeigen die Beiträge auf dieser Seite. Schwund nicht nur einzelne Standorte betreffe, sondern „wirklich ein größerflächiges Problem“ sei, sagte der Biologe Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle. Die jährliche Gesamtmasse an wirbellosen Tieren habe im Mittel um rund 76 Prozent abgenommen. Am stärksten

sei der Rückgang mit knapp 82 Prozent in der Mitte des Sommers, wenn am meisten Insekten herumsummen. Das große Sterben der Kleinsten hat bereits begonnen. Der Trend dürfte auch für andere Länder und Kontinente gelten. Es gibt zwar keine Studien, die das belegen könnten, aber zahlreiche Hin-

weise, dass Insekten auch in Europa und den USA, wahrscheinlich sogar weltweit, seltener werden. Als mögliche Ursache für den Insektenschwund führten die Wissenschaftler Klimafaktoren, zunehmende landwirtschaftliche Nutzung und sogenannte Lebensraumfaktoren an. Der zuneh-

mende Einsatz von Düngern und Pflanzenschutzmitteln sowie die ganzjährige Bewirtschaftung spielten vermutlich eine Rolle. Entscheidend sei dabei auch, dass sich an großen Feldern häufig nur wenige schmale Feldränder, Hecken und Gehölze befänden, die Insekten als Habitate nutzen könnten.

Echte Winterschläfer wie der Igel schalten ihre Lebensfunktionen – wenn nötig – in den Spargang.

Sterben nun Falter, Fliegen und Wildbienen, sterben auch Pflanzen. Mit fatalen Folgen für die Menschen. Lokale Studien zeigten, dass Nutzpflanzen weniger Ernte abwerfen, „wenn die Zahl sowie die Vielfalt der Bestäuber zurückgeht“, heißt es in einem Bericht des Weltbiodiversitätsrats IPBES, einem Gremium der Vereinten Nationen. Und die Insekten werden immer wichtiger, denn laut dem Bericht werden mit Pflanzen, die auf Bestäubung durch Tiere angewiesen sind, heute dreimal so viele Lebensmittel hergestellt wie vor 50 Jahren. Der Mensch hängt also noch mehr von Insekten ab. Kiwis und Melonen zum Beispiel werden fast immer von Tieren bestäubt. Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Gurken oder Heidelbeeren in den meisten Fällen. Der Wert dieser Serviceleistung lässt sich sogar berechnen. Er entspricht 200 bis 500 Milliarden Euro pro Jahr. Experten haben weitreichende Konsequenzen aus dem festgestellten Insektenschwund gefordert. Es sei ein gesamtgesellschaftliches Umdenken gefragt, sagte Bernd Grünewald, der Leiter des Instituts für Bienenkunde der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt am Main. Man dürfe die Landwirte nicht als allein Verantwortliche für den Artenschwund brandmarken. Es sei auch derjenige dafür verantwortlich, der Fleisch und Milch aus intensiver Landwirtschaft kaufe. Besonders wichtig ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insgesamt deutlich zu minimieren und stärker auf Alternativen zu setzen. „Immerhin werden die Mittel großflächig in erheblichen Mengen ausgebracht – etwa 100 000 Tonnen pro Jahr in Deutschland. Vor allem die konventionelle Landwirtschaft muss hier besser werden“, fordert Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes.

„Wir haben die Chance, menschengemachtes CO2 zu binden“

Pflanzaktionen fürs Klima – und die Zukunft

Falk Böttcher vom Deutschen Wetterdienst im Interview

Mehr Wald und weniger CO2: sächsische Unternehmen pflanzen Bäume

Regenschirm? Dicke oder dünne Jacke? Ohne den Wetterbericht verlassen die wenigsten das Haus. Im Interview spricht der Agrarmeteorologe Falk Böttcher vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig darüber, wie die Vorhersagen entstehen, wie sich das Klima verändern wird und welche Folgen das haben kann. Herr Böttcher, alle reden ja gerne übers Wetter – zu kalt, zu warm, zu regnerisch. Wie war denn das Wetter in Sachsen in diesem Jahr? Durchschnittlich war es in diesem Jahr zu warm. Beim Niederschlag hatten wir Perioden, die zu trocken, und andere, die zu nass waren. In der ersten Hälfte der Vegetationszeit war es sehr trocken. Bisher war es aber kein außergewöhnliches Jahr. Aber abschließend können wir es noch nicht ganz genau sagen. Wir merken allerdings schon, dass die Schwankungsbreite in den vergangenen Jahren größer geworden ist. Damit muss man heute rechnen und leben. Wie genau sind Ihre Vorhersagen? Die klassische Wettervorhersage kann ungefähr für zwölf bis 14 Tage genaue Vorhersagen treffen. Die erstellen wir auf Basis von gemessenen Ausgangswerten und physikalischen Beschreibungen, die in die Zukunft gerechnet werden. Nach diesem Zeitraum braucht man eine andere Methodik. Wir schauen uns dann die Größen an, die nicht so veränderlich sind, zum Beispiel die Bodenfeuchte und Meeresoberflächentemperaturen. Denn bei aller Genauigkeit der Messung und Beschreibung des Ausgangszustands unterliegt das Wetter ja immer einer gewissen Chaotik. Ab einem gewissen Punkt können wir keine expliziten Vorhersagen mehr treffen, sondern nur die Wahrscheinlichkeit gegenüber dem Normalwert angeben. In den vergangenen Jahren haben wir bei dieser Methodik viele Fortschritte gemacht, aber wir stecken trotzdem noch in den Kinderschuhen.

Wie entstehen die Vorhersagen? Unsere Daten basieren auf einem Messnetz. In Deutschland gibt es circa 500 Klimastationen, circa 3000 Niederschlags-Messstellen und 18 Standorte mit Wetterradarsystemen sowie andere Fernerkundungssysteme wie Satelliten. Wir werden immer die bodengebundenen Stationen brauchen, auch wenn die Fernerkundungsmethoden immer wichtiger werden. Für die Forstwirtschaft

„Die klassische Vorhersage kann für zwölf bis 14 Tage genaue Vorhersagen treffen.“ Falk Böttcher, Agrarmeteorologe

verwenden wir zum Teil Statistiken von Waldklimastationen, die vom Freistaat Sachsen betrieben werden. Diese Daten werden zusammengetragen und daraus ein Bild der Atmosphäre erzeugt. Anhand dessen rechnen wir in die Zukunft. Wetter-Apps fürs Smartphone sind beliebt. Welche können Sie empfehlen? Es gibt viele Wetter-Apps auf dem Markt. Der Nutzer sollte bei der Entscheidung für die eine oder andere App versuchen zu erkunden, wie oft die Vorhersagedaten aktualisiert werden und ob es eine fortlaufende Anbindung an gemessene Werte gibt, denn nur dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Vorhersage stets mit aktuellen Werten verknüpft ist. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Wetter und Klima?

Es gibt drei Kategorien, die aufeinander aufbauen. Das Wetter ist der Augenblickszustand. Bei der Witterung wird das Wetter über einen gewissen Zeitraum beschrieben und so der Charakter einer gewissen Zeitreihe festgestellt. Das Klima ist ein Überblick des Wetters über einen sehr langen Zeitraum von mindestens 30 Jahren. Daraus werden Statistiken übers Wetter abgeleitet. Wie wird sich das Klima in Sachsen entwickeln? Was wir wissen ist, dass es eine Erwärmung um zwei bis sechs Grad geben wird. Wie stark die letztendlich ausfällt, daran haben wir selbst einen Anteil. Die Politik will die Erwärmung auf zwei Grad begrenzen. Wir haben die Chance, menschengemachtes CO2 zu binden, zum Beispiel durch Renaturierung und Aufforstung. Beim Niederschlag müssen wir bei den Klimamodellen Vorsicht walten lassen. Wahrscheinlich wird sich die Jahressumme nicht ändern, aber die Verteilung: Es wird wohl mehr Niederschlag im Winterhalbjahr und weniger im Sommerhalbjahr geben. Wir rechnen außerdem mit stärkerem punktuellen Niederschlag. Unser Hauptziel ist es, zu lernen, wie wir schadlos mit Niederschlagsüberschuss umgehen. Der Humus-Gehalt des Bodens spielt dabei eine Rolle, wie viel Wasser der Boden aufnehmen kann. Was bedeutet das für die Pflanzen? Man muss bedenken, dass Pflanzen eine ökologische Nische besetzen, innerhalb derer sie leben und überleben können. Mit einer anderen Temperatur- und Niederschlagsverteilung ist die Frage, wie sich die ökologischen Nischen, zum Beispiel von Bäumen, verschieben. Reden Sie privat gerne übers Wetter? Es bleibt nicht aus, man wird ja gefragt. Wenn ich Urlaub habe, interessiert mich der Wetterbericht aber nicht so sehr. Ich nehme dann das Wetter so, wie es kommt.

Pflanzen sind gut fürs Klima, Wälder erst recht. Denn sie entziehen der Atmosphäre das schädliche Kohlendioxid, speichern es – und Holz als nachwachsender Rohstoff ist eine Alternative zu anderen energieintensiveren Materialien. Allerdings ist Sachsen ein relativ waldarmes Bundesland. Hier mehr Grün zu schaffen ist Aufgabe der Stiftung Wald für Sachsen. Mit verschiedenen Partnern und Sponsoren aus Privatleuten, Kommunen und Wirtschaft setzt sie sich dafür ein, dass der Waldanteil im Freistaat zunimmt. Gerade energieintensive Unternehmen können so ihren CO2-Abdruck verringern und direkt etwas für ein besseres Klima tun. Erst im Oktober haben zum Beispiel Mitarbeiter von DHL in Lunzenau im Landkreis Mittelsachsen mit der Pflanzung von 2000 Bäumen begonnen, darunter Traubeneichen, Bergahorn, Rotbuchen und Bergulmen. Anlass war ein weltweit im Konzern durchgeführter Freiwilligentag. Für DHL nur ein Bau-

stein eines großen Klimaschutzziels: „Bis 2050 sollen alle logistikbezogenen Emissionen der Deutsche Post DHL Group auf null reduziert werden“, sagt Mattias Persson, Pressesprecher für DHL in Sachsen. Auch die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Mibrag) unterstützt Stiftung Wald für Sachsen bei Projekten zur Waldmehrung. Seit 2004 engagiert sich die Mibrag insbesondere in den ehemaligen Tagebauten Peres und Regis im Landkreis Leipzig – in Zusammenarbeit mit LEAG Kraftwerk Lippendorf und der Schule zur Lernförderung Elstertrebnitz. Soziale Verantwortung und regionales Engagement gehören zu den Unternehmensprinzipien, dazu gehört auch die Umweltbildung von Schülern im Rahmen von Baumpflanzaktionen. „Umweltschutz ist uns sehr wichtig. Die Förderung von Braunkohle versteht sich als Bergbau auf Zeit. Denn ein Rohstoffunternehmen, das von und mit der Natur lebt, besitzt ein natürliches Inter-

esse an einem ressourcenschonenden und respektvollen Umgang mit der Landschaft, in der es tätig ist“, ergänzt Mibrag-Sprecherin Sylvia Werner. Seit 2006 gibt es gemeinsame Pflanzaktionen der Mitgas Mitteldeutsche Gasversorgung GmbH mit der Stiftung Wald für Sachsen – die nächste ist im Frühjahr 2018 geplant. „Mitgas engagiert sich seit vielen Jahren für verschiedene Vereine und Initiativen in ihrem Versorgungsgebiet“, erklärt Sprecherin Cornelia Sommerfeld. „Das Augenmerk liegt dabei traditionell neben der Sport- und Nachwuchsförderung auf dem Naturschutz. Insbesondere dieser schafft eine lebenswerte Umwelt für die Menschen unserer Region, denen sich Mitgas als regional verwurzeltes Unternehmen verpflichtet fühlt.“ Und die Bilanz aus elf Jahren Zusammenarbeit kann sich durchaus sehen lassen: Insgesamt wurden circa 75 000 Bäume und Sträucher gepflanzt und sind 19 Hektar neuer Wald entstanden.

Bevor aus einem zarten Pflänzchen ein Baum entsteht, dauert es Jahre. Langfristig sorgt mehr Wald für ein besseres Klima.

STICHWORT

Stiftung Wald für Sachsen Die gemeinnützige Stiftung wurde 1996 gegründet. Seitdem koordiniert und realisiert sie Pflanzaktionen im gesamten Freistaat. Ganz im Sinne des gesellschaftlichen Interesses an Schutz, Erhaltung und Mehrung des Waldes unterstützt sie dabei sowohl öffentliche als auch private Vorhaben – berät, projektiert und hilft bei der Finanzierung. Ziel ist es, so zur langfristigen CO2-Bindung und damit zum Klimaschutz, zur Entwicklung neuer Lebensräume und zur Verbesserung der Erholungsfunktion in der Region beizutragen.

Kraftstoff aus Abfällen und Elektrizität? Leipziger Wissenschaftler zeigen, dass es möglich ist, aus Biomasse und elektrischer Energie drop-in Kraftstoff zu produzieren

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b Klimawandel, wachsende Nachfrage nach Ressourcen oder umweltbelastende Stoffströme – wir brauchen nicht nur eine Energiewende, sondern eine Kehrtwende hin zu einem produkt­ orientierten und integrativen Umweltschutz. Kreisläufe müssen geschlossen werden, umweltschädliche Einsatzstoffe müssen durch ökologisch verträgliche ersetzt werden, der Verbrauch fossiler und anorganischer Rohstoffe muss reduziert werden. Eine Schlüsselrolle bei der Suche nach Lösungen spielen neue Verfahren der Biotechnologie. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) Leipzig, der Universität Tübingen, der ameri­

kanischen Cornell University und des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) Leipzig zeigen, dass durch die Kombination von mikrobieller und elektrochemischer Stoffumwandlung aus Biomasse hochwertige Produkte entstehen können. In ihrem Experiment nutzten die Forscher ein Abfallprodukt der Bioethanolherstellung und Maissilage, um Alkane mit hoher Energiedichte und dieselähnlichen Eigenschaften, herzustellen. Die Arbeit wurde in Energy & Environmental Science, dem am höchsten klassifizierten Journal der Umweltwissen­ schaften veröffentlicht. Kernpunkt der Forschung: die bioelektrochemische Synthese, die von Chemi-

ker Dr. Falk Harnisch und seiner Arbeitsgruppe am UFZ in Leipzig erforscht wird. „Durch die Kombination von mikrobieller und elektrochemischer Stoffumwandlung

Zukünftig könnten Bioelektroraffinerien entstehen, die Kraftstoffe, Energie und Chemikalien produzieren. Dr. Falk Harnisch, Chemiker am UFZ Leipzig

könnten zukünftig Bioelektroraffinerien entstehen, die Kraftstoffe, Energie und Chemikalien durch integrierte Biomassenutzung produzieren“, sagt Harnisch. In einer aktuellen Studie zeigen die Forscher, dass Biomasse in Alkane mit hoher Energiedichte und dieselähnlichen Eigenschaften überführt werden kann. So wurde auf der Basis von corn beer, einem Abprodukt der Bioethanolherstellung aus Mais, im Laufe des kombinierten mikrobiologisch-elektrochemischen Prozesses bereits eine Biomasse/Kraftstoff-Ausbeute von 50 Prozent erreicht. Professor Lars Angenent von der Universität Tübingen, ein Mitautor der Studie, hebt hervor: „Mit dem corn beer haben

wir in diesem Experiment einen relativ hochwertigen Ausgangsstoff genutzt. Weiterführende Versuche zeigen uns jedoch deutlich, welch großes Potenzial in dem Verfahren steckt – sowohl im Hinblick auf die mögliche Vielfalt der Ausgangsstoffe und der erhaltenen Produkte als auch den gekoppelten Ablauf von Mikrobiologie und Elektrochemie.“ Denn während die mikrobielle Synthese kontinuierlich abläuft, kann die schnellere elektrochemische Stoffumwandlung Über­schussstrom verarbeiten. Damit kann Kraftstoff als effektiver Speicher von elektrischer Energie dienen. Falk Harnisch betrachtet diese Studie als ersten Schritt in der Verfahrensent-

wicklung. „Wir haben im Labormaßstab gezeigt, dass ein solcher Prozess durchführbar ist.“ Die Zukunft wird zeigen, inwiefern das Verfahren ökonomisch wettbewerbsfähig ist. Dies sei, so Harnisch, allerdings auch eine Frage der politischen Rahmenbedingungen zur Förderung von Mobilität. Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich unter anderem mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten sowie Umwelt- und Biotechnologien.


ENERGIE REPORT

NR. 282 | DIENSTAG, 5. DEZEMBER 2017

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Der Alte dreht weiter

Den alten Stromzählern geht es so wie vielen Menschen, in deren Kellern sie hängen: Ihnen ist der Hype um die Digitalisierung zu viel. Deshalb werden sie bald zu den Abgehängten gehören. Gefragt sind smarte Typen – Geräte, die mehr als nur zählen können. Aber sie lassen auf sich warten.

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igentlich sind es zwei Geräte in ei­ nem: Ein moderner Stromzähler, der statt eines Jahresverbrauchs im 15-Mi­ nuten-Takt anzeigen kann, wie viel Strom verbraucht wird, und ein Gerät, das über das Internet die Verbrauchsda­ ten an den Stromnetzbetreiber weiter­ gibt, das sogenannte Smart Meter Gate­ way. Beide gemeinsam nennen sich „in­ telligentes Messsystem“ beziehungs­ weise „Smart Meter“ und sie sind bereits seit diesem Jahr Pflicht – zumin­

dest für diejenigen mit einem Verbrauch von mehr als 10 000 Kilowattstunden im Jahr. Doch bei der Einführung gibt es ein Problem: Nur ein Teil der modernen Stromzähler kann bisher das, was er ver­ spricht. Die zweite Technik ist noch gar nicht auf dem Markt angekommen. Nach Einschätzung des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) ist vor Mitte 2018 jedoch nicht mit der Einfüh­ rung vernetzter Stromzähler zu rechnen. Laut der Bundesnetzagentur fehlt noch

die Definition der technischen Rahmen­ bedingungen für die neue Messtechnik. Die Kommunikationseinheiten der Smart Meter müssen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erst zertifiziert werden. Bislang ist das dem BSI zufolge bei keinem Gerät geschehen. Wenn die Geräte nicht vorlä­ gen, könne der weitere Prozess nicht ab­ geschlossen werden, der Zeitplan rutsche nach hinten, erklärte ein VKU-Sprecher. Es findet aber ein Austausch schon ab

Gerüstet gegen Natur, Fremdeingriffe und Hacker 2017 statt: Nach und nach bis 2032 er­ neuern örtliche Netzbetreiber sämtliche alten Stromzähler, erklärt der VKU. Haushalte mit einem Jahresverbrauch unter 6000 Kilowattstunden bekommen einen digitalen, aber nicht aus der Ferne auslesbaren und nicht vernetzten Zähler. Das gilt auch für Haushalte, die zum Bei­ spiel auf dem Dach mit einer Photovol­ taikanlage mit unter sieben Kilowatt Ma­ ximalleistung selbst Strom erzeugen. Diese seien nicht von der Verzögerung betroffen, betont der VKU. Mit Beginn dieses Jahres sollten je­ doch eigentlich auch Einheiten mit ei­ nem Verbrauch von mindestens 10 000 Kilowattstunden im Jahr anstelle des al­ ten Zählers nach und nach von örtlichen Netzbetreibern mit Smart Metern ausge­ stattet werden. So einen hohen Ver­ brauch haben vor allem Industrie und Gewerbe. Betroffen davon sind auch Haushalte mit eigener Photovoltaikanla­ ge, die über sieben Kilowatt maximale Leistung liefert. Das verzögert sich nun. Geplant ist, dass ab 2020 auch Haus­ halte mit einem Jahresverbrauch von 6000 bis 10  000 Kilowattstunden diese Aufrüstung erfahren. Auch dieser Start­ zeitpunkt ist dem VKU zufolge stark ge­ fährdet. Die Smart Meter gelten als wichtiger Baustein zur Energiewende. Statt wie früher speisen nicht ein paar Hundert Großkraftwerke, sondern 1,6 Millionen Windkraft-, Photovoltaik- oder Biomasse­ anlagen Strom ins Netz. Viele Haushalte sind Produzenten und Konsumenten, neudeutsch Prosumer. Mit Speichern im Keller können sie im Handel aktiv wer­ den oder Kapazitäten an Anbieter ver­ mieten, die damit virtuelle Kraftwerke bilden. Die geben je nach Marktlage Strom ins Netz oder speichern ihn. Sol­ che Anbieter und Netzbetreiber brau­ chen in Echtzeit Daten über Angebot und Nachfrage, damit sie das Netz sicher re­ gulieren können.

Wie sicher ist die Stromversorgung?

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orgens Kaffee kochen, mit dem Smartphone die Nachrichten che­ cken, am PC arbeiten und abends ein­ fach das Licht anmachen – der moderne Mensch ist abhängig von Strom. Und diese Abhängigkeit wird mit der Zu­ nahme von „Smart Homes“ und der Digitalisierung von Wirtschaft und Ge­ sellschaft weiter zunehmen. Doch wie sicher ist unsere Stromversorgung ­ vor Ausfällen und wie wappnen sich die ­Betreiber? Grundsätzlich gibt es keinen Anlass zur Sorge: ein flächen­ deckender Stromausfall ist unwahrscheinlich. Nicole Rühl, Pressesprecherin der Stadtwerke Leipzig: „Ge­ nerell strebt die Ener­ giewirtschaft in der Regel eine Ausfall­ redundanz an. Das heißt: Sie sehen für den Ausfall einer Anla­ ge eine Alternative vor, die als Reserve fungiert.“ Gerade innerhalb der Stadt Leipzig sei den Stadtwerken das be­ sonders wichtig, da hier nicht nur viele Menschen wohnten, sondern auch wichtige beziehungsweise sensible In­ frastrukturen zu versorgen seien. „So sind wir bei Störungen in der Lage, durch Netzumschaltungen schnell wie­ der versorgen zu können. Sollte dies einmal nicht umgehend möglich sein, können wir beispielsweise auf Not­ stromaggregate für eine Notversor­ gung zurückgreifen“, so Rühl weiter. Die Gründe für einen Stromausfall können ganz verschieden sein: Witte­ rung in Form von Sturm, Schnee oder Eislast, Fremdeingriffe durch Bagger bei Tief- und Hochbau, Privatpersonen oder Forstarbeiten, technische Ursa­ chen wie Alterung oder Materialfehler, höhere Gewalt wie Sturm und Hoch­

Welche Katastrophen könnten Sachsen zztreffen und wie gut sind wir vorbereitet? Eine LVZ-Multimedia-Serie beschäftigt sich mit dem Thema Krisenszenarien: www.multimedia.lvz.de/katastrophe

Wie lange dauert ein Stromausfall?

Hierzulande wird jährlich fast genauso viel Holz zur Erzeugung von Energie verbrannt, wie im deutschen Wald geerntet wird. ehr als 15 Millionen Feuerstellen und Holzheizanlagen gibt es bereits in Deutschland. Etwa jeder vierte Haus­ halt verheizt Scheitholz, Hackschnitzel oder Holzpellets. Doch wenn überall kräftig angefeuert wird, hat das Folgen für die Umwelt. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Menge des verfeuer­ ten Holzes vervielfacht. Derzeit werden in Deutschland laut einer Studie der Uni­ versität Hamburg jährlich fast genauso viel Holz und Holzprodukte zur Erzeu­ gung von Energie verbrannt (gut 70 Mil­

wasser, aber auch Tiere, Vandalismus und Cyber-Angriffe. Gegen das Wetter und Tiere kann man nicht viel tun, aber für alle anderen Eventualitäten bereiten sich Netzbe­ treiber und Versorger akribisch vor. Regelmäßig werden Anlagen und Ka­ bel kontrolliert. Verschiedene Krisen­ szenarien werden mit Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Kommu­ nen durchgespielt. Details zu Checklisten und Ablaufplänen gibt es aus Sicherheitsgründen nicht. Aus gutem Grund: Denn das Stromnetz ist auch durch Hacker gefährdet. Bei Mit­ netz Strom schützt man sich davor unter anderem durch das schnelle Schließen von bekannt gewordenen Sicher­ heitslücken und regel­ mäßige Schulungen der Mitarbeiter. „Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird regelmäßig kontrolliert. Hier gibt es auch klare Vorgaben vom Bundes­ amt für Sicherheit in der Informations­ technik“, heißt es von Mitnetz. Und wenn dann doch der Strom aus­ fällt, hat das Bundesamt für Bevölke­ rungsschutz und Katastrophenhilfe fol­ gende Tipps: Kerzen, Taschenlampen und ein batteriebetriebenes Radio parat haben, kleinere Mahlzeiten mit einem Campingkocher zubereiten – auch ein Grill kann eine Alternative zum Herd sein – und Bargeldreserven zu Hause haben. Eine Broschüre mit Check­ liste gibt es unter www.bbk.bund.de.

HINTERGRUND

Ein Knistern mit Folgen M

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lionen Kubikmeter), wie laut Bundeswaldinventur im deutschen Wald geern­ tet wird (etwa 76 Millionen Kubikmeter). Hinzu kommt, dass Rauch aus den pri­ vaten Kaminen teilweise schädlicher ist als der gesamte Straßenverkehr. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes liegen die Emissionen aller „Kleinfeue­ rungsanlagen“ zeitweise über den Ge­ samtemissionen der Autos. Was im Wohnzimmer den Wohlfühlfaktor erhöht, trägt maßgeblich zur Überschreitung der Feinstaub-Grenzwerte bei.

Was auch daran liegt, dass Kamine zwar einst als Heizung der Armen galten, heute das Holzfeuer aber ein Well­ ness-Wohntrend ist. Die meisten Neu­ bauten in Deutschland werden mit Feu­ erstellen ausgestattet, Altbauwohnungen mit Design-Öfen von Manufactum oder Billig-Bolleröfen aus dem Baumarkt nachgerüstet. Ums Sparen geht es dabei weniger: Ein Ofen aus sandgestrahltem Gusseisen kostet schon mal 8000 Euro. Weil das Holz aus heimischen Wäl­ dern längst nicht mehr ausreicht, wird

Brennholz aus Osteuropa importiert, die deutsche Möbelindustrie kauft Hölzer aus Südamerika und Asien – angesichts der globalen Waldverluste, des Artens­ terbens und des Klimawandels eine fragwürdige Entwicklung. Die wenigs­ ten Ofenbesitzer besitzen Wald, damit sind sie auf Brennmaterial aus dem Han­ del angewiesen. Angesichts der Preisex­ plosion auf dem Holzmarkt achten die meisten Verbraucher da eher auf den Cent als auf die ökologisch korrekte Herkunft.

Knapp zwölf Minuten pro Jahr – so lan­ ge muss der Leipziger im Durchschnitt ohne Strom auskommen, heißt es von den Stadtwerken Leipzig. Die Ausfall­ zeiten haben sich verbessert. Zwischen 2007 und 2012 lag die durchschnittliche Ausfallzeit noch bei 23 Minuten pro Jahr. Ein Grund dafür: „Durch den Ein­ satz von sogenannten fernauslesbaren Kurzschlussanzeigern kann heute zum Beispiel schneller lokalisiert werden, wo die Ursache für einen Stromausfall zu suchen ist. Auch können wir heute Arbeiten an Stromkabeln unter Span­ nung durchführen, was die sogenann­

ten geplanten Unterbrechungen redu­ ziert“, erklärt Nicole Rühl von den Stadtwerken Leipzig. Im ländlichen Raum kann ein Stromausfall schon mal etwas länger dauern – was sich mit zum Teil längeren Anfahrtswegen erklären lässt. Genaue Zahlen gibt es von der Mitnetz Strom nicht. „Wir haben Stro­ munterbrechungen, die durch Schalt­ handlungen in der Schaltleitung inner­ halb von Sekunden wieder behoben sind“, sagt Mitnetz-Sprecherin Evelyn Zaruba. „Witterungsbedingt kann die Behebung eines Stromausfalls aber auch mehrere Stunden andauern.“

Investition in Versorgungsicherheit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit Leipziger Stadtwerke errichten vier dezentrale Energiestationen Die Leipziger Stadtwerke errichten in den kommenden Monaten vier dezent­ rale Energiestationen, sogenannte Block­ heizkraftwerke (BHKW), an eigenen Standorten in Leipzig. „Wir investieren in diese Anlagen insgesamt 8,8 Millio­ nen Euro – und damit in die Versorgungs­ sicherheit der Leipziger und in eine hö­ here Flexibilität sowie Wirtschaftlichkeit unseres Erzeugerparks“, erklärt Karsten Rogall, Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke. Bis zum Jahres­ende sollen die Energie­stationen errichtet werden und ab 2018 die Strom- und Wärmever­ sorgung Leipzigs ergänzen. „Diese Investition ist für uns ein weiterer wichtiger Schritt, die Energie­ wende in unserer wachsenden Stadt zu gestalten“, betont Rogall. Wenn die Klimaziele erreicht werden sollen, sei es unverzichtbar, die heute schon um­ weltfreundliche Fernwärmeversorgung weiter zu entwickeln. Dafür gewähr­ leisten diese modernen und lastflexiblen Erzeugeranlagen strom- und wärmeseitig Versorgungssicherheit und Netzstabilität.

Die Energiestationen arbeiten in Kraft-­Wärme-Kopplung mit einem sehr hohen Gesamtwirkungsgrad von circa 90 Prozent und stellen verbrauchsnah gleichzeitig Strom und Wärme bereit. So wird die eingesetzte Primärenergie ef­ fizient ausgenutzt. Jede der Energie­ stationen verfügt über eine thermische und eine elektrische Leistung von je zwei Megawatt. Diese Leistung ist aus­ reichend, um rein rechnerisch 400 Haus­ halte neu an das Fernwärmenetz anzu­ schließen und den Strombedarf von rund 9000 Leipziger Haushalten zu decken. „Mit unseren neuen Energie­stationen halten wir nicht nur die zu Recht hohen Anforderungen der technischen Anlei­ tung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) ein, sondern leisten auch einen gewich­ tigen Umweltbeitrag“, erklärt Rogall. „Im Vergleich zur getrennten Erzeugung von Strom und Wärme spart jede der Energiestationen jährlich rund 1760 Ton­ nen CO2 für Leipzig ein. Eingebaut wer­ den die Anlagen schallgeschützt in ehe­ malige Umformerstationen. So sorgen

die Stadtwerke dafür, dass die Energie­ stationen im Quartier zu den ruhigen Nachbarn gehören werden. „Außerhalb der Gebäude werden unsere Energie­ stationen weniger wahrnehmbar sein, als ein Kühlschrank“, so Rogall. Der erzeugte Strom versorgt das je­ weilige Quartier über das lokale Netz der Netz Leipzig. Die Wärme wird im Fernwärmenetz an die Haushalte im Viertel verteilt. Damit unterstützen die Energiestationen auch den weiteren Ausbau der Fernwärmeversorgung und tragen zu einer stabilen und sicheren Fernwärmeversorgung Leipzigs bei. Die Energiestationen sind ebenso effizient wie flexibel und liefern damit einen weiteren Pluspunkt. Sie sind in der Lage, dringend benötigte Regel­ energie, also kurzfristig verfügbaren Strom, zu liefern. Mit diesem kann die schwankende Einspeisung erneuerba­ rer Energien im Netz ausgeglichen und der wirtschaftliche Betrieb der Anlagen unterstützt werden. „Leipzig erlebt gerade eine zweite

Die Energiestationen arbeiten in Kraft-Wärme-Kopplung mit einem sehr hohen Gesamtwirkungsgrad von circa 90 Prozent und stellen verbrauchsnah gleichzeitig Strom und Wärme bereit.

Gründerzeit“, sagt Johannes Kleinsorg, Sprecher der Stadtwerke-Geschäftsfüh­ rung. „Unser Ziel ist es, die sichere Ener­ gieversorgung der wachsenden Stadt zukunftsweisend, ressourcenschonend

und gemeinsam mit den Leipzigern zu gestalten.“ Dabei setze das Unterneh­ men gezielt auf eine intelligente und technologieoffene Verknüpfung von effi­ zienten konventionellen und erneuerba­ ren Energien. „Die Energiewende muss wesentlich konsequenter dezentral ge­ stalten werden – mit einem Transforma­ tionsprozess, bei welchem sich wirt­ schaftliches Wachstum und ökologische Weitsicht nicht ausschließen, sondern bestenfalls befördern“, fordert Kleinsorg. Denn die Energiewende sei, gerade in Leipzig, vor allem eine Wärmewen­ de, so Kleinsorg weiter. Bis 2020 soll der Wärmebedarf von Gebäuden um 20 Pro­ zent sinken; bis 2050 sollen Häuser na­ hezu klimaneutral sein. „Wir müssen die Wärmeversorgung Leipzigs voraus­ schauend gestalten. Um den Wärme­ bedarf unserer Stadt mit ihrer dichten, historisch geprägten Bebauung weiter zu optimieren, müssen wir die heute schon umweltfreundliche Fernwärme­ versorgung weiterentwickeln und sinn­ voll mit neuen Technologien verknüp­

fen.“ Kleinsorg erinnert an das jüngste Ausbauvorhaben des Unternehmens: „Leipziger Stadtteile wie Plagwitz ha­ ben eine lebendige Zukunft, die wir gern mit effizienten Versorgungslösungen mitgestalten wollen.“ Die Stadtwerke planen, 75 Megawatt (MW) Fernwärme­ leistung bis 2020 in Leipzig neu anzu­ schließen, was rein rechnerisch dem Wärmebedarf von rund 25 000 Woh­ nungen entspricht. Neben Neuerschlie­ ßungen wie in Lindenau, Plagwitz und Anger-Crottendorf konzentriert sich das Unternehmen auch auf die Verdichtung ihres Fernwärmenetzes. Dafür wollen die Stadtwerke in diesem Zeitraum rund 30 Millionen Euro in den Ausbau ihrer Fernwärmenetze in Leipzig investieren. Dies sichert auch Arbeitsplätze in Hand­ werk und Gewerbe in der Region. Und es leistet einen wichtigen Beitrag für die Umwelt, denn im Vergleich zu einer Öl­ heizung spart die Versorgung mit Fern­ wärme rund 50 Prozent CO2 und im Vergleich zu einer Gasheizung rund 25 Prozent CO2. Anzeige

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ENERGIE REPORT

DIENSTAG, 5. DEZEMBER 2017 | NR. 282

Ohne Gas geht hier nichts I

n der Glasherstellung ist Gas ein punktgenauer Wärmelieferant für die Leuchtenproduktion. Die Herstel­ lung von Glas ist sehr auf­ wendig – und kaum denk­ bar ohne Erdgas. Etwa 30 Millionen Kilo­ wattstunden des Energieträgers ver­ braucht eine Glas­ hütte pro Jahr. Mit

aus Sand, Pottasche, Kalk und Soda zu einer flüssigen Glasmasse. Glasmacher holen die 1200 Grad Celsius heiße Glasmasse aus der Arbeits­ wanne, wickeln diese durch Drehen auf und bringen sie durch Gebläse in Form. Anschließend wird die Form mit Was­ ser abgekühlt.

dieser Energie­ menge können rund 400 Tonnen Sand in der Schmelz­ wanne verflüssigt werden. Hier herrschen besonders hohe Tempera­ turen, die am schnellsten und kostengünstigsten mit Erdgas er­ zeugt werden können. Bei mehr als 1000 Grad Celsius wird das Gemisch

Herzstück der Glasproduktion ist der Schmelzofen, der 365 Tage im Jahr rund um die Uhr läuft. Ein Herunterfah­ ren des Ofens würde al­ les Material unbrauchbar ma­ chen. Mit Hilfe von Erdgas lässt sich die hohe Temperatur konstant hoch halten und die Produktion sichern.

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as haben eigentlich Erdgas und Nahrungsmittel mitein­ ander zu tun? Beim ersten Gedanken rein gar nichts. Und dennoch spielt der Energieträ­ ger im Nahrungs­ mittelhandwerk und der fleisch­ verarbeitenden In­

Oktober 2013 kommt der wertvolle Energieträger mit einem Druck von 30 bar an. An der werkseige­ nen Gasübergabestation wird er auf 2,5 beziehungsweise 24 bar für die neue hocheffiziente Gas­ turbine reduziert – ein modernes

dustrie eine wich­ tige Rolle. So wer­ den beispielsweise bei der Naturin ­Viscofan GmbH Kol­ lagenhüllen für Würste aller Art produziert – und Erdgas liefert den Treibstoff für die Produktionsanlagen. Dafür wurde eine neue Erdgasleitung an das Betriebsgelände im baden-würt­ tembergischen Weinheim gelegt. Seit

System, das zu­ gleich Energie spart. Effizient heißt für das 1933 gegründete Unter­ nehmen Naturin: Eine Gasturbine, die sowohl Dampf als auch Strom er­ zeugt. Der größte Vorteil für den Be­ trieb: Das Verhältnis von Wärme zu Strom liegt bei 1,6:1. Das deckt genau den Bedarf des Werks.

Erdgas ist ein bedeutender Energieträger für die deutsche Industrie. Rund 37 Prozent des Brennstoffs gehen hierzulande an Industriekunden. Hier ein paar Beispiele.

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rdgas und Fahrzeuge – das passt nicht nur bei Antrieben. Auch bei der Fahrzeugproduktion übernimmt Erdgas eine wichtige Rolle. So nutzt Volkswagen den Ener­ gieträger zur Warm-­ Umformung von Stahlblechen, die später die Fahr­ gastzelle des Wa­

serie des Golf VII rund 23 Kilogramm beim Gesamtgewicht eingespart wer­ den. Das Ergebnis: Materialkos­ ten und Ressourceneinsatz, aber auch Kraftstoffver­ brauch und CO2-Emis­ sionen sinken. Und das bei gleichem Schutz für die In­ sassen. 60 000 warmumgeformte

gens bilden. Erd­ gasbetriebene Öfen erhitzen die Bleche, bevor sie in der Presse geformt und gekühlt werden. Wieder erkaltet ist das Material doppelt so hart wie vor der Erhitzung. Wegen der hohen Steifigkeit des ultrahochfesten Stahls können beispielsweise bei der Karos­

Teile verlassen täglich das zweit­ größte deutsche VW-Werk bei Kas­ sel. Jede der elf War­ mumformlinien hat ei­ nen eigenen – 950 Grad Celsius heißen – Ofen mit mehreren Dutzend Gasbrennern so­ wie eine Presse. Pro Tag werden rund 1000 Tonnen Stahl-blech verarbeitet.

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er an Whisky denkt, denkt in der Regel an Schottland oder Irland. Doch auch in Deutschland wird mittlerweile hochwertiger Whisky ge­ brannt. In Nellingen auf der Schwäbischen Alb produziert die finch® Whisky­ destille seit 1999 „das Wasser des

Die vergorene Maische wird in der sogenannten Pot Still destilliert. Pot Stills sind Brennblasen aus Kupfer mit bis zu 3000 Liter Fassungs­ vermögen. Die Destillati­ on dauert rund sieben Stunden. Für die Whiskyherstellung wird nur der rein­ ste Teil des Roh­ brands verwen­

Lebens“. Beim Destillierprozess spielt Erdgas eine Schlüsselrolle. Der Energieträger liefert punktgenaue Brenn­ temperaturen und beheizt die Brennblase verlässlich und exakt. Die Temperaturen wäh­ rend des Destillationsprozesses liegen zwischen 70 und 100 Grad Celsius.

det, der soge­ nannte Mittel­lauf. Mittellauf Der kommt mit Tempe­ raturen von unter 20 Grad und einem Alko­ holgehalt von etwa 90 Prozent aus der Destillation. Die restliche Maische wird in eine externe Biogasanlage eingespeist, mit der Strom produziert wird.

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er Porzellanhersteller Kahla aus Thüringen brennt Quali­ tätsprodukte bei 1400 Grad Celsius. Für die Produktion von Porzellan braucht es nicht nur viel Know-how, sondern auch gro­ ße Mengen an Erdgas. Kahla fer­

ren das Erdgas direkt zum Ofen, wo es über Brenner direkt im Ofenraum verbrannt wird. Im Ofen ent­ stehen so verschiedene Brennzonen, in denen unterschiedliche, ex­ akt definierte Tem­ peraturen herr­ schen. Diese punkt­ genaue Wärmebe­

tigt seit 1844 in der Gluthitze der Brennöfen hoch­ wertiges Geschirr aus Hartporzellan, das besonders stabil und langlebig ist. Nach­ dem die Rohlinge vollständig getrocknet sind, erfolgt der sogenann­ te Glühbrand, der den Porzellanteilen bei 900 Grad Celsius das gesamte Wasser entzieht. Dafür strömt in Roh­

reitstellung ist der große Vorteil von Erdgas. Denn für Porzellanpro­ die duktion ist es wichtig, dass zur richtigen Zeit an einer bestimmten Stelle im Ofen die korrekte Tempe­ ratur bereitsteht. Damit die Glasur untrennbar mit dem Porzellan ver­ bunden wird, durchlaufen die Porzel­ lanartikel erneut einen Brennprozess.

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Treibstoff aus der Tiefe VW, Audi und Opel pushen neben E- auch Erdgasautos

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ahren mit Erdgas? Warum nicht. Erd­ gasautos haben eine gute Klimabi­ lanz, geringe Geräuschbelastungen, sind günstig in den Betriebskosten und und so sicher wie jedes andere Fahr­ zeug. Audi, Opel, SEAT, Škoda und Volkswagen bieten für den Wechsel von einem alten Diesel (EU 1-4) auf ein CNG-Auto bis zum 31.Dezember 2017 verschiedene Prämien von 2750 Euro bis zu 9500 Euro an. Vor allem VW weitet zurzeit sein Angebot an CNG-Autos massiv aus, denn der Hersteller will die CNG-Technologie aus der Nische holen. Gemein­ sam mit Gasnetzanbietern und Betreibern von CNG­-Tankstel­ len hat VW das Ziel formuliert, bis 2025 die Zahl der Erdgas­-Fahrzeuge auf eine Million zu verzehnfachen sowie das Tank­ stellennetz von derzeit 900 auf 2000 Standorte auszubauen. Die CNG­Mobilität sei „die optimale Ergänzung zur Elektro­mobilität“, sagte Jens Ander­ sen, Konzernbeauftragter für das Thema Erdgas, gegenüber der Zeitschrift „Auto Bild“. Vielfahrer können VW Polo oder Seat Ibiza als CNG-Version gegen Ende 2017 ordern. Als Antrieb dient der 1,0-Liter-Dreizylinder mit 90 PS. Die Fach-Redakteure zeigen sich zu­ versichtlich: „Die Elektrifizierung wird kommen. Bei aller Begeisterung für Su­ perbatterien oder induktives Laden: Das sind visionäre Zukunftstechniken; wir brauchen aber jetzt Lösungen! Mit ihren Betrügereien haben die Autobosse den Diesel zugrunde gerichtet. Wer Ci­ ty-Fahrverbote fürchtet und viel fährt, für den ist Erdgas eine saubere Alterna­ tive, die sogar spart. Ob die Technik aus der Schmuddelecke herauskommt, liegt nun an den Herstellern. Erdgas könnte dem Verbrennungsmotor helfen, mittel­ fristig zu überleben“, so Matthias Moetsch. Bislang zeigten deutsche Käufer je­ doch wenig Interesse an Erdgasfahrzeu­ gen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres entschieden sich nur knapp 1700 Kunden für ein Fahrzeug mit diesem al­

ternativen Antrieb. Doch die Hersteller sind optimistisch. Auf der Internationalen Automobil Ausstellung 2017 in Frankfurt/ Main präsentierte Audi mit dem A4 Avant und A5 g-tron zwei Mittelklas­ semodelle, die mit einem Normver­ brauch von rund vier Kilogramm Gas auf 100 Kilometer punkten. Auch Opel präsentierte auf der IAA ein neues CNG-Fahrzeug als Alternative zu herkömmlichen Motoren. Die Rüssels­ heimer bringen zusätzlich zu Zafira Tou­ rer und Combo nun den Astra sowohl als Limousine als auch den Kombi mit Erd­ gas auf den Markt. Die Vor- und Nachteile von Erdgasau­ tos sind schnell aufgezählt. Pro Erdgas: geringere Kraftstoffkosten. Ein Kilo­ gramm Erdgas kostet derzeit zwischen einem und 1,10 Euro. Höherer Energie­ gehalt: Ein Kilogramm Erdgas hat die Energie von rund 1,28 Litern Diesel oder 1,44 Litern Benzin. Wenn ein Kilogramm Erdgas einen Euro kostet, entspricht dies einem Superbenzin-Preis von etwa 70 Cent pro Liter, rechnet der ADAC vor. Ein Kilogramm CNG hat zudem den Energiegehalt von rund zwei Litern LPG

(Autogas). Eine Kilowattstunde Energie aus Erdgas ist also rund ein Drittel güns­ tiger als bei LPG. Höhere Umweltfreund­ lichkeit: Rund 25 Prozent weniger CO2-Ausstoß, außerdem geringerer Schadstoffausstoß. Das alles hat seinen Preis. Erdgasautos sind teurer als die jeweiligen Benzinver­ sionen. Geringe Tankstellendichte: Weni­ ger als 1000 Erdgastankstellen stehen in Deutschland zum Beispiel rund 6500 Au­ togas-Zapfsäulen (LPG) gegenüber. Ab­ hängigkeit von Energieversorgern: Ähn­ lich wie bei Benzin- und Dieselpreisen können Versorger und auch die Politik durch Förderung oder Wegfall von Förde­ rung den Kraftstoff langfristig teurer oder günstiger machen. Folgekosten: Neben der üblichen Hauptuntersuchung (HU, umgangssprachlich TÜV) des Autos, die für den Gasantrieb (Sichtprüfung, Dich­ tigkeitsprüfung) rund 24 Euro mehr kos­ tet, müssen alle fünf bis zehn Jahre die Druckgasflaschen überprüft werden. Bei Neufahrzeugen allerdings sind die Be­ hälter für eine Lebensdauer von 20 Jah­ ren ausgelegt und bis dahin ist keine Überprüfung nötig.

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Content/Fotos/Grafik/Illustrationen: dpa/S.2,3,4,5; dwd/S.4; DavidRockDesign/pixabay.com/S.5; Wingas & Zukunft ERDGAS e.V./obs/S.6 Titelbild: dpa Layout: Anne Bittner Redaktionsschluss: 24.November 2017 nächste Ausgabe: Frühjahr 2018 Kontakt: serviceredaktion@lvz.de


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