FIT & GESUND
Freitag, 31. März 2017
| AKTION GESUNDHEITSWOCHEN
Diabetes – was hilft?
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Die „Sprechstunde“ mit Nina Ruge
Koch-Tipps zum gesunden Essen
Leipziger Forscher zu Kinder-Diabetes Foto: Fotolia
Fast jeder zehnte Deutsche leidet an Diabetes – im Osten mehr als im Westen. Wie können Sie sich gegen den Typ-2-Diabetes wappnen? Welche neuen Methoden helfen? Eine Analyse.
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Dem Diabetes davonlaufen
SPRECHSTUNDE VON NINA RUGE
Wege zur Kraft in uns
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ann haben Sie sich das letzte Mal gefragt, was Ihre Lebenssehnsucht ist? Was ist es, wonach Sie sich im tiefsten Inneren sehnen? Ich meine nicht das Schloss am See oder den Märchenprinzen. Ich meine: In welchem Gefühl möchten Sie leben? Ist es das Gefühl von Heiterkeit, Gelassenheit, tiefem Frieden? Sind es Angstfreiheit, Kraft, Optimismus? „Ups“, denken Sie vielleicht. „Das habe ich mich lange nicht gefragt.“ Und wenn ich damit richtig liege, dann frage ich Sie natürlich, auch noch, weshalb Sie den Glauben an das Lebensgefühl tiefer Erfüllung verloren haben. Wir haben es nie gelernt, wie wir sie wachsen und gedeihen lassen können – unsere innere Welt. Wir alle gehen zwar in die Schule – aber eine Lebensschule ist der Unterricht dort meistens nicht. Also, könnte es sein, dass Sie heimlich erwartet hatten, dass die Erfüllung Ihrer Lebenssehnsucht von außen kommen könnte? Von einem idealen Job, einem idealen Partner, einer idealen Familie? Irgendwann haben Sie dann desillusioniert festgestellt, dass da nichts oder nur wenig kommt – und so haben Sie sich gefügt, ins Älter-, ins Erwachsenwerden. Ihren Wünschen haben Sie still und heimlich, vielleicht auch unbewusst entsagt. Wie wäre es, wenn Sie die Perspektive wechselten, die innere Perspektive? Wenn Sie sich sagten: Ich bin es, die meine innere Gestimmtheit steuern, pflegen und entwickeln kann? Ich bin es, die mir den inneren Raum schaffen kann für Achtsamkeit, Vertiefung, Frieden. Ein solcher Perspektivenwechsel braucht Zeit – und er braucht Übung, liebevoll und täglich. Doch wenn Sie beginnen, ihrer Lebenssehnsucht zu folgen, und darauf vertrauen, dass alles schon da ist, in Ihnen, tief drinnen – Wärme, Kraft und Gelassenheit als unerschöpflicher Quell –, dann werden Sie spüren: Der erste Schritt ist bereits getan. Und die wunderbare Lust am Leben – sie kehrt zurück.
FREITAG, 31. MÄRZ 2017
Durch eine Lebensstiländerung lässt sich bei Typ-2-Diabetes viel erreichen – so senken Sport und Ernährung das Risiko für Folgekrankheiten. VON ANGELA STOLL
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er Anfang scheint harmlos: Die Haut ist sehr trocken und juckt, hinzu kommen ein starkes Durstgefühl und vermehrtes Wasserlassen. Auch eine unerklärliche Müdigkeit kann zu den ersten Symptomen gehören. Diabetes ist keine Erkrankung, die plötzlich ausbricht. Sie schleicht sich vielmehr in das Leben. Der extreme Durst ist dabei eine Reaktion des Körpers auf eine zu hohe Zuckerkonzentration im Blut: Da die Zellen den Zucker aus der Nahrung nicht mehr ausreichend aufnehmen können, versucht der Körper den überflüssigen Zucker mit dem Urin auszuscheiden.
„Wenn er so weitermacht, hat er gute Chancen, vom Insulin wegzukommen“, sagt sie. „Aber so etwas sind Einzelfälle.“
Eine frühe Diagnose ist hilfreich Klar ist, dass Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 durch Bewegung und geeignete Ernährung einen wichtigen Beitrag zur Therapie leisten können. „Vor allem dann, wenn der Diabetes früh entdeckt wird, kann man durch eine Lebensstiländerung viel errei-
Diabetes mellitus Typ 2 – was ist das?
Es gibt auch Erfolgsgeschichten Nicht jeder Diabetiker muss sofort Insulin nehmen. Besonders wenn der Diabetes früh entdeckt wird, schaffen es manche Patienten, ihren Blutzuckerspielgel mit Ernährung und Sport zu stabilisieren. Von Diabetikern, die bereits auf Insulin angewiesen sind, hört Nicola Haller hingegen oft folgende Frage: „Was meinen Sie, werde ich das wieder los?“ Bei ihrer Antwort legt sich die Diabetesberaterin nicht fest. „Grundsätzlich ist es immer möglich, die Krankheit zu stoppen“, sagt Haller, die auch stellvertretende Vorsitzende von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe und zugleich Vorsitzende des Verbands der DiabetesBeratungs- und Schulungsberufe in Deutschland ist. „Versprechungen mache ich aber nicht.“ Doch sie kennt aus der Praxis auch Erfolgsgeschichten. So betreut sie einen Patienten, der inzwischen Tag für Tag zehn Kilometer läuft.
chen“, sagt Prof. Baptist Gallwitz, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Wird das Programm konsequent durchgehalten, normalisieren sich die Blutzuckerwerte bei manchen Patienten, sodass sie keine Medikamente mehr brauchen. Besonders beeindruckend sind die Erfolge bei Menschen, bei denen sich die Krankheit erst anbahnt. So zeigten Studien, dass eine Lebensstiländerung einen Großteil der Patienten mit sogenanntem Prädiabetes vor Schlimmerem
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Minuten Bewegung am Tag helfen, den Blutzuckerspiegel zu stabilisieren.
Es handelt sich um eine häufige Stoffwechselkrankheit, an der schätzungsweise sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden. Sie entsteht durch eine Insulinresistenz: Dabei sprechen die Körperzellen nicht mehr richtig auf Insulin an. Dieses Hormon wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und sorgt dafür, dass Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert wird. Das kompensiert der Körper zunächst durch verstärkte Insulinproduktion. Irgendwann versagt dieser Mechanismus und es wird immer weniger Insulin gebildet. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel. Die Krankheit bereitet meist lange Zeit keine Beschwerden, sodass sie oft spät entdeckt wird. Hinweise können starker Durst, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und häufiges Wasserlassen sein.
Aktuell ist von Nina Ruge das Buch „Der unbesiegbare Sommer in uns“, Kailash, 256 Seiten, 17,99 Euro, erschienen. Außerdem gibt es von ihr das Coaching „Alles wird gut“. Informationen gibt es unter www.alles-wirdgut-coaching.de.
UNSERE LEICHTESTE ÜBUNG
Den Rücken stärken: Vierfüßlerstand Für einen gesunden Rücken ist es wichtig, die tiefe Rückenmuskulatur zu kräftigen. Die Übung aus dem Vierfüßlerstand ist eine der effektivsten, denn durch die dynamische Bewegung wird sowohl die Rückenals auch Bauchmuskulatur gestärkt. Anleitung: In den Vierfüßlerstand kommen, dabei die Handgelenke unter die Schultergelenke und die Knie unter die Hüftgelenke bringen. Einatmen, dabei das rechte Bein nach hinten strecken und den linken Arm nach vorn. Mit der Ausatmung Ellenbogen und Knie zusammenziehen und dabei den Rücken runden. Mit der nächsten Einatmung wieder diagonal in die Länge strecken. Die Bewegung im Einklang mit dem Atem einige Male wiederholen und dann die Seiten wechseln. Das Online-Yogastudio YogaEasy.de zwei Wochen kostenlos testen: www.yogaeasy.de/yogazeit17p
DAS SAGT DER ARZT
Arterielle Hypertonie Kopfschmerzen, oftmals im Bereich des Hinterkopfs, sowie Ein- und Durchschlafstörungen und ein leicht gerötetes Gesicht können Hinweis auf Bluthochdruck sein.
■ Hätten Sie’s gewusst? Mehr als
zwei Drittel der deutschen Kinder bewegen sich zu wenig – bei den meisten ist dies weniger als eine Stunde täglich.
Eine Behandlung mit Insulin ist in vielen Fällen erforderlich.
Die Deutschen leben zu süß ... ... und riskieren damit alles: Jedes Jahr erkranken eine halbe Million Menschen neu an Diabetes
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n Deutschland leben mehr Menschen mit Diabetes als bisher geschätzt: Inzwischen leidet rund jeder zehnte Bundesbürger mit einer gesetzlichen Krankenversicherung an der chronischen Stoffwechselerkrankung, heißt es in einer neuen Analyse für den Versorgungsatlas, die im Februar veröffentlicht wurde. Danach ist der Anteil der Diabetiker zwischen 2009 und 2015 von 8,9 auf 9,8 Prozent gestiegen. Bisherige Schätzungen gingen nach Angaben der Studienautoren von 7 bis 9 Prozent Diabetikern in Deutschland aus. Nun wissen es die Forscher ganz genau, denn in die Analyse flossen die anonymisierten Daten von rund 70 Millionen Kassenpatienten ein. „Neben einem altersbedingten Effekt geht der Zuwachs wahrscheinlich auch auf die Lebensweise zurück“, sagte Studienautor Benjamin Goffrier. Viele Menschen ernährten sich zu zucker- und fettreich, darüber hinaus fehle es an Bewegung. Bei Diabetes spielen neben Übergewicht aber auch erbliche Anlagen eine Rolle. Auffallend in der Studie ist, dass in Ostdeutschland deutlich mehr Menschen (11,8 Prozent) an Diabetes erkranken als im Westen (9,2 Prozent). Oft tritt die Zuckerkrankheit bei ihnen auch früher auf. Eine mögliche Erklärung dafür sei, dass im Osten die Einkommen im Mittel niedriger und die Arbeitslosigkeit höher seien, sagte Goffrier. Bei einem schlechteren sozialen Status sei oft auch die Gesundheitsbildung nicht so hoch. „Es kann aber auch sein, dass Menschen dort drei Jobs haben – und einfach
keine Zeit, sich gesund zu ernähren und ausreichend zu bewegen.“ Dazu sei Ostdeutschland stärker ländlich geprägt. Das könne eine andere Ernährungstradition bedeuten, zum Beispiel mehr Fleisch oder je nach Region auch mehr frittierte Gerichte. In allen Altersgruppen erkranken Männer deutlich häufiger an Diabetes als Frauen. Zuwächse gab es nicht mehr allein ab 65 Jahren, was bei „Zucker“ als Altersleiden in einer alternden Bevölkerung nicht sehr überraschend wäre. Einen überproportionalen Anstieg beobachten die Forscher seit 2009 auch bei jüngeren Erwachsenen – das ist ein Alarmsignal. Nach der neuen Analyse kommen jedes Jahr rund eine halbe Million neuer Zuckerkranker mit Typ-2-Diabetes hinzu. Diese Variante tritt in der Regel erst nach dem 40. Lebensjahr auf. Anders als Typ 1, der in der Jugend beginnt, hat Diabetes im mittleren und höheren Alter vor allem mit dem Lebensstil zu tun. „Früher war es eine Krankheit der Reichen, weil nur sie sich zucker- und fetthaltige Lebensmittel in großen Mengen leisten konnten“, sagte Goffrier. In den Industrieländern habe sich die Lage nun aber umgedreht: Menschen mit gutem Einkommen und Bildung achteten auf eine gesunde Ernährung. Die sozial Schwächeren griffen im Supermarkt eher zu ungesünderen Fertigprodukten. In der Liste der Volkskrankheiten in Deutschland rangiert Diabetes nach Angaben des Robert Koch-Instituts auf dem fünften Rang. An der Spitze liegen Herzkreislauf- und Krebserkrankungen.
Fotos: iStock, Fotolia
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So funktioniert Insulin Insulin
ESSEN SIE SICH GESUND
Glukose aus der Nahrung
Glukosekanal (geschlossen)
Insulinrezeptor
Da haben wir den Salat!
Glukosekanal geöfnet, Glukose kann in die Zelle gelangen
Insulin ist der Schlüssel, der den Glukosekanal öfnet
Rucola mit geröstetem Gemüse und Kichererbsen
bewahren konnte: „Bei 60 Prozent konnte dadurch verhindert werden, dass sich in fünf Jahren ein Diabetes entwickelt hat“, berichtet Gallwitz. „Das ist mehr, als Medikamente schaffen.“ Die Patienten hatten die Anweisung, sich unter anderem eine halbe Stunde pro Tag zu bewegen und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, die weniger Fett, Weißmehl und Kalorien enthielt. Derlei Maßnahmen haben mehrere Effekte: Eine ballaststoffreiche Ernährung, die zum Beispiel reichlich Vollkornprodukte enthält, wirkt sich günstig auf die Blutzucker- und Blutfettwerte aus. Außerdem sorgen solche Lebensmittel für ein längeres Sättigungsgefühl und tragen dadurch zur Gewichtsregulation bei, die wiederum dem Zuckerstoffwechsel zugutekommt. Auch Sport hilft beim Abnehmen, und nicht nur das: „Bewegung verbessert die Insulinempfindlichkeit im Körper“, erklärt Haller.
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Jeder reagiert anders Welcher Ansatz am effektivsten ist, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. „Worauf man am stärksten anspricht, ob eher auf eine Ernährungsumstellung oder auf ein Sportprogramm, muss man letztendlich ausprobieren“, sagt Gallwitz. Von Hungerkuren hält der Diabetologe jedenfalls wenig: „Eine Gewichtsreduktion sollte man über eine Ernährungsumstellung, nicht über eine Crashdiät erreichen“, betont er. „Bei einem extremen Gewichtsverlust ist die Gefahr da, dass der Körper gegenreguliert.“ In der Folge schnellt das Gewicht nach kurzer Zeit dann wieder nach oben, der gefürchtete Jo-Jo-Effekt tritt ein. „Es ist deshalb besser, langsam abzunehmen.“ Haller sieht das genauso und rät, nicht mehr als 5 bis 10 Prozent Gewichtsverlust innerhalb eines Jahres anzustreben. Nach der Erstdiagnose geben Ärzte Patienten in der Regel drei Monate Zeit, um durch eine Lebensstiländerung die Blutzuckerwerte zu senken. Erst wenn die Umstellung nicht gelingt oder nicht den gewünschten Effekt bringt, werden Medikamente verschrieben: „Es ist dann wichtig, möglichst bald mit der medikamentösen Therapie zu beginnen“, erklärt Gallwitz. Mittel der Wahl ist zunächst Metformin in Form von Tabletten. Der Stoff bewirkt unter anderem, dass der Körper weniger Glukose produziert, und erhöht nicht – wie einige andere Diabetes-Medikamente – das Risiko für eine Unterzuckerung. Erst wenn die Krankheit länger besteht, kann es sein, dass sich ein Patient Insulin spritzen muss.
Was können Patienten tun? ■ Ernährung: Im Wesentlichen rät man
Diabetikern das Gleiche wie Gesunden – nämlich eine vollwertige Mischkost. Verbote gibt es nicht, spezielle Diabetikerprodukte sind überflüssig. Grundsätzlich sollte die Kost nur mäßig viel Fett und Eiweiß, dafür aber reichlich komplexe Kohlenhydrate und Ballaststoffe enthalten (z. B. Hülsenfrüchte, Getreideflocken, Vollkornbrot). Getränke sollten möglichst wenig Kalorien liefern, geeignet sind z. B. Mineralwasser und Früchtetee. Wer zusätzlich an Bluthochdruck leidet, sollte Kochsalz sparsam verwenden. Vorsicht ist bei Alkoholgenuss geboten, da er zu einer Unterzuckerung führen kann. ■ Körperliche Aktivität: Bewegung
hilft, die Krankheit in den Griff zu bekommen. Schon kleine Dinge im Alltag (Treppensteigen, statt den Aufzug zu nehmen, mit dem Rad zur Arbeit fahren) sind ein Beitrag. Ansonsten ist sanfter Ausdauersport (Nordic Walking,
Schwimmen, Radfahren) empfehlenswert.
und Verhaltensweise bekommen. Schulungsangebote stehen unter www.diabetes-schulungsprogramme.de.
■ Selbstkontrolle: Wenn Diabetiker
ihren Blutzuckerspiegel selbst kontrollieren, können sie eine drohende Unterzuckerungen erkennen. Außerdem sehen sie, wie ihr Körper auf Bewegung und Nahrungsmittel reagiert. Das kann ihnen helfen, ihr Verhalten optimal anzupassen, und motiviert zudem. Patienten, die kein Insulin bekommen, müssen die Teststreifen aber oft selbst zahlen.
■ Langzeitdokumentation: Um einen
Überblick über Untersuchungsergebnisse zu bekommen, ist es sinnvoll, einen „Gesundheits-Pass Diabetes“ zu führen. Darin tragen Arzt und Patient regelmäßig alle wichtigen Daten ein. Den Pass und weiteres Infomaterial gibt es zum Download unter www.diabetesde.org/ infomaterial-download. ■ Informationen: Es gibt mehrere
■ Behandlungsprogramm: Die Kran-
kenkassen bieten ein spezielles „DiseaseManagement-Programm“ für Diabetiker. Dafür kann man sich bei seinem Arzt anmelden. Zu dem Behandlungsprogramm gehören z. B. regelmäßige Kontrolltermine. Außerdem werden Schulungen geboten, bei denen die Betroffenen alles Wesentliche über Diabetes erfahren und Tipps zur Lebens-
Patienten-Leitlinien rund um Diabetes, die man sich im Internet herunterladen kann. Sie sind leicht verständlich und wissenschaftlich fundiert, wie z. B. unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft. de/leitlinien/patienten-leitlinien.html. Informationen, unter anderem zur Ernährung, finden sich auch unter
ür diesen Salat lassen sich fast alle Gemüsesorten verwenden, die gerade vorrätig sind. So eignen sich zum Beispiel diverse Rübensorten und Süßkartoffeln. Die Knollen aus Mittelamerika haben mit den heimischen Kartoffeln nur den Namen gemeinsam. Eine botanische Verwandtschaft besteht nicht. Dank des sich durch das Ofenrösten entwickelnden intensiven, karamellartigen Geschmacks wird auch nicht mehr ganz knackfrisches Wurzelgemüse zu einem kulinarischen Erlebnis. Jede Kombination von gerösteten Kürbissen oder Wurzelgemüse schmeckt fantastisch, wenn es mit bitterem Blattgemüse, Kichererbsen, gerösteten Nüssen und einem kräftigen Senfdressing kombiniert wird.
So geht’s Gemüse: Den Ofen auf 200 °C vorheizen. Zwei Backbleche mit Backpapier auslegen. In einer Schüssel Süßkartoffel-, Pastinaken-, Möhren- und Gelbe-BeteScheiben mit Olivenöl, Salz und schwarzem Pfeffer vermischen. Das Gemüse gleichmäßig auf die Backbleche verteilen und 20 Minuten im Ofen rösten. Die Backbleche herausnehmen, das Gemüse wenden und beim erneuten Hineinschieben die Blechschienen tauschen. Das Gemüse weitere 20 bis 25 Minuten, beziehungsweise bis es braun wird, rösten. Aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen. Dressing: Alle Dressingzutaten in ein Schraubglas geben. Fest verschließen und kräftig schütteln. Salat: Kichererbsen, geröstete Walnüsse, geröstetes Gemüse und den Rucola in eine große Schüssel geben und alles miteinander vermengen. Das Dressing darü-
Das steckt drin Die Süßkartoffel gilt als Vitalstoffbombe mit sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Folsäure. Sie kann sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirken und ist daher für Diabetiker gut geeignet.
ber gießen, mit allen Zutaten vermischen und den Salat servieren. Zutaten für sechs Portionen geröstetes Gemüse: je 1 mittelgroße Süßkartoffel und Pastinake, längs halbiert und in 5 mm dicke Scheiben geschnitten, 2 mittelgroße Möhren, in 5 mm dicke diagonale Scheiben geschnitten, 1 mittelgroße Gelbe Bete, halbiert und in dünne Scheiben geschnitten, 3 EL natives Olivenöl, 1 TL Meersalz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer; Dressing: 1 EL grobkörniger Dijon-Senf, 1 EL unpasteurisierter Apfelessig, 1 TL Balsamico-Essig, 2 EL frisch gepresster Orangensaft, 1 TL frisch gepresster Zitronensaft, ¼ TL Meersalz, 60 ml natives Olivenöl; Salat: 160 g gekochte Kichererbsen, 40 g gehackte geröstete Walnüsse, 100 g junger Rucola Rezept stammt aus dem Das Buch „Celebrating Whole Food“ der US-Ernährungsexpertin Amy Chaplin, Unimedica, 34 Euro.
www.diabetesde.org.
Folgen nicht unterschätzen Frische Salate, Gemüse und Vollkornbrot sollten den Speiseplan dominieren – nicht nur bei Diabetikern.
Es ist immer möglich, die Krankheit zu stoppen. Nicola Haller, Diabetesberaterin
Wer regelmäßig Sport treibt, kann seinen Blutzuckerspiegel senken.
Selbstkontrolle zeigt, wie der Körper auf Lebensmittel und Bewegung reagiert.
Fotos: Fotolia
denen der Diabetes spät entdeckt wird, deren Blutzuckerwerte schlecht eingestellt sind und die weitere Risikofaktoren (Bluthochdruck, gestörte Blutfettwerte) haben, wie Gallwitz erklärt. Für sie sind regelmäßige Kontrollen beim Arzt besonders wichtig, damit die Therapie optimal angepasst wird. Oft geht es darum, neben den Blutzuckerwerten auch Blutdruck und Blutfettwerte durch entsprechende Medikamente
zu verbessern. Aber auch in diesem Stadium kann der Patient viel beitragen: „Wer raucht, sollte unbedingt aufhören“, sagt Gallwitz. Ansonsten seien gesunde Ernährung und Bewegung auch bei fortgeschrittener Krankheit „Allroundmedikamente“. „Bewegung verbessert auch die Durchblutung“, erklärt der Diabetologe. Und das verringert wiederum das Risiko, Probleme mit den Füßen zu bekommen.
Foto: Johnny Miller
Immer wieder hört Haller, wie ihre Patienten von „dem bisschen Zucker“ sprechen. „Das regt mich richtig auf. Die Krankheit wird so oft unterschätzt!“, sagt sie. Vom Diabetes selbst spürt man zwar erst mal wenig, doch drohen zahlreiche Folgen. So kann die Krankheit Veränderungen der Blutgefäße sowie Nervenschäden nach sich ziehen und unter anderem zu Schlaganfällen, Herzinfarkten, Nierenschäden, Sehstörungen oder zum „diabetischen Fuß“ führen, bei dem Wunden schlecht heilen und Infektionen drohen. Sogar das Risiko für Depressionen und Demenz ist erhöht. Besonders groß ist die Gefahr für Folgekrankheiten bei Menschen, bei
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Bestmögliche Betreuung für Menschen mit Diabetes mellitus
St. Elisabeth-Krankenhaus Leipzig von Deutscher Diabetes Gesellschaft (DDG) als Diabeteszentrum zertifiziert Sechs Jahre nach der Anerkennung als „Behandlungseinrichtung für Typ 1- und Typ 2-Diabetiker“ hat die Deutsche Diabetesgesellschaft (DDG) die Innere Abteilung I des St. Elisabeth-Krankenhauses Leipzig als „Diabeteszentrum DDG“ zertifiziert. Damit würdigte sie die qualitativ hochwertige Behandlung von Patienten mit Diabetes in der von Chefarzt Prof. Dr. med. Gerhard H. Scholz geführten Abteilung. Diabetes mellitus ist mit über sieben Millionen Betroffenen Volkskrankheit Nr. 1 in Deutschland. Dabei handelt es sich um eine komplexe Krankheit mit unterschiedlichen
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kürzlich von der Deutschen Diabetesgesellschaft als „Zertifiziertes Diabeteszentrum DDG“ anerkannt wurde. Dieses Zertifikat, so Prof. Dr. med. Gerhard H. Scholz, Chefarzt der Abteilung, komme einem Qualitätssiegel gleich. „Es zeigt uns und unseren Patienten, dass unsere Behandlung in allen Bereichen – Diagnostik, Therapie, Beratung und Schulung – den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Das bringt unseren Patienten Sicherheit und ist für mich Durch eine gute medizinische Be- und meine Kollegen Anerkennung treuung lassen sich Folgeerkran- für die Arbeit, die wir täglich leiskungen vermeiden. Erste Anlauf- ten.“ stelle für die stationäre Versorgung der Patienten im Leipziger Süden Voraussetzung für eine Zertifizieist die Innere Abteilung I des St. rung durch die DDG ist der NachElisabeth-Krankenhauses, welche weis bestimmter Standards in der
Ausprägungen. Man unterscheidet Diabetes mellitus Typ 1, Typ 2 und andere seltenere Diabetesformen. Die Zahl der Typ-2-Diabetiker steigt auch in Deutschland rasant - in den letzten zehn Jahren um 1,3 Millionen. Die Erkrankung verursacht zunächst keine Beschwerden, führt unbehandelt jedoch zu ernsten Folgeerkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt, Nierenleiden, Erblindung oder dem Verlust von Gliedmaßen.
Behandlung von Diabetes-Patienten – Standards, die die DiabetesFachgesellschaft in ihren Leitlinien festgehalten hat. Erhält eine stationäre Einrichtung dieses Zertifikat der DDG, können Patienten sicher sein, dass sie in dieser Klinik optimal versorgt werden. Eine optimale Betreuung – das ist auch das Ziel von Prof. Dr. med. Gerhard H. Scholz. Er ist optimistisch und betont: „Diabetes kann man zwar nicht im klassischen Sinne heilen, aber frühzeitig und richtig eingestellt, bestens geschult und in engem Kontakt mit dem Arzt seines Vertrauens, kann jeder Patient mit Diabetes mellitus gut und ohne große Einschränkungen leben. Dabei helfen wir.“
Über das Krankenhaus: Das St. Elisabeth-Krankenhaus Leipzig ist eine gemeinnützige GmbH in Trägerschaft des Kirchenlehens St. Trinitatis und akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Leipzig. Das Klinikgelände mit dem schönen Patientenpark liegt im Stadtteil Connewitz im Süden
Leipzigs. In zwölf medizinischen Abteilungen mit 340 Betten wurden 2016 ca. 21.240 Patientinnen und Patienten stationär behandelt. In der Geburtsklinik kamen rund 2.700 Kinder auf die Welt. Das St. Elisabeth-Krankenhaus bildet 75 Pfleger und Schwestern in der angeschlossenen Krankenpflegeschule aus.
St. ElisabethKrankenhaus Leipzig Biedermannstraße 84 04277 Leipzig Tel.: 0341/39 59-0 www.ek-leipzig.de
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FREITAG, 31. MÄRZ 2017
Nicht jedes Kind mit Übergewicht muss abspecken Adipositas: Leipziger Ärztin setzt lieber auf Aufklärung VON SIMONE LISS
KLINIKEN DER REGION
Kompetenz mit langer Tradition im Muldental Die Muldentalkliniken mit Standorten in Wurzen und Grimma (Foto) sind Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung, bieten darüber hinaus Spezialleistungen in der Handchirurgie, Tumorchirurgie und Tumortherapie, bei Schilddrüsenoperationen und in der Palliativmedizin an. Insgesamt stehen in beiden Häusern 355 Betten zur Verfügung. In elf Fachabteilungen, für die sich insgesamt zehn Chefärzte verantwortlich zeigen, wurden im vergangenen Jahr 19 000 Patienten stationär behandelt, ambulant waren es 18 000. Die Geschichte der Kliniken reicht fast 170 Jahre in die Vergangenheit. Im Sommer 1848 wurde in Grimma als erstes Krankenhaus der Stadt die Krankenanstalt im Nicolaihof eröffnet. Da sie zunächst nur Platz für vierzehn Patienten bot, war die Kapazität schnell ausgereizt. Diese Tatsache und die Folgen der beiden Weltkriege erforderten wiederholte Standortwechsel. In DDR-Zeiten wurde die Klinik stets erweitert. Ab Mitte der 1990er-Jahre wurde mit dem Neubau begonnen, der ab 2004 den Altbau komplett ersetzte. In diese Zeit fiel 1997 auch der Zusammenschluss der Kliniken Grimma und Wurzen.
Foto: Thomas Kube
Auch das Haus in Wurzen kann auf ein über 100-jähriges Bestehen zurückblicken. 1911 eröffnet, entsprach die Klinik damals den neuesten medizinischen und technischen Voraussetzungen. Doch der Erste Weltkrieg ging auch an dieser Einrichtung nicht spurlos vorbei, nach dessen Ende mussten zahlreiche bauliche Schäden beseitigt und die Ausstattung zum Teil erneuert werden. Im Zweiten Weltkrieg war das Krankenhaus derart frequentiert, dass zweckfremde Gebäude genutzt werden mussten. In den folgenden Jahren wurde das Klinikum kontinuierlich erweitert, saniert und umgebaut. Seit 1999 entsteht ein Neubau, der den Altbau künftig komplett ersetzen soll.
STECKBRIEF Betten: 355 | medizinische Mitarbeiter: 663 Internet: www.kh-muldental.de Telefon: 03437 9930 (Grimma) 03425 930 (Wurzen) Spezialleistungen: auf Gebieten der Handchirurgie, Tumorchirurgie und -therapie, bei Schilddrüsenoperationen und der Palliativmedizin; außerdem in Verantwortung die Medizinischen Versorgungszentren in Colditz, Wurzen und Grimma sowie die Altenheimgesellschaft Muldental in Wurzen und Brandis
Professor Wieland Kiess (Mitte) leitet die Leipziger Universitäts-Kinderklinik und forscht mit seinem Ärzte-Team zur Früherkennung und Vermeidung von Diabetes. Um die Kinder auf der Station nicht in Panik zu versetzen, tragen die Ärzte im Dienst keine weißen Kittel, die Schwestern haben aber Kasacks an. Foto: Stefan Straube
Leipziger Vision: Die Spritze gegen die Zuckerkrankheit
Alexandra Keller geht mit ihren Patienten durch dick und dünn. Die pädiatrische Endokrinologin berät, behandelt, betreut pro Jahr etwa 1500 bis 2000 Jungen und Mädchen, die zu groß, zu klein, zu dünn oder zu dick sind. Einen Schwerpunkt machen die adipösen, krankhaft fettleibigen Kinder aus. Etwa 16 Prozent der in Deutschland lebenden Zwei- bis Zehnjährigen sind übergewichtig oder adipös. Mit krankhaften und damit kostenintensiven Folgen: Fettsucht in der Kindheit verursacht laut Institut für Gesundheitsökonomik München medizinische Mehrkosten von knapp 10 000 Euro pro Kind und Jahr. „Veranlagung, zu wenig Bewegung, hoher Medienkonsum, falsche Ernährung, Stress – es muss viel zusammenkommen, damit Kinder unverhältnismäßig zunehmen. Nur süß und fett zu essen reicht nicht“, sagt die Medizinerin, die in der Praxisklinik am Johannisplatz in Leipzig tätig ist. Bei weniger als einem Prozent der Jungen und Mädchen ist eine Erkrankung – zum Beispiel der Nebenniere, der Bauchspeicheldrüse, der Schilddrüse oder des zentralen Nervensystems – die Ursache für Übergewicht. Und natürlich gibt es genetische Veranlagungen, die oft mehr Disziplin im Alltag abverlangen. Aber das individuelle Übermaß sei das Problem: ein Überangebot an Nahrungsmitteln und eine hochgradig technische Zivilisation, die das Leben
Wieland Kiess, Direktor der Uni-Kinderklinik, über Kinder-Diabetes, Adipositas-Forschung und Bewegung
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ie Zuckerkrankheit ist bei Kindern und Jugendlichen ungebremst auf dem Vormarsch. „Bei Typ-1-Diabetes, der nichts mit Übergewicht zu tun hat, sondern eine Autoimmunerkrankung ist, haben wir in diesem Jahr jede Woche einen neuen Fall gehabt“, sagt Professor Dr. Wieland Kiess, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig. Deshalb starten die Leipziger Kinderärzte und Wissenschaftler gemeinsam mit ihren Kollegen in Dresden, München und Hannover ein Projekt, bei dem im Rahmen des Neugeborenen-Screenings das Risiko auf Diabetes ermittelt wird. „Unser gemeinsames Ziel ist es, in einigen Jahren vielleicht sogar eine Impfung gegen den Ausbruch der Krankheit anbieten zu können.“
Das Wichtigste ist der Kampf gegen das Über gewicht bei Kindern. Wir unterstützen Fami lien langfristig im Alltag, auch beim Einkauf und beim Kochen Prof. Dr. Wieland Kiess, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig
Seit Jahren steigt die Zahl der Kinder, die an Diabetes mellitus erkranken. Gibt es kein Konzept gegen die Zuckerkrankheit? Es gibt an unserer Klinik sogar mehrere Konzepte. Reden wir zuerst über Typ-1Diabetes. Ja, die Zahlen steigen, und wir wissen nicht warum. Bei diesem Diabetes-Typ, der nichts mit Übergewicht zu tun hat, sondern eine Autoimmunerkrankung ist, haben wir in unserer speziellen Diabetes-Ambulanz in diesem Jahr jede Woche einen neuen Fall gehabt. Deshalb haben wir gemeinsam mit Kollegen in Dresden, München und Hannover ein Projekt gestartet, bei dem im Rahmen des Neugeborenen-Screenings das Risiko auf Diabetes ermittelt wird.
lange, bevor sich erste Symptome zeigen, festzustellen. So könnten wir die Familien auf die spätere Erkrankung mittels Schulungen und einer optimalen Betreuung vorbereiten. Unser gemeinsames Ziel ist es aber, in einigen Jahren vielleicht sogar eine Impfung gegen den Ausbruch der Autoimmunkrankheit anbieten zu können. Das wäre natürlich das Nonplusultra. Und wie sieht es beim Typ-2-Diabetes aus? Diese Krankheit geht ja mit Übergewicht und Bewegungsarmut einher. Da muss man nur auf die Adipositas-Zahlen schauen, um zu wissen, wie es weitergeht. Und die sehen so aus: Acht Prozent der Kinder sind adipös, zum Glück steigt dieser Wert nicht weiter an. Aber bei den Jugendlichen wachsen die Zahlen von Adipositas und damit von Typ-2-Diabetes. Was tut die Leipziger Kinderklinik dagegen? Unsere Ärzte und Wissenschaftler arbeiten in einem speziellen Forschungsbereich Adipositas und Diabetes. Und wir kommen den komplexen Abläufen im Körper immer dichter auf die Spur. Was
aber klar ist: Das Wichtigste ist der Kampf gegen das Übergewicht bei Kindern. Zwar können wir weder Kinder noch Eltern zu etwas zwingen. Aber wir bieten vielerlei an. Beispielsweise eine Ernährungstherapie, die Teil der Behandlung von adipösen Kindern ist. Unseren Ernährungswissenschaftlerinnen Sibylle Kapellen und Marleen Böttcher ist klar, dass es nicht ausreicht zu sagen: Iss mehr Obst und Gemüse. Deshalb unterstützen sie die Familien langfristig im Alltag, auch beim Einkauf und beim Kochen. Was nutzt das, wenn abends der Vater nach Hause kommt und zu Bulette und Bierflasche greift? Tja, Rückschläge kann es immer wieder geben. Wir können nur reden, informieren, überzeugen. Und auf interessante Freizeitaktivitäten verweisen. Ärzte, Schwestern und Psychologen unterstützen beispielsweise den Verein DiabetesKids Leipzig nicht nur medizinisch, sondern auch mit Freizeitaktivitäten. Besonders schön ist, dass der Deutsche Fußballbund und RB Leipzig das Sportprojekt unterstützen. Die Kinder und Jugendlichen sollen dabei keine Leistungssportler werden, sondern lernen, Freude an der Bewegung zu haben. Wie geht da der Klinikdirektor voran? Ich fahre sozusagen voran: Jeden Tag strample ich mit dem Rad zur Arbeit. Das sind immerhin 60 Minuten Fahrradfahren pro Tag. Übrigens haben wir in unserem Klinikum Hinweisschilder angebracht, dass die Besucher, wenn sie es körperlich können, doch bitte die Treppe benutzen sollen statt Fahrstuhl zu fahren. Faulheit steht leider oft am Anfang eines körperlichen Niedergangs. Mit etwas Bewegung kann man jeden Tag dagegen ankämpfen.
Das wäre also eine Art Diabetes-Früherkennung? Genau. Wir wollen Familien die Teilnahme an der gemeinsamen Studie „Freder1k“ anbieten. Denn dank neuartiger Tests ist es heute möglich, sowohl das Risiko auf die Erkrankung als auch eine frühe Form des Typ-1-Diabetes bereits
Foto: dpa
Interview: Uwe Niemann
Alexandra Keller, pädiatrische Endokrinologin, in ihrer Praxis. Foto: Andreas Döring
bequem macht – vom Aufzug über das Elektrorad bis hin zur Fernbedienung. „Wo braucht man heute noch Muskelkraft“, fragt Alexandra Keller. Eine rhetorische Frage. Keller lehnt es ab, bei Adipositas von einer Volkskrankheit zu sprechen. Das komme nur der Industrie zugute, die mit Übergewichtigen – ob jung oder alt – ihr Geld verdiene. Hunger spüren, Sättigung spüren – über Generationen hätte der Zwang, den Teller leer zu essen, Kindern abtrainiert, ihr Sättigungsgefühl ernst zu nehmen. Mit fatalen Folgen: Sie tappen in die Fettfalle. Die Medizinerin warnt jedoch davor, jedes übergewichtige Kind gleich zum Abspecken zu treiben: „Es besteht die Gefahr, dass man Kinder so neurotisiert und bei ihnen Essstörungen erzeugt.“ Daher setze sie auf die Aufklärung der Eltern und Großeltern, denn „das größte Manko sind Unwissen und Uninformiertheit“. In Leipzig widmet sich der Verein Klaks der Aufklärung, Prävention und Therapie von übergewichtigen Kindern und deren Familien. „Die Klaks-Schulung stellt ein ganzheitliches Therapiekonzept dar. Bausteine sind eine kindgerechte, erlebnisorientierte Bewegungs-, Ernährungs- und Verhaltenstherapie einschließlich einer intensiven individuellen medizinischen und psychologischen Betreuung“, erklärt Keller. „Solche Therapien setzen Durchhaltevermögen und damit höchste Motivation voraus.“ Die Rückfallquoten seien relativ hoch – vor allem bei betroffenen Kindern aus bildungsfernen Schichten. Verzicht üben – dies ist einfach schwerer für Menschen, die sich oft eh schon als Verlierer fühlen.
➦ www.klaks.de
Alle bereits erschienenen Teile der Gesundheitsserie plus weitere Infos und Tipps für Ihr Wohlbefinden finden Sie im Internet unter www.lvz.de/fit-gesund Anzeigen-Sonderveröffentlichung
Verstopfte Gefäße – vor allem für Diabetiker ein Problem Das menschliche Gefäßsystem ist weit verzweigt und zieht sich auf rund 100 000 Kilometern durch den Körper. Wenn alles störungsfrei fließen kann, transportieren die Arterien ausreichend sauerstoffreiches Blut zu den Zellen, und die Venen pumpen das sauerstoffarme Blut wieder zum Herzen zurück. Doch es gibt Risiken, die diesen lebenswichtigen Strom ins Stocken oder gar zum Erliegen bringen können – im Einzelfall mit ernsten Folgen. „Neben dem Alter hat vor allem die Lebensweise eine unmittelbare Auswirkung auf die Gesundheit und Elastizität der Gefäße“, erläutert Dr. Olaf Richter vom Leipziger Diakonissenkrankenhaus und nimmt dabei insbesondere die schädlichen Folgen von Nikotin, Bewegungsarmut und einer einseitig auf Zucker oder Fett ausgerichteten Ernährung ins Visier. „Durchblutungsstörungen sind deshalb so gefährlich, weil sie lange kaum auf sich aufmerksam machen und scheinbar plötzlich zu einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder zu einer Lungenembolie führen können.“ Besonders anfällig für Gefäßerkrankungen sind Diabetiker, das weiß der Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie aus dem Krankenhausalltag nur zu gut. Und er
erklärt, warum das so ist: „Diabetiker sind krankheitsbedingt von einer veränderten Stoffwechsellage betroffen, die dazu führen kann, dass sich in stärkerem Maße Ablagerungen in den Arterien bilden, die das Gefäß immer mehr zusetzen.“ Es sind vor allem die Beine, die von solchen Gefäßverkalkungen in Mitleidenschaft gezogen werden. „Diabetiker leiden häufig unter einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, bei der die Becken- oder Beinschlagadern so stark verstopft sind, dass das umliegende Gewebe nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden kann“, sagt der Gefäßspezialist Dr. Richter. Was der Experte als PAVK bezeichnet, kennt der medizinische Laie unter der Diagnose Schaufensterkrankheit. Der Begriff leitet sich von den häufigen Pausen ab, die Betroffene bereits nach kurzen Wegstrecken einlegen müssen, weil die ziehenden Schmerzen in den Beinen einfach zu stark sind. Behandelt werden kann eine Schaufensterkrankheit im Anfangsstadium mit Hilfe kleiner Katheter, mit denen verstopfte Gefäße dank winziger Ballons von innen geweitet oder per Stent stabilisiert werden. Ist der Verschlussprozess weiter
Das Diakonissenkrankenhaus Leipzig ist wichtige Anlaufstelle für Patienten, die von Durchblutungsstörungen betroffen sind.
fortgeschritten, kann ein Bypass zur Anwendung kommen. Hierbei wird die betroffene Gefäßpartie auf alternativen Wegen überbrückt – meist unter Zuhilfenahme einer umfunktionierten körpereigenen Vene oder einer Kunststoffprothese. Das Diakonissenkrankenhaus Leipzig verfügt über eine jahrelange Erfahrung bei der Diagnostik und Therapie von gefäßbezogenen Erkrankungen, die Folge eines Diabetes sein können. Neben der PAVK werden in der hier ansässigen Klink für Gefäßchirurgie auch Patienten behandelt, die unter einem diabetischen Fußsyndrom oder chronischen Wunden leiden. Neben den arteriellen Verschlusskrankheiten in den Beinen werden unter der Leitung von Chefarzt Dr. Olaf Richter auch Verengungen der Halsschlagader und Aussackungen an der Hauptschlagader – sogenannte Aortenaneurysmen – gefäßmedizinisch versorgt. Die gefäßchirurgische Klinik ist zentraler Bestandteil eines zertifizierten Gefäßzentrums, das ebenfalls im Diako ansässig ist und eine aufeinander abgestimmte ambulante und stationäre Versorgung von Patienten mit Durchblutungsstörungen gewährleistet.
Für Diako-Chefarzt Dr. Olaf Richter sind Ultraschalluntersuchungen ein Basisinstrument, um die Gefäßgesundheit seiner Patienten zu ermitteln. Foto: Kay Zimmermann