Mit Sicherheit | Risiko Krankenhaus? (LVZ-Sicherheitswochen 2019)

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Donnerstag, 7. November 2019

MIT SICHERHEIT

AKTIONSWOCHEN DER LEIPZIGER VOLKSZEITUNG

Risiko Krankenhaus? Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist viel Vertrauen nötig. Patienten geben die Kontrolle ab, in die Hände von Ärzten und Pflegepersonal. Doch was tun, wenn eine Behandlung missglückt? Und wie schützen sich Kliniken im Kampf gegen gefährliche Keime? FOTO: UPIXA/STOCK.ADOBE.COM

Im Einsatz für den Verbraucher Sie kümmern sich um Entschädigungen für verspätete Flüge oder Mieterhöhungen. Agieren Internet-Portale, die Verbraucherrechte durchsetzen, rechtens? Seite 3

Grimmaer Philatelist über den Niedergang der Briefmarke Die Tops und Flops der Sammler: Wie sich ändernde Sammelleidenschaften auf Preise und Angebote des Marktes auswirken. Seite 4


MIT SICHERHEIT

Wenn Ärzte Fehler machen

SICHERHEITSFRAGEN

Von Hans-Joachim Henschel

Keine Chance für Geldkartenbetrüger

Z

auberer wollen mit Kartentricks ihr Publikum begeistern. Kriminelle dagegen wollen mit Kartentricks an Ihr Geld! Wer glaubt, er werde nicht so schnell Opfer von Geldkartenbetrug, unterschätzt möglicherweise die Täter. Skimming, Cash-Trapping, PIN-Ausspähen, Diebstahl von Zahlungskarten und Phishing sind derzeit typische Varianten von Geldkartenbetrug, die jeden Bankkunden beim Bezahlen mit Karte, Geldabheben oder beim Kauf im Internet ereilen können. Beim Skimming verändern die Täter in der Regel den Geldautomaten durch Anbringung eines zusätzlichen Lesegerätes zum Auslesen und Speichern der Magnetstreifendaten. Mittels Miniaturkamera oder einer überlagernden Tastatur gelangen sie zudem an die PIN. Außerhalb von Europa werden dann Kartenkopien eingesetzt. Mittels Cash-Trapping wird der Geldausgabebereich so manipuliert, dass der vom Karteninhaber gewünschte Betrag in einem speziell von den Tätern gefertigten Bauteil kleben bleibt oder der Ausgabeschacht erst gar nicht geöffnet wird. Wer noch nie von Cash-Trapping gehört hat, geht von einem

Wer glaubt, er werde nicht so schnell Opfer von Kartentricks, unterschätzt möglicherweise die Täter. Automatenfehler aus. Die Täter holen sich das Geld heraus, sobald der Kartennutzer außer Sichtweite ist. Wird die PIN beim Bezahlvorgang an der Kasse oder Geldautomaten ausgespäht, wartet der Täter einen für ihn günstigen Moment ab, um das Portemonnaie mit der Karte zu entwenden. Um sich vor derlei Tricks zu schützen, sollten sich Bankkunden über die möglichen Vorgehensweisen von Tätern informieren und Warnungen der Polizeibehörden beachten. So können Sie zudem vorbeugen: Merken Sie sich Ihre PIN, anstatt sie auf einem Zettel zu notieren und diesen womöglich in der Brieftasche aufzubewahren. Achten Sie auf die verdeckte Eingabe des Codes sowie die sichere Aufbewahrung der Karte. Ignorieren Sie Mails von vermeintlichen Banken und Zahlungsdienstanbietern. Seriöse Geldinstitute würden Sie als Kunden niemals per Mail auffordern, sich mittels Zahlungskarten- und Zugangsdaten auf einer Website zu verifizieren. In solchen Fällen handelt es sich um Phishing. Nutzen Sie aktuell zur Verfügung gestellte Authentifizierungsmethoden. Nicht zuletzt gehört zur Prävention auch die Sicherung digitaler Endgeräte, mit denen eine Bezahlung möglich ist (PC, Smartphone, Tablet, Smartwatch). Wer das alles beachtet, lässt Geldkartenbetrügern keine Chance.

Donnerstag, 7. November 2019

Was tun nach einer missglückten Operation? Um sich nicht um die Chance auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz zu bringen, sollten Patienten ihre Rechte kennen Von Irene Habich

E

s kommt tatsächlich vor, dass Ärzte bei einem chirurgischen Eingriff Tupfer oder gar Operationsbesteck im Körper des Patienten „vergessen“. Oft wird das erst Jahre später beim Röntgen entdeckt – weil Betroffene unter Bauchschmerzen unbekannter Ursache leiden. Manchmal operieren Chirurgen sogar an der falschen Stelle: So wurde einer Frau in Österreich vor einigen Jahren das gesunde anstelle des kranken Beins amputiert. Beides sind besonders drastische Beispiele für ärztliche Kunstfehler, klar ist aber auch: Fehler können stets passieren – was für Patienten unangenehme Folgen haben kann. Umso wichtiger ist es, als Patient in solch einem Fall seine Rechte genau zu kennen.

tausend Fällen tödliche Folgen haben. Was aber können Patienten oder Angehörige tun, wenn sie glauben, dass ein Arzt Fehler gemacht hat – und wie lässt sich das überhaupt prüfen? Anja Lehmann ist juristische Beraterin bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). „Zunächst einmal schuldet der Arzt seinem Patienten keinen Heilerfolg. Nur, weil eine Operation nicht erfolgreich war, bedeutet das noch nicht, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat“, sagt sie. Die Behandlung muss aber nach dem allgemein anerkannten und aktuellen medizinischen Standard durchgeführt werden. Grobe Verstöße

25

Prozent der von ihm geprüften Fälle stuft der Medizinische Dienst der Krankenversicherung als Behandlungsfehler ein – die restlichen drei Viertel nicht.

Der Arzt schuldet dem Patienten keinen Heilerfolg

Wie oft es im Klinikalltag zu falschen Behandlungen kommt, lässt sich nur schätzen. Das Wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) hat im „Krankenhaus-Report 2014“ eine Hochrechnung dazu veröffentlicht. Sie geht bei rund 19 Millionen Krankenhausbehandlungen pro Jahr von rund 190 000 Behandlungsfehlern jährlich aus, die in einem von

gegen die Sorgfaltspflicht – wenn zum Beispiel ein Patient tatsächlich am falschen Fuß operiert wird – sind dabei leicht zu erkennen. In anderen Fällen sind Patienten vielleicht nur misstrauisch, weil Beschwerden fortbestehen oder es ihnen nach einer OP schlechter geht als vorher. „Wenn jemand wegen eines Behandlungsfehlers Schadensersatz oder Schmerzensgeld fordert, muss er aber nicht nur nachweisen können, dass ein Arzt ihn falsch behandelt hat, sondern auch, dass dadurch ein Schaden entstanden ist”, sagt Lehmann. Gesetzlich Versicherte können sich an ihre Krankenkasse wenden, die dann ihren medizinischen Dienst mit einem Gutachten beauftragen kann. Erforderlich ist dafür eine Kopie der Patientenakte sowie eine schriftliche Schilderung des Patienten. Kosten fallen keine an. Auch muss der behandelnde Arzt nichts von diesem Schritt wissen.

Kommunikation ist alles: Manchmal reicht Opfern einer Fehlbehandlung auch einfach nur eine Entschuldigung des Arztes. FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA

RND-ILLUSTRATION

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Info Hans-Joachim Henschel ist Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA). Nähere Infos zu Geldkartenbetrug gibt es unter www.polizei-beratung.de

SMARTES GADGET

Sprühbare Sicherheit aus der Dose Vor allem in der dunklen Jahreszeit ist Sichtbarkeit ein wichtiges Thema für alle, die zu vorgerückter Stunde draußen unterwegs sind – mit dem Fahrrad auf dem Weg vom Büro nach Hause, beim Gassigehen mit dem Hund oder bei der abendlichen Joggingrunde. Bei Dunkelheit kann es schnell passieren, dass man von Autofahrern oder anderen Passanten übersehen wird. Um das zu verhindern, setzen viele auf Reflektoren an der Kleidung oder auf Warnwesten. Wem das jedoch zu unmodisch oder umständlich ist, für den könnten Leuchtsprays eine Alternative sein: Man sprüht das Spray teilweise oder flächendeckend auf seine Kleidung auf – wird es dunkel und man wird angestrahlt, so beginnt die Kleidung zu leuchten beziehungsweise zu reflektieren. Tagsüber ist das Spray auf der Kleidung komplett unsichtbar. Die meisten Hersteller setzen auf kleine, reflektierende Mikrokugeln, einen transparenten Klebstoff sowie eine Mischung aus Propan- und Butangas. Dabei sollen die Sprays unschädlich sein für Mensch und Umwelt. Auch Kinderwagen oder die Hundeleine können eingesprüht werden. Dass die Farbe leicht abwaschbar ist, könnte bei Regen allerdings ein Problem sein.

ZAHLEN, BITTE!

67,6

Prozent halten menschliches Fehlverhalten für die größte Bedrohung für die IT-Sicherheit und Industrie 4.0. QUELLE: VDE

Qualität hilft beim Kampf gegen Keime Siegel stellen sicher, dass Kliniken spezielle Hygienemaßnahmen erfüllen Von Irene Habich

Ein großes Problem für die Sicherheit im Krankenhaus sind multiresistente Erreger (MRE). Infektionen mit diesen Bakterien sind deshalb gefährlich, weil sie sich mit herkömmlichen Antibiotika nicht behandeln lassen. Bei einem Klinikaufenthalt können Patienten sich infizieren. Menschen können Träger sein

Multiresistente Keime richten vor allem dann Schaden an, wenn sie in eine offene Wunde gelangen oder wenn das Immunsystem eines Patienten geschwächt ist. Im gesunden Zustand sind hingegen manche Menschen Träger der Keime, ohne dadurch zu erkranken. Bei einem

61

Prozent haben bei einer stationären Behandlung Angst vor einer Infektion mit einem Krankenhauskeim.

Eingriff in der Klinik besteht die Gefahr, dass entweder Keime vom eigenen Körper in eine Operationswunde gelangen oder aber Erreger, die von anderen Patienten übertragen werden. Desinfektion der Hände als Standard

In Krankenhäusern, die besonders auf die Einhaltung von Hygienemaßnahmen achten, ist die Gefahr einer Infektion mit MRE geringer. Ein Hinweis darauf können Siegel sein, die von vielen regionalen MRE-Netzwerken verliehen werden. Diese bescheinigen dem Krankenhaus, dass es einen bestimmten Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung multiresistenter Keime erfüllt. Eine sinnvolle Maßnahme besteht zum Beispiel darin, Risikopa-

tienten direkt bei der Ankunft im Krankenhaus auf MRE zu untersuchen. Wird festgestellt, dass sie Träger der resistenten Erreger sind, werden sie getrennt von den anderen Patienten untergebracht, um eine Ansteckung zu verhindern. Außerdem muss das Krankenhauspersonal auch unter Zeitdruck zwingend strenge Hygienevorschriften beachten. Dazu gehört zum Beispiel, sich zwischen der Behandlung unterschiedlicher Patienten stets die Hände zu desinfizieren. Wenn ein planbarer Eingriff im Krankenhaus ansteht, sollten Patienten sich am besten vorab informieren, welche Maßnahmen dort gegen multiresistente Erreger ergriffen werden und ob die Klinik über ein Siegel verfügt.


MIT SICHERHEIT

Donnerstag, 7. November 2019

3 IM FOKUS

Rechtsdienstleister sind umstritten

Es gibt viele Fälle, in denen Patienten gar nichts unternehmen.

Internetportale, die Verbraucherrechte durchsetzen, bewegen sich in einer Grauzone

Julika Unger, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz

Von Anja Semmelroch

Es bleibe dem Patienten selbst überlassen, ob er das Gespräch mit ihm sucht. „Viele wollen es jedoch gar nicht, weil sie bereits das Vertrauen in den Arzt verloren haben“, sagt Lehmann. Auch Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen der Ärztekammern liefern eine kostenlose Einschätzung dazu, ob grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz besteht oder nicht. Diese ist zwar rechtlich nicht bindend, kann aber zum Beispiel als Grundlage für eine außergerichtliche Verhandlung zwischen dem Patienten und der Haftpflichtversicherung des Arztes dienen. Der Arzt muss allerdings damit einverstanden sein, dass Patienten eine Beurteilung der Gutachterkommission anfordern. Auch außergerichtliche Möglichkeiten ausschöpfen

Nach einer Statistik des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) stuft dieser nur etwa 25 Prozent der von ihm geprüften Fälle als Behandlungsfehler ein, die restlichen drei Viertel nicht. Das bedeute aber keinesfalls, dass die Patienten übertreiben, sagt Julika Unger, Beraterin im Referat Gesundheit und Pfle-

ge der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Es gibt sicher mindestens genauso viele Fälle, in denen ein Behandlungsfehler vorliegt, aber die Patienten erst gar nichts unternehmen. Und damit vergeben sie sich die Chance auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz, der ihnen möglicherweise zusteht.“ Vor allem, wenn durch den Behandlungsfehler die Berufsfähigkeit eingeschränkt ist, geht es dabei um erhebliche Summen. „Wir raten daher jedem dazu, zumindest die außergerichtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“, sagt Unger. Patienten hätten dabei kaum etwas zu verlieren. Wer mit dem Ergebnis nicht zufrieden sei, könne immer noch einen Anwalt hinzuziehen. Sandra Leßmann ist als Fachanwältin für Medizinrecht in der Kanzlei Gellner & Collegen tätig und vertritt vor Gericht geschädigte Patienten. Sie weiß, dass Betroffene ohne Rechtsschutzversicherung oft Angst vor den Anwaltskosten haben. „Wir geben daher vorab eine kurze telefonische Einschätzung der Erfolgsaussichten“, sagt sie. Leßmann empfiehlt, in jedem Fall einen Fachanwalt für Medizinrecht zu konsultieren, der zudem Spezialist für Arzthaftungs-

OP am falschen Fuß? Grobe Verstöße gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht sind offensichtlich. Bei Beschwerden nach einer Behandlung ist ein Fehler nicht immer leicht nachzuweisen. FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA

recht ist. „Es sollte am besten auch jemand sein, der nur auf Patientenseite tätig ist. Wer gleichzeitig große Kliniken vor Gericht vertritt, gerät zu leicht in Interessenkonflikte – man kann nicht auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen“, betont sie. Auch außergerichtliche Hilfe vom Anwalt kann ratsam sein

Weiße Liste gibt Aufschluss Das Risiko für Behandlungsfehler ist umso geringer, je mehr Erfahrung ein Arzt oder eine Einrichtung mit einem Eingriff haben. Über das Internetportal www.weisse-liste.de finden Patienten Informationen dazu, wie oft eine bestimmte Behandlung in einem Krankenhaus in der Näher schon durchgeführt wurde und wie andere Patienten den Aufenthalt in der Klinik bewertet haben.

Auch wenn nicht geklagt wird, kann die Hilfe eines Anwalts hilfreich sein – etwa um mit der Haftpflichtversicherung des Arztes professionell zu verhandeln. Manchmal ist rechtlicher Beistand schon früher nötig, etwa wenn sich Ärzte weigern, die Patientenakte herauszugeben, obwohl sie dazu verpflichtet sind. „Wir können dann auf Herausgabe klagen und haben eine hundertprozentige Aussicht auf Erfolg“, sagt Leßmann. Der Patient müsse dann zwar in Vorleistung gehen, im Nachhinein muss aber die Gegenseite die Kosten tragen. Dass Ärzte nicht kooperieren, wenn es um mögliche Fehler geht, komme aber leider sehr häufig vor. Wohl auch, weil diese Probleme mit ihrer Haftpflichtversicherung befürchten, wenn sie Fehler zu schnell zugeben. Schuldeingeständnisse seien bei Ärzten selten, wenn es um Behandlungsfehler geht, das kann auch Anja Lehmann von der UPD bestätigen. Dabei klagten Patienten oft erst dann wenn die Ärzte abblocken: „Viele hätten sich einfach nur eine Entschuldigung gewünscht.”

Internetdienstleister wie zum Beispiel das Portal Wenigermiete.de bewegen sich bislang in einer rechtlichen Grauzone. Nun prüft der Bundesgerichtshof (BGH) das umstrittene Geschäftsmodell. Die Portale setzen für ihre Nutzer Verbraucherrechte durch, gezahlt wird nur bei Erfolg. Das wirft viele juristische Fragen auf. Ihr Urteil wollen die Richter am 27. November verkünden (Az.: VIII ZR 285/18). Wenigermiete.de, ein Angebot der Berliner Firma Lexfox, ist auf Streitigkeiten um Schönheitsreparaturen, Mietminderung oder zu hohe Mieten spezialisiert. Die Vorprüfung läuft über einen Onlinerechner auf der Seite. Per Mausklick tritt der Nutzer seine Ansprüche gegen den Vermieter an den Dienstleister ab. Wenigermiete.de bemüht sich zunächst um eine außergerichtliche Einigung. Klappt das nicht, reicht ein Vertragsanwalt anstelle des Mieters Klage ein. Großzügige Auslegung des Begriffs Inkasso

Andere Plattformen treiben Entschädigungen wegen verspäteter Flüge ein oder holen für gekündigte Arbeitnehmer Abfindungen heraus. Das Unternehmen Myright vertritt im Dieselskandal Zehntausende Autokäufer gegen Volkswagen. Die meisten Anbieter dieser sogenannten Legal-Tech-Branche sind als Inkassodienstleister registriert. Unklar ist, ob ihre Tätigkeit dadurch auch gedeckt ist. In dem Fall vor dem BGH versucht Wenigermiete.de, für einen Berliner Mieter eine zu hoch angesetzte Miete zu drücken. Aber darum geht es nur vordergründig. Richter am Landgericht Berlin haben die Klage abgewiesen, weil sie Lexfox nicht für klagebefugt halten. Die Firma leiste unerlaubterweise Rechtsberatung. Diese ist Anwälten vorbehalten. Damit ist die Grundsatzfrage zur Klärung in Karlsruhe

gelandet. Klassische Inkassounternehmen treiben unbezahlte Rechnungen ein, zum Beispiel für Telefongesellschaften oder Versandhändler. Das, was Wenigermiete.de mache, sei nicht mehr Inkasso, argumentierte der BGH-Anwalt der vermietenden Wohnungsgesellschaft. Der Mietpreisrechner sei nur der Köder, um Kunden zu locken. Der BGH-Anwalt von Lexfox plädierte für eine Öffnung. Ohne Anbieter wie Wenigermiete.de blieben viele Verbraucherrechte Papiertiger. Liberalisierung des anwaltlichen Berufsrechts gefordert

Die Vorsitzende Richterin Karin Milger deutete an, dass der Senat den Inkassobegriff eher großzügig auslegen dürfte. Bei Wenigermiete.de stellen sich aber noch spezielle Fragen. Bei Streitigkeiten wegen der Mietpreisbremse treibt Lexfox beispielsweise nicht nur das Geld ein. Die Firma wird schon vorher aktiv, um die zu hohe Miete zu rügen. Die Rüge sei nicht der Schwerpunkt, sagte Wenigermiete.de-Gründer Daniel Halmer nach der Verhandlung. „Unser Geschäftsmodell besteht darin, dass wir Forderungen für Mieterinnen und Mieter einziehen.“ Unabhängig von dem Verfahren forderte er ein Legal-Tech-Gesetz oder eine Liberalisierung des anwaltlichen Berufsrechts. Myright-Gründer Jan-Eike Andresen betont: „Wir setzen Ansprüche durch, die bestehen, und deshalb sehen wir da auch kein Problem.“ Volkswagen zieht vor Gericht ebenfalls die Klagebefugnis von Myright in Zweifel. Eine Entscheidung des BGH dazu wird 2020 erwartet. Der Deutsche Anwaltverein teilte mit, wichtig sei, dass der Verbraucherschutz gewährleistet bleibe. Anders als Anwälte unterlägen Inkassodienstleister weder der Schweigepflicht noch dem Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen.

Rechtsberatung oder Rechtsüberschreitung? Anbieter der sogenannten Legal-Tech-Branche sind als Inkassodienstleister registriert. Unklar ist, ob ihre Tätigkeit dadurch auch gedeckt ist. FOTO: ULI DECK/DPA

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MIT SICHERHEIT SICHER IN DER REGION

Oschatzer ist Zugführer beim Katastrophenschutz Von Kristin Engel Oschatz. Für die Sicherheit der Menschen investieren Sanitä-

ter ihre Freizeit. Sie machen es gern – und das im Ehrenamt. So wie auch Jan Näther, Zugführer des DRK Katastrophenschutzzuges Torgau-Oschatz aus Oschatz. So war er auch vor wenigen Wochen beim Jubiläum des Horstseefischens in Wermsdorf vor Ort.

Donnerstag, 7. November 2019

Geld verbrennen: Wenn Sammler falsch liegen Einst waren Telefonkarten und Briefmarken eine sichere Bank Von Bert Endruszeit Leipzig. Geld vernichten beim

Kauf von Sammelstücken? Das ist oft sehr einfach. Denn während beispielsweise bei Gegenständen aus Edelmetall später immer mindestens der Materialwert erzielt wird, kann sich der Wind bei reinen Liebhaberstücken sehr schnell drehen. Telefonkarten – von teuer zu wertlos

Erste Hilfe aus Oschatz: Kristin Arndt, Richard Buchmann und Jan Näther (Mitte) versorgen eine Patientin. FOTO:WOLFGANG SENS

„Das Fest war wirklich schön und den Besuchern hat es gut gefallen. Doch auch für uns gab es einiges zu tun. Denn das schöne Wetter sorgte auch bei einigen Besuchern für Kreislaufprobleme. Wir versuchen die Leute so weit wie möglich vor Ort zu versorgen, und nur wenn es nötig ist, bringt der Regelrettungsdienst die Patienten ins Krankenhaus“, erklärt der Oschatzer.

Doch egal was wir für Einsätze haben – wenn die Leute unsere Hilfe brauchen, sind wir da. Jan Näther Zugführer DRK Katasthrophenschutzzug Torgau-Oschatz

Er selbst kam bereits im Jahr 2000 durch seine Cousine zum DRK Ortsverein Dahlen. Sie war als Rettungsschwimmerin beim DRK im Dienst und diese Aufgabe faszinierte ihn. So fing er an, über die Wasserwacht eine Ausbildung zum Rettungsschwimmer zu machen und sorgte somit für Sicherheit der Badegäste in der Kiesgrube Luppa. 2006 folgte dann die Ausbildung zum Sanitäter. Dadurch konnte er für die Absicherung bei großen Veranstaltungen, wie Reitturnieren, Motocross und mehr, eingesetzt werden. 2012 wurde er schließlich Bereitschaftsleiter des DRK OV Dahlen. Mit dieser Funktion übernahm er die Planung von Personal und Material bei Veranstaltungen, schreibt Angebote und übernahm viele weitere Aufgaben. Nach dem Rücktritt des ehemaligen Kreisbereitschaftsleiters des DRK Kreisverbandes Torgau-Oschatz e.V. 2013 trat Jan Näther in dessen Fußstapfen und hatte somit die Bereitschaftsleiter unter sich. Gleich im selben Jahr wurde er auf die Probe gestellt. Denn das Hochwasser forderte die Katastrophenschutzeinheit vom Kreisverband Torgau-Oschatz heraus. Hier machte er zum ersten Mal seine Erfahrungen als Führungskraft. Das ermutigte ihn, 2014 offiziell in den Katastrophenschutz einzutreten. Zudem machte er in den folgenden Jahren die Ausbildung zum Gruppen- und Zugführer. „Doch egal was wir für Einsätze haben – wenn die Leute unsere Hilfe brauchen, sind wir da“, so Jan Näther. Und das alles im Ehrenamt. Ein toller Einsatz, um für die Sicherheit zu sorgen.

Ein besonders krasses Beispiel sind Telefonkarten. In den Neunzigerjahren grassierte da ein richtiges Fieber. Die kleinen Plastikkarten, mit denen an öffentlichen Fernsprechern bargeldlos telefoniert werden konnte, wurden schnell zu heiß begehrten Sammelstücken. Manche Exemplare gingen für vierstellige Summen über den Tisch. Die Telekom gab 1987 die ersten Stücke heraus, schnell wurde das Sammelfieber weiter angeheizt. Viele Karten wurden über den Sammlerservice der Deutschen Telekom angeboten, aber auch direkt am Postschalter. Die Vielfalt war groß, ständig kamen neue Motive auf den Markt. So richtig heiß gemacht wurden die Sammler mit regionalen Ausgaben oder niedrigen Auflagehöhen, die auf vielen Karten aufgedruckt waren. Da wollte jeder dabei sein. Und Sammler lieben das Perfekte, aus diesem Grund wurden möglichst unbenutzte Karten gesammelt. Und das hieß in diesem Fall: voll mit Geld aufgeladen, meist 6, 12 oder sogar 50 D-Mark. Dieses Geld lag also faktisch mit den Telefonkarten zusammen in den Alben der Sammler. Doch was wurde aus den Guthaben? „Anfangs scheiterte die Telekom vor den Gerichten und musste das Geld auf neue Karten übertragen. Aber dafür mussten die Sammler-Telefonkarten zurückgegeben werden“, so Hans-Peter Kroner vom nicht mehr aktiven Verein „TeleSammler“. Inzwischen habe die Telekom einen Weg gefunden das Kapitel erfolgreich zu beenden und hierdurch erhebli-

Früher heiß begehrt, heute nahezu ­wertlos: ­Telefonkarten aus den Neunzigerjahren. FOTOS: LVZ-ARCHIV

che Gewinne zu erzielen. „Ich persönlich schätze einen dreistelligen Millionenbetrag. Das Guthaben hat nur den Besitzer gewechselt, nämlich zur Deutschen Telekom AG. Sie ist der große Gewinner.“ Lange Gesichter gibt es nun bei vielen Sammlern und Erben. „In Nachlässen wird häufig eine große Anzahl von Telefonkarten gefunden und was noch schlimmer ist, oft liegen auch noch die Originalrechnungen bei. Die Erben möchten diese Sammlungen, die ja zwischenzeitlich noch deutlich an Wert gestiegen sein müssten, nun zu Geld machen. Wenn man sie aufklärt, kann man mitunter zwei Reaktionen erleben: Betroffenheit

Briefmarken – wen interessiert’s?

Viele Sammler legen Wert auf Briefmarken mit regionalen Motiven – wie dies in der Messestadt vor dem Zweiten Weltkrieg abgestempelte Exemplar. FOTO: ANDRÉ KEMPNER

IMPRESSUM „Mit Sicherheit“ ist ein Spezial der Zeitungen der Madsack Mediengruppe. LVZ-Projektleitung: André Böhmer Verkaufsleitung: Arne Frank, Thomas Jochemko Redaktion: Uta Zangemeister Layout: Anne Meyer

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oder auch den Vorwurf, dass man ein Betrüger ist, da die Einschätzung zum Wert der Karten überhaupt nicht möglich sein kann. Nur diejenigen, die sich eine goldene Nase verdient haben, zum Beispiel die Telekom oder auch einige Handelshäuser, ziehen sich aus der Affäre. Mit Telefonkarten will man nichts mehr zu tun haben“, so Kroner. In Deutschland gibt es heute wohl noch rund 500 Sammler, schätzt er. Entsprechend niedrig sind die Preise – Exemplare, die einst für mehrere 100 Euro über den Tisch gingen, gibt es heute für wenige Cent. Der Markt ist faktisch tot, der letzte Katalog erschien 2005. Der 1989 gegründete Fachverein „TeleSammler“ wurde 2018 aufgelöst und gab zum Abschied sogar noch eine eigene Karte heraus. Fazit: Gigantische Geldmengen wurden in Sammlungen von Telefonkarten gesteckt, ohne die damit verbundenen Guthaben jemals zu nutzen. Das einst investierte Geld ist für immer verloren. Eine praktische Bedeutung haben Telefonkarten ohnehin kaum noch – fast jeder hat heute ein Handy, öffentliche Fernsprecher sind selten geworden.

Briefmarken-Experte Stefan Lehn mit seiner Ausstellung zum Thema Brandenburger Tor. FOTO: BERT ENDRUSZEIT

Die Zeiten sind lange vorbei, als Kinder mit Begeisterung Briefmarken von Postkarten und Briefen im Wasserbad abweichten, trockneten und dann voller Stolz ins Album legten. Die gezackten Sammelstücke locken heute kaum einen Jugendlichen hinter dem Ofen vor, obwohl sie eigentlich in der Anschaffung nichts kosten – einfach aufheben galt damals wie heute als Einstieg ins Hobby. Und so sind die entsprechenden Philatelisten-Vereine längst Treffpunkte von Ruheständlern geworden, viele Vereine lösten sich bereits auf. Briefmarken haben meist eines gemeinsam – sie gibt es millionenfach, und Sammler nun mal nicht (mehr). Und so finden viele jahrzehntelang zusammengetragene Markenschätze keine Käufer mehr – und wenn, dann nur für Niedrigpreise. Längst ist vom „leisen Sterben der Briefmarke“ die Rede. Natürlich werden Spitzenstücke noch immer gut bezahlt, doch wer hat schon die Blaue Mauritius oder andere Kostbarkeiten im Album? Und so bleibt den Besitzern von Alben mit Standardware oft nur die Freude am Sortieren und Anschauen. Als Altersvorsorge taugen diese Marken nicht.

Das sieht auch Stefan Lehn so: „Briefmarken sind keine Geldanlage. Ich muss da immer wieder Leute enttäuschen, die mit ihren dicken Alben zu mir kommen und auf Schätze hoffen.“ Lehn leitet den „Philatelistenverein Grimma 1887“ sowie die Arbeitsgemeinschaft Leipziger Messe-Philatelie. „Für alles was nach 1955 auf den Markt kam, gibt es kein Geld mehr.“ Solche Stücke kommen derzeit massenweise auf den Markt, da viele Sammler moderne Marken einst direkt von der Post bezogen und ihre Sammlungen nun vererben. Beliebter seien da schon Marken aus früheren Zeiten. „Je älter, desto besser.“ Doch auch hier müsse man erst mal einen Sammler finden, der diese Stücke auch unbedingt haben will. „Denn für die ganz alten und teilweise noch teuren Marken gibt es noch weniger Sammler als für die modernen.“ Der Niedergang der Briefmarke als Hobby lässt sich auch auf Messen verfolgen, Händler würden kaum noch Stände buchen. Was für Briefmarken gilt, trifft auch auf viele andere Sammelgebiete zu: Es wachsen viel zu wenig junge Sammler nach. Zahlreiche Kostbarkeiten werden von den Erben auf den Markt geworfen, das führt zu sinkenden Preisen. Antike Möbel, Porzellan aus Meißen oder Sammlerpuppen sind heute für einen Bruchteil der Preise zu haben, die noch vor zwei oder drei Jahrzehnten üblich waren. Für Einsteiger sind das geradezu paradiesische Zeiten. Eine uralte Regel sollte daher immer gelten: Kaufen, was gefällt und ins Budget passt, sich daran erfreuen und nicht auf eine Wertsteigerung schielen, das hebt die Lebensfreude. Sammler sind glückliche Menschen, soll schon Goethe gesagt haben. Und diese Tatsache ist bares Geld wert.


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