LVZ Familie & Gesundheit 2020 | Ungewollt kinderlos

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Sonnabend/Sonntag, 21./22. März 2020

FAMILIE & GESUNDHEIT AKTIONSWOCHEN DER LEIPZIGER VOLKSZEITUNG

Ungewollt kinderlos Etwa jedes siebte Paar ­in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Für sie ist die künstliche ­Befruchtung oft die einzige Chance auf Nachwuchs. Was Sie wissen müssen.

Wie geht die Typisierung? Für Menschen mit Blutkrebs ist die ­Stamm­zellenspende oft die einzige ­Hoffnung auf Heilung. LVZ-Reporterin Pia Siemer hat den Selbstversuch gemacht und sich typisieren lassen. Seite 4

FOTOS: DREW-HAYS/ADOBE STOCK; PRIVAT

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Nicht alleine sein mit dem Krebs

Priv.-Doz. Dr. Michael Moche, Prof. Dr. Michael Bartels und Priv.-Doz. Dr. Ulrich Halm, drei ausgewiesene Ärztliche Experten im Dienst am Patienten.

Die Tumorkonferenz am HELIOS PARK-KLINIKUM sucht die individuell beste Therapie

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nfang 40, zwei Kinder, mitten im Leben. Und dann die Diagnose, die ihr den Boden unter den Füßen wegzog: metastasierender Darmkrebs, auch die Leber war betroffen. Privat-Dozent Dr. Ulrich Halm erinnert sich genau an die Patientin: „Die Lebermetastasen waren schon sehr groß, eine saß auf der linken Seite, ganz viele auf der rechten.“ Es hatte schon optimistischere Aussichten gegeben. In der interdisziplinär besetzten wöchentlichen Tumorkonferenz beschlossen die Experten des Helios Park-Klinikums Leipzig, die Metastasen zuerst mit einer Chemotherapie anzugreifen. Die Tumoren sprachen gut an, die Metastasen wurden kleiner. „Dann haben wir operiert und konnten in einem ersten Operationsschritt die Lebermetastasen komplett entfernen. Nach vier Wochen Erholungszeit der Patientin haben wir im zweiten Schritt mittels Schlüssellochtechnik den betroffenen Dickdarmteil entfernt. Die Patientin hat beide große Eingriffe zum Glück sehr gut

überstanden.“ Dr. Halm, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin, hofft, die Patientin vollständig zu heilen. Große Fortschritte „Ein ganz wesentlicher Fortschritt in den vergangenen Jahren ist, dass wir sehr häufig minimalinvasiv operieren“, sagt sein Kollege Prof. Dr. Michael Bartels, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie. „Das ist eine phänomenale Entwicklung, weil sie die Belastung für die Patienten sehr verringert.“ Die Ärzte in Leipzig sprechen bei der Schlüssellochtechnik von einer entscheidenden Weiterentwicklung der chirurgischen Technik, von der insbesondere Krebspatienten durch die geringere Belastung und schnellere Erholung besonders profitieren. Weitere Säulen in der Krebsbehandlung sind die Strahlen- und die medikamentöse

Fotos: Christian Hüller

Therapie. Durch die Entwicklung neuer Medikamente sind auch hier zuletzt erhebliche Fortschritte gemacht worden. „Wir bieten neue minimalinvasive Verfahren, etwa beim Kappen der Blutzufuhr eines Tumors oder wenn CT-gestützt kleine Metastasenherde mit speziellen Nadeln zerstört werden“, ergänzt Priv.-Doz. Dr. Michael Moche, Chefarzt für Interventionelle Radiologie. Langjährige Erfahrungen, modernste Technik „All die langjährigen Erfahrungen müssen ebenso wie unsere hochmodernen Techniken in ein Gesamtkonzept einfließen“, erklärt Chefarzt Dr. Halm. „Nur so finden wir für den

Patienten die individuell beste Therapie.“ Ganz wichtig dabei ist auch die Psychoonkologie. Denn dass Menschen an Krebs sterben, wird es immer geben, „das ist unserem biologischen Aufbau zu eigen“, sagt Chefarzt Prof. Bartels. Fast 500 000 Menschen erkranken in Deutschland an Krebs – jährlich. Solches Wissen kann bei einer eigenen Krebsdiagnose helfen, die gefühlte Ausweglosigkeit und den Schock zu verarbeiten: Man ist nicht allein. Und: Es gibt große Fortschritte. Aktuell machen vor allem die Entwicklungen bei Krebs der Bauchorgane und der Lunge Mut. Am stärksten jedoch wiegt das Wissen, bei den Ärzten in bestmöglicher Hand zu sein.


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FAMILIE UND GESUNDHEIT

Sonnabend/Sonntag, 21./22. März 2020

AUS MEINER PRAXIS

Von Dr. Gerald Hofner

Wie Smartphones die Sehkraft schwächen

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s ist inzwischen unstrittig, dass die intensive Nutzung von Smartphones in der Kindheit und Jugend die Sehkraft schwächen kann. Diese Folge ist, physikalisch betrachtet, logisch. Denselben Mechanismus gab es auch bereits vor dem Smartphone-Zeitalter. Schuld ist nämlich das Lesen in zu kurzem Abstand. Das Smartphone wird zu nahe an die Augen gehalten – so wie auch manchmal Bücher bei Leseratten. Das Auge reagiert mit der Verlängerung des Längsdurchmessers, um dies optisch auszugleichen. Damit entsteht oder verstärkt sich Kurzsichtigkeit. Die Augen von Kindern und Jugendlichen, die sich noch in der Entwicklung befinden, betrifft das deutlich stärker. Die Folge der zunehmenden Kurzsichtigkeit sind Brillenkorrektur, und langfristig die Schwächung der Sehkraft.

Die Lesedauer in Büchern ist viel geringer als jene am Smartphone. Außerdem besteht bei Kurzsichtigkeit ein erhöhtes Risiko für Netzhautschäden. Die Symptomatik ist generell umso ausgeprägter, je länger die täglichen Lesezeiten am Smartphone sind, und je näher es am Auge gehalten wird. Insofern sind die Bemühungen mancher Hersteller zu begrüßen, mittels Apps die Bildschirmzeiten besser zu kontrollieren. Inwieweit diese die Nutzungsdauer reduzieren, bleibt abzuwarten. Außerdem sollte die Schriftgröße nicht zu klein sein, sodass der Abstand zum Auge größer sein kann. Bücherlesen kann übrigens dieselben Folgen für das Auge haben. Allerdings ist statistisch gesehen die Lesedauer bei Büchern viel geringer als jene am Smartphone. Info Dr. Gerald Hofner ist Kinderkardiologe, -pneumologe und Ernährungsmediziner. Er praktiziert in Bayreuth und bloggt unter derkinderarztblog.com.

Etwa jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. Für sie ist der Besuch in einem Kinderwunschzentrum oft die einzige Chance, Nachwuchs zu bekommen. Die wichtigsten Fakten rund um die künstliche Befruchtung

Von Birk Grüling

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ltern zu werden ist nicht schwer“ – sagt jedenfalls der Volksmund. Und tatsächlich wird eine große Mehrheit aller Paare in den ersten zwölf Monate mit ungeschütztem Geschlechtsverkehr schwanger. Auf der anderen Seite ist etwa jedes zehnte Paar in Deutschland ungewollt kinderlos. Bleibt eine Schwangerschaft innerhalb eines Jahres aus, macht es also Sinn, einmal nach den Ursachen dafür zu suchen. Die Frauen sollten mit ihrem Gynäkologen über ihren Kinderwunsch spre-

FOTO: INA FUNK

WAS OMA SCHON WUSSTE

Wunsch und Wirklichkeit

Energiekekse nach Hildegard von Bingen Starke Nerven, hohe Konzentration, Energie und gute Stimmung, gesundes Blut – wer wünscht sich das nicht? Die Äbtissin und kräuterkundige Hildegard von Bingen hat ein Keksrezept entwickelt, dass genau diese Eigenschaften im Körper fördert: „Iss diese oft und alle Bitternisse deines Herzens und deiner Gedanken versinken, dein Herz und deine verstockten Gedanken weiten sich, dein Denken wird froh …; es gibt guten Saft deinem Blut und macht dich stark.“ Kinder können davon täglich maximal zwei naschen, Erwachsene bis zu fünf. Kleinkinder sollten verzichten. Ebenso Schwangere, da die enthaltende Muskatnuss menstruationsfördernd wirkt. Da die Kekse eine große Menge Muskatnuss enthalten, kann ein übermäßiger Verzehr Kopfschmerzen, Schwindelanfälle, Wahrnehmungsstörungen und Übelkeit verursachen. Zutaten: 400 g Dinkelvollkornmehl, 250 g Butter, 150 g Rohrzucker, 200 g gemahlen Mandeln, 2 Eier, 20 g Muskat, 20 g Zimt, 5 g Nelken, etwas Salz, Wasser nach Bedarf Zubereitung: Alle Zutaten miteinander zu einem Teig verkneten und in eine drei Zentimeter dicke Rolle formen. Den Teig für 30 Minuten kühl stellen. Dann den Teig in drei Zentimeter dicke Scheiben schneiden, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech verteilen und bei 180 bis 200 Grad für zehn Minuten backen. iff

ZAHLEN, BITTE!

49 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Angehörige und Freunde die geeignetesten Betreuuungspersonen für Menschen mit Demenz sind. Quelle: DAK

Ein Spermiogramm gibt bei Männern Auskunft über die Zeugungsfähigkeit. FOTO: LEHTIKUVA/MARTTI KAINULAINEN/DPA

chen und ihre Eileiter, Gebärmutter und die Schilddrüse untersuchen lassen. Bei Männern gibt ein Spermiogramm Auskunft über die Zeugungsfähigkeit. Werden Anzeichen für eine Unfruchtbarkeit gefunden, führt der Weg oft direkt in ein Kinderwunschzentrum. Dort wird nach ausführlicher Beratung und Untersuchung versucht, den Paaren den Traum vom eigenen Kind zu erfüllen. Grundsätzlich gibt es drei Verfahren für eine künstliche Befruchtung. Mehrere Methoden zur Kinderwunschbehandlung

Die intrauterine Insemination ist die vielleicht „natürlichste“ Methode für eine Kinderwunschbehandlung. Das Sperma des Mannes wird aufbereitet und danach direkt in die Gebärmutter der Frau injiziert. Zusätzlich wird oftmals noch der Eisprung der Frau durch eine Hormonbehandlung stimuliert. Diese Methode wird genutzt, wenn der Mann nur wenige und nicht sehr bewegliche Spermien hat und bei der Frau keine größeren Probleme bestehen. In vielen Kinderwunschzentren wird diese Methode allerdings immer seltener angewandt, da die Erfolgschancen nicht klar belegt sind. Bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF) findet die Befruchtung nicht

25 bis 30 Prozent beträgt die Erfolgsquote bei einer In-VitroFertilisation und einer ICSI-Behandlung.

mehr im Körper statt, sondern im Reagenzglas. Dafür werden der Frau durch eine kleinen Eingriff Eizellen aus dem Eierstock entnommen und dann mit den Spermien des Mannes im Reagenzglas zusammengebracht. Um die Produktion von vielen Eizellen und später den Einsprung anzuregen, bekommt die Frau im Vorfeld eine Hormonbehandlung. Die eigentliche Befruchtung findet ohne Zutun der Ärzte in der Petrischale statt. Hat sich die befruchtete Eizelle zu einem Embryo entwickelt, werden bis zu drei von ihnen nach zwei bis drei Tagen wieder in die Gebärmutter der Frau eingesetzt. Häufig wird die In-vitro-Fertilisation bei Frauen mit einer „gestörten“ Eileiterfunktion angewendet – dazu zählen zum Beispiel Wucherungen an der Gebärmutterschleimhaut, Entzündungen oder Verwachsungen im Beckenbereich. Aber auch bei einer eingeschränkten Fruchtbarkeit des Mannes wird eine IVF-Behandlung genutzt. Chancen auch bei starker Zeugungsunfähigkeit

Im Prinzip funktioniert die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ähnlich, mit einem entscheidenden Unterschied: Im Labor wird zuerst ein besonders „gutes“ Spermium ausgewählt.

Erstattung gilt auch für ältere Paare Krankenversicherer können verpflichtet sein, auch älteren Frauen die Kosten einer künstlichen Befruchtung zu erstatten. Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Anfang des Jahres veröffentlichten Urteil klar. Ein statistisch gesehen höheres Risiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, ist demnach allein noch kein Grund, die Übernahme der Kosten abzulehnen. (Az. IV ZR 323/18) In dem Fall aus Bremen ging es um die Behandlung einer 44-Jährigen, deren Mann auf natürlichem Wege keine Kinder zeugen konnte. Seine private Krankenversicherung hatte die Kosten von rund 17 500 Euro nicht übernehmen wollen und das vor allem mit dem Alter der Frau begründet. Fehlgeburten kämen in dieser Altersgruppe häufiger vor. Die Karlsruher Richter stuften die vier Anläufe einer künstlichen Be-

fruchtung wegen der Probleme des Mannes als medizinisch notwendige Heilbehandlung ein. Entscheidend dafür sei einzig und allein, dass die Behandlung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Schwangerschaft führen könne. Wie diese weiter verlaufe, habe keine Rolle zu spielen. Das Selbstbestimmungsrecht des Paares umfasse „grundsätzlich auch die Entscheidung, sich den Kinderwunsch in fortgeschrittenem Alter unter Inkaufnahme altersspezifischer Risiken zu erfüllen“, heißt es im Urteil. Anders könne die Entscheidung höchstens dann ausfallen, wenn es wegen der Gesundheit der Eltern nur wenig wahrscheinlich sei, dass das Kind lebend zur Welt komme. Bei dem Ehepaar in dem Fall sah der BGH dafür keine Anhaltspunkte. Die Versicherung muss die Kosten deshalb weitge-

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Versuche zahlen die gesetzlichen Kassen in der Regel anteilig.

hend übernehmen. Die Kostenübernahme bei den privaten Kassen ist sehr unterschiedlich. Dagegen finanzieren die gesetzlichen Kassen nur die ersten drei Versuche anteilig: Diese übernehmen bei den ersten drei Versuchen die Hälfte. Ein staatlicher Zuschuss für die Behandlungen kann in neun Bundesländern beantragt werden, nämlich in Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In Niedersachsen wurden 2019 nach Angaben des Gesundheitsministeriums insgesamt 3288 Kinderwunschbehandlungen bewilligt. Die Kosten von knapp 2,89 Millionen Euro teilten sich Land und Bund. Niedersachsen sei bei der Förderung bundesweit führend, betonte das Ministerium.


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3 DAS FIT-PROGRAMM

FOTO: NYNNE SCHRODER/UNSPLASH

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Käseküchlein mit Buchweizenmehl Gesunde Snacks für unterwegs sind im Leben mit Kindern unerlässlich. Zum Abschluss unserer Familienessen-Serie gibt es herzhafte Scones „Ein Mangel an guter Ernährung in den ersten 1000 Tagen bedeutet stets auch einen Mangel an Möglichkeiten im späteren Leben“, erklärte der damalige Bundespräsident Joachim Gauck 2013 in einer Rede. Inzwischen gibt es etliche Studien, die Gaucks These mit der Erkenntnis unterstützen: Die erste Phase des Lebens und die Art, wie Kinder in dieser Zeit ernährt werden, entscheidet mit darüber, wie gesund sie durch ihr gesamtes Leben gehen. Dass Eltern hierbei eine besondere Verantwortung tragen, nicht nur als Ernährer, sondern auch als Vorbilder, versteht sich von selbst.

Kosten für eine Behandlung

bis 14 Tage nach dem Einsetzen fällt dann negativ aus. Die Erfolgsquote bei einer In-vitro-Fertilisation und einer ISCI-Behandlung liegt bei etwa 25 bis 30 Prozent. Bei einer Insemination liegt sie etwa bei 10 bis 15 Prozent. Risiken durch Hormone

Bei der künstlichen Befruchtung bekommt die Frau in der Regel Hormone, die die Produktion von Eizellen und den Einsprung anre-

Künstliche Befruchtung ist keine Garantie

Knapp 20 000 Kinder kommen pro Jahr dank einer künstlichen Befruchtung zur Welt. Gleichzeitig werden jährlich knapp 90 000 Patientinnen für eine Befruchtung mit der IVF- oder ICSI-Methode behandelt. Trotz moderner Reproduktionsmedizin ist also eine künstliche Befruchtung noch lange keine Garantie für eine Schwangerschaft. Der Hauptgrund: Auch wenn die Befruchtung und Zellteilung außerhalb des Körpers geklappt hat, entwickeln sich viele Embryonen im Körper nicht weiter. Der Schwangerschaftstest zwölf

Guter Hoffnung: Der Weg zum eigenen Kind ist oft lang. FOTO: KELLY SIKKEMA/UNSPLASH

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gen sollen. Das birgt das Risiko für eine sogenannte Überstimulation. Durch die Überfunktion der Eierstöcke kann es zu Übelkeit, starken Schmerzen und Flüssigkeit im Bauchraum kommen. Auch Atemnot und Störungen der Blutgerinnung sind möglich. Starke Überstimulationen müssen im Krankenhaus behandelt werden. Allerdings tritt diese Nebenwirkung bei weniger als 5 Prozent aller Frauen auf, die während einer Kinderwunschbehandlung zusätzlich Hormone nehmen. Äußerst selten sind Komplikationen bei den operativen Eingriffen zur Entnahme der Eizellen und dem Einsetzen der Embryonen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit für Mehrlingsschwangerschaften durch das Einsetzen mehrerer Embryonen in die Gebärmutter erhöht. Die Zwillingsrate bei einer Kinderwunschbehandlung liegt etwa bei 21 Prozent. Zum Vergleich: Bei natürlichen Schwangerschaften beträgt sie nur etwa ein Prozent. Ein häufig übersehener Punkt ist die hohe emotionale Belastung für die Paare. Eine Kinderwunschbehandlung bedeutet häufig ein Wechselbad der Gefühle – das gilt vor allem, wenn mehrere Versuche nötig sind. Darauf sollten sich Paare vorher einstellen.

Käse-Mandel-Scones

Je nach Verfahren und Behandlungsaufwand kann eine Kinderwunschbehandlung schnell mehrere Tausend Euro kosten. Eine Insemination kostet ohne hormonelle Stimulation etwa 350 Euro, mit Hormonbehandlung rund 800 Euro. Deutlich teurer ist eine IVF-Behandlung. Dafür müssen Paare zwischen 2500 und 3000 Euro aufbringen – pro Versuch. Eine ICSI kostet sogar rund 4000 Euro. Werden Eizellen für kommende Versuche eingefroren, kostet zusätzlich das zwischen 300 bis 500 Euro – zuzüglich der Kosten für die Lagerung. Allerdings brauchen die meisten Frauen mehrere Versuche, um schwanger zu werden. Kosten von 10 000 Euro sind bei Kinderwunschbehandlungen also keine Seltenheit.

Gesunde Ernährung bedeutet nicht zwangsläufig Verzicht. Snacken ist durchaus erlaubt – etwa mit folgenden Käseküchlein. So geht’s

Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen. Buchweizenmehl, gemahlene Mandeln und Backpulver in einer Rührschüssel gleichmäßig vermengen. Frischkäse und Kräuter hinzufügen und alles mit den Händen zu einem glatten Teig verkneten. Den Käse reiben. Den Teig auf der bemehlten Arbeitsfläche kurz mit den Händen durchkneten, dann mit dem Nudelholz circa zwei Zentimeter dick ausrollen. Mithilfe einer runden Ausstechform (Durchmesser etwa sechs Zentimeter) circa zehn Scones ausstechen und nebeneinan-

der auf das Blech setzen. Auf diese Weise den gesamten Teig verarbeiten. Die Scones mit dem Käse bestreuen und im Ofen ( Mitte) in circa 20 Minuten goldbraun backen. Herausnehmen und auf einem Gitter abkühlen lassen. Sie eignen sich prima zum Mitnehmen. Info Dr. Matthias Riedl: „Das Kochbuch der ersten 1000 Tage. So schenken Sie Ihrem Kind lebenslange Gesundheit“. GUVerlag, 192 Seiten, 24 Euro.

Immerhin gibt es vonseiten der Krankenkassen finanzielle Unterstützung. Wie hoch die ausfällt, ist ganz unterschiedlich. Seit der großen Gesundheitsreform 2004 tragen die meisten gesetzlichen Versicherer nur noch 50 Prozent der Behandlungskosten. Allerdings sorgt der Wettbewerbsdruck dafür, dass immer mehr Krankenkasse einen höheren Anteil der Kosten übernehmen. Auch von den Bundesländern gibt es Unterstützung. So bekommen Paare in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen einen zusätzlichen Zuschuss über 25 Prozent des Eigenanteils für die ersten drei Versuche. Allerdings sind all diese Unterstützungen an Bedingungen geknüpft. So werden oft nur drei Versuche gezahlt. Außerdem darf in der Regel die Frau nicht älter als 40, der Mann nicht älter als 50 Jahre alt sein. Manche Versicherer und Bundesländer unterstützen auch nur verheiratete Paare. Auch eine Unterstützung bei einer Samenspende ist ausgeschlossen.

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D I C H WIE ZUHAUSE 14435801_001120

Für 10 Stück 100 g Buchweizenmehl 100 g gemahlene Mandeln 2 TL Weinsteinbackpulver 130 g Kräuterfrischkäse (40 % Fett i. Tr.) 2 EL gehackte Kräuter (z. B. Petersilie, Schnittlauch) 80 g Gouda (am Stück) Mehl zum Arbeiten

FOTO: GU-VERLAG

Danach wird es über eine dünne Nadel direkt in die Eizelle injiziert. Dank dieser Methode können auch Männer, deren Zeugungsfähigkeit sehr stark eingeschränkt ist, Väter werden. Selbst wenn im Ejakulat keine Spermien vorhanden sind, können diese aus dem Hoden oder den Nebenhoden entnommen werden. Ist die Befruchtung und erste Zellteilung erfolgreich, werden bis zu drei Embryonen in die Gebärmutter eingesetzt. Inzwischen wird diese Methode am häufigsten in deutschen Kinderwunschzentren angewendet, vor allem weil sie als sehr sicher und erfolgversprechend gilt.

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FAMILIE UND GESUNDHEIT

Sonnabend/Sonntag, 21./22. März 2020

Biegen, aber nicht zerbrechen Unheilbar Krebs: Drei Betroffene aus Sachsen und Thüringen berichten, wie sie damit umgehen, dass ihre Krankheit zwar unter Kontrolle ist, aber jederzeit zurückkehren kann Von Simone Liss

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anche Menschen schaffen es, Krisen zu bewältigen, ­sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Andere werden krank oder zerbrechen daran. Die Kraft der Widerständigen heißt in der Psychologie Resi­lienz. ­Anastasiya Lobanova, Caro ­Engelmann* und Walter Seyfart ­gehören zur Gruppe der Widerständigen. Alle drei leben in Remission. Die Symptome ihrer Krebserkrankung haben nachgelassen. Medikamente halten ihre bösartigen Zellen in Schach. Der Feind in ihnen ist gebändigt, unter Kontrolle. Doch jederzeit kann er seine Fesseln sprengen. Eine Bürde für jeden der drei. Wie gehen sie mit ihr um? Was bedeutet es, als unheilbar krank zu gelten und trotzdem jedem Tag etwas Gutes abzuringen? Woher Anastasiya Lobanova, Cora Engelmann und Walter Seyfart ihre Kraft nehmen, erzählen sie selbst. Das Schlechte annehmen, dem Guten Raum geben

Er passt nicht recht ins Bild. Seine Gestalt, seine Form, seine Farbe – ein Fremdkörper. Um ihn herum: alles leuchtend hell, verwoben, dynamisch. Er dagegen: disharmonisch, asymmetrisch, eigen. Er ist ein Teil von ihr. Von Caro Engelmann. 48, Frau, Mutter, Partnerin, Freundin, Schwester, Tochter, Kollegin. Er ist in ihr – ein bösartiger, aggressiver, zerstörerischer Tumor. Caro Engelmann hat ihn gezeichnet. In der Farbe eines Türkis. Ein Edelstein, den sie liebt. Ihm wird Schutz, Heilung und Lebenskraft zugeschrieben. Wie passt das zusammen? „Dieses Bild ist in der Auseinandersetzung mit meiner Erkrankung entstanden. Es zeigt, dass bei allem Guten und Schlechten, das in

mir steckt, auch eine Chance liegt: Das Schlechte anzunehmen, anzuerkennen und sich nicht darin zu verkämpfen, sondern dem Guten, Wichtigen, Wertvollen Raum zu geben und sich darauf zu konzentrieren. Mein Tumor ist nicht hässlich und gemein, sondern Schicksal. Und es ist meine Aufgabe, es anzunehmen und eine Haltung dazu zu finden“, sagt Engelmann. Dass sie diesen Satz heute erhobenen Hauptes aussprechen kann, ist nicht selbstverständlich. 2011 erkrankt Caro Engelmann das erste Mal schwer: an erblich bedingtem Brustkrebs. Nach der Amputation beider Brüste, der Eierstöcke und einer Chemotherapie kämpft sie sich ins Leben zurück. Ihr Sohn, ihr Partner und ihre Familie spielen dabei eine entscheidende Rolle: „Ich war 40 und es war gefühlt noch keine Zeit zu gehen. Mein Sohn war damals neun Jahre alt. Ich hatte Verantwortung. Mein Vater, meine Schwester – sie hatten schon meine Mutter früh an den Brustkrebs verloren. Ich als Küken der Familie durfte nicht auch noch gehen. Ich habe mich oft gefragt, wie viel sie ertragen können, wie viel ich ertragen kann. Man kann es sich nicht vorstellen.“ Ihr Tief dreht sich in ein Hoch. Sieben Jahre währt es. 2018 ändert sich die Lage. Wieder ein Tumor. Im Bereich des Brustkorbs. Hormongesteuert. Höchst aggressiv. Für Caro Engelmann verliert alles seine Ordnung. Ihr Selbstbewusstsein ist am Boden: „Die Erfahrung, dass dir dein Gefühl nicht hilft, kommt einem schlagartigen Vertrauens- und Kontrollverlust gleich. Du spürst jeden aufziehenden Schnupfen, nicht aber den Krebs. Du merkst nicht, wie er dich erobert und besetzt. Wie er anfängt, dich auf einen Weg zu bringen, von dem du nicht weißt, wohin er führt. Du bist etwas Ungreifbarem ausge-

liefert, machtlos, hilflos. Ein Gefühl, das dir den Boden unter den Füßen wegzieht. Es raubt dir jeglichen Lebensmut, jede Leichtigkeit, jeden Glauben an Richtigkeit, Redlichkeit, Zuversicht“, sagt Caro Engelmann. Wieder erträgt sie OP und Chemo. Doch der Krebs will mehr. Nun auch noch Bestrahlung. „Im Warteraum zur Strahlentherapie saß mir eine junge Frau mit infauster Prognose gegenüber. Dieser Begriff wird in der Medizin für aussichtslos verwendet. Wenn der Tod unmittelbar bevorsteht. Wir haben beide dagesessen und gewartet. Ich war im permanenten Zwiegespräch mit mir: ,Du nicht, du nicht, du nicht ...‘“ Ein unbändiger Wille und die Liebe des Lebens

Caro Engelmann* hat dem Krebs ein Gesicht gegeben. In der Aus­einandersetzung mit ihrer Krankheit hat sie ihren Tumor gezeichnet. FOTO: PRIVAT

Selbstgespräche dieser Art kennt auch Walter Seyfart. Der Kunsterzieher erlebt 2011, mit 60 Jahren, einen Halt auf freier Strecke: Ein Multiples Myelom, eine Krebserkrankung des blutbildenden Systems, zwingt den Vater von fünf Kindern in die Knie: „Ein Zufallsbefund. Ich hatte Probleme mit hohem Blutdruck und schlechten Nierenwerten. Ein blickiger Arzt zählte eins und eins zusammen und veranlasste eine spezielle Blut- und Urinuntersuchung. Die Diagnose war ein Schock, schlimmer aber noch der Subkontext: Das Multiple Myelom ist nicht heilbar. Meine erste Reaktion: ,Du schaffst das!‘, ,Da musst du jetzt durch!‘, ,Das ist nicht das ­Ende!‘“ Hochdosis-Chemotherapie und Stammzelltransplantation über­lebt Seyfart trotz 40 Grad Fieber, Vergiftung und drohender Verblutung infolge einer Lungen- und Nierenspiegelung. „Ich hatte und habe einen unbändigen Lebenswillen. Ich bin ein sehr optimistischer Mensch, habe ein sehr intensives und erfülltes Leben geführt, die Liebe meines Lebens gefunden.“

Stammzellenspender werden Menschen mit Blutkrebs helfen, ist ganz einfach: LVZ-Reporterin Pia Siemer macht den Selbstversuch Von Pia Siemer

nen über unsere Website die Wattestäbchen für die Gewebeproben anLeipzig. Wussten Sie, dass alle fordern“, sagt sie. Dafür ist es zu­15 Minuten ein Mensch in nächst nötig, ein paar Fragen zu be­Deutschland die Diagnose Blut- antworten. Stammzellenspender krebs gestellt bekommt? Ich bis müssen nämlich mindestens 17 Jahneulich auch nicht. Wer denkt im re und dürfen höchstens 55 Jahre stressigen Alltag schon gerne über alt sein. Außerdem sollten sie kein schwere Krankheiten nach. Es ist Untergewicht haben, ihr Bodyschließlich viel leichter zu verdrän- Mass-Index darf aber auch nicht gen, dass man selbst, Freunde über 40 liegen und sie sollten oder Familie eines Tages keine chronischen Erkranbetroffen sein könnten. kungen haben. „Die Für viele Betroffene Wattestäbchen, die beginnt mit der Diagmit der Post komnose auch das Hofmen, sind dann etfen und Bangen um was größer als die einen passenden bei Ihnen im BadeStammzellenspenzimmer“, sagt der. Ich weiß, dass es ­Andersen. Damit ganz einfach ist Hilfe nimmt man einen zu leisten, indem man Abstrich der inneren sich typisieren lässt. EiniWangenhaut. Es geht ge Menschen aus meinem Reporterin ­ nicht um die Spucke, Bekanntenkreis haben das Pia Siemer. sondern um eine Gegemacht, der Prozess ist FOTO: PRIVAT webeprobe. Die drei nicht schwer. Wattestäbchen verWenn ich ganz genau schickt man mit der überlege, muss ich mir einPost an das Labor gestehen, dass ich diesen Schritt aus der DKMS. einem bestimmten Grund noch „Ein paar Wochen später erhalnicht gegangen bin. Ich weiß nicht ten Sie eine Bestätigung und den genau, was mich als Stammzellen- Spenderausweis“, erklärt sie. Die spenderin erwarten würde. Müsste DKMS trägt die Daten anonymisiert ich mich im Ernstfall einer schwieri- in eine weltweite Kartei ein, von da gen Operation unterziehen? Es ist an gilt man als potenzieller Spender. mein Unwissen, das mich abhält. Zeit, über meinen eigenen Schatten Es gibt zwei Methoden zur zu springen. Ich rufe Jennifer Stammzellenentnahme ­Andersen von der Deutschen Wenn ein Mensch an Blutkrebs erKnochenmarkspenderdatei, kurz krankt, werden weltweit passende DKMS, an. Spender aus der Kartei angefragt. Das bedeutet aber nicht, dass man Die Wattestäbchen auch sofort zum Stammzellen­kommen ­mit der Post spender wird. „Erstmal wird eine Die DKMS-Sprecherin erklärt mir Kontrolltypisierung durchgeführt“, den kompletten Ablauf. „Sie kön- erklärt Andersen. Dann wird der

potenzielle Spender gründlich ärztlich untersucht. Wenn die Ärzte ihr Einverständnis geben, gibt es zwei Möglichkeiten, um Stammzellen zu entnehmen. Die erste Methode wird weitaus häufiger eingesetzt, da sie ambulant durchgeführt werden kann. Dazu wird, vereinfacht gesagt, dem Spender über mehrere Tage hinweg ein Medikament gespritzt, das die Stammzellen dazu bringt, aus den Knochen ins Blut überzugehen. Diese werden dann „abgeschöpft“. Dazu wird das Blut des Patienten mit einer Maschine gefiltert. Das dauert zwischen drei und fünf Stunden, danach kann der Spender in der Regel nach Hause gehen. „Etwa 80 Prozent der Spenden laufen mittlerweile so ab“, erklärt Andersen. Stammzellen können aber auch in einer Operation unter Vollnarkose direkt aus dem Beckenkamm entnommen werden. Diese Methode kommt viel seltener zum Einsatz. Allerdings kann es gerade für an Blutkrebs erkrankte Kinder sinnvoll sein, eine Spende direkt aus dem Knochenmark zu erhalten. Auch Geldspenden helfen

Jennifer Andersen ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass potenzielle Spender bereit sein sollten, für beide Methoden zur Verfügung zu stehen. „Wer bei dem Gedanken mit sich hadert, sollte sich das gut überlegen“, sagt sie. Schließlich sei es für alle Seiten unschön, wenn es zwar einen passenden Spender gibt, dieser auf den letzten Metern einen Rückzug macht. „Unsere Spender müssen sich auch damit wohlfühlen, das ist uns wichtig“. Wen das abschreckt, der könne die DKMS aber trotzdem unter­-

Im Labor wird genetisches Material (DNA) von potenziellen Stammzellenspendern aus Wangenabstrichen oder Blutproben isoliert. FOTO: OLIVER KILLIG/DPA

So wird man Spender! stützen – mit einer Geldspende. Denn jede neue Registrierung eines Stammzellenspenders kostet die gemeinnützige Organisation 35 Euro. Mir jedenfalls hat das Gespräch mein Gefühl der Ungewissheit genommen. Ich registriere mich online bei der DKMS, einige Tage später kommt das Paket mit den Wattestäbchen bei mir an. Drei Mal Mund auf, Abstrich machen, wieder verpacken und abschicken. Ich habe für mich entschieden, dass ich diese einfache Maßnahme leisten kann, wenn es vielleicht jemandem dabei hilft, gesund zu werden.

Die DKMS gehört mit fast 10 Millionen registrierten Spendern zu den größten Knochenmarkspenderdateien weltweit. Unter www.dkms.de/de/spender-werden können potenzielle Spender das Kit für die Gewebeprobe bestellen. Es gibt aber auch regionale Stammzellspenderdateien, die man unterstützen kann. Dazu gehören der Verein für Knochenmark- und Stammzellspenden (VKS Sachsen) und die Deutsche Stammzellenspenderdatei Nord-Ost (DSSD Nord-Ost). Auch bei ihnen kann man online die Testsets bestellen, etwa unter www.stammzellspenderdatei.de – oder einen Blutspendetermin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) besuchen. „Alle Blutspendeteams haben grundsätzlich ­Typisierungsmaterial für zehn Typisierungen auf dem Termin mit“, erklärt Grit Schulz von der DSSD Nord-Ost. „Im Übrigen“, fügt sie hinzu, „Blutspender helfen doppelt, denn viele Krebspatienten brauchen Blutkonserven.“ Unter www.blutspende-nordost.de kann man den nächsten Blutspendetermin des DRK in seiner ­Nähe finden.


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Sonnabend/Sonntag, 21./22. März 2020

„Ich bin zufrieden mit mir und der Welt. Meine Freude darüber, meine Eintracht oder auch Seligkeit, haben mir in meinen schwersten Stunden Kraft und Trost gespendet.“ Immer wieder bringt der Lehrer, der das Tanzen und den Fasching genauso liebt wie guten Wein und Urlaub in Kroatien, seine Frau zur Sprache. „Wir passen wie Schlumpf und Latsch zusammen. Die Vorstellung, sie allein zurückzulassen, war undenkbar. Wir wollten zusammen alt werden. Dieses innere Versprechen hat mich angetrieben, nicht aufzugeben.“

Hilfe für Patienten Krebsberatungsstellen: In vielen Städten in Deutschland gibt es Krebsberatungsstellen. Auch Angehörige finden hier Ansprechpartner. Neben psychologischen Fragen geht es auch um praktische Tipps. Zum Beispiel um die Frage, welche Sozialleistungen Betroffenen zustehen. Eine Übersicht: www.krebsinformationsdienst.de/service/adressen/krebs­beratungsstellen.php

Psychisch robuste Menschen ­haben Schutzfaktoren

Selbsthilfegruppen: Wer sich mit anderen Krebspatienten oder Angehörigen austauschen will, kann eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Über diese Homepage finden Sie Angebote in Ihrer Nähe: www.leipzig.de/­ jugend-familie-und-soziales/gesundheit/selbsthilfe/selbsthilfegruppenund-vereine/#c40109

Auch resiliente Menschen kämpfen und leiden. Auch sie sind verwundbar. Aber sie finden Wege, um mit Widrigkeiten umzugehen, sie biegen sich, zerbrechen aber nicht, lernen aus ihren Erfahrungen und versuchen sie in ihr Leben zu integrieren. So dass sie manchmal sogar gestärkt daraus hervorgehen. Aber warum verfügen manche über diese innere Widerstandskraft und andere nicht? Das versuchen Psychologen, Pädagogen, Neurowissenschaftler, Genetiker, Säuglings- und Verhaltensforscher zu ergründen. Psychisch robuste Menschen haben Schutzfaktoren zur Verfügung. Alkoholmissbrauch der Eltern, chronische Armut, schwere Krankheit, aber auch anhaltende familiäre Disharmonie oder Mobbing durch Gleichaltrige bringen sie nicht aus dem Gleichgewicht.

In einem ihrer Bilder bringt Caro ­Engelmann* die Angst zu Papier – „ein Gefühl, das dir die Füße unter dem Boden wegzieht“. FOTO: PRIVAT

Bindung: Der wichtigste Schutz

Wer fällt, steht auf

Der mit Abstand wichtigste Schutz ist eine sichere Bindung. Schon die Zuneigung und Unterstützung einer Person kann ausreichen. „Das Erfahren einer sicheren Bindung ist deswegen so wichtig, weil ich darüber eine Rückmeldung über mich und mein Verhalten kriege, weil ich auch ein Grundvertrauen in die Welt kriege“, sagt der Psychologe Klaus Fröhlich-Gildhoff von der Evangelischen Hochschule in Freiburg. „Es ist jemand da, wenn ich in Not bin. In Zuständen, wo ich mir selber nicht mehr helfen kann, kann ich mich auf andere verlassen. Ich erlebe jemanden, der mir gegenüber ist, der meine Gefühle sieht und spiegelt und das führt letztendlich zur Steigerung von Selbstvertrauen und Selbstwert.“

Aus der Kraft der Geborgenheit speist auch Anastasiya Lobanova ihre Stärke. Ihre Eltern sind ihr Kompass, wenn sie nicht weiß, wohin mit sich und der Angst. Anastasiya Lobanova ist 25, als bei ihr ein extrem seltener Hirnturmor, ein Chondrosarkom, diagnostiziert wird. Ein bösartiger, schnell wachsender Knochentumor. Mitten in den Prüfungen für ihren Master-Abschluss, in der Planung ihrer beruflichen Selbstständigkeit. Knock-out. Ohne Vorwarnung. Was folgt, ist ein Martyrium: Die Bestrahlung trifft nicht nur den Tumor, sondern auch gesundes Gewebe im Gehirn. Ein partieller Funktionsverlust des Zentralnervensystems ist die Folge. Laufen, Artikulieren, Hören, Schmecken, Konzentrieren – alles muss sich die junge Frau wieder erobern. Immer an ihrer Seite: ihre Eltern. Mit einem unerschütterlichen Willen und einer unglaublichen Beherrschtheit kämpft sich die Sportwissenschaftlerin zurück ins Leben. Der jahrelange Leistungssport kommt ihr zugute. Rhythmische Sportgymnastik ist die Disziplin der 1,85 Meter großen Athletin. Was sie gelernt hat: Wer fällt, steht auf. Wer gewinnen will, muss kämpfen ... „Es gibt immer einen Ausweg. Man muss ihn nur finden“, sagt sie. Weise Worte. Alten Menschen nimmt man solche Sätze ab. Doch Anastasiya Lobanova ist erst 30 und denkt gar nicht daran aufzugeben. Von Leipzig ist sie vergangenes Jahr nach Offenbach gezogen. Für Eintracht Frankfurt trainiert sie Kinder im Alter zwischen vier und 15 Jahren. Ihre Behinderung ist kein großes Hindernis: „Was ich nicht zeigen

„Ich habe gelernt, geduldig mit mir, maßvoll, achtsam zu sein, loszulassen, Verantwortung abzugeben. So wird jeder Schritt leichter und leichter.“ Caro ­Engelmann Krebspatientin

Was heißt Remission? Remission: Rückgang beziehungsweise Nachlassen von Krankheitserscheinungen. Der Begriff Remission wird vor allem bei bösartigen Tumoren einschließlich der Leukämien verwendet. Bei einer kompletten Remission (Vollremission) ist ein Tumor beziehungsweise eine Leukämie nach der Behandlung nicht mehr nachweisbar. Liegt eine partielle Remission (Teilremission) vor, ist zwar eine deutliche Besserung der Erkrankung eingetreten, eine Heilung ist jedoch unwahrscheinlich. Remissionsarten werden nach Umfang, Dauer und Intervention unterschieden: ■ minimale Remission: geringfügiger Symptomrückgang ■ partielle Remission: anteiliger Rückgang aller Symptome

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Kurzzeitremission: temporärer Symptomrückgang ■ Langzeitremission: dauerhafte Symptombesserungen ■ Komplettremission: vollständige Symptomlosigkeit ■ Spontanremission oder Spontanheilung: Komplettremission unabhängig von ärztlicher Behandlung Der Remissionsgrad definiert sich krankheitsspezifisch. In der Onkologie sind typische „Outcome“-Resultate beispielsweise die Komplettremission, die partielle Remission mit um mindestens 50 Prozent reduziertem Tumorvolumen, die Minimalremission mit ­Volumenreduktion von 25 bis 50 Prozent und die stabile Erkrankung mit Volumenveränderungen um weniger als ein Viertel. ■

und vorführen kann, übernehmen Tablet und Laptop. Oder ich bitte ältere Gymnastinnen vorzuturnen. Selbst das Lächeln wird mir abgenommen. Da meine Mimik aufgrund meiner Gesichtslähmung eingeschränkt ist, lächeln die Kinder für mich. Sie wissen, dass ich das nicht kann, und sagen: ,Wir machen das für dich.‘“ Das Geben und Nehmen tut Anastasiya Lobanova gut. Ihre Kinder, ihre Arbeit, ihr Sport, ihre Freunde – das alles ergibt Sinn und lenkt ab: von der Tatsache, dass der Tumor in ihr nur kaltgestellt, nicht ausgemerzt ist. Und dass Zukunft nichts Garantiertes ist. Das Leben meistern – aus ­eigener Kraft

Anastasiya Lobanova, Caro ­Engelmann und Walter Seyfart ­haben sich trotz schwerster Lebenskrisen ihre Handlungskraft bewahrt. Resilienzforscher bezeichnen dies als „Selbstwirksamkeitserwartung“ – als die Überzeugung eines Menschen, dass er sein Leben meistern kann, aus eigener Kraft. Wer über Selbstwirksamkeitserwartung verfügt, sucht in einer Krise nicht nach Schuldigen, sondern nach einem Ausweg. Im festen Vertrauen darauf, dass er gangbar ist. Solche Menschen erleben Krisen so schmerzhaft wie andere, doch der Schmerz lähmt sie nicht. Caro ­Engelmann hat sich einen Schrittzähler zugelegt. Angefangen hat sie mit maximal 800 Schritten pro Tag. Heute ist sie bei 8000. „Ich habe gelernt, geduldig mit mir, maßvoll, achtsam zu sein, loszulassen, Verantwortung abzugeben. So wird jeder Schritt leichter und leichter.“ *Name geändert

Die Deutsche Krebshilfe bietet persönliche, telefonische Beratungen an. Die Berater stellen nach dem Gespräch Informationsmaterialien zusammen, beispielsweise über passende Anlaufstellen und Hilfsangebote vor Ort. Kostenlose Beratung gibt es unter 0800 80708877. Im Internet gibt es zahllose Foren, die sich dem Thema Krebs widmen. Doch nicht alle sind seriös. Sie sollten sich nicht zu sehr auf die Informationen verlassen, die Sie dort finden. Dennoch kann es hilfreich sein, zu erfahren, wie andere die Krankheit erlebt haben. Auf der Homepage der Deutschen Krebshilfe erzählen Betroffene: www.krebshilfe.de/blog/ Psychologische Beratung: ­Grundsätzlich steht jedem Krebspatienten eine psychologische Beratung zu. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen. Sogenannte Psychoonkologen sind speziell für die Beratung von Krebspatienten geschult. Psychoonkologen können Ärzte sein, Psychologen, Pflegekräfte oder Seelsorger. Als Qualitätsmerkmal gilt die Teilnahme an der zertifizierten Weiterbildung Psychosoziale Onkologie (WPO). www.krebsinformationsdienst.de/service/adressen/psychoonkologen.php Infonetz der Deutsche Krebsgesellschaft und der Stiftung Deutsche Krebshilfe: www.infonetz-krebs.de

Mehr Infos­zum Thema Familie & Gesundheit ­finden Sie unter ­gesundheit.rnd.de

IMPRESSUM „Familie & Gesundheit“ – ein Spezial der Zeitungen der Madsack Mediengruppe. LVZ-Projektleitung: André Böhmer Verkaufsleitung: Björn Steigert, Thomas Jochemko Redaktion: Uta Zangemeister Layout: André Schönfeld

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„Einschneidende Bedeutung im Leben“ An der HELIOS KLINIK SCHKEUDITZ behandeln ausgewiesene Experten die Schilddrüse

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angsam, aber stetig sind die Entwicklungen im Bereich der Schilddrüsenkarzinome. Und sie sind positiv: „Wir verstehen diese bösartigen Krankheiten heute viel besser“, sagt Dr. Frank Steinert. Gerade die operativen Techniken hätten sich deutlich verbessert – und für die Therapie des Schilddrüsenkarzinoms komme vorrangig eine Operation in Betracht, sagt der erfahrene Arzt. Mit der unterstützenden Radiojodtherapie könne man teils sogar Rezidive behandeln, also wiederkehrende Geschwulste. „Deshalb konnten wir auch bei Schilddrüsen-Karzinomen die Überlebensrate deutlich steigern.“ Von den seltenen Tumoren an der Schilddrüse sei das papilläre Karzinom noch das häufigste, erklärt Dr. Steinert. „Wenn es rechtzeitig entdeckt wird, gehen die Heilungschancen in Richtung hundert Prozent.“ Die bösartigen anaplastischen Karzinome hingegen enden fast immer tödlich, so der Chefarzt. „Glücklicherweise sind sie aber wirklich sehr selten.“ Insgesamt machen Schilddrüsenkarzinome

etwa ein Prozent aller bösartigen Geschwulste aus. Davon wiederum entfallen nur etwa drei Prozent auf die anaplastischen Karzinome. Als Spezialität bieten Dr. Steinert und seine Schkeuditzer Kollegen darüber hinaus die moderne Echotherapie an. Hier wird mit einem hochintensiv gebündelten Ultraschall ein Knoten in der Schilddrüse „weggeschmolzen“, wie der Chefarzt es beschreibt. Die Belastung für den Patienten ist gering, allerdings kommt diese Methode nur bei speziellen gutartigen Knoten in Betracht. Beste Chancen mit multimodalem Konzept Wie bei jeder Tumorerkrankung verspricht ein multimodales Konzept die besten Erfolgschancen. Neben Chirurgie, Chemo- und Radiojodtherapie komme auch der Psychologie eine große Bedeutung zu, sagt Dr. Steinert: „Schließlich besteht der Mensch nicht nur aus Blut und Fleisch. Zum Gesundwerden gehören auch die Kraft und der Wille des Patienten.“ Dieses Feld miteinzubeziehen, ist in der

Helios Klinik Schkeuditz gelebte Realität. In Summe werden jährlich mehr als 500 Schilddrüseneingriffe – also sowohl bei gut- als auch bösartigen Geschwulsten der Schilddrüse – behandelt. Die Klinik kann damit eine hohe Fallzahl und Expertise vorweisen. Dies wird auch so bleiben. Nach Renteneintritt von Chefarzt Dr. Steinert in diesem Herbst wird sein Nachfolger, Prof. Dr. Peter Lamesch, ab September diese Spezialisierung verantwortlich fortführen. Er ist seit 2011 neben Dr. Frank Steinert der zweite Schilddrüsenexperte an der Klinik in Schkeuditz und aktuell Chefarzt der Endokrinen Chirurgie.

Erfahrenes Team: Dank hoher Fallzahlen und langjähriger Expertise sind die Patienten in der Helios Klinik Schkeuditz bestens aufgehoben. Foto: Lutz Weidler


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Foto: Christian Hüller

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DREI FRAGEN

Bei einer Darmkrebs-Operation müssen die Zahnräder der Behandlung perfekt ineinander greifen.

Im Viszeralonkologischen Zentrum sind alle Fachrichtungen vereint, die an der Behandlung von Tumorerkrankungen des Bauchraums und des Verdauungstrakts beteiligt sind. Oberarzt Dr. Christian Prause ist Koordinator des Zentrums.

Foto: Christian Hüller

Die beste Vorsorge

Was zeichnet das Viszeralonkologische Zentrum aus? Die hohe Qualität in der Versorgung von Krebspatienten wird zertifiziert im Rahmen regelmäßiger und unabhängiger Überprüfungen durch eine gemeinnützige Organisation, die Deutsche Krebsgesellschaft. Sie prüft alle Prozesse und Strukturen, sowohl im Haus als auch bei unseren Kooperationspartnern. Viele Studien untermauern, dass die Patienten davon sehr profitieren. Sogar die Sterblichkeit ist in Krankenhäusern mit einem solchen Zentrum messbar niedriger.

Eine DARMSPIEGELUNG verringert die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken

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ehr als 60 000 Deutsche bekommen jährlich diese Diagnose: Darmkrebs, eine der häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen. 60 000 individuelle Schicksale – und jeder und jede Betroffene fragt sich: Was hätte ich tun können? „Es gibt beim Darmkrebs leider nicht den einen auslösenden Faktor“, sagt Dr. Christina Klein. „Erwiesen ist, dass Raucher und adipöse Menschen häufiger betroffen sind. Auch Menschen, die kaum Sport treiben, bekommen statistisch gesehen öfter Darmkrebs.“ Aber die Oberärztin der Allgemeinund Viszeralchirurgie und Leiterin des Viszeralonkologischen Zentrums am Helios Park-Klinikum weiß: „Das ist eben nur die Statistik, treffen kann es leider jeden.“

Welche Patienten werden im Zentrum behandelt? Genau genommen Betroffene von Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Aber auch Patienten mit anderen Krebserkrankungen profitieren, zum Beispiel weil wir als zertifiziertes Zentrum ein komplettes Team vom Psychoonkologen über Ernährungsberater bis hin zum Sozialdienst vorhalten.

Versicherer übernehmen ab 50 Erbliche Faktoren spielen eine große Rolle: Wer einen Darmkrebsfall in der Familie hat, sollte deutlich häufiger zur Vorsorge gehen. Die wird für gesetzlich Versicherte ab dem 50. Lebensjahr übernommen, sie haben Anspruch auf zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren. Das sei auch sinnvoll, sagt Dr. Klein, weil der Höhepunkt der Erkrankungen im sechsten und siebten Lebensjahrzehnt liege. Schon ab 50 Jahren übernehmen die Kassen auch einen Test auf Blut im Stuhl – denn das ist ein eindeutiges Zeichen, dass etwas nicht stimmt.

Hier im Zentrum laufen also alle Fäden zusammen? Im Grunde wäre der Begriff „Netzwerk“ geeigneter, da neben dem Team des Helios ParkKlinikums auch niedergelassene Kollegen und Kolleginnen, Selbsthilfegruppen, Seelsorger und noch viele andere im Rahmen des Viszeralonkologischen Zentrums engagiert sind. Es ist wie bei einem Hausbau, man kann einen guten Maurer und einen guten Elektriker haben – aber hohe Qualität entsteht erst, wenn alle perfekt zusammenspielen.

Terminvereinbarung Helios Park-Klinikum Leipzig Viszeralonkologisches Zentrum (Erkrankungen des Darms und der Bauchspeicheldrüse), Erkrankungen der Leber und Gallenwege, Zweitmeinung Telefon: (0341) 864-2254

Helios Klinik Schkeuditz Erkrankungen der Schilddrüse Telefon: (034204) 80-8916 Brustzentrum Nordsachsen Telefon: (034204) 80-8402 Darmzentrum Telefon: (034204) 80-8916

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Bösartig und aggressiv

Zentrale Kontaktdaten Helios Park-Klinikum Leipzig Strümpellstraße 10 04289 Leipzig Telefon: (0341) 864-0 info.parkklinikum@helios-gesundheit.de www.helios-gesundheit.de/parkklinikum Helios Klinik Schkeuditz Leipziger Straße 45 04435 Schkeuditz Telefon: 034204 80-0 www.helios-gesundheit.de/schkeuditz

Aber: Eine Darmspiegelung bleibt der beste Weg der Vorsorge. Sie kann Leben retten. „Polypen und in Einzelfällen kleine Karzinome können bereits bei der Darmspiegelung endoskopisch entfernt werden. Mit dieser Behandlung sinkt die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, um bis zu 90 Prozent“, erklärt Dr. Klein. Allerdings: Für Freudensprünge sorgt die Aussicht auf eine Spiegelung nicht. „Ich erkläre den Patienten, dass sie während der Untersuchung schlafen können, sie bekommen davon nichts mit“, sagt die Darmexpertin. Als unangenehm empfänden die meisten eher das leider notwendige Abführmittel. „Hier gibt es inzwischen aber Mittel, die nicht mehr ganz so unangenehm schmecken und auch nicht mehr in der großen Menge getrunken werden müssen, wie es früher der Fall war.“ Seit Einführung der Darmspiegelung als Vorsorge im Jahr 2003 gehen die Krankheitszahlen zurück. „Wir sind heute auch chirurgisch bei den Rektum- und Kolonkarzinomen viel erfolgreicher als früher“, sagt Dr. Klein. „Dazu haben wir eine deutliche Verbesserung bei den Chemotherapeutika. Damals standen vielleicht zwei Mittel zur Wahl, heute sind es 20 hochpotente.“ Offen, ehrlich und transparent Trotzdem: Darmkrebs ist noch immer eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit. „Wir müssen offen, ehrlich und transparent mit den Patienten umgehen“, sagt die Oberärztin. Auch wenn alle im interdisziplinär behandelnden Team einen vollen Terminkalender haben, bleibe Zeit für das einzelne Schicksal. „Auch wir Chirurgen sagen nicht: Operation vorbei, das war’s jetzt für mich.“ Die besten Erfolge stellen sich durch ein gesamtheitliches Konzept ein, in dem die Fachbereiche wie Zahnräder ineinander greifen. Eine Grundlage dafür ist die wöchentliche Tumorsprechstunde am Helios Park-Klinikum: Hier wird jeder Fall ausführlich besprochen und beurteilt. Natürlich möchte niemand so ein „Fall“ werden. Die Vorsorgeangebote anzunehmen, ist dafür ein wichtiger Schritt.

Schnell zu sein kann Leben retten FRÜHE TUMOREN können Ärzte ohne Operation entfernen

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ie so häufig in der Medizin heißt es auch bei Tumorerkrankungen: Schnell zu sein kann Leben retten. Für bestimmte Tumoren gilt das ganz besonders, erklärt Priv.-Doz. Dr. Ulrich Halm: „Kleine, frühe Tumoren im Magen-Darm-Trakt kann man in gewissen Situationen mittels Endoskop entfernen, sodass dem Patienten eine Operation erspart bleibt.“ Dr. Halm, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin, ist besonders spezialisiert auf Tumorerkrankungen in Speiseröhre, Magen und Darm. Immer häufiger kann er frühe Tumoren mittels endoskopischer Verfahren behandeln. „Vereinfacht gesagt, schälen wir dabei den Tumor mit einem Endoskop in

einem Stück heraus“, sagt der erfahrene Arzt. „Die Umsetzung ist aber sehr anspruchsvoll.“ Die Technik ist in Japan entwickelt worden, Dr. Halm hat sie erlernt und kann sein Wissen nun seinerseits weitergeben. Erfahrung auch mit komplexen Fällen Eingriffe dieser Art nimmt er schon seit zehn Jahren vor. Der Vorteil für die Patientinnen und Patienten liegt auf der Hand: Im Vergleich zu anderen Zentren haben die Experten am Helios Park-Klinikum breite Erfahrung mit solch eigentlich seltenen und sehr komplexen Eingriffen. Denn natürlich werden auch Ärzte umso kompetenter, je häufiger sie etwas tun. Wichtig ist, dass im Vorfeld genau definiert wird, ob eine solche Behandlung in Betracht kommt oder nicht. Um die

Kriterien zu prüfen, verwenden die Experten zum Beispiel Färbemethoden in Verbindung mit hochauflösenden Vergrößerungsendoskopen und Monitoren, mit den beurteilt wird, wie weit der Tumor in die Wand eindringt. „Bei einem entsprechend geeigneten Patienten ermöglicht diese Therapie eine komplette Beseitigung des Tumors bei gleichzeitigem Erhalt des Organs und somit eine Heilung“, fasst Chefarzt Dr. Halm zusammen. „Es ist aber wesentlich, dass man den Tumor früh genug erkennt. Das ist die Kunst.“ In Zukunft wird es möglich sein, Tumoren durch computergestützte Algorithmen zu erkennen. Steigende Heilungschancen Heute gilt: Je früher ein bösartiger Tumor entdeckt wird, desto größer sind die Hei-

Wenn die Bauchspeicheldrüse Probleme macht Tumoren in der Bauchspeicheldrüse gelten oft als „bösartig“, und zwar wörtlich gemeint. „Das Schlimme ist einerseits die biologische Art dieser Erkrankung, es ist ein sehr aggressiver Krebs, der zum Metastasieren neigt“, erklärt Dr. Andreas Flade, Leitender Oberarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Helios Park-Klinikum und Stellvertreter des Chefarztes. „Außerdem liegt er an einer kritischen Stelle und macht häufig erst dann Symptome, wenn er schon weit fortgeschritten ist.“ Das erfordert eine besondere Expertise in der Diagnostik und gemeinsame Behandlungsstrategien aller an der Behandlung beteiligten Fachgebiete. Große Fortschritte „Die Chirurgie hat sich in den letzten Jahren so verfeinert, dass auch erweiterte Operationen mit Gefäßresektionen möglich sind“, sagt Dr. Flade. „Auch die Diagnostik ist heute durch MRT/CT und Ultraschall sehr viel besser möglich.“ Die größten Fortschritte in der Behandlung dieser Patienten haben sich aber in der Nachbehandlung ergeben, sagt der Leitende Oberarzt: „Sicher sind wir Chirurgen ein wichtiges Puzzleteil, wenn es uns gelingt, den Krebs vollständig zu entfernen, aber eben nur eines von mehreren. Alleine durch die Chirurgie könnten wir nur zehn bis 15 Prozent der Patienten ein langfristiges Überleben sichern.“ Strategisches Gesamtkonzept Die Zukunft der Pankreaskrebstherapie liege in der multimodalen Behandlung, so Dr. Flade: Damit ist ein Gesamtkonzept verschiedener Strategien gemeint, abgestimmt auf das individuelle Krankheitsbild des jeweiligen Patienten. „Das bedeutet zum Beispiel, dass wir nicht mehr sofort operieren, sondern durch Chemotherapie vorbehandeln, um den Tumor zu verkleinern und möglicherweise schon vorhandene kleinste, nicht sichtbare Metastasen abzutöten, um ein besseres langfristiges Ergebnis zu erzielen.“

Gütesiegel für Leipziger Krebsexperten Als erstes Krankenhaus in der Region wurde das Helios Park-Klinikum Leipzig von der Deutschen Krebsgesellschaft als Viszeralonkologisches Zentrum ausgezeichnet. Zertifiziert wurde die hochwertige Behandlung von Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs.

lungschancen. Deshalb sind gerade beim Darmkrebs Vorsorgeuntersuchungen ganz besonders wichtig. Wer unter Beschwerden im Magen-Darm-Bereich leidet, zum Beispiel unter häufiger Verstopfung, Krämpfen oder wiederkehrendem Durchfall, sollte das immer durch einen Arzt abklären lassen. Je schneller, desto besser.


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