LVZ Gesundheit April 2021 | Thema Herz-Kreislauf

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Gesundheit

Thema des Tages: Herz-Kreislauf

Themenwoche rund ums Wohlbefinden – vom 17. bis 23. April 2021 Ein Anzeigen-Spezial Ihrer Tageszeitung | Sonnabend, 17. April 2021

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Das Kraftzentrum Unser Herz ist ein wahrer Dauerläufer. Wie man es schützt, wie man einen Infarkt erkennt und welche Rolle der Blutdruck spielt, steht in dieser Herz-Beilage. Seiten 2 und 3

Themenwoche „Gesundheit“ Eine Woche lang richtet die Themenwoche den Fokus auf ­vielfältige Gesundheitsthemen: Samstag, 17. April 2021 Herz-Kreislauf Montag, 19. April 2021 Augen- und Zahngesundheit Dienstag, 20. April 2021 Ohrgesundheit und Hörakustik Mittwoch, 21. April 2021 Pflege Donnerstag, 22. April 2021 Gelenke und Schlaf Freitag, 23. April 2021 Krebs und Okologie

„Sehr gute, sehr moderne Ergänzung“ Das HERZZENTRUM LEIPZIG nutzt den kleinsten Herzschrittmacher der Welt

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enn das Herz aus dem Takt gerät, ist höchste Vorsicht geboten. Manche Herzrhythmusstörungen sind akut lebensbedrohlich. Andere liegen in einer Grauzone – aber: Laien erkennen nicht alle Störungen selbst. „Das Spektrum ist extrem breit“, sagt Prof. Dr. Gerhard Hindricks, Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Leipzig und Leitender Arzt der Abteilung für Rhythmologie. „Die Beschwerden reichen von einem unregelmäßigen Herzschlag bis hin zu Ohnmacht oder sogar Tod.“ Und: Manche Menschen haben zwar potenziell gefährliche Herzrhythmusstörungen, spüren davon aber nichts. Da ist Expertenwissen gefragt. „Alarmzeichen sind zum Beispiel plötzliche Ohnmachtsanfälle oder starker Schwindel“, sagt Dr. Nikolaos Dagres, Oberarzt der Abteilung für Rhythmologie. Auch wenn das Herz rast, unregelmäßig schlägt oder stolpert, solle man zum Arzt. Wie in anderen me-

dizinischen Bereichen beobachten auch die Fachleute vom Herzzentrum Leipzig: In den Hochphasen der Corona-Pandemie gehen die Menschen weniger zum Arzt. „Das ist mittlerweile eindeutig belegt“, sagt Dr. Dagres. Das sei vordergründig verständlich, birgt aber Risiken. Größtmöglicher Schutz Zum einen biete ein Haus wie das Herzzentrum größtmöglichen Schutz vor einer Ansteckung. Und zum anderen sitzen hier die Besten ihres Fachs, mit teils jahrzehntelanger Erfahrung und modernster Technik. Neuestes Beispiel: die Micra-AV-Kardiokapsel, der kleinste Herzschrittmacher der Welt. Das wenige Zentimeter große Gerät erkennt selbstständig Aktivitäten in den Herzvorhöfen und lässt Vorhöfe und Kammern eines Herzens wieder synchron miteinander arbeiten. Eingeführt wird es minimal-inva-

siv über einen Venenzugang in der Leiste – ein Vorgang, der keine halbe Stunde dauert. Häufig können die Patientinnen und Patienten schon am nächsten Tag wieder entlassen werden. „Die Methode kommt nicht für alle in Betracht, aber sie bietet einen Riesenvorteil in Fällen, in denen der Zugang zum Herzen schwierig ist“, sagt Klinikchef Gerhard Hindricks. Die bisherigen Herzschrittmacher sind deswegen nicht veraltet, im Gegenteil. „Wir haben jahrzehntelange Erfahrungen gesammelt, sie funktionieren wirklich bes-

LANGJÄHRIGE ERFAHRUNG, gepaart mit technischem Fortschritt: Prof. Dr. Gerhard Hindricks (links), Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Leipzig und Leitender Arzt der Abteilung für Rhythmologie, und Dr. Nikolaos Dagres, Oberarzt der Abteilung für Rhythmologie. Fotos: Christian Hüller

tens“, erklärt Oberarzt Dr. Dagres. „Der Kapselschrittmacher ist eine sehr gute, sehr moderne Ergänzung.“ Vorausgesetzt natürlich, die Herzrhythmusstörung wurde erkannt – am besten von den Fachleuten. In der Arztpraxis oder im Krankenhaus.


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Gesundheit Herz-Kreislauf

Auch Rückenschmerzen können ein Anzeichen für einen Herzinfarkt sein. Bei Verdacht heißt es in jedem Fall: schnell handeln.

Verlosung

Wie Insulin uns alle dick oder schlank macht

Foto: Christin Klose/dpa

Ein Buch über Insulin, so spannend wie ein Krimi: Bei Insulin denkt jeder sofort an Diabetes, aber ­Insulin macht auch die dick, die keinen Diabetes ­haben. Der Diabetologe Prof. Dr. Stephan Martin ­erklärt gemeinsam mit der Biologin Dr. Kerstin Kempf und der Sportwissenschaftlerin Julia ­Rommelfanger die spannenden Zusammenhänge und wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Biologie, Sport­medizin, Ernährungs- und Diabetesforschung. Sie zeigen: Es gibt sie, die einfache und unkomplizierte, aber hochwirksame Ernährungsumstellung. Wie Insulin uns alle dick oder schlank macht ist am 11. November 2020 im Becker Joest Volk Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro. Wer das Buch gewinnen möchte, sendet bitte bis zum 21. April 2021 eine E-Mail mit Betreff ­„Insulin“ an gewinnspiele@lvz.de. Das Buch wird unter allen Einsendungen ausgelost. Die Gewinnerin oder der Gewinner wird persönlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Infos zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie unter www.madsack.de/dsgvo-info.

Beim Herzinfarkt zählt jede Minute

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Foto: Becker

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Neben Schmerzen und Engegefühl in der Brust gibt es auch weniger eindeutige Symptome

Etwa fünf bis zehn Prozent der Covid-19-Erkrankten erleidet Herz-Kreislauf-Komplikationen Die Corona-Pandemie und ihre Dynamik stellen den Alltag von Millionen HerzKreislauf-Patientinnen und Patienten in Deutschland vor enorme Herausforderungen. Wie gefährlich eine Covid-19-An­steckung bei bestehender Herz-KreislaufErkrankung werden kann, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Komplikationen bei schweren Covid-19-Verläufen beläuft sich nach Schätzungen derzeit auf fünf bis zehn Prozent der Erkrankten. „Bei einer massiven Herzschwäche kann es gefährlich werden“, warnt der Herz­spezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Jüngere Unter­suchungen von Krankenhausdaten zeigen außerdem, dass bei den beatmungspflich­tigen Covid-19-Patienten der Anteil von ­Patienten mit Bluthochdruck, Herzrhythmus­störungen, Diabetes und Herzinsuffizienz deutlich höher liegt als bei den nicht-beatmungspflichtigen. „Betroffene mit diesen und anderen Herzerkrankungen wie Koronare Herzkrankheit, Herzklappenkrankheiten und angeborene Herzfehler sollten mit dem Facharzt oder der Fachärztin besprechen, ob ihr Risiko bei einer Covid-19Infektion ebenfalls besonders ausgeprägt sein könnte“, so Voigtländer. Ansonsten verweist der Kardiologe auf das Alter als weiteren Risikofaktor. Bei Menschen ab 60, 65 Jahre steigt das Risiko für Komplika­tionen deutlich, da ihr Immunsystem sich schlechter gegen das Virus wehren kann. Fakt ist: Das Herz erlaubt bei akuten Beschwerden grundsätzlich keinen Aufschub für eine medizinische Versorgung. „Ein krankes Herz kann niemals warten“, warnt der Herzspezialist – das ist zugleich das Motto der aktuellen Aufklärungskampagne der Herzstiftung.

IMPRESSUM – Gesundheit Anzeigen-Spezial der Leipziger Volkszeitung Verlag und Herstellung: Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft mbH & Co. KG, Peterssteinweg 19, 04107 Leipzig Druck: MZ Druckereigesellschaft mbH, Fiete-Schulze-Straße 3, 06116 Halle/Saale Verantwortlich für Anzeigen: Oliver Vetter Verkaufsleitung: Björn Steigert, Thomas Jochemko Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Hannah Suppa Redaktion: Nannette Hoffmann, Christopher Resch Produktion: Christiane Kunze Titelfoto: rukanoga/adobe.stock.com Content: dpa, Deutsche Herzstiftung Kontakt: redaktion@leipzig-media.de

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ie Risikofaktoren sind bekannt: Rauchen, Diabetes, Stress und Bluthochdruck gehören zu den häufigsten Gründen für einen Herzinfarkt. Auch ungesunde Ernährung und ein Mangel an Bewegung leisten ihren Beitrag. Auf den ersten Blick sind auch die Anzeichen für einen Herzinfarkt eindeutig: Schmerzen und ein starkes Engegefühl in der Brust. Allerdings gibt es auch nicht ganz so eindeutige Symptome.

Stechen in der Brust, Atemnot und Übelkeit: Die Anzeichen für einen Herzinfarkt sind vielseitig. Weiß man aber Bescheid, sind sie leicht zu erkennen und: Je schneller der Infarkt behandelt wird, umso höher sind die Chancen, diesen ohne gravierende Folgen zu überstehen, sagen Expertinnen und Experten der Deutschen Herzstiftung. Typisch für einen Herzinfarkt seien schwere Schmerzen im Brustkorb, die länger

als fünf Minuten andauern. Oftmals liegen diese hinter dem Brustbein, teilweise im Rücken zwischen den Schulterblättern. Sie werden als drückend und beengend wahrgenommen. Vielfältige Alarmzeichen Die Schmerzen können in den Arm, Hals oder Oberbauch ausstrahlen, wo sie schnell mit Magenschmerzen verwechselt werden. Bei Frauen kämen öfter als bei Männern noch andere

Symptome hinzu, etwa Atemnot, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Benommenheit oder Schwindel. Auch eine unerklärliche Müdigkeit könne ein Alarmzeichen sein. Aufgrund dieser uneindeutigen Symptomatik werden Frauen häufig deutlich später in die Klinik eingeliefert. Auch bei älteren Menschen sei Wachsamkeit geboten, da die Symptome weniger ausgeprägt oder durch die Beschwerden anderer

Krankheiten überlagert sein können. Oftmals lange Vorerkrankung Einem Infarkt gehe oft jahrzehntelang unbemerkt eine Erkrankung der Herzkranzgefäße voraus. Diese könne sich durch Brustschmerzen und Atemnot bei körperlicher Belastung oder seelischer Erregung zeigen. Treten diese aber schon bei kleinsten Belastungen oder in Ruhe auf, sollte man sofort die 112 anrufen.

Herzinfarkt: erste Anzeichen sicher erkennen – und schnell handeln Schwerwiegende Folgen eines Herzinfarkts lassen sich am besten durch sofortige Hilfe verhindern. Wird ein Herzinfarkt schnell behandelt, kann sich das Herz sogar in der Regel vollständig erholen. Je länger der Herzinfarkt hingegen andauert, desto mehr Herzmuskelgewebe wird unwiederbringlich zerstört. Damit das Herz also eine Chance hat, ist es wichtig, die ersten Anzeichen eines Herzinfarkts zu kennen.

Die Herzstiftung hat Anzeichen ­zusammengetragen, auf die man achten sollte: Starke Schmerzen und Druck­gefühl im Brustkorb: Anzeichen für einen Herzinfarkt können Schmerzen sein, die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten. Sie können in andere Körperteile wie Arme, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter

ausstrahlen. Brustschmerzen oder Atemnot bei kleinsten Belastungen oder in Ruhe sind besonders alarmierend. Dahinter könnte die sogenannte instabile Angina Pectoris (Brustenge) stecken, aus der sich jederzeit ein Herzinfarkt entwickeln kann. Generell gilt: Halten die Schmerzen länger als fünf Minuten an, sollte man sofort handeln. Massives Engegefühl: Viele Menschen spüren als Anzeichen für

einen Herzinfarkt einen heftigen Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb – so, als würde ihnen „ein Elefant auf der Brust stehen“. Heftiges Brennen: Im Brustkorb kann ein starkes Brennen auftreten. Angstschweiß mit kalter, fahler Haut: Häufig spüren Betroffene auch starke Angst, die durch blasse Gesichtshaut und kalten Schweiß auch sichtbar wird.

Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch: Die Anzeichen für einen Herzinfarkt können zudem recht unspezifisch sein – vor allem bei Frauen. Um auf Nummer sicher zu gehen und auch diese Symptome nicht zu übersehen, gilt die Empfehlung, immer dann einen Rettungswagen mit Notarzt zu ­rufen, wenn die Beschwerden in einem noch nie zuvor erlebten Ausmaß auftreten.

Lieber mit Abstand zur Brust Stört ein Smartphone den Herzschrittmacher? Experten ordnen das Risiko ein

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uch wenn das Störungsrisiko insgesamt als gering eingeschätzt wird: Wer einen Herzschrittmacher oder einen Defibrillator implantiert hat, sollte ein Smartphone nicht direkt über der Brust bei sich tragen – also etwa in der Hemdtasche. Ein Abstand von 15 Zentimetern erscheint sinnvoll und sollte Nutzerinn und Nutzer im Alltag auch nicht groß einschränken, meint der Kardiologe Philipp Lacour von der Berliner Charité. In den meisten Fällen dürfte das sogar überflüssig sein. Generell rät er allerdings, eine mögliche Wechselwirkung zwischen Smartphone und implantiertem Gerät in der Kardiologie testen zu lassen. „Als Ansprechpartner geeignet sind alle Kardiologen, die eine Möglichkeit zur Abfrage des implantierten Geräts haben“, erklärt Lacour. Eine reine Beratung sei nicht ausreichend. Das Thema war zuletzt in den Fokus geraten durch einen Artikel im wissenschaftlichen Fachjournal „Heart Rhythm“.

Darin ging es um das iPhone 12. Herzfachleute aus den USA hatten das neue AppleSmartphone einem Schrittmacher-Patienten auf die Brust gelegt – die Funktion des Implantats sei sofort gehemmt worden, schrieben sie und warnten: Die iPhones könnten womöglich lebensrettende Maßnahmen verhindern, vor allem, wenn sie in einer Hemdtasche mitgeführt werden. Gerät könnte sich abschalten Der Charité-Kardiologe Florian Blaschke ordnet ein: Der im iPhone 12 verbaute Magnetring aus 18 einzelnen Magneten scheine gemäß der Beitrags in „Heart Rhythm“ stark genug zu sein, um für den Zeitraum des Auflegens den implantierten Defibrillator zu deaktivieren. Im klinischen Alltag werden Magneten dazu genutzt, um einen Defibrillator „bei Fehlfunktion mit unnötigen Schockabgaben“ zu deaktivieren, so Blaschke. Solange der Magnet auf der Brust aufgelegt ist, ist die Schockfunktion deaktiviert, die

Mehr ­Magnete als in früheren ­Modellen ­stecken laut Hersteller im iPhone 12. Foto: Zacharie Scheurer/dpa

Schrittmacherfunktion aber nicht. Nach Abnahme des Magneten sei er wieder voll funktionsfähig. In der Klinik passiere das allerdings kontrolliert. Im Alltag können solche Funktionsstörungen gefährlich sein. Hersteller reagiert Apple hat auf den Bericht reagiert: Nutzer des iPhones 12 sollten mit dem Smartphone und auch Zubehör, etwa Schutzhüllen und induk-

tiven Ladestationen, einen sicheren Abstand zum Implantat halten, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden. Konkret rät Apple zu mehr als 15 Zentimetern, und sogar zu mehr als 30 Zentimetern, wenn das Smartphone drahtlos auf einer Station geladen wird. Blaschke und Lacour hatten 2020 mit weiteren Forscherinnen und Forschern mögliche Wechselwirkungen von Smartphones mit

Schrittmachern untersucht. Sie empfahlen auch damals, dass Patientinnen und Patienten individuell testen lassen sollten, ob ihr Smartphone die Funktion des Implantats beeinflusst. Und zwar, so Blaschke, sowohl beim „Worst-CaseSzenario“, also wenn das Smartphone auf der Brust direkt über dem Implantat liegt, also auch beim normalen Telefonieren in Alltagssituationen.


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Sonnabend, 17. April 2021

Langsam angehen lassen: Kälte und Hitze belasten kranke Herzen

Das Gläschen am Abend möglichst nicht regelmäßig Fachleute raten zu Vorsicht

Bewegung an der frischen Luft ist wichtig. Doch man sollte es nicht übertreiben mit der Aktivität.

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enschen mit Herzproblemen lassen es bei klirrenden Minusund flirrenden Plusgraden lieber langsam angehen. Auf starke körperliche Anstrengungen sollten sie bei extremeren Wetterlagen besser verzichten, rät die Deutsche Herzstiftung. Bewegung sei zwar grundsätzlich immer empfehlenswert, jedoch im moderaten Bereich. Gut sind zum Beispiel Spaziergänge oder kurze Walkingrunden. Neben anhaltenden hohen Temperaturen sind auch größere Temperatursprünge, wie sie im März und April immer wieder vorkamen, eine Herausforderung für das Herz: Steigen die Außentemperaturen von einem auf den nächsten Tag um mehr als fünf Grad, wächst der Deutschen Hochdruckliga zufolge die Herzinfarktgefahr für Menschen mit Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen um rund 60 Prozent. Denn durch die plötzliche Hitze drohten Herzrhythmusstörungen. Da sich bei konstant hohen Außentemperaturen die Gefäße erweitern und der Blutdruck sinkt, kann auch die Wirkung von blutdrucksenkenden Medi-

Menschen mit Herzproblemen sollten bei ­Minus- und hohen Plusgraden lieber gemütlich spazieren gehen, statt sich körperlich zu veraus­gaben.

kamenten verstärkt werden und dadurch der Blutdruck dramatisch sinken. Je nach Höhe des Blutdruckabfalls kommt es zu Beschwerden wie Schwindel, Müdigkeit und Schwäche. Ganz ähnlich bei großer Kälte: „Bei sehr kalten Temperaturen verengen sich die Gefäße, was die Blutversorgung des Herzmuskels vermindert“, sagt Prof. Dr. Tho-

mas Voigtländer, Vorstand der Deutschen Herzstiftung. Der Muskel bekommt dadurch weniger Sauerstoff. Zugleich verengen sich auch die sogenannten Widerstandsgefäße im übrigen Körper. Die Folge: Der Blutdruck steigt. Das Herz, das ohnehin schon mit weniger Sauerstoff versorgt wird, muss gegen einen größeren Widerstand anpumpen.

Foto: Christian

­Charisius/dpa

Bei sehr kalten Temperaturen verengen sich die Gefäße. Das vermindert die Blutversorgung des Herzmuskels. Prof. Dr. Thomas Voigtländer Kardiologe, Vorstand der Deutschen Herzstiftung

Sieben Tipps für ein stabiles Herz, gesunde Gefäße und seelisches Wohlbefinden

Bluthochdruck: die wichtigsten Fakten Fast jeder dritte Erwachsene hat Hypertonie. Bei optimaler Behandlung könnten viele Todesfälle vermieden werden.

25 Mio. Fast jeder dritte Erwachsene in Deutschland hat einen ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck.

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luthochdruck entsteht im Verborgenen: Eine von fünf Personen weiß nichts von ihren zu hohen Werten. Dabei ist Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt, der Risikofaktor Nummer eins für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jeder kennt es: Bei Stress und Aufregung beginnt das Herz schneller zu schlagen und der Körper wird vermehrt durchblutet. Der Blutdruck steigt. Schlafen wir und sind entspannt, sinkt er.

120/80 Der ideale Blutdruck, vor allem bei jüngeren Personen, sollte ­zwischen 120–130 zu 70–80 liegen.

Gesteuert wird der Blutdruck durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Vorgänge im Körper, von Hormonen, Aktivitäten der Gefäße und dem vegetativen Nervensystem. Nur selten organische Gründe Bei 95 Prozent der Bluthochdruck-Betroffenen ist keine organische Ursache erkennbar (primäre Hypertonie). Bei etwa 5 Prozent ist eine organische Ursache, wie etwa eine Verengung der Nieren-

20 %

< 140

Unbekannte Gefahr: Einer von fünf Menschen, die einen hohen Blutdruck haben, weiß nichts davon.

arterien, der Auslöser (sekundäre Hypertonie). Ein zu hoher Blutdruck ist ein bedeutendes HerzKreislauf-Risiko. Ein nicht oder nicht ausreichend behandelter Bluthochdruck gehört zu den gefährlichsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall, Herzinfarkt und viele andere HerzKreislauf-Erkrankungen. Der anhaltend hohe Druck belastet die Gefäße enorm. Im Laufe der Zeit kommt es zu Schäden an wichtigen Or-

In Leipzig werden die meisten KLAPPENERKRANKUNGEN behandelt

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nser Herz ist ein Wunderwerk – so kraftvoll wie eine Ausdauerathletin und doch auch fragil. Das zeigt das Beispiel der Herzklappenerkrankungen: Oft kann das Herz eine verengte oder undichte Klappe jahreoder gar jahrzehntelang gut ausgleichen. Sobald Beschwerden auftreten, ist jedoch höchste Eile geboten, sagen die Spezialisten am Leipziger Herzzentrum. Prof. Dr. Mohamed Abdel-Wahab und Prof. Dr. David Holzhey leiten gemeinsam die Abteilung für Strukturelle Herzerkrankungen – eines der weltweit größten Klappenzentren. Im Bereich der TranskatheterAortenklappen-Implantation (TAVI) ist es sogar das größte. Schon, dass sie die Abteilung gemeinsam führen, beweist die überall am Herzzentrum auf höchstem Niveau prak-

tizierte Interdisziplinarität, also das ineinander verzahnte Arbeiten aller beteiligten Disziplinen. Heart Team heißt dieser Zusammenschluss hochspezialisierter Fachkräfte. Täglich um 15 Uhr treffen sich Vertreter und Vertreterinnen der Kardiologie, Herzchirurgie, Radiologie und Anästhesie und besprechen gemeinsam die Fälle. „Manche müssen medikamentös behandelt werden, manche mit Kathetertechniken, manche konventionell chirurgisch“, beschreibt Prof. Abdel-Wahab. Entschieden wird gemeinsam mit dem Patienten oder der Patientin. Wie bei anderen Krankheiten steigen auch bei den Herzklappen die Beschwerden mit dem Alter an, betroffen sind etwas mehr Männer als Frauen. „Frühe Warnzeichen sind zunehmende Luftnot, ungewöhnliche

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Bluthochdruck im ­Alter: Bei über 80-Jährigen sollte der systolische Blutdruck unter 140 mmHg liegen.

ganen wie Herz, Gehirn, Nieren und Augen. Aus diesem Grund gilt Bluthochdruck als wesentlicher Faktor für einen vorzeitigen Tod. „Man sieht ihn nicht und spürt ihn nicht, dies ist das Tückische am hohen Blutdruck. Deswegen wird der Bluthochdruck auch ‚stiller Killer‘ genannt“, sagt Prof. Dr. med. Heribert Schunkert vom Vorstand der Deutschen Herzstiftung und Ärztlicher Direktor der Klinik für Erwachsenenkardio-

Hochspezialisierte Fachkräfte für das Wunderwerk des Körpers U

Die Auffassung, ein regelmäßiger Konsum kleiner Mengen Alkohol schade nicht oder könne sogar das Herz schützen, ist weit verbreitet. Ein Irrtum, warnen Herzexpertinnen und -experten. Denn durch den regelmäßigen Genuss von Alkohol steige das Risiko für Vorhofflimmern – und zwar auch bei gesunden Menschen ohne Vorerkrankungen, erklärt die Deutsche Herzstiftung und nimmt Bezug auf eine aktuelle Studie des Herz- und Gefäßzentrums an der Uniklinik HamburgEppendorf (UKE). Demnach können schon ein täglich konsumiertes kleines Glas Wein Folgen für die Herzgesundheit haben. Ausgewertet wurden die Daten von mehr als 100 000 Menschen, die nie zuvor unter Vorhofflimmern gelitten hatten. Mehr als 5800 der Teilnehmenden entwickelten im Studienzeitraum von 14 Jahren erstmalig Vorhofflimmern, dabei erhöhte sich das ­Risiko hierfür, je mehr Alkohol regelmäßig konsumiert wurde. Schon die Menge von zwölf Gramm Alkohol pro Tag, welches etwa einem kleinen Glas Wein oder Bier entspricht, steigerte die Wahrscheinlichkeit um 16 Prozent im Vergleich zu den abstinenten Teilnehmenden. Bei bis zu zwei Drinks ­täglich lag das Risiko bereits um 28 Prozent höher. Gegen ein kleines Gläschen ab und an sei aber – gute Gesundheit vorausgesetzt – grundsätzlich nichts einzuwenden, so die Expertinnen und Experten. Bis zu zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden an Vorhofflimmern – viele davon, ohne es zu wissen. Erste ­Hinweise sind laut Deutscher Herzstiftung Herzstolpern und ein schneller Herzschlag. Ihnen empfehlen die Fachleute, Alkohol ganz zu meiden oder den Konsum zumindest stark zu reduzieren.

So viele Todesfälle könnten bei opti­maler Behandlung ­aller ­Betroffenen ­vermieden werden.

logie am Deutschen Herzzentrum München. Viele Patientinnen und Patienten beobachten außerdem, dass es im Tagesverlauf ganz plötzlich zu Schwankungen bei den Messwerten kommt. Das sorgt oftmals für Verunsicherung, hat seine Ursache jedoch meistens in der Ernährung. In solchen Situationen aus Sorge in Eigenregie die Medikamentendosis zu verändern, birgt Risiken – davon raten die Fachleute ab.

Für gute Vorsätze ist es nie zu spät: Gerade auch angesichts der Corona-Pandemie ist ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung und gesunder Ernährung für eine bessere Immunabwehr gegen Erkältung und Grippeinfekte wichtig. Denn so kann eine zusätzliche Belastung im Falle einer Coronavirus-Infektion vermieden werden. „Ein gesunder Lebensstil bewirkt viel für das Herz-Kreislauf-System, nur sollte man schrittweise vorgehen und sich nicht zu viel auf einmal vornehmen“, rät der Kardiologe und Reha-Spezialist Prof. Dr. Bernhard Schwaab vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Seine sieben Tipps für ein stabiles Herz, gesunde Gefäße und seelisches Wohlbefinden lauten: Sei aktiv, bewege dich mehr. Höre mit dem Rauchen auf. Iss gesünder, vermeide Zucker. Achte auf dein Gewicht. Behalte deinen Blutdruck im Auge. Achte auf deinen Cholesterinspiegel. Sorge für ausreichend Entspannung. Herzspezialist Prof. Schwaab empfiehl­t ­zunächst mit Bewegung anzufangen. „Mit Bewegung fühlt man sich schnell besser und ist leistungsfähiger.“ ●

Dieses Bild wurde vor der CoronaPandemie aufgenommen. Heute ist der Mund-NasenSchutz natürlich Pflicht.

Leistungsschwäche oder Müdigkeit und Druck auf der Brust“, fasst Prof. Holzhey zusammen. „Manche dieser Herzklappenerkrankungen sind vom Verlauf her ähnlich gefährlich wie bösartige Tumoren“, warnt der erfahrene Arzt. Aber: Man kann etwas dagegen tun – Vorsorge ist das Stichwort. Einen ganz praktischen Tipp hat Prof. Abdel-Wahab: „Es ist bei den Hausärzten ein bisschen aus der Mode gekommen, aber das gute alte Stethoskop kann Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkennen.“ Wer also das nächste Mal zum Routine-Check geht, sollte

einfach danach fragen. Der Hausarzt kann anschließend zum Kardiologen überweisen. Wenn eine Herzklappe ersetzt werden muss, ist das für den Patienten ein einschneidendes Ereignis, für die Spezialisten am Herzzentrum jedoch Routine. Dort wird schon weitergedacht: Da künstliche Herzklappen aus organischem Material bestehen, halten sie nicht ewig. Daran arbeitet die Forschung, denn weitere Eingriffe direkt am Herzen sollten entweder möglichst schonend stattfinden – oder den Patientinnen und Patienten gleich ganz erspart bleiben.

EINGESPIELTES TEAM: Prof. Dr. Mohamed AbdelWahab (links) und Prof. Dr. David Holzhey leiten gemeinsam die Abteilung für Strukturelle Herzerkrankungen. Foto: Peter Eichler


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GESUNDHEIT HERZ-KREISLAUF

EIN LEBEN FÜR die Kinderherzchirurgie: Prof. Dr. Martin Kostelka ist einer der Besten seines Fachs.

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Foto: Christian Hüller

Coronavirus

Prof. Dr. Gerhard Hindricks, Ärztlicher Direktor des Herzzentrums Leipzig, über die Corona-Pandemie und die Sicherheit in Krankenhäusern. Wie hoch ist die Gefahr sich im Krankenhaus mit dem Coronavirus zu infizieren? Insgesamt ist die Gefahr überschaubar gering. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten Schutzmechanismen entwickelt, um eine Übertragung so unwahrscheinlich wie möglich zu machen, auch wenn es ehrlicherweise nirgendwo ein Nullrisiko gibt. Gerade in dringenden Fällen sollte man auf jeden Fall ins Krankenhaus gehen.

Foto: Sven Gückel

Der Mann, der 10 000 Kinderherzen operierte Ein Prozent aller Neugeborenen kommen mit einem Herzfehler zur Welt. Einer, der ihr Herz wieder in Ordnung bringt, ist Prof. Dr. Martin Kostelka vom Herzzentrum Leipzig.

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öchentlich pendelt der Leitende Oberarzt und Kinderherzchirurg Prof. Dr. Martin Kostelka seit 1998 regelmäßig zwischen seinem Wohnort Prag und Leipzig. Es ist ein großes persönliches Opfer, das der Tscheche seit 23 Jahren aufbringt. Nach dem Feierabend im Herzzentrum konzentriere er sich ausschließlich auf die Aufgaben des kommenden Tages. „Ich will Höchstleistungen und Bestleistungen bringen. Dafür braucht es klare Strukturen, auch im persönlichen Leben“, betont Kostelka. Das Ziel, das er damit verfolgt, hat er klar definiert. „Die Überlebensrate der kleinen Patienten, die mit einem Herzfehler zur Welt kommen und eine chirurgische Behandlung benötigen, liegt im Herzzentrum Leipzig derzeit kurzfristig, also 30 Tage nach der OP, bei 98,5 Prozent und langfristig bei 97,5 Prozent. Mein ewiger Traum wäre, dass es 100 Prozent werden“, so der Kinderherzchirurg.

Welche Maßnahmen werden im Herzzentrum für die Patientensicherheit getroffen? Alles beginnt mit einer intensiven Befragung auf möglichen Kontakt mit dem Coronavirus. Dann werden alle Patienten und auch Besucher einem Antigenschnelltest unterzogen, der mit über 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit feststellt, ob eine Infektionsgefahr besteht. Zusätzlich machen alle stationären Patienten einen Covid-PCRTest. Das ist das genaueste und sicherste Verfahren, um auch eine niedrigschwellige Infektion entdecken zu können. Empfehlen Sie auch Herzkranken die Corona-Impfung? Ich setze sehr, sehr große Hoffnungen in das Impfen. Gerade für ältere Menschen oder solche mit einem erhöhten Risiko, einen schweren oder schwersten Verlauf zu erleiden. Dazu gehören auch die Herzpatientinnen und -patienten. Auch für sie muss und kann die Impfung nachhaltig und ohne Einschränkungen empfohlen werden.

So erreichen Sie uns Herzzentrum Leipzig Strümpellstraße 39, 04289 Leipzig Telefon: (0341) 865-0 info.herzzentrum@helios-gesundheit.de www.herzzentrum-leipzig.de Brustschmerzambulanz: 24-Stunden-Hotline (0341) 865-252222 Herzklappenambulanz: Terminvereinbarung unter (0341) 865-2200 Rhythmologische Ambulanz: Terminvereinbarung unter (0341) 865-1590 Herzchirurgische Ambulanz: Terminvereinbarung unter (0341) 865-1421 Ambulanz Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH): Terminvereinbarung unter (0341) 865-1035; -1036

IM GESPRÄCH: Prof. Dr. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie – Helios Stiftungsprofessur. Dieses Bild wurde vor der Corona-Pandemie aufgenommen. Heute ist der MundNasen-Schutz natürlich Pflicht. Foto: Dominik Wolf

Über das Herzzentrum Leipzig Unter Leitung erfahrener Ärzte und namhafter Wissenschaftler bietet das Herzzentrum Leipzig seit über 25 Jahren Höchstleistungen im Bereich der Herz-Kreislauf-Medizin. In der Klinik werden jährlich rund 4000 Herz-Operationen und 2000 Katheterablationen durchgeführt. Damit ist es eines der größten Herzzentren Europas.

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Nicht behandelbar? Studie am Leipziger Herzzentrum erforscht besondere Form der Herzinsuffizienz Eine Herzinsuffizienz, landläufig Herzschwäche genannt, kann schnell lebensbedrohlich werden. Wenn das Herz den Körper immer schlechter mit Blut versorgen kann, leiden weitere wichtige Organe. Eine neue Studie am Leipziger Herzzentrum unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Philipp Lurz erforscht nun eine sehr verbreitete Form des Krankheitsbildes: die Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Ejektionsfraktion, abgekürzt HFpEF. Das bedeutet: Die Pumpfunktion des Herzens ist kaum beeinträchtigt, allerdings füllt sich das Herz nur schlecht wieder mit Blut und kann deshalb weniger als nötig weitergeben. „In Kürze wird das die häufigste Form der Herzinsuffizienz sein“, sagt Prof. Lurz, Geschäftsführender Oberarzt der Universitätsklinik für Kardiologie – Helios Stiftungsprofessur am Herzzentrum Leipzig. Zugleich ist sie in den Medien wie auch unter Ärztinnen und Ärzten weniger präsent als die konventionelle Herzschwäche, bei der die Pumpfunktion eingeschränkt ist. Und: „Es gibt derzeit keine einzige wirksame Tablette dagegen, keine Behandlung, keine wirkliche Therapie“, so Prof. Lurz. Das will die Leipziger Studie ändern. Die Fachleute legen einen Katheter zu den Nierenarterien, um die Nervenenden zu veröden und den Sympathikus zu beruhigen – als Teil des vegetativen Nervensystems wirkt dieser wie ein Taktgeber. Zudem erhalten die Patientinnen und Patienten einen kleinen Drucksensor, das CardioMEMS. Dieses wenige Millimeter große Gerät wird über eine Vene bis in die Lungenarterie geschoben, misst dort den Druck in der Lungenarterie und leitet die Werte direkt ans Herzzentrum weiter. „Sollten wir auf diese Weise eine Verschlechterung erkennen, würden wir direkt anrufen und zum Beispiel empfehlen, mehr Wassertabletten zu nehmen“, sagt Prof. Lurz. Das Ärzteteam wiederum kann mittels der Messwerte die Effekte der Eingriffe direkt einschätzen.

Die Wegstrecke, die er mitsamt seinem Team seit 1998 zurückgelegt hat, ist riesig. Vor dieser Zeit operierte man in Leipzig weit unter 100 Kinder pro Jahr. Heute seien es bis zu zehn in der Woche. Selbst schwere, komplexe Operationen an Kleinkindern würden hier inzwischen ausgeführt. „Das ist mein Beitrag”, ist der Tscheche überzeugt. Schon vor 20 Jahren galt der gebürtige Prager als einer der Besten seines Fachs. Neben seinem Studium samt Promotion in Tschechien genoss er mehrmonatige Ausbildungseinheiten in England und den USA. Das Wissen, das er sich dabei aneignete, kommt seinen Patienten, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis heute zugute. Er habe inzwischen ein perfektes Team um sich, von der OP-Schwester bis zum Arzt, fügt er an. Ausgezeichnete Zusammenarbeit Um den kleinen Patienten ein möglichst langes und beschwerdefreies Leben zu ermöglichen, bedarf es aber nicht nur der Künste und Fähigkeiten der Herzchirurgie. „Eine perfekte Diagnostik sowie die gemeinsame Nachbetreuung zusammen mit der Kardiologie sind ebenso wichtige Faktoren”, hebt Kostelka hervor. Diese Zusammenarbeit sei der Grund dafür, dass es immer mehr EMAH-Patienten gebe, also Erwachsene mit angeborenem Herzfehler. Früher hätten diese Menschen nur eine geringe Lebenserwartung gehabt. Heute nimmt die Zahl der Erwachsenen, die mit einem Herzfehler geboren wurden, rasant zu. Als Kinderherzchirurg zu arbeiten, verlangt eine große Verantwortung. Man ist gezwungen, am OP-Tisch jeden Tag fehlerfrei zu agieren. Die Erfolgsgefühle, die Martin Kostelka bei seiner Arbeit erlebt, kompensierten aber den Verlust des Privatlebens. In Summe operierte er in seinem bisherigen Berufsleben über 10 000 Kinderherzen, 8500 davon in Leipzig. Weltweit, sagt der Leitende Oberarzt, sei das einzigartig.

FOKUSSIERT: Prof. Dr. Dr. Philipp Lurz, Geschäftsführender Oberarzt der Universitätsklinik für Kardiologie. Foto: Peter Eichler

„Sicherer als der Arbeitsplatz“

Wer trotz Beschwerden nicht zum Arzt geht, RISKIERT FOLGESCHÄDEN für das Herz

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nfangs war es nur eine Vermutung, mittlerweile bestätigen es die Zahlen: Im Jahr 2020 wurden weniger Herzinfarkte in den Kliniken behandelt. Das liegt nicht daran, dass weniger Menschen erkrankt sind, vielmehr haben einige den Herzinfarkt zuhause durchgestanden. Das ist eine der vielen Folgen der Corona-Pandemie, sagt Prof. Dr. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie – Helios Stiftungsprofessur am Herzzentrum Leipzig. Im Elektrokardiogramm (EKG) sichtbare Infarkte seien um etwa 14 Prozent zurückgegangen, andere sogar um bis zu 40 Prozent. Zugleich stieg in Phasen, in denen Covid in den Medien omnipräsent war, die Zahl der Reanimationen stark an. Er verstehe die Sorge der Patientinnen und Patienten vor einer Ansteckung, sagt Prof. Thiele. Aber: „Die Hygienemaßnahmen bei uns sind extrem hoch, wir achten penibel darauf, dass sich

die Patientinnen und Patienten hier nicht infizieren können.“ Alle stationären Patientinnen und Patienten werden nach wie vor in regelmäßigen Abständen auf Covid-19 getestet. „Ich gehe fest davon aus, dass das Krankenhaus ein sichererer Ort war als zum Beispiel der Arbeitsplatz oder der ganz normale Alltag“, sagt Prof. Thiele. Unbehandelte Infarkte können Herzschwäche oder Rhythmusstörungen auslösen Gleichzeitig rät er dringend davon ab, einen medizinischen Notfall zuhause auszusitzen. „Wenn Infarkte nicht vernünftig behandelt werden, können sich Herzrhythmusstörungen oder eine Herzinsuffizienz entwickeln.“ Beides sind potenziell lebensbedrohliche Krankheiten. Der erfahrene Arzt hat zudem beobachtet, dass einige Menschen in einem noch schlechteren Zustand zu ihm gekommen sind, als es zuvor der Regelfall war.

Dennoch ist nicht nur die Angst der Patientinnen und Patienten daran schuld. Stellenweise habe der Lockdown auch dazu geführt, dass Termine verschoben wurden, wodurch das Risiko für einen „kardiovaskulären Kollateralschaden“, einen Schaden für Herz und Gefäße, anstieg. Weil alle nur noch auf Corona schauen, sei womöglich die Wahrnehmung für Alltagskrankheiten gesunken. Deshalb lautet Prof. Thieles einfacher, aber dringender Appell: „Achten Sie auf Ihre Symptome, vergessen Sie Ihre Vorsorgeuntersuchungen nicht, und: Gehen Sie zum Arzt!“


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