LVZ Fit & Gesund 2019 | Neue Mittel gegen Diabetes

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FIT& GESUND 2019

Mittwoch, 13. März 2019

Neue Mittel gegen Diabetes

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Strategien gegen Pizza & Co.

Rezept für gesundes Essen

Langstreckenläufe trotz Diabetes

Foto: iStockphoto

Die Fallzahlen der von der Volkskrankheit Diabetes betroffenen Patienten steigen auch in Deutschland. Es gibt aber immer mehr Behandlungsmöglichkeiten. Wie sich das Leben mit Diabetes modern gestalten lässt – so über Apps, neue Medikamente und neue Diäten – darum geht es in Teil 3 der Medizin-Serie.

LEBEN MIT DIABETES

DEN BLUTZUCKER IN DEN GRIFF BEKOMMEN Schätzungen zufolge leiden mindestens sieben Millionen Deutsche an Diabetes. Neben einigen Sonderformen und dem Schwangerschaftsdiabetes unterscheiden Mediziner im Wesentlichen zwei Formen.

>>> DerTyp-1-Diabetes beginnt überwiegend im Kindes- oder Jugendalter, kann aber auch noch im hohen Lebensalter auftreten. Die eigenen Abwehrkräfte zerstören die insulinproduzierenden Betazellen des Körpers. Dadurch kommt es zu einem Mangel an Insulin. Dieses Hormon ist notwendig, damit der Zucker, der über die Nahrung ins Blut gelangt, von den Zellen aufgenommen und verarbeitet werden kann. In der Folge steigt der Blutzuckerspiegel. Die überwiegend jungen Patienten müssen deshalb Insulin spritzen. Neben den genannten typischen Diabetessymptomen können sich bei diesem Typ auch Abbauprodukte des Fettstoffwechsels im Blut anreichern, sodass 12891401_001119

es zu einer Übersäuerung des Blutes kommt. Das ist nur beim Typ-1-Diabetes der Fall. Etwa 85 bis 95 Prozent der Zuckerkranken leiden am Typ-2-Diabetes. Betroffen sind vor allem Menschen in höherem Lebensalter, deshalb war früher auch die Bezeichnung Altersdiabetes üblich. „Allerdings erkranken zusätzlich immer mehr Jüngere, da ungesunde Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel heutzutage stetig zunehmen. Das sind die Hauptursachen für den Typ-2-Diabetes“, erklärt Dr. Jürgen Krug vom Klinikum St. Georg. „Die Körperzellen reagieren zunehmend unempfindlich auf das Hormon Insulin und so steigt auch hier der Blutzuckerspiegel an.“ Die Patienten müssen ihre Ernährung umstellen und versuchen, Gewicht abzunehmen. Dann folgt in den meisten Fällen die Behandlung mit Tabletten. Der Typ-2-Diabetes wird häufig nur durch Zufall bei Blutuntersu-

chungen entdeckt, weil die klassischen Symptome sich langsam entwickeln und nicht so wahrgenommen werden. Entscheidend bei beiden Formen ist, dass der Blutzucker gut eingestellt ist und nicht übermäßig schwankt. Ansonsten drohen schwerwiegende Folgeerkrankungen. So kann der Typ-1-Diabetes zu Veränderungen an den Augen, den Nieren und dem Nervensystem führen. Das trifft auch auf denTyp-2-Diabetes zu. Hier sind aber Gefäßerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall sowie Durchblutungsstörungen der Beine problematischer. Die Basistherapie ist für beide Typen gleich. Die Patienten müssen an einem strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramm nach Möglichkeit in einer Gruppe teilnehmen. Unter Anleitung einer Diabetesberaterin und eines Arztes erfahren die Zuckerkranken alles Grundlegende über die Stoffwechselkrankheit. So lernen die Diabetiker beispielsweise, worauf sie bei der Er-

nährung achten sollten und wie sie ihren Blutzucker messen und regelmäßig kontrollieren. Diskutiert wird auch die Bedeutung von Sport für den Verlauf der Erkrankung. Sind Insulin oder andere Medikamente erforderlich, bekommen die Patienten Tipps für den richtigen Umgang damit. Wichtig ist aber auch der gemeinsame Austausch. Diabetiker können mit anderen Betroffenen sprechen und mit dem Kursleiter spezielle Probleme abklären. „Wichtigster Behandlungsansatz ist dabei, dass die Patienten beraten und nicht bevormundet werden“, betont Dr. Jürgen Krug. „Sie sollen selbst lernen, ihren Lebensstil in die Hand zu nehmen und den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Denn wer die Ernährungs- und Bewegungstipps verinnerlicht und nicht aufgezwungen bekommt, kann sie auch besser einhalten.“ Wer zusätzlich noch kontinuierlich seinen Blutzuckerspiegel überprüft und regelmäßig Kontrolluntersuchungen zum Beispiel

beim Augenarzt wahrnimmt, kann trotz Diabetes ein beschwerdefreies Leben führen und meist Folgeschäden vermeiden. Kompetente Hilfe bei allen Diabetesformen finden Betroffene im Klinikum St . Georg, wo die Behandlung der Zuckerkrankheit und ihrer Komplikationen eine lange Tradition hat. Seit vielen Jahren ist die Einrichtung am Standort Grünau von der Deutschen Diabetesgesellschaft zertifiziert. D as T eam a us D iabetologen und Diabetesberaterinnen arbeitet dabei übergreifend mit den anderen Fachärzten des St. Georg zusammen. Kommt es als Folge zum Beispiel zu Herzerkrankungen, stehen die Kardiologen des Hauses parat. Die Diabetesberatung ist telefonisch unter 0341 909-3270 erreichbar. ■

Ihr Ansprechpartner Dr. med. Jürgen Krug Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Endokrinologie, Abteilung Diabetologie Delitzscher Str. 141 | 04129 Leipzig 0341 909-3274 juergen.krug@sanktgeorg.de


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GESUNDHEIT

AUS MEINER PRAXIS

Leben ohne Piks

VON DR. LAURA DALHAUS

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ie meisten Menschen wollen zu Hause sterben. „Friedlich einschlafen“ – dieser Begriff wird hier fast immer gebraucht. Statistisch gesehen stirbt jedoch jeder zweite Mensch in Deutschland in einem Krankenhaus. Diese Diskrepanz ist traurig, macht vielen Menschen Angst und hat verschiedene Ursachen: Manchmal verschlechtert sich ein Zustand akut und aus Hilflosigkeit oder Angst, einen Fehler zu machen, veranlassen Hausärzte oder Angehörige, dass der Patient in ein Krankenhaus kommt. Manchmal mangelt es auch an palliativmedizinischen Möglichkeiten, um den Patienten Schmerzen zu ersparen. Das alles sollte jedoch nicht sein. Die ärztliche Begleitung am Lebensende ist immer noch eine hausärztliche Aufgabe. Neulich in unserer Notfallsprechstunde passierte es, dass mein Kollege zu einer Krisenintervention bei einem schwer kranken, palliativen Patienten gerufen wurde. Er fuhr umgehend hin. Während ich in unserer Praxis von Raum zu Raum eilte und die Patienten mangels Sitzgelegenheiten auf den Fluren standen, betreute mein Kollege in Ruhe seinen bald sterbenden Patienten. Medikamente, die er ihm über eine Vene verabreichte, befreiten von Angst, Luftnot und Schmerzen. Mein Kollege blieb bei dem Patienten, bis er gleichmäßig atmend schlief, und kehrte erst dann zurück in die Praxis. Auch die ärztliche Betreuung am Sterbebett ist eine Notfallsituation. Die Patienten in unserer Praxis haben für diese Einsätze Verständnis, obwohl sie selbst in solchen Fällen lange warten müssen. Es ist ein Grundsatz der humanistischen Medizin, dass stets der Mensch im Mittelpunkt steht – bis zuletzt. Am übernächsten Tag ist der Patient meines Kollegen friedlich eingeschlafen. Laura Dalhaus ist Allgemeinmedizinerin  inDr.Rhede im Münsterland. Auf ihrer Website www.landarzt.rocks schreibt sie regelmäßig über ihren Praxisalltag.

NATÜRLICH WOHLFÜHLEN

Gegen unreine Haut: Kurkuma-Gesichtsmaske

Foto: Agnieszka Krus

In der traditionellen chinesischen Medizin wird Kurkuma schon seit mehr als 5000 Jahren verwendet. Dem Inhaltsstoff Curcumin wird nachgesagt, dass er die Knochen stärkt, entzündungshemmend und auch schmerzstillend wirke.

Außerdem wird er zur Pflege der Haut eingesetzt, da besonders die gelben Farbstoffe bei unreiner Haut pickel- und akneheilend wirken können. Das wird gebraucht: 1 TL Kurkuma, 1 EL Kichererbsenmehl, 2 TL Mandelöl, 2 TL Honig, 2 TL Zitronensaft So wird es gemacht: Zuerst Kurkuma und Kichererbsenmehl in eine Schüssel geben. Dann das Mandelöl und den Zitronensaft dazutun. Den Honig leicht erwärmen und ebenfalls zu den Zutaten geben. Nun alles so lange rühren, bis eine sämige Paste entsteht. Das Gemisch kann sofort großzügig auf das gereinigte Gesicht aufgetragen werden. Die Kurkuma-Gesichtsmaske sollte circa 15 bis 20 Minuten einwirken. Mit klarem Wasser abspülen. Ein kleiner Hinweis: Die gelbe Farbe des Kurkumas färbt nicht die Haut ein. Sie lässt sich ganz leicht mit klarem Wasser abwaschen.

AUS DER FORSCHUNG

Künstliche Intelligenz hilft der Kindermedizin

Weltweit leiden immer mehr Menschen unter Diabetes. Bundesweit sind es bis zu 7 Millionen. Doch der Alltag mit der Krankheit lässt sich immer unkomplizierter gestalten VON IRENE HABICH

Gleichzeitig fällt er den meisten Patienten sehr schwer.

A

ls Theresa May im vergangenen Sommer für ein Galadinner das Weiße Haus besuchte, konnte es jeder sehen: Das ärmellose Kleid der britischen Premierministerin ließ den Blick auf ihren linken Oberarm frei, auf dem eine kleine weiße Plastikplakette haftete. May leidet unter Diabetes Typ 1, der selteneren Form der Erkrankung. Ihre Bauchspeicheldrüse produziert viel zu wenig von dem Hormon Insulin, welches normalerweise Zucker aus dem Blut in die Zellen des Körpers transportiert. Deshalb muss May sich Insulin regelmäßig spritzen – vor allem dann, wenn ihr Blutzuckerspiegel erhöht ist. Die kleine Plastikplakette ist ein hochmodernes neues Messgerät, das Diabetikern wie ihr den Alltag erleichtern soll. Auf der Unterseite befindet sich eine feine Nadel mit Sensor, die kontinuierlich den Zuckerwert in Mays Körper misst. Die Informationen werden an das Smartphone der Politikerin übermittelt, dadurch weiß sie, wann sie sich wie viel Insulin spritzen muss. Ohne den Sensor müsste sich May ständig in den Finger piksen, um Teststreifen mit Bluttropfen zu benetzen, wie das bei der herkömmlichen Blutzuckerbestimmung üblich ist.

Insulinpens erleichtern die Injektion Weltweit leiden immer mehr Menschen unter Diabetes, allein in Deutschland sind es derzeit sechs bis sieben Millionen. Gleichzeitig lässt sich der Alltag mit der Krankheit immer unkomplizierter gestalten. „Neue technische Entwicklungen helfen seit einigen Jahren dabei, das Leben mit Diabetes enorm zu erleichtern“, sagt Monika Kellerer, die Professorin ist Vizepräsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Selbst die klassischen Blutzuckermessgeräte seien heute leichter zu bedienen, lieferten anders als früher in Sekundenschnelle ein Ergebnis und benötigten für die Analyse nur winzige Blutmengen. Mussten Patienten früher noch Insulin aus der Ampulle aufziehen, erleichtern heute sogenannte Insulinpens die Injektion. 95 Prozent der Diabetiker in Deutschland leiden unter Diabetes Typ 2. Die Patienten reagieren weniger gut auf Insulin, sie brauchen dieses aber nicht immer gleich zu spritzen. Zunächst lässt sich die Krankheit meist mit Medikamenten oder einer Lebensstiländerung in den Griff kriegen. „Dafür stehen heute viel mehr verschiedene Stoffklassen zur Verfügung, von denen manche auch die Gewichtsabnahme erleichtern können, sagt Kellerer. Ein großer Vorteil, denn in vielen Fällen wirkt sich schon ein geringer Gewichtsverlust bei Typ-2-Diabetes positiv aus.

Apps helfen im Alltag Nützlich im Alltag können auch Diabetes-Apps für das Smartphone sein. Patienten können sich damit an die Blutzuckermessung erinnern lassen, die Nährwertangaben von Lebensmitteln prüfen und die Auswirkungen ihrer Mahlzeiten auf den Blutzuckerspiegel dokumentieren. Solche Analysen sind sinnvoll, denn jeder Diabetiker reagiert unterschiedlich stark auf verschiedene Lebensmittel. Allerdings gibt es auf dem App-Markt kaum verlässliche Qualitätskontrollen. Bei der DDG können sich App-Hersteller deshalb seit einiger Zeit um eine Zertifizierung ihrer App bewerben. Wenn Bedienbarkeit, Sicherheit und Technik den Ansprüchen genügen, bekommt die Anwendung das „Dia-Digital-Siegel“ verliehen. „Damit wollen wir den Patienten etwas Orientierung bieten“, sagt Matthias Kaltheuner, der mitverantwortlich für das Projekt ist. „Denn eine schlecht gemachte App kann mehr schaden als nutzen – wenn zum Beispiel Nährwertangaben und Dosierungsempfehlungen für Insulin nicht stimmen.“

Neue technische Entwicklungen helfen dabei, das Leben mit Diabetes enorm zu erleichtern. Monika Kellerer, Professorin und Vizepräsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

Häufigkeit von Übergewicht Häufigkeit von Diabetes in Deutschland, in Prozent Männer 49,1 Frauen 42,0

24,9

15,7

24,7

in Deutschland, in Prozent

48,7 33,5

36,3

9,4 0,9 1,0

18 bis 29 30 bis 44 45 bis 64 65 Jahre Jahre Jahre Jahre und älter

RND-Grafik; Quelle: RKI

18,6 17,4

Männer Frauen 6,5

1,6 1,5

18 bis 29 30 bis 44 45 bis 64 65 Jahre Jahre Jahre Jahre und älter RND-Grafik; Quelle: RKI

Falsche Ernährung wird oft gelernt Fast-Food, Süßigkeiten und Fertiggerichte gelten als Hauptursache für Übergewicht – Experten fordern Eltern zum Gegensteuern auf

W

Foto: dpa

Forscher in China haben ein System entwickelt, das mittels künstlicher Intelligenz (KI) sehr zuverlässig Diagnosen bei Krankheiten von Kindern und Jugendlichen stellt. Im Vergleichstest mit Daten aus elektronischen Gesundheitsakten schnitt das KI-System bei der Diagnose besser ab als jüngere, unerfahrene Ärzte. Die chinesisch-amerikanische Forschergruppe präsentierte ihre Ergebnisse im Fachjournal „Nature Medicine“. Ihre Studie liefere einen Machbarkeitsnachweis, dass ein KI-System bei Daten auf der Basis natürlicher Sprache gute diagnostische Ergebnisse erzielen könne, berichten die Autoren. Das Programm könne Ärzten helfen, Entscheidungen zu treffen, welche Patienten am dringendsten behandelt werden müssten. Deutsche Mediziner sehen bisher höchstens unterstützendes Potenzial in der KI. Diese könne die direkte Begegnung von Arzt und Patient nicht ersetzen.

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Foto: iStock

Ein besonderer Notfall

MITTWOCH, 13. MÄRZ 2019 | NR. 61

Fast Food und Fertiggerichte kommen in Deutschland sehr häufig auf den Tisch. Foto: Thomas Schweighofer/unsplash

issenschaftler und Mediziner beklagen seit Jahren, dass die Zahl Übergewichtiger in Deutschland stetig steigt. Fast die Hälfte der Frauen, sechs von zehn Männern und jedes siebte Kind in Deutschland sind laut Ernährungsreport 2019 übergewichtig. Die Hauptursache dafür ist neben mangelnder Bewegung eine falsche Ernährung aus Fast Food, Fertigprodukten und Süßigkeiten. Als Grund für diese Art der Ernährung nennen die meisten Deutschen wenig Zeit und Gewohnheiten. Aber warum mögen wir, was wir mögen? Wir lernen Geschmackspräferenzen hauptsächlich als Kinder – und behalten sie meist ein Leben lang bei. Kinder lernen das zu mögen, was sie häufig essen. Trinken Familien nur Wasser oder ungesüßten Tee, gewöhnen sich Kinder daran. Gibt es hingegen immer Limonade oder Saft, werden sie sich auch daran gewöhnen und diese Getränke noch als Erwachsene regelmäßig konsumieren. Angeboren ist hingegen unsere Vorliebe für Süßes, weil auch die Muttermilch

so schmeckt. „Da müssen Eltern früh gegensteuern, damit Kinder nicht zu viel Zucker essen“, sagt Psychologin Kathrin Ohla vom Forschungszentrum Jülich. Salz lernen wir erst später zu mögen. Das geht dann aber oft schnell. Denn salziges, süßes und fettiges Essen löst im Gehirn eine größere Befriedigung und Glückshormone aus, sagt sie. Werden die Stoffe kombiniert, sei das Glücksgefühl sogar noch stärker. Deshalb können sich viele nicht beherrschen, wenn sie Chips oder Pralinen naschen.

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von 10 Männern in Deutschland sind übergewichtig.

„Das menschliche Geschmacksempfinden ist sehr persönlich und anpassungsfähig“, sagt Konsumverhaltensforscherin Soyoung Park vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung. Auch weniger süße Schokolade, weniger salzige Fische und fettärmere Würste können wir lecker finden. Es dauert nur etwas. „Es ist wie beim Sport, man muss sich zuerst etwas zwingen, gesünder zu essen“, sagt Ohla. „Aber wenn man ein Produkt eine Zeit lang immer wieder isst, mag man es meist.“


GESUNDHEIT

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ESSEN SIE SICH GESUND

Diabetes in ausgewählten Ländern 20 bis 79 Jahre RND-Grafik; Quelle: www.diabetes-ratgeber.net

Es handelt sich um eine Volkskrankheit, da kann man nicht einfach sagen, jeder sei selber schuld.

60,2 % Angst vor schlimmen Folgeerkrankungen 45,1 % Gefühl von Abhängigkeit 35,7 % Erkrankungen an Augen, Füßen, Nieren 33,8 % weniger Lebensqualität 29,4 % private und berufliche Diskriminierung 26,2 % Unterstützung von Familie nötig 15,8 % Depressionen und Angstzustände 13,5 % starke Belastung der Partnerschaft

12,1 %

Türkei

10,8 %

USA

9,8 %

Portugal

9,7 %

China

G

8,3 %

Deutschland

8,1 %

Neuseeland

6,4 %

Österreich

6,2 %

Russland

Irland

Schnell gedreht und auf dem Tisch: „Zoodles“ mit Petersilienpesto schmecken nicht nur Vegetariern

10,4 %

Indien

UK

4,3 % 3,3 %

Starker Anstieg von Typ-2-Diabetes Die Zahl der an Diabetes Typ 2 erkrankten Menschen in Deutschland wird nach neuen Berechnungen des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ) in Düsseldorf viel stärker ansteigen als bisher prognostiziert. Wissenschaftler gehen nun von einem Anstieg bis 2040 auf 10,7 bis 12,3 Millionen Erkrankte aus. Bisher sei eine Zunahme auf 8,3 Millionen Typ-2-Diabetesfälle in den nächsten 20 Jahren errechnet worden. 2015 waren rund 6,9 Millionen Menschen in Deutschland am besonders verbreiteten Typ-2-Diabetes (früher: Altersdiabetes) erkrankt.

Wissenschaftler des DDZ und des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin haben in einer Studie nicht nur die allgemein steigende Lebenserwartung einbezogen, sondern auch die der Diabetiker. Ihre Lebenserwartung steige aufgrund des medizinischen Fortschritts schneller als die der Nicht-Diabetiker. Ähnliches sei in anderen Ländern beobachtet worden. Dadurch hätten die Fallzahlen exakter als bisher berechnet werden können, sagte Ralph Brinks, Leiter der Studie am DDZ.

So funktioniert Insulin Insulin

Insulinrezeptor

esund und schlank durch den Tag – mit diesem Nudelgericht klappt das bestimmt. Mit reichlich Eiweiß, gesunden Fetten und Eisen aus Kürbiskernen und Buchweizen. Das Leindotteröl ist zudem ein toller Lieferant für Omega-3-Fettsäuren. Die Zucchini werden mit dem Spiralschneider oder dem Schäler in dünne „Zoodles“ geschnitten, so wird das Gemüse kaum merkbar unter die Nudeln gemogelt. Getoppt mit dem frischen Petersilienpesto, schmeckt es selbst kleinen (und großen) Gemüsemuffeln. Natürlich können Sie dazu normale Spaghetti verwenden, die Buchweizen-Variante schmeckt allerdings besonders nussig-aromatisch – die sollten Sie unbedingt mal probieren! Gemüse-Spaghetti sind eine tolle Möglichkeit, Gemüse „unter Leute“ (oder Nudeln) zu bringen, das klappt übrigens auch wunderbar mit Möhren, Spargel oder Kohlrabi und Rote Bete. Die Knollen lassen sich einfach in einen Spiralschneider klemmen und ebenso zu farbenfrohen, langen Kringeln schneiden.

Ihr Tagesplan Morgens starten Sie mit reichlich gesunden Fetten in den Tag: Avocado und Kürbiskerne sind ein tolles grünes Kraftpaket auf dem Brot. Mittags sind die „Zoodles“ fix gedreht, stehen schon nach 20 Minuten auf dem Tisch und machen mit Eiern und Buchweizennudeln auch richtig satt. Abends gibt es Brotzeit.

Insulin ist der Schlüssel, der den Glukosekanal öffnet

Glukosekanal geöffnet, Glukose kann in die Zelle gelangen

■ Morgens: 1 Scheibe Vollkornbrot mit

Avocado-Mus, Tomatenscheiben und nach Bedarf mit gehackten und gerösteten Kürbiskernen (siehe Mittag). Dazu einen halben Apfel oder eine halbe Birne.

Typ-2-Diabetes ist zum Teil genetisch bedingt Wichtig sei nur trotz allem, dass ein Betroffener gut über seine Krankheit Bescheid weiß und im Umgang damit geschult wird. Während das bei Diabetes Typ 1 durchaus üblich ist, bekommen Typ2-Diabetiker aber oft erst dann eine Schulung, wenn die Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass auch sie sich Insulin spritzen müssen. „Das ist eine vertane Chance“, sagt Kellerer. Denn Typ-2-Diabetes ist zwar zum Teil genetisch bedingt, wird aber auch durch Bewegungsmangel und eine ungesunde Ernährung begünstigt. Patienten können durch eine Änderung ihres Lebensstils oft großen Einfluss

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auf die Krankheit nehmen. „Würde man sie besser dazu beraten und motivieren – dann würde es bei vielen nie dazu kommen, dass sie Insulin brauchen“, sagt Kellerer. Ohne Unterstützung sei es als chronisch Kranker hingegen sehr schwierig, sein Leben zu ändern. Mit Beratung allein sei es ohnehin noch nicht getan. Um Typ-2-Diabetes einzudämmen, müsse es grundsätzlich einfacher werden, sich gesund zu ernähren. „Wir fordern daher, Obst und Gemüse weniger und fett- und zuckerreiche Lebensmittel stärker zu besteuern und eine verständliche Kennzeichnung von gesunden und ungesunden Produkten in Form der Lebensmittel-Ampel einzuführen“, sagt Kellerer. Außerdem gelte es, rechtzeitig auf Prävention zu setzen: Durch ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel und Getränke, durch gesunde Mahlzeiten und eine Stunde Bewegung täglich in Kitas und Schulen. Experten wie Kellerer sind sich einig, dass sich Diabetes dadurch nicht nur aufhalten, sondern sogar zurückdrängen ließe. „Es handelt sich um eine Volkskrankheit, da kann man nicht einfach sagen, jeder sei selber schuld. Deshalb ist hier auch die Politik gefordert.“

waschen, Enden abschneiden. Zucchini mit einem Spiralschneider in „Zoodles“ schnitzen. Spaghetti in kochendem Salzwasser knapp garen, abgießen, etwas Nudelwasser aufheben. Kürbiskerne in einer Pfanne ohne Fett rösten, bis sie duften. Petersilie waschen, Stiele abschneiden, Blätter mit Kürbiskernen und Leindotteröl pürieren, beiseite stellen. Die Eier in kochendem Wasser etwa sechs Minuten kernweich kochen, kalt abschrecken. Die Zucchini im Rapsöl in einer großen Pfanne unter Rühren dünsten, mit Salz und Pfeffer würzen. Dann die Spaghetti zugeben und mitbraten. Pesto bis auf 2 TL unterziehen und eventuell mit etwas Nudelwasser saftig machen. Auf eine Platte türmen, Eier pellen und halbieren, je ein Klecks restliches Pesto darauf geben und auf den „Zoodles“-Berg setzen. EL Frischkäse, Tomaten, Gurke und 1 Scheibe Putenbrust oder andere Geflügelwurst. Das Rezept ist aus folgendem Buch: Dagmar  von Cramm: „Happy Aging“. Zabert Sandmann Verlag. 160 Seiten, 22,99 Euro.

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Zutaten für 2 Portionen: 400 g Zucchini 100 g Buchweizenspaghetti Salz 50 g Kürbiskerne 1 Bund Petersilie 1 EL Leindotteröl 2 frische Eier 1 EL Rapsöl zum Braten

Foto: Zabert Sandmann Verlag

■ Mittags: Für die Zoodles die Zucchini

Gut gemachte Programme seien hingegen recht praktisch für Patienten, die sich intensiver mit ihrer Krankheit beschäftigen wollen. Allerdings: Egal, ob per App oder mit anderer moderner Technik – nicht jeder Patient wünsche sich die absolute Kontrolle, sagt Monika Kellerer. „Es gibt Menschen, die sich ohnehin schon zu viele Gedanken machen, und die das psychisch belastet, ständig ihre aktuellen Werte vor Augen zu haben.“

Zutaten

■ Abends: 2 Scheiben Vollkornbrot mit 2

Glukose aus der Nahrung

Glukosekanal (geschlossen)

Mogelpackung mit Zucchini

13,1 %

Mexiko

RND-Grafik; Quelle: Statista

So beeinflusst Diabetes das Leben der Erkrankten

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GESUNDHEIT

FIT& GESUND 2019

MITTWOCH, 13. MÄRZ 2019 | NR. 61

Ein Schutzengel für Vincent Halbmarathon trotz Diabetes – erfolgreicher Leipziger Mittelstreckenläufer und sein Arzt beweisen, dass sich Lebensfreude, berufliche Herausforderungen als Anwalt und Krankheit nicht ausschließen

VON SIMONE LISS

Langstreckenläuferin Ulrike Thurm, Bodybuilder André Volkmann, Tänzerin incent Hoyer läuft nicht nur aus Melanie Ahl, Triathletin Rebecca FonderSpaß, sondern auch um sein mann, Sprinter Daniel Schnelting, EishoLeben. Das Training heizt seinen ckeyspieler Florian Töllner und Fußballer Stoffwechsel an, hält sein Felix Petermann. Diese Menschen sind Gewicht im Zaum, seine Krankheit in motiviert, diszipliniert und ehrgeizig. Die Schach. Der 29 Jahre alte Mittelstrecken- besten Voraussetzungen, dem Diabetes läufer ist Diabetiker Typ 1. Wie sein Vater. Paroli zu bieten. „Bewege ich Er hat seinem Sohn die Autoimmun- oder werde ich bewegt? Diese krankheit in die Wiege gelegt. Vincent Frage stellen sich Sportler Hoyer war dabei, sein Abitur am Sport- nicht“, sagt der StoffDr. gymnasium in Leipzig zu machen, als ihn wechselmediziner ein Leistungstest an den Rand des Zusam- Tobias Wiesner. Seit 25 menbruchs brachte. „Ich fühlte mich Jahren forscht und schlapp, hatte Durst, Gewicht verloren praktiziert der Leipziund Mühe, mein Schul- und Trainings- ger Endokrinologe pensum zu schaffen“, sagt der Läufer vom auf dem Gebiet LFV Oberholz. Die Diagnose kam einer der DiabetestheEr Vollbremsung gleich. „Alle meine Pläne rapie. waren dahin. Der Diabetes bedeutete das b e h a n d e l t Aus meiner Karriere. Ich musste kurz vor V i n c e n t dem Abi die Schule unterbrechen, um H o y e r . mich einstellen zu lassen. Insulinspritzen, Von VerErnährungsprogramm, Monitoring (Über- b o t e n wachung des Blutzuckerspiegels) – das u n d ganze Prozedere. Ich musste lernen, mein DrohgeLeben umzustellen, stärker auf mich zu b ä r d e n achten, lernen, die Signale einer Unterzu- hält der erfahckerung zu erkennen“, sagt Vincent Hoy- rene Arzt nichts. „Ich betrachte er. Die Unterzuckerung kann ihn ständig meine Diabetespatienten als müntreffen, vor allem bei langen Läufen. „Das dig und achte ihre LebensgewohnSchwierige ist, regelmäßig essen zu müs- heiten. Alles ist erlaubt – jedes sen – selbst wenn ich gar keinen Hunger Lebensmittel, jede Art Sport. Wir habe, aber die Situation es erfordert. springen von Ausnahme zu AusnahManchmal bekomme ich nichts runter.“ me. Anders geht es gar nicht. Ich Auch in der Kanzlei Füßer & Kollegen kann den Lkw-Fahrer, der viel sitzt, greift der Rechtsanwalt für Umwelt- und die Apothekerin ohne geregelte Baurecht zu Energy-Gels oder -Riegel, Mahlzeiten und den Profisportler wenn er bei mehrstündigen Sitzungen nicht über einen Kamm scheren. So individuell wie ihre Lebensweisen oder Gutachten viel Energie verbraucht. und ihr Alltag sind, so unterschiedAufklärung statt Drohgebärden lich sind ihre Therapiekonzepte“, Beim Diabetes Typ 1 zerstört das kör- sagt der Internist. Er setzt bei der Behandlung des pereigene Immunsystem die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse, in denen das Diabetes auf Schulungen, Versuch Insulin gebildet wird. Außerdem wenden der Veränderung von Verhaltenssich Antikörper gegen das Insulin und mustern und Ernährungsberatung: teilweise auch gegen seine Vorstufe, das „Diabetes ist eine lebenslange Pro-Insulin. Die Ärzte sprechen von Erkrankung. Regelmäßige ärztliche einem Diabetes-spezifischen Autoim- Untersuchungen und die gewissenhafte Selbstkontrolle sind munprozess. Dieser tritt für eine erfolgreiche häufiger zusammen mit Bewege ich oder Behandlung ausschlagweiteren AutoimmunDie Patienten prozessen auf, die sich werde ich bewegt – gebend. sollten wissen, was mit dann auch noch gegen diese Frage stellen ihrem Körper passiert andere Organe richten und wie sie darauf können, etwa gegen die sich Sportler nicht. reagieren können. Aus Schilddrüse. Dr. Tobias Wiesner diesem Grund bieten wir Wenn Vincent Hoyer Stoffwechselmediziner innerhalb unserer ganz10-km-Läufe in etwas heitlichen Betreuung mehr als 30 Minuten Diabetikerschulungen absolviert, ist ihm nichts und Ernährungsberatunanzumerken. Wenn er gen an. Wir motivieren, im Halbmarathon antritt, verlangt ihm das alles an Willenskraft ab. geben praktische Tipps und beziehen Im Unterbewusstsein läuft die Angst mit – auch Familienmitglieder, Lebenspartner vor dem Herzflattern, der Bewusstseins- und Freunde ein.“ Eigenverantwortliches trübung, der Schwäche, der Orientie- Handeln ist für Dr. Tobias Wiesner das A rungsstörung, dem Moment kurz vor der und O. Vorbei die Zeiten, als Diabetes Ohnmacht. „Ich bin feinfühliger und noch Siechtum und frühem Lebensende achtsamer geworden. Ich weiß, wann es gleichkamen. „Es kursiert viel Halbwisriskant wird. Deshalb kann ich auch über sen. Viele Patienten meinen, ihr Leben meine Grenzen gehen. Leistungssport einschränken und reglementieren zu und Diabetes sind eine Gratwanderung. müssen. Diese Vorstellung ist überholt. Aber ich habe einen Arzt an meiner Seite, Sport, Urlaub, Restaurantbesuche sind der mich ermutigt und nicht dogmatisch Diabetikern genauso möglich wie jederist. Vor zehn Jahren hat man mir noch ein mann.“ Die optimale Ernährung von DiabetiSchmalspurprogramm empfohlen – maximal dreimal die Woche etwas Sport. Doch kern und gesunden Menschen unterdie Erkenntnisse und Technologien in der scheidet sich heute kaum. Ein normales Diabetestherapie haben sich in den ver- Körpergewicht (Body-Maß-Index zwigangenen Jahren massiv verändert und schen 18 und 25) sollte angestrebt bezieverbessert. Es gibt neue Insuline, die es hungsweise gehalten werden. Wichtig ist ermöglichen, in Job und Familie genauso dies vor allem für Typ 2-Diabetiker, da mit steigendem Körpergewicht die Wirkung belastbar zu sein wie Nicht-Diabetiker.“ Dass sich Diabetes und Profisport nicht des Insulins abnimmt. Gemüse, ausschließen, beweisen Leistungsträger g l y k ä m i s c h wie der Olympiasieger im Gewichtheben, günstiMatthias Steiner, Boxer Enrico Kölling,

ges Obst wie rote Früchte, Ballaststoffe und Milchprodukte sollten – wie auch hochwertige pflanzliche und tierische Proteine – in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. „Gesunde Ernährung ist wichtig für eine erfolgreiche Diabetesbehandlung. Frisches Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte gehören ebenso wie Wildreis oder Kartoffeln zu den optimalen Ernährungsgrundlagen für Diabetiker. In vielen Fällen normalisieren sich gerade bei Typ 2-Diabetikern durch eine Umstellung der Essgewohnheiten die Blutzuckerwerte deutlich“, sagt Dr. Tobias Wiesner. Seine Devise: Du bestimmst den Diabetes, nicht er dich. „Das Thema Diabetes ist nicht gegessen, wenn der Patient mit einem Rezept aus der Praxis kommt, sondern mit einem Plan, wie er sein Leben und seine Einstellung dazu ändern will.“ Beim Diabetes Typ 2 liegt in der Regel eine Insulinresistenz zugrunde – das bedeutet, dass die Körperzellen nicht mehr so gut auf Insulin reagieren. Sie sind aufgrund falscher Essgewohnheiten mit vielen schnell-resorbierbaren Kohlenhydraten (vor allem Zucker) und in Kombination mit ungesunden Fetten ständig mit einem Überangebot an Blutzucker bombardiert worden und dadurch „abgestumpft“. Genauer gesagt haben sich die Rezeptoren für Insulin an den Zielzellen zurückgebildet.

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Häppchen und Snacks fordern Tribut Essen ist Liebe. Und die Liebe hört nicht auf. Wir essen aus Leidenschaft. Immer mehr, immer öfter. Das Verlangen gleicht einer Lust, einer Sucht und dient der Befriedigung. „Die Neurobiologie hat uns gezeigt, dass reichlicher Verzehr von Fettigem und Süßem dazu führt, dass das Gehirn Belohnungsstoffe ausschüttet, die ähnlich süchtig machen wie harte Drogen. Das gilt vor allem für die Kombination von fett und süß oder salzig und süß, zum Beispiel in Schokolade“, sagt der Stoffwechselmediziner. Das Wechselspiel aus Fehlernährung, Bewegungsmangel und genetischen Anlagen sind der Auslöser für Typ-2-Diabetes. Die Zahl der daran erkrankten Menschen in Deutschland wird nach neuen Berechnungen des Robert-Koch-Instituts Berlin und des Deutschen Diabetes Zentrums Düsseldorf

bis 2040 auf 12,3 Millionen ansteigen. Für Fachleute wie Dr. Tobias Wiesner ein Alarmzeichen: „Als ich anfing zu praktizieren galt Typ 2 als Altersdiabetes. Er traf Menschen ab 60. Mittlerweile behandle ich schon junge Erwachsene.“ Dass sich der Altersdurchschnitt seiner Patienten gewandelt hat, liegt nicht nur an sensibilisierten Hausärzten und einer verbesserten Früherkennung, sondern an einer Melange aus Maßlosigkeit, Müßiggang und Mühe-Scheu, die alle Schichten durchzieht. Kurzum: Die Häppchen-, Nasch- und Snack-Gesellschaft frisst ihre Kinder. Bratwurst auf die Hand, Coffee to go, Eis auf die Faust, Pizza zum Mitnehmen – die ständige Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln verführt Jung und Alt.

Hit hard and early heißt die Devise Dick und Diabetes - diese Gleichung stimmt oft, und doch kann das Klischee in die Irre führen. „Nicht jeder Dicke wird zuckerkrank und nicht jeder Schlanke ist davor geschützt.“ Stereotype führen für Dr. Tobias Wiesner dazu, dass die Krankheit und vor allem ihre Vorstufen in Deutschland oft unentdeckt und unterschätzt bleiben. Für Vorstufen gibt es messbare Signale wie zu hohe Blutzucker-, Blutfett- und Blutdruckwerte. „Aber auch Kollegen erliegen dem Diabetes-Klischee“, sagt Dr. Tobias Wiesner. „Bei schlanken Patienten tippen sie meist nicht auf die Zuckerkrankheit.“ Dabei würden erbliche Faktoren und auch die ethnische Zugehörigkeit unterschätzt. Diabetes Typ 2 schleicht auf leisen Sohlen heran. Bis er erkannt wird, können mehrere Jahre vergehen. Oft entdecken Ärzte die Krankheit zufällig bei einer anderen Untersuchung – wie bei Vincent Hoyer. Oder vor einer Operation, weil der Stress vor dem chirurgischen Eingriff den Blutzucker und Insulinbedarf in die Höhe treibt. Das Gleiche gilt für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch in solchen Situationen stellen Ärzte oft überraschend einen Diabetes fest. Von unerwarteten Nachrichten dieser Art hat Vincent Hoyer genug. Hit hard and early – die Devise der Amerikaner in der Diabetestherapie – ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Durch frühzeitiges, konsequentes Eingreifen kommt Vincent Hoyer gar nicht erst in bedrohliche Situationen. Zudem trägt er einen Glukose-Sensor, der sein Schutzengel geworden ist. Am 14. April – beim Leipziger Halbmarathon – wird er Vincent Hoyer auf Schritt und Tritt begleiten. Bis ins Ziel. Den ausführlichen Text sowie Hintergrund infos zu Diabetes und Hilfsangebote finden Sie unter www.lvz.de/fit-gesund

Spezialist für Stoffwechselkrankheiten

Foto: Christian Modla

Foto: MVZ

Das MVZ Stoffwechselmedizin Leipzig ist eine Spezialpraxis für Endokrinologie mit dem Schwerpunkt auf Diabetes mellitus Typ 1, 2, 3 und SchwangerDr. med. Tobias schaftsdiabetes. Wiesner Hier praktiziert Dr. Tobias Wiesner gemeinsam mit Dr. Kerstin Pirlich und Dr. Antje Spens. Nach seiner Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin speziali-

sierte sich Dr. Tobias Wiesner 2007 auf Endokrinologie/Diabetologie. Der 45 Jahre alte Mediziner war viele Jahre Teamleiter des Diabeteszentrums der Medizinischen Klinik III der Universität Leipzig. Seit 2008 arbeitet er als Internist mit dem Schwerpunkt Diabetologie am MVZ Stoffwechselmedizin. Er führt regelmäßig eine interdisziplinäre Sprechstunde zum diabetischen Fuß am Universitätsklinikum Leipzig durch. www.stoffwechselmedizin-leipzig.de;  Terminvereinbarungen Mo–Fr 8–12 Uhr

unter Telefon: 0341 271888-0; kontakt@stoffwechselmedizin-leipzig.de

UNSERE LANDÄRZTE

Fest vewurzelt in der Region Döbeln Dr. Danny Nummert-Schulze kümmert sich als Hausarzt in Hartha um rund 1000 Patienten VON LISA SCHLIEP

IMPRESSUM „Fit & Gesund“ ist ein Spezial der Zeitungen der Madsack Mediengruppe. LVZ-Projektleitung: André Böhmer Verkaufsleitung: Arne Frank, Thomas Jochemko Redaktion: Simone Liss Layout: Bert Klinghammer

HARTHA. In Leisnig geboren und aufgewachsen, ist der 37-jährige Hausarzt Dr. med. Danny Nummert-Schulze im ehemaligen Kreis Döbeln seit jeher fest verwurzelt. Einzig für sein Medizinstudium zog es ihn nach Leipzig. Seinen Facharzt für Innere Medizin machte er dann an der Helios-Klinik in seiner Heimat. Die eigene Hausarztpraxis im beschaulichen Hartha folgte 2015. Als Zweigstelle der medizinischen Versorgungszentren von Helios eröffnet, musste der Mediziner sich völlig neu etablieren und Vertrauen aufbauen. Heute betreut er 900 bis 1000 Patienten – ein normaler Schlüssel für die Region. Der

Mediziner ist einer von 21 Ärzten des regionalen Helios-Verbundes, die Telemedizin, also Sprechstunden via Internet, aktuell in ihren Praxisalltag integrieren. Bisher betreut er so ein bis zwei Patienten in der Woche. Zumindest einen Teil seiner Hausbesuche kann der 37-Jährige dadurch seit einigen Monaten einsparen. Gerade für die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Pflegeheimen ist die Online-Sprechstunde für ihn eine gute Option. „Oft werde ich gerufen, weil bei den Bewohnern plötzlich neue Gesundheitsveränderungen auftreten, die Unsicherheit hervorrufen.“ Die könne man auch mit einem Mausklick nehmen, ist er überzeugt. Er wünscht sich, dass das

gesamte Vorhaben weiter wächst. Eine engere Zusammenarbeit mit Fachärzten wäre Nummert-Schulzes persönliche Vision einer optimalen Nutzung der technischen Möglichkeiten. Der Mediziner weiß um den Mangel an Fachkräften in seiner Umgebung. „Neurologen, Augenärzte und Psychiater sind hier rar. Da müssen meine Patienten mitunter Wege bis in die nächste Großstadt auf sich nehmen.“ Trotz mancher Widrigkeiten ist er gerne Land- und vor allem Hausarzt. Dr. med. Danny Nummert-Schulze schätzt die Nähe zu seinen Patienten, die er sich durch jahrelange Behandlung und intensive Betreuung erarbeitet hat.

Dr. Danny Nummert-Schulze bei einer Videosprechstunde in seiner Praxis. Foto: Sven Bartsch

Alle bereits erschienenen Teile der Gesundheitsserie plus weitere Infos und Tipps für Ihr Wohlbefinden finden Sie im Internet unter www.lvz.de/fit-gesund


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