Thesis book Qendrim Gashi FS23

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Zusammen sind wir schöner

Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Thesisbuch

Frühlingssemester 2023

Von Qendrim Gashi

2 Zusammen sind wir schöner

Die vorliegende Arbeit untersucht die Konzeption einer flexiblen Struktur, die im Buch als "intelligente Ruine" bezeichnet wird und eine dauerhafte Verbindung mit dem Grundboden eingeht. Besonderen Wert wird auf den Erhalt des bestehenden Gebäudebestands gelegt, wobei drei Strategien entwickelt werden, um angemessen mit diesem Bestand umzugehen. Durch die Verknüpfung von Alt und Neu sowie die Konzeption der intelligenten Ruine stellt das vorliegende Thesisprojekt eine mögliche Antwort auf die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit dar. Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt, die jeweils die Herangehensweise des Thesisprojektes repräsentieren: Begegnen, Erhalten und Weiterbauen. Im Kapitel "Begegnen" wird der Standort und insbesondere die Gelatinefabrik näher beleuchtet. Im zweiten Kapitel, "Erhalten", wird erörtert, warum der Erhalt und die Weiterentwicklung eines Gebäudes massgeblich sind. Dabei werden sowohl Argumente aus dem Bereich des nachhaltigen Bauens als auch das Recht auf Erinnerung berücksichtigt. Im dritten Teil stützt sich die Arbeit auf zwei Referenzen: die Baustellenbilder von Rudolf Maeglin und der Fun Palace von Cedric Price. Aus den Referenzen wächst anschliessend die "intelligente Ruine". Dabei werden auch Themen wie die urbane Zukunft, die Öffnung der Gelatinefabrik und wandelbares Wohnen berücksichtigt. Die Erkenntnisse aus diesen beiden Kapiteln werden abschliessend in Form des Thesisprojektes präsentiert und erläutert.

3 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abstract

Thesisbuch Frühlingssemester 2023

Zusammen sind wir schöner

Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Verfasser

Qendrim Gashi

Schlössliring 1

6110 Wolhusen

Begleitung Thesisbuch

Prof. Dr. Oliver Dufner

Begleitung Thesisprojekt

Prof. Peter Althaus

Buchdruck

Gegendruck GmbH

Neustadtstrasse 26

6003 Luzern

Buchbinder

Gegendruck GmbH

Neustadtstrasse 26

6003 Luzern

Lucerne University of Applied Sciences and Arts

HOCHSCHULE LUZERN

Technik & Architektur

Technikumstrasse 21

6048 Horw

Master in Architektur

Frühlingssemester 2023

Datum: 16.06.2023

4 Zusammen sind wir schöner
5 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Inhalt Vorwort 7 1 Begegnen 11 1.1 G ewerbequartier Grüze 13 1.2 D ie Gelatinefabrik 19 1.3 Projektaufgabe 23 2 Erhalten 27 2.1 N achhaltiges Bauen 27 2.2 Erinnerungen 35 2.3 F lexible Strukturen 3 9 2.4 D ie urbane Zukunft 4 5 3 Weiterbauen 51 3.1 D ie Sehnsucht nach dem Unfertigen 55 3.2 I ntelligente Ruine 67 3.3 U mgang mit dem Bestand 71 3.4 D ie Öffnung der Gelatinefabrik. 87 3.5 Wandelbares Wohnen 97 Nachwort 4 Literaturliste 106 5 A bbildungsverzeichnis 108 6 Redlichkeitserklärung 111
6 Zusammen sind wir schöner

Vorwort

Die Schweizer Bevölkerung wächst. Laut dem Bundesamt für Statistik werden bis 2050 11.5 Millionen Menschen die Schweiz bewohnen. 1 Aufgrund der Zuwanderung und der zunehmenden Beliebtheit kleinerer Wohnungen wächst die Anzahl der Haushalte in der Schweiz jedes Jahr um etwa 55’000. Als Konsequenz werden bis zum Jahr 2026 voraussichtlich etwa 51’000 Wohnungen fehlen, was ungefähr der Anzahl der Wohnungen in der Stadt Luzern entspricht. 2 Neben dem Wachstum stehen die Städte heute vor der Herausforderung, für eine Gesellschaft attraktiv zu bleiben die dynamischer und individueller wird. Städte müssen Lösungen für die Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung finden und auf die steigenden Mobilitätsbedürfnisse eingehen. Gleichzeitig müssen sie Strategien für die Anpassung an den Klimawandel entwickeln, sich von fossilen Brennstoffen abwenden sowie Natur- und Freiräume erhalten und verbessern, die unter dem Druck von Klima und Verdichtung stehen.

Das vorliegende Thesisbuch beschäftigt sich mit den zentralen Themen unserer Zeit, nämlich dem Bevölkerungswachstum, der zunehmenden Urbanisierung sowie der Klima- und Identitätskrise. Diese Themen werden in drei Kapiteln ausführlich behandelt und im Rahmen des Thesisprojektes miteinander verbunden. Dabei wird die Arbeit mit dem Bestand als eine der wichtigsten architektonischen Aufgaben betrachtet. Es sollten nicht nur die von der Denkmalpflege geschützten Gebäude das Recht auf Erhalt beanspruchen. Vielmehr sollte der gesamte Gebäudebestand als eine wichtige kulturelle, energetische und soziale Quelle für die Gestaltung unserer zukünftigen Städte betrachtet werden.

7 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
1 BFS, 2021. 2 L aubacher, 2023. Abb. 1. Drei Entwicklungsszenarien der Schweizer Wohnbevölkerung bis 2050 Abb. 2. Entwicklungszenario der Privathaushalte nach Haushaltsgrösse

1 Begegnen

Die Stadt Winterthur, als sechstgrösste Stadt der Schweiz und zweitgrösste im Kanton Zürich, nimmt eine bedeutende Position ein im Wachstum Schweizer Städte. Nur 15 Kilometer südwestlich des Flughafens Zürich gelegen, fungiert der Bahnhof in Winterthur als wichtiger Verkehrsknotenpunkt und zählt zu den fünf meistfrequentierten Bahnhöfen der Schweiz. 3 In den letzten 25 Jahren hat sich Winterthur kontinuierlich weiterentwickelt und beherbergt derzeit fast 117’000 Einwohner, 75’000 Beschäftigte und über 10’000 Studierende. 4

Die Stadt erkennt das Potenzial dieser dynamischen Entwicklung und strebt die Verbesserung der städtischen und landschaftlichen Qualitäten weiter an. Zu diesem Zweck hat die Stadt die "Räumliche Entwicklungsperspektive Winterthur 2040" einberufen. Ein zentraler Schwerpunkt dieser Entwicklungsperspektive liegt auf die Stärkung der Quartiere, um ihre Identität und Attraktivität zu erhöhen. Dies umfasst die Förderung gemischter Nutzungen, die Entwicklung von Grünräumen, den Ausbau der sozialen Infrastruktur und die Förderung von erschwinglichem Wohnraum. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Förderung einer umweltfreundlichen Mobilität. Um die Verkehrsbelastung zu verringern, den CO2-Ausstoss zu reduzieren und eine nachhaltige Mobilitätskultur zu etablieren werden Strategien wie Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, die Förderung des Fahrradverkehrs, die Erweiterung von Fussgängerzonen und die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs angestrebt. Darüber hinaus wird die Bedeutung der Landschaftsqualität hervorgehoben. Winterthur ist von einer reizvollen natürlichen Landschaft umgeben, die es zu schützen und zu pflegen gilt. Die Stadt bemüht sich trotz des rasanten Wachstums die Naherholungsgebiete zu bewahren und auszudehnen, um einen unmittelbaren Zugang zur Natur sicherzustellen. 5

11 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Gegenwart und Zukunft
zwischen Vergangenheit,
3 Hochschule Luzern, 2023. 4 Stadt Winterthur, 2021 5 Stadt Winterthur, 2021 Abb. 3. Schwarzplan Stadt Winterthur Abb. 4. Schwarzplan mit Blick auf die Gelatinefabrik

1.1 Gewerbequartier Grüze

Das Quartier Grüze befindet sich im Stadtteil Oberwinterthur und hat sich seit dem Bau des Bahnhofs "Winterthur Grüze" zu einem für die Stadt Winterthur bedeutenden Gewerbe- und Industriegebiet entwickelt. 6 Neben den grossen Industriebauten wird das heutige Bild des Quartiers signifikant durch Einkaufszentren geprägt.

Dem Quartier Winterthur Grüze steht ein drastischer Wandel bevor. Sowohl das Quartier südlich des Bahnhofs als auch die angrenzenden Viertel nördlich der Bahngleise werden von diesem Transformationsprozess betroffen sein. 7 Bis zum Jahr 2030 wird das Quartier um den Bahnhof zu einem zweiten Zentrum heranwachsen und der Bahnhof Grüze wird zu einem der wichtigsten

Bahnhöfe der Stadt ausgebaut werden. Die geplante Entwicklung umfasst die Errichtung grosser, hoch aufragender Gebäude rund um den Bahnhof, die hauptsächlich für Dienstleistungen und Wohnungen genutzt werden sollen. Durch diese Veränderung erhofft man sich das Quartier zu einem lebendigen und pulsierenden Ort zu entwickeln. Besonderes Wert wird auf die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur gelegt. Durch die neue Busquerung über die Geleise werden zusätzliche Impulse für die Entwicklung des Gebiets generiert. Um die zukünftige Entwick-

6 Hochschule Luzern, 2023.

7 Stadt Winterthur, 2021

13 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 5. Luftbild Gewerbequartier Grüze
Stapeln
Nutzungen Quartierswerkstatt als Tre punkt zur Quartiersentwicklung Begrünte Mikroplätze Kreativnutzungen im Bestand Belebung der Erdgeschosse Einbindung Eulach Beruhigter Bereich St. Gallerstrasse Mobilitätsdrehscheibe mit lebendigem Bahnhofumfeld und neuer Gleisquerung Neuer S-Bahn-Halt Grüze Nord Sozialer Tre punkt Veloschnellrouten Anbindung Gutschick Anbindung BHF Grüze Win 4 Pocketpark Sulzerallee Klimaangepasste Freiräume Grüzepark Beruhigter Bereich Römerstrasse Gewerbehof mit Start-ups City-Logistik Gemischtes Quartier Grünring Neuhegi Sportanlage Deutweg 20
Abb. 6. Entwicklungsperspektive; Gewerbequartier und Bahnhöf Grüze
von gewerblichen

Kanton Zürich

GIS-Browser (https://maps.zh.ch)

Dufourkarte Letztausgabe 1939

© GIS-ZH, Kanton Zürich, 25.01.2023 15:43:22

Diese Karte stellt einen Zusammenzug von amtlichen Daten verschiedener Stellen dar. Keine Garantie für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität. Rechtsverbindliche Auskünfte erteilen allein die zuständigen Behörden.

Brückenplatz mit einer möglichen Bebauung

Querung Grüze mit einer möglicher Bebauung, analog dem Gestaltungsplan

Zusammen sind wir schöner

Massstab 1:25000

Zentrum: [2697583.15,1261439.96]

Bushaltestelle und Zugang zur S-Bahn Haltestelle Grüze

Querung Grüze ohne Departement Amt für Städtebau

Querung

St. Gallerstrasse

Neubau

Visualisierungen

Auflageprojekt

Gez. pr Gepr. rmk/pr Änderungen A

14
B C D E
c/o dsp Ingenieure & Planer Stationsstrasse 20 | 8606 Tel. +41 44 905 88 88 |
PLANERGEMEINSCHAFT

lung zu unterstützen, ist es wichtig, den Bahnhof und die neue Haltestelle Grüze Nord besser an das Fahrrad- und Fussgängernetz anzubinden. Eine durchgängige Veloverbindung von Hegi über Grüze bis ins Stadtzentrum wird errichtet, um eine direkte Anbindung zu gewährleisten und die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel zu fördern. 8

Abbildung Entwicklung Modal Split der Stadtbevölkerung Winterthur 2010 und 2015 gemäss Mikrozensus Verkehr sowie Ziel 2025 aus dem sGVK und Ziel 2040 gemäss «Winterthur 2040» (Mobilitätsverhalten nach Anzahl zurückgelegter Wege)

Die geplante Entwicklung rund um den Bahnhof wird auch positive Auswirkungen auf das Gewerbegebiet südlich der St. Gallerstrasse haben. Aktuell bestehend aus kleineren, eingeschossigen Hallen und mehrgeschossigen Bürogebäuden, wird das Gebiet eine Aufwertung erfahren. Durch die Neugestaltung und die geplante Errichtung von modernen Gewerbebauten wird dem Gebiet eine ansprechende urbane Atmosphäre verliehen. Ein weiterer Aspekt, der bei der zukünftigen Entwicklung berücksichtigt wird, ist die Etablierung von Grünräumen und die Integration von Bäumen. Dies wird laut Entwicklungsperspektive zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen und dem Quartier ein attraktives und einladendes Erscheinungsbild verleihen. 9

8 Stadt Winterthur, 2021

9 Stadt Winterthur, 2021

Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

15 Die
Abb. 7. Dufourkarte, 1939 Abb. 8. Entwicklungsplan Grüze mit Busquerung
eine hohe Mobilität für alle.
Abb. 9. Entwicklung des Mobilitätverhaltens
2010 2015 2020 Ziel für 2025 (sGVK) 2030 2035 Ziel für 2040 32 % 36 % 31 % 19 % 13 % 25 % 22 % 21 % 35 % 30 % 20 % m ax. 32 % 15 %

Kurzfassung

16 Zusammen sind wir schöner

Insgesamt soll die geplante Entwicklung des Quartiers Winterthur Grüze eine dynamische und positive Veränderung für die gesamte Stadt bedeuten. Es soll zu einem belebten Zentrum heranwachsen, das Wohnen, Arbeiten und Freizeitaktivitäten in einer attraktiven Umgebung vereint.

«Ziel ist es, mit sinnvollen Rahmenbedingungen, baumbestandenen Grünräumen und besseren Velo- und Fussverbindungen aus der Bautenansammlung ein kreatives, buntes, belebtes Gewerbequartier für Handwerk, urbane Produktion, Kreativwirtschaft oder City-Logistik zu machen. Dafür soll die Nutzungsdichte und -vielfalt beispielsweise mit gestapelten und auch ergänzenden Nutzungen fürs Quartier, wie Co-Working, Gastronomie oder Sport, erhöht werden. Besonders gefördert werdpublikumsorientierte Angebote in den Erdgeschossen.» 10

17 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
10 Stadt Winterthur, 2021 Abb. 10. Entwicklungsperspektive Winterthur 2040
2011 20112011 2011 Plakat
1910, Archiv Sulzerhof Aadorf/Geschichte
Gelatinefabrik 1992 4.3. Baugeschichtliche Daten Bau Ass.Nr. Baujahr Ursprüngliche Nutzung, Umbauten Winterthur, Gelatinefabrik ARIAS Industriekultur, Winterthur Gelatinefabrik um 1900, Blick gegen Osten, Sondersammlung Stadtbibliothek Winterthur
um
der

1.2 Die Gelatinefabrik

Das Gebiet um den Bahnhof Grüze entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Industriequartier der Stadt Winterthur. Die Gelatinefabrik, die im Jahr 1872 eröffnet wurde, spielte eine massgebende Rolle in diesem industriellen Aufschwung. Die Gründer strebten neben der Herstellung von Leim auch die Produktion hochwertiger Gelatine an. Ab 1892 erlebte die Fabrik einen Höhepunkt, als es sich auf die Herstellung von Gelatine für die Verwendung in fotografischen Filmen und Papieren spezialisierte. 11

Nach dem Ersten Weltkrieg sah sich die Gelatinefabrik mit einer anhaltenden Rohstoff- und Absatzkrise sowie sozialen Spannungen konfrontiert. Die Gelatinefabrik wurde durch die Autarkiebestrebungen und den Zweiten Weltkrieg weiter in die Krise getrieben. Trotz Bemühungen, die Produktionsanlagen und Gebäude anzupassen und zu renovieren, konnte der Betrieb nur bis in die 1970er-Jahre aufrechterhalten werden. 12 Die heterogene Struktur des Konglomerats aus einzelnen Gebäudeteilen aus den verschiedenen Phasen der Gelatinefabrik zeugt von diesem Prozess. Es handelt sich um ein typisches Beispiel einer etappierten Industriearchitektur, die ihren Ursprung bereits im 19. Jahrhundert hat.

Das Ensemble am Eulachufer, bestehend aus einem imposanten Hochkamin, einer kleinen Fabrikanten-Villa und den Arbeiterhäusern südlich der St. Gallerstrasse, die heute nicht mehr existieren, prägen das Quartier immer noch massgeblich und befindet sich folgerichtig im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung. Heute ist die Firma Keller Druckmesstechnik der grösste Nutzer der Gelatine-Räumlichkeiten.

19 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
11 Denkmalpflege Winterthur, 2011. 12 Denkmalpflege Winterthur, 2011. Abb. 11. Firmenplakat aus dem Jahr 1910 Abb. 12. Die Gelatinefabrik um 1900, Blick gegen Osten
20 Zusammen sind wir schöner
seite seite
Tröcknebau Südwest- und Südostfassade, E1131-128, 124
Fabrikhof, ehemalige Kalkerei, Ecke zur Tröcknefabrik,

Abb. 13. Das ehemalige Tröcknesaal-Gebäude auch S-Gebäude gennant

Abb. 14. Dialog zwischen Tröcknesaal und Kalkerei

Abb. 15. Die detailreiche Fassade des S-Gebäude

Abb. 16. zeitliche Schichten an einem Fenster

Abb. 17. Anbauten zur Eulach

21 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
22 Zusammen sind wir schöner

1.3 Projektaufgabe

Der Umbau der Gelatinefabrik bietet sich an um an einer neuralgischen Stelle im Stadtkörper Winterthurs über Erhalt, Teilerhalt und Bauteilwiederverwendung nachzudenken. Es ist wichtig diese Überlegungen vor dem Hintergrund nachhaltiger innerstädtischer Verdichtungen zu überprüfen.

Mein Ziel dieser Masterthesis ist es, wertvolle städtebauliche und architektonische Beiträge für ein zukünftiges urbanes und ökologisches Arbeits- und Wohnumfeld zu erarbeiten. Während der ersten Phase der städtebaulichen Untersuchungen liegt der Fokus insbesondere auf dem Verhältnis zwischen neuen Bauvorhaben und bestehenden Strukturen. Im Zuge einer nachhaltigen Verdichtung in der Innenstadt, die auf eine Verringerung des Autoverkehrs abzielt und gleichzeitig an einem verkehrstechnisch wichtigen Knotenpunkt angesiedelt ist, ist eine wesentliche Erhöhung der baulichen Ausnutzung unumgänglich. Dies führt zwangsläufig zu einem Konflikt im Umgang mit den vorhandenen Gebäuden und erfordert neue, zukunftsorientierte Ansätze.

Basierend auf dem Gestaltungsplan Umfeld Grüze, der lediglich eine Empfehlung für die Masterarbeit darstellt, soll eine hohe Durchmischung von Arbeits- und Wohnnutzung angestrebt werden. Dabei liegt besonderes Augenmerk auf den öffentlichen Bereichen im Erdgeschoss und dem Verhältnis zwischen öffentlichem und privatem Raum. Die erfolgreiche Integration in die angrenzenden Quartiere und die Einbindung der zukünftigen Haltestelle Grüze Nord in das Fuss-, Fahrrad- und Freiraumnetz sind zentrale Aspekte der Aufgabe. Die Verbesserung des Stadtklimas im Quartier ist ebenfalls von grosser Bedeutung für die Stadt Winterthur. Die Grüze weist einen Mangel an klimaangepassten und kühlenden Freiräumen auf und bietet daher Raum für neue Ansätze. Allerdings stellt sich die Frage, wie Schattierung und Entsiegelung erreicht werden können, ohne den noch immer spürbaren industriellen Charakter des ehemaligen Werkgeländes zu beeinträchtigen.

23 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 18. Hochkamin im Stadtbild
13
13 Hochschule Luzern, 2023.
24 Zusammen sind wir schöner

Die Gelatinefabrik Winterthur scheint viele der grundlegenden Fragen der aktuellen Arbeit von Architekt:innen zu vereinen. Neben der organischen Integration in einen bereits sehr vielfältigen, aber starken städtischen Kontext steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, wie Wohnen und Arbeiten miteinander zu vereinbaren sind. Unter anderem stellt sich die Frage, ob in der heutigen Zeit wieder angebracht wäre, dass eine Familienwohnung über einem Handwerksbetrieb im Stadtzentrum liegt.

25 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 19. Der aktuelle Bestandesplan der Gelatinefabrik, Erdgeschoss
26 Zusammen sind wir schöner

These:

Durch den Erhalt und Weiterentwicklung bestehender Strukturen wird nicht nur eine nachhaltige Baukultur gefördert, es entstehen und bleiben auch unverwechselbare Identitäten die zu verbesserten Lebensräumen gegenüber den kontextlosen Neubauten führen.

Die Geschichte der Gelatinefabrik ist geprägt von vielen zeitlich getrennten Überlagerungen, die oft schwer voneinander zu unterscheiden sind. Diese vorgefundene Komplexität regt an, sich an vergangene Veränderungen und Prozesse zu erinnern und sieht die Resilienz des Bestehenden als Chance, eine einzigartige Identität zu erzeugen.

2.1 Nachhaltiges Bauen

Gebäude zu erstellen und zu betreiben, verursacht 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses, den der Mensch zur Schaffung seines räumlichen Daseins verantwortet. In der Schweiz liegt der Anteil bei einem Drittel. 14 Entsprechend stark belasten die Gebäude die Umwelt und tragen insbesondere zur Klimaerwärmung bei. Nachhaltiges Bauen bedeutet nicht nur den Energiebedarf eines Gebäudes zu berücksichtigen, sondern bereits in der Planungsphase auf Nachhaltigkeit zu achten.

Wer einen Beitrag zum Klimaschutz leisten will, kommt nicht um die Fakten herum. Wie viel Kilogramm Treibhausgase ein Projekt verursacht, lässt sich jedoch schwierig berechnen. Trotzdem ist eine Architektur, die nicht darauf reagiert nicht mehr zeitgemäss. Die Verfolgung der Netto-Null-Emissionsziele ist ein anspruchsvolles Unterfangen, das einen entschlossenen Einsatz seitens der Auftraggeber:innen erfordert, das Fachwissen der Planer:innen und die innovativen Lösungen der Hersteller:innen, denn klima14 Herzog, 2021. S.8-11

27 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
2 Erhalten
Abb. 20.Weiterbauen als Collage mit der Refernz von Rudolf Maeglin

Kurzlebige Einwegbauwerke als temporäre Erscheinung des 20.Jahrhunderts. Thesenskizze als Uminterpretation von Leon Krier’s Skizze “Genealogy of the House – Temporary <refusal of the Archetype”, 1988. Upcycling, University of Liechtenstein.

28 Zusammen sind wir schöner
Rudolf
ReUse? ReUse?

1988

neutrales Bauen ist heute nicht möglich. 15 Weder Beton noch Glas können ohne Emissionen erzeugt werden, und ein Fundament und ein Fenster braucht jedes Haus. Beim klimagerechten Bauen liegt der Fokus nicht primär auf dem Energieverbrauch, obwohl dieser häufig im Vordergrund steht, sondern vielmehr auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Bei einem vorbildlichen Neubau entstehen mehr als 70 Prozent der Treibhausgasemissionen während der Bauphase, während es bei einem Umbau etwa 50 Prozent sind. Während es für viele ökologische und gesellschaftliche Anliegen bereits Gesetze, Normen und Standards gibt, fehlen bisher effektive Mechanismen zur Lösung des CO2-Problems, sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene. Obwohl der Betrieb eines Gebäudes gesetzlich geregelt ist, überlässt der Staat die Frage nach den grauen Treibhausgasemissionen, die bei seiner Errichtung freigesetzt werden, weitgehend dem Markt. 16

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Ressourceneffizienz. Nur selten denkt man daran, was mit den verwendeten Materialien passiert, nachdem das Gebäude, indem sich die Materialien befinden, nicht mehr gebraucht wird. Der Bauschutt, der bei Abrissarbeiten anfällt, ist heute häufig Sondermüll. Es ist erstrebenswert Gebäude so zu entwerfen, dass die verwendeten Baustoffe wiederverwertbar sind, ähnlich wie es früher üblich war. Allerdings ist es einfacher Ziegel vom Mörtel zu trennen als die heute üblichen Verbundfassaden in ihre Einzelteile zu zerlegen. Dabei spielt auch der Zeitaufwand und die damit verbundene Kosten eine entscheidende Rolle. Es scheint einfacher und günstiger, abzubrechen, zu entsorgen und neuzubauen. Deswegen sind Gebäude als Materialspeicher zu verstehen, in denen die verwendeten Materialien nur zwischengelagert sind, bis sie in einem anderen Gebäude zu erneuter Verwendung kommen. Um einen geschlossenen Kreislauf zu gewährleisten, ist es wichtig, Bauabfälle von vornherein zu berücksichtigen. 17 Dies bedeutet, dass die Konstruktionsweise, soweit möglich, additiv anstatt im Verbund sein sollte. Diese reversible Konstruktionsweise hat den Vorteil, dass die Materialien beim Abbau leicht in ihre Einzelteile zerlegt

15 Herzog, 2021. S.8-11

16 Herzog, 2021. S.8-11

17 von Borries; Kasten, 2019. S.95

29 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
Abb. 21. Skizze von Leon Krier "Genealogy of the House - temporary refusal of Archetype,

Bauen im Kreislauf

eigen, wie’s geht: den Baubestand erhalt en, weiter nutzen, ausgewählt ergänzen und so Ressourcen solange wie möglich in Gebrauch halt en. Damit beleben wir eine Tradition v on Baukultur, die sich heut e der Zukunft st ellt.

Weit erbauen im Bestand: Das Verlängern der Lebensdauer von Best ehendem dur ch gezielt es Weiterbauen, dur ch Adaption und Reparatur, hat erst e Priorität.

Ergänzen und Verbinden neuer Baut eile (Design f or Re-Use): Was wir mit ge zielt er Mat erialw ahl neu hinzuf ügen, wir d künftig wiederverw endet. Gebä ude von heut e sind Mat erialdepots von morgen.

Wie wir handeln

Zusammen sind wir schöner

Entwerfen mit Vorhandenem (Design mit Re-Use): Baut eile, die ber eits im Kr eislauf sind, w erden wieder eingesetzt in ihrem ursprünglichen Zweck oder in neuer Funktion.

Wir möcht en Mut und Lust machen f ür die Vielf alt zirkulärer Bauprinzipien: Für das Weiterbauen im Bestand, das Entwerf en mit Vorhandenem, sowie das Ergänzen von Neuem f ür die künftige Wiederverw endbarkeit der Baut eile Gemeinsam

ent decken wir was möglich ist mit dem, was da ist. Wir denken, planen und berat en, um Ort e und ihre Geschicht en weiter

30
Basil Rudolf
on 3

und entsprechend wiederverwendet werden können. Additive oder flexible Konstruktionen, die auf Stecken und Schrauben anstatt Kleben setzen, ermöglichen einfaches Umbauen, Austauschen, Anpassen oder Erweitern. Durch diese Herangehensweise kann ein Gebäude, insbesondere der Rohbau, eine längere Lebensdauer erreichen, indem es saniert, erweitert oder umgebaut wird.

Bei der Verwendung neuer Materialien sollte darauf geachtet werden, dass diese nachwachsen und sich einfach recyceln lassen. Die Verwendung von Holz als Baumaterial erweist sich auf verschiedenen Ebenen als sinnvoll und ist ein unverzichtbarer Bestandteil nachhaltigen Bauens. 18 Holz besitzt natürliche Eigenschaften, erfordert nur geringfügige Verarbeitung, ist nachwachsend und ein lokal verfügbarer Rohstoff, der aus regionalen Quellen bezogen werden kann. Ein weiterer Vorzug liegt in der Vielseitigkeit des Materials, das für Verkleidungen im Innen- und Aussenbereich, als statische Struktur, für Möbel, Innenausstattungen usw. verwendet werden kann. Zudem weist es im Vergleich zu anderen Baustoffen einen besseren Dämmwert auf und eröffnet sich mittlerweile selbst im Brandschutz vielfältigere Einsatzmöglichkeiten. Allerdings ist eine nachhaltige Forstwirtschaft eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass Holz als nachhaltiges Baumaterial genutzt werden kann.

Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Baumaterialien das gegenwärtige nachhaltige Bauen nicht einseitig prägen. Diese bestimmen nicht nur die Räumlichkeit und den architektonischen Ausdruck eines Gebäudes, sondern stehen auch für den Energieverbrauch des Gebäudes im Allgemeinen. Dementsprechend hat man sich in den letzten Jahren darauf konzentriert die Material- und Energieeffizienz voranzutreiben. 19 Die Betrachtung der Bedeutung der Lebensdauer eines Gebäudes wird jedoch oft ausgeblendet. Beim Bau eines Gebäudes wird der grösste Anteil an CO2 Emissionen bei der Erstellung der Tragstruktur verursacht. Folglich ist umbauen zumeist energieeffizienter als neu bauen. Die kurze Lebensdauer vieler Gebäude ist allzu oft bedingt von Entscheidungen in den frühen Planungsphasen und nicht von

18 Sommer, 2019.

19 Rinke, 2022.

31 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
Abb. 22. Erste Ideenskizze, Nutzung der Zwischendächer Abb. 23. Bauen im Kreislauf
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den später verwendeten Baustoffen. Damit ein Gebäude länger als 30 Jahre überleben kann, muss die Tragstruktur Flexibilität in Ihrer Nutzung über eine lange Verweildauer und multiple Verwendungszwecke gewährleisten können. Tragstrukturen aus Beton dürfen erstellt werden, falls die obengenannten Anforderungen eingehalten und Ihre Lebensdauer somit als unendlich betrachtet werden.

Unser Verständnis von Architektur und Städtebau wird vor allem von visuellen Aspekten geprägt, obwohl immer wieder betont wird, dass Elemente wie Raum oder Atmosphäre nicht direkt, sondern nur indirekt vermittelt werden können. Wenn man jedoch den Raum ernst nimmt, muss man seine physische Beschaffenheit berücksichtigen, anstatt nur nach seinem visuellen Erscheinungsbild zu suchen. Im Bereich der Physik des Bauens und Wohnens hat die Architektur im Vergleich zu traditionellen Bauformen Rückschritte gemacht. Aus diesem Grund sind hier einige Anhaltspunkte aufgeführt, wie nachhaltiges Bauen die physischen Eigenschaften der Umwelt respektieren kann. Ein zukunftstüchtiges Gebäude soll auch an heissen Tagen und Nächten, auf natürliche Weise, ein angenehmes Wohnklima ermöglichen können. Ein nachhaltiger Wärmehaushalt setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wie einer guten Beschattung und Sonnenschutz, um zu vermeiden, dass Räume durch direktes Sonnenlicht unnötig aufgeheizt werden oder dass die Sonnenwärme im Gebäude gespeichert wird. Die während des Tages gespeicherte Wärme kann durch Nachtauskühlung abgeführt werden. Ein angenehmes Hausklima kann nur entstehen, wenn die Umgebung tagsüber nicht zu stark aufgeheizt und nachts gut abgekühlt wird. Hierbei spielen die Wasserretention des Untergrundes und die Gestaltung von Grünflächen eine wichtige Rolle. Die Beschattung durch Laubbäume trägt wesentlich dazu bei, dass der Untergrund nicht überhitzt. Im Sommer spenden sie Schatten, während sie im Winter ihr Laub abwerfen und Licht und Wärme durchlassen. Dadurch leisten sie einen wertvollen Beitrag zum Klima des städtischen Aussenraums.

33 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
Abb. 24. Kopfbau Halle 118 in WInterthur, in situ

Sprache

Deutsch / Englisch

German / English

Bewertung

Benotete Projektarbeiten

21 ECTS

Marked project work

21 ECTS

34 Zusammen sind wir schöner
4
Gelatinefabrik in Winterthur. Gelatin facttory in Winterthur.

2.2 Erinnerungen

Der grösste Teil der Bauten der ehemaligen Gelatinefabrik besitzen keinen aussergewöhnlichen Wert. Bis auf das Tröcknesaal-Gebäude sind weder ihre architektonische Gestaltung noch ihre Konstruktion herausragend. Dennoch sind die Bauten ein wichtiger Teil der Geschichte von Oberwinterthur. Auch wenn es schwierig herauszulesen ist, erzählt jedes einzelne Gebäude aus einer anderen Zeit. Zusammen haben sie einen Platz in der kollektiven Erinnerung. Der Erinnerungswert ist ein wichtiger Denkmalwert. Daher lautet der erste Leitsatz zur Denkmalpflege in der Schweiz: «Der Mensch hat ein Grundbedürfnis nach Erinnerung. Sie stützt sich wesentlich auf Orte und Objekte» 20

Als Individuum und als Mitglied einer Gemeinschaft benötigt der Mensch Erinnerungen, um die Zukunft zu gestalten. Das gesamte historische Erbe des Menschen bildet einen Erinnerungsschatz. Er umfasst sowohl ortsgebundene als auch bewegliche Objekte sowie immaterielle Zeugnisse wie Sprache, Musik und Bräuche. Materielle Erinnerungsstücke spielen eine bedeutende Rolle im Prozess der individuellen und kollektiven Erinnerung. Daher hat jeder Mensch das Recht auf den Zugang zu diesen Objekten und ihre Bewahrung durch die Gemeinschaft. Besonders ortsgebundene und öffentlich sichtbare Objekte begleiten den Menschen auf intensivere Weise durch ihr physisches Vorhandensein. Sie halten die Erinnerungen aufrecht und können nicht einfach übersehen oder beiseitegelegt werden.

Die Erhaltung der Authentizität eines Objekts ist von grundlegender Bedeutung, um sowohl gegenwärtigen als auch zukünftigen Generationen die Möglichkeit zu geben, seine vielschichtige Natur zu erkennen und zu interpretieren. Durch diese Erkenntnis und Interpretation entsteht die Chance für ein umfassendes und stets erneuertes Verständnis des Objekts. Es ist nur dann möglich, ein Gebäude als Ausdruck bestimmter historischer Umstände zu betrachten und diese Interpretation zu überprüfen, wenn seine historisch bedeutsame Materialität und Substanz bewahrt werden. 21 20 EKD, 2007. 21 EKD, 2007.

35 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 25.Die Gelatinefabrik, Stich, 1895 Abb. 26. Erste Ideenskizze
36 Zusammen sind wir schöner

Abb. 28.Erste

Der Wert eines Gebäudes setzt sich aus verschiedenen Eigenschaften zusammen. Hierzu zählen unter anderem die kulturelle Bedeutung, die historische Nutzung, die Aussage über spezifische soziale Schichten, Einzelpersonen oder Institutionen, die handwerkliche oder künstlerische Qualität sowie die Positionierung innerhalb eines Quartiers oder in der Landschaft. Geschichtlichen Zeugnissen aus jüngerer Vergangenheit kann ein ebenso hoher Erinnerungswert zugesprochen werden wie älteren Objekten. Die älteren Komponenten eines Hauses sind nicht per se wertvoller als die neueren; auch frühere Um- und Weiterbauten können historisch bedeutsame Zeugnisse darstellen. Die Präsenz und aktive Nutzung von historischen Bauten wirkt sich auf das gegenwärtige gesellschaftliche Leben aus und trägt zu seiner Formung bei. Die Erhaltung von Denkmälern, einschliesslich möglicher Erweiterungen oder Anpassungen, stellen einen integralen Bestandteil der gegenwärtigen Kultur dar. Infolgedessen erlangen sie den Status zeitgenössischer Beiträge und dienen als bedeutungsvolle Zeugnisse der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse und Veränderungen. 22 Wie und wann wird entschieden, etwas abzubrechen, um- oder neu zu bauen?

37 Die Gelatinefabrik Winterthur:
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
22 EKD, 2007.
Abb. 27. Luftbild der Gelatinefabrik, 1924 Ideenskizze, Verbindung mit der Eulach
38 Zusammen sind wir schöner

2.3 Flexible Strukturen

Die Flexibilität eines Gebäudes bezieht sich darauf, wie gut seine Struktur in der Lage ist, sich an unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen anzupassen. Ein flexibles Gebäude soll auf Veränderungen im Nutzungsbedarf reagieren können, indem es seine Räumlichkeiten und Funktionalitäten anpasst, ohne dass grössere bauliche Veränderungen erforderlich sind. Es gibt verschiedene Techniken und Konzepte, die bei der Gestaltung von flexiblen Gebäuden eingesetzt werden können. Dazu gehören modulare Bauteile, die sich leicht austauschen und anpassen lassen, sowie flexible Innenraumgestaltung mit verschiebbaren Wänden oder modularen Einheiten. Flexibilität kann durch die Berücksichtigung von zukünftigen Entwicklungen und Veränderungen in der Umgebung erreicht werden. Eine gute Planung kann dazu beitragen, dass eine Struktur länger genutzt werden kann als ihren ursprünglich zugewiesenen Nutzen.

Häufig wird die Tragstruktur mit Knochen verglichen, was durch den Vergleich mit einem Skelett verdeutlicht wird. Wie die Knochen im menschlichen Körper stützt und stabilisiert die Tragstruktur ein Gebäude. Sie ist das, was übrigbleibt, wenn andere Elemente verschwinden. Die Knochen sind jedoch nur Einzelobjekte, die ihren Nutzen erst in der funktionalen Verbindung mit anderen Teilen des Körpers erfüllen. Ähnlich verhält es sich bei der Tragstruktur eines Gebäudes, die nur in Zusammenarbeit mit Fassade, Gebäudetechnik, Ausbauten und der Nutzung ihre volle Stabilität erreicht. Muskeln und Bänder halten die Knochen im Körper zusammen und in Position, ähnlich wie bei einem Gebäude die anderen Funktionsschichten eine wichtige Rolle spielen. 23

Wie Knochen haben Tragstrukturen nur in ihrem Kontext und für eine bestimmte Funktion einen Sinn. Das wird deutlich bei den Diskussionen in der Denkmalpflege über den Erhalt ungenutzter Kulturdenkmäler oder dem Leerstand von Bürogebäuden in vielen Innenstädten. Strukturen und ihre Gebäude benötigen nicht nur eine Funktion, sondern auch Flexibilität für funktionale 23 Rinke, 2022.

39 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 29.Analytische Darstellung des menschlichen Skeletts
40 Zusammen sind wir schöner

Veränderungen. 24 In seiner Studie, wie sich die Gebäude nach dem Bau verändern hielt Stewart Brand fest; "All buildings are predictions. All predictions are wrong" 25 . Die eng nach dem vorgegebenen Raumprogramm geplante Funktion und Raumgestaltung kann der tatsächlichen Nutzungswirklichkeit nicht standhalten. Bauelemente wie Fassade, Gebäudetechnik, Tragstruktur oder Ausbauten können bei späteren Anpassungen und Veränderungen zu Problemen führen, da sie jeweils von eigenen Rhythmen der Existenz abhängig sind. Brand nannte sie "scherende Schichten des Wandels". 26 Je enger sie miteinander verbunden sind, desto grösser ist das Problem. Bauteile unterschiedlicher Funktionen sollten innerhalb des Gebäudes handlich bleiben. Tragwerk und Architektur sollten als getrennte Möglichkeitsräume für verschiedene konkrete Architekturen betrachtet werden, zu denen sie jeweils besondere Qualitäten beisteuern, deren architektonische Konstellationen sie aber immer überdauern. Das Tragwerk und die Architektur trennen sich in diesem Fall nie räumlich und sinnlich, sondern nur zeitlich.

24 Rinke, 2022.

25 Brand, 1995. S.365

26 Brand, 1995. S.365

41 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 30. Analytische Darstellung der Venen

Heute leben über die Hälfte der Menschen in Städten und die Welt wird zunehmend urbanisiert. In den wohlhabenden westlichen Ländern ist die Urbanisierung sogar noch weiter fortgeschritten. 27 Es ist vorstellbar, dass in der Zukunft alle Menschen in Städten leben werden. Weil Raum begrenzt ist, wird die Stadt der Zukunft nicht nur in der Fläche wachsen, sondern auch an Dichte zunehmen. Die Herausforderung besteht darin, wie die Städte verdichten werden sollen. Die Art und Weise der Urbanisierung ist eine wichtige Komponente für die Zukunftsgestaltung. Die daraus folgende höheren Bevölkerungsdichte erfordert nicht nur eine neue Organisation von Flächen und entsprechenden Infrastrukturen, sondern auch eine Vielfalt an kulturellen, religiösen und sozialen Hintergründen. Es ist wichtig zu berücksichtigen, was bereits vorhanden ist, um Veränderungen vorzunehmen.

45 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
2.4 Die urbane Zukunft 27 von Borries; Kasten, 2019. S.34 Abb. 31. Die neue dauerhafte Tragstruktur in der Gelatinefabrik Abb. 32. Die zukünftige Stadt, Still aus Blade Runner 2049 Abb. 33. Grafik, Verstädterung der Welt
46 Zusammen sind wir schöner

Die Stadt symbolisiert Freiheit, Wohlstand und Wachstum und ist die Geburtsstätte von Demokratie, Kultur und Fortschritt. Aus diesem Grund zieht sie viele Menschen an. Die Stadt ist jedoch nicht nur geprägt durch ihre positiven Entwicklung, sondern auch durch negative Einflüsse wie die Zerstörung oder Verdrängung von Tier- und Lebensräumen, Luftverschmutzung sowie Gentrifizierung, was bedeutet, dass sozial Schwächere oft ausgeschlossen und abgeschoben werden. Es ist wichtig zu betonen, dass der ökologische Aspekt einer Stadt nicht vernachlässigt werden darf. Laut den Stadtplanern von Borries und Kasten werden drei Viertel der weltweit produzierten Energie in Städten verbraucht und etwa 80% der CO2-Emissionen dort ausgestossen. Aufgrund ihrer Rolle als räumliches, soziales und kulturelles Konstrukt ist die Stadt auch der Ursprung und Verursacher vieler der heutigen Probleme, mit denen wir konfrontiert sind. 28

Werfen wir einen Blick auf Google Maps sehen wir die Erde als einen kugelförmige Form, deren Oberfläche hauptsächlich von Wasser bedeckt ist. Zwischen den Wassermassen erstrecken sich die Kontinente, die aus verschiedenen Landschaftsformen wie Wüsten, Gebirgen und Wäldern bestehen. Nur vereinzelt sind Städte zu erkennen. Dieses Bild der Erde entspricht nicht mehr der Realität und beim Heranzoomen in eine Metropolregion offenbaren sich dichte Ansammlung von Siedlungen. Die gesamte Oberfläche ist von menschlicher Aktivität und urbanen Siedlungsstrukturen geprägt. Selbst die vermeintlich offenen Räume werden durch Verkehrswege durchschnitten, die die verschiedenen Siedlungskerne miteinander verbinden. 29

Die Stadt der Zukunft ist heterogen und strebt nicht nach einem einheitlichen Stadtbild, sondern ist bewusst unabgeschlossen. Sie lässt Lücken und Freiräume, die Raum für die Entstehung von Neuem bieten. Denn wenn in der Gegenwart bereits alles festgelegt ist, dann bleiben für die Zukunft keine Optionen mehr offen. 30 Eine moderne Stadtgesellschaft ist dann gut, wenn sie als Spiegelbild einer modernen Demokratie dient, in der alle StimmenFrauen und Männer, Junge und Alte, Arme und Reiche, Menschen

28 von Borries; Kasten, 2019. S.39 29 von Borries; Kasten, 2019. S.46 30 von Borries; Kasten, 2019. S.132

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Abb. 34. Bedeckte Landschaft mit Solarpanele, Still aus Blade Runner 2049
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unterschiedlicher Ethnien und sozialer Milieus - harmonisch und glücklich miteinander klingen können. Der urbane Lebensraum sollte für alle ein sicherer und inspirierender Ort der sozialen Begegnung sein. Die Qualität der öffentlichen Räume hängt eng mit der Vielfalt der Menschen und Aktivitäten zusammen, die in ihnen zusammenkommen.

Die europäischen Stadte wie wir sie heute kennen, sind Produkte der Industrialisierung. Die Errichtung von Fabriken in Städten führte zur Entstehung von Arbeitsplätzen und zur rasanten Bevölkerungszuwanderung. Jedoch ist diese Art der materiellen Produktion in den letzten Jahren vermehrt aus den westlichen Städten abgewandert und sich auf andere Kontinente verlagert, was zur Folge hat, dass dort neue Millionenstädte entstehen. Der Strukturwandel zu einer postindustriellen Dienstleistungsgesellschaft und die damit einhergehende Verlagerung von Produktionsstätten und Arbeitsplätzen aus dem sekundären Sektor hat grundlegende Auswirkungen auf die Zusammensetzung und das Erscheinungsbild der Städte. Die urbane Umgebung fungiert als ein Ort der Produktion, der ohne den Einfluss der Industrialisierung nicht das gleiche Wachstum erfahren hätte. 31 Dennoch haben sich die Anforderungen an postindustrielle Städte verändert und Fabriken werden aus dem städtischen Raum verbannt, weil die Bodenpreisen stetig steigen. In Hinblick auf die künftige Stadtentwicklung ist es notwendig, die Konzeption der Arbeit zu überdenken und sie erneut in die Struktur der Stadt zu integrieren.

49 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart und
31 von Borries; Kasten, 2019. S.102 Abb. 35. Verweben von Bestand und Neubau; Teppich von Anni Albers

Im Umgang mit historischen und industriellen Bauten ist es selbstverständlich, das Vorhandene zu nutzen und weiterzuentwickeln. Die Herangehensweise, auf dem Bestehenden aufzubauen und nur dann zu zerstören, wenn es notwendig ist, führt zu einer freien Architektur und schafft eine Struktur, die sich im Laufe der Zeit sanft wandelt und transformiert. Dabei wird angestrebt, eine hohe Dichte zu erreichen, die Unterschiede und Nutzungsüberlagerungen erlaubt und die Interaktion zwischen den Orten fördert. Eine solche Verdichtung erzeugt soziale Orte der Nähe und Nachbarschaft, die die Gemeinschaft stärken und erschwinglichen Wohnraum schaffen. Zusammen mit der bestehenden Bausubstanz bietet sich die Chance, den Ort in seiner Identität zu verstärken und auf das Vorhandene wertschätzend einzugehen.

Jedes Gebäude, auch das innovativste, wird als Überlagerung eines Ortes realisiert, als Anpassung einer Topografie, als Transformation einer bestehenden Räumlichkeit, als Projektion kultureller Einflüsse. Gebäude werden immer als Ergänzungen zu irgendetwas gebaut wobei Architekt:innen in gegebene inkohärente Situationen eingreifen. Geschichte und Theorie der Architektur sind eng mit den überlieferten Gebäuden verbunden, die im Laufe der Zeit ständig angepasst wurden. Ein Beispiel aus Winterthur sind die Fabrikbauten der einstigen Lokomotivefabrik, die heute zu Wohnungen umgebaut wurden.

Architektonische Ergebnisse sind lebendig und nicht ein für alle Mal abgeschlossen, sondern verfügbar und erneuerbar. Architektur ist per Definition nie fertig.

51 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
3 Weiterbauen
Abb. 36. Der ArchimedesPalimpsest
52 Zusammen sind wir schöner blumen- & gemüseladen velomech / shop galerie café bibliothek töpferei möbelschreiner
53 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
siebdruck-atelier
handwerker co-working sanitär & stromer gemeinschaftsraum Abb. 37. Der Erdgeschossplan der Gelatinefabrik nach den Interventionen
54 Zusammen sind wir schöner

3.1 Die Sehnsucht nach dem Unfertigen

Rudolf Mäglin

Rudolf Mäglin war ein Schweizer Künstler, der für seine sogenannten Skelettbau-Bilder bekannt ist. Der gelernte Arzt spielt in der Kunstgeschichte von Basel und der Schweiz eine besondere Rolle. Sein Werk ist sowohl stilistisch als auch thematisch schwer einzuordnen und entzieht sich jeder Kategorisierung. Obwohl er ein Gründungsmitglied der bedeutenden Künstler- und Architektenvereinigung "Gruppe 33" war und seit den 1960er Jahren auch kommerziellen Erfolg hatte, ist er weder für typisch schweizerische Motive bekannt noch repräsentiert er eine der wichtigen Kunstbewegungen der Nachkriegszeit. 32

Die Baustellenbilder von Rudolf Maeglin erzeugen eine unheimliche Stimmung und verbreiten eine gewisse Melancholie. Möglicherweise liegt es daran, dass die Baustellen auf den Bildern in einem Zustand des Stillstands verharren. Die Bewegungen des Bauablaufs sind auf der Leinwand wie erstarrt. Die Kräne stehen stumm in den Himmel und tragen häufig keine Last. Die Baustellen auf Maeglins Bildern sind seltsam leer. In der Regel sind nur zwei oder drei Arbeiter zu sehen, einsam mit einem Presslufthammer, einer Schaufel oder einer Schubkarre beschäftigt. Es ist keine hektische Aktivität einer belebten Grossbaustelle zu erkennen, sondern vielmehr eine eigenartige Ruhe, in der der berühmte Lärm einer Baustelle fehlt. Die Stille in den Bildern ist eng mit ihrer "Komponiertheit" verbunden, was besonders deutlich wird, wenn man die Menschen in den Bildern betrachtet. Es scheint, als wären die Arbeiter eher an den Stellen beschäftigt, die für die Bildkomposition richtig sind, anstatt für den Arbeitsablauf oder den Bauvorgang selbst. Dasselbe gilt auch für die Maschinen, insbesondere für die Kräne. Es offenbart sich ein Stillleben aus Architektur, Baugeräten und Handwerkern. Auf dem Bild «Baustelle Ciba-Geigy, 1938» ist dies sehr deutlich zu erkennen. Die Arbeiter sind so platziert, dass ihre Position sich mit einer diagonalen Linie verbinden lässt. Auch das Baugerüst und die dahinterliegende Stahlstruktur weisen symmetrisch diagonal

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32 Christ, 2021. S.13
Abb. 38. Rudolf Maeglin; Baustelle Ciba-Geigy, 1939
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Abb. 39. Rudolf Maeglin; Baustelle Ciba-Geigy, 1938
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verlaufende Streben auf. Es enthüllt sich ein geometrisches System in dem Menschen und architektonische Elemente eingebunden sind, wodurch die Menschen selbst zu einem Teil der Architektur und Kunst werden. 33 Auch die drei Baukräne am oberen Bildrand folgen einem architektonischen Plan, indem sie sich mit nach oben gerichtetem Ausleger zur Bildmitte hindrehen und so das Bild gegen den Himmel fassen. Das zentrale Motiv ist jedoch der im Bau befindliche Neubau, bestehend aus drei skelettartigen Körpern. Die Gerüste dienen als zweite Haut vor der Neubaufassade und zeigen den Massstab der mächtigen Industriebauten. Die farbliche Betonung des roten Stahlbaus vor dem blassblauen Himmel rückt das tektonische System von Tragen und Lasten, von Stützen und Trägern in den Fokus, was die Essenz der Architektur darstellt. Die Skelettbauten in ihrer nackten Schönheit zelebrieren so das Architektonische schlechthin. Ausserdem können sie auch als Ruinen des Fortschritts betrachtet werden. 34 Es besteht zweifellos eine gewisse Verbindung zwischen der Baustelle und der Ruine, da beide den Zustand des Unfertigen und Vergänglichen verkörpern. Während die Baustelle sich noch im Entstehen befindet, repräsentiert die Ruine bereits das, was einmal war. Wenn wir aber die zeitlichen Perspektiven ausser Acht lassen, werden Baustelle und Ruine in gewisser Hinsicht identisch. Beide besitzen eine offene und unvollkommene Architektur die ein Gefühl von Transparenz, Leichtigkeit und räumlicher Tiefe vermitteln. Sie strahlen eine Sehnsucht danach, den Baustellenzustand für immer zu bewahren. Der Zustand des Unfertigen ist oft die schönste und reinsten Form des architektonischen Projekts. Die Baustelle strahlt eine optimistische und konstruktive Atmosphäre aus, und am wichtigsten ist, dass noch nicht alles da ist und etwas offenbleibt. Es gibt noch Raum für die Fantasie und die Möglichkeit, etwas zu ändern und möglicherweise zu verbessern. Die suggestive Offenheit des unfertigen Bauzustandes kann deshalb oft befreiend und ermutigend sein, ähnlich wie bei einer Skizze. 35

33 Christ, 2021. S.33

34 Christ, 2021. S.37

35 A rchitektur Basel, 2021.

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zwischen Vergangenheit,
Abb. 40. Rudolf Maeglin: Die Dreirosenbrücke mit grossem Kran, 1933 Abb. 41. Rudolf Maeglin: Das neue Gaswerk im Bau, 1931
60 Zusammen sind wir schöner

Cedric Price

Es ist verständlich und tief in der Essenz der architektonischen Kreativität verwurzelt, dass die Sehnsucht nach dem Unfertigen einen Antrieb für zahlreiche Architekt:innen darstellt Visionen und Utopien zu entwickeln. Einer der bekanntesten Visionären ist Cedric Price. In seinen ersten Projekten zog Price erste Schlussfolgerungen über die zeitgemässe Gestaltung von Wohnhäusern. Als beide Projekte kurz nach der Fertigstellung umfassende Veränderungen durch ihre Besitzer erfuhren, erkannte Price die Starrheit der gewählten Raumstruktur. 36 Diese Erfahrungen mit der Umnutzung seiner Projekte führten ihn dazu, sich in den folgenden Jahren intensiv der Entwicklung einer anpassungsfähigen Architektur zu widmen. Mit der Publikation des Fun Palace erlangte Price über Nacht internationale Bekanntheit und der Fun Palace wurde als wegweisendes gesellschaftliches Projekt am Beginn einer neuen Epoche bezeichnet. Indem es die Vorstellung eines bevorstehenden gesellschaftlichen Wandels vermittelte, das auf den technischen Innovationen von Massenmarkt und Massenmedien gründete, traf das Projekt den Nerv seiner Zeit.

Das Projekt sollte den Bewohnern des östlichen Londons ein grosses, flexibles und wandelbares Gebäude zur Verfügung stellen, eine "University of the Streets" oder ein "Laboratory of Fun", wie es von Price genannt wurde. 37 Es sollte ein Ort geschaffen werden, der zum Experimentieren und Vergnügen einlädt. Die Architektur seines visionären Gebäudes beschrieb Price als eine umfangreiche Infrastruktur, einen flexiblen Rahmen, in dem verschiedene Nutzungen und Aktivitäten stattfinden könnten. Die Schnittperspektiven zeigen bewegliche Vortragssäle und Bühnen, die von der Decke einer offenen Stahlstruktur hängen. Mit einem Schiffskran, der das Dach des Hallentragwerks quer überspannt, können die verschiedenen Raumelemente, Stege und Plattformen zu unterschiedlichen Kompositionen zusammengestellt werden. Es entsteht das Bild einer Architektur, die sich ständig in Bewegung befindet und sich immer wieder verändern kann. Price verfolgte mit diesem Entwurf die gleiche Idee, die ihn bereits bei seinen Wohnhausentwürfen antrieb. Durch den Einsatz einer

61 Die Gelatinefabrik Winterthur:
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36 Herdt, 2017. S.14 37 Christ, 2021. S.36
Abb. 42. Innenperspektive des Fun Palace Abb. 43. Cedric price; Skizze des Fun Palace mit technischer Ausstattung und Hülle in Pink und Orange, 1964
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Abb. 44. Fun Palace; Perspektive für den Standort am Lea River, 1964
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offenen Raumstruktur und moderner Technologien strebte er nach einer flexiblen Raumorganisation, die den individuellen Bedürfnissen der Nutzer unmittelbar gerecht werden konnte. Die Ausstattung des Fun Palace wurde mit dem Ziel entwickelt, den Menschen in ihren kulturellen Ausdrucksformen und ihrem Bedürfnis nach Gemeinschaft anzusprechen. Die Vision umfasste die Idee einer Kulturproduktion "von unten". Statt die Angebote des Fun Palace passiv zu konsumieren, sollten die Besucher aktiv daran teilhaben und sie mitgestalten können. Dadurch sollte ein Ort des Vergnügens und der Bildung entstehen, der die Trennung zwischen Hochkultur und Alltagskultur überwindet und somit auch die sozialen Schranken der britischen Klassengesellschaft durchbricht. Die Architektur des Fun Palace wurde von Anfang an ohne spezifische Vorgaben für ein Raumprogramm entwickelt. Stattdessen lag der Fokus auf die Offenheit des Gebäudes als grundlegendem Gestaltungsprinzip. 38 Die Architektur diente lediglich als funktionale Infrastruktur, um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, ihren individuellen Interessen nachzugehen.

Price träumte von einer ewigen Baustelle. Dieser Traum ging damals in London nicht in Erfüllung, aber zehn Jahre später fand die Vision einer permanenten Baustelle in Paris grossen Anklang. Renzo Piano und Richard Rogers präsentierten 1971 ihren Entwurf für das Centre Georges Pompidou und hatten mit ihrer flexiblen Infrastruktur einen durchschlagenden Erfolg, der bis heute anhält. Tatsächlich hat ein flexibel konzipiertes Gebäude eine besondere Qualität. 39 Obwohl es im Alltag oft kaum oder nur mit grossem Aufwand umgebaut wird oder sogar unverändert bleibt, trägt es die Möglichkeit der Veränderung in sich. Allein diese Möglichkeit, auch wenn sie oft nur theoretisch ist, vermittelt dem Betrachter und Nutzer ein Gefühl von "alles ist möglich". Der Zustand der Veränderbarkeit öffnet Räume auch im übertragenen Sinne.

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38
Herdt, 2017. S.24-29 39 Christ, 2021. S.36
Abb. 45. Renzo Piano und Richard Rochers; Centre Pompidou Paris
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3.2 Intelligente Ruine

Wie bereits im vorigen Kapitel festgestellt gibt es eine Verbindung zwischen der Baustelle und der Ruine, da beide den Zustand des Unfertigen und Vorübergehenden verkörpern. Der belgische Architekt Bob Van Reeth bezeichnet solche wandelbaren Strukturen in einem Text in dem er «gute Architektur» definiert, als intelligente Ruinen. Sie vergehen nicht in der Zeit, die Zeit vergeht in ihnen. Die Strukturen sind geradlinig und grosszügig. Deren Aufgabe ist nicht formal, sondern bautechnische Probleme zu lösen. Die Auseinandersetzung mit der Willkür formaler Erfindungen wird dadurch vermieden. Die Strukturen weigern sich gestaltet zu werden und bewahren sich vor künstlicher Homogenität.

«Ein Gebäude ist eine Möglichkeit, ist förderlich, vorzugsweise unauffällig, still, ist willens, befreit den Raum, vermittelt. Ein Gebäude als intelligente Ruine. […] Gute Gebäude verbergen den täglichen Gebrauch, sie sind stabil und widerspenstig, widerwillig verteilend und (in Anlehnung an Kant) ‹Zweckmässigkeit ohne Zweck›. Darin liegt die Qualität ihrer Dauerhaftigkeit, ihrer kulturellen Nachhaltigkeit, die ihnen Würde verleiht. Die Zweckmässigkeit verlangt nach dem richtigen Massstab, einer äussersten Präzision, die alles offenlässt, was nicht vorhersehbar ist.» 40

In diesem Sinne ist der Entwurf der Tragstruktur nicht nur die konzeptionelle Verbindung von Raum, Zeit und Massstäben, sondern auch die taktile Grundlage, die durch verschiedene Ereignisse an einem Ort transzendiert wird. Nutzungen, Materialien und Menschen fliessen durch sie hindurch, verdichten sich, wachsen und entwickeln sich ständig weiter. In den 1960er Jahren präsentierte Cedric Price seine Vision einer Architektur für die Gesellschaft, welche Gitterstrukturen zeigte, die verschiedene Nutzungen implizierten. Die Menschen sollten den Fun Palace für ihre Zwecke nutzen und ihn sich aneignen. Wandlungsfähige Strukturen müssen jedoch nicht zwangsläufig grosse Hallen sein, da der notwendige Wandel jedes Gebäude betrifft. Price war der Überzeugung, dass kein Gebäude für immer bestehen sollte, da

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40 Van Reeth, 2013. S.120-121. Abb. 46. Amélie Labourdette; Empire of dust, 2015 Abb. 47. Amélie Labourdette; Empire of dust, 2015

es nur den Bedürfnissen seiner Nutzer dient und irgendwann natürlich sein Lebensende erreicht. Heute haben wir mit dem Streben nach nachhaltigen Architekturen andere Anforderungen, nämlich die Nutzungsdauer von Gebäuden und Bauteilen sinnvoll zu verlängern. Neben der dringenden Debatte um nachhaltige Materialien und dem naheliegenden Fokus auf wiederverwendbare Bauteile müssen wir auch den aktuellen, viel zu engen Begriff der Langlebigkeit von Strukturen und Funktionen überdenken. Die Tragwerksplaner:innen können einen viel tiefgreifenderen Beitrag leisten, indem sie nicht nur schlankere Strukturen und flexiblere Verbindungen gestalten, sondern auch indem sie Strukturen differenzieren. Dabei werden diese mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten und veränderlichen Kontexten verbunden und somit als gut aneignungsfähige, intelligente Ruinen konzipiert. 41

These:

Um die Städte der Zukunft auf den Tragstrukturen von heute erbauen zu können, soll das Tragwerk als dauerhafte und intelligente Ruine im grösseren Massstab gedacht werden. Sie muss als festes Bauteil der städtischen Umgebung und als Bestandteil des Grundbodens betrachtet werden.

Die Tragstruktur soll als Teil der bestehenden Stadtlandschaft verstanden werden und eine hohe Flexibilität ermöglichen. Die Nutzkombinationen, der Charakter und auch die Orientierung eines Gebäudes können sich somit ständig verändern, gleichzeitig ist die Tiefenstruktur der Stadt von nachhaltiger Kontinuität geprägt. Tragstrukturen können so als Strukturlandschaft gelesen werden, die zwar die groben Umrisse bestimmt, aber gleichzeitig eine grosse Formbarkeit in der Gestaltung sowohl nach innen in die Räume als auch nach aussen in die jeweiligen Stadtteile ermöglicht.

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zwischen Vergangenheit,
41 Rinke, 2022. Abb. 48. Collage, Dauerhafte Struktur, Luzern

Nummernplan Gelatinefabrik 1990

A Ehemaliges Comptoir und Pförtnerhaus

B Kalkerei

C Kalkerei, Tröcknesaal

D Brunnen, Hofüberbauung

E Maschinenhaus, Kesselhaus, Hochkamin

F Wäscherei, OG Tröcknesaal

G Siederei

H Aborte, „Gifthüsli“

I Tröcknesaal und Ausgiesshalle

K Schopf, ersetzt durch Parkplätze

L, M Bauten südlich St. Gallerstr., abgebrochen für Garage Franz

N, O Eckbau Nordost, aufgestockt 1987, und Anbau Nordwest

P Direktorenwohnhaus mit Park gegen Osten

70 Zusammen sind wir schöner

3.3 Umgang mit dem Bestand

Es gibt verschiedene Arten von Gebäuden. Einige überdauern Jahrhunderte nahezu unverändert und werden zu Monumenten und andere werden umgebaut, erweitert, manchmal abgerissen oder so stark verändert, dass nur wenig oder gar nichts an ihren ursprünglichen Zustand erinnert. Das Leben beinhaltet wesentliche Elemente wie Veränderung, Erneuerung und Fortschritt, die auch für das Bauen gelten. Die Lebensspannen einzelner Bauteile, der Gebäudetechnik und der Tragstruktur sind unabhängig voneinander. 42 Der Umgang mit dieser grundlegenden Voraussetzung des Bauens ist unterschiedlich; Ersatzneubau oder der Erhalt von bestehenden Strukturen. Diese beiden Gegensätze verdeutlichen, dass Geschichte erst dann einen Wert erhält, wenn man ihr einen Wert beimisst.

Obwohl in vielen Fällen aus praktischen Gründen ein Ersatzneubau bevorzugt wird, ist es wichtig über rein wirtschaftliche Aspekte hinauszudenken. Bei der Ausarbeitung des Thesisprojektes wurde bewusst zum Weiterbauen mit dem Bestand entschieden. Das Vorantreiben und die Umsetzung von Bauprojekten im Bestand gewinnen zunehmend an Relevanz, insbesondere wenn eine nachhaltige Bauweise gefördert werden soll. Das Erhalten und Weiterbauen von bestehenden Gebäuden hat weitreichende positive Auswirkungen, die über ökologische Aspekte hinausgehen und auch soziale und kulturelle Mehrwerte für den Wohnraum schaffen. Das Gebäudeensemble der ehemaligen Gelatinefabrik zeichnet sich durch seine charakteristische Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts aus. Gekennzeichnet mit Satteldächern lassen sich drei Hauptvolumina aus dem Ensemble herauslesen. Um ein Projekt zusammen mit dem Bestand zu entwerfen das dichter, vielfältiger und nachhaltiger ist, wurden für die jeweilige Volumina verschieden Strategien verfolgt.

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42 Wieser; Zimmermann, 2015. Abb. 49.Bestandesplan Gelatinefabrik mit ehemaligen Gebäudefunktionen
Winterthur, Gelatinefabrik ARIAS Industriekultur, Winterthur 2011

Erweitern mit der gleichen Architektursprache. Das Gebäude indem sich ehemals der Tröcknesaal befand, präsentiert die mit Details am reichsten geschmückte Fassade auf dem Gelände der Gelatine-Fabrik. Bis heute erhält es sein geschlossenes Satteldach. Die aus gelbem Klinker gemauerten Fassadenwände werden durch rot geklinkerte Pilaster strukturiert und gewinnen dadurch an Tiefe. Die Öffnungen zwischen den Pilastern im Erdgeschoss werden mithilfe von roten Backsteinbögen die mit vorsichtig gemetzten Schlusssteinen abgeschlossen sind, hervorgehoben. Auf der Höhe des Obergeschosses ziehen S-förmige Maueranker die Aufmerksamkeit auf sich und offenbaren die innere Tragstruktur des Gebäudes. Eine horizontale Band aus Kunststein das aus den Fensterbänken herauswächst unterteilt die Fassade in zwei Abschnitte. Die Pilaster enden unterhalb der Traufe in einem Kranz aus rotem Backstein, der von der Rollschicht darunter zusätzlich betont wird.

Um das Tröcknesaal-Gebäude zu erweitern, wird zunächst das geschlossene Giebeldach entfernt, um den neuen Aufbau zu ermöglichen. Die Pilaster, die eine bedeutende Rolle in der Fassade spielen, werden verlängert, um eine nahtlose Verbindung zwischen dem bestehenden Gebäudeteil und der Erweiterung herzustellen. Bei der Farbgestaltung der Klinkersteine werden die vorhandenen Farben weitergezogen, die sich jedoch von verwitterten alten Steinen abheben, um eine klare zeitliche Trennung zwischen den verschiedenen Bauphasen erkennbar zu lassen. Die Fenster, zusammen mit den Fensterbögen und Fassadenverzierungen, werden im Zuge der vertikalen Erweiterung in einem zeitgemässen Stil neu interpretiert und gestaltet, um ein harmonisches Gesamtbild zu erzeugen.

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Zukunft
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Abb. 50. Axonometrie Thesisprojekt Abb. 51. Detailaufnahme, Tröcknesaal Abb. 52. Stirnseite Tröcknesaal mit Zwischengebäude Abb. 53. Südfassade, Tröcknesaal
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Abb. 54.

Thesisprojekt,

Abb. 55. Kalkerei, Alter Teil

Abb. 56. Kalkerei, Neuer Teil

Verdichten und Verstärken

Die Kalkerei wurde im Jahr 1880 gebaut und schrittweise bis 1987 erweitert. Ursprünglich hatte das Gebäude ein Pyramidendach, das jedoch bei der Aufstockung im Jahr 1930 durch ein Flachdach ersetzt wurde. Der gegen Süden ausgerichtete ältere Gebäudeteil besteht aus niedrigen Stockwerken und wird durch ein aussen angebautes Treppenhaus erschlossen. Die sichtbaren Backsteinfassaden haben in den ersten beiden Obergeschossen Fenster mit roten Stichbogenstürzen, die im darüberliegenden Stockwerk zu rechteckigen Öffnungen vereinfacht wurden. Der spätere Anbau im Nordosten weist eine wesentlich stabiler ausgeführte Tragstruktur aus Beton auf. Entsprechend den etappenweisen Erweiterungen lassen sich die verschiedenen Zeitepochen anhand der Details an der Fassade erkennen. Obwohl der Anbau aus dem gleichen Backstein erbaut wurde, unterscheiden sich Farbe und Verlegeart. Zudem wurden aufwendige Backsteinstürze durch gerade Kunststeinstürze ersetzt und die Fensteröffnungen deutlich vergrössert.

Das stetig erweiterte Kalkerei-Gebäude bietet sich für das Weiterbauen besonders gut an. Es wurde stets mit den für die jeweilige Zeit einfachen und günstigen Mitteln und Methoden weitergebaut. Darüber hinaus kann durch leichtes Verstärken der bereits guten Tragstruktur bis zu vier Geschosse aufgestockt werden. In diesem Fall wird das Fassadenmaterial für die Erweiterung mit Welleternit bekleidet das für viele Industriegebäude unsere Zeit aufgrund der obengenannten Gründe verwendet wird. Die neue Kalkerei wird als Palimpsest weitergebaut.

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Visualisierung Tröcknesaal
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Neu bauen

Das bestehende Dach der Waschhalle bildet das dritte Volumen innerhalb des Ensembles. Das ursprüngliche Parallelgiebeldach wurde durch das heutige Satteldach ersetzt und der Kernbau wurde nach und nach mit kleineren Flachdachanbauten entlang der Eulach erweitert. Durch diese Anbauten sowie verschiedene Einbauten und Umbauten im Inneren ist die ehemalige Waschhalle im Gesamtkomplex der Gelatinefabrik nicht mehr erkennbar, sodass nur noch durch das Dach ihre ursprüngliche Position ermittelt werden kann.

Für diesen Standort wird ein Ersatzneubau vorgeschlagen, der ein gewisses Mass an Kontinuität zum umliegenden Gebäude bewahrt und eine natürliche Integration aufweist. Da das neue Gebäude an der St. Gallerstrasse in der zweiten Reihe errichtet wird, kann es höher sein als die umgebenden Gebäude. Auch hier soll eine Mischung verschiedener Nutzungen angestrebt werden. Bei allen neuen Gebäuden im Areal wird eine Tragstruktur angedacht, die im Sinne der «Intelligente Ruinen» (Kapitel 3.2) funktionieren. Das Tragwerk als dauerhafte Struktur wird im grösseren Massstab gedacht und kann als fester Bauteil der städtischen Umgebung und als Bestandteil des Grundbodens betrachtet werden. Da dieses Gebäude die größte Fassadenfläche aufweist, wird angestrebt, eine energieerzeugende Fassade zu entwerfen. Solarpaneele werden als wesentlicher Bestandteil des Entwurfs betrachtet. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, nach einer neuen Ästhetik zu suchen, die sowohl ansprechend als auch funktional ist.

Die im Kapitel 3.1 vorgestellten Referenzen; die Skelettbaubilder von Rudolf Maeglin und das Fun Palace von Cedric Price wurden im Projekt zu einem wichtigen Bestandteil. Insbesondere die Sehnsucht nach dem unfertigen und das Konzept der Flexibilität haben das Thesisprojekt geprägt. Mit den Erkenntnissen dieser Referenzen und der Idee der intelligenten Ruine habe ich versucht Räume für Anpassungen und Veränderungen zu entwerfen.

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Abb. 57. Visualisierung Thesisprojekt, Kalkerei Abb. 58. Anbauten zur Eulach Abb. 59.Dachlandschaft Gelatinefabrik
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Die moderne Stadt wird von geschlossenen Grenzen dominiert. Der städtische Lebensraum wird durch Verkehrsströme zerschnitten und funktional in abgeschlossenen Zonen für Arbeiten, Wohnen und öffentlichen Raum aufgeteilt. Die Stadtentwicklung wird dementsprechend nicht über ein ganzes Gebiet gestreut, sondern konzentriert sich auf Bereich in denen die verschiedenen Gesellschaftsklassen voneinander getrennt leben. 43 Die am weitesten verbreitete Art von neuen Wohnsiedlungen weltweit ist eine abgeschlossene Wohnanlage, die von einer Mauer umgeben und bewacht wird. Eine Folge dieser Grenzbereiche ist, dass die Bewohner nur wenig von den äusseren Bedingungen angeregt werden. Es findet nur begrenzter Austausch zwischen den verschiedenen sozialen Schichten statt.

Laut dem Soziologen Richard Sennett gibt es zwei Arten von Rändern: Grenze und Saum. Säume sind durchlässige Ränder, Grenzen nicht. Die Grenze markiert einen Rand, an dem bestimmte Dinge enden sollten und bezeichnet einen Randbereich, in dem wenig geschieht. Der Saum ist hingegen ein Rand, an dem verschiedene Gruppen miteinander interagieren. 44 In einer geschlossenen Stadt hat die Grenze eine grössere Bedeutung, während in einer offenen Stadt mehr Säume zu finden sind. Diese Säume wirken ähnlich wie Zellmembranen, die durch eine dynamische Spannung zwischen Durchlässigkeit und Widerstand gekennzeichnet sind.

Obwohl die Gelatinefabrik ein wichtiger Bestandteil des Industriequartiers Grüze darstellt, weist sie klare Grenzen auf und schottet sich, wie die umliegenden Areale auch, von ihrer Umgebung ab. Der Grund dieser Abgrenzung ist die einheitliche Nutzung von Gewerbe die zugleich 90% von der gleichen Firma besetzt ist. Durch den Standortwechsel der Firma Keller entsteht eine Chance das wertvolle Ensemble aus Industriegebäuden für die Stadt zu öffnen. Zwischen den im vorherigen Kapitel beschriebenen Hauptvolumina werden die Zwischenbauten, die wichtig für das einheitliche Erscheinen der Gelatinefabrik sind, vorsichtig

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3.4 Die Öffnung der Gelatinefabrik.
Sennett, 2018. S.272-273
Sennett, 2018.
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S.272-273
Abb. 60. Visualisierung Thesisprojekt, Ersatzneubau anstelle der Wäscherei Abb. 61. Lois Weinberger; Brennen und Gehen, 1993 Abb. 62.Eingangshalle Quartier Gelatine
blumen- & gemüseladen velomech shop café bibliothek töpferei

möbelschreiner

siebdruck-atelier

handwerker co-working sanitär & stromer gemeinschaftsraum galerie

90 Zusammen sind wir schöner

geöffnet, um eine Haupterschliessungsachse für das Quartier zu ermöglichen. Die diagonale Setzung zur St. Gallerstrasse lässt spannungsvolle Vorplätze entstehen und leiten ins Quartier hinein. Verschiedene kleine Handwerkliche Betriebe beleben die Eingangshalle, welches die Ankunft im Quartier verstärkt, und erinnern an die vorigen Nutzungen.

Um diese Porosität weiterzuziehen, dienen zur vertikalen Erschliessung offene Treppenhäuser und Laubengänge. Die offene Erschliessungstypologie bietet in einer differenziert gestalteten Ausformulierung die Chance, einen hochwertigen Lebensraum zu formen. Die Idee dahinter ist jede Wohnung durch einen Garten zu erschliessen. Diese soll nicht nur im Sommer, sondern während allen Jahreszeiten einen deutlichen Mehrwert für die Bewohnerschaft schaffen. Dadurch wird der Austausch in der Nachbarschaft noch mehr gefördert. Die offenen Erschliessungen können auch als wohnliche Vorzonen und Aufenthaltsräume gestaltet werden, durch die man hindurchgehen und einzelne Wohneinheiten erreichen kann. Ein Beispiel dafür ist die Wohnüberbauung Hellmutstrasse in Zürich, 45 bei der der Erschliessungsraum eine Doppelfunktion als Balkon erfüllt. Kleine Nachbarschaften können sich in die U-förmigen Lauben treffen, wo man ankommt und wo man abends gemeinsam essen kann.

In einem letzten Schritt, um die Grenzen vollständig aufzubrechen, wird der Zugang auf die Dächer ermöglicht. Das traditionelle Satteldach, verkörpert im Gegensatz zum flachen Dach, einen abgeschlossenen Körper und verhindert somit die gemeinsame Nutzung der Dachoberfläche. Die Vorstellung des Flachdachs als Dachgarten wurde bereits von Le Corbusier in seinen "Fünf Punkten für eine neue Architektur" festgehalten. 46 Die durch das Bauwerk eingenommene Bodenfläche, wird auf dem Dach zurückgewonnen, mit einem Mehr an Licht, Luft und Sonne. Die alte Vision gewinnt durch den Druck der Verdichtung, den Drang nach gemeinschaftlichen Räumen und ein gesteigertes Bewusstsein für Fragen rund um das Stadtklima und die Biodiversität eine neue Relevanz.

91 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Gegenwart und Zukunft
zwischen Vergangenheit,
45
Reimer, 2021. 46 Bächtiger, 2023. S.21
Abb. 63. Plan Erdgeschoss, Thesisprojekt Abb. 64. Laubengang, Wohnüberbauung Hellmutstrasse in Zürich
92 Zusammen sind wir schöner
93 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Abb. 65. Laubengang Thesisprojetk, Kalkerei Abb. 66. Laubengang Thesisprojetk, Neubau Nordosten
94 Zusammen sind wir schöner

Abb. 67. Dachgarten

Thesisprojekt, Ersatzneubau

Wäscherei

Abb. 68. Dachgarten

Thesisprojekt, Tröcknesaal

95 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
96 Zusammen sind wir schöner

3.5 Wandelbares Wohnen

Die sozialen Standards haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert, insbesondere die Zusammensetzung der Bewohner:innen einer durchschnittlichen mittelständischen Wohnung. Im 19. Jahrhundert lebte oft eine bürgerliche Grossfamilie mit Dienstboten, Erziehungs- und Haushaltshilfen zusammen. Im 20. Jahrhundert verbreitete sich die Norm der Kleinfamilie und der standardisierte moderne Siedlungsbau wurde populär. 47 Der Wohnungsbau wurde oft nach funktionalistischen Kriterien beurteilt. Heute besteht eine hohe Nachfrage nach kleineren Wohnungen für Singles und ältere Menschen, aber auch für Patchworkfamilien, Wohngemeinschaften, grössere Lebensgemeinschaften in Gross-WGs und Wohnclustern sowie alternative Lebensmodelle. Diese Vielfalt an Wohnbedürfnissen wird durch den anhaltenden Trend zum steigenden Flächenbedarf pro Person überlagert, 48 obwohl sich in letzter Zeit viele aufgeklärte, kritische Bevölkerungsgruppen bewusst gegen diesen Trend stellen. Es gibt eine zunehmende Sensibilisierung für eine Abwendung der Konsumgesellschaft, für das Thema der Suffizienz und neue Formen des sozialen Austausches. In dieser Situation scheint eine gewisse Diversität an Wohnungstypen gefragt zu sein, möglicherweise können historische Bau- und Wohnformen, die funktionalistisch kritisiert wurden, diesen Bedürfnissen besser gerecht werden als das marktgängige Angebot. Neue Möglichkeiten der Rekombination und Clusterbildung werden geprüft, um eine höhere Nutzungsvielfalt zu erreichen.

Während sich das Leben ständig weiterentwickelt und immer schneller wird, hinkt der Wohnungsbau bei Veränderungen hinterher. Trends kommen und gehen, ohne einen bleibenden Eindruck auf die Gebäude zu hinterlassen. Im Gegensatz dazu erfolgen soziokulturelle Veränderungen schnell. 49

Unter Megatrends versteht man grundlegende, langfristige und weltweite gesellschaftliche Veränderungen, die über dem "Hype"

97 Die Gelatinefabrik Winterthur:
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
zwischen
47 von Borries; Kasten, 2019. S.99 48 von Borries; Kasten, 2019. S.100 49 B reit, 2018. S.66-75
Abb. 69. Superstudio, Möbelreihe Misuar
98 Zusammen sind wir schöner

hinaus bestehen bleiben. Die Individualisierung ist ein Megatrend und bezieht sich auf die Tendenz der Menschen, ihr Leben selbstbestimmt und eigenständig zu gestalten. Es geht um die Freiheit, persönliche Entscheidungen in verschiedenen Bereichen des Lebens zu treffen, wie zum Beispiel bei der Wahl des Berufs, des Wohnorts, der Lebensweise und der Beziehungen. Die Individualisierung bedeutet, dass traditionelle Normen und Konventionen zunehmend an Bedeutung verlieren und jede einzelne Person die Möglichkeit hat, seine eigenen Werte, Ziele und Interessen zu verfolgen. 50 Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen zu erkennen und ihnen Ausdruck zu verleihen, anstatt sich an starren gesellschaftlichen Vorgaben zu orientieren.

These Um mit den schnellen gesellschaftlichen Veränderungen Schritt zu halten und der Individualisierung der Gesellschaft gerecht zu werden, müssen wandelbare Wohnformen entstehen, die den Bedürfnissen der Bewohner angepasst werden können.

Für das Thesisprojekt wurden Grundrisse entworfen, die auf die sich immer mehr individualisierte Gesellschaft reagieren können. Die Absicht war es, den Raum so flexibel wie möglich zu gestalten, um eine vielseitige Nutzung zu ermöglichen. Daher wurde bewusst auf herkömmliche Raumtrennungen verzichtet.

Das Projekt von Gio Ponti an der Via Dezza in Mailand diente als Quelle der Inspiration für die Wohnungen im Thesisprojekt. Die Wohnung in der Ponti selbst lebte, wurde als ein grosser Raum entworfen, wobei nur die Diensträume abgeschlossen sind. Die einzelnen Zimmer werden von kurzen Wandscheiben begrenzt, sind jedoch durch grosse Öffnungen miteinander verbunden. Bei Bedarf können diese Öffnungen mithilfe von faltbaren Elementen voneinander getrennt werden. Diese Wohnung wurde zu einem Manifest für Gio Pontis Streben nach einem fliessenden und kontinuierlichen Raum, in dem die starre bürgerliche Raumaufteilung ersetzt wird.

50 Breit, 2018. S.66-75

99 Die Gelatinefabrik Winterthur:
und Zukunft
zwischen Vergangenheit, Gegenwart
Abb. 70. Möglichkeiten Wohnungen, Wohnüberbauung Hellmutstrasse in Zürich Abb. 71. Grundriss Ausdehnbare Wohnungen, Thesisprojekt
100 Zusammen sind wir schöner

Abb. 72. Innenbild Casa

Ponti, Mailand

Abb. 73.Grundriss Casa

Ponti, Mailand

Abb. 74. Innenbild

Thesisprojekt

Abb. 75. Grundriss

Thesisprojekt

101 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
3 Zi.W. 78.00 m 2 4 Zi.W. 92.00 m2
102 Zusammen sind wir schöner

Nachwort

Aktuell liegt der Fokus vieler Diskussionen darauf, wie wir zukünftig in städtischen Gebieten leben möchten. Die Gesellschaft befindet sich in einem kontinuierlichen Wandel, der das Zusammenleben beeinflusst. Als Architekt:innen sind wir oft stark auf die Gestaltung der Architektur selbst konzentriert und verlieren uns oft im Entwerfen von „schönen“ Fassaden. Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich versucht, diesen Ansatz zu differenzieren und zu erweitern.

Während der Arbeit habe ich erkannt, dass die „intelligente Ruine“, als die Grundstruktur von Gebäuden, aus Beton anstelle von Holz errichtet werden sollte. Dies erscheint zunächst als Widerspruch, insbesondere nach der Lektüre des Kapitels "2.1 Nachhaltiges Bauen". Die Idee für diese Herangehensweise entstand jedoch aus der vorhandenen Tragstruktur der Gelatinefabrik. Die bereits vor langer Zeit errichteten Betontragwerke weisen eine solide Tragfähigkeit auf und sollten als intelligente Ruinen weiter genutzt und weiterentwickelt werden. Der Widerspruch besteht darin, dass auch die neue Struktur aus Beton bestehen soll. Wenn jedoch die Lebensdauer durch das Material selbst und die Flexibilität der intelligenten Ruine nahezu unbegrenzt verlängert wird, kann die CO2-Bilanz eines Holzgebäudes ausgeglichen werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass alle Einbauten, Decken und Wände aus nachhaltigen Materialien bestehen und als wiederverwendbare Elemente konzipiert werden sollten. Die nichttragenden Holzwände können als Ressource betrachtet werden, die aufgrund der flexiblen Struktur abgebaut und anderswo wiederaufgebaut werden können. Die Idee einer dauerhaften und intelligenten Ruine aus Beton ist eine These, welche im Rahmen dieser Arbeit aufgestellt wurde und nicht auf belegten Erfahrungswerten oder Berechnungen basiert. Sie soll jedoch eine mögliche Antwort auf die Vergänglichkeit von Neubauten bieten und eine Alternative zum nachhaltigen Bauen mit Holz darstellen.

103 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen
Gegenwart und Zukunft
Vergangenheit,
Abb. 76. Wohngasse, Thesisprojekt
104 Zusammen sind wir schöner

Im Verlauf des Semesters wurde die Thematik der intelligenten Ruine zu einem wichtigen Bestandteil der Theorie, und im Rahmen des Thesisprojektes bewusst mit den anderen behandlungsbedürftigen Themen verbunden. Obwohl die Struktur aus Stützen und Unterzügen in den Grundrissen deutlich erkennbar ist, sollen sie in den Wohnungen keine dominante Rolle spielen, was die Flexibilität und dadurch auch das Potential zur Dauerhaftigkeit der „intelligenten Ruine“ unterstreicht. Die Gelatinefabrik wurde als Palimpsest weiterentwickelt, wobei durch den unterschiedlichen Umgang mit dem vorhandenen Bestand eine erwünschte Heterogenität erreicht wurde, die das Gelatineareal zusammen schöner darstellen lässt.

105 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

4 Literaturliste

Architektur Basel. (2021). Rudolf Maeglin und die Schönheit der Baustelle Verfügbar unter: https://architekturbasel.ch/rudolf-maeglin-und-die-schoenheitder-baustelle/ (20.04.2023)

Bächtiger, M. (2023). Inspiration für den Zürcher Westen. In: Hochparterre (Hg.). Die Blühende Pfingstweide. S.18-23.

Brand, S. (1995). How Buildings learn. What Happens After They’re Built. London: Penguin Books.

Breit, S. (2018). Gesellige Individualisten. Sechs Thesen zur künftigen Entwicklung des Wohnens In: Archithese, 2/2018, S. 66-75.

Bundesamt für Statistik BFS. (2021). Szenarien zur Entwicklung der Privathaushalte in der Schweiz und in den Kantonen 2020-2050. Verfügbar unter:https:// www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/aktuell/neue-veroeffentlichungen.assetdetail.16364918.html. (07.03.2023)

Christ, E. (2021). Idealzustand. In: Knöll, C. Kripp, N. Müller, D. (Hg.). Rudolf Maeglin. Maler/Painter. Basel: Christoph Merian Verlag. S.33-43.

Denkmalpflege Winterthur. (2011). Winterthur Gelatinefabrik.

Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege EKD (2007). Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz. Zürich: vdf Hochschulverlag

Herdt, T. (2017). Die Stadt und die Architektur des Wandels: Die radikalen Projekte des Cedric Price. Zürich: Park Books AG

Herzog, A. (2021). Klima bauen. Ein Lexikon zu Architektur, landschaftsarchitektur und Raumplanung unterwegs zu Neto-Null. Zürich: Edition Hochparterre.

Hochschule Luzern Technik & Architektur. (2023). Master Semester Program FS23. Laubacher, R. (2023). Wohnungsnot in der Schweiz. Soll der Staat eingreifen?. Verfügbar unter: https://www.srf.ch/radio-srf-1/wohnungsnot-in-der-schweiz-sollder-staat-eingreifen. (06.03.2023)

Reimer, T. (2021). Der Laubengang. Eine Wiedererwägun. Verfügbar unter: https:// www.wbw.ch/de/online/artikel/2021-7-der-laubengang.html. (22.05.2023

Rinke, M. (2022). Offene Meta-Landschaften. Verfügbar unter: https://www. daidalos.org/de/artikel/metalandschaften/. (30.03.2023)

Sennett, R. (2018). Die offene Stadt. Berlin: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG. Sommer, Mike. (2019). Nachhaltiges Bauen: Mehr als nur eine Frage der Energieeffizienz. Bundesamt für Statistik BFS. Verfügbar unter: https://www.bafu.admin. ch/bafu/de/home/themen/wirtschaft-konsum/dossiers/mehr-als-nur-eine-frage-der-energieeffizienz.html (19.05.2023)

Stadt Winterthur. (2021). Räumliche Entwicklungsperspektive. Winterthur 2040. Van Reeth, B. (2013). Goede Architectuur?. in: OASE 90, S.120-121 von Borries, F. Kasten, B. (2019). Stadt der Zukunft. Wege in die Globalopolis. Frankfurt am Main: Fischer E-Books.

Wieser, C. Zimmermann, J. (2015). Schichten und Geschichten: Umbau Halle 181 in Winterthur von Kilga Popp Architekten. In: Werk, Bauen + Wohnen. Band 102. S.16.

106 Zusammen sind wir schöner
107 Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

5 Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Drei Entwicklungsszenarien der Schweizer Wohnbevölkerung bis 2050. Verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/news/de/2021-0227

Abb.2: Entwicklungszenario der Privathaushalte nach Haushaltsgrösse. Verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/news/de/2021-0227

Abb.3: Schwarzplan Stadt Winterthur. Aus: Grafik Autor

Abb.4: Schwarzplan mit Blick auf die Gelatinefabrik. Aus: Grafik Autor

Abb.5: Luftbild Gewerbequartier Grüze. Verfügbar unter: https://www.swisstopo. admin.ch/de/geodata/images/ortho/swissimage10.html

Abb.6: Entwicklungsperspektive; Gewerbequartier und Bahnhöf Grüze. Aus: Stadt Winterthur, 2021. S.20.

Abb.7: Dufourkarte, 1939. Aus: https://maps.zh.ch

Abb.8: Entwicklungsplan Grüze mit Busquerung. Verfügbar unter: https://stadt. winterthur.ch/themen/leben-in-winterthur/planen-und-bauen/gebiets-und-arealentwicklung/neuhegi-die-neue-stadt-in-winterthur/umfeld-bahnhof-grueze

Abb.9: Entwicklung des Mobilitätverhaltens. Verfügbar unter: Stadt Winterthur, 2021. S.21.

Abb.10: Entwicklungsperspektive Winterthur 2040. Aus: Stadt Winterthur, 2021. S.1.

Abb.11: Firmenplakat aus dem Jahr 1910. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S.1.

Abb.12: Die Gelatinefabrik um 1900, Blick gegen Osten. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S. 9.

Abb.13: Das ehemalige Tröcknesaal-Gebäude auch S-Gebäude gennant. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S. 31.

Abb.14: Dialog zwischen Tröcknesaal und Kalkerei. Aus: Fotografie Autor

Abb.15: Die detailreiche Fassade des S-Gebäude. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S. 18.

Abb.16: zeitliche Schichten an einem Fenster. Aus: Fotografie Autor

Abb.17: Anbauten zur Eulach. Aus: Fotografie Autor

Abb.18: Hochkamin im Stadtbild: Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S. 24.

Abb.19: Der aktuelle Bestandesplan der Gelatinefabrik, Erdgeschoss. Aus: Grafik Autor

Abb.20: Weiterbauen als Collage mit der Refernz von Rudolf Maeglin. Aus: Grafik Autor

Abb.21: Skizze von Leon Krier "Genealogy of the House - temporary refusal of Archetype, 1988. Verfügbar unter: https://www.fhnw.ch/de/weiterbildung/architektur-bau-geomatik/fachveranstaltungen/media/bauphysik-apero-2023-reuse.pdf

Abb.22: Erste Ideenskizze, Nutzung der Zwischendächer. Aus: Grafik Autor

Abb.23: Bauen im Kreislauf. Verfügbar unter: https://www.fhnw.ch/de/weiterbildung/architektur-bau-geomatik/fachveranstaltungen/media/bauphysik-apero2023-reuse.pdf

108 Zusammen sind wir schöner

Abb.24: Kopfbau Halle 118 in WInterthur, in situ. Verfügbar unter: https://www. insitu.ch/projekte/196-k118-kopfbau-halle-118

Abb.25: Die Gelatinefabrik, Stich, 1895. Aus: Hochschule Luzern Technik & Architektur, 2023. S. 64.

Abb.26: Erste Ideenskizze. Aus: Grafik Autor

Abb.27: Luftbild der Gelatinefabrik, 1924. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S.11.

Abb.28: Erste Ideenskizze, Verbindung mit der Eulach. Aus: Grafik Autor

Abb.29: Analytische Darstellung des menschlichen Skeletts. Verfügbar unter: https://www.daidalos.org/de/artikel/metalandschaften/

Abb.30: Analytische Darstellung der Venen. Verfügbar unter: https://www. daidalos.org/de/artikel/metalandschaften/

Abb.31: Die neue dauerhafte Tragstruktur in der Gelatinefabrik. Aus: Grafik Autor

Abb.32: Die zukünftige Stadt, Still aus Blade Runner 2049. Verfügbar unter: https://theartofmoviestills.tumblr.com/search/blade+runner+2049

Abb.33: Grafik, Verstädterung der Welt. Aus: von Borries; Kasten, 2019. S.36

Abb.34: Bedeckte Landschaft mit Solarpanele, Still aus Blade Runner 2049

Abb.35: Verweben von Bestand und Neubau; Teppich von Anni Albers. Verfügbar unter: https://www.artsy.net/article/artsy-editorial-bauhaus-master-anni-albers

Abb.36: Der Archimedes - Palimpsest. Verfügbar unter: https://www.pbs.org/ wgbh/nova/physics/inside-archimedes-palimpsest.html

Abb.37: Der Erdgeschossplan der Gelatinefabrik nach den Interventionen. Aus: Grafik Autor

Abb.38: Rudolf Maeglin; Baustelle Ciba-Geigy, 1939. Aus: Christ, E. 2021. S.95.

Abb.39: Rudolf Maeglin; Baustelle Ciba-Geigy, 1938. Aus: Christ, E. 2021. S.7.

Abb.40: Rudolf Maeglin: Die Dreirosenbrücke mit grossem Kran, 1933. Aus: Christ, E. 2021. S.69.

Abb.41: Rudolf Maeglin: Das neue Gaswerk im Bau, 1931. Aus: Christ, E. 2021. S.51.

Abb.42: Innenperspektive des Fun Palace. Verfügbar unter: https://medium.com/@ Lawther_Freddie_2956665/cedric-prices-fun-palace-f1c80674f175

Abb.43: Cedric Price; Skizze des Fun Palace mit technischer Ausstattung und Hülle in Pink und Orange, 1964. Aus: Herdt, T. 2017. S.35.

Abb.44: Fun Palace; Perspektive für den Standort am Lea River, 1964. Aus: Herdt, T. 2017. S.25.

Abb.45: Renzo Piano und Richard Rochers; Centre Pompidou Paris. Aus: Fotografie Autor

Abb.46: Amélie Labourdette; Empire of dust, 2015. Verfügbar unter: https://www. atlasofplaces.com/photography/empire-of-dust/

Abb.47: Amélie Labourdette; Empire of dust, 2015. Verfügbar unter: https://www. atlasofplaces.com/photography/empire-of-dust/

109 Die Gelatinefabrik
Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Abb.48: Collage, Dauerhafte Struktur, Luzern. Aus: Grafik Autor

Abb.49: Bestandesplan Gelatinefabrik mit ehemaligen Gebäudefunktionen. Aus: Grafik Autor

Abb.50: Axonometrie Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

Abb.51: Detailaufnahme, Tröcknesaal. Aus: Fotografie Autor

Abb.52: Stirnseite Tröcknesaal mit Zwischengebäude. Aus: Fotografie Autor

Abb.53: Südfassade, Tröcknesaal. Aus: Denkmalpflege Winterthur, 2011. S. 31.

Abb.54: Visualisierung Thesisprojekt, Tröcknesaal. Aus: Grafik Autor

Abb.55: Kalkerei, Alter Teil. Aus: Fotografie Autor

Abb.56: Kalkerei, Neuer Teil. Aus: Fotografie Autor

Abb.57: Visualisierung Thesisprojekt, Kalkerei. Aus: Grafik Autor

Abb.58: Anbauten zur Eulach. Aus: Fotografie Autor

Abb.59: Dachlandschaft Gelatinefabrik. Aus: Fotografie Autor

Abb.60: Visualisierung Thesisprojekt, Ersatzneubau anstelle der Wäscherei. Aus: Grafik Autor

Abb.61: Lois Weinberger; Brennen und Gehen, 1993. Aus: Hochschule Luzern Technik & Architektur, 2023. S. 58.

Abb.62: Eingangshalle Quartier Gelatine. Aus: Grafik Autor

Abb.63: Plan Erdgeschoss, Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

Abb.64: Laubengang, Wohnüberbauung Hellmutstrasse in Zürich. Verfügbar unter: https://www.wbw.ch/de/online/artikel/2021-7-der-laubengang.html

Abb.65: Laubengang Thesisprojetk, Kalkerei. Aus: Grafik Autor

Abb.66: Laubengang Thesisprojetk, Neubau Nordosten. Aus: Grafik Autor

Abb.67: Dachgarten Thesisprojekt, Ersatzneubau Wäscherei. Aus: Grafik Autor

Abb.68: Dachgarten Thesisprojekt, Tröcknesaal. Aus: Grafik Autor

Abb.69: Superstudio, Möbelreihe Misuar. Verfügbar unter: https://www. domusweb.it/en/from-the-archive/2011/07/21/-superstudio-misura-series.html

Abb.70: Möglichkeiten Wohnungen, Wohnüberbauung Hellmutstrasse in Zürich. Verfügbar unter: https://www.wrarch.ch/architektur/wohnungsbau/uberbauung-hellmutstrasse-zurich/

Abb.71: Grundriss Ausdehnbare Wohnungen, Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

Abb.72: Innenbild Casa Ponti, Mailand. Verfügbar unter: https://www.aboutartonline.com/larchitettura-trasparente-e-cristallina-di-gio-ponti-e-il-rinnovamento-della-casa-di-abitazione/

Abb.73: Grundriss Casa Ponti, Mailand. Verfügbar unter: https://www.aboutartonline.com/larchitettura-trasparente-e-cristallina-di-gio-ponti-e-il-rinnovamento-della-casa-di-abitazione/

Abb.74: Innenbild Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

Abb.75: Grundriss Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

Abb.76: Wohngasse Thesisprojekt. Aus: Grafik Autor

110 Zusammen sind wir schöner

6 Redlichkeitserklärung

Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit mit dem Titel: Zusammen sind wir schöner

Die Gelatinefabrik Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

selbstständig durch mich verfasst worden ist, dass keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt worden sind und dass die Stellen der Arbeit, die anderen Werken - auch elektronischen Medien - dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen wurden, unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind.

Qendrim Gashi

Wolhusen, 16.06.2023

Winterthur: zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

111 Die Gelatinefabrik
112 Zusammen sind wir schöner

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