Der Kobold von Kummerow

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Kobold von Der

Kummerow Sagen und Geschichten aus der Uckermark

Ausgew채hlt und kommentiert von Rosemaria Zillmann



Sagen und Geschichten aus der Uckermark Ausgew채hlt und kommentiert von Rosemaria Zillmann Illustriert von Christoph T채nzer


Rosemaria Zillmann arbeitet seit über zehn Jahren im Auftrag der Stadt Schwedt / Oder an verschiedenen Publikationen im Bereich Kultur und Geschichte der Stadt. In Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum und dem Stadtarchiv Schwedt / Oder wurde 20082010 von ihr die „Chronik der Stadt Schwedt / Oder – Daten, Dokumente und Bilder“ zusammengestellt. Verschiedene Beiträge erschienen in der Märkischen Oderzeitung (MOZ) sowie in der Zeitschrift BRANDENBURG. Ein weiteres Projekt war die Erstellung einer Publikation für Kunst und Design im öffentlichen Raum sowie für Kunst am Bau. Prägend für ihr Interesse an Geschichte und Kunst war ihr Vater, der Fotograf und Schriftsteller Herbert W. Brumm (Pseudonym Harry Bär). Christoph Tänzer (Illustrationen) arbeitet als Creative Director in der Schweiz. Als Art Director und freiberuflicher Illustrator / Designer arbeitete er unter anderem für Dreamworks SKG, ZDF Enterprises und die Adidas Group. Arnim Jungnickel (Fotos), Fotografenmeister und leidenschaftlicher Dokumentar insbesondere von Motiven der Uckermark. Bernd Oeljeschläger (Einführung), Kulturwissenschaftler und Verleger in Berlin. CULTURCON medien Bernd Oeljeschläger Choriner Straße 1, 10119 Berlin Telefon 030 / 34 39 84 40, Telefax 030 / 34 39 84 42 Ottostraße 5, 27793 Wildeshausen Telefon 04431/ 955 98 78, Telefax 04431/ 955 98 79 www.culturcon.de Gestaltung: Judith Heinemann, Berlin Druck: besscom AG, Berlin Berlin / Wildeshausen 2011 Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-941092-34-1


Inhalt Vorwort ............................................................................. 6 Einführung: Was sind Sagen? ............................................ 7 Angermünde

Das Angermünder Stadtwappen ......................................... 8 Der Schatzkasten in der Angermünder Kirche ................... 8 Der Anker in der Angermünder Kirche .............................. 9 Biesenbrow

Die Glocke der Marienkirche und die Glocken vom Hindendiek ................................... 11 Schellpepers Grund ......................................................... 11 Boitzenburg

Der Böttchermeister ........................................................ 12 Die alte Frick .................................................................. 13 Brüssow

Der Blutfleck von Brüssow .............................................. 14 Die Roggenmuhme .......................................................... 15 Criewen

Der Teufelsstein Dedelow

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Die steinernen Bauern

Ellingen

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Das Ellinger Sühnekreuz

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Ritter Kurt und der Bauer

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Fergitz

Frauenhagen

Wie der Name Frauenhagen entstand ............................... 20 Gartz (Oder)

Der Scheffel in der Kirche von Gartz ............................... 20 Unterirdische Gänge ........................................................ 21 Gatow

Der Kobold von Gatow Gramzow

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Der Schatz in der Klosterruine ......................................... 23 Müller Pumpfuß .............................................................. 24 Greiffenberg

Der Zirkendei

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Grünow

Der Kirchturm in Grünow Heinersdorf

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Der Müller und die Riesen ............................................... 27 Hohengüstow

Balows Grab Hohenlandin

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Der Klapperteufel ............................................................ 29 Kerkow

Die Marienfigur von Kerkow ........................................... 30 Kleptow

Der unsichtbare Nachtwächter Kummerow

Der Kobold von Kummerow Lychen

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Näsen Schröder ............................................................... 49 Der Totschlag .................................................................. 50 Penkun

Der Schatz auf dem Taschenberg ..................................... 51 Katze spricht ................................................................... 52 Bei Pfingstberg

Der Jacobsdorfer See ....................................................... 52 Potzlow

Der gestohlene Roland von Potzlow

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Die Hände von Prenzlau .................................................. Der Knabe und die Dohlen auf dem Marienturm ............. Der Rabe auf dem Mittelturm zu Prenzlau ....................... Das Pferdeei .................................................................... Die Pflastersteine auf dem Marktplatz ............................. Das erkaufte Gewitter ......................................................

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Prenzlau

Schmölln

Der Räuberberg bei Schmölln .......................................... 60 Der Totenkopf mit den goldenen Zähnen ......................... 61 Schwedt / Oder

Spuk bei der Gedächtnishalle .......................................... Ein Esel geht unter die Soldaten ...................................... Der Feuerreiter von Schwedt ........................................... Das Feuer von Heinrichslust ............................................ 4

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Seelübbe

Die Glocke von Seelübbe Stolpe

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Der Grützpott .................................................................. 67 Die Nebelriesen ............................................................... 68 Suckow

Das Arnimsche Wappen ................................................... 69 Der Suckowsche Kammerherr ......................................... 69 Templin

Der Spielmann und die wilde Jagd .................................. 70 Das Gespenst auf dem Friedhof ....................................... 71 Vierraden

Der Rosengarten .............................................................. 72 Die letzten Grafen von Hohenstein .................................. 73 Die weiße Frau ................................................................ 75 Welsow

Die Töpferberge bei Welsow Zichow

Der alte Turm

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Quellenangabe ................................................................. 78 Literatur .......................................................................... 79

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Vorwort Die Uckermark ist eine sagenhafte Region. Besonders „sagenmächtig“ sind die Städte Angermünde und Prenzlau. Aber auch für andere Orte ist häufig mehr als eine Sage überliefert. Das „sagenhafte“ Gedächtnis der einfachen Leute und die Archivtätigkeit vieler Heimatforscher haben uns diese Erzählungen erhalten. Dabei zeigt sich, dass in vielen Überlieferungen und in alten, lange versunkenen Geschichten oftmals eine wichtige (meist moralische) Botschaft sowie ein wahrer Kern stecken, der die Veränderungen der Zeit überlebt. Als wichtige Quelle für diesen Band, in dem nur einige der vielen Sagen aus der Uckermark wiedergegeben werden können, diente mit freundlicher Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft Uckermärkische Kirchengeschichte und des Uckermärkischen Geschichtsvereins zu Prenzlau die wertvolle und nur in Manuskriptvervielfältigung vorliegende Arbeit „Uckermärkische Sagensammlung“, zusammengetragen und herausgegeben von Gerhart Hänsel, dem „Sagenpastor“ der Uckermark. Gerhart Hänsel wurde am 9. März 1922 in Dresden geboren. Ab 1958 war er Pfarrer der uckermärkischen Gemeinde Kummerow. Dort gewann er durch seine aufgeschlossene und humorvolle Art den Respekt der Einwohner. Bei praktischen Arbeiten, etwa beim Bau der Dorfstraße, fasste der Pfarrer immer mit an. So war er häufig auf dem Traktor zu finden. Hänsel wusste über Land und Leute Bescheid, über ihre Freuden und Sorgen. Im Ruhestand begann er, Sagen zu sammeln und Quellen zu erforschen. Mit den Jahren hatte er bald 800 Überlieferungen allein aus der Uckermark, mehr als 2.000 sind es aus dem Gebiet zwischen Lausitz und Rügen. Anfang der 1980er Jahre machte eine Krankheit seinen Umzug nach Schwedt erforderlich. Gespräche mit ihm waren immer ein Gewinn. Alles Übel der Welt, so betonte Hänsel, habe seinen Ursprung im Herrschaftsstreben und Machtmissbrauch, in Habgier und Intoleranz. Am 2. September 1994 starb Gerhart Hänsel in Schwedt. Über seine außergewöhnliche Sagensammlung und seine weiteren geschichtlichen Forschungen, die zum Großteil noch nicht erschlossen sind, wird er nachfolgenden Generationen gegenwärtig bleiben. Rosemaria Zillmann 6


Einführung: Was sind Sagen? Der Begriff der „Sage“ kommt vom Verb „sagen“. Er bezeichnet eine mündlich überlieferte Erzählung von meist außergewöhnlichen und besonderen Erlebnissen, Ereignissen oder Erscheinungen. Oft geht es um übernatürliche Zusammenhänge und fantastische Begebenheiten, die trotz oder gerade wegen ihrer Unglaublichkeit als Erklärungsmuster für die beschriebenen Phänomene dienen und deswegen als vermeintliche „Wahrheitsberichte“ aufgebaut sind. Natürlich hat es sich genauso zugetragen und nicht anders – und auch wenn Sagen zeitlos sind und sich nicht datieren lassen, ist ihnen meist ein Gegenwartsbezug gemein: Die umherirrende Seele ist noch nicht erlöst, der versunkene Schatz ist noch nicht gehoben und der Kobold treibt immer wieder sein Unwesen. Oft geht es in den Sagen um die Deutung von Ortsnamen, um die Erläuterung von Naturerscheinungen und die Entstehung von Denkmälern. Im Unterschied etwa zum Märchen sind die Sagen daher meist orts- und gelegentlich zeitgebunden: Es geht um den Kirchturm und die Burgruine, um den Gutsherren, den Müller oder den einsamen Hirten. So hat die Sage auch meist einen historischen Hintergrund oder Anlass. Die bedeutendste Sammlung von Sagen, die auch den Begriff und die Textgattung geprägt hat, sind die „Deutschen Sagen“ der Brüder Grimm von 1816/18. Die Brüder Grimm haben mit ihrer umfangreichen Sammlung aus zahlreichen Quellen des Volksglaubens geschöpft und ganz maßgeblich zur schriftlichen Überlieferung wichtiger Erzählungen beigetragen. Wie in der Uckermark gibt es auch in anderen Gegenden Deutschlands und der Welt viele Geschichten mit ähnlichem Verlauf und vergleichbaren Motiven, die sich „genauso“ zugetragen haben – und deswegen ein wichtiges Element des kollektiven Volksglaubens sind. Bernd Oeljeschläger

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A NGERMÜNDE Das Angermünder Stadtwappen „In der wald- und wildreichen Umgebung der Stadt Angermünde fanden immer schon große Jagden statt. Das Privileg zum Jagen hatten die Fürsten und Grundherren. Das einfache Volk trieb dafür oft das Wild zusammen. Bei einer solchen Jagd wurde ein Hirsch den ganzen Tag gehetzt, ohne dass man seiner habhaft werden konnte. Am Abend hatte man ihn endlich am Nordufer des Mündesees umstellt, so dass ein Entfliehen des Tieres unmöglich wurde. Der Hirsch aber sprang in den See und durchschwamm ihn in seiner Not zur Stadt hin. Da das Wasser bis zum Stadttor reichte, kam er durch das Tor in die Stadt. Auf dem Markt wurde er gestellt. Zur Erinnerung an diese Begebenheit gab der Jagdherr den Befehl, den Hirsch in das Stadtwappen aufzunehmen.“ Das Stadtwappen von Angermünde zeigt eine Mauer mit drei Türmen. Am rechten Turm breitet ein Adler seine Flügel aus, auf dem linken befindet sich ein mit Pfauenfedern geschmeckter Helm. Auf dem mittleren Turm steht ein Jäger, der auf seinem Horn bläst. Die Türme haben am Fuß Portale, durch das mittlere Tor schwimmt auf der Darstellung ein Hirsch. Im Jahre 1779 ist der schwimmende Hirsch auf dem Wappen in einen springenden Hirsch umgewandelt worden. Heute ziert er wieder schwimmend das Wappen der Stadt.

Der Schatzkasten in der Angermünder Kirche „Der ebenso kriegerische wie sangeslustige Markgraf Otto IV. (genannt „der mit dem Pfeil“) geriet nach einer Fehde mit dem Magdeburger Erzbischof in erniedrigende Gefangenschaft. In einen Käfig gesperrt wurde er dem Spott und Schimpf der Magdeburger ausgesetzt. Auf sein Ehrenwort hin ließ ihn der Bischof unter der Bedingung frei, innerhalb von vier Wochen viertausend Mark in Silber zu zahlen oder sich als Gefangener wieder einstellen zu müssen. Der Mark8


graf wurde von seinem treuen Volk mit Jubel empfangen, doch ihm selbst war nicht wohl zu Mute. Woher sollte er die für die damalige Zeit so große Summe nehmen? Schon wollte er die kostbaren liturgischen Gefäße aller Kirchen des Landes veräußern, da vermittelte seine Gemahlin Heilwig ihn an den treuen Ratgeber seines Vaters, Johann von Buch. Dieser führte ihn in die Sakristei der Angermünder Kirche, wo sich ein gewaltiger, mit Eisen beschlagener Kasten befand. Er öffnete den Kasten und der staunende Markgraf sah darin, was er so dringend benötigte: eine Menge Geld, das der Markgrafenvater für seine Söhne gesammelt und seinem Ratgeber für den Fall großer Not anvertraut hatte. Gerührt nahm Otto das Geld und erkaufte seine Freiheit.“ Otto IV. war von 1266-1308 Markgraf von Brandenburg. Ende des 13. Jahrhunderts verlegte er seine Hofhaltung in die Umgebung von Kloster Chorin, das Hauskloster der Askanier. In Angermünde stellte er zwischen 1284 und 1308 insgesamt acht Urkunden aus. Tatsächlich befindet sich in der Angermünder Stadtkirche St. Marien ein 2,80 Meter langer Eichenkasten, eine sogenannte Einbaumtruhe, deren Deckel mit drei Schlössern gesichert ist. Die Truhe ist mit Eisenbändern beschlagen und lässt auf die Verwahrung wertvoller Güter schließen.

Der Anker in der Angermünder Kirche „Vor vielen hundert Jahren tobte über Angermünde ein schweres Gewitter, das tagelang nicht weiterziehen wollte und den Angermündern mit der Zeit sehr sonderbar schien. Der Magistrat der Stadt schickte deshalb den Turmwächter auf den Turm der Stadtkirche. Er sollte nachsehen, ob sich das Gewitter vielleicht an der Kirchsturmspitze verfangen hatte. Mit Erstaunen entdeckte der Türmer im Schallloch des Turmes einen Anker, von dem eine schwere Kette bis hinauf in die Wolken zu einem Schiff führte. Rasch kappte er diese mit einem scharfen Beil – und sofort verzog sich das Gewitter in eine andere Gegend.“ 9


Aus dem Wort Anker, so die Überlieferung, ist der Name Angermünde geprägt worden. Auch soll der Anker zum ewigen Gedenken in der Kirche aufgehängt worden sein. Tatsächlich wurde der Name der Stadt jedoch von Tangermünde in der Altmark abgeleitet, was durch den Zusatz „Neu“ in einer Urkunde von 1354 „Nien angermund“ deutlich wird. Bereits 1263 taucht der Name Henricus de Angermunde aus dem niederrheinischen Adelsgeschlecht „von angermund“ in einer Stettiner Urkunde auf. Dieser Name gilt als eigentlicher Herkunftsname. Die Kirche St. Marien in Angermünde wurde um 1250 aus Quadersteinen errichtet und im 14. und 15. Jahrhundert zu einem dreischiffigen hochgotischen Backsteinbau erweitert. Vor allem beeindruckt der Querturm der Kirche, der mit einer Höhe von 53 Metern der höchste Feldsteinturm in Brandenburg ist.

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BIESENBROW Die Glocke der Marienkirche und die Glocken vom Hindendiek „Auf dem Marienkirchhofsberg, so wird berichtet, soll die zweite Kirche des damals viel größeren Ortes, der Stadt Biesenbrow, gestanden haben. Die Glocke der Marienkirche sei später dann in den weißen See gestürzt. Auch läuten in der Johannisnacht beim Hindendiek (Hintenteich) die Glocken einer untergegangenen Burg.“ Biesenbrow war im Mittelalter ein Städtchen mit einer Burg und besaß durch ein Salzvorkommen in der Nähe eine Salzsiederei. Die ehemalige Existenz zweier Kirchen ist Ausdruck der einstigen Wirtschaftskraft des Ortes. Durch die Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg und infolge der vormaligen Eingriffe der Adeligen von Sparr auf Greiffenberg in die Infrastruktur der Stadt wurde Biesenbrow zum Dorf. Die verfallene Marienkirche wurde im 18. Jahrhundert abgebrochen, die Steine als Baumaterial anderweitig genutzt. Das einzige Zeugnis der Bedeutung des Ortes im Mittelalter ist die erhaltene stattliche Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert.

Schellpepers Grund „Nördlich von Biesenbrow liegt der sogenannte Schellpepers Grund. Ein Knecht aus Fredersdorf mit Namen Schellpeper soll sich dort vor seinem Herrn versteckt haben. Dieser fand ihn jedoch und schlug ihn so, dass der Knecht nur mühsam nach Hause kam. Dort suchte er bei der Frau des Bauern Schutz. Als der Bauer ihn dort entdeckte, erschlug er ihn.“

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BOITZENBURG Der Böttchermeister „Vor vielen, vielen Jahren lebte in Boitzenburg ein ehrsamer Böttchermeister. Eines Nachts rief ihn eine unbekannte Stimme in das nahe Kloster. Er solle kommen und sein Handwerkszeug mitbringen, denn es gäbe dort Arbeit für ihn. Der Meister stand auf, und als er vor die Haustür trat, empfing ihn ein Mann mit langem weißen Bart und führte ihn durch mehrere unterirdische Gänge in einen großen Keller, wo viele Fässer standen, die bis zum Rand mit Gold und Silber gefüllt waren. Hier erhielt nun der Böttchermeister den Auftrag, diese Fässer mit neuen Reifen zu versehen. Aber es waren ihrer gar viele, so viele, dass er sie kaum übersehen konnte. Eine alte Tranlampe erhellte ein wenig den Raum, und es war unserem Meister, als ob die alten Nonnen wie Gespenster durch die Tonnen schlichen. Auf einmal erfasste ihn das Grausen. Er ließ sein Handwerkszeug liegen und lief so rasch wie er laufen konnte nach Hause. In der folgenden Nacht kam der Greis wieder und brachte ihm sein Handwerkszeug zurück. Der alte Mann dankte dem Böttcher, dass er seine Geräte zurückgelassen habe, denn die Arbeit verständen sie im Kloster selbst gut, nur an Handwerkszeug fehle es eben. Der Meister atmete erleichtert auf und schlief ein. Als er am nächsten Morgen erwachte, lagen seine Geräte neben dem Bett und dazu ein Haufen von Gold. Und so war er plötzlich ein reicher Mann. Aber er wäre wohl noch viel reicher geworden, hätte er die Arbeit selbst getan.“ Die brandenburgischen Markgrafen hatten im Schutz der Burg und nahe des Städtchens Boitzenburg ein Frauenkloster gestiftet und es 1271 mit einer Schenkungsurkunde ausgestattet. 1281 wurde dem Kloster das Patronat über die Kirche in Hessenhagen verliehen, auch ein Teil des jungen Konventes des aufgelösten Benediktinerklosters Marienpforte bei Flieth ging an Boitzenburg. In diesem Jahr konnte das Kloster bereits größeren Landbesitz kaufen. In der Zeit zwischen 1368

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und 1404 erwarb es weiterhin sieben Dörfer mit allen Rechten. Schließlich umfasste der Klosterbesitz ein großes Gebiet in der nördlichen Uckermark mit Einkünften aus 27 Dörfern und Grundbesitz bzw. Einkünfte aus den Städten Prenzlau, Wittstock, Fürstenberg und Templin. Im Zuge der Säkularisierung übergab Joachim II. 1538 das Kloster dem uckermärkischen Landvogt Hans von Arnim. Heute ist das Bauwerk eine Ruine.

Die alte Frick „Die alte Frick oder Fuik ist des Teufels Großmutter gewesen, und man hat sie oft des Nachts umhertoben hören. Mancher hat sie auch gesehen und leicht an den großen Hunden, die sie stets mit sich führte, erkannt. Denn wenn die Hunde bellten, ist ihnen Feuer aus Maul und Nase geflogen. Vor Jahren, als noch der Mahlzwang herrschte, mussten die Naugartner zur Boitzenburger Mühle, um dort ihr Korn mahlen zu lassen. Als dahin einmal ein Bauer gefahren war, der sich etwas verspätet hatte und erst in der Dunkelheit abends auf seinem mit Säcken beladenen Wagen nach Hause fuhr, hörte er plötzlich ein gewaltiges Toben und gleich darauf kam auch die alte Frick mit ihren Hunden gestürmt. Der Bauer wusste sich in seiner Herzensangst nicht anders zu helfen, als dass er seine Mehlsäcke den Hunden hinschüttete. Diese fielen auch sogleich gierig darüber her und fraßen alles bis zum letzten Rest. Und der Bauer wusste ganz genau, hätte er es nicht getan, wäre es ihm schlimm ergangen. Als er nun betrübt nach Hause kam und seiner Frau erzählte, wie es ihm ergangen war, da meinte diese: „Bist Du Dein Mehl losgeworden, dann kannst Du die leeren Säcke auch gleich mit fortwerfen“. Und der Mann tat, wie ihm die Frau geboten hatte, brachte die Säcke auf den Hof und warf sie zum Kehricht. Als er aber am anderen Morgen auf den Hof trat, da sah er zu seinem größten Erstaunen die Mehlsäcke wieder vollgefüllt beieinander, so wie er sie aus der Mühle nach Hause gefahren hatte. Das war zum Dank dafür, dass der Bauer den Hunden der alten Frick zu fressen gegeben hatte.“ 13


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