EINST uNd JETZT coTTbuS
CULT URCON medien
Frank Mangelsdorf (Hg.)
EINST uND JETZT COTTBuS
Texte: Harriet Stürmer, mit Unterstützung von Steffen Krestin, Städtische Sammlungen Cottbus Fotos: Carla Fischer (7, 9, 11, 13, 17, 19, 21, 23, 25, 27, 31, 33, 35, 37, 41, 43, 45, 47, 49, 65, 73, 75, 77, 85, 89, 91, 93); Heinz Köhler (Umschlag, 15, 39, 51, 53, 55, 57, 59, 61, 63, 67, 69, 71, 77, 79, 81, 83, 87); Ingrid Letsch (29) Historische Aufnahmen: Herwarth + Holz Planung und Architektur, Berlin (Umschlag, 18); DSK GmbH (14); Ingrid Letsch (72); BUGA Cottbus (80); FC Energie Cottbus (82); Zimmermann und Partner Architekten, Cottbus (84); Architekturbüro Hermann und Partner, Cottbus (88); Privatsammlung Stürmer (90); Archiv verschwundener Orte, Forst (92); Alle übrigen: Städtische Sammlungen Cottbus
ISBN 978-3-941092-63-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. CULTURCON medien Bernd Oeljeschläger Choriner Straße 1, 10119 Berlin Telefon 030 / 34398440, Telefax 030 / 34398442 Ottostraße 5, 27793 Wildeshausen Telefon 04431 / 9559878, Telefax 04431 / 9559879 www.culturcon.de Redaktion: Andreas Oppermann, MOZ-Redaktion GmbH Gestaltung: Kathrin Strahl, Berlin Druck: Print & Media, Dänschenburg, www.printundmedia-online.de Berlin / Wildeshausen 2011 Alle Rechte vorbehalten.
Mit freundlicher Unterstützung von
Einführung
Reizvolles und Bemerkenswertes bietet der Ort dem aufmerksamen Gast. Und doch: Wer vor seinem ersten Besuch erfährt, dass Cottbus – auf Sorbisch Chóśebuz – „schöne Häuser“ bedeutet, hat vielleicht falsche Erwartungen an die zweitgrößte Stadt Brandenburgs. Die mehr als 850 Jahre alte Tuchmacherstadt ist in ihrer Geschichte oft gebeutelt worden. Blitz und Feuer legten sie wiederholt in Schutt und Asche, der Dreißigjährige Krieg brachte Zerstörung und Elend, und auch im schlimmsten aller Kriege verlor die Stadt nach Bombardements und verlustreichen Kämpfen im April 1945 große Teile ihrer Bausubstanz. Die folgenden entbehrungsreichen Jahre gruben sich tief in den brandenburgischen Sand. Das am Spreewald gelegene Cottbus wurde zum Zentrum der Energieund Kohlewirtschaft, rings um die Stadt entstanden mächtige Tagebaue mit kilometerlangen Förderbrücken. Also keine schönen Häuser mehr in Cottbus? Und ob. Neben den mittelalterlichen Gebäuderesten befinden sich in der größten Stadt der Niederlausitz nicht nur die obligatorischen Plattenbauten aus DDRZeiten, sondern auch Gründerzeitvillen und das einzige erhaltene Jugendstiltheater Deutschlands, die wiederum mit dem vorbildlich sanierten Altmarkt und seinen Giebelhäusern wetteifern. Verschiedene Kulturen hinterließen viele Spuren. Nicht zuletzt an der zweisprachigen Beschilderung von Orten und
Plätzen zeigt sich: Hier pflegen seit Jahrhunderten neben den Deutschen auch die slawischen Sorben ihre Traditionen. Die in den letzten zwei Jahrzehnten auffällig ausgebauten zahlreichen Parks und Gärten, allen voran der berühmte Branitzer Park, begleiteten den tiefgreifenden Strukturwandel, den Cottbus genommen hat – von der Energiearbeiterstadt hin zum Dienstleistungs- und Wissenschaftszentrum. Cottbus hat es einmal mehr verstanden, sich wieder neu zu erfinden. Die rund 6000 Studenten der Technischen Universität verleihen dem alten Cottbus ein junges Gesicht. Altgeblieben ist nur der Zungenbrecher, mit dem die Cottbuser immer noch gern ihre neuen Gäste auf die Probe stellen: „Der Cottbuser Postkutscher putzt den Cottbuser Postkutschkasten.“ Frank Mangelsdorf Chefredakteur der Märkischen Oderzeitung
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Als „Wiege“ der brandenburgisch-preußischen Industrie und als Stadt, in der seit mehr als 180 Jahren forstliche Lehre und Forschung stattfinden, ist Eberswalde heute ein leistungsfähiger und innovativer Standort für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Zu bedeutenden und zum Teil weltbekannten Aushängeschildern der Stadt zählen die Kirow-Ardelt-AG mit der Herstellung von Spezialkränen, die Hochschule für nachhaltige Entwicklung oder das 2007 im Passivhausstandard errichtete Landratsamt, das zudem eine der größten Sammlungen des in Eberswalde geborenen Künstlers Paul Wunderlich beherbergt. Bekannt ist Eberswalde auch für seinen Goldschatz, der sich als Nachbildung im Museum in der AdlerApotheke befindet sowie für den Zoo mit seinen rund 1 400 Tieren aus fünf Kontinenten. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Eberswalde vermutlich im Jahr 1254 seine erste offizielle Erwähnung fand, die auf den Zusammenschluss von Ebersberg und Jacobsdorf an einer Furt der Fine bzw. Finow zurückgeht. Der 1605 fertiggestellte Finowkanal gilt heute als älteste künstliche Wasserstraße Deutschlands. Er war seit dem 17. Jahrhundert ein zentraler Dreh- und Angelpunkt für zahlreiche industrielle Ansiedlungen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlangte Eberswalde sowohl als Wirtschaftsstandort als auch als Badeund Luftkurort sowie als Waldstadt (wegen der
1830 gegründeten Forstakademie) zunehmende Berühmtheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Eberswalde sprunghaft zu einem bedeutenden Industrie-, Verkehrs- und Agrarzentrum. Die 1970 zusammengeschlossene Doppelgemeinde Eberswalde-Finow erreichte 1989 mit etwa 55 000 Menschen die höchste Einwohnerzahl ihrer Geschichte. 1993 erfolgte zudem die Eingemeindung der Dörfer Sommerfelde und Tornow sowie 2006 von Spechthausen in die heutige Kreisstadt Eberswalde. Seit 1990 avanciert die Stadt (dank eines leistungsfähigen Mittelstandes) zum vielseitigsten der 15 regionalen Wachstumskerne des Landes Brandenburg – und sorgt so letztlich auch für wirtschaftliche Stabilität in der Region. Entdecken Sie mit „Einst und Jetzt“ eine facettenreiche Stadt, die beeindruckende Veränderungen erfahren hat und sich überaus erfolgreich im anspruchsvollen Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne bewegt. Ramona Schönfelder Leiterin Museum in der Adler-Apotheke Eberswalde
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6 _ um 1940 Schlossberg
50_ um 1985 Hauptbahnhof
8 _ um 1925 Amtsgericht
52_ um 1930 Spreewaldbahnhof
10 _ um 1960 Gerberhäuser
54_ um 1985 Görlitzer Straße
12 _ um 1925 Elektrizitätswerk
56_ um 1920 Carl-Thiem-Klinikum
14 _ um 2000 Dieselkraftwerk
58_ 2003 Vattenfall-Hauptverwaltung
16 _ um 2000 Tuchmachervilla
60_ um 1985 Brandenburgische Technische Universität
18 _ um 2000 Alte Tuchfabrik
62_ um 1975 Universitätsbibliothek
20_ um 1945 Oberkirche
64_ um 1975 Dorfanger in Schmellwitz
22_ um 1930 Altmarkt
66_ um 2004 Kaisers Gaststätte
24_ um 1937 Neues Rathaus
68_ um 1985 Textilkombinat
26_ um 1910 Puschkinpromenade
70_ um 1980 Große Spreewehrmühle
28_ um 1915 Teehäuschen
72_ 1985 Ententeich in Neu-Schmellwitz
30_ um 2003 Städtische Turnhalle
74_ um 1975 Mittelganghäuser in Sandow
32_ um 1905 Spremberger Tum
76_ um 1980 Schloss und Park Branitz
34_ 1885 Juwelier Sack
78_ um 1985 Tierpark
36_ um 1980 Spremberger Straße
80_ um 1990 Spreeauenpark
38_ 1980 Staatstheater
82_ um 1965 Stadion der Freundschaft
40_ um 1975 Hauptpost
84_ um 2000 Platten-Rückbau in Sachsendorf-Madlow
42_ um 1980 Hotel Lausitz
86_ um 1985 Gelsenkirchener Allee
44_ um 1980 Sternchen
88_ um 1980 Hochschule Lausitz
46 _ um 1980 Stadtpromenade
90_ 1931 Fastnacht in Ströbitz
48 _ um 2005 Blechenschule
92_ 1915 Merzdorf
uM 1940
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Der 46 Meter hohe Schlossturm weist schon von Weitem den Weg zum Landgericht auf dem Schlossberg. Der Name deutet darauf hin, dass es sich um einen geschichtsträchtigen Ort handeln muss. Und in der Tat ist der Schlossberg die Wiege der Stadt. Dort haben Lusici (ein westslawischer Stamm, der zum Verband der Sorben/Wenden gehörte) eine seit dem 10. Jahrhundert nachweisbare mittelalterliche Befestigungsanlage errichtet. Im Schutze ihrer Burg legten die Wenden eine Vorburgsiedlung an, die sich im 11. und 12. Jahrhundert zu einer frühstädtischen Siedlung entwickelte. Von
der Existenz der Burg zeugt eine Urkunde von 1156 – die erste urkundliche Erwähnung der Stadt. Im Jahr 1301 wird das Schloss das erste Mal erwähnt – zu dieser Zeit herrschten die „Herren von Cottbus“, ein fränkisches Adelsgeschlecht, auf der Burg. Das Haupthaus und der Turm wurden 1857 durch ein Feuer beschädigt. In den 1870er Jahren wurde das Haupthaus abgerissen und an seiner Stelle das heutige Landgericht gebaut. Der um 1300 entstandene Turm wurde einige Jahre später in seinem oberen Teil wiederhergestellt. Im unteren Bereich sind noch heute die Mauern des alten Bergfrieds erhalten.
uM 1925
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Cottbus bekam im Jahr 1907 ein neues Amtsgericht. Dafür wurde der Vorgängerbau am Fuß des Schlossbergs abgerissen. Gleichzeitig fanden auch auf dem Schlossberg Abrissarbeiten statt. Für den Neubau des Gerichtsgefängnisses direkt neben dem Amtsgericht verschwanden die letzten baulichen Überreste des Cottbuser Schlosses. Heute ist das ehemalige Gefängnis Haus 2 des Landgerichts. Zu DDR-Zeiten nutzte es die Stasi noch als Untersuchungshaftanstalt. Bei der Renovierung nach der Wende wurden die Stilelemente des Ge-
fängnisses bewusst beibehalten. So haben zum Beispiel die Türen zu den Büros noch immer eine mittlerweile verschlossene Metallklappe vor dem Guckloch. Manche Zimmer sind noch mit dem Metallverschluss der ehemaligen Essensdurchreiche versehen. Am Eingang erinnert heute eine Gedenktafel an die traurige Vergangenheit des Gebäudes zu DDR-Zeiten. „Zum Gedenken an die der politischen Willkür schutzlos ausgeliefert gewesenen Inhaftierten“ steht darauf geschrieben.
uM 1960
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Die Gerberhäuser sind heute nicht nur die ältesten Häuser von Cottbus, sie gehören zweifelsfrei auch zu den schönsten. Die drei erhalten gebliebenen Gebäude der einstigen Gerbersiedlung mit Wohn- und Arbeitsgebäuden für Loh- und Weißgerber wurden zu verschiedenen Zeiten gebaut. Deshalb kann man an ihnen die geschichtliche Entwicklung des städtischen Gerberhandwerks gut nachvollziehen. Das kleinste der Gebäude wurde im Jahr 1727 gebaut und diente einer Gerberfamilie als Werkstatt und Wohnhaus. Das mittlere Haus, im Jahr 1760 erbaut,
ist bereits ein reines Wohnhaus – eine einfache Fachwerkkonstruktion im Stil der im Nordosten Deutschlands typischen mittelalterlichen Verteidigungsbauten. Das dritte und jüngste Haus ist ein im Jahr 1860 errichteter Ziegelbau. Nach der Wende wurde das historische Dreierensemble auf der Mühleninsel hochwertig saniert. Weil hinter den Häusern direkt der Mühlengraben als Nebenarm der Spree entlang fließt, können die Bewohner auf ihren Terrassen einen uneingeschränkten Blick aufs Wasser genießen.
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Das Elektrizitätswerk kann getrost als Sehenswürdigkeit bezeichnet werden. Mittlerweile ist das im Stil der neugotischen Industriearchitektur mit Türmchen und Zinnen gebaute Haus über 100 Jahre alt. Es steht unterhalb der einstigen Cottbuser Burganlage, dem heutigen Schlossberg, und nahe den historischen Gerberhäusern. An derselben Stelle befand sich auf der Mühleninsel einmal die Stadtmühle, deren endgültiges Ende nach ihrem sechsten Brand im Jahr 1882 besiegelt wurde. Die Insel war durch einen künstlich angelegten Graben entstanden und wird noch heute von jenem Mühlengraben und von der Spree eingeschlossen. Die ungenutzte Wasserkraft der abgebrannten Stadtmühle sollte zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt werden. Und so wurde zwischen 1901 und 1903 das E-Werk gebaut. Lange Zeit diente es mit Wasserturbinen, Dampfmaschinen und Kesselanlagen ausgestattet zur Stromversorgung der Straßenbahn, die 1903 ihre erste Probefahrt hatte. Nach der Wende wurde das stillgelegte E-Werk als Veranstaltungsort für Partys und Konzerte genutzt. Schließlich schob das Stadtparlament dem lautstarken Treiben am Spreeufer einen Riegel vor. Ein Anwohner hatte gegen den Lärm geklagt.