Gartenseite August

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31.08.12 16:10:04

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RUND UM OBERHAVEL

Sonnabend

1. September 2012

MENSCHEN UND IHRE GÄRTEN: CHRISTINE WITTEMANS AUS STÖFFIN

Freude am Gärtnern OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Bei „Menschen und ihre Gärten“ ermöglichen uns leidenschaftliche Gartenliebhaber und Pflanzenfreunde Einblicke nicht nur in ihr Gartenreich, sondern auch in ihr Leben. Von April bis Oktober werden Privatgärten und ihre Besitzer vorgestellt. Wenn Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, ebenfalls an unserer Serie beteiligen wollen, melden Sie sich bei uns oder machen Sie Vorschläge, wenn Sie außergewöhnliche, bezaubernde, naturnahe oder auch einfach liebevoll gestaltete Anlagen in den Altkreisen Oranienburg, Gransee oder Neuruppin kennen. ■

Schmackhaft: Die Blütenblätter der „Rose de Resht“ werden geerntet und verarbeitet.

Dekorativ: Der Schnittknoblauch schmeckt etwas milder als die übliche Knoblauchzwiebel.

Lilienblüte mit zitronigem Abgang Gärtnerin und Köchin experimentiert mit Wildkräutern, Blüten und nichtalltäglichen Gemüsesorten Von Petra Wolf

NEURUPPIN/STÖFFIN Einen Garten der anderen Art stellen wir heute in unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ vor. Christine Wittemans aus Stöffin züchtet Kräuter und alte Gemüsesorten.

Kontakt: Oranienburger Generalanzeiger Lehnitzstraße 13 16 515 Oranienburg Jürgen Liebezeit ✆ (0 33 01) 59 63 51 Petra Wolf ✆ (03 30 56) 7 44 89

Bevor die Gäste von Christine Wittemans Messer und Gabel in die Hand nehmen, zücken sie erstmal ihren Fotoapparat. Die Salatkreation aus Löwenzahn, Gundermann und Giersch – garniert mit Phlox- und Dahlienblüten, ist fast zu schön, um gegessen zu werden. Seit einiger Zeit hat die Chefin des „Landhauses Wittemans“ einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. In ihrer Manufaktur stellt sie handgemachte Delikatessen aus ihrem Garten her. Dabei experimentiert sie mit einer Lust und Leidenschaft, die ansteckend ist. Auf dem 6 500 Quadratmeter großen Gartengrundstück findet sich fast alles, was die 57-Jährige zur Herstellung ihrer Marmeladen, Limonaden, Pestos, Liköre oder Grillsaucen benötigt. Ihre Kreativität kennt keine Grenzen. Viele Anregungen findet sie in Kochbüchern, die ihre Bücherregale füllen. Doch die meisten Inspirationen holt sie sich aus ihrem Garten. Dort wachsen Kräuter und Duftpflanzen mit wohlklingenden Namen wie AnisYsop, Ananas-Salbei oder Co-

Lecker: Paprikaschoten.

Aus den Rezeptbüchern Zwei ihrer Rezepte stellt Christine Wittemans unseren Lesern zur Verfügung: Thymiantorte Für diese leckere Torte mischt Christine Wittemans ein Pfund Quark mit 500 Milliliter Thymiansirup, 500 Gramm geschlagener Sahne und Gelatine. Diese Masse wird auf einem Tortenboden verteilt, kann aber auch als Dessert gegessen werden.

Formschön: Die Flaschentomaten brauchen Zeit bis zur Reife. la-Kraut. „Das ist ein Kampferkraut“, erklärt Christine Wittemans. „Die jungen Blattspitzen eignen sich zum Würzen von Quarkspeisen oder Salaten.“ Das japanische Pfefferblatt duftet nach einer Mischung aus Melisse und Zitronen-Eukalyptus. Das Zitronen-Johanniskraut eignet sich bestens zur Herstellung eines wohl schmeckenden Entspannungstees. Es ist zwar schon verblüht, doch auch mit seinen roten Fruchtständen sieht es sehr dekorativ aus. Daher wird es in Gärtnereien oft zum Binden von Blumensträußen verwendet. Natürlich fehlt auch die Stevia – das Süßkraut aus Südamerika – nicht im Wittemans-Garten. Der „grüne“ Süßstoff hat eine

Christine Wittemans freut sich schon auf die Ernte, denn auch die Königin der Blumen steht nicht nur zur Zierde im Garten. „Wie aus vielen Kräutern mache ich auch aus den Rosenblättern Limonade, oder gebe sie zu Fruchtmischungen. Besonders lecker ist Erdbeere mit Eierlikör und Rose. Ich muss aber erstmal neuen Eierlikör machen, dann wird weiter produziert.“ Um die herrliche Taglilienblüte, die die Gärtnerin abpflückt, um sie zu verspeisen, kann es einem fast leid tun. „Na ja, schmeckt ein bisschen fad“, gibt sie zu, „aber im Abgang zitronig, ein bisschen wie Sahnepudding“. Unter dem schützenden Dach des Folienhauses wach-

Aus der kleinen Welt der Früchte und Kräuter zurück ins Leben

Blattsalat, Franzosenkraut, Spitzen der Vogelmiere, Giersch, Löwenzahn und Spitzwegerich werden mit Blüten von Kapuzinerkresse, Phlox, Dahlien, Rosen und Schnittknoblauch garniert. Dazu wird ein Dressing eigener Wahl gereicht. (pw)

NEURUPPIN/STÖFFIN (pw) „Wann das mit meiner Leidenschaft fürs Einkochen angefangen hat, kann ich gar nicht sagen“, meint Christine Wittemans. Doch dann erinnert sie sich daran, dass sie schon zu DDR-Zeiten Senfbirnen eingemacht hat und entsprechende Rezepte aus der Frauenzeitschrift „Für Dich“ sammelte. Erste Erfahrungen mit essbaren Blüten machte sie vor Jahren mit einer Dahlie, die ihr auf einem Salat serviert wurde. „Damals habe ich mich gefragt, ob das nett gemeint war oder ein persönlicher Anschlag sein sollte.“ Dann kaufte sie sich die ersten Kochbücher, denen unzählige folgten. Inzwischen führt sie eigene Rezeptbücher, in denen sie ihre Kreationen notiert. Viele Jahre stand Christine Wittemans in der Küche ih■

Nächste Folge NEU-VEHLEFANZ (pw) Das nächste Gartenporträt in unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ erscheint am Sonnabend, 29. September. Wir stellen Burkhard Wagner von der Waldschule Briesetal und seinen 3 500 Quadratmeter großen Naturgarten in Neu-Vehlefanz (Oberkrämer) vor. ■

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wesentlich größere Süßkraft Fast alles kann gegessen werals Zucker. „Ein bis zwei den. Das ist das Kriterium, Blätter reichen für eine Kan- nachdem sie ihre Pflanzen ne Tee“, weiß Christine Wit- für den Garten auswählt. Ob temans. Wenn sie das azteki- es auch mundet, ist im sche Süßwahrsten Sinkraut zu ihne des Wortes Zucchini mit Roter ren TeemiGeschmacksschungen sache. So ist Beete kombiniert gibt, der Fischgeergibt eine schmeckt der schmack der pinkfarbene Grillsauce AusternpflanTee nach Apfel und Meloze schon ne. Das Beste recht gewöhan der Süßdolde sind die grü- nungsbedürftig, die knackinen Samen. Sie schmecken gen, dicken Blätter des Pilznach Lakritze und geben je- krautes schmecken dagegen dem Eis oder Joghurt eine tatsächlich wie Champifrische, knackige Note. gnons. Christine Wittemans geht Zwischen den Kräutern findurch den Garten, zupft hier den sich immer wieder ausein Blättchen ab, dort eine gedehnte Rosenbeete. Die Blüte, schnuppert daran oder Damszener-Rose „Rose de steckt sie sich in den Mund. Resht“ steht in zweiter Blüte.

Fotos (6): Wolf

Therapie für die Seele

Bunter Salatteller

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Ungewöhnlich: Diese Zitronen sind Gurken.

sen Tomaten, Paprika, Gurken und Melonen zwischen Jamaika-Thymian, StrauchBasilikum und Ingwer. Auch hier ist alles etwas ungewöhnlich und exotisch. Einige Gurken sehen aus wie Zitronen, die Tomaten haben die Form von Flaschen und die Melonen heißen „Cantaloupe“, sind zuckersüß und gehören zur Gattung der Gurken. Den Jamaika-Thymian wird Christine Wittemans zu Pesto verarbeiten und aus den Gurken, auch aus den „normalen“, macht sie nicht nur Gurkensalat. Das wäre ihr viel zu profan. „Das wird ein leckerer Gurkenschnaps“, verrät die experimentierfreudige Köchin. „Ich bin ein typischer Zwilling. Ich koche 30 Gläser von einer Sorte. Dann wird es mir schon zu langweilig, und ich denke mir was Neues aus.“ Gerade versucht sie, Zucchini mit Roter Beete zu kombinieren, um daraus eine pinkfarbene Grillsauce zu zaubern. Auch weniger exotische Pflanzen kommen in Christine Wittemans Küche zum Einsatz. Spitzwegerich, Franzosenkraut oder Vogelmiere, deren Geschmack sie mit frischen Maiskolben vergleicht, ergeben mit einem leckeren Dressing einen schmackhaften Salat. Selbst der neunjährige Enkel weiß bereits, dass auch Gänseblümchen dazu gehören. „Deine Gänseblümchen blühen. Sind sie schon reif?“, hat er seine Oma neulich gefragt.

Experimentierfreudig: Fast alles im Garten von Christine Wittemans kann gegessen werden. Der Experimentierfreudigkeit der leidenschaftlichen Köchin sind keine Grenzen gesetzt.

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res gleichnamigen Landgasthofes. Das macht sie heute immer noch, doch konzentriert sie sich vor allem auf die Konservierung von Früchten, Gemüse und Kräutern. „Wir haben zehn schwere Jahre hinter uns“, erzählt sie. „Unser Sohn erkrankte schwer, meine Mutter starb, auch meinen Bruder mussten wir beerdigen.“ Die 57-Jährige begann Marmeladen zu kochen. „Ich habe gerührt und gerührt. Manchmal wusste ich gar nicht, was ich da koche.“ Diese Arbeit lenkte sie ab, gab ihr die Möglichkeit, abzutauchen in die kleine Welt der Früchte und Einweckgläser. Als sie selbst an Krebs erkrankte, machte sie es ebenso. Wenn sie trotz Chemotherapie und Bestrahlungen im Garten arbeitete, konnte sie sich einbilden, die

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Schmerzen kämen von der Arbeit und nicht von den Behandlungen. „Ich habe versucht, ein normales Leben zu führen.“ So ganz gelang es ihr zunächst nicht. „Von Menschen habe ich mich ferngehalten und bin vor dem Alltag in den Garten geflüchtet.“ Während dieser Zeit hat sie ihr Wissen über Kräuter erweitert. „Das war wie eine Seelentherapie.“ So manches hat sie an sich ausprobiert. „Ich habe ganz viel Spitzwegerich gegessen. Durch die Chemo hatte ich eine entzündete Speiseröhre. Die antiseptische Wirkung des Wegerichs hat geholfen.“ Aus der Baum-Aloe in ihrem Garten mischte sie sich eine Mixtur, denn sie hatte gelesen, dass die dickfleischige Pflanze ein Heilmittel gegen Krebs sei. Immer wieder betont Christine Wittemans,

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dass das keine allgemein gültigen Rezepte seien. Aber warum sollte sie nicht alles versuchen, wenn das Leben am seidenen Faden hängt? Gerade ist sie von der Krebsnachsorge zurückgekommen. „Alle Befunde sind gut“, freut sie sich und auch, als ihr Mann kommt und sagt: „Du siehst doch aus wie das blühende Leben!“ Gemeinsam mit ihm und ihren Kinder hat sie sich vorgenommen, die Kräfte einzuteilen und mehr auf ihren Körper zu hören. Das Lokal hat nur noch werktags ab 17 Uhr geöffnet, ihre selbst gefertigten Produkte verkauft sie im Hofladen. Dazu gehört auch ein Likör aus dem chinesischen Heilkraut Jiaogulan – dem „Kraut der Unsterblichkeit“. Sie hat dem Likör den Namen „Tropfen der Unsterblichkeit“ gegeben.


01.08.12 17:16:23

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S-BAHN-GEMEINDEN

Sonnabend

28. Juli 2012

MENSCHEN UND IHRE GÄRTEN: WALBURG HEINZ AUS MÜHLENBECK

Pracht im märkischen Gartensand Am Garten von Walburg Heinz hätte Karl Foerster seine Freude gehabt Von Petra Wolf

MÜHLENBECK Wie kommt es, dass der Gast, wenn er diesen Garten besucht, an den berühmten Potsdamer Staudengärtner und Gartenphilosophen Karl Foerster denkt? Nun ja, meint Walburg Heinz, nach seinem Vorbild habe sie ihn nicht gestaltet, aber fast alle seiner Bücher gelesen. Und einige OriginalFoerster-Züchtungen seien auch zu finden. ■

Freude am Gärtnern OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Bei „Menschen und ihre Gärten“ ermöglichen uns leidenschaftliche Gartenliebhaber und Pflanzenfreunde Einblicke nicht nur in ihr Gartenreich, sondern auch in ihr Leben. Von April bis Oktober werden Privatgärten und ihre Besitzer vorgestellt. Wenn Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, ebenfalls an unserer Serie beteiligen wollen, melden Sie sich bei uns oder machen Sie Vorschläge, wenn Sie außergewöhnliche, bezaubernde, naturnahe oder auch einfach liebevoll gestaltete Anlagen in den Altkreisen Oranienburg, Gransee oder Neuruppin kennen. ■

Lassen wir uns überraschen, ob uns beim Gartenrundgang nicht doch der Potsdamer Gärtner hin und wieder über die Schulter schaut. Als Walburg Heinz gemeinsam mit ihrem Mann vor 39 Jahren das 1 200 Quadratmeter große Grundstück übernahm, war es ein Kornfeld. Dazwischen wuchsen Quecken, ein äußerst lästiges und hartnäckiges Unkraut. Mit einem Karst – einer Hacke mit rechtwinklig abgebogenen, stabilen Zinken – wurden sie entfernt und „Queckengräber“ angelegt. „Wir haben tiefe Löcher ausgehoben und darin die Quecken vergraben“, schildert Walburg Heinz die mühevolle Arbeit. Der sandige Boden gab nicht viel her. „Die Bodenwertzahl betrug 18“, erklärt die staatlich geprüfte Landwirtin fachkundig. Auf einer Skala von null bis hundert liegt das weit im unteren Bereich. Unter einem Wert von 20 ist der Boden landwirtschaftlich kaum noch nutzbar. Durch Zugabe von reichlich Komposterde konnte der Gartenboden mit den Jahren deutlich verbessert werden.

Kontakt: Oranienburger Generalanzeiger Lehnitzstraße 13 16 515 Oranienburg Jürgen Liebezeit ✆ (0 33 01) 59 63 51 Petra Wolf ✆ (03 30 56) 7 44 89

GRÜNER TIPP

Blütenknospen wie Wimpern

Der Rittersporn bringt heitere Sommerstimmung

MÜHLENBECK/FELDHEIM (pw) Der bewimperte Felberich besitzt leuchtend gelbe Blüten über kräftig dunkelrotem Laub. Diese kontrastreiche Züchtung kann auf Blumenbeeten, Rabatten oder am Teichrand stehen. Durch Wurzelausläufer verbreitet sich der Felberich sehr schnell und er ist daher in der Lage, Unkraut zu unterdrücken. Sein Name leitet sich von der Form der Knospen ab, die wie Wimpern gebogen sind. ■

Auch Karl Foerster ist es gelungen, Blumenwälder aus märkischem Gartensand emporwachsen zu lassen. Vorraussetzung war natürlich, entsprechende Pflanzen zu züchten, die den Standortbedingungen in unserer Region gerecht wurden. Durch sein Schaffen haben Hochstauden wie Phlox, Mohn oder Rittersporn Einzug in unsere Gärten gehalten. Walburg Heinz hat sich viele von ihnen in ihren Garten geholt. Einige stammen noch aus DDR-Zeiten, oder wurden über den Gartenzaun getauscht wie das Mutterkraut oder die Taglilien. Walburg Heinz zeigt auf eine Lilie: „Das ist eine FoersterPflanze. Sie sollte blau blühen. Aber diese Farbe würde ich eher als schmutzig-lila bezeichnen.“ Macht nichts. Das schönste Blau hat sowieso der Rittersporn, der mit seinen langen Blütenrispen heitere Sommerstimmung in den Garten bringt. Er gehört auch zu den Lieblingspflanzen der Gärtnerin – bis der Phlox mit seinen duftenden Blütendolden den Rittersporn ablöst. Überall leuchten die roten Perückenköpfchen des gefüllten Fransenmohns aus den Staudenrabatten hervor. Auch ungefüllter Mohn in verschiedenen Rottönen ist zu sehen. Besonders üppig hat er sich im Steingarten angesiedelt, ein Missgeschick, wie sich gleich herausstellt. „Der Mohn gehört nicht hierher“, gibt Walburg Heinz zu. „Er passt nicht zwischen die niedrigen Polsterstauden. Ich habe einfach überall Samen ausgestreut. Doch nun darf er stehen bleiben.“ Die gelben Blüten der Freilandkakteen sind dennoch nicht zu übersehen. Sie blühen nur einen Tag. Ein kurzes Vergnügen. Zwischen den niedrigen

Beschwingt: Die Knospen des bewimperten Felberichs ähneln Wimpern.

Zu Gast in Stöffin ORANIENBURG (pw) Das nächste Gartenporträt in unserer Serie „Menschen und ihre Gärten“ erscheint am Sonnabend, 1. September. Wir stellen den Landhausgarten der Familie Wittemans in Stöffin bei Neuruppin vor. ■

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Gärtnerglück: Walburg Heinz freut sich über die prachtvollen Perücken-Blüten des Fransenmohns. Der Mohn wächst zwischen Sonnenblumen, Erbsen und Salat auf den Hochbeeten. Seit 39 Jahren bewirtschaftet sie das 1 200 Quadratmeter große Grundstück, das ursprünglich ein Kornfeld war. Fotos (5): Wolf

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Abgepflückt: Einen bunten Sommerblumenstrauß aus Kornblumen, Mohn, Mutterkraut, Sonnenaugen und Gräsern hat Walburg Heinz in ihrem Garten gepflückt und in die Vase gestellt. Bergenien haben sich hohe Sonnenblumen angesiedelt. Auch sie dürfen stehen bleiben. Doch nicht alle Pflanzen duldet Walburg Heinz dort, wo sie sich unbedingt ansiedeln wollen. Sie unterscheidet zwischen „laufen“ und „rennen“, also „ausbreiten“ und „sehr stark ausbreiten“. „Die Indianernessel läuft, manchmal rennt sie auch. Die Blauraute ist heikel, läuft aber auch. Aber der bewimperte Felberich, der rennt immer.“ Silberkerzen, Rosen, erste Dahlien – der Sommergarten von Walburg Heinz ist ein buntes Wunderwerk. Ihr umfangreiches Gartenwissen ist

beeindruckend. Die 75-Jährige kombiniert die Stauden nach Wuchshöhe und Blütenfarbe. „Wenn sie blühen und ich sehe, es passt nicht, setze ich sie um. Manche habe Scheu vor dem Umsetzen blühender Stauden. Aber wenn sie regelmäßig gegossen werden, kann nichts passieren.“ Beim Pflanzen gilt: „Nicht kleckern, sondern klotzen!“ Mindestens drei gleiche Pflanzen auf einer Stelle müssen sein. Da schaut uns doch wieder der alte Foerster über die Schulter: „Lass eine Pflanze nie allein, sondern setze immer zwei weitere hinzu“, gab er seinen Gärtnern mit auf den

Feuriges Rot: Die ersten Dahlien haben ihre Blütenräder geöffnet und zeigen ihre Pracht.

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Weg. Karl Foerster war es auch, der einen Garten ohne Gräser „grässlich“ fand. Der Garten-Philospoph bezeichnete das Gras als „Haar der Mutter Erde“. Auch Walburg Heinz ist ein Gräser-Fan. Sie hat 34 verschiedene Gräser in ihrem Garten versammelt. „Viele Miscanthus-Arten, Frauenhaargras Rutenhirse, Calamagrostis, Reihenfedergras, Moorhexe“, zählt sie auf. „Die Blütenrispen der Gräser schwingen so schön!“ Ob im Tau oder Morgenlicht, bei Mondschein oder leichtem Schnee: Gräser sollten in einem Garten nicht fehlen! Auf dem Tisch der kleinen Sitzecke im Garten steht ein weiterer Blickfang: ein wunderschöner Sommerblumenstrauß in einer blau-weiß-gestreiften, rechteckigen Vase von Hedwig Bollhagen. Walburg Heinz gehört zu den Gartenmenschen, die ihre Gartenblumen auch schneiden und in die Vase stellen. Recht so. Das hat Karl Foerster auch getan. „Wer Blumen in seinem Garten pflegt, braucht für einen gesunden Blumenvasen-Kultus im Hause mindestens 30 bis 50 verschiedenartigster Vasen“, war er überzeugt. Auch, dass Karl Foerster gern Blumensträuße verschenkte, ist überliefert. Walburg Heinz war ebenfalls immer sehr großzügig,

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Gut abgestimmt: Rosafarbene Schafgarbe und hoher Ehrenpreis sind eine gelungene Pflanzenkombination. bis die Nachbarn zu ihr sagten: „Wir können gar nicht mehr so viel Kohl und Salat von Ihnen gebrauchen!“ Das ist Jahre her. Inzwischen hat sie den Gemüseanbau deutlich reduziert. Auf zwei Hochbeeten wachsen Blumenkohl, Kohlrabi, Erbsen und Salat. Zum Würzen verwendet sie Liebstöckel, auch Maggikraut genannt. Für den Wintervorrat wird es getrocknet. „Mein Mann hat es mal mit Tee verwechselt und sich gewundert, dass er wie Hühnersuppe geschmeckt hat“, amüsiert sich Walburg Heinz noch heute. Schon als Kind war sie von Blumen begeistert. „Ich

brachte immer riesige Wildblumensträuße nach Hause“, erinnert sie sich. „Den Duft von Sumpfdotterblumen habe ich noch heute in der Nase.“ Das muss zu Beginn der Fünfzigerjahre gewesen sein. Zu dieser Zeit wurde Karl Foerster die Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität Berlin verliehen. An dieser Universität hat sich Walburg Heinz viele Jahre um den Einsatz von Praktikanten gekümmert. Wer Walburg Heinz’ Garten sieht, könnte meinen, sie hätte ihr Praktikum bei Foerster absolviert. Der Meister hätte an ihrem Garten seine helle Freude gehabt.

Gartenführung für Leser Zur dritten und letzten Gartenführung in diesem Jahr sind alle Leser und Freunde von „Menschen und ihre Gärten“ nach MühlenbeckFeldheim eingeladen. Am Sonnabend, 11. August, von 10 bis 16 Uhr, wird Walurg Heinz ihren Garten öffnen. Ihre Gäste dürfen selbst herausfinden, inwieweit Karl Foersters Einfluss hier zu spüren ist. Der Eintritt ist frei. Das Grundstück von Familie Heinz befindet sich Ecke Wiesengrund und Wallbruchweg in Mühlenbeck-Feldheim. Achtung! Die Postanschrift lautet zwar Wiesen-

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grund 28. Der Eingang befindet sich jedoch am Wallbruchweg. Von der Liebenwalder Straße (Landesstraße 21) zwischen Mühlenbeck und Summt zweigt der Triftweg zum Café Feldheim ab und endet an der Schmachtenhagener Straße. Hier biegen Sie rechts ab und dann gleich wieder links in den Wallbruchweg. Dann (pw) sind Sie am Ziel! Adresse: Walburg Heinz Wiesengrund 28 16567 Mühlenbeck/Feldheim


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Sonnabend

28. Juli 2012

MENSCHEN UND IHRE GÄRTEN: WALBURG HEINZ AUS MÜHLENBECK

Pracht im märkischen Gartensand Am Garten von Walburg Heinz hätte Karl Foerster seine Freude gehabt Von Petra Wolf

MÜHLENBECK Wie kommt es, dass der Gast, wenn er diesen Garten besucht, an den berühmten Potsdamer Staudengärtner und Gartenphilosophen Karl Foerster denkt? Nun ja, meint Walburg Heinz, nach seinem Vorbild habe sie ihn nicht gestaltet, aber fast alle seiner Bücher gelesen. Und einige OriginalFoerster-Züchtungen seien auch zu finden. ■

Freude am Gärtnern OBERHAVEL/OSTPRIGNITZRUPPIN (pw) Bei „Menschen und ihre Gärten“ ermöglichen uns leidenschaftliche Gartenliebhaber und Pflanzenfreunde Einblicke nicht nur in ihr Gartenreich, sondern auch in ihr Leben. Von April bis Oktober werden Privatgärten und ihre Besitzer vorgestellt. Wenn Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, ebenfalls an unserer Serie beteiligen wollen, melden Sie sich bei uns oder machen Sie Vorschläge, wenn Sie außergewöhnliche, bezaubernde, naturnahe oder auch einfach liebevoll gestaltete Anlagen in den Altkreisen Oranienburg, Gransee oder Neuruppin kennen. ■

Kontakt: Oranienburger Generalanzeiger Lehnitzstraße 13 16 515 Oranienburg Jürgen Liebezeit ✆ (0 33 01) 59 63 51 Petra Wolf ✆ (03 30 56) 7 44 89

GRÜNER TIPP

Blütenknospen wie Wimpern MÜHLENBECK/FELDHEIM (pw) Der bewimperte Felberich besitzt leuchtend gelbe Blüten über kräftig dunkelrotem Laub. Diese kontrastreiche Züchtung kann auf Blumenbeeten, Rabatten oder am Teichrand stehen. Durch Wurzelausläufer verbreitet sich der Felberich sehr schnell und er ist daher in der Lage, Unkraut zu unterdrücken. Sein Name leitet sich von der Form der Knospen ab, die wie Wimpern gebogen sind. ■

Lassen wir uns überraschen, ob uns beim Gartenrundgang nicht doch der Potsdamer Gärtner hin und wieder über die Schulter schaut. Als Walburg Heinz gemeinsam mit ihrem Mann vor 39 Jahren das 1 200 Quadratmeter große Grundstück übernahm, war es ein Kornfeld. Dazwischen wuchsen Quecken, ein äußerst lästiges und hartnäckiges Unkraut. Mit einem Karst – einer Hacke mit rechtwinklig abgebogenen, stabilen Zinken – wurden sie entfernt und „Queckengräber“ angelegt. „Wir haben tiefe Löcher ausgehoben und darin die Quecken vergraben“, schildert Walburg Heinz die mühevolle Arbeit. Der sandige Boden gab nicht viel her. „Die Bodenwertzahl betrug 18“, erklärt die staatlich geprüfte Landwirtin fachkundig. Auf einer Skala von null bis hundert liegt das weit im unteren Bereich. Unter einem Wert von 20 ist der Boden landwirtschaftlich kaum noch nutzbar. Durch Zugabe von reichlich Komposterde konnte der Gartenboden mit den Jahren deutlich verbessert werden.

Gärtnerglück: Walburg Heinz freut sich über die prachtvollen Perücken-Blüten des Fransenmohns. Der Mohn wächst zwischen Sonnenblumen, Erbsen und Salat auf den Hochbeeten. Seit 39 Jahren bewirtschaftet sie das 1 200 Quadratmeter große Grundstück, das ursprünglich ein Kornfeld war. Fotos (5): Wolf

Der Rittersporn bringt heitere Sommerstimmung Auch Karl Foerster ist es gelungen, Blumenwälder aus märkischem Gartensand emporwachsen zu lassen. Vorraussetzung war natürlich, entsprechende Pflanzen zu züchten, die den Standortbedingungen in unserer Region gerecht wurden. Durch sein Schaffen haben Hochstauden wie Phlox, Mohn oder Rittersporn Einzug in unsere Gärten gehalten. Walburg Heinz hat sich viele von ihnen in ihren Garten geholt. Einige stammen noch aus DDR-Zeiten, oder wurden über den Gartenzaun getauscht wie das Mutterkraut oder die Taglilien. Wal-

Abgepflückt: Einen bunten Sommerblumenstrauß aus Kornblumen, Mohn, Mutterkraut, Sonnenaugen und Gräsern hat Walburg Heinz in ihrem Garten gepflückt und in die Vase gestellt.

Gut abgestimmt: Rosafarbene Schafgarbe und hoher Ehrenpreis sind eine gelungene Pflanzenkombination.

Bergenien haben sich hohe Sonnenblumen angesiedelt. Auch sie dürfen stehen bleiben. Doch nicht alle Pflanzen duldet Walburg Heinz dort, wo sie sich unbedingt ansie-

bis die Nachbarn zu ihr sagten: „Wir können gar nicht mehr so viel Kohl und Salat von Ihnen gebrauchen!“ Das ist Jahre her. Inzwischen hat sie den Gemüseanbau deut-

beeindruckend. Die 75-Jährige kombiniert die Stauden nach Wuchshöhe und Blütenfarbe. „Wenn sie blühen und ich sehe, es passt nicht, setze ich sie um. Manche ha-

Weg. Karl Foerster war es auch, der einen Garten ohne Gräser „grässlich“ fand. Der Garten-Philospoph bezeichnete das Gras als „Haar der Mutter Erde“.

brachte immer riesige Wildblumensträuße nach Hause“, erinnert sie sich. „Den Duft von Sumpfdotterblumen habe ich noch heute in der Nase.“ Das muss zu Beginn der


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