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r Stadtbote

MOZ

spaziergang mit Howard Griffiths Im Olympiahain. Dass hier an die Frankfurter Olympiasieger erinnert wird, weiß Howard Griffiths gar nicht, er erfährt es bei diesem Abschiedsspaziergang. Doch auch ohne diese Information mag er die Fußgängerallee zwischen Rathaus und Oderufer. Ganz anders als in der Magistrale fühle man sich hier wohl. „Nicht alles ist in Frankfurt gelungen nach dem Krieg“, formuliert es Griffiths freundlich. Die Karl-Marx-Straße empfinde er als „absolut stimmungslos“. Man habe der Stadt ein Stück weit ihr Herz heraus gerissen. Er habe nichts gegen Neubauten, die Ergänzung zum historischen Kleist-Museum findet er zum Beispiel gelungen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaut er hingegen auf das heruntergekommene leerstehende Schulgebäude an der Bischofstraße. Die Idee, hier ein Hotel zu bauen findet er „nicht schlecht“. Doch ihm kommt noch ein besserer Einfall. „Hier könnte sie doch stehen, die Oderphilharmonie. Hier wäre ein repräsentativer Eingang, die Besucher laufen direkt auf die Oder zu“, berauscht sich der Dirigent an seinem spontanen Einfall. Verbunden mit einem guten Hotel, das würde für ihn Sinn er-

Foto: Michael Benk

stellt. „Das sind meine Freunde. Um eins machen sie auf, aber ich kriege auch schon vorher Kaffee“, lacht er. Howard Griffiths ist ein WasserMensch. Wenn ein Fluss, ein See, das Meer in der Nähe ist, fühlt er sich wohl. Aufgewachsen im englischen Hastings an der Straße von Dover waren ihm die verschiedenen Stimmungen am Wasser schon als Kind bekannt. Heute bewohnt er mit seiner Frau Semra, einer türkischen Bratschistin, ein Haus mit 600 Quadratmeter großem Garten an einem Hang zum Zürichsee. Hier, so ist sein Plan, will er

ab sofort viel mehr Zeit verbringen. Zwischen Rosen, Salat, Fenchel, Rhabarber und Himbeeren. „Im Mai will ich künftig gar keine Engagements mehr annehmen, da will ich endlich mal meinen Garten am See blühen sehen“, nimmt sich der Dirigent vor. Natürlich zieht es ihn auch im Urlaub ans Wasser. „Wir fahren jedes Jahr im Sommer an das Ägäische Meer. Das ist heilig“, sagt Griffiths und schaut noch einmal über die strömende Oder auf das tief grüne Slubicer Ufer, bevor er in die Bischofstraße einbiegt.

n in 28 Jahren sich das Orchester von Andreas Wilhelm getrennt. Das Philharmonische Orchester wurde unter Athinäos als erstes und einziges Kulturorchester des Landes Brandenburg als A-Orchester eingestuft. Athinäos reiste mit den Musikern nach Poznan, Litauen, Israel, Spanien und Russland. Nach zehn Jahren lief sein Vertrag aus, er wurde künstlerischer Direktor eines Konzerthauses in Thessaloniki. Ab der neuen Spielzeit leitet nun Jörg-Peter Weigle (Foto rechts) die künstlerischen Geschicke des Brandenburgischen Staatsorchesters. Weigle war zuletzt Professor für Chordirigieren an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin und leitete seit 1977 zahlreiche Orchester, unter anderem war er Chefdirigent der Dresdner Philharmonie und Stuttgarter Philharmoniker. Seine musikalische Ausbildung erhielt er beim Leipziger Thomanerchor. Fotos: Heinz Köhler, Winfried Mausolf (2), Tobias Tanzyna, Robert Iwanetz und Michael Benk

In der Marienkirche. Eine Station, die auf Griffiths LieblingsSpaziergang nicht fehlen darf, ist die Marienkirche. „Ist das nicht fantastisch?“ Der Dirigent steht inmitten des hohen Kirchenschiffes, schaut nach oben, dreht sich im Kreis während eine kleine Gruppe von Touristen gerade ihre Führung beendet. „Ich bewundere diesen Ort, 800 Jahre Geschichte“, schwärmt er. Wenn er Zeit habe, setze er sich gern vorn in den Chor und lasse das erhabene Gebäude auf sich wirken. „Die Stimmung hier ist unglaublich. Hier kann man als Mensch in sich gehen und Ruhe finden.“ Griffiths ist kein gläubiger Mann. Weder praktiziert der den von seinen Eltern vorgelebten christlichen Glauben noch die islamische Religion seiner langjährigen Wahlheimat Türkei. Dabei war er als Junge jeden Sonntag in der Kirche, als Chorknabe begleitete er den Gottesdienst, sein Vater spielte die Orgel. „Die Rituale der christlichen Religion sind schön“, findet er. Richtigen Sinn ergeben sie für ihn dennoch nicht. „Wir haben doch andere Kenntnisse heute“, lautet seine Überzeugung. Wenn er gebannt den Erklärungen zu der Bilderbibel auf den spektakulären Glasfenstern folgt, dann wohl eher aus historischem Interesse als aus religiöser Ehrfurcht. Und auch hier in der Kirche hat Howard Griffiths Freunde. Wachmann Eberhard Urban kommt hinter seinem Schreibtisch vor und grüßt den Dirigenten herzlich. Er zeigt ihm ein neues Veranstaltungsheft, auf dessen Titel Griffiths zu sehen ist. „Da stehe ich auf dem Dach vom Oderturm,

Donnerstag, 14. Juni 2018

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Letzte Auftritte in der Region Wer so viele Jahre an so exponierter Stelle gearbeitet hat, der muss sich auch ausgedehnt verabschieden. Nachdem beim letzten Gastspiel in Potsdam Rosenblätter regneten, ist der Dirigent noch bei drei Konzerten in der Region zu erleben.

Standort für die Oderphilharmonie? Im Gespräch mit Christine Hellert äußert Howard Griffiths eine spontane Idee. geben und wahrscheinlich käme er auch als Gastdirigent zurück. Das Brandenburgische Staatsorchester ist ihm nämlich durchaus ans Herz gewachsen. „Wenn wir etwas einüben, geht das so schnell, ich brauche nur noch einen Blick zu werfen und die Musiker verstehen mich“, berichtet er von der großen Vertrautheit. Seine Arbeit ähnele nun der einer Putzfrau. An anderer Stelle vergleicht er sich mit dem Fußball-

trainer Jürgen Klopp von seinem Lieblingsfußballclub Liverpool. „Wir haben den gleichen Job: Das Beste aus unserer Mannschaft rauszuholen.“ Seine „Mannschaft“ wird es auch sein, die er am meisten vermisst, wenn er sich nun aus Frankfurt verabschiedet. „Letztendlich sind doch die Menschen wichtiger als die Orte. Sie sind es, für die ich wiederkommen werde.“

Freitag, 15. Juni, 19.30 Uhr, Konzerthalle Frankfurt: Beim letzten Philharmonischen Konzert verabschiedet sich nicht nur Griffiths, sondern auch Orchesterintendant Peter Sauerbaum. Nach dem Konzert gibt es eine zünftige Abschieds-Party im Atrium.

23. Juni un d Chorin: Zwei 14. Juli, jeweils 16 U hr, m chester noch al dirigiert Griffiths das Kloster Juni gibt es beim Choriner Musiks Staatsorommer. Im die 2. Sinfo nie sam mit der Singakadem von Mahler gemeinie, im Juli Fi lmmusiken. Foto: Th omas Burckh

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Einkehr: Howard Griffiths an seinem Lieblingsplatz in St. Marien. Fotos (4): Frauke Adesiyan

hinter mir war nichts. Eine Horrorgeschichte“, erzählt er von dem Fotoshooting für das Bild. Ein Lächeln sei bei dieser Kulisse ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, denn – was weder Fotograf noch Pressesprecherin wussten – der Brite hat Höhenangst. Peter Urban drückt ihm das Heft mit dem „Horror“-Bild als Souvenir in die Hand und wünscht

ihm alles Gute. Vor der Kirchenpforte erzählt Griffiths, dass er schon bei seinen ersten Besuchen von dem Kirchenschiff gebannt gewesen sei. „Ich wollte hier so gern viele Konzerte geben. Aber es ist einfach zu kalt und der Raum ist überakustisch“, erklärt er, warum er seinen Wunsch nicht umsetzen konnte.

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