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CULT UR C ON medien
Frank Mangelsdorf (Hg.)
:>CHI JC9 ?:IOI A6C9 7G6C9:C7JG< Text: Hanne Bahra
ISBN 978-3-941092-43-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. CULTURCON medien Bernd Oeljeschläger Choriner Straße 1, 10119 Berlin Telefon 030 / 34398440, Telefax 030 / 34398442 Ottostraße 5, 27793 Wildeshausen Telefon 04431 / 9559878, Telefax 04431 / 9559879 www.culturcon.de Redaktion: Andreas Oppermann, MOZ-Redaktions GmbH Gestaltung: Katja Gusovius und Kathrin Strahl, Berlin Druck: Print & Media, Dänschenburg, www.printundmedia-online.de Berlin / Wildeshausen 2010 Alle Rechte vorbehalten.
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Wenn von Brandenburg die Rede ist, von Sandböden
men viele der etwa 500 Schlösser und Herrenhäuser
und krüppeligen Kiefern, von den rund 3.000 Seen
und verloren alte Ortschaften ihr historisches Gesicht
und den vielen Flüssen, von Königs- und von Adelssit-
oder wurden verschandelt. Mit den Ereignissen im
zen, dann denkt wohl jeder auch an Theodor Fontane.
Herbst 1989 wuchs die Hoffnung, auch diese Defizite
Er hat die „Streusandbüchse des Heiligen Römischen
auszugleichen.
Reiches“ berühmt gemacht und den Landstrich zwi-
Seit 1990 gibt es wieder ein Land Brandenburg. Die
schen Uckermark und Niederlausitz, zwischen Prig-
Regierung sitzt in Potsdam. Ihre Kulturpolitik ist auf
nitz und Oderbruch mit seinen „Wanderungen durch
Breite und Strahlkraft bedacht. Und man behauptet
die Mark Brandenburg“ als Kulturlandschaft von be-
sich gegenüber dem dominanten Berlin.
sonderem Reiz einem breiten Publikum erschlossen. Wie viel bereits geschehen ist, wie sehr sich das LeDie wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts,
ben in den Städten und Dörfern in den vergangenen
die mit Revolution, Krieg und Nachkriegszeit über
zwanzig Jahren verändert hat, davon vermittelt der
das Land hinweg zog, hat vieles von dem, was der
vorliegende Band unserer Buchreihe „Einst und Jetzt“
schriftstellernde Apotheker einst beschrieb, durch
einen kleinen Eindruck. Dem Leser wird es nach der
Zerstörung und Traditions- wie Geschichtsfeindlich-
Lektüre der vorliegenden Seiten hoffentlich genauso
keit verschwinden lassen. Das hat der besonderen
ergehen, wie vor über hundert Jahren dem märkischen
Anziehungskraft der Gegend aber keinen Abbruch
Sänger Fontane: „Ich bin die Mark durchzogen und
getan.
habe sie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte.“
Zwar gab es schon zu DDR-Zeiten denkmalpflegerische Bemühungen um die Erhaltung wertvoller Baudenkmale sowie erfolgreiche Restaurierungen.
Frank Mangelsdorf
Trotzdem blieben manche Kirchen ohne Dach, verka-
Chefredakteur der Märkischen Oderzeitung
LEHMEHJ
Liebe Leserinnen und Leser,
Leben vieler Brandenburgerinnen und Brandenburger einem täglichen Kampf. Hunderttausende haben
Sie halten einen Bilderbogen zum Geburtstag von
nach dem Ende volkseigener Betriebe und landwirt-
Brandenburg in den Händen! Überall im Land wer-
schaftlicher Produktionsgenossenschaften nicht nur
den in diesen Monaten Torten gebacken und Blumen
an neuer Stelle, sondern in einem neuen Beruf begon-
überreicht, weil Unternehmen und Kammern, Verei-
nen, haben umgelernt, noch einmal studiert und in
ne und Verbände ihr zwanzigjähriges Jubiläum feiern.
vieler Hinsicht lange Wege auf sich genommen, um in
Überall erinnert man sich an die besondere Zeit vor
diesem neuen „System“ anzukommen. Heute wissen
zwei Jahrzehnten, als Ostdeutschland zwischen Um-
wir: All das hat sich gelohnt! Zwar fehlte uns anfangs
bruch und Aufbruch, zwischen großer Hoffnung und
oft die Erfahrung und Fehler blieben nicht aus. Aber
mancher Unsicherheit einen historischen Neubeginn
auch die Rückschläge haben uns stärker gemacht.
wagte. Das Ergebnis will dieses Buch illustrieren.
Brandenburg 2010 ist ein Land mit selbstbewussten Menschen, einer vielfältigen Forschungslandschaft,
Im Frühjahr 1990 hatte die erste – und bekanntlich
einem leistungsfähigen Mittelstand in Stadt und
letzte – frei gewählte Volkskammer der DDR ihre Ar-
Land und großen Unternehmen, die für ihre Produkte
beit aufgenommen. Im Sommer erlebten wir die Wirt- „made in Brandenburg“ weltweite Anerkennung geschafts- und Währungsunion: Marktwirtschaft und
nießen. Wir haben grunderneuerte Infrastrukturen,
Mark mit dem lang ersehnten „D“ davor. Im Herbst
sehenswerte Städte und Dörfer, eine intakte Um-
folgten die Deutsche Einheit, die Wiedergründung
welt, begehrte Naturschutzareale und einfach gute
Brandenburgs und damit noch eine „Mark“, nämlich
Luft. Und wir sind auf bestem Wege, mit unserem
die mit dem roten Adler. Dieser Teil der regionalen
Nachbarland Polen weit mehr als gemeinsame Um-
Identität war im Alltag der Bezirke Frankfurt/Oder,
welt- und Kulturprojekte zu gestalten. Wir sind auf
Potsdam und Cottbus fast verloren gegangen, wurde
dem Weg zu einer Grenzregion neuen Typs – geogra-
aber bald schon kräftig besungen: „Steige hoch…“
phisch und wirtschaftlich nicht „am Rande“, sondern mitten in Europa.
Den Sprung in eine völlig neue Zeit schaffen und zugleich Traditionen wiederbeleben: so könnte man das
Viele dieser Entwicklungen waren 1990 unvorstellbar.
Lebensgefühl Anfang der 90er Jahre beschreiben. Als
Weißt Du noch…? Es gibt unzählige Geschichten, die
Manfred Stolpe und Regine Hildebrandt um jeden Ar-
der rote Adler seitdem bei seinem Flug über die mär-
beitsplatz und jeden Betrieb kämpften, glich auch das
kische Heide beobachtet hat und uns erzählen könnte.
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Und es gibt so viele Orte, die damals ganz anders aussahen und eindrucksvolle Zeugen des Wandels sind. Solche Plätze hat die MOZ-Redaktion gesucht und gefunden, hat in Archiven gestöbert und aktuelle Bilder zum Vergleich aufgenommen. Entstanden ist ein Foto-Album der besonderen Art: „Brandenburg einst und jetzt“. Wer darin blättert, wird bestimmt auch ein Stück der eigenen Geschichte wiederfinden und es mit Schmunzeln, Erstaunen oder auch ein bisschen Wehmut quittieren. Aber genau dieser emotionale Angriff auf die Sinne scheint mir gewollt zum Jubiläum. 20 Jahre Brandenburg! Man schlage nach in diesem Buch! Allen, die daran mitgewirkt haben, gilt mein herzlicher Dank. Es ist mehr geworden als ein FotoAlbum. Es ist das Buch im Jubiläumsjahr. Es zeigt Brandenburgs neue Seiten – auf nachdrücklichste Weise!
Ihr Matthias Platzeck Ministerpräsident Land Brandenburg
Einführung von Frank Mangelsdorf Chefredakteur der Märkischen Oderzeitung Vorwort von Matthias Platzeck Ministerpräsident Land Brandenburg
56 _ Eberswalde Paul-Wunderlich-Haus 58 _ Eisenhüttenstadt ArcelorMittal GmbH 60 _ Erkner Dynea Erkner GmbH 62 _ Eurospeedway Lausitz
10 _ Alt Madlitz Gut Klostermühle
64 _ Feldheim Energieautarker Ort
12 _ Altlandsberg Berliner Straße 39
66 _ Finsterwalde Schloss
14 _ Angermünde „Goldenes Lamm“
68 _ Forst Ostdeutscher Rosengarten
16 _ Autobahndreieck Nuthetal
70 _ Frankfurt (Oder) Wasserspiele und Brunnenplatz
18 _ Bad Freienwalde Kurmittelhaus
72 _ Frankfurt (Oder) Marienkirche
20 _ Bad Freienwalde Schloss
74 _ Frankfurt (Oder) Europa-Universität Viadrina
22 _ Bad Liebenwerda Mineralquellen
76 _ Fürstenwalde Dom
24 _ Bad Saarow Saarow Therme
78 _ Fürstenwalde Fürstengalerie
26 _ Beeskow St. Marienkirche
80 _ Fürstenwalde Kulturfabrik
28 _ Belzig Burg Eisenhardt
82 _ Fürstlich Drehna Wasserschloss
30 _ Bernau Bundesschule
84 _ Gransee Franziskanerkloster
32 _ Flusslandschaft Elbe Brandenburg
86 _ Groß Behnitz Landgut A. Borsig
34 _ Brandenburg Altstädtische Fischerstraße
88 _ Guben Promenade am Dreieck (Alte Hutfabrik)
36 _ Brandenburg St. Pauli-Kloster
90 _ Herzberg Germania
38 _ Brand Tropical Island
92 _ Horno Neu-Horno
40 _ Calau Burglehnhaus und Stadtmauer
94 _ Jüterbog Mönchenkloster
42 _ Cottbus Spreeauenpark
96 _ Kienbaum Bundesleistungszentrum
44 _ Cottbus Kunstmuseum Dieselkraftwerk
98 _ Kloster Zinna Alte Försterei
46 _ Cottbus Altmarkt
100 _ Königs Wusterhausen Schloss
48 _ Cottbus Stadion der Freundschaft
102 _ Kremmen Scheuenviertel
50 _ Cottbus Universität Cottbus (BTU)
104 _ Kyritz Marktplatz
52 _ Doberlug-Kirchhain Schloss und Kloster
106 _ Lauchhammer Lausitz-Industriepark
54 _ Eberswalde HNE Eberswalde (FH)
108 _ Lausitzer Seenland Naturparadies Grünland
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110 _ Lenzen Burg Lenzen
164 _ Potsdam Marmorpalais im Neuen Garten
112 _ Liebenberg Schloss und Gut Liebenberg
166 _ Potsdam Uferwege im UNESCO-Weltkulturerbe
114 _ Lieberoser Heide Solarpark
168 _ Potsdam Universität
116 _ Lübben Schloss Lübben
170 _ Potsdam Villa Schöningen
118 _ Lübbenau Schloss Lübbenau
172 _ Pretschen Landgut Pretschen
120 _ Luckau Kulturkirche Luckau
174 _ Pritzwalk Zahnradwerk Pritzwalk
122 _ Luckenwalde Biotechnologiepark
176 _ Rathenow Ziethen-Kasernen
124 _ Ludwigsfelde IFA-Automobilwerk
178 _ Reichenow Schloss Reichenow
126 _ Meseberg Schloss Meseberg
180 _ Rheinsberg Kammeroper Rheinsberg
128 _ Müncheberg Stadtpfarrkirche St. Marien
182 _ Rheinsberg Schloss Rheinsberg
130 _ Nationalpark Unteres Odertal
184 _ Schönefeld Flughafen BBI
132 _ Uckermärkische Seen Naturpark
186 _ Schwedt/Oder Wohnen am Wasser
134 _ Nauen Goethestraße
188 _ Seelow Kirche
136 _ Neuhardenberg Schloss und Park
190 _ Senftenberg/Cottbus Hochschule Lausitz (FH)
138 _ Neuruppin Fischbänkenstraße
192 _ Sieversdorf Gutshof Sieversdorf
140 _ Neuruppin Friedrich-Franz-Kaserne
194 _ Spremberg Industriepark Schwarze Pumpe
142 _ Neuzelle Gymnasium Stift Neuzelle
196 _ Steinhöfel Schloss und Schlosspark
144 _ Neuzelle Klosterbrauerei
198 _ Stölln Der Traum vom Fliegen
146 _ Oranienburg Schloss, Park und Orangerie
200 _ Strausberg Flugplatz
148 _ Paretz Schloss Paretz
202 _ Wildau Technische Hochschule Wildau (FH)
150 _ Peitz Malzhausbastei
204 _ Wittenberge Bahnhof
152 _ Perleberg Malerwinkel
206 _ Wittenberge Ölmühle
154 _ Potsdam Pfingstberg
208 _ Wittstock Alte Bischofsburg
156 _ Potsdam Verbotene Stadt
210 _ Wünsdorf Bücher- und Bunkerstadt
158 _ Potsdam Glienicker Brücke
212 _ Ziesar Bischofsresidenz Burg Ziesar
160 _ Potsdam Holländisches Viertel
214 _ Brandenburg in Zahlen
162 _ Potsdam Kulturstandort Schiffbauergasse
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Erdgeschoss entstanden Partyräume, darüber Offizierswohnungen. „20 graue, primitive und gestaltlose Gebäude wurden hinzu gebaut“, erinnert sich der Düsseldorfer Architekt Walter Brune. Gemeinsam mit seiner Frau Renate begann er 1999 mit Es ist, als würde der Waldsee ein Geheimnis hüten:
der Renovierung der alten Gebäude. Sie bauten eine
Erlen und Eichen spiegeln sich in der stillen Wasser-
Reithalle und ein kleines Theater. Die Häuser beka-
fläche, dunkelgrün und unergründlich. Eine Kulisse
men ihre abgeschlagenen Dachgauben zurück, aus
für Kamingeschichten. Vor langer Zeit beschlossen
den Trabi-Garagen der Stasi-Offiziere wurden Pferde-
Kartäuser Mönche an dieser Stelle für ihre Mühle das
boxen und ein Rezeptionsgebäude, aus dem Rohbau
Wasser des Sees anzustauen. 1751 ließ sich die Fa-
einer geplanten Kegelbahn die Reithalle. Das Fischer-
milie Finck von Finckenstein hier nieder. Friedrich II.
haus ist heute ein Landhotel, die Klosterscheune ist
(1712-1786) weilte im nahen Madlitzer Schloss. Kaiser
Gasthaus und Veranstaltungsgebäude. Schließlich
Wilhelm II. (1859-1941) ging hier auf die Jagd. Dann
kamen dort, wo einst Ferienbaracken standen, neue
wurde aus der Idylle ein konspiratives Ferienlager
Residenzhäuser im Fachwerkstil hinzu. Auf den Fun-
des Ministeriums für Staatssicherheit. Nichts außer
damenten des ehemaligen Stasi-Schulungszentrums
Vogelgesang drang in die Ohren der Berufslauscher.
und anstelle des Heizhauses mit 30 Meter hohem
Unbeobachtet passte man die historischen Gebäu-
Schornstein entstand das medizinische Spa. Am Ka-
de dem Geschmack der Urlauber an. So wurde das
min in der Klosterscheune, in der Klostermühle und
Mühlrad demontiert und einst mit schönem Stuck
im Ruheraum des Wellnessbereiches kann man sich
verzierte Fassaden wurden mit Rauputz versehen. Im
heute alte und neue Geschichten zuflüstern.
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Au revoir tristesse: Es gibt viele schöne Ecken in Altlandsberg, doch dass das trostlos graue Eckhaus Straußberger Straße/Bernauer Straße 14 einmal dazugehören würde, wäre niemanden im Traum eingefallen. Der Altlandsberger Bauunternehmer Mario Piejde entdeckte in der Stadtchronik eine alte Postkarte, auf der die ganze wilhelminische Pracht des ehemaligen Gasthofs zu sehen ist. Die Wirklichkeit präsentierte sich jedoch als marodes DDR-Erbe, wie an über 60 Prozent der Gebäude im
Stadtkern der 780 Jahre alten Stadt. Nur jede dritte Wohnung verfügte über Bad und WC, 80 Prozent der Quartiere wurden mit Kohleöfen beheizt. Viele Wohnungen waren unbewohnbar, Häuser verfielen oder wurden abgerissen. 1991 wohnte nur noch rund ein Fünftel der Altlandsberger in der Innenstadt. 1992 wurde das Sanierungsgebiet „Historischer Stadtkern“ ausgewiesen. Unvermessene Hofräume und ungeklärte Eigentumsverhältnisse erforderten eine komplette Neuvermessung des gesamten Stadtkerns. Über 20 Millionen Euro wurden bisher im Rahmen des Bund-Land-Programms „Städtebaulicher Denkmalschutz“ für die Sanierung Altlandsbergs zur Verfügung gestellt. Hinzu kamen Mittel aus dem Landesbau- und Brachflächenprogramm. Nach einigen schlaflosen Nächten entschloss sich auch Mario Piejde für den Kauf und die Sanierung des Eckhauses in der Straußberger Straße. Nach drei Jahren Bauzeit hatte er für insgesamt 1,5 Millionen Euro eine Prachtecke geschaffen, mit schönen, für Altlandsberg so typischen Hofwinkeln.
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Angermünde hat Glück gehabt: Am 27. April 1945 gingen der Bäcker Miers und der Juwelier Nölte den russischen Truppen mit einer weißen Fahne entgegen. Sie handelten aus, dass Angermünde unversehrt bleibt. Auch die DDR-Führung „rettete“ die Altstadt – auf ihre Weise. Sie verschonte Angermünde vom sozialistischen Aufbau. Industrie siedelte man in anderen Städten an. Dennoch verfiel die Angermünder Altstadt nach und nach, aber sie blieb immerhin stehen. Das war nach der Wende ihre große Chance. Heute ist die Stadt weitgehend saniert. Umgeben von Fachwerkhäusern der letzten vier Jahrhunderte thront in der Mitte des Marktplatzes das 1699 erbaute Rathaus. Gemütlich scharen sich zweigeschossige Häuser um die mittelalterliche Marienkirche und die Klosterkirche. Eines der ältesten Häuser der Stadt steht gegenüber der Heilig-Geist-Kapelle aus dem 14./15. Jahrhundert.
Das Fachwerkhaus Berliner Straße 2, vermutlich um 1650 erbaut, hat den großen Stadtbrand von 1705 weitgehend unbeschadet überlebt. Im letzten Jahrhundert befand sich in seinem Erdgeschoss ein Ausspannhof. Das Haus wird heute noch „Goldenes Lamm“ genannt, nach der ehemaligen Gaststube im Seitenflügel. Alte Angermünder haben das Haus in guter Erinnerung. Die Männer trafen sich im „Golden Lamm“ und die Frauen nebenan in der „Seifenstube Heimchen“ bei Olga Korell. Auch in der DDR liebten die Angermünder die Gaststätte, die sie wegen der Pferdefleischgerichte „Ponybar“ nannten. Doch um den Erhalt des Gebäudes kümmerte sich kaum jemand. Bald nach der Wende stand es leer. Um es vor dem völligen Verfall zu retten, kaufte es die Stadt 2006. Sie entkernte den Innenhof und fand einen Interessenten, der das für das Stadtbild wichtige Eckhaus für insgesamt mehr als 700.000 Euro wieder herrichtete, mehr als die Hälfte davon waren Städtebaufördermittel. Heute gehört das Haus Berliner Straße 2 mit seinen hellgelb gestrichenen Gefachen und den dunkelgrünen Balken zu den schönsten Häusern der Stadt.
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Jahrelang bei den Stauwarnungen an oberster Stelle, seit dem Sommer 2009 eine Erfolgsmeldung: Der Ausbau des Autobahndreiecks Nuthetal, das Ende 2006 gestartete Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr.11, konnte nicht nur rechtzeitig vor den Sommerferien, sondern sogar ein ganzes Jahr vorzeitig fertiggestellt werden. Hier treffen sich der südliche Berliner Ring (A 10) und der Avus-Zubringer (A 115). 1940 wurde dieser Knotenpunkt als Saarmunder Dreieck auf der Südtangente des Berliner Ringes der Reichsautobahn fertiggestellt. Transitreisende lernten ihn nach 1961 als Autobahndreieck Drewitz und Grenzkontrollpunkt mit Beobachtungsturm und Rückholrampen kennen. Nach der Wiedervereinigung erhöhte sich der Verkehr auf den beiden am stärksten frequentierten Autobahnen in Brandenburg derart, dass diese, obwohl inzwischen sechsspurig ausgebaut, keinen staufreien Verkehr mehr
gewährleiten konnten. Die Verkehrsdichte liegt hier bei durchschnittlich 120.000 Autos pro Tag. Eine neue, 34 Millionen teure Lösung wurde gefunden: Jetzt überspannt eine 156 Meter lange und 18 Meter breite Brücke, der sogenannte Überflieger, die A 10 und entschärft den einst engen Nord-OstBogen, der ehemals Unfallschwerpunkt war. Am wichtigsten Autobahnknotenpunkt Brandenburgs rollt nach 32-monatiger Bauzeit der Verkehr. Am 8. Juli 2009 gaben Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Ministerpräsident Matthias Platzeck das Autobahndreieck Nuthetal offiziell frei, wobei Matthias Platzeck unterstrich, dass sich dieses ehemalige „Nadelöhr zu einem Hochleistungsdreieck“ entwickelt habe.
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Bad Freienwalde, am Nordwestrand des Oderbruchs gelegen, ist die älteste Kur- und Badestadt Brandenburgs. Schon im Jahre 1683 wurde hier eine mineralhaltige Quelle entdeckt. Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620-1688), von der Gicht befallen, war ihr erster prominenter Kurgast. Von der Heilkraft der Quelle überzeugt, ließ er das Wasser in Röhren fassen und gründete so den Freienwalder Gesundbrunnen. 1789/90 wurde auf Veranlassung Friedrich Wilhelm II. (1744-1797), am Rande des von Peter Joseph Lenné (1789-1866) angelegten Kurparks, von Carl Gotthard Langhans (1732-1808) das heutige Kurmittelhaus als adliges Logierhaus erbaut.
Es entstand an der Stelle eines kleinen Bauernhofes und hieß deshalb in den ersten Jahrzehnten „Landhaus“. Seit 1832 diente es wechselweise als Pension, Kriegslazarett, Berufsschule, Polytechnische Oberschule und Internat. In den 1980er Jahren wurde es zunehmend weniger genutzt und zeigte massive Bauschäden bis hin zum Befall mit Echtem Hausschwamm. Seine denkmalgerechte Restaurierung fand zwischen 1992 und 2002 statt. Seitdem ist es das Bad Freienwalder Kurmittelhaus, in dem u. a. Moorpackungen, physiotherapeutische u. a. Behandlungen an ambulante Patienten verabreicht werden.
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In märkischer Schlichtheit steht das Schloss hoch über der Stadt, umgeben im 1822 von Peter Josef Lenné gestalteten Park. Schon ab 1790 kurte die preußische Königin Friederike Luise (1751-1805) jedes Jahr in Bad Freienwalde. Die Umgebung ihres späteren Witwensitzes ließ sie mit gärtnerischen Anlagen, Schlängelwegen und hölzernen Parkarchitekturen verschönern. So entstand am Hang des Apothekerberges auch ein hölzerner Gartenpavillon, der 1798 um einen Theatersaal erweitert wurde. 1798/99 erbaute David Gilly (1748-1808) das königliche Sommerschloss im Stil des frühen Klassizismus. 1909 erwarb der Industrielle, Schriftsteller, Zeitkritiker und spätere Außenminister der Weimarer Republik Walther Rathenau (1867-1922) das Anwesen. Er sah den Kauf als kulturellgeschichtlichen Auftrag und ließ das Schloss zu einem Schmuckstück altpreußischer Bau- und Wohnkultur wiederherrichten. Nach seiner Ermordung
im Jahre 1922 war Schloss Freienwalde ein Ort der Erinnerung an Walther Rathenau, bis die Nationalsozialisten alle Spuren des Juden Rathenau tilgten. Obwohl 1945 geplündert und verwüstet, blieb das Haus erhalten und diente bis 1990 als Kreiskulturhaus. Erst 1991 kam es zur Neugründung der 1918 von Rathenau selbst ins Leben gerufenen WaltherRathenau-Stiftung, die 1939 von den Nationalsozialisten aufgelöst worden war. In Erfüllung des Rathenauschen Vermächtnisses war ihr Anliegen die fachgerechte Wiederherstellung und Pflege des Schlossanwesens. Zwischen 2002 und 2007 wurden das Schloss und das Kastellanshaus, zwischen 2007 und 2010 auch der Theaterpavillon, denkmalgerecht restauriert. Schloss Freienwalde ist heute ein museal genutzter Erinnerungsort als ehemals preußisches Königsschloss und als Gedenkstätte für Walther Rathenau.
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Das war nur ein kleiner Einblick in das Buch ... Neugierig geworden? Bestellen Sie das Buch unter Telefon 01801 / 335777, auf www.moz.de oder im Buchhandel. Seit der Deutschen Einheit ist in Brandenburg viel passiert: Ein leistungsfähiger Mittelstand, Unternehmen mit weltweiter Anerkennung, grunderneuerte Infrastrukturen, innovative Forschungseinrichtungen, wunderschöne Städte und Dörfer sowie idyllische Natur prägen Land und Leute. Viele die-
ser Entwicklungen waren vor 20 Jahren noch nicht denkbar – deswegen ist es längst an der Zeit, über die Geschichten, Orte, Menschen und Zeugen dieses Wandels zu berichten. So wie einst kann auch jetzt das Wort von Theodor Fontane gelten: „Ich bin die Mark durchzogen und habe sie reicher gefunden.“
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978-3-941092-43-3
ISBN 978-3-941092-43-3