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LIEBE & SOLIDARITÄT

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BELIEBT & WÜTEND

BELIEBT & WÜTEND

Kultur &Liebe Solidarität

Kultur.Sommerfrische.Puchberg:

Wie die diesjährige Formel vertonte Liebestexte plus Stand-up Comedy zu deuten ist, verrät im Interview Musikerin und Schauspielerin Pippa Galli.

Text: Viktória Kery-Erdélyi Fotos: Gabriel Hyden, Andea Hilberger

Er scheint ein hoffnungsloser Fall zu sein. Abgeklärt, zynisch, völlig immun gegen Romantik. Auch sie braucht professionelle Hilfe, denn im Gegenzug pocht ihr Herz lauter für die ganz großen Gefühle, als ihr Hirn denken kann. Also ab zum Fachmann mit den beiden – und zwar in das Hotel

Schneeberghof, ins Hotel Restaurant Forellenhof und in den Urhof20. Der Psychotherapeut bzw. der Musiker ihres

Vertrauens heißt im echten Leben Hans Wagner und soll die beiden bei der Kultur.Sommerfrische.Puchberg heilen. Schauspieler und Festivalmacher Lukas Johne begegnete der musizierenden Schauspielkollegin Pippa Galli vor ein paar Jahren bei ihrem Konzert. Prompt war die Idee geboren, einen Theaterabend mit ihrer Musik zu verbinden.

Eben das passiert heuer im Sommer an den genannten

Locations in besonderer Weise. Das Motto lautet „Liebe &

Solidarität“; Lukas Johne gibt den verbitterten Zyniker,

Pippa Galli die mit den Herzen in den Augen. Ihr Skript beinhaltet Liebestexte und Gedichte berühmter Menschen wie Shakespeare oder Ovid; sie werden mit Musik und „dem Vibe einer Stand-Up Comedy“, wie Pippa beschreibt, dargebracht. Von dieser Künstlerin sind wir schon länger fasziniert, da ließen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen, sie zum Interview zu bitten.

NIEDERÖSTERREICHERIN: Du hast mit 16 den Entschluss gefasst, Künstlerin zu werden und der Schule den Rücken gekehrt. Wie war diese Zeit?

Pippa Galli: Ich war keine schlechte Schülerin, aber ich hatte kein Glück während meiner schulischen Laufbahn,

ich konnte nie so richtig andocken. Meine Eltern sind beide vom Theater, ich bin in diese Welt schon ein bisschen reingeboren. Dann gab es ein Vorsprechen im Schauspielhaus und Mama meinte ziemlich cool: Wenn das jetzt klappt und passt, ist es für sie okay, wenn ich das einfach mache; die Pflichtschule hatte ich schon abgeschlossen.

Es klappte: Ich war in einer aufregenden „Macbeth“-Produktion, danach habe ich gleich für die Wiener Festwochen die Hauptrolle in „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ gekriegt. Das war ein Wahnsinn: Hochkultur und so viel Aufmerksamkeit! Ich kam auch ein bisschen in den Film hinein, dass ich so jung war, war mein Bonus. Das war ein guter Start und ich hatte früh ein großes Netzwerk, sodass ich von Stück zu Stück hüpfte, bis ich 27, 28 war. Da merkte ich aber: Jetzt brauche ich einmal eine Pause. … und da fandest du zur Musik?

Ich habe in einem Stück am Wiener Rabenhoftheater gespielt und dort meinen Freund kennengelernt. Hans (Wagner, Anm.) spielte damals in der Band „Das Trojanische Pferd“, das hat mir so getaugt: Die waren wild und hatten coole Songs. Ich hab‘ immer Musik geliebt und gemacht, aber das inspirierte mich und gab mir den Anstoß, mich ernsthaft dem Schreiben eigener Songs zu widmen.

Ich hab‘ das nicht studiert, war von Anfang an immer sehr intuitiv und hatte auch Zweifel, Hans, der ein Vollprofi ist und auch jetzt für das Festival in NÖ die Texte vertont, hat sie mir genommen und mich sehr unterstützt.

Er spielt auch in deiner Band und hat die letzten Alben produziert; du warst ganz schön fleißig: 2019 kam das Debütalbum, 2020 erschien „Idiotenpa-

PIPPA GALLI

… wurde 1985 geboren und wuchs in Wien als Tochter einer Schauspielerin und eines Schauspielers auf. Nach dem Schulabbruch mit 16 wurde sie selbst Schauspielerin und stand u. a. im Wiener Schauspielhaus, am Theater Drachengasse, im Volkstheater sowie am Landestheater Niederösterreich auf der Bühne. Seit 2012 schreibt sie eigene Songs, mit ihrem Partner Hans Wagner, dem Frontman von „Neuschnee“, realisierte sie ihre ersten Alben. Mehr auf www.pippagalli.com

FESTIVAL

Kultur.Sommerfrische.Puchberg.

Unter dem Motto „Liebe & Solidarität“ bringen Lukas Johne, Pippa Galli und Hans Wagner vertonte Liebestexte mit Stand-Up Comedy an drei Locations um jeweils 19 Uhr: 10. Juni, Hotel Schneeberghof 24. Juni, Hotel Restaurant Forellenhof 9. Juli, Urhof20/Kunsthaus GAS

kultursommerfrische.com

radies“ und 2021 die EP „Lifestream“ …

Ich muss manchmal aufpassen, dass ich mich nicht selbst überhole (lacht); ich hab‘ viele Ideen und so viel Lust darauf. Im Sommer veröffentliche ich wieder eine EP, 2023 ein neues Album.

Was magst du schon verraten?

Die EP, also das Mini-Album heißt „Geister“, ab Juli werden die Songs released – und weil ich so gerne male, mache ich dafür auch das Artwork selbst. Am Album arbeite ich auch bereits; ich freu‘ mich sehr, weil ich dafür eine Förderung vom Österreichischen Musikfonds bekomme. Im Indie-Bereich Musik zu produzieren, ist schwierig, ich muss vieles aus eigener Tasche stemmen, von der Musik allein kann ich nicht leben. Noch nicht!

Es wird jedenfalls ein Konzeptalbum namens „Blick“: Jedes Lied darauf ist aus einem anderen Blickwinkel geschrieben. Ich wollte klarmachen, wie viel es ausmacht, die Perspektiven zu verändern. Die Welt aus Kinderaugen ist eine andere, als aus den Augen eines alten Menschen. Ein böser Herrscher sieht die Welt anders, als eine liebende Mutter, aber alles darf leider nebeneinander existieren.

Eure Tochter ist sieben Jahre alt, wie bist du als Mama?

Ich glaube, das habe ich von meiner Mutter so mitgekriegt: Wir waren auch immer sehr liebevoll miteinander, ich bin sehr froh, dass auch meine Tochter das Bedürfnis nach viel Nähe hat.

Mir war nach meiner Erfahrung im Regelschulsystem wichtig, eine gute Schule für sie zu finden. Ich hab‘ schon gesucht, als ich schwanger war – und auch eine gute Schule gefunden, wo die Kinder genug Raum und Platz für ihre Fähigkeiten, Begabungen und Kreativität bekommen. Klar ist es wichtig, dass man grundlegende Dinge lernt, aber ich kann nicht von jedem Menschen erwarten, dass ihn alles interessiert und er in allem gut wird. Jeder hat seine Stärken, an dieser Schule werden sie gefördert.

Und ich wünsche mir, dass hoffentlich das Klima zwischen meiner Tochter und mir so bleibt, dass sie sich immer traut, sich mir zu öffnen.

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