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KLEBSTOFF LIEBE

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WORDRAP

WORDRAP

Als Penny Lanz lieben wir sie in der TV-Serie SOKO Donau, als Umweltaktivistin kämpft sie gegen die Zerstörung unseres Planeten: Lilian Klebow. In ihrem Buch beschreibt sie nun, warum möglichst viele Menschen die Reise zurück zu sich selbst antreten sollen.

Text: Angelica Pral-Haidbauer Fotos: Jan Frankl, ORF/Satel Film/Markus Kloiber, Starpix/Alexander TUMA, Lilian Klebow/privat

Es gibt Bücher, in die fällt man hinein. Autorinnen, deren Erzählkunst einem so unter die Haut geht, dass irgendwann das eigene Ich zum Spiegel der Erzählerin wird. „Jahrelang habe ich versucht, Erwartungen zu erfüllen – die der anderen und meine eigenen. Als Schauspielerin, als Mutter, als Mensch. Irgendwann wollte ich das nicht mehr. Und da fragte ich mich, an welchem Punkt meines Lebens ich mich selbst verlassen habe“, sagt Lilian Klebow. Daraus entstanden ist eine Geschichte über das Frau- und Muttersein, über jene alltäglichen Herausforderungen, die der Spagat zwischen Beruf und Familie mit sich bringt – jenseits jeder Schönfärberei, offen, ehrlich und schonungslos mit sich selbst aufgeschrieben. Eine Geschichte über Verletzlichkeit und Stärke, und über die bittere Erkenntnis, dass irgendwann „für das Innere im Alltag keine Zeit“ mehr blieb. Auf diese Suche nach dem Inneren hat sich Lilian Klebow in ihrem Buch „Reise zurück zu mir“ begeben. Ihre Suche nach dem, was uns nicht klein, sondern groß werden lässt, uns zum Lachen und Weinen bringt und über das Band, welches die Generationen einer Familie zusammenhält, lässt eine nahezu intime Nähe zwischen der Autorin und ihrer Leserschaft entstehen. Ich nenne diesen Kitt nach der Lektüre von 288 Seiten: Klebstoff Liebe.

Aktivistin. Sibylla, so heißt Lilian Klebow im ersten Vornamen, ist als Einzelkind in einer Erwachsenenwelt aufgewachsen. Eigentlich wollte sie lieber „Billie“ sein, klang es doch mehr nach Musik und Westernheldin. Den ersten Schritt in ihr eigenes, bewusstes Selbst beginnt sie mit nur neun Jahren in einer Tanz-

Als ich perfekt sein wollte, habe ich mich immer weiter von mir entfernt. Ich bin lieber dankbar als perfekt!

Lilian Klebow

ausbildung in Schwabing. Mit 16 Jahren steht die Gymnasiastin mit rot gefärbten Haaren in Lederjacke mit Palästinensertuch voller Idealismus unter einem großen Protestplakat auf der Straße – und schrammt knapp an zwei Disziplinarverfahren vorbei: „Wir forderten die Rücknahme von Plastikverpackungen im Supermarkt. Firmen sollten das, was sie erzeugen, auch wieder einem Verwertungskreislauf zurückführen. Wir forderten eine autofreie Innenstadt. Wir waren gegen Krieg. Gegen die Abholzung der Regenwälder. Wie wäre es, wenn ich damals eine Zeitmaschine ins Jahr 2021 gehabt hätte?“

Penny Lanz. Der frühe Wunsch „wenn ich groß bin, werde ich Kommissarin“, ging mit ihrer Hauptrolle in der TV-Serie SOKO Donau in Erfüllung. „In der Rolle der Penny Lanz spielte ich die Starke. Es gab nicht so viele coole, taffe Frauenrollen, deshalb konnte ich das Freche und Furchtlose in der Figur gut ausbauen. Ich verlieh ihr eine Art, die man in Wien ‚goschert‘ nennt. Sie wurde Rapid-Fan und machte Kampfsport. Seit ich die Unsicherheit in Billie Klebow zulassen kann, lebe ich das Coole, Unantastbare in Penny Lanz gerne spielerisch aus. Penny ist so. Ich bin privat ganz anders. (...) Beim Spielen nahm es mir meine Weichheit, meine Weiblichkeit und meine Stärke. Ständig die Taffe zu sein, die du nicht sein willst, macht müde. Bei mir hatte das schon etwas von Selbstverleugnung.“ Also wurden Lilian Klebow jene wunderbaren Momente ins Drehbuch geschrieben, in denen Pennys Schale bricht, sie sich auch verletzlich, verwundbar oder gebrochen zeigen darf.

Ein erster Schritt von Penny zu Billie.

Hallo, Klebstoff! Mit diesen Worten, der „natürlich mein Spitzname in der Schule war“, öffnete der Freund ihres Schauspielerkollegen Gregor Seeberg, die Tür zu seiner Wohnung. Diese erste Begegnung mit Erich Altenkopf, bekannt als Dr. Michael Niederbühl in der TV-Serie „Sturm der Liebe“, war der Beginn der ganz großen Liebe ihres Lebens. Dem Heiratsantrag mit einem Ring, verborgen in einer Muschel, folgten gleich drei Hochzeitszeremonien. Eine davon vollzog Gregor Seeberg. „Wir waren ja Schiffskapitäne. Oder so. Mit unserem Donaupatent. Zlatko, unser Ausstatter von der SOKO, bastelte mir eine Heiratsurkunde und besorgte die maltesische Flagge, unter der man als Kapitän zwei Menschen trauen darf. Meer gab es keines. Boot auch nicht. Nur einen Pool. Und dazu mieteten wir uns sogar ein kleines Ruderboot aus dem Schloss Laxenburg, hoben es auf den kleinen Swimmingpool und stellten uns dort zu sechst hinein.“ Die Trauung mit Brief und Siegel fand dann vor zehn Jahren in der Albertson Wedding Chapel am El Matador Beach hinter Malibu statt.

© Privat

Wenn wir unseren Wert als Mensch nicht am neuesten Handy, ein paar Likes und neuen Klamotten fest machen, dann sind wir frei.

Lilian Klebow

Eine „Wedding to go“ – als großer Schritt zum WIR. „Du bist mein Leben. Meine Liebe. Mein Zuhause. Danke, dass du mich immer siehst, wie ich bin“, schreibt Lilian Klebow im Vorwort ihres Buches. Eine Liebe, die mit Tochter Charlie (7) und Sonny (4) gekrönt wurde.

NIEDERÖSTERREICHERIN: Lilian, Sie beginnen Ihr Buch mit berührenden Liebeserklärungen an die Mitglieder Ihrer Familie. Wie schwer ist es Ihnen gefallen, Ihre ganz persönlichen Gefühle mit Ihren Lesern zu teilen?

Ich habe beim Schreiben nicht ein einziges Mal darüber nachgedacht. So gehe ich meistens an Sachen heran, die

„SAU“-AKTIVISTIN

Mit nur 16 Jahren geht Billie, die Gymnasiastin, für den Umweltund Klimaschutz auf die Barrikaden – und schrammt knapp an zwei Disziplinarverfahren vorbei. mir viel bedeuten. Ich habe eher losgelassen, rausgelassen, dem „Was-ist“ zugehört. Vielleicht ist das Buch deswegen so nah, so roh und ehrlich geworden. Wenn ich anfange nachzudenken, dann denke ich meistens alles gleichzeitig und in tausend verschiedene Richtungen. Das ist verwirrend für mich und andere (lacht). Beim wieder und wieder lesen und der Arbeit mit meiner Lektorin, wurde mir klar, was in diese Reise gehört und was bei mir bleibt. Bis zur Biografie dann (lacht). Nun bin ich erstaunt, dass es wirklich draußen und lesbar ist. Ich freue mich über Rückmeldungen, die oft sehr persönlich und offen sind. Das ist das, was ich mir mit dem Buch gewünscht habe. Dass wir näher zueinanderkommen, uns verbinden, auch wenn es in den momentanen Zeiten nicht leicht ist. Wir werden als Gesellschaft an dieser Aufgabe wachsen. Wenn wir uns sehen. Und umeinander kümmern.

Sie beschreiben das Aufwachsen in Bayern als Einzelkind in einer Erwachsenenwelt. Liegt darin diese Sehnsucht, ein Kind unter Kindern sein zu dürfen?

Gut erkannt haben Sie mich (lacht). Danke! Ja, ich denke, ich war sehr früh überernst und erwachsen. Leichtigkeit und Lachen und albern sein war mir nicht in die Wiege gelegt. Ich habe viel von meinen Kindern und meinem Mann gelernt. Gestaunt habe ich immer gern. Und fantasiert. Das kann man mit Kindern jeden Tag. All diese kleinen Wunder und so viel Neues mit ihnen erleben dürfen, ist ein großes Geschenk.

Für das Leben mit Ihren Kindern haben Sie sich intensiv mit dem Thema Conscious Parenting beschäftigt, einem Erziehungsstil, der alte östliche Überzeugungen und moderne westliche Psychologie kombiniert...

Ja, durch Conscious Parenting habe

TAFF & GOSCHERT.

In der TV-Serie „SOKO Donau“ geht Pubklikumsliebling Lilian Klebow als Penny Lanz mit Stefan Jürgens als Carl Ribarski in der Folge „Mann ohne Eigenschaften“auf Mörderjagd.

ich angefangen, genau hinzusehen. Eine Pause zu machen. Zuzuhören. Dr. Shefali Tsabary sagt so wunderbar „If you want to raise the child before you, you first have to raise the child within you.“ Darin liegt viel Wahrheit. Viele von uns sind verletzte Kinder. In den Generationen davor noch viel mehr. Die Haltung gegenüber Kindern hat sich zum Glück in den letzten Jahren gewandelt. Sie werden nicht mehr als „dumm und unmündig“ angesehen, sondern als eigenständige, gleichwürdige Personen. Darin liegt für mich die Chance für Morgen. Ich glaube unsere kranke Ego-Welt muss sich zutiefst ändern, denn anders kann ich mir nicht erklären, dass wir als höchstintelligente Spezies unseren eigenen und einzigen Planeten zerstören! Das Ego ist das, was man in den ersten sechs Lebensjahren entwickelt, wenn man keine bedingungslose Liebe erfährt. Nur das Ego – anstatt Selbstliebe – entfremdet uns soweit von uns und unserer Natur, dass wir so rücksichtslos handeln, wie wir es tun.

Scheinbar „perfekt“ zu sein, ist ja das vorgegaukelte Gebot im Zeitalter der sozialen Medien ...

Perfektion ist langweilig. Glatt. Sauber. Steril. So ist unsere Welt in „echt“ nicht. Sie ist Ordnung im Chaos. Hin-

FREUNDE AM SET.

Seit 2005 ist die TV- Serie „SOKO Donau“ ein Garant für urbane Krimi-Unterhaltung. Die Schauspieler der Spezialeinheit, Helmut Bohatsch, Stefan Jürgens, Brigitte Kren, Lilian Klebow, Andreas Kiendl und Maria Happel, sind gerngesehene Gäste in den heimischen Wohnzimmern. fallen. Aufstehen. Groß sein. Klein sein. Verzweifelt. Glücklich. Ohne das eine existiert das andere nicht. In dieser Akzeptanz liegt Freiheit. Im Annehmen dessen, was ist. Nicht, indem wir uns in eine sterile Scheinwelt flüchten. Niemand ist perfekt. Zum Glück. Ist das nicht schön? Als ich perfekt sein wollte, habe ich mich immer weiter von mir entfernt. Weil diese Perfektion eine unlösbare Aufgabe ist. Die Wahrheit ist: Wir werden nicht NIE scheitern. Und wenn, dann würde uns ja gar nicht auffallen, wie viel Glück wir haben. Ich bin lieber dankbar als perfekt!

Als engagierte Umweltaktivistin schreiben Sie, „noch nie in der Weltgeschichte hatten Menschen den Luxus, sich so wie wir mit sich selbst beschäftigen zu können“ und wir deshalb die erste Generation sind, die etwas ändern kann. Was wäre der erste Schritt einer Veränderung?

Selbstermächtigung, Selbstliebe, Annahme und Aufbegehren. Wenn wir begreifen, was wir haben. Wie viel Glück, dass wir nun seit 76 Jahren in einem Land ohne Krieg leben, dass wir nicht flüchten mussten wie unsere Großmütter und Großväter, oft auch noch die Eltern. Das wir sehen, was wir wirklich brauchen, nicht was uns von großen Firmen aus Profitgier als „freier Wille“ verkauft wird. Wenn wir wir sind und

GROSSE GEFÜHLE. Mit Ehemann Erich Altenkopf (Frauenschwarm als Arzt in der TV-Serie „Sturm der Liebe,“) und ihren Kindern Charlie (7) und Sonny (4) beim „Austrian World Summit The Schwarzenegger Climatie Initiative 2020“ am Heldenplatz.

© Starpix/ Alexander TUMA

unseren Wert als Mensch nicht am neuesten Handy, ein paar Likes und neuen Klamotten fest machen, dann sind wir frei. Dann können wir um unseren Planeten kämpfen. Denn das ist die brutale Aufgabe, die wir momentan unseren Kindern hinterlassen. Wir sollten aufbegehren und handeln. Es läuft vieles zutiefst falsch auf diesem Planeten, aber ich bin voller Hoffnung, dass wir das schaffen. Wir haben als Menschen überlebt, weil wir zusammengehalten haben und uns spezialisiert haben. Das ist der Spiegel, den uns die Pandemie vielleicht gerade vorhalten will. Zusammenhalten als Gemeinschaft. Vertrauen. Gemeinsam für ein neues Morgen.

Ihr Opa war Kriminalhauptkommissar bei der Münchner Mordkommission, die Oma das Herz-Chakra im Puddingsuppen-Erdbeer-Fantasieland Ihrer Kindheit. Sie sind begeisterte Mutter, welche Großmutter möchten Sie einmal sein?

Eine mit einem großen Bauernhof. Einem Gemüsegarten. Mit Obstbäumen

Du bist mein Leben. Meine Liebe. Mein Zuhause. Danke, dass du mich siehst, wie ich bin.

Lilian Klebow an ihren Mann Erich Altenkopf

und selbstgemachter Marmelade. Mit einer wilden Wiese vor dem Haus und Bienen. Mit selbstgemachtem Honig und einem Riesenbücherregal. Ja. Mit Liebe. Dankbarkeit und viel Humor. Und hoffentlich viel Gesundheit, damit ich auch meinen Enkelkindern noch hinterherjagen kann. Eine Geschichtenerzählerin. Und ich hoffe, dass wir unserer Tochter und unserem Sohn und ihren Familien helfen können. Dass wir einfach da sind. Erich und ich auf zwei Schaukelstühlen. Jeder mit drei Kindern am Arm.

Sie waren es leid, in Interviews nicht echoartig über sich selbst zu sprechen, sondern wollen vielmehr eine Stimme für andere sein. Widmen Sie deshalb Ihr Buch Jane Goodall und dem Gedenken an Betty Williams, der Gründerin der Community of Peace People und Friedensnobelpreisträgerin 1976, die vor einem Jahr an Covid verstorben ist?

Es gibt viele großartige Menschen, wie Jane Goodall und Betty Williams, großartige Organisationen wie Greenpeace, Global 2000, die SOS Kinderdörfer, Purple Sheep, die Kindernothilfe, Tierärzte ohne Grenzen und so viele andere, die so viel auf der Welt bewegen. Jeder kann jeden Tag einen entscheidenden Unterschied machen. Es ist nicht wichtig, dass wir alles immer richtig machen, sondern dass wir etwas machen und bewegen. Jeder mit seinen ureigenen Stärken. Ich bin dankbar dafür, eine

© privat

Stimme zu haben und sie gebrauchen zu dürfen, für das Jane Goodall Institut Austria oder die World Centers of Compassion for Children. Es ist eine große Ehre und macht mir Freude. Ich lerne jeden Tag von all diesen Menschen.

Es wird bald Weihnachten. Welche Bedeutung haben für Sie die Sterne als Symbol?

Ich liebe Sterne. Sie funkeln, strahlen. Wachen über uns. Beschützen uns. Sind

EINE STIMME FÜR ANDERE SEIN.

Lilian Klebow ist Ehrenbotschafterin für das Jane Goodall Institut und für die 2020 verstorbene Friedensnobelpreisträgerin Betty Williams. Eine Aufgabe, die sie als große Ehre empfindet und die sie mit Dankbarkeit erfüllt.

Glückssterne. Sind weit entfernte Traumsterne. Sind Weihnachtssterne. Der zweite Name meiner Tochter bedeutet „der hellste Stern“. Mein Mann nennt mich so. Und mehr kann ich dazu gar nicht mehr sagen. Sonst wird es noch kitschiger …

www.janegoodall.at www.wccci.org www.purplesheep.at

REISE ZURÜCK ZU MIR Ein Buch über weibliche Selbstermächtigung, innere Rebellion und modernen Feminismus, gerade erschienen im Verlag edition a, ISBN 978-3-99001-536-0, € 22

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