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SO SCHMECKT‘S AUF DER ALM

So schmeckt’s

AUF DER ALM!

Text: Zivana de Kozierowski Fotos: Monika Löff

Kochen am Feuerherd, ohne Strom, aber mit den hochwertigsten Zutaten, die von regionalen Höfen und aus dem Kräutergarten vor der Hütte stammen. Auf der Rettenbachalm bei Bad Ischl muss man sich diese „entschleunigte“ Küche aber erst verdienen. Man muss die Speisen nämlich selber zubereiten. Ein Kochkurs in der Hoisn-Hütte.

Die Hoisn Hütte auf der Rettenbachalm (630 Meter).

Hüttenbetreiber mit Leib und Seele: Sabine und Josef.

Wir werden schon erwartet: Mit einem herzlichen „Willkommen im Paradies!“ begrüßen uns die beiden Gastgeber am Parkplatz der Rettenbachalm. Ein wirklich fesches Paar, das sich zum Verwechseln ähnlich schaut, im wahrsten Sinne des Wortes: Sabine Langer und ihr Partner Josef Zierler sind gleich angezogen – wie es sich für die Gegend gehört, in zünftiger Tracht: kariertes Hemd, Knickerbocker, Hut und Stock. Dieser Empfang ist aber nicht exklusiv für uns, wie wir später erfahren – alle Teilnehmer der Kochkurse hier oben werden so willkommen geheißen.

Kochen in luftiger Höh‘

Wir spazieren durch ein wahrhaftiges Paradies, vorbei an saftig grünen Wiesen, da und dort steht eine kleine Almhütte, eingebettet in die Landschaft, und der blaue Himmel steuert zu diesem schönen Bild noch ein paar Schäfchenwolken bei. Die perfekte Idylle. Ein paar hundert Meter weiter, vorbei am Jaglingbach, dann sind wir bei der Hoisn Hütte.

Sabine und Josef gehören einer Almgemeinschaft mit zehn Almbauern an, deren Jungkühe den Sommer hier auf der Rettenbachalm, einer sogenannten „Wechselalm“, verbringen. Der Milchviehbetrieb der beiden liegt im Tal, zwischen Bad Ischl und Bad Goisern, einer der Söhne des Bauern hat am Hof bereits das Ruder übernommen. Sabine, eine gebürtige Wienerin, hat es vor über 30 Jahren hierher ins Salzkammergut verschlagen.

Während die Wahl-Ischlerin erzählt, bleibt sie kurz stehen, richtet sich den Hut und meint: „Die regionale Herkunft von Lebensmitteln war mir seit eh und je ein Anliegen, doch dass ich einmal ganz selbstverständlich selber Kühe melken und Ziegen halten oder gar wissen würde, was es bedeutet, eine Landwirtschaft zu betreiben, das hätte ich mir als Städterin niemals träumen lassen.“ Sabine Langer, ursprünglich Pädagogin, unterrichtete Kochen in einer Haushaltungsschule, bevor sie über Umwege in der Gastronomie landete, einige Zeit in dieser Branche arbeitete, um schließlich mit eigenen Kochkursen zu starten. Bad Ischl war für sie deshalb naheliegend, weil ihr Vater hier lebte.

Besinnung auf das Wesentliche

In der Hütte angekommen, wird erst einmal von Josef der Küchenherd ordentlich eingeheizt. Innerhalb weniger Minuten hört man das Holz knistern und knacken, die Flammen lodern im Ofen und es wird ordentlich warm. Vor der Hütte plätschert ein Brunnen gelassen vor sich hin. Ein Platz, an dem man keine andere Wahl hat, als den Stress hinter sich zu lassen und runterzukom-

„DIE REGIONALE HERKUNFT VON LEBENSMITTELN WAR MIR SEIT EH UND JE EIN ANLIEGEN.“

Sabine Langer

men. Denn die notwendigen Handgriffe, um einen funktionierenden Alltag auf der Alm zu gewährleisten, lassen auch nichts anderes zu, als völlig entspannt zu sein im Hier und Jetzt.

Während sich Kochbegeisterte in der spartanischen Küche mit den auf das Wesentliche reduzierten Mitteln dem „Wirken am Herd“ widmen, können Naturfreunde, die es eher nach draußen zieht, mit Josef einen richtigen „Almlehrgang“ absolvieren. Dabei warten bei einem Rundgang auf der Rettenbachalm mehrere Aufgaben auf den Teilnehmer, wo es naturgemäß um die Flora und Fauna auf der Alm geht. „Beendet wird der Lehrgang dann mit einer Prüfung, der sogenannten „AlmMatura“, schildert Josef mit einem Augenzwinkern.

Gekocht wird im Alm-Kochkurs alles, was auch früher auf der Alm nahrhaft, schmackhaft und vor allem möglich war. Natürlich nur mit Zutaten, die anno dazumal zur Verfügung standen, also Schmalz, Milch, Mehl, Fleisch oder Gemüse und natürlich Kräuter aus dem eigenen Kräutergarten. Unweit der Hütte halten Sabine und Josef zudem zehn Ziegen auf der Weide, künftig soll auch mit den hofeigenen Milch- und Käseerzeugnissen gekocht werden. Der dafür benötigte Käseraum im Keller ist schon im Entstehen.

Heute stehen Fleischnudeln mit Sauerkraut sowie in der Pfanne herausgebackene Holzknecht-Nocken am Menüplan. Da heißt es: Aufnahmegerät und Schreibblock zur Seite legen, die Ärmel hochkrempeln und los geht’s.

Speisen wie früher

Während Sabine den Teig für die Fleischkrapfen zubereitet, bin ich für die Fülle zuständig. So sind bei den Kursen immer Zweierteams für einen Gang zuständig. Die maximale Personenanzahl bei den angebotenen Kursen ist mit zehn begrenzt. Hier am Berg wird das Kochen jedenfalls zum Erlebnis. Kein Mixer, keine Küchenmaschine und der Feuerherd ist auch nicht so einfach zu regulieren, wie man das vom E-Herd zu Hause gewöhnt ist. So sieht Slow Food auf der Alm aus. „Ich habe lange gebraucht, um das notwendige Feingefühl für den Herd zu bekommen, da ist mir schon einiges angebrannt“, lacht Sabine. Mittlerweile sind die ersten Fleischkrapfen gefüllt und geformt und landen sogleich im heißen Schmalz der gusseisernen Pfanne. Während die Krapfen vor sich hin brutzeln, bringt Josef einen kleinen Buschen frisch gepflückter Kräuter von der Almwiese – wilder Thymian, wie sich herausstellt. Die perfekte Ergänzung zu diesem puristischen Hüttengericht.

Einfach und nahrhaft – die HolzknechtNocken

Besonders beliebt bei den Holzknechten früher waren Schmarrn, Sterze oder Nocken, denn bei der Waldarbeit oben im Gebirge durften die Speisen nur wenige Zutaten beinhalten – es musste ja alles selbst hochgetragen werden. Das Essen wurde am offenen Feuer in einer Pfanne in kurzer Zeit zubereitet. Es musste also schnell gehen, die Gerichte durften den Holzknechten außerdem nicht viel kosten und sollten möglichst nahrhaft und energiereich sein. Eine gute Kraftreserve für die harte Arbeit eben. Die Holzknecht-Nocken sind schnell geformt. Die Besonderheit bei diesem Gericht ist, dass das Wasser aufgekocht wird, bevor es über das Mehl gegossen und daraus dann ein Teig geknetet wird. Ein zweites wichtiges Merkmal dieses deftigen Hüttengerichtes ist, dass

die Nocken zuerst etwa zehn Minuten in Wasser gekocht werden, bevor man sie in der gusseisernen Pfanne in heißem Butterschmalz zu „einem Ganzen“ zusammenwachsen lässt, sodass dieses entstandene „Kranzerl“ in einem Stück umgedreht werden kann.

Josef, der beim Kochen mithilft, ärgert sich ein wenig, dass die Nocken in der Pfanne nicht ganz so zusammenhalten, wie sie eigentlich sollten. Aber spätestens als er die goldbraun-gebackenen Nocken mit Sabine vor der Hütte mit dem zubereiteten „Äpfelmandl“ genießt, ist wieder „alles in Butter“ oder besser gesagt „in Schmalz“!

Wissenswertes über die Rettenbachalm

Mit ca. 500 Hektar und 500 Stück Vieh im Sommer war die Rettenbachalm bei Bad Ischl früher die größte Alm im Salzkammergut. Doch da in den letzten Jahrhunderten für die Salzgewinnung sehr viel Holz benötigt wurde, wurden die Almbauern von ihrem Gemeinschaftsbesitz enteignet. Zwar bekamen die Bauern dafür Weiderechte zugesprochen, die jedoch eher eingeschränkt waren. Es durften weder Hütten aus Holz errichtet, noch Bäume gefällt werden. So schrumpfte die Alm bis auf elf Hektar zusammen. Vor gut 20 Jahren entschlossen sich die verbliebenen Almbauern schließlich, die Alm zu rekultivieren und es wurde über einen Zeitraum von zehn Jahren eine Fläche von etwa 50 Hektar gerodet. Dadurch können heute wieder bis zu 150 Stück Vieh auf der Alm weiden.

An die Niederalm sind zwei Hochalmen angeschlossen: die Karalm und die Hinteralm. Der Auftrieb der Tiere auf die Niederalm findet Mitte Mai statt. Ab Mitte Juli befindet sich das Vieh dann auf der Hochalm, Mitte September kommt das Vieh auf die Niederalm zurück. Daher wird die Alm auch „Wechselalm“ genannt. Der Almabtrieb findet je nach Witterung zwischen Anfang und Mitte Oktober statt. Der voraussichtliche Almabtrieb ist heuer der 10. Oktober. Wenn während des Almsommers kein Unglück geschehen ist, werden die Tiere beim Almabtrieb feierlich geschmückt, mit Musik ins Tal begleitet und es wird ausgiebig gefeiert.

WANDERTIPPS

VON SABINE UND JOSEF

AUSGANGSPUNKT Rettenbachalm

• In ca. drei Stunden gelangt man über die Hinteralm auf den Gamskogel. • In ca. eineinhalb Stunden geht man über die Blaa Alm nach Altaussee. • Vom Ausgangspunkt Rettenbachalm ist man ebenso in eineinhalb Stunden auf der Bärkoglalm. • In ca. vier bis fünf Stunden gelangt man auf den Schönberg und in etwa zwei

Stunden auf die Ischler Hütte. • Wer es lieber gemütlich angeht, macht den Almrundweg unter einer Stunde (ca. 3,5 Kilometer).

Näheres unter: www.hoisnhuetterettenbachalm.at

Für Almankömmlinge gibt‘s eine „Hut-Taufe“ am Jaglingbach.

DEFTIGE ALM-FLEISCHKRAPFEN

(Rezept von der Unterhof-Alm)

ZUTATEN FÜLLE:

• 1/2 kg gekochtes „geselchtes Rindfl eisch“ • 1/2 kg gekochter Selchschopf • 1 Zwiebel • Petersilie • Salz, Pfeff er

ZUTATEN TEIG:

• 1/2 kg Mehl

  (1/4 kg Weizen-, 1/4 kg Roggenmehl) • ca. 1/4 l Milch • 10 dag Butter • gemahlener Kümmel • Salz

ZUBEREITUNG FÜLLE:

Fein geschnittene Zwiebel anrösten. Das grob faschierte Fleisch darunter mischen und kurz durchrösten. Gehackte Petersilie dazugeben und evtl. noch mit Salz und Pfeff er abschmecken.

ZUBEREITUNG TEIG:

Mehl, Salz, gemahlenen Kümmel in eine Schüssel geben, Milch und Butter aufkochen, über das Mehl schütten und durchkneten. Den Teig sofort dünn ausrollen.

VARIANTE 1: Mit dem Ausstecher Kreise ausstechen, mit der Fülle belegen und gut zusammenklappen.

VARIANTE 2: Quadrate schneiden und mit der Fülle belegen. Zu Dreiecken falten und gut verschließen. Im heißen Fett herausbacken und goldbraun mit Sauerkraut servieren.

URIGE HOLZKNECHT-NOCKEN

Holzknecht-Nocken wurden in den Holzstuben von den Waldarbeitern zubereitet. Die Maßangabe erfolgte daher als Gefäß- bzw. Schöpfer-Einheit.

ZUTATEN:

• 1 Messgefäß gestrichen voll mit Weizenmehl

(halb glattes, halb gri ges Mehl) • 1 gleich großes Messgefäß mit Wasser • Salz

(auf 1/2 l Wasser kommt 1/2 TL Salz) • Butterschmalz zum Herausbacken

ZUBEREITUNG:

Mehl in eine Schüssel geben und salzen. Wasser aufkochen und in einem Guss über das Mehl gießen, rasch zu einem Teig verarbeiten. Mit nassen Händen Knödel formen (3 – 4 cm Durchmesser), in Salzwasser ca. 5 – 7 Minuten kochen.

In einer Nockenpfanne Butterschmalz erhitzen, ca. 1/2 cm hoch, die abgetropften Nocken dicht aneinander legen (müssen in der Pfanne zusammenkleben) und auf der Unterseite gut braun backen.

Ein Zeichen dafür, dass die Nocken gut gelungen sind, ist, dass diese in einem Stück umgedreht werden können. Diese Form wird als „Kranzerl“ bezeichnet. Als Beilage passt hier ebenso gut Sauerkraut oder „Äpfelmandl“ (in wenig Butter gedünstete Äpfel – keinen Zucker beigeben!).

Experimentierfreude & Enthusiasmus

Sein Herz schlägt für seine Heimat Salzburg und das Salzkammergut sowie das niederösterreichische Kamptal, wo er mit der WeinGärtnerei Stefan Lang zum erfolgreichen Winzer avancierte. Nun lässt Stefan Lang eine Brücke wachsen – mit einem Weingarten am Wolfgangsee.

Seit zwei Jahren pfl anzen die Jugendfreunde Matthäus Eisl (l.) und Winzer Stefan Lang (r.) Weinreben hoch über dem Wolfgangsee an.

„Man braucht viel gute Energie und Durchhaltevermögen, denn Rückschläge sind vorprogrammiert, wenn man Quereinsteiger ist“, lacht Stefan Lang. Sein Vorteil: Da waren keine ausgetretenen Pfade, keine Scheu, Neues zu versuchen, sondern vor allem viel Leidenschaft und Off enheit für einen Weg, für den er sich aus tiefem Herzen entschieden hat. Aufgewachsen in Salzburg und im Salzkammergut, brachte sein Job den studierten Betriebswirten ins niederösterreichische Kamptal. Wer weiß, vielleicht wäre er eines Tages sogar wieder ins Salzkammergut heimgekehrt, hätte es da nicht eine schicksalhafte Begegnung mit einem Weingarten in der herrlichen Wachau gegeben. Heute ist Stefan Lang längst kein Newcomer mehr, den Weinbau hat er in den vergangenen Jahren mit Leib und Seele inhaliert. Der Mut ist ihm zum Glück bis heute nicht ausgegangen und so macht er abermals mit einem bemerkenswerten Projekt von sich reden: Die Sehnsucht nach der Heimat stillt er mit einem Weingarten am Wolfgangsee.

Ein Traum wird wahr

Angefangen hat das Ganze vor zwölf Jahren, als Stefan Lang beim Donaufestival in Krems anheuerte. Dazu gehörte freilich auch, die Region in all ihren Facetten zu erkunden und zu genießen. „Eines Tages habe ich einen verfallenen Weingarten in Steinterrassenlage, mit einem wunderschönen Blick nach Dürnstein, Weißenkirchen und auf die Donau entdeckt“, schildert er. Er ist sofort Feuer und Flamme und der Kindheitstraum von einem Leben auf dem Traktor weckt seine Neugier: Könnte er nicht doch Weinbauer werden? Der Besitzer verkauft zwar nicht, dafür beschließen sie, gemeinsam den Weingarten zu rekultivieren. Später kommen andere, ihm wohlgesonnene Weggefährten hinzu. Nach und nach beginnt er, Weingärten in den besten Lagen des Kamptals zu kaufen bzw. zu pachten. In Gobelsburg fi ndet er zudem zwei historische Weinkeller, die er aufwendig saniert. Als er 2019 dort „einzieht“, keltert er bereits seinen zehnten Jahrgang und den „SalzkammergutWein“, eine vinophile Liebeserklärung an seine Heimat. Hinter der Sonderedition verbirgt sich seither Jahr für Jahr ein charakterstarker Grüner Veltliner.

Zurück zu den Wurzeln

Heute ist Stefan Lang hauptberuflich Winzer. Dem Salzkammergut ist er stets treu geblieben und widmet diesem schönen Fleckerl Erde nicht nur seine wertvolle Freizeit. „Ich bin stolz darauf, Kundinnen und Kunden in den besten Häusern und an den schönsten Plätzen im Salzkammergut mit meinem Wein versorgen zu dürfen“, schwärmt der stets Experimentierfreudige, der noch einen Schritt weitergeht. Vor gut zwei Jahren pfl anzt er mit Jugendfreund Matthäus Eisl erste Weinreben über dem Wolfgangsee. Matthäus und seine Frau Barbara leiten den Traditionsbetrieb Leitnerbauer in Strobl und haben sich mit ihren edlen Schnäpsen und feinem Ziegenkäse einen Namen gemacht. Zudem besitzen sie die bekannte Sommerrodelbahn, wo nunmehr zwischen den Bahnen Reben in Stockkultur wachsen. „Der Boden und das Klima sind am Wolfgangsee natürlich ganz anders als im Kamptal, aber ich freue mich auf dieses Experiment und die besondere Herausforderung“, sprüht Stefan Lang vor Enthusiasmus.

Nähere Infos unter:

weingaertnereistefanlang.at

Zwischen der Sommerrodelbahn von Matthäus Eisl wachsen Reben in Stockkultur.

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