Manfred Grund Mitglied des Deutschen Bundestages
Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode /181. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 24. Mai 2012
Rede des Abgeordneten Manfred Grund in der Debatte „Wandel in Myanmar“ Original-Protokoll 17/181, S. 21576 f.
Berlin, 24. Mai 2012 Manfred Grund, MdB Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: +49 30 227-78014 Fax: +49 30 227-76374 manfred.grund@bundestag.de
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat der Kollege Manfred Grund von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Manfred Grund (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts vollzogen sich sowohl in Deutschland als auch in Myanmar, damals noch Burma oder Birma, gravierende politische Veränderungen. 1961 wurde in Deutschland, in Berlin, die Mauer gebaut, der Eiserne Vorhang ging nieder. 1962 übernahm in Burma das Militär die Herrschaft und blieb nahezu 50 Jahre an der Macht. 1988 kam es zu gewalttätigen Protesten gegen die Militärjunta, getragen von Hunderttausenden junger Leute, von Studenten. Es gab wahrscheinlich mehr als 1.000 Tote. Die Militärs blieben danach weiterhin an der Macht. In Deutschland, in Berlin, fiel die Mauer; der Eiserne Vorhang in Europa fiel. Es kam zu Demokratisierungsprozessen und zu Hoffnung in diesem Teil der Welt. Myanmar – Burma – Birma blieb weiterhin unter Militärherrschaft. Im Jahr 2007 kam es erneut zu gewalttätigen Protesten gegen die Militärherrschaft; diesmal getragen von buddhistischen Mönchen, buddhistischen Nonnen und natürlich auch von der Zivilgesellschaft. Auch im Jahr 2007 wurden die Proteste gegen die Militärdiktatur wieder blutig niedergeschlagen.
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Vor wenigen Monaten haben die Militärs ihrerseits begonnen, das Land zu öffnen, zu demokratisieren, freie Wahlen zu ermöglichen, Gewerkschaften zuzulassen, das Streikrecht wieder einzuführen und Parteien zuzulassen. Ein bemerkenswerter Reformprozess. Wir erleben eine Revolution von oben, angestoßen und mitgetragen von unten. Alles kann ein gutes Ende nehmen. Herr Dr. Schmidt, im Gegensatz zu Ihnen freuen wir uns über diesen Prozess. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Wir erleben, wie eines der letzten Länder dieser Welt, welches mehr als 50 Jahre unter einer Militärdiktatur gelebt hat, sich mit viel Hoffnung auf Seiten der Opposition und der Zivilgesellschaft bewegt. Wir sollten diesen Prozess unterstützen. Warum machen die Militärs das? Sie könnten, auf die Bajonette gestützt, weiterhin ihre Herrschaft ausüben. Ich denke, sie sehen, dass sie mit ihrer Form der Politik abgehängt bleiben. Das Land ist zurückgeblieben. Es hat sich wirtschaftlich und sozial nicht weiterentwickelt. Es ist stehengeblieben. Die anderen ASEANStaaten gehen voran. Als Zweites möchte ich gern das Thema Boykott aufgreifen. Die Europäische Union, die westliche Staatengemeinschaft haben das Land lange boykottiert. Wir haben damit dieses Land – die Militärs und Teile der Wirtschaft – auch in Richtung China getrieben. China seinerseits stillt seinen Rohstoffhunger in Myanmar. Alle Schreckensszenarien, die man sich ausmalen kann – also die Abholzung der Wälder, gigantische Staudammprojekte, Herausholen der Bodenschätze –, haben bisher stattgefunden. Unter der Kontrolle der Weltöffentlichkeit könnten diese Prozesse einen besseren Ausgang nehmen. Dies sind gute Voraussetzungen, die im Ansatz vorhanden sind. Wie gesagt: Wir freuen uns über diesen Prozess. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Natürlich sind damit auch Gefahren verbunden. Dies ist mehrfach angesprochen worden. Es setzt ein unkontrollierter Run aus allen Ländern dieser Welt ein, die mit Infrastrukturprojekten und Investitionen das Land überfallen werden. Es können auch andere Entwicklungen eintreten, die wir von Kambodscha oder Thailand kennen. Hier tragen wir eine Verantwortung. Ich bitte die Bundesregierung und das Außenministerium, darauf hinzuwirken, dass das, was an Hilfen im wirtschaftlichen,
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sozialen und infrastrukturellen Bereich notwendig ist, wenigstens in der Europäischen Union einigermaßen strukturiert und abgestimmt verläuft. Der britische Premierminister war vor wenigen Wochen in Myanmar und hat schon einmal angekündigt, dass das Königreich ein eigenständiges Büro in Myanmar eröffnet, und das ohne Abstimmung mit den anderen Staaten der Europäischen Union. Das ist eine Entwicklung, die man so nicht fortsetzen sollte. Das Ganze muss vielmehr koordiniert ablaufen. Die Hilfen, die wir geben können, sollten wir nicht vorenthalten: Das Goethe-Institut wird wieder eröffnet, Sprachenschulen werden eingerichtet. Für den Bereich der dualen Berufsausbildung sind wir um Hilfestellung gebeten worden sowie um Fortbildung für diejenigen, die bereits eine Ausbildung als Techniker haben, um sie auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Auch bei infrastrukturellen Projekten können wir Hilfe leisten. Alles das ist möglich. Wir werden diesen Prozess kritisch, aber zugleich sehr freundlich und positiv begleiten. Diese Entwicklung macht Hoffnung auf eine gute Entwicklung für die Bevölkerung in Myanmar. Immerhin können so 50 Millionen Menschen in eine bessere Zukunft blicken. Sie brauchen und erhalten dabei unsere Unterstützung. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)