"Es braucht gesunden Menschenverstand"

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DIGITALER WANDEL

«Es braucht gesunden ­Menschenverstand»

Man muss nicht auf jeder sozialen Plattform präsent sein. Wichtig ist, dass Unternehmen etwas zu sagen haben und dies glaubwürdig tun, sagt Manuel P. Nappo. Rolf Murbach Reto Schlatter

CONTEXT  – Oktober 2015

Context: Wir stehen mitten in der digitalen Transformation, die einer Revolution gleichkommt. Was bedeutet das für Unternehmen? Manuel P. Nappo: Die Digitalisierung wird von den Nutzern getrieben. Sie haben im Gegensatz zu früher oftmals die besseren Geräte als diejenigen, die ihnen von ihren Arbeitgebern zur Verfügung gestellt werden. Die Unternehmen müssen sich also fragen: Lasse ich die Mitarbeitenden mit den eigenen Geräten arbeiten? Teilweise gilt schon heute:

Bring your own device. Dies bedeutet für die IT der Unternehmen eine grosse Herausforderung. Die Firmen müssen mit unterschiedlichen Betriebssystemen und Software-Versionen zurechtkommen. Auch die Datensicherheit ist ein Thema. Konsumenten beziehungsweise Nutzer haben hohe Erwartungen. Nutzer setzen Firmen unter Druck. Sie haben hohe Erwartungen an die Benutzerfreundlichkeit und vergleichen im-


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«Der Konsument treibt den digitalen Wandel voran.» mer mit den besten Anbietern. Man muss online schnell zum Ziel kommen. Kunden wollen nicht warten, bis sie eine Dienstleistung erhalten. Ansonsten klicken sie weg und gehen zum nächsten Anbieter. Wenn zum Beispiel ein Online-Shop nicht funktioniert, springen sie schnell ab. Wir sind im Zeit­ alter des Konsumenten. Er bestimmt vieles und treibt zusammen mit der technologischen Entwicklung die Digitalisierung voran. Sie forschen und lehren am Center for Digital Business im Bereich der digitalen Transformation. Sie beraten auch Schweizer KMU und Entscheidungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft. Wo drückt der Schuh? Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten möchten gemeinsam mit uns eine Auslegeordnung vornehmen. Wo stehen sie im digitalen Wandel? Was müssen sie anpacken? Welche digitale Strategie sollen sie einschlagen? Wir arbeiten wie ein Allgemeinpraktiker und stellen eine erste Diagnose. Dann schicken wir die Leute zu unseren Spezialisten, zu Fachleuten mit grosser digitaler Erfah-

ZUR PERSON MANUEL P. NAPPO (43) INSTITUTSLEITER Manuel Nappo ist Leiter des Center for Digital Business an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind: Social Media, Digital Communications, Mobile Business, Digital Transformation, Enterprise 2.0 sowie Start-ups und Tech Innovation. 2013 erhielt Nappo für seinen Beitrag zur digitalen Aus- und Weiterbildung von der IAB den Titel «Digital Pioneer of the Year». 2015 wurde er im Bereich Forschung/Lehre/ Verbände zum Marketing/Kommunikation-Vordenker des Jahres gekürt.

rung. Viele von ihnen unterrichten bei uns. Wir können auf ein grosses Netzwerk zurückgreifen. Die Digitalisierung durchdringt immer mehr Lebensbereiche. Was bedeutet das für Arbeitnehmende? Es gibt zahlreiche Vorteile. Arbeitnehmende können sich gut über mögliche Arbeitgeber informieren und erhalten bei der Stellensuche selber eine grosse Präsenz, indem sie beispielsweise auf Social-Media-Plattformen vertreten sind. Zudem sind viele nicht mehr an einen festen Arbeitsplatz gebunden. Sie können von zu Hause aus und unterwegs arbeiten. Sie sind also flexibler. Man hat alles auf einem Gerät und braucht nur eine Internet-Verbindung. Gleichzeitig stellt die ständige Erreichbarkeit natürlich auch eine Gefahr dar. Viele Arbeitgeber haben die Erwartung, dass man immer online ist. Das ist eine Belastung. Man muss sich abgrenzen. Viele Jobs sind durch den digitalen Wandel bedroht. Ja, gewisse Tätigkeiten werden künftig von Maschinen übernommen werden, vor allem repetitive Jobs – oder die Tätigkeiten werden an die Kunden delegiert. Denken wir zum Beispiel an die Kassiererinnen in den Supermärkten. Schon heute kann ich in vielen Geschäften meine Einkäufe selber einscannen. Weniger bedroht sind anspruchsvolle Jobs und Berufe einzelner Branchen, zum Beispiel in der Pflege. Kundenbeziehungen haben sich durch Social Media verändert. Oft haben die Unternehmen aber keine klare Social-Media-Strategie. Was ist wichtig? Es ist hilfreich, wenn man eine Strategie hat. Das ist für kleinere Firmen aber nicht zwingend. Wer bei den sozialen

Medien den gesunden Menschenverstand anwendet, kann nicht viel falsch machen. Wichtig ist, dass man etwas zu sagen hat sowie authentisch, respektvoll und glaubwürdig kommuniziert. Es gibt ganz unerwartete Auftritte. Patrick Jean von der Zürcher Stadtpolizei zum Beispiel postet auf Facebook regelmässig über seinen Berufsalltag: informative, auch witzige Beiträge und beste Imagepflege für seinen Arbeitgeber. Sein Beispiel zeigt: Wer auf den sozialen Medien authentisch ist, kommuniziert erfolgreich.

«Gewisse Tätigkeiten ­werden künftig von ­Maschinen übernommen.» Alles muss auf Facebook, jeder hat Twitter, viele wollen Instagram. Blogs sind unverzichtbar, MultichannelKommunikation ist zwingend. Verzetteln und überfordern wir uns? Man sollte nur die Kanäle bespielen, die zum eigenen Angebot und zum Zielpublikum passen. Ein Coiffeurgeschäft zum Beispiel ist mit Facebook und Instagram gut bedient, Twitter bringt da in der Regel wenig. Man darf sich auf jeden Fall nicht zu viel aufhalsen und muss genügend Kapazität haben, die OnlinePräsenz zu pflegen. Zwei, drei Plattformen genügen meistens. CONTEXT – Oktober 2015


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DIGITALER WANDEL

«Man muss sich mit dem disruptiven Denken vertraut machen.»

Disruption ist in aller Munde. Bestehende Technologien und Geschäftsmodelle werden verdrängt und durch neue ersetzt. Beispiele sind etwa Uber und Airbnb. Sie bieten an der HWZ einen CAS Disruptive Technologies an. Was lernen die Studierenden? Die Weiterbildung ist vor kurzem gestartet und sehr offen konzipiert. Die Studierenden sollen Technologien ken-

nenlernen, die in den nächsten fünf Jahren relevant sein werden. Die Teilnehmenden setzen sich im CAS mit aktuellen Digitaltrends auseinander. Dazu gehören zum Beispiel Big Data, Virtual Reality, Augmented Reality, Drei-DDruck-Technologien, Crowd Sourcing oder Innovation Shopping. Wir wollen im Kurs Inkubatoren aufbauen; die Studierenden sollen Werkzeuge in die

Hand bekommen, die es ihnen erlauben, im eigenen Unternehmen digitale Entwicklungen wahrzunehmen und nutzbar zu machen. Dabei hat der Praxisbezug einen hohen Stellenwert. Wir besuchen Firmen, in denen zum Beispiel mit Drohnen experimentiert wird, oder wir besuchen Labs, in denen Roboter erprobt werden. Es geht darum, sich mit dem disruptiven Denken vertraut zu machen. Die HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich hat eine Pionierrolle inne bei Weiterbildungen im Digital Business. Sie bieten mehrere CAS und einen MAS an. Wie ist die Nachfrage?

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Absenzen tun nicht nur den Mitarbeitenden weh. Absenzen und Ausfalltage tun jeder Firma weh. Sie kosten Geld und Nerven, führen zu Überstunden und Stress. Oft verursachen sie Terminprobleme und Ärger bei den Kunden. Das muss nicht sein. Denn viele Arbeitsausfälle lassen sich einfach und mühelos vermeiden. Auch durch die Mitarbeitenden selber. Unsere Infos und Präventionsmittel unterstützen Sie dabei, mit wenig Aufwand Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu verbessern. www.praevention-im-buero.ch Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra

Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit EKAS


FRAG DEN CHEF

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Sehr gut. Die Menschen wollen für den digitalen Wandel gerüstet sein. Der CAS Digital Leadership zum Beispiel, der im Februar startet, ist seit fast vier Monaten ausgebucht. Die Digitalisierung ist total. Was kommt auf uns zu? (Lacht). Wenn ich das wüsste, würde ich Aktien kaufen. Das Internet wird verschwinden, weil es Teil unseres Lebens sein wird – wie Strom, Eisenbahnen, Autobahnen. Man wird es nicht mehr als etwas Besonderes wahrnehmen. Das Digitale wird alle Lebensbereiche durchdringen, und wir werden immer online sein – dank speziellen Devices, Wearables, also tragbaren Computersystemen. Für Unternehmen wird die Herausforderung noch grösser, weil sich die Zielgruppen zunehmend fragmentieren. Der Wettbewerb wird sich verstärken, was für Unternehmen aber auch grosse Chancen bedeutet. Die Schweiz ist hier mit den vielen Start-ups bestens aufgestellt und kann sehr erfolgreich sein.

CENTER FOR ­DIGITAL BUSINESS Das Center for Digital Business an der HWZ ist ein schweizweites Weiterbildungs-, Beratungs- und Forschungszentrum für digitale Transformation. Es schafft gezielten Ausbau von Know-how-Vermittlung, Forschung und Entwicklung im Feld des digitalen Wandels und seinen Wechselwirkungen mit der Wirtschaft und Gesellschaft. Das Center unterstützt KMU sowie Entscheidungsträger, den Herausforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Themen sind unter anderem: Digital Leader­ Der ship, Mobile Strategy, Social Media, Disruption, Kaufmännische Verband ist auf Multichannel Experience.

Achtung

mit Blumen im Büro Sie haben Ihrer Frau in der Mittagspause Blumen gekauft. Dazu ein Kärtchen mit klaren Worten der Liebe, aber leider ohne konkrete Anrede. Zurück im Büro haben Sie, um einen dringenden Anruf entgegenzunehmen, den Strauss kurz mal hingelegt – und zwar auf den Tisch einer Kollegin. Diese ist nun überzeugt, sie hätten ihr gegolten. Ergebnis: Sie schmachtet Sie seither offen an. Den Moment der Wahrheit haben Sie bereits verpasst. Was nun? The power of flowers. So heisst der Slogan von Fleurop. Erinnert mich an einen Fernsehspot. Wir sehen von hinten einen Mann in seinem Sessel sitzen, Hand auf der Lehne. Es läuft Fussball. Der Mann öffnet seine Hand. Die Frau kommt ins Zimmer und stellt ihm ein Bier in die Hand. Logo Fleurop. Und Slogan: The power of flowers. So weit so schön. Aber nun hat ja Ihre Arbeitskollegin die Blumen erhalten und nicht Ihre Frau. Falls Sie verhindern möchten, dass Ihre Arbeitskollegin in den Sitzungen

wortlos Kaffee in Ihre Hand stellt, sollten Sie die Situation klären. Sie stecken in einer ungünstigen Lage. Sie haben Zuneigung vermittelt. Egal wie ihre Erklärung dafür ausfällt, dass dies gar nicht der Fall ist, die Mitarbeiterin wird ein Gefühl der Zurückweisung erleben. Unerwiderte Liebe. Darauf reagieren Frauen (wie Männer) äusserst empfindlich. Vielleicht kaufen Sie nochmals zwei Blumensträusse. Einen für Ihre Frau. Und einen für die Arbeitskollegin. Offenbaren Sie der Mitarbeiterin die Wahrheit. Dass der erste Strauss eigentlich für Ihre Frau gemeint war. Dass Sie sich geschmeichelt fühlen, ehrlich, diese Gefühle aber leider nicht erwidern können. Sie sind ja verheiratet. Danach wird sie Sie nicht mehr offen anschmachten. Im Gegenteil. Mit Enttäuschung müssen Sie rechnen. Aber indem Sie die Gefühle der Mitarbeiterin ernst nehmen und sich mit einem Blumenstrauss dafür bedanken, ziehen Sie sich als Gentleman aus der Affäre. Es sei denn, Sie suchen eine solche. Dann sollten Sie... aber das ist eine andere Geschichte.

RINALDO DIEZIGER ist Chef vom Ganzen der Übersetzungs- und Textagentur Supertext in Zürich.

CONTEXT – Oktober 2015


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