Auszeit 27 - Gemalt ins Kochbuch des Universums

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Auszeit 8/27

September 2006

Gemalt ins Kochbuch des Universums Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.


Auszeit 8/27 - September 2006

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ein ehemaliger Patient hat uns, dem Team der Station O4, im Landeskrankenhaus Rankweil, das Titelbild geschenkt mit der Bemerkung :„Paint in the cookbook for the universe!” Vielen Dank dem ganzen Team. Reinhard Es hängt an der Wand vor dem Dienstzimmer und kann für alle ein Zeichen sein, dass wir nicht unbemerkt leben, dass wir „gemalt“ sind. Also von jemanden erschaffen, von dem „universellen Künstler“ der uns alle gemacht hat, den wir auch Gott, Allah, Jehova, Manitu… nennen dürfen. Die Computeranimation von Reinhard soll uns auf neue Gedanken bringen, uns motivieren neue Wege zu gehen, auch wenn vieles hoffnungslos scheint, es scheinbar keinen Weg mehr gibt. Wir sind geschaffen unser Leben zu gestalten!

In unserem gewaltigen Universum sind wir winzig klein und doch können wir Neues schaffen, Vorhandenes gestalten, unsere Welt in Nuancen verändern oder sie und uns einfach nur lieben. So rufe ich Ihnen allen zu: „Schreiben Sie sich wieder in den Alltag ein, bringen Sie sich in diese Welt ein, erkennen Sie Ihre Möglichkeiten. Legen Sie Ihre Leere, Ihre Verlorenheit ab und machen Sie sich auf, etwas zu tun, um die Zufriedenheit zu finden, oder die Erfüllung. Wagen Sie es aber auch manchmal still zu stehen und Kraft zu schöpfen. Nehmen Sie Unterstützung und Hilfe an, aber dann stellen Sie sich auch wieder auf die eigenen Beine und vertrauen Sie Ihrer eigenen Kraft!“ Seien Sie mutig, wie all diejenigen, die sich für die „Auszeit“ öffnen. Jeder der seine Gedanken aufschreibt, sie zeichnet, malt oder töpfert etc. eröffnet sich die Welt neu und gibt auch anderen die Chance durch den Blick auf und in die anderen, sich selbst wieder zu entdecken. Mit lieben Grüßen Maria Moritsch Dipl. psychiatrische Gesundheits- und Krankenschwester

Herzlichen Dank allen, die in irgendeiner Form mitgearbeitet haben, oder auch durch Ihre Spenden die Finanzierung der Auszeit gesichert haben.

Impressum: Mitwirkende: Patienten des Landeskrankenhauses Rankweil, ehemalige Patienten und Freunde der Auszeit Mitgearbeitet haben auch: Reinthaler Andrea, Sabine Frank, Claudia Loacker, Norbert Wassertheurer, Susanne Wechselberger, Nina Aberer, Herbert Graziadei Interviews: Anneliese Fiedler, Erika Heis Redaktion und Organisation: Maria Moritsch

Bitte schicken Sie Ihre Beiträge an: Maria Moritsch, Redaktion Auszeit, Station O4, LKH-Rankweil, Valdunastraße 16, 6830 Rankweil Tel. 05522/403/1721, E-Mail: o4@lkhr.at oder maria.moritsch@vol.at

Die erste Bild- und Textsammlung dieser Reihe Auszeit erschien erstmals im März 1998. Neue Ausgaben der Auszeit gibt es jeweils im März, Juni, September und Dezember Druck und Versand werden durch Ihre Unkostenbeiträge, also den Spenden der Leserinnen und Leser finanziert (Erlagschein liegt bei). Vervielfältigung zu privaten und schulischen Zwecken ist erlaubt und erwünscht. Alle Rechte bleiben bei den Herstellern von Texten und Bildern.

Die Auszeit finden Sie auch im Internet unter http://www.lkhr.at/rankweil (Über uns: Auszeit) und unter http://www.auszeit.at.tf/ - gestaltet von Johannes Gregotsch

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Auszeit 8/27 - September 2006

Interview Meine dreijährige Ausbildung habe ich ab 1956 in der Kantonalen Heil- und Pflegeanstalt Waldhaus Chur, in der Schweiz gemacht. Haben Sie Ihre Arbeit gerne gemacht, was war schön und was war schwer? Meine Arbeit war mein Traumberuf, darum habe ich auch die schwere Arbeit (Dauernachtwache) gerne gemacht.

Name: Alter: Stand: Beruf: Wohnort: Motto:

Anneliese Fiedler 69 Jahre verheiratet Pensionistin Göfis Jeder Mensch ist wertvoll und verdient Respekt.

Sr. Annelies wie kamen Sie auf die Idee psychiatrische Krankenschwester zu werden? In dem Viertel in dem ich aufgewachsen bin, gab es einen körperlich und einige geistig behinderte Menschen, deshalb waren sie mir sehr vertraut. Schon als Zwölfjährige wollte ich Krankenschwester werden. Da die Ausbildung aber in Innsbruck gemacht werden und bezahlt werden musste, legte ich meinen Wunsch hintan. Ich arbeitete erst als Näherin dann in einer Druckerei. Dort zeigte mir eine Freundin eine Anzeige, dass im Waldhaus bei Chur Lernschwestern gesucht werden. Ich meldete mich dort gleich beim Direktor an und wurde aufgenommen. Sr. Annelies wann haben Sie im Landeskrankenhaus Rankweil als Dipl. psychiatrische Krankenschwester gearbeitet? Von Juli 1965 bis Jänner 1975 arbeitete ich als Dauernachtwache, von Jänner 1975 bis 1980 als Stationsschwester auf F2, ab 1980 als Stationsschwester und Oberpflegerstellvertreterin auf O3.

Haben sich die Aufgaben im Laufe der Zeit verändert und wenn ja, was? Die Aufgaben haben sich mit der Zeit sehr verändert. Am Anfang war noch die alte geschlossene Psychiatrie, wo Männer und Frauen getrennt betreut wurden. Ich habe vier Jahre auf der offenen Frauenstation und 13 Jahre auf der offenen, gemischten Station gearbeitet. Mit der Einführung der Psychopharmaka konnte oft erst ein Zugang zu den schwer kranken Patienten gefunden werden. Würden Sie diesen Beruf wieder wählen? Ich würde diesen Beruf wieder wählen, denn er war mein Traumberuf. Wie haben Sie sich erholt, bzw. fanden Sie einen Ausgleich zur Arbeit? Meine Erholung und Ausgleich fand ich bei meiner Familie und meinen Freunden. Sie haben stets 40 Stunden oder mehr gearbeitet, sind verheiratet, haben für Kinder und auch Enkel gesorgt, ein Haus gebaut, ist dabei auch etwas zu kurz gekommen? Meine Hausfrauentätigkeiten mussten meistens auf die wenige freie Zeit verschoben werden und meine Hobbys auch. Können Sie Ihren Ruhestand genießen oder geht Ihnen die Arbeit im Krankenhaus manchmal ab? Bei meiner Pensionierung waren die fünf Enkelkinder noch Volkschüler und da waren sie froh, dass die Omi da ist. Genießen kann ich jetzt meine Hobbys, vor allem Handarbeiten. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und das Gespräch.

Welche Ausbildung haben Sie gemacht? Maria Moritsch

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grundlegend verändert. Ich habe die Möglichkeit eine tragfähige Beziehung aufzubauen und über einen längeren Zeitraum mit dem Klienten Wege zu suchen, egal welches Problem gerade ansteht. Die Herausforderung ist es, individuelle Lösungen zu finden, damit die Menschen, die ich begleite ihre Kompetenzen entdecken und in eigener Verantwortung leben können.

Interview

Wie viele Stunden arbeiten Sie? Jetzt arbeite ich 80%, früher weniger, als meine Kinder kleiner waren. Flexible Arbeitszeit ist mir sehr wichtig, deshalb bin ich damals nach Liechtenstein gegangen, um als allein erziehende Mutter, für meine Kinder da sein zu können. Name: Alter: Stand: Beruf: Wohnort: Motto:

Erika Heis 47 Jahre geschieden seit 1992 Dipl. psych. Krankenschwester Göfis 1 Kor. 13,13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

Sr. Erika wann waren Sie im KH Rankweil Krankenschwester, bzw. wo arbeiten Sie jetzt? 1977 habe ich als Stockmädchen im Krankenhaus Rankweil begonnen und war einschließlich der Karenzzeit 10 Jahre dort. Jetzt leite ich das Mobile Sozialpsychiatrische Team in Liechtenstein. Wo haben Sie Ihre Ausbildung gemacht? Ich habe die dreijährige psychiatrische Ausbildung im Landeskrankenhaus Rankweil gemacht und 1982 diplomiert. Machen Sie Ihre Arbeit gerne, was gefällt Ihnen und was ist schwer? Ich arbeite sehr gerne, weil es für mich Sinn macht, mit den Klienten die Probleme dort anzugehen, wo sie entstanden sind. Vor Ort werden Situationen ganz leicht nachvollziehbar, weil man selbst mitten im Geschehen ist. Schwer wird es wenn schleppende Bürokratie und übertriebene Gesetzlichkeit individuelle Wege verzögern und Vorurteile Ressourcen hindern. Haben sich die Aufgaben im Laufe der Zeit verändert und wenn ja, was? Als rein nachsorgender Dienst, haben sich die Aufgaben gegenüber den stationären Aufgaben

Wie erholen sie sich bzw. finden Sie Ausgleich? Erholung finde ich in der Stille und die Kraft aus dem Glauben. Gottvertrauen ist das Tragende in meinem Leben. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen, deshalb engagiere ich mich jetzt für den Jugendverein Göfis, dessen Motto: „You´ll never walk alone…“ ist. Ich habe meiner Tochter beim Aufbau ihres Secondhand Ladens geholfen. Ich treffe mich mit Freunden, tanze für mein Leben gern und vieles mehr. Würden Sie diesen Beruf wieder wählen? Ich glaube schon, denn genau genommen habe nicht ich den Beruf gewählt, sondern er mich. Durch meine Mutter bin ich mit 3 Jahren das erste Mal in einer Psychiatrie gewesen, durch ihre Arbeit war das mein natürliches Umfeld, ich habe 5 Jahre in der Valdunastraße 6 gewohnt und mit dreizehn beim Nachtdienst geholfen. Als Kind hatte ich keine Vorurteile, ich begegnete Menschen, nicht Krankheiten und das ist bis heute so geblieben. Wie vermeiden Sie ein Burnout? Das Leben ist für mich ein Geben und Nehmen können, ein Balanceakt und täglich eine neue Herausforderung im Gleichgewicht zu bleiben. Wenn ich Mensch sein kann bei meiner Arbeit, dann ist es auch möglich, mich abzugrenzen, wo die Erwartungen meine Möglichkeiten übersteigen. Gelingt das nicht, sind für mich Zeichen eines Burnouts eine gute Chance meine Prioritäten neu zu überdenken. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit und das Gespräch.

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Zu meinem Motto bzw. Bibeltext (1 Korinth. 13,13) noch folgenden Text von Laotse, den Elmar Simma in seinem Buch: „Hätte aber die Liebe nicht…“ zitiert. Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart Wahrheit ohne Liebe macht kritiksüchtig Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch Ordnung ohne Liebe macht kleinlich Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch Macht ohne Liebe macht grausam Ehre ohne Liebe macht hochmütig Besitz ohne Liebe macht geizig Glaube ohne Liebe macht fanatisch.

Erika H.

Barbara T.

Leserbriefe Sehr geehrte Frau Moritsch, ich habe gerade die "Auszeit", Jahrgang 8, Nummer 25, vor mir liegen und muss Ihnen sagen, dass mich die Auszeit wirklich sehr beeindruckt. Vor allem deshalb, weil ich weiß, worum es geht! Ich erlitt 1997 bei einen schweren Verkehrsunfall neben zahlreichen Knochenbrüchen ein schweres Schädelhirntrauma, weshalb ich heute noch täglich Therapien mache. Seit meinem Unfall verbrachte ich über zwei Jahre stationär in Kliniken. Für die Verarbeitung meines Unfalls, vor allem um ihm Sinn zu geben, gehe ich jetzt einmal pro Woche auf Besuch in die Wachkomaabteilung. Wäre es möglich, dass Sie die nächste Ausgabe der Auszeit für mich hinterlegen? Wäre super! Vielen Dank! Mit freundlichen Grüßen Barbara G.

Lesermeinung Die Auszeit ist total super. Der Druck wirkt, ist super, geht in die Tiefe – ja so belassen. Andrea Wilma

Inspiriert von Tanja Stieber (Schriftstellerin - Anmerkung der Redaktion) will auch ich mich mit der Auszeit befassen Durch die vielen Auszeit Schriften, wurde auch ich zum Freund dieser Patientenzeitschrift. Ich las viel Interessantes, viel über Hoffnung und Dokumentationen von Menschen. Ich wünsche allen Mitarbeitern neue Kraft und Zufriedenheit mit dem was schon erreicht worden ist. Christof 5 Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.


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Hallo Maria, ich hatte schon 4 Aufenthalte im LKHR auf verschiedenen Stationen! Habe in diesen Zeiten öfters mal was geschrieben, vielleicht könnt ihr es ja für die neue Auszeit brauchen!

TAGE VERGEH’N...? Ein Tag geht vorbei der nächste kommt! Nichts geschieht! Und irgendwann? LG S.M.

Christof K.

Mein Engel Der Engel kam an im Traum, es war Nacht. Er sprach auch mit mir, da bin ich erwacht. Das Wort ist erloschen, der Äther verweht. Ein Bild blieb im Herzen, der Engel versteht. Der Tag, du mein Engel, ist wieder um dich. Die Nacht wie geblendet, sie wurde Licht.

Barbara T. Betrete mein Engel, die Welt auch bei Tag, wie jemand der redet, den ich auch mag. Barbara T.

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Meine Gedanken Ich hoffe, dass meine Suizidgedanken verschwinden und ich eine Partnerin und Arbeit finde und der Welt beweise, dass auch psychisch labile Menschen, Menschen sind, die Ethik und Lebensfreude haben können! Glaubt an euch und eure Ziele. Glaubt an eure Philosophie und an euren Willen, und versucht selbstständig zu leben. Christof

Krank sein! Viele sehen nur äußerliche Krankheiten und Verletzungen, doch innere Verletzungen sehen sie nicht. Warum muss man sich zuerst total verstümmeln und kaputt machen, damit einer mal sieht wie es einem geht? Warum verlassen die Menschen den innerlich Kranken, aus Angst, Wut oder sogar aus Schuldgefühlen? Der Kranke kann ja nichts für seine Krankheit. Hasst die Krankheit, aber nicht den Kranken, sondern liebt ihn. Deborah

Augen auf Augen auf, verzage nicht in einer Stadt, wo keiner Angst zum Sterben hat. Öffne das Herz, fühl den Schmerz. Schließ die Münder, zeig die Ohren. Quäle dich nicht bis zu den Toren, wenn er zeichnet dir den Fluss folge dem Ruf. Er zeigt dir den Schluss, wenn er dich zurück zieht auf den Schoß. Maria Christina

Wilma

Leben! Ich lache, auch wenn ich weinen möchte. Ich singe, auch wenn ich traurig bin. Ich rede, auch wenn ich schweigen möchte. Ich zeige vollen Einsatz, auch wenn mich innerlich die Leere auffrisst. Ich tue genau das, was ihr wollt, aber mich zerstört es. Ihr zerstört mein Leben. Niemand hat mich gefragt, ob ich leben will, also hat mir keiner zu sagen, wie ich leben soll! Deborah 7

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Liebe Liebe ist ein vollkommenes Band der Einheit. Sie gibt mir Kraft, sodass ich wieder Berge überwinden kann, Berge der Mutlosigkeit, Unentschlossenheit, Einsamkeit, Trauer... Durch die Liebe, die mir ein Mensch zeigt, öffnet sich langsam mein Herz. Sie zerreißt die Ketten, die mein Herz gefangen halten. Ketten, die nicht vergleichbar sind mit Eisen und Stahl. Ketten, die einen bis in die tiefe Schlucht reißen können, bis in die Schlucht des Todes. Doch auch wenn man schon der Schlucht so nahe ist, versagt die Liebe nie. Sie holt einen behutsam und sanft wieder heraus. Liebe ist stark. Deborah

Einsam Einsam sitze ich hier. Allein, nur mit meinen Gedanken und Gefühlen. Gerade recht scheint es mir. So kann keiner sehen, wie sich meine Tränen verlieren. Mein Herz ist schwer und pocht ganz schnell. Zur Ruhe will ich es kommen lassen. Doch ich weiß keinen Rat zur Stell. Versuche meine Gedanken zu erfassen. Deborah

Ein Weg Versuch mich zu halten in deiner Seite, die Qual versteckt in freiem Getreide, aus der Frucht zum Denken entspringt und jedes Leiden Füße gewinnt. Die Blüte gibt an, welche Uhr in dir tickt, welche Hände dich leiten, vom schrecklichen Ort zum Obstbaum begleiten. Wenn Nächte an Tage zu kämpfen erinnern, heile dann erst mit eigenen Sinnen, lass dich nicht täuschen vom Apfel der Lust, gedenke seiner, der sich im Glanze der Sicherheit duscht. Lässt es sich drehn, die Kunst zu verstehn, suche deine Antwort, helfe den Seelen. Lebe sie still im Schweigen der Zeit, wenn eigene Kraft die Qualen heilt. Er gibt dir den Weg, drum strebe danach. Kennst du die Fragen, drum denke nicht nach, höre ihr zu, das Wasser tropft leise. Such dir den Punkt, der das Lernen erleichtert, jeder wird sein eigener Meister. Maria Christina

Tamara

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Warum Warum lachen, wenn man weinen möchte? Warum fröhlich sein, wenn man traurig ist? Warum reden, wenn man schweigen möchte? Warum zusammen sein, wenn man alleine sein möchte? Warum leben, wenn man sterben möchte? Deborah Wilma

Was nur? Was habe ich nur falsch gemacht, um so bestraft zu werden? Welches Verbrechen habe ich begangen, um jetzt so gequält zu werden? Was habe ich nur angestellt, um mit solchen Gedanken leben zu müssen? Nicole

Dann Könnt Ihr schweigen? Dann tut es! Könnt Ihr lieben? Dann tut es! Könnt Ihr leben? Dann tut es! Kann ich schweigen? Ich kann es! Kann ich lieben? Ich kann es! Kann ich leben? Ich kann es nicht! Deborah

Elke

Ballspiel Ich spiele mit meiner Nichte Ball, immer hin und her. Doch einmal schieße ich zu fest und sie kann ihn nicht fangen. Ich laufe an ihr vorbei, um den Ball zu holen. Ich sehe sie nicht mehr, nur den Ball. Und der Ball liegt auf der Brücke. Und bald sehe ich den Ball nicht mehr, nur noch die Brücke. Und schließlich diese nicht mehr, sondern nur noch die Freiheit. Nicole

Alleine Ich fühle mich einsam ohne dich, verdammt, ich vermisse dich! Ich habe dich geliebt, ich liebe dich. Ich schaue nach vorn, ich seh' zurück. Du bist fort, und doch so nah. Ich seh' dich nicht, du bist trotzdem immer da. Du hast mich enttäuscht, mein Herz gebrochen. Du sagtest: „Ich werde dich nie alleine lassen, versprochen!“ Doch als ich dich am Boden liegen sah, ich denk zurück, danach wurde mir einiges klar. Dein Leben war zu kurz gewesen, du durftest nicht mehr leben. Der Tod, er wählte dich, zurück blieb ich, alleine. Plaki 9

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Unsterblich All meine Gedanken drehen sich um dich. Wie ich bisher gelebt habe, ist nicht mehr wichtig für mich. Ich habe schon Sehnsucht, wenn ich morgens erwache und sie wird immer stärker bis tief in die Nacht. Nie hätte ich geglaubt, dass es so etwas gibt. Aber ich habe mich unsterblich in dich verliebt. Plaki

und dann Ich stelle mir ganz genau vor, wie ich die Brücke betrete. Ich gehe auf das Geländer zu und steige hinauf. Ich öffne meine Arme und schließe meine Augen – dann bin ich frei. Nicole

DJ 68

Gebet Gott, der dich wahrnimmt, lasse zu deiner Erfahrung werden, was er dir zugesagt hat. Nämlich bei dir zu sein, in Angst und Unruhe, zu dir zu stehen in Ausweglosigkeit und Verlassenheit. Dich zu trösten, wenn du bekümmert bist. Deine Bedürftigkeit zu Herzen zu nehmen, was auch immer dich belastet. Er schenke dir, was du dir selbst nicht geben kannst, wachsendes Vertrauen mitten in den Widersprüchen dieses Lebens. Sandy

Freuen? Stellt euch vor, ich bin eines Tages einfach weg. Verschwunden, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Was ginge in euch vor, Verwirrung, Verzweiflung, Trauer, Hoffnungslosigkeit? Oder könntet ihr euch zumindest ein ganz klein wenig für mich freuen? Freuen, dass ich nicht mehr weine. Freuen, dass ich nicht mehr kämpfen muss. Freuen, dass ich frei bin. Nicole

Tränen Weinen ist leicht, doch zum Aufhören gehört viel, tröstende Worte von dir, deine feste, doch liebevolle Umarmung. Das ist eine Wohltat und stellt ein unsichtbares Stoppschild auf. Die Tränen weichen zurück, die Wangen trocknen, mein Lächeln kehrt zurück, nach und nach, Stück für Stück. Plaki

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Rettungsringe

Wilma Ich schwimme in einem Meer voller Gefühle. Hab ich Angst, bin ich traurig oder bin ich glücklich, wütend oder sogar zufrieden und merke es nicht? Ich weiß einfach nicht, was mit mir geschieht. Gehe ich in meiner Traurigkeit unter, dann kommt doch wieder etwas unerklärlich Fröhliches auf mich zu, so wie eine Energiewelle. Eine Welle, aus der ich Kraft schöpfen kann. Durch die ich aber dann die Wut noch mehr zum Ausdruck bringe. Da wütet es dann so stark in mir, dass ich eine Angst vor mir selbst bekomme. Zurückziehung und Traurigkeit sind das Ergebnis. So nimmt es immer wieder seinen Lauf. Wie ein Sprudel der immer nur in eine Richtung zieht. Doch mit ein bisschen Hoffnung sehe ich schon die Rettungsringe auf mich zu-

fliegen. Sie sind zum Greifen nahe. Für welchen entscheide ich mich bloß? Angst steigt in mir hoch. Angst, den falschen zu wählen. Ihr kennt doch alle das Gefühl, sich nicht entscheiden zu können. Doch die Entscheidung liegt ganz in euch. Ihr wisst was für euch das Beste ist. Hört auf euer Herz und lasst euch Zeit. Auch ich lasse mir Zeit, denn in der Ruhe liegt die Kraft! Denn durch schnelles und hektisches Strampeln im Meer der Gefühle, verliere ich sonst die nötige Energie, um mich zu konzentrieren, welche Entscheidung die beste für mich ist. Noch mal zurück zu den Rettungsringen, angenommen es sind zwei Rettungsringe. Rettungsring eins ist um das doppelte näher wie Rettungsring zwei. Doch ich sehe, dass das Seil sehr dünn und der Ring sehr unstabil ist. Neunundneunzig Prozent sprechen dafür, dass ich es nicht ans Ziel schaffen werde. Rettungsring zwei ist doppelt so weit weg wie Rettungsring eins. Doch das Seil ist stabil und der Rettungsring groß, sodass er viel Last tragen kann. Mit diesem Ring schaffe ich es ans Ziel. Auch wenn ich mich mehr bemühen muss, der Weg länger und anstrengender ist, habe ich mich für ihn entschieden. Für welchen entscheidest du dich? Deborah

Kämpfen? Sie hat zu mir gesagt, dass ich nicht kämpfen muss. So habe ich auch nicht gekämpft. Und nun? Nun lässt sie mich fallen, weil ich nicht gekämpft habe, weil ich aufgegeben habe. Nicole

Zentrale Ergotherapie

Mein Wunsch Gestern in der Nacht habe ich dich den Sternen vorgestellt. Umso mehr ich von dir erzählte, desto mehr haben sie geleuchtet. Aber als ich ihnen sagte, dass ich mit dir nicht zusammen bin, haben sie sich in eine Sternschnuppe verwandelt, damit ich mir ein Zusammenleben mit dir wünschen kann. DJ 68 11 Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.


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Verantwortung Warum könnt ihr mich nicht einfach gehen lassen? Es fühlt sich ja doch keiner zuständig, will mich ja doch keiner haben. Ich werde nur von einem zum anderen geschoben, Hauptsache ich bleibe nicht. Es wäre doch für alle Beteiligten einfacher, mich gehen zu lassen. Ihr müsstet euch nicht um mich kümmern und ich würde nicht rumgeschubst werden. Es gab eine Zeit, da man mir gesagt hat, ich wäre hier herzlich willkommen, könne auch wieder zurück kommen. Und das ist nicht mal so lange her. Und jetzt plötzlich, will mich jeder so schnell wie möglich abschreiben. Nein, nur keine Verantwortung mehr haben! Könnt ihr euch daran erinnern, was ihr mir versprochen habt? Könnt ihr euch vorstellen, was das jetzt bedeutet? Wie sich das jetzt für mich anfühlt? Nicole

Wenn Wenn dir etwas fehlt, dann komm zu mir! Wenn du jemand brauchst, dann sag es einfach! Wenn es etwas gibt, dann erzähl es mir. Wenn du jemanden sprechen möchtest, dann höre ich dir zu! Vergiss nicht, ich bin immer für dich da! Es geht dir nicht gut? Du hast gerade jetzt eine Krise? Es tut mir leid, aber genau jetzt bin ich nicht für dich zuständig. Genau jetzt habe ich keine Zeit. Genau jetzt habe ich wichtigeres zu tun! Nicole

Peter

Hier auf U1 Bald beginnt der Sommer, alle Gesichter beginnen wieder zu lachen, zum Glück, sonst hätte ich nichts mehr zum Lachen. Ich liebe es so sehr, jeden Tag durch den Wald zu gehen und an gar nichts mehr zu denken, einfach nur die Vögel und das Wasser zu hören. Das bereitet mir gute Laune und sehr viel Spaß. Hier auf U1, wo ich jetzt gerade bin, sind echt sehr freundliche PflegerInnen aber am liebsten ist mir Martin, denn er nimmt sich viel Zeit für mich. Das finde ich echt voll nett von ihm! Ja es gibt einige Ärzte und Pfleger, die ich echt gern mag z.B. von E1 der Pfleger Fredi und der Erich von E3 und natürlich Edgar – super! Von den vielen Leuten verabschiede ich mich dann persönlich, bevor ich nach Hause gehe.

Sandy

Sandy

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Ich liebe Ich liebe meine Hasen und Dich! Warum machst Du es mir so schwer? Vielleicht weil ich so viele Leute mag? Hauptstraße Richtung Friedhof - Friedhof Ort der Toten, Hilfe! Im Schwimmbad ist es herrlich und fein kühl, wo würde ich nur hingehen, wenn ich das nicht kennen würde? Manchmal denke ich an Magersucht, aber dann freut es mich, wenn mir die Ärzte sagen, dass es nicht so ist. Eine Rose blüht nur im Herzen. Ich weiß nicht warum ich immer so süchtig bin auf das sch… Spiel! Ich hoffe jeden Tag, dass ich von diesem Durcheinander raus komme. Mir tut das Herz weh und ich fühle mich einsam. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich keinen einzigen Freund, das macht mich sehr traurig! Das Leben ist furchtbar schön. Sandy Sandy

Die Auszeit Ich bin jetzt schon bald zwei Monate im Krankenhaus, aber mir kommt vor, dass es mir von Tag zu Tag besser geht, seit ich diese drei Hobbys habe: Laufen, Gedichte schreiben und natürlich Zeichnen. Man sieht mich wirklich fast die ganze Zeit nur am Lachen, obwohl mir nicht gerade zum Lachen ist. Es gibt hier gute Zeiten, aber manchmal auch traurige. Wann komme ich endlich wieder zurück nach Hause? Ich will doch nur eine kleine Wohnung mit zwei Zimmern für mich und meinen Hasen Susi! Natürlich möchte ich auch nicht meinen Job im Merkur verlieren, da die Arbeit ein wichtiger Punkt in meinem Leben ist. Der liebe Gott wird mir hoffentlich den richtigen Weg zeigen, ich wäre echt dankbar. Sandy

Sprüche Das Leben ist ein auf und ab, doch leider ist es viel zu knapp. So recht von Herzen hundsgemein, das können doch nur Verwandte sein. Lachen und fröhlich sein, ist des Lebens Sonnenschein. Sandy

Wilma

Manchmal - oft Manchmal denke ich mir, warum ich eigentlich schon so lange da bin. Aber was soll’s, das Leben geht immer weiter, egal ob man will oder nicht! All die verschiedenen Menschen, die hier im Spital sind, denken sicher nur ans nach Hause gehen. Aber ich bleibe und das so lange, bis ich vollkommen gesund bin. Sandy 13

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Endlich kommt der Sommer Die Bäume blühen auf und die Wiese wächst! Die Temperaturen steigen langsam hinauf und das finde ich wunderbar, denn ich liebe den Sommer. Er gibt mir viel Wärme und Geborgenheit. Ich bin auf der Suche nach dem richtigen Weg, den ich finden muss oder schon sehr nahe dran bin - ich weiß echt nicht, ich lasse alles auf mich zukommen. Lieber Gott gib mir die Kraft, um das alles hier im Krankenhaus durchzuhalten. Sandy

Norbert

Ich mache… Ich mache alle Hölzer klein, damit im kalten Winter, ich vor dem Feuer sitzen kann. Ich pflücke mir meine Blumen immer selber und natürlich nur die schönsten Blumen. Denn mein Herz kann sich dann freuen, jeden Tag aufs Neue. Ich halte mir öfter die Augen zu und warte ab in aller Ruhe. Ich liebe die Musik und das Leben. Lieber Gott, gib mir deinen Segen, um den richtigen Weg zu gehen! Sandy

Zwerg-Gedichte Dieser Garten ist mein Reich, hier kommt Frieden auf die Station U1! Seht nur auf der schönen Wiese, ist`s fast wie im Paradiese! Sandy

Sandy Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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Die Wettermaschine der kleinen Schlümpfe Seit Wochen schon herrscht ein abscheuliches Wetter im Reich der Schlümpfe. Der Bauernschlumpf Martin ist darüber gar nicht froh: „Meine Salatköpfe welken vor meinen Augen“, murrt er, „Sie brauchen feuchtes Wetter, sonst werden sie noch alle verschlumpfen!“ Auf den Straßen sieht man nur noch Schlümpfe mit traurigen Gesichtern, die sich regnerisches Klima wünschen. Nur Sandy, die Bastelschlumpfine, verzweifelt nicht. Da sie auch eine geniale Erfinderin ist, beschließt sie zu handeln. Unter großen Anstrengungen konstruiert sie eine imposante Maschine, von der sie glaubt, dass man damit das Wetter steuern kann. Natürlich glaubt ihr das keiner von den anderen. Alle Pfleger laufen zu dem Hügel, auf dem die Wettermaschine steht. Aber sie schaffen es nicht, hinauf zu steigen. Ein heftiger Sturm ist aufgekommen und fegt alle um, die versuchen sich der Maschine zu nähern. Fortgeweht wie Strohhalme,

wird Sandy und Martin klar, dass sie eine große Dummheit begangen haben. Zum Glück übernimmt es die Natur selbst die Situation zu regeln. Ein heftiges Gewitter bricht aus. Ein Blitz schlägt in die verrückte Maschine ein und diese explodiert in tausend Stücke. Danach wird das Wetter wieder normal. Das heißt, mal gut, mal schlecht. „So ist es am Besten“, erklärt mein Papa. Martin: „Mit dem Klima schlumpfen, ist wahrlich zu gefährlich“. Sandy

Robert

Was man alles wissen sollte! Ein Zwerg, der hat ein großes Herz, lacht nie aus Bosheit nur aus Scherz. Schau auf den Himmel und das Meer, die Zigarette schmeckt, was will man mehr? Flieg fort du kleiner Bösewicht, du König aller Berge. Erschrecke mir das Häschen Susi nicht, den kleinen Freund von Sandy. Ich bin zwar nur eine kleine Frau, aber ich weiß, dass ich vieles kann, manchmal mehr wie ein kleiner Mann. Es gibt kein größeres Vergnügen, als in diesem Bett hier zu liegen. Die Sonne kitzelt mir den Bauch, das Wetter ist gut, die Laune auch. Ich kann nicht mehr tun als warten, wann werde ich alle wieder sehen? Schenkt euer Herz an diese Dame, Crackzwergin ist ihr Name. Sandy 15

Sandy Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.


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Depressionen Erschüttert und deprimiert wird man eingewiesen, in ein Haus voller Sorgen und Ängste, in das Landeskrankenhaus Rankweil. Die Wissenschaft hat ihre guten Seiten und hat in der Medizin viel vollbracht. Heilende Medikamente werden verteilt. Jeder einzelne besinnt sich und kostet davon. Nach geraumer Zeit entschwinden der Gram, die Krankheit und das Leiden. Mit neuer Kraft geht es weiter, das Leben ohne Depressionen. Bianca

Spiegel Mein Spiegel zeigt mir nicht was ich sehen will. Ich will jemand anderes sein und meine ganze Welt zerbricht bald in 10000 kleine Teile und niemand hier versteht mich. Ich will jemand anderes sehen und meine ganze Welt zerbricht bald in 10000 kleine Teile. E.

Sandy

Hallo Du, der mich besser kennt als ich! Habe innerlich ein Zittern, weiß aber nicht warum und von woher. Diese Unruhe in mir macht mich krank. Hab Angst vor dem Krankenhaus, Angst vor mir selber. Ich weiß, dass ich krank bin, aber ich toleriere es nicht. Manchmal lächelt mir der Tod so verlockend ins Gesicht, dass ich meine, das wäre die Lösung. Die Medikamente wirken nicht so, wie ich es gerne hätte. Hallo Du hilf, hilf mir bitte damit ich weiter gehe. Es sind noch mehr Menschen da, die mich brauchen. Petra Wilma

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Restitutio – „Wiederherstellung“ 01:54 Uhr, vor mir ein Raum ohne Fragen: „Ob du`s willst oder nicht“, höre ich mein Schicksal sagen, hab viel gehört von wegen „loslassen“ und „so nehmen wie es ist!“ letzthin auch: „Ein wertvoller Mensch, das ist es, was du bist!“ Aber was nutzen leere Worte, ist, was mir im Kopf umgeht: Zeit musst du allem lassen, scheint das oberste Gebot, das steht. Zufrieden? Meistens ist es ohnehin die Annahme, die in mir siegt wahr ist`s trotzdem, dass so vieles wie ein Haufen Scherben vor mir liegt. Ja, die Ungewissheit schleicht sich ein und dass es wieder schief gehen kann, wird durchaus sein! Wer weiß, möglicherweise ist das große Zweifeln, das mich so ehrt im Grunde gar nicht so verkehrt. Die Zeiten sind vorangeschritten, und ich bin stehen geblieben: Alles Stunde Null, darf ich bitten? Es war wirklich schön mit dir, du blöder Scheißkerl, glaubst du`s mir! Aber je mehr ich so zurückdenke, unfreiwillig das Erinnern zu diesem Schmerz versenke, desto mehr gehen mir die Augen auf und zögernd nimmt die Einsicht ihren Lauf: Die Liebe war zauberhaft, aber sie hat mir die Sinne verwischt, das Erwachen eine Qual; denn es hat mir eine ganz große Lüge aufgetischt. Vor vielen Jahren, und jetzt auch, sagte die Liebe „nein!“ und genau mit dir sollte es auch nicht anders sein. Mit kurzem Zögern, noch will ich trotzig diese Aussage scheuen Aber dennoch: “Blaues Wunder hin oder her, werde Erlebtes nicht bereuen. Was getan und gesagt, bleibt gesagt und getan sei`s wie`s sei, fange eben wieder von vorne an!“ So, jetzt ein paar Tränen innerlich vergossen Die Sehnsucht hängt deiner Stimme nach, dahin und verflossen Doch ob ihr`s glaubt oder nicht, in mir ist sie eingeprägt, ganz ganz fern, leider unausweichbar. Erinner mich ihrer eigentlich nicht so gern. Trotzdem sei gesagt, die beschissendsten Worte nahm ich in Empfang und die entsprachen so gar nicht ihrem Klang! Dein Instrument, wisse, es passt zu dir Zwar nie gehört, weder damals noch hier Ein begnadeter Musiker gewiss, doch dein Mut ist winzig klein. Eigentlich hasse ich Klarinette, vielleicht kann ihr Klang trotzdem tröstlich sein. Und dein weicher Kern, der mich zu Beginn so verzückt, gebührt nicht mehr mir, doch genau mit ihm bist du bestückt. Fortsetzung auf Seite 18 17

Wilma Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

Wilma


Auszeit 8/27 - September 2006

Fortsetzung:

Restitutio

Und nun du Lügner, der du warst für lange Zeit Fahr zur Hölle mit deiner vorgespielten Gelassenheit. Gib’s dir, falscher Hund. Lass nichts anbrennen. Keine Ahnung, mit welchem Namen soll ich sie benennen? Die geheimnisvolle Unbekannte Die dich lang, lang schon vor mir kannte Die dich damals so in Trance versetzte Bist normal Sterblicher wie ich, aber was du gemacht hast, war das Allerletzte. „Ob du’s glaubst oder nicht, ziehe hin in Frieden!“ knurre ich zähneknirschend, seist vorerst gemieden. Mach auf Honeymoon, vergiss so nebenbei das Lernen nicht. Und auch für mich als Lehre: „In dieser Sache ist die Wahrheit Pflicht!“ Waren die letzten Zeilen auch von Bitterkeit und verletztem Stolz geprägt, ist es letztlich eine Erinnerung, die man trotzt der Kürze der Dauer dafür an Intensität umso genauer für immer irgendwo in sich trägt. Verena

Male Farben Farben machen froh, das sagt man so. Es zu probieren, ohne müde zu werden ist ein weiter Schritt. Dieser Schritt kostet viel Kraft, ein Lob an alle, die dies machen. Petra

Elisabeth

Canapee Es kumt mr for, als obs ersch geschtern gsi isch, wia du zu mir gset hosch, das mi nüma hera gisch. Was dät i dafür ge, das dia Zit zurück got, zu dena schöna Täg. Im Herbst 1991 hon mir üs in da Arma k´hebt, des war für mi a Zit, dia i nia vergessa wür. Hon i dir scho gset, dass i alles macha wür, dass i die amol wiedr spür. I mach d’Oga zua und i stell mr vor, wie da hera kumsch zu mir und das sesch, das dr mine Liabe fehlt. Doch es got mr glich. Immer wenn i die lächla siach. Doch es wird numa so wia früher. Im Herbscht 1991 hon mir üs in da Arma khebt, des war für mi a Zitt, dia i nia vergessa wür. Han i dir scho gset, das i alles macha wür, das i die amol wieder spür. E.

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Auszeit 8/27 - September 2006

Mutluyum! (Bin glücklich!) Sensiz olmaz diyordum Alişamam yokluĝuna diyorum Aĝliyordum Gittiĝin gûne lanet ediyordum Bana beni unut hayatım yaşa dedigin gûnû hiç unutmadım Zor geliyordu yokluĝun Gecelerce uyumuyordum hep seni dûşûnûyordum Bensiz de yaşayabilirsin demiştin bara! Olamam diyordum ve sadece aĝliyordum Ama bak şimdi… Sensizde yaşayabiliyormusum Alıştım yokluğuna Ağlamyorum artık Beni unut, hayatını yaşa dedin Unuttum seni, yaşıyorum hayatımı Herşeye sıfırdan başladım geçmişe gōmdūm seni Sensizde mutlu olabiliyormuşum demekki Mutluyum! Yildiz

Zentralen Ergotherapie

Bin glücklich! (Mutluyum!)

Zentralen Ergotherapie

Ohne dich wird’s nicht gehen, hatte ich gesagt. Ich kann mich daran nicht gewöhnen. Ich habe nur geweint. Wollte nicht, dass du gehst Und du… Du hattest gesagt, vergiss mich, leb dein Leben. Ich konnte es nicht. Nächtelang schlief ich nicht. In meinen Gedanken warst nur du. Ohne mich kannst ja auch leben, sagtest du, konnte ich nicht und weinte nur. Aber schau jetzt, ohne dich kann ich auch leben. Hab mich daran gewöhnt. Weine nicht mehr. Sagtest vergiss mich, leb dein Leben. Hab dich vergessen und leb mein Leben. Hab alles von Anfang angefangen. Du bleibst in meiner Vergangenheit! Ohne dich bin ich auch glücklich bin glücklich! Yildiz

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Auszeit 8/27 - September 2006

Eine Fabelgeschichte

Herr Biber Herr Biber, das ist weltbekannt, lebt nicht mehr in unsrem Land. Der Mensch, der nicht sehr an ihm hängt, hat ihn von hier fortgedrängt. Doch zum Glück gibt es TV, denn dort sehen wir ganz genau, wie Herr Biber wirklich lebt und emsig seinem Job nachgeht. Während wir so unser Herz für ihn erwärmen, können wir durchaus auch von ihm lernen. Es lebte nämlich einst ein Biber, dem waren Pausen sehr zuwider. Für ihn gab’s nur die Arbeit tagein, tagaus. So baut er sich ein tolles Haus. Er wollte Frau und Kindern ja was bieten, obwohl die ihm zu mehr Ruhe rieten. Seine Frau wagte gar zu ihm zu sagen: „Wir würden lieber mehr von dir selber haben, als im großen Haus, in dem du kaum wohnst, zu warten, bis du nach Hause kommst.“ Doch Herr Biber - wie Männer oft sind war gegen Ratschläge taub und blind. Mit fast schon alemannischer Arbeitswut er sich weiter in der Arbeit vergrub. „Von nichts kommt nichts“ war sein Motto – und welcher Biber gewinnt schon im Lotto? Es sollte seiner Familie stets gut ergehen. Das sollten auch die Nachbarn sehen. Herr Biber dachte stets an alle, hatte eine Lösung in jedem Falle. Nur eines ließ er außer Acht, denn er hat nie an sich selbst gedacht. Doch das Leben holt sich oft, was wir ihm verweigern, recht unverhofft. So musste es auch Herrn Biber gehen. Es war des Nachts, man konnte kaum was sehen, als er sich an einen sehr großen Baum wagte und sich stundenlang damit abplagte. Er war nur einen Moment unkonzentriert, da war es auch schon passiert. Herr Biber versah sich kaum, da lag er bereits unterm Baum. Fortsetzung auf Seite 21 Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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Auszeit 8/27 - September 2006

Fortsetzung:

Herr Biber

Durch eines seiner größten Projekte Herr Biber nun in der Klemme steckte. Er war unverletzt, doch eingeklemmt und schimpfte erstmals ungehemmt. Trotz vieler Befreiungsversuche und seiner verzweifelten Hilferufe blieb ihm bald nichts anderes zu tun, als zu warten und sich auszuruh’n. Solcher Art zur Muse gezwungen hat der Biber bald mit sich gerungen. Sein Gewissen begann an ihm nagen und er musste sich tatsächlich fragen: Hatte er seine Kräfte falsch eingeschätzt, die Ratschläge seiner Frau gar unterschätzt? Denn nun lag er da, ganz allein, und das würde er auch immer sein. Die Einsamkeit war sein Begleiter, doch sie bringt uns nicht immer weiter. Von der Zeit, die ihm stets davongelaufen, hatte er plötzlich einen ganzen Haufen. Und dann er plötzlich wusste, dass er sie sich nur nehmen musste. Denn Zeit kann man nicht sparen, Zeit muss man erfahren. hat Herr Biber in dieser Nacht eine rechte Wandlung durchgemacht. Als dann endlich der Morgen graute, er seinen Augen kaum traute, denn der Suchtrupp, der ihn fand, aus seiner Frau und den Kindern bestand. Gemeinsam packten sie alle an, damit Herr Biber aus seiner Falle kam. So

Gewiss, Herr Biber blieb ein Arbeitstier, doch eben nur noch von sechs bis vier. Die Arbeit lief ihm nicht davon, die Zeit mit seinen Kindern schon. So wurde sein Haus zwar nicht mehr größer, doch Biber bauen ja auch keine Schlösser. Tanja

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Auszeit 8/27 - September 2006

Enttäuscht und verloh – ufgfanga und g’hebt Was sen des ägatli für Lüt, dena i do vertrau wenn’d sie mir guats, mi nu linka, des wäß i net genau i glob, was i erwart, ka nia in Erfüllung go wia i o kalkulier, nochrächna und hoff, s’würd immer andersch ko. Und zwor e net schlächt, sondern so, wia vo Geburt a vorbestimmt des isch`s Schicksal, des mi plogat, und decht dr böse Fluach vo mir nimmt. Mensch, Läba, i hon di so gära oft strit i met diar, hass di, könnt vor Wuat plära DU bisch schuld, hosch mr scho wider a Ei g’let hosch mi aber o gstreichlat, mi uf’gfanga, des guate Wort gset. Denn, wenn mr d’Träna kon, vor Glück und vor Schmerz Denn flüschtersch du mir zua. „He Maiggi! D’u hosch Herz! Bisch richtig und o stimmig i dinra seltsama Art bisch rau, gemein, aber s’isch Einsicht do i dira Seele, so zart. Und es isch guat, Maiggi, los usser was di drockt läbs, hatl’s net z’rock, a Engili of dinra Schulter hockt und, stell dr vor, bisch vielna Lüt liab und wärt dass’d einzigartig bisch, isch wichtig, net verkehrt!

Tamara

Kunnt denn amol an Ma, dem’d kasch vertraua vier Oga sahan me, versprich dr, i würd mit dir schaua dass’d di Herz net umsoss vergisch, sondern sündtür verschenksch dass’d dim Ma a liabe Frau bisch, aber decht o a die sälber denksch. Kumm, los di in Arm ne, di tröschta, s’wird scho guat glob a di, gib Gas bischas wärt, verlür net dr Muat stell di dem, was kunnt, glich was dr Tag o bringt los d’Giga klinga, tanz a Nacht und hör, was dr Vogel singt. Do gibt’s viele guate Geischter, dia umflügan di und o viele böse, garschtig und gemein wenn’s si gib ina ke Chance, akzeptier, was kunnt los d’Sau usser, freu di, aber trieb’s net z’bunt. Vergiss nia dia alta Lüt, dia dir anvertraujt sen dia di o bruchan, din Schutz, dia iar Läba a biz i dine Hand gen sie hon durchghebt i Zita, so schwär, kaum zum ushalta sen alta wora, krank und beraubt; hon aber s’große Liacht b’halta. Denn din großa Bruader; (i wäß net, gits do NOCH an Held…) Mama und Täta sen do, so liabe Lüt, hosch du mir hemli verzellt din Körper isch noch jung, kasch allerhand damit astella aber obacht, er hebt nüm alls, was du würsch wella.

Tamara

Kurzum, hon no großes vor met diar, junge Frau möchte di a biz überrascha, und es würan wider Stürm ko dumpf und rau und des guate Wort, des säg dr nu säll vo großam Mulwerk los di net blenda, blib efach häll!“ Dankschö, Läba, hosch mr a hifreiche Bruck baut mi wider ussergrissa, viel a Zwifel zum Feschter usse g’haut.

Verena Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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Auszeit 8/27 - September 2006

Was nun?

Wer sich nicht fürchtet, trete in mein Zimmer ein!

Wie wird es weitergehen? Was soll ich jetzt machen? Was will ich überhaupt? Wer will mich denn jetzt noch? Was kann ich denn? Wie sehen meine nächsten Schritte aus? Wie sieht meine Zukunft aus? Viele Fragen keine Antwort! Nicole

Conny

Ich hasse mich Wut, Trauer, Hass! Ich hasse meine kleine feige Stimme, die sich mit meinem Innersten verschmolzen hat. Ein sich immer vermehrendes Gestrüpp schlingt sich um mein Herz und versperrt mir so den schönen Weg in die Gefühlswelt. Ich verspüre Wut, starke Wut auf mein feiges ICH. Jenes Ich, das sich immer den bequemsten Weg aussucht. Und zwar nicht dieser Teil immer den Weg in die Dichtheit, sprich Drogen, Alkohol und Tabletten, und erhofft sich dadurch Erlösung. Hass der zuerst kein Fünkchen Hoffnung sprießen ließ. Doch nun ist ein kleiner Keim entstanden. Durch die Trauer, die ich gegenüber meinem eigen Fleisch und Blut verspüre, habe ICH mich für den richtigen, langen aber nicht gar zu schweren Steilweg entschieden! Der Weg des Mutigen, nicht des Feiglings. Durch mein einst feiges Handeln wurde mir meine einzigartige und wunderbare Tochter genommen, doch nun bin ich bereit für den Kampf einer richtigen Mutter! Kein davonlaufen, verstecken und Kopf in den Sand stecken mehr! Sondern hocherhobenen Hauptes bin ich bereit für die Schlacht aus der ich mit der Kraft einer Mutter nur gewinnen kann! Isabelle

Die Spirale Wir werden geboren in eine Welt, die uns vollkommen fremd ist. Langsam wachsen wir in sie hinein, - vieles gibt es zu entdecken. Unser Weg – manchmal allein, manchmal gemeinsam, birgt viele Straßen, Gassen – breit und schmal. Oft stehen wir nach langer Hast vor verschlossenen Türen. Oft finden wir uns wieder in einer Sackgasse – allein, ausweglos, hoffnungslos? Oft sind wir gezwungen, stehen zu bleiben. Oft sind wir gezwungen, einige Schritte zurück zu gehen. Doch sie dreht sich immer weiter – die Spirale des Lebens! Nicole

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Wilma

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Auszeit 8/27 - September 2006

Mut Angst, Starr von diesem hinterhältigem Gefühl, versuche ich einen Ausweg zu finden. Mein bisheriger Krankenhausaufenthalt spielt sich wie ein Film vor mir ab! Heute fällt eine Entscheidung, die Entscheidung die mein Leben verändern wird! Meine Mitmenschen betiteln mich als „jung“, dennoch fühle ich mich alt mit 23 Jahren. Kraftlos, erschöpft und einfach nur müde! Werde ich meine Krankheit jemals besiegen können? Die Hoffnung existiert zwar, dennoch siegt die Angst? Ich kann es mir nicht erklären, bin zu ängstlich um darüber logisch nachzudenken. Die Stimme in mir zwingt mich zum Handel: „Lauf, lauf du Feigling oder bleibe mit hoch erhoben Haupte stehen und kämpfe gegen die schreckliche Armee deiner Krankheit und neige voller Ehre und Stolz!“ Gefallen zu sein in einer Schlacht bedeutet Ruhm und Mut. Ich wische mir den Staub von den Kleidern, krabble aus meinem Versteck und gehe nur mit Mut und Hoffnung bewaffnet in die Schlacht! Mut zu mir selbst. Elke

Isabelle

Gedanken Gedanken, sie kommen und gehen wie Wolken so schnell. Die einen sind schön, die anderen nicht. Sie bringen einem Bedrängnis wie ein Gefängnis und doch braucht man sie, sonst ist man leer. Leer ist man oft und man wundert sich, wie man überlebt. Petra

DJ 68

Liebe Nadja! Ich kann dir momentan noch nicht erklären, warum ich hauptsächlich nur geistig und nicht körperlich da sein kann! Doch ich werde es dir, wenn die Zeit dafür reif ist, genau mit folgenden Worten erklären: „Meine heiß geliebte Tochter, mein einzig Fleisch und Blut! Bitte sei nicht böse auf mich, weil ich mich nicht um dich kümmern konnte. Denke nicht, dass ich nicht wollte! Ich musste Schritt für Schritt etwas lernen, wozu du meine geliebte kleine starke Persönlichkeit, schon seit Kindesbeinen fähig warst. Du bist stark, umwerfend schön und sehr intelligent. Ich werde dich immer auf allen Wegen, mögen sie noch so steil sein, begleiten! Aber ICH bin draufgekommen, dass ich noch viel lernen muss, um dir ein Vorbild sein zu können. DENKE bitte nicht, dass ich bloß eine Rabenmutter war. Doch ich konnte dich nicht mehr so erziehen, wie ich es sollte. Ich wollte es nicht wahrhaben als man mir dich weggenommen hat, doch nun ergibt alles einen Sinn. Mir wurden die Augen geöffnet. Ich musste erst stark werden und die Angst in mir bekämpfen, damit du deine Mutter zurückbekommen konntest. Ich habe gesiegt meine Kleine, lebe nun abstinent und in der Realität. Du bist das wundervollste Geschöpf auf Erden und dem gesamten Universum für mich! Komm in meine Arme und verzeih meine Krankheit, doch es waren keine verlorene Jahre meine Tochter! Ich werde jetzt von Herzen mit dir lieben, spielen und traurig sein können. Einfach die Mama, die du verdient hast! I liab di, mine Maus!“ Isabelle

Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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Auszeit 8/27 - September 2006

Den Tag bewältigen Am Morgen Angst vor dem Tag, am Nachmittag Angst vor der Nacht und froh sein, wenn man die Medikamente nimmt, die oft langsam wirken. Meine Hände und Füße schwitzen und ein Herzklopfen, dass man meint, eine Trommel sei in meinem Brustkorb. Petra

Wie weiter? Ich habe so vieles erreicht, habe eine große Leistung erbracht. Habe trotz schweren Zeiten alles gegeben. Habe etwas abgeschlossen und einen schweren Stein abgeladen. Jetzt sollte ich mich gut fühlen, sollte mich erleichtert fühlen. Doch ich fühle mich nicht befreit sondern nur… Ja, was denn überhaupt? Ich kann es nicht benennen. Ich stehe irgendwo und stehe nirgendwo. Ich befinde mich im Leeren, nichts gibt es hier, nichts außer Fragen. Fragen nach dem Wohin! Wie geht es nun weiter? Dieses Gefühl, nicht weiter zu wissen ist viel schlimmer, als die Belastung zuvor. Ich habe keine Ziel, und somit auch keinen Weg. Nicole

Was ist Leid?

Hab ich mich verirrt?

Leid ist, mit einer Krankheit fertig zu werden. Leid ist, wenn man alleine ist. Leit tut sehr weh. Leid macht müde. Leid, Leid ist negativ. Leid macht mutlos. Leid ist, trotzdem zu leben. Petra

Der Weg ist schwer!

Robert

Robert 25

Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.


Auszeit 8/27 - September 2006

Regen Wie der Regen niederfällt, so fallen meine Tränen. Meine Tränen könnten ein Meer füllen. Regen reinigt meine Seele. Regen entspannt. Regen ist für Wachstum, etwas Neues. Dunkle Regenwolken zeigen mein Inneres. Nach Regen kommt wieder die Sonne. Petra Maria Christina

Wilma

So gesehen…

J:

von „Jungen (J) und Alten (A)“ J: A:

Die Stunden vergehen so langsam, ich erwarte es kaum, bis mein Schatz kommt! Mein Liebster musste schon wieder weg, die Zeit verrinnt…

A:

J: J:

A:

Eine ganze Woche warten. Ich zähle die Tage bis zum Wiedersehen, so lange noch! Eben erst gekommen und schon ist die Zeit zum „Gehen“.

A:

J:

Ich sollte eigentlich meine Mama (Oma) besuchen, aber heute und morgen hab ich keine Zeit, später… Ob heute Besuch kommt? Haben sie mich vergessen? Die Tage und Nächte sind so lang. Wann darf ich endlich länger ausbleiben, bin doch fast 18. Ich mag abends nicht mehr aus dem Haus, ich schlaf oft vor dem Fernseher ein. Ich erinnere mich wieder, wollte doch Besuche machen, vielleicht heute? Besuch hat sich angesagt, ich freue mich.

J: A:

Das Radio ist zu leise. Der Krach aus dem Radio, kaum zu ertragen!

A:

J:

Heute brauche ich unbedingt was Neues, T-Shirt und die Hose sind nicht mehr in. Was brauche ich was Neues? Komm eh nicht mehr aus dem Haus.

Mir ist heute Nacht ein Spruch eingefallen, der mich nicht loslässt: „Schenke Blumen während des Lebens, auf den Gräbern sind sie vergebens!“

A:

Anni Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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Auszeit 8/27 - September 2006

Das bin ich Ein Vogeljunges, erst kurz geboren, befand sich ganz verloren, auf einem kalten, grauen Platz. Sein Gefieder war nass und von dichtem Schwarz. Aus dem Schnabel drangen leise Piepser, als „Begleitmusik“ zu ungelenken Hopser. Niemand schien den Kleinen zu beachten, außer die, die über ihn höhnisch lachten. Fipsy, so sei der Kleine jetzt genannt, wurde von schrecklichen Gefühlen übermannt. Traurigkeit, Einsamkeit, Angst und Bange Legten sich um sein Herz, wie eine eiserne Zange. Zitternd, trostlos und am Ende in seiner Not, gab Fipsy auf und wünschte er sei tot! Doch da kam sie, wie die aufgehende Sonne. Ihre Stimme war so sanft und voller Wonne. Ein Menschenmädchen rettete Fipsy das Leben, war bereit, ihm behagliches Heim zu geben.

Eva

Jeder Wunsch wurde ihm von den Augen abgelesen, perfekt, wär´ nicht dieses komische Gefühl gewesen! Er sehnte sich tief im Herzen nach Seinesgleichen, wollte selbst mit den Flügeln den Himmel erreichen. So öffnete das Mädchen nach einiger Zeit liebevollen Gebens für Fipsy die Pforten des richtigen Lebens. Fipsy hatte viele Freunde seiner Art, aber ohne eigene Familie ist das Leben hart. Auch in dieser Sache ließ ihn das Glück nicht warten. Er fand seine vermissten Eltern in Nachbars Garten. Fipsy lernte alles was ein Vogel können muss und fasste im Familienkreis schnell festen Fuß. Fipsy trägt nun ein prächtiges Federkleid und ist überall gern gesehen, zu jeder Zeit. Seine Kunst zu fliegen und Kunst zu singen vermochte jeden zur Verzückung zu bringen. Er darf aber auch mal traurig und müde sein, immer mit dem Wissen: er ist nie wieder allein! Aus einer hässlichen, unscheinbaren Winzigkeit wurde eine wunderschöne, liebevolle Einzigartigkeit. Eine Schönheit nicht nur nach außen hin, die kommt von innen, entstand im Herzen drin. Fipsy genießt das größte Glück auf Erden: Bedingungslos geliebt zu werden!

Wilma

Christine

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Auszeit 8/27 - September 2006

Warten Manchmal, da mĂźssen wir einfach warten. Wir warten auf einen Menschen. Wir warten auf eine besondere Stunde. Wir lernen die Geduld. Wir warten mit dem Blick nach innen und nach auĂ&#x;en. Wir warten auf eine Eingebung. Wir lernen zu sehen. Wir warten, bis der Sturm sich verzogen hat. Wir warten auf uns selbst. Wir lernen, den rechten Augenblick zu erkennen, an dem unsere Wanderung weiter geht. Tanja

Herbert

Zeit fĂźr eine Auszeit? Auszeit, die Zeitung von Menschen in der Krise und ihren Freunden.

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