Der Mann, der Maler sein wollte: Giorgio Piacenza

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Claudio DAPRA’

Jedes Bild seines Iter Continuum hat selbst in seinen Anbindungen eine Autonomie und jedes Zeichen hat einen eigenen Antrieb; gleichzeitig sind alle seine Bilder Teile eines unauflöslichen Mosaiks, als kulminiere das Continuum in einem Unicum; um sich die «Einheit» jedes einzelnen Bildes zu vergegenwärtigen, war und ist es unerlässlich notwendig, ins Geheimnis seines Lebens vorzudringen und damit seine Geistigkeit zu erfassen und quasi zu verletzen. Giancarlo Vigorelli1

Der Mann, der Maler sein wollte: Giorgio Piacenza Wer den von Mirella Bandini 1977 herausgegebenen Katalog Tapié un arte autre liest, trifft auf Giorgio Piacenza, der im Garten seiner Villa in Superga die Skulpturen von Sofu Teshigahara ausstellt. Im Namensverzeichnis findet der Leser unter den 55 Malern aus 15 Nationen, die in der Mailänder Galerie Cortina anlässlich der Ausstellung Espace abstrait - de l’intuition à la formation 1969 vertreten sind, unter der Rubrik Métaphysique de la matière-espace den Namen Dassu. Auf dem Deckblatt eines Faltprospekts findet sich der handschriftliche Vermerk von Ambrogio Minola: “Der Schaukasten oder Persönlichkeiten des Centro internazionale di Ricerche Estetiche (Internationalen Zentrums für ästhetische Forschungen), von Franco Garelli für Giorgio Piacenza, Turin 1963”. 1964 wird in Lima in Peru eine Ausstellung der “Gruppo WEGAS y Giorgio Da Superga” angeboten. Michel Tapié schreibt 1977 in der Introduction à La Connaissance Esthétique2 : “Les textes qui suivent n’auraient jamais vu le jour sans l’existence de fait de certaines créations de structures d’espaces abstraits d’artistes que je tiens à nommer avant toute autre chose, dans une liste empiriquement ordonnée: les œuvres en question sont les véritables axiomes présidant à cette introduction à une esthétique autre, post-dada.3 a) L’architecte catalan Gaudi, le logicien Bertrand Russell, le compositeur Edgar Varèse et le poète Ezra Pound. b) Hofmann, Miró, Domoto Insho, Teshigahara Sofu. c) Clyfford Still, Pollock, Motherwell, David Smith, Lee Krasner, Kline, Wols, Mathieu, ...d) Donati, Tàpies, Piaubert, Yoshihara, Wessel, Castel, Damian, Crippa, Dassu, Wagemaker, Laganne, Schumacher, Gallizio...”. Tapié schreibt 1970: “Dassu existe et existera comme artiste, il est représenté dans la collection du Centre d’Esthétique, j'ai emmené de ses œuvres autour du monde, montrées aux U.S.A. et au Japon avec les Gutaï, je le reproduis dans mes livres; et je continuerai à le faire figurer tant dans des groupes d’"hypergraphies" que dans des ensembles d’"espaces abstraits"... J’ai aussi connu 1


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monsieur Piacenza, dont je m’honore d’avoir eu l’amitié. Collectionneur des œuvres audacieuses d’un "maintenant" qui était le sien, il a su intégrer ces œuvres d’art dans le cadre d’un art de vivre où l’amitié confidentielle trouvait sa profondeur d’épanouissement...” 4. Um dieses vermeintliche Rebus herum kreist eine künstlerische Vita von großer Eigenständigkeit und in tiefer Teilhabe an einer Zeit künstlerischer Experimentierfreude und Entwicklung auf höchster Ebene, sowohl was Turiner als auch internationale Kunst betrifft.

Giorgio Piacenza kommt 1910 in Turin zur Welt. Er hat keine künstlerische Ausbildung, studiert Rechnungswesen. Mit 15 Jahren ist er Klassenkamerad von Renzo Guasco5, den er 1962 auf der Biennale in Venedig wiedertrifft. Dieser ist inzwischen Kunstkritiker geworden: es entsteht eine Freundschaft und ein reger Gedankenaustausch. Guasco wird der feinfühlige Chronist seines Lebens und seines künstlerischen Schaffens und wird sein Werkverzeichnis erstellen. Piacenza gründet 1938 in Turin die Gesellschaft AMSA zusammen mit seinem Bruder Gino, der Chemiker ist, und anderen. Mit dem Umzug des Unternehmens nach Moncalvo im Jahr 1944 gründet er es mit seinem Bruder neu unter dem Namen TT (Trasformazioni Tessili [TextilTransformationen]). Die Firma TT, die einen großen Aufschwung erlebt, ist spezialisiert auf die Herstellung von Hemden. Seit den 50-er Jahren erweist sie sich als zukunftsweisend mit den ersten “bügelfreien” Hemden und zeigt Weitblick für die Entwicklung neuer Produktionstechniken und Materialien und gleichzeitig für den Fortschritt der italienischen Gesellschaft. Der andere Bruder, Mario, der 1946 nach Peru ausgewandert ist, gründet die Firma “Tecnoquímica”, die unter anderem Farben für Künstler herstellt. Als Kunstsammler beschäftigt er sich mit Bildhauerei und 1960 gründet er mit Patricio de Almenara die “Bienal de Arquitectura y Pintura Peruana”, die als “Bienal de Teknoquímica” noch heute einen wichtigen Preis verleiht.6 Mario wird ein wesentlicher Pfeiler für den künstlerischen Werdegang Giorgios. Piacenza leitet die Herrenmodezeitschrift Club, an der der französische Illustrator und Zeichner René Gruau7 mitarbeitet, ein Künstler, der sich an der Werbegrafik der Vorkriegszeit orientiert, und ein Kenner japanischer Kunst und Kalligrafie. Wir wissen nicht genau, wann Piacenza zu malen beginnt: eine Notiz, die wir ihm zuschreiben, zur Ausstellung 1967 in Biella besagt: “Künstlerische Tätigkeit seit 1938: Ölmalerei-Gouachen. - 1953 Vinyl-Malerei. - 1963 Plastic-paints und ‘plastische’ Reliefs. - 1966, Acrylserie 1-302.”8 Guasco datiert den Beginn auf 1950: “Um die Stunden der Langeweile und der erzwungenen Untätigkeit während der Genesung nach einer schweren Operation zu überwinden,”9 hätte er den Turiner Künstler Giulio Da Milano, den er auf der Textilausstellung beim Premio Spola d’Oro

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(dessen Promotor Piacenza war) kennen gelernt hat, gebeten, ihm und seiner Frau Adriana Bechis Malunterricht zu erteilen. Seine Freunde Wessel, Assetto und Garelli schreiben: “Er hat zwanzig Jahre lang auf nach unserer Vorstellung konventionelle Weise gemalt; er malte Bilder, die weder schlechter noch besser waren als die seiner kunstakademisch ausgebildeten Zeitgenossen: der junge Industrielle malte in jeder freien Minute, die er der täglichen Arbeit abringen konnte. Er besuchte Museen und Galerien, las Kunstbände und verfolgte die geistigen Strömungen seiner Zeit. Drei Jahre lang arbeitete er täglich im Atelier des Malers Giulio Da Milano, um seine Ölmalereitechnik zu perfektionieren. Er malte, wie man eben in den Jahren zwischen 1935 und 1945 malte, der Epoche, in der Futurismus und Avantgarde gewöhnlich beiseite geschoben wurden zugunsten einer zunehmenden Popularität der konventionellen ‘schönen Kunst’.”10 Man erkennt die autodidaktische Phase an einer Gruppe von ‘malträtierten’ Bildern: technisch (Öle, Gouachen, Lacke, Mischtechniken) und inhaltlich (Landschaften, Städte, Figuren, Stilleben) unstet und stilistisch unsicher (Kubismus, Post-Impressionismus, Fauvismus). Immerhin zeugen diese Arbeiten von Kenntnis und Anteilnahme an der Turiner Kunstszene der Nachkriegsjahre. Dass er sich 1950 an Da Milano wendet, ist daher nur kohärent. Da Milano, “zu wenig beachteter Protagonist des Turiner Kunstgeschehens in den entscheidenden Jahren um 1930”11, von französischer Herkunft, hat in Paris studiert, wo er die Turiner Kollegen Gigi Chessa, Filippo Menzio und Carlo Levi kennen lernt, im Milieu von Montparnasse und der École de Paris, der Geburtsstätte der Turiner Kunstrichtung, die gängigerweise mit den “Sechs aus Turin” (Boswell, Chessa, Galante, Menzio, Levi, Paolucci) gleichgesetzt oder alternativ als “Turiner Fauve”, “Turiner Intimisten”, “Parnassiens” oder “Post-Impressionisten” bezeichnet wird.12 Drei Jahre lang besucht Piacenza das Atelier von Da Milano fast täglich: nach dem Abendessen und an den Wochenenden, was hunderte von Studien auf Holz und Leinwand belegen, aufwändige Gemälde, die in Sujet und Geschmack den Stillleben und Interieurs des Meisters ähneln. “Viele Bilder Piacenzas könnten neidlos neben denen Da Milanos, Menzios und anderer Maler jener Jahre bestehen”, sagt Guasco. “Es steht außer Frage, dass er irgendwann wahrnahm, dass das, was er tat, nicht synchron übereinstimmte mit der Industriewelt, in der er wirkte, mit den Büchern, die er las, und mit seinen tieferen Anliegen. Schon in einigen mit Pinseln gemalten Ölbildern bemerkt man diese Ungeduld, dieses Bedürfnis nach frischer Luft. Einige von Matisse übernommene Anregungen, gewisse unkonventionelle Farbakzente, eine bestimmte Ungeduld in der Anwendung traditioneller Mittel lassen dies erkennen. Da Milano berichtet, dass Piacenza ihm eines Tages ein Buch über informelle Malerei zeigte. Da Milano, der ab 1934/35 tatsächlich informelle Bilder antelitteram gemalt hatte, die erst seit wenigen Jahren bekannt sind, konnte die Tendenzen seines 3


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Schülers und zwischenzeitlich engen Freundes nur verstehen und unterstützen.”13 Viele kleinformatige, von Adriana in farbenfreudigem Fauve-Stil gemalte Ölbilder folgen ebenso der Lehre Da Milanos. Seine Freunde schreiben: “Giorgio Piacenza hatte sich sehr seiner leitenden Tätigkeit in einem hoch spezialisierten Industriezweig im Piemont gewidmet. Seine Leidenschaft für die Malerei hatte jedoch nicht nachgelassen. Vielmehr hatte sich seine natürliche Begabung in etwas viel Ernsthafteres und Anspruchsvolleres als ein Hobby verwandelt und war ein notwendiges Gegengewicht zum täglichen industriellen Training geworden. Er begann, sich verstärkt für die in den Fünfziger Jahren heftig geführte, polemiche Diskussion um das Für und Wider der figürlichen Kunst zu interessieren. Die abstrakte Kunst zog ihn an; aber sie eroberte ihn zunächst nicht als Maler Dassu, sondern als ‘Kunstliebhaber’ bzw. als aufmerksamer Sammler von Gemälden und Skulpturen junger japanischer, französicher, deutscher und italienischer Künstler.”14 Piacenza datiert auf 1953 den Beginn der “Vinyl-Malerei”: der Begriff bezieht sich auf den Gebrauch von Vinavil, das in den Fünfziger Jahren die alten Klebstoffe organischen Ursprungs ersetzte. Mit diesem innovativen Material realisiert er etliche Studien auf Papier und Karton, auf denen sich Materialschichten in verschiedenen Auftrags- (Tropf-, Spachtel-, Schneide-) und Farbtechniken überlagern. Es entstehen tellurische Effekte, Materialmeditationen, kleine Welten. “Vinyl-Malerei” steht für eine Reihe von Versuchen in steter Weiterentwicklung.

Die Jahre, in denen Piacenza neue künstlerische Wege beschreitet, sind auch entscheidend für das Turiner Kunstgeschehen: Von 1951 bis ‘61 organisiert die Vereinigung “Pittori d’Oggi Francia-Italia” (Maler von heute) sieben Ausstellungen, in denen die Werke der angesehendsten zeitgenössischen Maler und junger aufstrebender Künstler aus Italien und Frankreich vorgestellt werden: mehr als zweihundert Künstler, die zum Teil schon der neuen informellen Kunstform anhängen. Seit 1956 “hält sich Tapié zunächst gelegentlich in Turin auf, einer Stadt, die er sofort liebt wegen ihrer Nähe zu Frankreich und der Möglichkeit, sich zwischen einer Reise und der nächsten zurückzuziehen und sich seinen Studien zu widmen.”15 Hier organisiert er die Ausstellungen der Galerie Notizie von Luciano Pistoi, mit denen er in Turin die “Art Autre” vorstellt. Im Mai 1959 realisiert er die Ausstellung “Arte Nuova-Esposizione internazionale di pittura e scultura- Ikebana di Sofu Teshigahara” (Neue Kunst – Internationale Malerei- und Skulpturen-Ausstellung – Ikebana von Sofu Teshigahara) mit dem Circolo degli Artisti (Kunstverein), in der mehr als siebzig Künstler nach Kulturgebieten eingeteilt sind: Europa, Amerika und Japan. “Neben der ‘Arte Nuova’ (in der Galerie Notizie) eine große Ausstellung der Gruppe Gutaï”.16 4


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Im Oktober wird, “da wie durch einen schicksalshaften Zufall die alte, provisorische und ungeeignete Baracke, in der seit 1895 unsere Sammlungen moderner Kunst untergebracht waren, unter den Bombardements 1942 zerstört wurde”, der neue Sitz der Galleria d’Arte Moderna (Galerie Moderner Kunst) eingeweiht. “Gleichzeitig ... hat die in dem für Wechselausstellungen vorgesehenen Pavillon untergebrachte große Ausstellung der Meisterwerke Moderner Kunst aus privaten italienischen Sammlungen ... gut 286 Meisterwerke der größten zeitgenössischen italienischen und ausländischen Künstler vereint und präsentiert... . Man braucht nur die Namen von Sisley, Cézanne, Rousseau, Gauguin, Picasso, Braque, Gris, Léger, Matisse, Rouault, Chagall, Soutine, Klee, Utrillo unter den ausländischen Künstlern aufzuführen; und Modigliani, Carrà, De Chirico, Casorati, Campigli, De Pisis, Morandi, Rosai, Scipione, Spazzapan und Arturo Martini, Manzù und Marini ... und man kann zu Recht behaupten, dass dies eine der umfassendsten und attraktivsten Kunstveranstaltungen der Moderne war, die bis dato in Italien stattgefunden hatten.”17 Der Japaner Sofu Teshigahara gestaltet im gleichen Jahr im Park der Galleria d’Arte Moderna ein großes Ikebana mit dem Titel Felicitazioni (Glückwünsche). Im Jahr 1960 stellt die Galerie Moderner Kunst die Xylographien von Shiko Munakata aus, die die traditionelle japanische Kunst expressionstisch umdeuten. Im gleichen Jahr eröffnet Tapié das “International Center of Aesthetic Research (ICAR) in einem wunderbaren Palast aus dem 16. Jahrhundert im historischen Zentrum Turins in der Via Basilica 9 (wo 1578 Torquato Tasso Unterkunft gefunden haben soll). Mit der Gründung des ICAR in Turin – zusammen mit Luigi Moretti und Franco Assetto, und später unter der Leitung von Ada Minola – realisiert Tapié das bedeutendste Vorhaben seines Iters: die Möglichkeit, in einer Dauerausstellung und in auf zwei Stockwerken verteilten Museumsräumen die Künstler vorzustellen, die er seit 1946 betreut hatte und dank derer er die Theoretisierung der Art Autre aufgestellt hatte, die sich in der Turiner

Periode

und

mit

Hilfe

Morettis

hin

zu

wissenschaftlichen

Spekulationen

weiterentwickelt.”18 1962 kuratiert Tapié zusammen mit Pistoi in der Galleria d’Arte Moderna die Ausstellung Struttura e Stile (Struktur und Stil). Vittorio Viale steht hinter den Worten Tapiés: "Durch ihre Leitgedanken und durch die Wahl der Künstler und Werke hebt sich diese Ausstellung von den üblichen Ausstellungen eines Museums ab; aber wenn eine öffentliche Galerie moderner Kunst neben ihrer Aufgabe, Dokumentationsstätte und Schule zu sein, wie mir scheint, auch Übungsstätte und Leitfigur sein sollte, dann ist es gut und richtig, dass in ihr alle Ideen in Betracht gezogen und alle Probleme angegangen und debattiert werden; und zwar mit umso mehr Engagement und umso lebhafterem Interesse, wenn die Ideen und Probleme die Zukunftsperspektiven der Kunst betreffen oder zumindest jene Perspektiven, die ein scharfsinniger kritischer Geist zu konfigurieren sucht.”19 5


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Im September 1962 erfolgt L’incontro di Torino (Das Turiner Treffen) in den Räumen der Promotrice (Kunstförderverein), wo erneut europäische, amerikanische und japanische Künstler aufeinandertreffen.

1959 zieht Piacenza in die neue Villa in der Strada Superga. Neben der Villa, am hinteren Ende des Parks, gestaltet er einen rustikalen Bau zum Atelier um: ein echter Rückzugs- und Arbeitsraum für den Künstler, ein Keramikbrennofen für Adriana, Räume, um Kunstfreunde zu empfangen und eine Art Privatmuseum einzurichten. Das Atelier wird der Ort, wohin andere Künstler kommen, um seine neuen Techniken auszuprobieren. “Es gibt ein Datum, das für eine wichtige Wende (wir können zweifelsohne von der wichtigsten sprechen) in der künstlerischen Entwicklung Piacenzas steht, und zwar das Zusammentreffen mit dem Maler und Bildhauer Franco Garelli. Giorgio und Adriana Piacenza suchten Garelli im Sommer 1959 in Albisola auf. Sie wurden sofort Freunde. Durch Garelli erfuhr Piacenza in erster Linie eine Lektion in Freiheit. Frei zu handeln und sich frei auszudrücken, unter Nutzung jeglicher Mittel.”20 Als Piacenza Garelli kennen lernt, hat dieser schon eine komplexe Biographie. 1909 geboren, ist er im Jahr 1927 mit großformatigen Terrakottaarbeiten als Bildhauer hervorgetreten. Zu seinem Kreis gehören der zweite Turiner Futurismus und dann Martini und Spazzapan, er wird Arzt, unterrichtet Anatomie für Künstler an der Kunstakademie und später Figur und Modellierte Ornamentik am Kunstgymnasium. Er kennt die Gruppe “Cobra” und in Verbindung mit dem Laboratorio Sperimentale di Alba (Versuchslabor Alba) von Pinot Gallizio nimmt er am I Congresso Mondiale degli Artisti Liberi (1. Weltkongress freier Künstler) teil. Seit 1950 arbeitet er mit Bronze, seit ’54 fertigt er Stahlskulpturen, malt und zeichnet. 1959 arbeitet er in Tokyo und stellt in Osaka aus.21 Garelli und Franco Assetto sind die ersten Künstler, die Tapié durch Spazzapan kennen lernt, als er beginnt, in Turin aktiv zu werden, und durch Garelli macht er Bekanntschaft mit Piacenza. “In kurzer Zeit lernte Piacenza alle Künstler kennen, die Tapié in unsere Stadt holte; er sammelte ihre Werke; mit einigen von ihnen freundete er sich an.”22 Dazu gehören Assetto und Wilhelm Wessel, mit denen ihn künftig eine große und tiefe Freundschaft verbindet. Assetto, gebürtiger Turiner, ein Jahr jünger als Piacenza, Pharmaziestudium, Eklektiker, Dandy, Surrealist, nach einer Phase eines sehr eigenständigen Informel Initiator des “Baroque ensembliste”. Er praktiziert die “arti applicate” (angewandten Künste) und wird als Vorläufer der Pop Art angesehen. Er stellt in Japan mit den Gutaï aus und lebt dann viele Jahre in den USA. Ihm ist in Frontino, im Montefeltro, ein Museum gewidmet.

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Wilhelm Wessel, 1904 geboren, hat unter der Leitung von Kandinsky am Bauhaus gearbeitet, dann als Grafiker in der Tschechoslowakei und als Lehrer in der Türkei. Er hat den Orient bereist, Archäologie und Malerei studiert, war Kunstlehrer von ‘31 bis ‘39. Nach dem Krieg ist er als Maler in seiner Geburtsstadt Iserlohn tätig, wo ihm und seiner Gattin, der Malerin Irmgart WesselZumloh, ein Museum gewidmet ist. 1958 ist er auf der Biennale in Venedig vertreten, in den Sechzigern geht er nach New York, mit Piacenza nach Lima und auf die Bahamas. Nach einem expressionistischen Auftakt, einem Übergehen zur Neuen Sachlichkeit und einer Zeit als “Kriegsmaler” in Afrika und in Italien gelangt er in der Mitte der Fünfziger Jahre zum Informel. 1957 ist er in der Ausstellung Aktiv-Abstrakt. Neue Malerei in Deutschland vertreten, die die wichtigsten Vertreter der deutschen informellen Szene in der Münchner Städtischen Galerie im Lenbachhaus zusammenführt.23 Ein rigoroser Künstler mit starker Persönlichkeit, meditativ, zutiefst kritisch. Die Freundschaft zwischen zwei Männern unterschiedlicher Nationalität, Ausbildung und unterschiedlichen Alters ist tief. Piacenza setzt in Wessel totales Vertrauen. Er ist der Einzige, dessen Rat er annimmt, welche Bilder aufzubewahren und welche zu zerstören seien. Und er ist es, der ihm die Notizbücher schenkt und ihm rät, dort alle seine künstlerischen Fortschritte niederzuschreiben. “15. März 1966 – Ankunft Wessels, der mir dieses Buch für Anmerkungen schenkt. Ich nehme mir vor, es auszufüllen und darin Episoden zu vermerken, die mit meiner Malerei zu tun haben.”24 Zwischen den Paaren Piacenza und Adriana, Wessel und Irmgart entsteht eine tiefe Freundschaft, sie besuchen und schreiben sich: technische Tipps, Materialien und Fotografien der Arbeiten, Reiseund Ausstellungsberichte, Erfahrungen und Gedanken werden ausgetauscht: “Caro Giorgio, aujourd’hui Dimanche! Ca veut dire, tu travail à l’atelier et Adriana et Maria t’attend pour le déjeuner – mais tu ne viens pas, pars que tu es trop occupé par ton travail… ” “Cher WILHELM, ... Comme toujours ta fantasie de peintre m’a imaginé justement à la place où je me trouve tous les dimanches, c’est-à-dire dans l’atelier, concetré sur mon travail,… ” Wessel: “Dans ce Moment, 1 heure-midi-, Maria et Adriana t’attendend dans la maison pour manger, pendent toi – aujourd’hui féte de Dieu - tu t’occupe avec la création, avec la mistère, la methaphisique de la mathière, pappa !”25

Zu Beginn der Sechziger Jahre geht es Piacenza gesundheitlich nicht gut. Sein Leben spielt sich zwischen Arbeit, Krankheit und Kunst ab. Krankenhausaufenthalte, Kuren, Schmerzen, Hoffnungen wirken auf seine Persönlichkeit und bestärken ihn in seinem Wunsch, Maler zu werden.

’62, ’64 und ’66 besucht er die Biennale. Guasco: “Jene Begegnung in Venedig..., war mit die 7


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glücklichste. Ich erinnere mich noch des fieberartigen Zustands, der uns gefangen hielt, während wir durch die Padiglions und die Gärten der Biennale gingen oder in den Cafés auf dem Markusplatz saßen. Beisammensein und getrennte Erkundungen wechselten sich ständig ab; man verlor sich und traf sich zehn Mal am Tag wieder. Ich meine, es seien ‘alle’ da gewesen, Fontana, Tapié, Stadler, Garelli, Assetto und alle Amerikaner, Japaner und Franzosen, die wir wenige Tage später, am 18. Juni, wieder in Turin in der Galleria d’Arte Moderna anlässlich der Ausstellungseröffnung zu ‘Struttura e Stile’ antreffen würden... ich erinnere mich an die Aufmerksamkeit, in der er vor einigen Kunstwerken in den Padiglions der Biennale verharrte und diese betrachtete. Er besaß die seltene Fähigkeit, sich die Bilder und deren tiefere Bedeutung einzuverleiben.”26 Das Verhältnis zu der Gruppe, die um den französischen Kritiker kreist, illustriert aufs Beste “la Bacheca” (der Schaukasten): “Lieber Garelli, es würde mir gefallen, den barocken Bücherschrank im ersten Stock in einen “Schaukasten” zu verwandeln, voller Keramiken (wie du sie in Castellamonte anfertigst), die sich an den Malern der Bilder an meinen Wänden inspirieren. Was hältst du davon?” Ein umfunktioniertes barockes Möbel, zur Darbietung von einundzwanzig, je einem Künstler gewidmeten Skulpturen: Assetto, Teshigahara, Shiraga, Garelli, Onishi, Wessel, Insho, Tàpies, Spazzapan, Ossorio, Mathieu, Yoshihara, Budd, Mukay, Damian, Capogrossi, Morlotti, Fontana, Serpan; die beiden größten sind Piacenza und Tapié gewidmet – eine Wunderkammer des Informel, die Summa seiner Kunstsammlung und seiner Freunde. 1963 “nimmt (Sofu) die Einladung des International Center of Aesthetic Research an und zeigt ein Großes Ikebana und Kalligrafien im Garten der Villa Piacenza, der freundlicherweise zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wird.”27 Guasco schreibt: “In meinen Heften unter dem Datum 9. Juni 1963: ‘gestern am Nachmittag und Abend bei Piacenza. Ausstellung von Skulpturen und Riesenikebana von Sofu Teshigahara. Das Ikebana bekam einen fast scherzhaften Abschluss, als Sofu auf dessen Spitze einen weiß-grünen Gartensonnenschirm aufstellte. Danach bemalte er mit einem riesigen Pinsel eine lange, auf dem Rasen ausgerollte Leinwand. Es fiel ein leichter Regen... .’ ”28

Im Jahr 1963 vollzieht Piacenza einen Stilwechsel hin zu Plastic-paints und “plastischen” Reliefs. Diese beiden Definitionen umfassen eine Vielzahl technischer Experimente: die plastischen Reliefs entstehen aus Abdrücken verschiedenster Materialien, Objekte, Schmuck- oder Geldstücke, Fossilien etc., die Plastic-paints bilden die experimentelle Fortsetzung der Vinyl-Malereien. Die Techniken werden oft kombiniert, die Abdrücke frei integriert in die plastischen Malereien, wodurch komplexe Farb-/Material-/Raum-Gebilde entstehen. 8


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“Garelli und Piacenza arbeiteten oft zusammen und tauschten die zeitweise fast täglich gemachten technischen Neuentdeckungen untereinander aus. Das Erfinden neuer Formelemente und das Experimentieren mit neuen Produkten liefen parallel ab.”29 Das direkte Resultat ist das, was Garelli sogar mit einem eigens dafür vorgesehenen Drucketikett als PLAMEC definiert: Bilder, auf denen sich monochrome plastische Oberflächen dreidimensional ausbreiten. Im Sommer “1964 reist er zusammen mit Wessel, Garelli und Assetto nach Lima, in Peru, wo Mario, einer seiner Brüder, lebt. Mit den drei unter dem Gruppennamen Wegas auftretenden Freunden stellt er in der Galerie ‘Antiquariato’ unter dem Titel ‘Arte Actual’ aus (was er sich in Italien noch nicht zugetraut hatte).”30 Ein recht komplexes Unterfangen: der Bruder Mario, der in der Firma Tecnoquìmica bereits Künstlermaterialien produzierte (Öl-, Tempera- und Acrylfarben) und der während seiner Italienaufenthalte die Künstlerfreunde Giorgios kennen gelernt hatte, begriff das Interesse an neuen Materialien, die der Erneuerung des Kunstschaffens dienen sollten und die sich dazu eigneten, voluminös und in dickem Auftrag zu malen und jede Art von Farbe und Pigment aufzunehmen. Er hatte schon neue Materialen ausgetestet, die er als “pappe” (Brei/Mus/Paste) bezeichnete.31 Mario Piacenza, der eine Reihe von Ausstellungen mit europäischen und südamerikanischen Künstlern anregte, lädt Garelli, Assetto und Wessel nach Lima ein, wo sie ausstellen und einen Teil der Arbeiten mit den neuen Materialien in seinem Labor durchführen können.32 Wessel, Garelli und Assetto gründen für diesen Anlass die “Gruppe WEGAS” aus dem Akronym ihrer Namen. Die für die drei Künstler geplante Ausstellung (“Antiquariato ist eine ziemlich große Galerie, in deren Räumlichkeiten problemlos drei Künstler gleichzeitig ausgestellt werden können...”33) soll im August stattfinden. Giorgio Piacenza und Adriana nehmen begeistert an dem Reisevorhaben teil, um ihre Verwandten zu besuchen, obwohl Giorgio sich gerade erst von einer schlimmen Zeit der Krankheit erholt: “Ich finde ein Album mit dem Eintrag zweier Daten: 10. Februar – 24. März 1964. Auf den Seiten dieses Albums sind 124 kleine Arbeiten eingeklebt, die größtenteils aus Polyester auf Karton bestehen. Er nannte sie ‘plastische Reliefs’. Adriana sagt mir, dass er zu jener Zeit krank war und nicht ins Atelier gehen konnte. Er beschränkte sich daher auf kleinformatige Arbeiten, ohne das Haus zu verlassen.”34 In Peru herrscht ein begeistertes Klima; vielleicht sind es der Bruder Mario oder der Einfluss Wessels, die Giorgio davon überzeugen, zusammen mit den WEGAS als “Giorgio Da Superga” auszustellen, Pseudonym aus dem Ort, an dem er lebt und wirkt und in Hommage an Giulio Da Milano. Die in Peru mit den “pappe” (Pasten) ausgeführten Werke zeichnet er mit DA SU. 9


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Die Katalogtexte zu den WEGAS stammen von Tapié, gemeinsam zeichnen sie die Präsentation von Giorgio da Superga.35 Garelli zeigt “Plamec”, Bronzen und Stahlassemblagen, wie er sie in Turin nie auszuführen gewagt hatte: Metallteile eindeutig mechanischer Provenienz in freier Assemblage. Assetto zeigt “barocke” Reliefs, die er wahrscheinlich in Lima ausgeführt hat. Wessel (im Katalog: “Todas las Pinturas han sido ejecutadas con materiales plasticos”) löst sich von seinem strengen Informel: es tauchen Figuren, Masken, antike grafische Zeichen auf, die auch im späteren Werk beibehalten werden. DA SU zeigt (aus Europa hat er kleine Vinylbilder mitgebracht) acht “Experimento matérico” (Materialexperimente), vier “Investigación plastìca” (plastische Erforschungen), vier “Metafísica del signo” (Zeichenmetaphysiken) und eine Mondo raro (seltene Welt). Auf den Fotografien der Ausstellung erkennt man das starke Relief und den Materialeffekt der in Peru hergestellten Arbeiten: zenitale Ansichten von Wüsten und antiken Ruinen. Aus dem Tagebuch von Adriana: 29/7 Abreise 30/7 Ich schreibe, während wir auf Lima zufliegen, EVVIVA WEGAS 3/8 Den ganzen Tag in Tecnochimica an den Bildern und Entwürfen gearbeitet. Giorgio hat sich ganz Wessel gewidmet. Garelli eine Skulptur für den Flughafen von Lima vorgeschlagen. Hoffentlich geht alles gut! Samstag, 8. August '64: ich habe die Wüste entdeckt!!! Abend mit Enrico Colmenares + Assetto + mit Wessel durch die verschüttete Stadt, dann ohne Wessel der Stille der Wüste lauschen. 13/8 Bildertransport zum ‘Antiquariato’ 14/8 Antiquariato umgeräumt und Ausstellung fertiggestellt. Um 7 die Journalisten. Es zeichnet sich ein großer Erfolg ab, wenngleich nur wenige Personen anwesend sind. Giorgio ist glücklich. 17/8…Abend: großartige offizielle Eröffnung: elegante Personen... Vollendeter Erfolg “Die Reise nach Peru und Brasilien berührte ihn tief und bestimmte einen Wandel in seiner Kunst. Ich würde eher von einer geistigen Offenbarung sprechen als von formalen Anregungen, die durchaus in den Arbeiten einer bestimmten Periode auch zu erkennen sind. Wenn wir die in Lima ausgeführten Bilder mit den wenige Monate zuvor in Turin gemalten kleinen Formaten vergleichen, stellen wir fest, dass, was sich in Sachen Informel angestaut hatte, nun setzen und unerwartet frei werden konnte. Die in die Bilder eingearbeiteten Steine scheinen einen grenzenlosen Raum und eine grenzenlose Zeit zu skandieren. Die Risse erinnern an die der Wüste. Giorgio brachte nach Turin die Erinnerung an die geheimnisvolle Geometrie Puruchucos mit, an die emblematischen Formen und die nicht entzifferbaren Symbole aus dem Museum von Paracas, an die an einem Tag am brasilianischen Strand von Guaruja verspürte Empfindung – er war allein und die Zeit schien 10


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stehen zu bleiben – als ein weißes Pferd sich ihm näherte und ihm die Hand leckte.”36 Das Zusammentreffen mit einer noch sehr entfernten, alten, in rascher Modernisierung begriffenen und an Vergangenheit, Kultur und Bildern reichen Welt hinterlässt unauslöschliche Spuren auf Piacenzas und Wessels weiteren künstlerischen Wegen. Der Anblick einer “barocken” Kunst in ihrer Geheimnishaftigkeit, mit ihrer Symbolkraft, ihrem Gold- und Farbenreichtum und das Erleben der Wüste und der Geisterstädte ist für die ganze Gruppe emotional bewegend. Piacenza bringt überdies eine kleine Sammlung wertvoller archäologischer Stücke mit nach Hause. Guasco: “Nach dem Aufenthalt in Peru arbeitete er noch über ein weiteres Jahr an den plastischen Reliefs, wobei er stets unterschiedliche Techniken und Materialien anwendete und in die Kompositionen Abdrücke von Geldstücken, kleinen Händen, asiatischen Basreliefs, Ketten … einfügte. Im April 1966 führte er die ersten Décollages oder Vinylabzüge aus. Das Datum der ersten Versuche ist im Tagebuch exakt angegeben. Am 17. April schrieb er: «Ich besichtige die BissierAusstellung in der ‘Bussola’ und stehe unter dem starken Eindruck ihrer Poesie und Raffinatesse» und am folgenden Tag: «18. April, Sonntag — Die 5 Décollages, die ich heute ausgeführt habe, sind von Garelli und Guasco abgesegnet. Garelli wollte eine ausprobieren und hat die vielseitigen Möglichkeiten dieser neuartigen Technik erkannt», und eine Woche später: «24. April – Ich habe die Technik der Décollages perfektioniert...» Die Technik der Décollage besteht, mit einfachen Worten beschrieben, darin, auf eine glatte Oberfläche (Glas oder Polyäthylen) zunächst die Farben aufzutragen, die nach traditioneller Art auf der Leinwand als letztes aufgemalt würden. Diese umgekehrte Abfolge wird dann mit dem zweiten Farbaufstrich und den weiteren fortgesetzt. Manchmal verwendete Piacenza neben den Farben auch Ausschnitte älterer Arbeiten oder kleine Abdrücke, die ins Bild eingearbeitet wurden. Auf diese ‘umgekehrt’ komponierte Arbeit verteilte er eine Schicht Vinavil und schließlich zog er die Leinwand auf. Nach mehreren Stunden, wenn Farben und Vinavil ganz getrocknet waren, vollzog er ‘den Abriss’. Die Farben lösten sich von der Polyäthylen-Platte und blieben an der Leinwand haften. Dieser Ablöseprozess ergab jedes Mal einen Überraschungseffekt, obgleich der Künstler jede Wirkung vorausberechnete. In etwa, wie wenn man den Brennofen öffnet, um eine Keramikarbeit herauszuholen, oder wenn man den ersten Probeabzug einer Radierung von der Platte löst. Diese Arbeitsweise, die das übliche Vorgehen umdreht, erfordert eine große Imaginationskraft. Giorgio führt diese Methode in den drei Jahren, die ihm noch zum Arbeiten verbleiben, fort. ... In der nahezu täglichen Praxis der letzten beiden Schaffensjahre hat mich sein Erfindungsreichtum beeindruckt. Es kommt selten zu Wiederholungen oder gar Anspielungen (und stets sehr zurückhaltende) auf Werke anderer Maler. Man könnte behaupten, dass diese Vorgehensweise, die er entdeckt hatte und täglich perfektionierte, seine Fantasie weiter antrieb. Sie ermöglichte ihm formale Ergebnisse von größter Präzision und 11


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farblichem Glanz, die mit den herkömmlichen Techniken nicht erreichbar waren.”37 Die Décollagen bzw. Abzüge,-risse werden später als Acryl-Serie bezeichnet (“1966 Serie acrilica 1- 302 ”). Dassu datiert die Werke nur selten, um deren stetige Weiterentwicklung zu betonen, und gibt ihnen eine fortlaufende Nummerierung in Verbindung mit den letzten beiden Ziffern der Jahreszahl. Piacenza stellt 1967 erneut aus. In der Zeit zwischen der Operation Peru im Jahr ’64 und den beiden Ausstellungen ‘67 hat sich Wichtiges ereignet. Die Stadt Turin, die auf internationaler Ebene die Weltausstellung Italia’61 ausgerichtet und 1963 Geltung gefunden hatte durch die Mostra del Barocco Piemontese (Ausstellung des Piemontesischen Barock), mit der ein Zyklus von Studien und Interesse für eine Kunstepoche initiiert wurde, die das 20. Jahrhundert teilweise in Vergessenheit geraten ließ, bietet im Jahr 1965 in den Räumen von Torino Esposizione die Ausstellung Gli ori del Perù (Das Gold aus Peru) – und damit die außergewöhnliche Welt, die die WEGAS im Vorjahr kennen gelernt hatten. Die bereits auf der venezianischen Biennale angelangte Pop-Art macht sich in der Galerie Sperone bekannt. Zwischen ‘67 und ‘68 beginnen der Kunstkritiker Carluccio und die “Amici dell’Arte Contemporanea” (Freunde zeitgenössischer Kunst), in der Galleria d’Arte Moderna und erstmals unter dem Titel Le Muse Inquietanti (Die beunruhigenden Musen) Ausstellungen auszurichten, die die Kunstströmungen zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert neu beleuchten. Piacenza reflektiert seine künstlerische Arbeit, die Frage, ob er eine Einzelausstellung angehen soll, ist häufig Thema des Briefwechsels mit Wessel: “Stadler et Tapié ont vu mes Travaux separatement et ils ont jugé tres interéssants.” “La maladie et sourtout le travail m’ont empeché de devouer beaucoup de temps à la ‘recherche de la matiére’ mais des experiences nouvelles ont eté fait quand meme.” Wessel : “ J’ai montré à elle (der Kritikerin Hersa Wischer) la petit toile que tu m’as fait cadeau... Elle s’est notée le nom DASSU et s’elle visitera prochein fois en Italie... elle visitera DASSU pour voir son oevre.”38 Er beginnt seine Arbeiten mit “Dassu” zu zeichnen und spricht diesbezüglich in dritter Person: “Dans ces jours nous avons terminé, Adriana et moi, d’encadrer les toiles que tu avais choisi lors de ta visite à Turin et un tas d’autres que j’ai fait depuis de ton depart. Nous avons aussi mis l’atelier dans un ordre complet et nous y avons fait une exposition complete des oevres de Dassu. ...l’ami Garelli à exprimé un jugement tres favorable. Il pense que le moment soit arrivé de fair une exposition plus engagée....je n’ai pas aucun envie de reàlizer cette exposition ici en Italie.”39 Wessel: “Je suis heureux que vous avez terminè la question de la prèsentation des petit et grandes toile Dassu... Et Garelli a raison : Maintenant tu dois parteciper aux esposition a Torino avec tes chef d’oevres... Et il faut commencer en Italie, il faut se presenter la bas.”40 Piacenza: “J’ai aussi 12


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adjoint une autre photographie... qui reproduit un de mes actuelle “decollages” que M.TAPIE’ a choisi pour l’envoier en Japon où il pense que je pourrai faire une exposition dans les prochains mois du 1967.”41 Die Ausstellungen kommen im Jahr 1967 zustande. Eine Gruppenausstellung am 17. Februar im Circolo degli Artisti di Biella (Kunstverein Biella): Specchi di Assetto, Plasticpaints di DASSU, Sculture di Garelli. Eine mutige Ausstellung: Assetto zeigt die “Specchi” (Spiegel), die er im Vorjahr in der Turiner Galerie Fogliato vorgestellt hatte. Guasco beschreibt sie so: “Was Assetto an den Künstler-Handwerkern der Art Nouveau bewundert, ist die Leidenschaft für die Arbeit, der Fleiß, die Sorgfalt, die in Manie ausufern und abnorme Früchte tragen kann... In ihren Rahmen hat Assetto all seine technischen Erfahrungen und seine fantastischen Erfindungen zunächst als surrealistischer, dann als abstrakt-barocker Maler zusammengeführt. Die Kristalle sind unterschiedlich gefärbt, so dass, wer sich in ihnen spiegelt, sich jeweils anders wahrnimmt und der Illusion unterliegt, die Lichtverhältnisse haben sich verändert...”42 Garelli zeigt Bronzen, Stahlgebilde, Keramiken und Zeichnungen: die “Macchine” (Maschinen), die er auf der Quadriennale in Rom, und die “Tubi” (Rohre), die er im Vorjahr auf der Biennale in Venedig ausgestellt hatte. Von Dassu sind siebenundvierzig Werke vertreten: Arbeiten kleinen und mittleren Formats mit hermetischen und beschwörenden Titeln. Carluccio: “... Seine Neugierde bewegt sich um einen Kern von Naturerlebnissen, aus denen intensiv empfundene Anreize hervorgehen: eine Mauer, eine Kulisse, eine Tageszeit, eine Gedankenpause, vielleicht auch ein Mythos oder eine Erinnerung; im Moment ihrer konkreten Herstellung ist der Künstler absorbiert von allen ihm zur Verfügung stehenden und noch zu erfindenden technischen Mitteln. Die Verwendung von Sand, Polyester und Lack in Verbindung mit den konventionellen Mitteln ermöglicht eine außergewöhnliche Vielfalt von Untergründen … Das Einfügen natürlicher Fragmente oder von (hand)gefertigten Elementen akzentuiert und erweitert das Feld und die Qualität der optischen Wahrnehmung und verändert somit vorgegebene Begrifflichkeiten. Es sind Werke, die sich im Kontext verschiedenartiger Mittel und Effekte zwischen Malerei und Farbrelief bewegen; zwischen atmosphärischem Verströmen und rigoroser struktureller Festlegung. Sie finden ihren verführerischsten Farbwert in einer Reihe von Nuancen, die vom Kolorit und der Materie an sich suggeriert werden, und die von der Raffinesse gewisser Violetttöne, vom tönenden Gold, Smaragdgrün, Lapislazuliblau, über das Granatrot bis hin zur undefinierbaren Färbung des Schimmels, der Lykenen einer leprösen Kalkwand oder einer organischen Infloreszens reichen. Es entsteht ein starker sinnlicher Eindruck, der oft die Objektivität eines Siegels annimmt und im Widerhall eine Art visuellen Taktilismus hervorruft, wie ein Kontrapunkt oder Gegengesang zur filigranen Leichtigkeit der Bilder.”43 13


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Am 20. März ’67 eröffnet Dassu mit den Bielleser Arbeiten seine erste Einzelausstellung in Genua, in der Galerie Liguria im Palazzo Cattaneo Malone. Der Katalogtext wird von Carluccio verfasst, eine erlesen kalligrafische Erläuterung stammt von Tapié, eine von Garelli (“... Ich kenne die tägliche Arbeit Dassus der letzten und die der vorhergehenden Jahre. Sein ununterbrochener “Eifer” hat hunderte von Arbeiten entstehen lassen ... aus dieser enormen Leistung heraus, in der täglichen Übung und im bereichernden Umgang mit den neuesten Techniken eröffnet sich eine neue Piste in der Entwicklung der Kunst”), eine Anmerkung von Assetto (“Und Dassu hat auch sein Bedürfnis nach Alleinsein, den Wunsch, seine Arbeiten nur den Freunden und nur widerwillig zu zeigen, überwunden... Mir erschien sein Egoismus noch nie gerechtfertigt oder besser seine Egozentrik, mit der er sich verwehrte, anderen Menschen zu vermitteln, was er in diesen vielen Jahren mit den plastischen Materialien imstande war zu gestalten. Es gibt Dutzende von Arbeiten, die unter Verwendung unterschiedlichster plastischer Materialien und Effekte entstanden sind. ... wenn es heute möglich ist, den künstlerischen Wert Dassus zu erkennen, so ist es gleichzeitig unmöglich, die Bandbreite der mittels seiner vielerlei ‘plastischen’ Erfindungen realisierten Kunstwerke zu ermessen...”) .44 Zwischen 1967 und 1969 arbeitet Dassu sehr intensiv. Er setzt die Acrylserie fort: die fortlaufend nummerierten Décollagen kann man auf den Fotografien ordentlich im Atelier aufgehängt und archiviert erkennen. Er integriert Zeichen, Buchstaben, Schriften, Symbole und definiert sie Wessel gegenüber als opere Pop (Pop-Arbeiten). In drei Jahren produziert er mehr als tausend Bilder. Im Zweifel, ob er die Ausstellungstätigkeit fortsetzen soll, “experimentiert” er weiter, und seiner Fähigkeiten nun sicher, kümmert er sich um sein Archiv, wählt, schneidet aus, und kombiniert ausgefeilte, definitive Werke neu. Er nimmt auch wieder Pinsel und Stifte zur Hand: er ist Maler und als solcher trägt er auf die Abdrücke und die Décollagen farbige Pinselstriche, geheimnisvolle Zeichen, Symbole, winzige Graphismen und labyrinthische Graffity auf. 1967 will Michel Tapié Arbeiten Dassus für die Dauerausstellung des “Centro” und er denkt auch an eine Einzelausstellung im ICAR. 1969 zählt Dassu zu den 55 Malern aus 15 Nationen in der Ausstellung Espace abstrait – de l’intuition à la formation, die am 2. April in Mailand eröffnet wird - dem wichtigsten Kunstevent in seiner Karriere als Maler. Im Katalog findet sich die Reproduktion eines doppelten Werks: zwei Décollagen der Acrylserie sind nebeneinander auf der gleichen Basis angebracht und durch einen Eingriff in Mischtechnik miteinander verbunden. Die Idee, in einer größeren Arbeit zwei voneinander unabhängige zusammenzufügen, stammt von Wessel: (“29/6/1967- Am Nachmittag wählt Wessel kontrastierende Arbeiten aus, um daraus großformatige Bilder zu gestalten und eröffnet mir so einen neuen Ansatz zu materischen Kreationen”) 45.

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Am 23. September 1969, nach einer langen Zeit schmerzhafter Krankheit, erliegt Piacenza seinem Leiden in der Villa in Superga – 10 Tage zuvor hatte er sein letztes Werk vollendet. “Er war sich klar darüber, dass er der Malerei den besten Teil von sich anvertrauen konnte. ... Niemand von uns kannte seine Gedanken während der langen Stunden der Einsamkeit und der Schlaflosigkeit, als die Krankheit eine Barriere um ihn herum erhob, die ihn von allen isolierte.”46 1974 und 1975 widmet die Göppinger “Galerie im Hailing” dem Maler Dassu zwei Einzelausstellungen. 1975 erfolgt eine Einzelausstellung in der Galerie “Nick Edel” in Turin und im folgenden Jahr eine in der Galerie “Beniamino” in Sanremo. 1985 widmet die Familie ihm eine Ausstellung in seiner Villa in der Strada Superga. 1990 Einzelausstellung in Turin bei Piemonte Artistico Culturale.

DASSU: Nachwort “Es war ein wirklich umwerfender Besuch - und eine Erleuchtung. Ich konnte es nicht fassen, dass eine derart reiche, übervolle Mappe – nicht nur für mich, wie ich gleich erfuhr – unveröffentlicht geblieben war. Dann blätterte sich vor mir, begleitet von wenigen Worten seinerseits und von Erzählungen (und dem Schweigen) Adrianas, beim Betrachten seines magischen Werks seine Existenz auf; und Leben und Malerei parallel sehend, nicht nur aus einem Gefühlsüberschwang meinerseits, sondern aus dem ehrlichen Bestreben heraus, aus jedem Werk sein Schicksal herauszulesen, erkannte ich auf doppelte Weise den größeren Sinn und Wert dieser nahezu verborgen gebliebenen Malerei.” Giancarlo Vigorelli47 “Seine Bilder vermitteln tiefe emotionale Vibrationen, von einer Intensität und Reinheit, die ich selten bei zeitgenössischen Künstlern vorgefunden habe. Wenn sein Gesamtwerk bekannt sein wird, wird sich die Kunst unserer Zeit um einen unerwarteten Beitrag bereichert sehen.” Renzo Guasco48 Das Zusammenspiel der experimentellen Tätigkeit Piacenza-Dassus und seiner Aktivität als illuminierter Sammler und Mäzen bildet einen wichtigen Baustein innerhalb des Versuchsprojekts Tapiés. Das Zentrum dieses Projekts hatte sich nach Europa verlagert, mit Turin als Basis, in zentraler Lage zwischen Japan und den USA, den beiden Polen seines geografischen und kulturellen Aktionsradius’. Dassu nimmt teil am großen Experiment des Informel, das auch auf humanistischer Ebene darauf zielt, die europäische Kunst des 20. Jahrhunderts einer Arte “autre” (einer ‘anderen’ Kunst) übernationaler Tragweite zuzuführen. Eine Idee im Wandel: das Theorema Tapiés löst sich nicht in sich selbst beziehungsweise im Informel auf, es bilden und vervielfältigen sich autonome Tendenzen, die dann Luigi Moretti mittels der logischen Mathematik und des Strukturalismus neu zu organisieren versucht. Es entstehen und entwickeln sich spontan die

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Métaphysique de la Matière, les Structures de Répétition, l’Espaces Intuitifs, l’Hipergraphie, Baroque Ensembliste und viele andere Richtungen mehr. Die Arbeit Piacenzas bildet durch die Bandbreite und Linearität seiner Suche, durch seine Zweifel und sein Überdenken eine Zelleinheit innerhalb des weit gefächerten Versuchsfeldes des Informel. Seine Suche (die wie für viele mit dem Verlassen einer realistisch-subjektiven Malerei beginnt) erhält Struktur durch seine Kunstsammlung, den Besuch von Ausstellungen und durch den Austausch mit seinen Künstlerfreunden. Sie entwickelt sich im

technischen und ästhetischen

Experiment, mit dem Hang zur Wissenschaftlichkeit, wie auch die Analyse und Kunstvermittlung Tapiés den Anspruch erhob, wissenschaftlich zu sein. Die Sammlung ist Privatmuseum, ein Moment der Erkenntnis, der Begegnung, der Wahl und der kräftezehrenden Entwicklung hin zu Dassu. Garellis Bacheca (Schaukasten) bildet gleichsam das gemeinsame “Manifest”, was Tapié veranlasst zu erklären: “Si l’acte d’art est essentiellement une totemisation de mythes, le fait de la bacheca Garelli Piacenza y ajoute un autre mythe qui le trascende à une autre puissance: ce mythe est celui de l’amitié.”49 Eine Künstlerfreundschaft im Gleichklang der Aktionen, in der Weitergabe von Techniken, in der Verbreitung und Hybridisierung von Ideen. Die Haltung, die ihn bei seinem forschenden Schaffen

lenkt: Suche als Erfindung, persönlicher Ausdruck und intellektuelle

Bereicherung, als stets gemeinsam geteiltes und zur Diskussion gestelltes Experimentierfeld. Das Wirken Piacenzas im gegensätzlichen Spannungsfeld zwischen Hobby und Professionalität, zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, wird übertroffen vom Wirken Dassus in seiner äußersten Suche nach reiner Qualität in Form und Ästhetik. Die Kunst dieses Mannes kann gelesen werden als Erzählung eines freien Handelns.

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G.Vigorelli, Il “caso Piacenza” (Der Fall Piacenza), in: R.Guasco, Giorgio Piacenza Dassu. Turin 1975 Michel Tapié, Introduction à La Connaissance Esthétique, Prolégomènes à une pratique de la connaissance logicopassionnelle des structures esthétiques à une puissance qui est aussi celle de la perception artistique des ensembles abstraits. International Center of Aesthetic Research. Turin 1967 3 “Die folgenden Texte wären nicht möglich gewesen ohne das Vorhandensein bestimmter abstrakter Raumstrukturkreationen von Künstlern, die ich in einer empirisch geordneten Liste aufführen möchte; die betreffenden Kunstwerke sind die wahren Axiome zu dieser Einführung in eine “andere”, post-dadaistische Ästhetik.” 4 “Dassu existiert und besteht weiter als Künstler, er ist vertreten in der Sammlung des ‘Centre d’Esthétique’, ich habe einige seiner Werke um die Welt geschickt, sie in den USA und in Japan zusammen mit den Gutaï ausgestellt, ich reproduziere sie in meinen Büchern; ich werde ihn weiterhin sowohl in "Hypergraphie"-Gruppen als auch in "Espaces abstraits"-Ensemblen ausstellen... Ich habe Monsieur Piacenza auch kennen gelernt und ich fühle mich geehrt, seine Freundschaft genossen zu haben. Als Sammler gewagter "Gegenwarts"-Kunst ist es ihm gelungen, diese Kunstwerke in den Rahmen einer Lebenskunst zu integrieren, in dem sich eine vertrauensvolle Freundschaft tief entwickeln konnte...”, in M.Tapié, En Haute amitié, in: R.Guasco. 1975 cit. 5 Renzo Guasco (1910-xxxx) Kritiker und........... 6 Siehe: www.tekno.com.pe 7 Conte René Zavagli Ricciardelli Delle Carminate (1909-2004), Künstlername: René Gruau, alias San Secondo, alias Borys 2

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Circolo degli Artisti di Biella (Kunstverein Biella), Ausstellung Specchi di Assetto plasticpaints di Dassu Sculture di Garelli (Spiegel von Assetto, Plasticpaints von Dassu, Skulpturen von Garelli). Katalog 1967 9 R.Guasco, Ricordi di un’amicizia (Erinnerungen an eine Freundschaft), in: R.Guasco. 1975 cit. 10 Galleria Liguria, Mostra DASSU. Katalog Genua 1967 (Der Text ist die Übersetzung des Textes zur Ausstellung in Lima in Peru, wobei “Dassu” “Giorgio da Superga” ersetzt) 11 L.Carluccio in: Circolo Degli Artisti di Biella, Mostra Specchi di Assetto... Biella 1967 und Genua 1967 cit. 12 Zu Da Milano siehe: Da Milano. Hrsg. von M. Rosci und G. Zanasi. Turin 1998. Ausstellungskatalog Galleria Sant’Agostino 13 R.Guasco 1975 cit. 14 Siehe Fußnote 10 15 M.Bandini, Michel Tapié da Parigi a Torino, in: M.Bandini (Hrsg.), Tapié un art autre. Turin 1997 16 M.Bandini 1997 cit. 17 Vittorio Viale, Il Museo Civico di Torino 1959-1960 (Das Städtische Museum von Turin 1959-1960). Turin 1960 18 M.Bandini 1997 cit. 19 V.Viale in: Struttura e Stile. Ausstellungskatalog Turin 1962 20 R.Guasco 1975 cit. 21 Zu Franco Garelli siehe: .................................. 22 R.Guasco 1975 cit. 23 Zu Wilhelm Wessel und Irmgart Wessel-Zumloh siehe: www.villa-wessel.de 24 R,Guasco 1975 cit. Die Tagebuchnotizen sind, was die künstlerische Aktivität Piacenzas betrifft, vollständig wiedergegeben in dem unveröffentlichten maschinengeschriebenen Text von Guasco, der vielleicht aus der Zeit vor dem 1975 herausgekommenen Text stammt. Die Tagebücher selbst sind bislang nicht aufgefunden worden. Wie wir aus einigen Reproduktionen schließen können, handelte es sich um Notizbücher aus Zeichenpapier, die ihm von Wessel geschenkt worden waren und die identisch waren mit denen, die Wessel auf vielen Fotos in Händen hält. 25 “Lieber Giorgio, heute ist Sonntag! Das bedeutet, du arbeitest im Atelier und Adriana und Maria erwarten dich zum Mittagessen – aber du kommst nicht, bist zu sehr mit deiner Arbeit beschäftigt...” (Schreiben Wessels an Piacenza vom 9/5/65) “Lieber Wilhelm, ... wie immer hat deine Vorstellungskraft als Maler mich richtigerweise da vermutet, wo ich mich jeden Sonntag aufhalte, nämlich im Atelier, konzentriert bei der Arbeit.” (Schreiben Piacenzas an Wessel vom 12/5/65) “In diesem Augenblick, um ein Uhr Mittags, warten Maria und Adriana im Haus mit dem Essen auf dich, während du – heute am Tag des Herrn – mit dem Schaffensprozess beschäftigt bist, mit dem Mysterium, mit der Metaphysik der Materie, mit der ‘pappa’!” (Schreiben Wessels an Piacenza vom 17/6/65). Der Begriff “pappa” (Breimasse/Paste) bezieht sich auf scherzhafte Art auf die vom Bruder Piacenzas verfertigten Materialien. Der Briefwechsel zwischen Wessel und Piacenza ist weitgehend erhalten, die Briefe Wessels von 1962 bis 1969 im Original, die Piacenzas von 1965 bis 1969 in Fotokopie. 26 R.Guasco 1975 cit. 27 ICAR, Einladung, 8. Juni 1963 28 R.Guasco 1975 cit. 29 Idem 30 Idem 31 “Bezüglich der ‘Pasten’ ergibt sich nach einer Reihe neuer Experimente ... nicht das Phänomen des ‘Arrondissement’. Das heißt, der Charakter, der gegeben werden soll, wird vollständig bewahrt. Natürlich erhält man eine Strukturwirkung nur in Weiß und die Farbe wird nachträglich aufgetragen, mit Öl, Gel, Lacken etc… Der endgültige Eindruck ist gänzlich anders als der von bemaltem Gips, weil die Breipaste über ihre plastischere und reichhaltigere Struktur hinaus auch die Farbe in ganz anderer Weise aufnimmt als Gips oder Zement, als beinhalte die Masse selbst die Farbe. Diese Entwicklungsphase der PAPPA hat sich nicht nur in meinen eigenen Versuchen sondern auch in größeren in Ausführung befindlichen Arbeiten als erfolgreich gezeigt... wie in einem großen, direkt auf die Zementwand aufgetragenen Murales für die Apsis einer Kirche, das Fernando de Zsyslo ausführt, der als bester abstrakter Maler Perus gilt ... er ist begeistert von den ‘Pasten’ und dem Gel und er plant eine Reihe von Bildern mit diesem System. Ein anderer Maler versucht sich schon mit der ‘Paste’ und bereitet eine Ausstellung vor. Schade, dass Herr Tàpies nicht die ‘Pasten’ kennt, denn dann würden seine Bilder in den wichtigsten Museen der USA nicht zerbröckeln. ... Auch die Harzmethode ist verbessert worden; schade, dass Garelli nicht hier ist, denn ich könnte ihm neue, tolle Techniken an die Hand reichen. Zum Beispiel, wie zwei Metallstücke ohne Elektro- oder Autogenschweißung miteinander verschweißt werden können. (Schreiben Mario Piacenzas an Giorgio Piacenza vom 5/3/64) 32 “Lui il a fait une grande activité sur le plan d’art. Sourtout c’etait lui, qui avait organisé notre exposition. Nous avions travaillé dans son studio, avec son material de coulers etc. Nous lui remarcion tant che je lui ai prié d’accepter cette peinture ‘Fantasma azul’ comme souvenir de notre travail chez lui pour tous qu’il a fait pour nous.” (“Er hat auf dem Kunstsektor Großes geleistet. Vor allem war er es, der unsere Ausstellung organisiert hat. Wir haben in seinem Studio mit seinen Materialien und Farben gearbeitet. Wir sind ihm so verbunden, dass ich ihn gebeten habe, zum Dank für all das, was er für uns getan hat, und als Andenken an unsere Arbeit bei ihm das Bild ‘Fantasma azul’ anzunehmen.”) (Schreiben Wessels an Piacenza vom 3/6/65)

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Schreiben Mario Piacenzas an Franco Assetto vom 23/5/1964 R.Guasco 1975 cit. 35 Galleria Antiquariato, Arte Actual Ausstellung Gruppo Wegas Wessel Assetto Garelli Y Giorgio da Superga. Katalog Lima 1964 36 R.Guasco 1975 cit. 37 Idem 38 “Stadler und Tapié haben meine Arbeiten unabhängig voneinander gesehen und sie für sehr interessant beurteilt.” (Schreiben Piacenzas an Wessel vom 23/1/65) “Die Krankheit und vor allem der Beruf haben mich daran gehindert, den ‘Materialstudien’ viel Zeit zu widmen, dennoch habe ich neue Versuche unternommen.” (Schreiben Piacenzas an Wessel vom 4/3/65) “Ich habe ihr (der Kritikerin H.W.) das kleine Bild gezeigt, das du mir geschenkt hast… Sie hat sich den Namen DASSU notiert, und wenn sie nach Italien kommt, ...wird sie DASSU aufsuchen, um sein Gesamtwerk zu sehen” (Schreiben Wessels an Piacenza vom 9/5/65) 39 “In diesen Tagen haben ich und Adriana die Bilder fertig gerahmt, die du während deines Besuchs in Turin ausgesucht hast, und noch viele andere, die ich nach deiner Abreise gemalt habe. Wir haben auch das Atelier komplett aufgeräumt und die gesamten Bilder Dassus dort aufgehängt... der Freund Garelli hat ein sehr wohlwollendes Urteil abgegeben. Er meint, es sei der Moment für eine größere Ausstellung gekommen,... aber ich habe nicht die geringste Lust, diese Ausstellung hier in Italien zu machen.” (Schreiben Piacenzas an Wessel vom 23/8/65) 40 “Ich bin froh, dass ihr die Frage der Präsentation der kleinen und großen Leinwände Dassus geklärt habt... Und Garelli hat Recht: jetzt musst du mit deinen Meisterwerken an den Turiner Ausstellungen teilnehmen... Man muss in Italien anfangen, man muss dort ausstellen.”(Schreiben Wessels an Piacenza vom 2/9/65) 41 “Ich habe auch ein anderes Foto beigefügt, das eine meiner aktuellen, von Herrn Tapié für Japan ausgewählte ‘Décollagen’ zeigt, wo ich laut ihm in den kommenden Monaten 1967 eine Ausstellung machen könnte.” (Schreiben Piacenzas an Wessel vom 7/10/66) 42 R.Guasco 1966 cit. 43 L.Carluccio in: Galleria Liguria, Mostra DASSU. Katalog Genua 1967 44 Garelli und Assetto im selben Katalog. 45 Tagebuch von G.Piacenza, siehe Fußnote 26 46 R.Guasco 1966 cit. 47 G.Vigorelli 1975 cit. 48 R.Guasco 1975 cit. 49 M.Tapié in: La Bacheca ovverossia personaggi del Centro Internazionale di Ricerche estetiche di Franco Garelli per Giorgio Piacenza (Der Schaukasten oder Persönlichkeiten des ICAR, von Franco Garelli für Giorgio Piacenza). Turin 1965 34

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