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4 Berliner Zeitung · Nummer 169 · 21./22. Juli 2012 R .........................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Reise

Hoteltipp

Ein Glücksfall am Ende der Welt Es ist das größte Tourismusprojekt Portugals – und hat vor allem ein Ziel: Familien zusammenzubringen. Ein Selbstversuch im Resort Martinhal Von Björn Wirth

E

s hätte alles auch ganz anders kommen können. Dann würde Roman Stern jetzt in einem Übersetzungsbüro für Anwälte arbeiten oder einen Room Service betreiben, bei dem man sein Essen im Internet bestellt. Unzählige Businesspläne hatten der Schweizer Roman Stern und seine Frau Chitra, Engländerin mit Wurzeln in Singapur und Südindien, entworfen, nachdem sie vor nunmehr elf Jahren ihre gut bezahlten Jobs als Unternehmensberater in London an den Nagel gehangen hatten. Doch aus dem, der schließlich umgesetzt wurde, entstand dann weder das eine noch das andere, sondern: ein FünfSterne-Resort an der Süd-Algarve. Seit knapp zwei Jahren gibt es das Martinhal Beach Resort & Hotel am südwestlichsten Zipfel Europas. Dahinter kommt nur noch der Atlantik und irgendwann Amerika. Das 40 Hektar große Grundstück in bester Lage – direkt an einer kleinen Bucht mit schönem Strand inmitten eines Nationalparks – kauften sie einem Schweizer Unternehmer ab, es folgte ein jahrelanger Kampf mit portugiesischen Behörden und Naturschützern, bis 2008 – rechtzeitig vor der Bankenkrise – die Bagger auffuhren. Zwei Jahre später eröffnete das größte Tourismusprojekt Portugals. Ziel der Sterns ist es, Familien zusammenzubringen, zumindest im Urlaub. Nicht auf Befehl und mit der donnernden Animation vieler ClubAnlagen, auch nicht durch die nervenzehrende Enge eines Doppelzim-

M artinhal B each R esort & H otel

Perfekte Lage: am südwestlichsten Zipfel Europas, direkt an einer kleinen Bucht (links). Innenansichten: Blick in die Lobby (rechts).

mers mit Aufbettung oder diesen so genannten Familien-Apartments, in denen die Kinder auf der ausziehbaren Couch im Wohnzimmer schlafen sollen. Das alles wird man in Martinhal nicht finden, stattdessen: Stil, Eleganz, Design. Und Platz. Es gibt zwar auch ein Hotel mit Doppelzimmer, Terrasse und Meerblick, den Großteil aber machen die Ferienhäuser aus. Auf dem 220 000 Quadratmeter großen Gelände verteilen sich 132

service Anreise: Flug nach Faro. Das Martinhal Beach Resort & Hotel ist ungefähr 120 km vom Flughafen entfernt (Fahrtzeit im PKW ca. 1 Stunde und 15 Minuten). Sagres: Der Ort liegt am südwestlichsten

Punkt Europas und wurde lange als „Ende der Welt“ angesehen – zumindest so lange, bis von hier aus die portugiesischen Seefahrer die Erkundung der Welt starteten. Das Klima ist hier das ganze Jahr über mild.

Das Hotel: Eine Übernachtung für eine Familie mit zwei Kindern ab ca. 150 Euro. Martinhal Beach Resort & Hotel, Quinta do Martinhal, Apartado 54, 8650-908 Sagres, Portugal. Tel. 00351/282 240 200. www.martinhal.com

Villen, die die Sterns an private Eigentümer verkauft haben, vor allem an Briten, Iren und Portugiesen. 500 000 bis zwei Millionen Euro kostet so ein Haus, Roman Stern pachtete sie für 20 Jahre vom Besitzer und kümmert sich in dieser Zeit vom Mobiliar bis zum Swimmingpool um alles. Die Eigentümer bekommen vier Prozent Rendite und können vier bis acht Wochen im Jahr in ihrem Haus Urlaub machen. Das ist das Geschäftsmodell.

Für den etwas anspruchsvolleren Familienurlaub ist Martinhal ein Glücksfall. Die Häuser verfügen neben Küche und Bad über bis zu drei Schlafzimmer und einen großzügigen Wohnraum samt Terrasse mit Blick wahlweise auf den Atlantik, den Garten oder den angrenzenden Nationalpark. Dementsprechend heißen die Häuser Garden, Bay, Ocean oder Pinewood Houses. Fünf Swimmingpools gibt es, dazu zwei Kunstrasen-Tennisplätze, ein Fußballfeld und nicht zuletzt einen 900 Meter langen Sandstrand zum Surfen, Schnorcheln und Schwimmen. Die Heranwachsenden lümmeln entweder am Pool herum oder sind im Kinder- und Jugendclub – Letzterer mit Tischtennis und Billard, Computer und Konsolen – altersgerecht aufgehoben. Und so ist für jeden etwas dabei. Nur am Abend könnte es in der Familie Diskussionsbedarf geben: Wenn etwa die Mutter lieber ins Strandrestaurant As Dunas mit Fischspezialitäten und sensationellem Meerblick will, der Vater hingegen die ambitionierte Hotelküche des O Terraço bevorzugt – derweil der Nachwuchs auf Pizza aus dem Holzofen im Os Gambozinos besteht. Der Kompromiss könnte ein gemeinsames Essen auf der eigenen Terrasse sein. Nicht nur die dafür nötigen Naturalien hält ein kleiner, feiner Supermarkt am Dorfplatz bereit. Das wäre dann auch im Sinne der Familienzusammenführung, an der Roman Stern und seiner Frau so gelegen ist. Und mehr Kompromisse gibt es nicht zu machen in Martinhal.


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