material technik möbel Ausgabe 05|2016

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FAC H M AG A Z I N F Ü R D I E K A S T E N – , K Ü C H E N – , B Ü R O – U N D S I T Z M Ö B E L – F E R T I G U N G S OW I E D E N I N N E N AU S B AU · W W W. M AT E R I A L-T E C H N I K . D E · 3 0 8 3 5 M_mt0516_Titel_Adler_Rosteffekt.indd 1

Sicam:

IWF:

MoOD:

Zuliefermesse in Pordenone gefragter denn je

US-Messe in Atlanta verlief erfolgreich für europäische Aussteller

Relaunch der Möbelstoffmesse nur teilweise geglückt

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Macher & Märkte

„Algen könnten ein Werkstoff der Zukunft sein“ Für Dr. Sascha Peters, den Zukunftsforscher für Materialien und Technologie ist eines klar: Neue und vor allem smarte Werkstoffe tragen erheblich zum technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt bei. Mit seiner Zukunftsagentur „Haute Innovation“ beobachtet und analysiert er weltweit die Entwicklungen auf dem Gebiet neuer Materialien, leitet für seine Kunden Anwendungsszenarien für die Märkte der Zukunft ab und nimmt damit eine Mittlerrolle zwischen technologischer Innovation und marktfähigen Produktanwendungen ein. Peters ist davon überzeugt, dass auch die Zukunft der Einrichtungsindustrie in Materialkreisläufen sowie ressourcenschonenden Konstruktionen liegen muss, da der bisherige Werkstoff Holz in der Zukunft nur begrenzt zur Verfügung steht. material+technik: Herr Dr. Peters, woher stammen Ihre langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Material- und Technologieforschung? Peters: Ich habe an der RWTH Aachen Maschinenbau mit Schwerpunkt Konstruktionstechnologie und Produktdesign an der ABK Maastricht studiert. Nach meiner Promotion leitete ich von 1997 bis 2003 Produktentwicklungen am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT) in Aachen und war von 2003 bis 2008 stellvertretender Leiter des Design Zentrums Bremen.

material+technik: Welche Branchen beraten Sie und wie helfen Sie den Unternehmen, sich besser auf die Herausforderungen der Zukunft einzustellen? Peters: Meine Kunden stammen

rie und natürlich auch aus der Einrichtungsindustrie. Zusammen mit meiner Mitarbeiterin Diana Drewes, einer Tischlerin und Produktdesignerin, spüren wir wichtige Materialtrends für unsere Kunden auf und entwickeln Anwendungskonzepte auf Basis dieser innovativen Werkstoffe. Unsere langjährige Expertise erstreckt sich zudem auf die Umsetzung von Kommunikationslösungen und die Realisierung von Innovationsshows. Im Grunde werden wir beauftragt, wenn es darum geht, aus anderen Branchen Ideen und Inspirationen zu liefern. Die Bewertung unserer Denkanstöße überlassen

aus der Automobilindustrie, der Baubranche, der Werkstoffindust-

Dr. Peters richtet den Blick auch auf Materialienentwicklungen jenseits der Einrichtungsbranche. Bei diesem Helm von Egide aus Paris kommen Flachsfasern zum Einsatz. Dr. Peters also focusses on the development of materials outside of the furnishing sector. Flax fibre is used to make this helmet by Egide from Paris. ­­­6

wir allerdings den F&E-Abteilungen der Unternehmen.

„Wir blicken auch jenseits der Branche“ material+technik: Dieser Fahrradhelm ist kein Produkt aus der Einrichtungsbranche und dennoch wollen Sie ihn der Einrichtungsbranche vorstellen. Warum? Peters: Dieser Helm basiert auf natürlichen Werkstoffen, die bislang nicht für Schutzhelme verwendet wurden, jedoch wesentliche Vorteile mit sich bringen. Die französische Firma Egide verwen-

det Flachsfasern, da diese in Leichtbaulösungen besser Stöße aufnehmen und dämpfender wirken als zum Beispiel Karbon. Ich könnte mir allerdings auch Einsatzmöglichkeiten im Einrichtungsbereich vorstellen. Der Wert meiner Arbeit liegt darin, die Augen offen zu halten und den Blick auch auf Werkstoffe jenseits der Einrichtungsbranche zu richten. Denn diese Fähigkeit besitzen Branchenunternehmen in diesem Umfang nicht.

material+technik: Der Helm kombiniert vorteilhaft Funktion mit Design. Können Sie uns noch weitere Beispiele für solche smarten Lösungen zeigen? Peters: Smart ist auch diese Entwicklung aus Schweden: Eine LED-Glühbirne, die leuchtend über ihrem Sockel schwebt. Hier werden die Abstoßwirkung von zwei Magneten und eine Energieversorgung mit Hilfe von InduktionsTechnik geschickt kombiniert. Ein weiteres Beispiel ist der Glastisch „Current Table“, dessen Tischplatte auf der Unterseite mit einer OPV (Organic Photovoltaics) -Folie beschichtet ist, die natürliches und künstliches Licht in Strom umwandelt und das Aufladen eines Handys beispielsweise ermöglicht.

material+technik: In den vergangenen Jahren haben Sie auf

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der interzum in Köln zweimal die Einrichtungsbranche über smarte Werkstoffe und intelligente Produktionsprozesse informiert. Welches Thema werden Sie auf der Piazza „Interiors of Innovation“ 2017 präsentieren? Peters: Im Jahr 2013 standen „Smart Materials“ im Fokus, 2015 war es der 3D-Druck. Auf der kommenden interzum werden wir uns in Halle 4 mit dem spannenden Thema „Upcyling“ befassen. Wir arbeiten allerdings noch an der Umsetzung. Möglicherweise werden wir auf der Fläche die Ausgangsstoffe, wie z. B. alte Reifen,

die daraus entstandenen Zwischenprodukte und dann das, was man daraus machen könnte, zeigen. Auf jeden Fall wollen wir Dinge vorstellen, die man in der Einrichtungsbranche noch nicht kennt. Das Ganze wird wie 2015 von einer Konferenz begleitet.

„70 Prozent aller Innovationen basieren auf neuen Materialien“ material+technik: Im i-BMW sind einige Produkte verbaut, die dem Upcycling-Gedanken entsprechen, den Sie seit Jahren verfechten. Ist deren Ver-

wendung auf Ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet zurückzuführen? Peters: Darum geht es bei meiner Arbeit im Grunde gar nicht. Ich will Unternehmen die Augen für neue Entwicklungen im Werkstoffbereich öffnen und ihnen damit den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen. Schließlich stehen wir kurz vor dem Ende des petrochemischen Zeitalters und vor einem einschneidenden Umbruch unserer Material- und Produktkultur. Schon heute basieren rund 70 Prozent aller Innovationen auf neuen Materialien!

material+technik: Können Sie unseren Lesern Beispiele nennen, bei denen nachweislich die Unternehmen neue Materialien verwendet haben, die Sie erstmals vorgestellt hatten? Peters: Das lässt sich natürlich nie genau nachweisen, denn die Entwickler und Designer schauen sich ja ebenfalls weltweit um. Auf der letzten Orgatec hatten wir aller-

Neben Produkten spielen Prozesse eine Rolle: Mit einer Luftpumpe lässt sich dieser Metallstuhl von Oskar Zieta in Form bringen. In addition to products, processes also play a role: An air pump is ­ used to shape this metal chair by Oskar Zieta.

Dr. Sascha Peters (rechts) führt Richard Barth die schwebende LED-Glühlampe „Flyte“ vor. Dr. Sascha Peters (left) demonstrates the “Flyte” levitating LED bulb for Richard Barth. Photos: Brückner

dings ein Leder vorgestellt, das mit Extrakten aus Olivenblättern gegerbt wurde, die bei der Ernte sonst als Sondermüll anfallen würden. Das Leder ist damit völlig chromfrei und umweltfreundlich hergestellt und wird heute im iBMW eingesetzt.

material+technik: Spielen nur die Produkte oder auch neuartige Produktionsprozesse bei Ihrer Tätigkeit eine Rolle? Peters: Wie aus meinem Werdegang hervorgeht, habe ich mich in den vergangenen 20 Jahren auch stark mit den Prozessen befasst und diese ebenfalls vorgestellt. Als Beispiel möchte ich Ihnen diesen innovativen Metallstuhl des Designers Oskar Zieta vorstellen, der flach geliefert wird und mit einer gewöhnlichen Fahrradluftpumpe in Form gebracht wird. Denkbar wäre das Verfahren auch für Leitplanken, da das Material dann auf Rolle geliefert und vor Ort auf­ gepumpt würde. Ein weiteres Beispiel für innovative Herstellungsprozesse ist dieser Hocker hier. Den haben wir während der letzten interzum von einem 3DDrucker produzieren lassen. ­m aterial+technik möbel 05|16 ­­­7

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Größer, weiter, besser Mehr als 560 Aussteller treffen sich auf der italienischen Zuliefermesse in Pordenone zur achten Runde. Die Messe wächst, nahezu alle wichtigen Unternehmen stellen aus, darunter auch viele italienische Nischenhersteller, die nur auf der Sicam zu finden sind.

Die Sicam ist für viele Aussteller und Besucher eine der wichtigsten und größten Zuliefermessen im Messekalender. Von Dienstag, 18. Oktober 2016, bis Freitag, 21. Oktober 2016 öffnen sich diesen Herbst die Tore in Pordenone. Erwartet werden Besucher aus knapp 100 Ländern, vor allem aus Osteuropa, Russland sowie Afrika, Südamerika und Südostasien, bestätigt Messeveranstalter Carlo Giobbi. Ähnlich wie im vergangenen Jahr werden Vertreter von gut 6.800 Unternehmen erwartet. Seit der vergangenen Sicam zählt das Messeteam nicht mehr den einzelnen Besucher, da aufgrund der Krise größtenteils nur noch diejenigen anreisen, die auch etwas im Unternehmen zu entscheiden haben, und nicht mehr so große Gruppen. Nahezu alle wichtigen Unternehmen sind vertreten. 522 Firmen haben 2015 an der Sicam teilgenommen, letzter Stand für 2016 waren laut Messeteam mehr als 560 Anmeldungen. Abgesehen von den Global Playern aus der Beschlagindustrie wie Grass, Hettich Italia, Häfele Italia, und Blum zeichnet sich auch ein Aufwärtstrend bei der Dekordruckbranche bzw. den dekorativen Dekoroberflächen ab: 2015 waren lediglich Schattdecor und ­­­10

Confalonieri vertreten. Unter den führenden Anbietern von thermoplastischen Folien, die 2015 gänzlich fehlten, findet sich dieses Jahr beispielsweise Renolit. Erfreulich ist auch, dass die Newcomer von 2015 wieder auf der Messe zu finden sind wie beispielsweise Cleaf, Kastamonu, Abet Laminati, Alpi oder Cosentino. Nach mehrjähriger Pause ist dieses Jahr auch Egger wieder mit von der Partie. Über diese positive Entwicklung kann sich das Messeteam um ­Carlo Giobbi nur freuen, denn die italienische Möbelindustrie hat sich laut Giobbi in den vergangenen

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Jahren sehr verändert. Viele Firmen haben geschlossen, fusioniert oder sind aufgekauft worden. Seit einiger Zeit fängt der italienische Möbelmarkt aber an, sich zu bewegen; vor allem der Export ist für die Italiener sehr wichtig geworden. Mehr Platzbedarf Aufgrund der angestiegenen Ausstellerzahl und der teilweise größeren Stände benötigt die Sicam mit einer Netto-Ausstellungsfläche von 15.000 m2 mehr Platz. Eine der ersten Maßnahmen ist hier eine temporäre Ausstellungshalle an der Halle 9, wohin allerdings nur das Buffet ausgelagert wurde.

Vorteile bei der Anreise Wie auch schon in den vergangenen Jahren besteht wieder eine Partnerschaft mit Lufthansa mit Preisvorteilen in den Tagen vor und während der Messe. Kostenlose Shuttlebusse stehen an den Flughäfen für Hin- und Rückfahrt bereit. Es gibt drei Eingänge, die in Halle 1 und Halle 9 können nur mit gültigem Eintrittausweis benutzt werden, in der Halle 5 befindet sich jetzt auch noch eine Rezeption für Besucher ohne Online-Registrierung. Für Autofahrer gibt es den großen Besucherparkplatz in der Nähe von Halle 1 (Südeingang). ap

Bigger, broader, better More than 560 exhibitors are coming together at the Italian supplier fair in Pordenone for the eighth round from October 18 – 21. The trade fair is growing, nearly all important companies are exhibiting there. They also include many Italian niche producers who can only be found at the Sicam fair. In addition to the global players from the fittings materials industries such as Grass, Hettich Italia, Häfele Italia and Blum, an upward trend can also be detected in the decorative surfaces sector, which was represented only by Schattdecor and Confalonieri in 2015. Renolit, for example, can be found this year among the leading suppliers of thermoplastic foils, who were missing entirely in 2015. Another positive aspect is that the newcomers from 2015, such as Cleaf, Kastamonu, Abet Laminati, Alpi, and Cosentino, can be found once more at the fair. And after an absence of many years, Egger will be there again this year as well. The Sicam trade fair team supporting Carlo Giobbi can only be pleased about this positive development, because the Italian furniture industry has changed a lot in the past years. Many companies, according to Giobbi, have closed, merged, or been bought up. Recently, however, there has been some movement in the Italian furniture market again, exports in particular are now very important for the Italians.

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1 +3| Der ausländische Anteil der Aussteller liegt bei ca. 30 Prozent. Sie kommen vor allem aus Deutschland, Spanien, der Türkei und Österreich. The share of foreign exhibitors is about 30 percent. They come primarily from Germany, Spain, Turkey and Austria. 2| Auf der diesjährigen Sicam werden Entscheider von gut 6.800 Unternehmen erwartet. Decision makers from over 6,800 companies are expected to attend this year’s Sicam. 4| An der Halle 9 wird eine temporäre Ausstellungshalle nur für das Buffet errichtet. At Hall 9, a temporary exhibition hall will be put up just for the buffet. Photos: Sicam

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Mauser kehrt auf die Orgatec zurück und will Produkte zeigen, die im Home-Office oder Living-Bereich eine gute Figur abgeben. Mauser is returning to the Orgatec fair and wants to present products that look good in home offices or living areas. Photo: Mauser manifestiert“, kündigen Helmut und Joachim Link, die geschäftsführenden Gesellschafter des Unternehmens an.

lenartige, organische Struktur des Standes, auf dem der Büromöbelspezialist Unternehmen dazu anregen will, dem Büro mehr Emotionalität zu verleihen. Künftige Arbeitsräume sollen nach Ansicht von Sedus so gestaltet sein, dass sich der Arbeitende gleich wohlfühlt und sich entfalten kann, der Raum soll ihm individuelle Gestaltungsfreiheit schenken und für ihn der richtige Ort zur richtigen Zeit sein. Einen „Haltungswechsel“ im Büro will der Stuhlexperte Interstuhl zusammen mit der Firma Bimos auf 1.400 m2 zeigen. „Es geht darum, einen richtiggehenden Haltungswechsel im Büro voranzutreiben, der sich sowohl in den Köpfen als auch in den Stühlen selbst

Ganze Halle für Vitra Premium-Anbieter Vitra belegt in diesem Jahr sogar eine komplette Messehalle. In Halle 5.2 präsentiert das Schweizer Unternehmen unter dem Titel „Work“ innovative Konzepte rund um das Thema Arbeit, das als Inspirationsumgebung für Architekten, Designer und Entscheidungsträger konzipiert ist. Gemeinsam mit Partnerunternehmen will der Möbel­ produzent ein individuelles, vielschichtiges Bild der heutigen Arbeitswelt zeichnen. Partnerunternehmen des Projekts sind die Firmen Archilogic, Art Aqua, Artek, Bulthaup, Dinesen, Gantner, IdeaPaint, Kvadrat, Kvadrat Soft Cells, Laufen, MercedesBenz, Ruckstuhl, Samsung, Swisscom und Wästberg. Home-Office im Fokus Immer mehr Unternehmen erlauben ihren Mitarbeitern, von zu Hause aus zu arbeiten. Laut einer

Studie arbeiten vier von zehn Beschäftigten in Deutschland zumindest gelegentlich im heimischen Büro. 9 Prozent aller Befragten arbeiten die meiste Zeit im HomeOffice, in dem allerdings die bürogerechte Ausstattung oft zu wünschen übrig lässt. Wie bei der Befragung festgestellt wurde, arbeiten nur 21 Prozent an einem Sitz-Steh-Arbeitstisch. 52 Prozent nutzen einen klassischen Schreibtisch, und 22 Prozent arbeiten am Ess- oder Küchentisch. 4 Prozent bleibe bei der Heimarbeit auf dem Sofa, heißt es. Neben Mauser werden daher auch andere Aussteller mit neuen Büroprogrammen aufwarten, die wohnliches Ambiente vermitteln. Der Büromöbelriese Haworth kündigt an, den Besuchern vorzuführen, wie mit der idealen Kombination von Einrichtung, Farben und Materialien, Beleuchtungs- und Akustiklösungen sowie der Integration von Technik ein Wohlfühlort zum Arbeiten geschaffen werden kann. Eine solche achtsam und ganzheitlich gestaltete Arbeitsatmosphäre soll Menschen inspirieren und Unternehmen letztlich unterstützen. Global Player an Bord Bis auf den Büromöbelriesen Steelcase, der die Besucher wie in den Vorjahren in seinen Showroom nahe des Messegeländes einlädt, werden alle anderen international führenden Büromöbelpro-

duzenten an der Orgatec teilnehmen. Dazu zählen namhafte Anbieter wie der polnische Hersteller Nowy Styl oder Vitra aus der Schweiz. Auch aus Italien, Europas Nummer zwei in Sachen Büromöbel, sind namhafte Anbieter wie Fantoni, Castelli, Emu und Unifor an Bord. Noch stärker als in den Vorjahren wird das Angebot von Top-Neuheiten aus den Bereichen Einrichtung, Boden, Akustik, Licht, Konferenztechnik sowie Informations- und Telekommunikationstechnologie ausfallen. Zahlreiche Aussteller haben sich von reinen Möbelproduzenten zu Anbietern ganzheitlicher Lösungen gewandelt. König + Neurath wird in Köln ein Arbeitsplatzkonzept vorstellen, das aus einem höhenverstellbaren Tisch mit integriertem Lichtkonzept, Akustikabsorbern und Stauraummöglichkeiten sowie einem Steh-Sitzstuhl besteht. Zunehmend hält modernste Technik Einzug in die Bürowelt und soll dort für mehr Ergonomie und Wohlbefinden sorgen. Unter dem Motto „Smart Office“ zeigt König+ Bei Bosse (links) und König + Neurath kehrt die Telefonzelle zurück und schafft Privatsphäre für das vertrau­ liche Telefonat. At Bosse (left) and König +Neurath, the telephone booth is making a comeback and creates privacy for confidential phone calls. Photos: Bosse, König +Neurath

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Haworth will mit seinen Produkten eine positive Arbeitsatmosphäre fördern. With its products, Haworth wants to promote a positive work atmosphere. Photo: Haworth

Polycom zeigt, dass das Büro der Zukunft dank modernster VideoKollaborationssysteme überall und jederzeit stattfinden kann. Polycom shows that the office of the future can be anywhere at any time, thanks to the latest video collaboration systems. Photo: Polycom

Neurath, wie mit Hilfe einer App vernetzte Büromöbel und Tische für mehr Wohlbefinden sorgen können und auch dem Gebäudemanagement dienen. Gesundheitliche Aspekte stehen bei den Anbietern von Bürodrehstühlen ohnehin im Mittelpunkt. Verschiedene Aussteller wollen mit Neuentwicklungen effektive Sitzlösungen im Kampf gegen die Volkskrankheit Rückenschmerzen vorstellen. „Lordo flex“ heißt beispielsweise eine Neuentwicklung bei Dauphin, bei der eine flexibel gelagerte Netz-Rückenlehne den Körper des Be-Sitzers während des gesamten Bewegungsablaufs mit gleichmäßiger Druckverteilung abstützt. Einmal auf das individuelle Körpergewicht eingestellt, sorgt die „Syncro-Dynamic Advanced“Mechanik des Stuhls dafür, dass der Arbeitende immer automatisch im Körperlot sitzt. „Fern“ nennt sich ein neuer Drehstuhl von Haworth, der dank seines verborgenen Endoskeletts eine nach Angaben des Herstellers revolutionäre ergonomische Unterstützung bieten soll. Auf der kommenden Orgatec werden jedoch auch Zulieferer dabei sein. Im Orgatec-Boulevard wird die dänische Firma Linak, ein Spezialist für elektrische Linear-An­­­28

triebssysteme, auf einer Sonderfläche Designlösungen zum Thema Küchen und Außenbereich präsentieren. Auf der 260 m2 großen Fläche will das Unternehmen zwei außergewöhnliche OutdoorLösungen für das Arbeiten in der Natur vorstellen. Technologie verbindet Neben Herstellern von Büromöbeln sind auf der Orgatec auch Technologie-Unternehmen wie Microsoft und Samsung anzutreffen. In Halle 11 beispielsweise zeigt die Firma Polycom zusammen mit ihrem Partner Microsoft unter dem Motto „Der Arbeitsplatz der Zukunft“, wie mit Hilfe von Video-Kollaborationssystemen die Kosten für aufwändige Dienstreisen gespart werden können. Gleichzeitig tragen diese Systeme dazu bei, dass Konferenzen zeit- und ortsunabhängig stattfinden können. 360-Grad-Videokameras gestatten es, dass nicht alle Anwesenden in dieselbe Richtung schauen. Auf diese Weise ist eine ganz natür­ liche Unterhaltung sowohl mit den Video-Teilnehmern auf den Screens als auch mit den anderen Kollegen im Raum möglich. Zudem können Dokumente während der Konferenz bearbeitet und geteilt werden. Richard Barth

More well-being in the office This year’s Orgatec in Cologne (25 – 29 October 2016) is taking place in a positive economic environment, which is also reflected in the trade fair’s look. The Cologne office furniture trade fair is occupying nine halls and has about 650 exhibitors this time. Compared with the previous event, the exhibition area has grown by almost 20 percent, and there is an increase of 4 percent in exhibitors. The trade fair organizers are expecting 50,000 visitors, who will experience the office furniture industry in new formation. Since the last edition, some production locations have been closed, and well-known office furniture producers have changed owners or become part of large groups. In Cologne, the exhibitors want to present office furniture series that transmit a cozy ambience. That’s because more and more companies allow employees to work from home. Aspects of health are a main point of focus for suppliers of office swivel chairs. They want to present effective seating solutions in the fight against back pain. There will be a greater assortment of top new products from the areas of furnishing, flooring, acoustics, lighting, conference technology, as well as information and telecommunication technology than in previous years.

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MoOD: Umstrittener Ortswechsel Die Stoffmesse MoOD in Brüssel versucht sich neu zu positionieren. Als Boutique-Messe will sie künftig international mit einem innovativen Angebot punkten. Der Relaunch in einem neuen Ausstellungszentrum im Zentrum der belgischen Metropole fand allerdings nur geteilten Zuspruch.

Für Aussteller und Besucher der diesjährigen MoOD war in diesem Jahr vieles neu: Vom 6. bis zum 9. September 2016 fand die Möbelund Dekostoff-Schau erstmals im Ausstellungszentrum Tour & Taxis unweit des Brüsseler Nordbahnhofs statt. In den vergangenen 37 Jahren hatte der Event in den Messehallen zu Füßen des Atomiums, des Brüsseler Wahrzeichens statt­gefunden. Der kontinuierliche Schrumpfungsprozess der zu ihren Glanzzeiten wohl führenden Möbelstoffmesse in Europa ließ sich in den weitläufigen Messehallen aber nicht mehr kaschieren. Mit dem Umzug in das kleine Veranstaltungszentrum in der Stadtmitte, das regelmäßig eine Kunstmesse beherbergt, will Veranstalter Textirama dem aktuellen Status der Messe besser gerecht werden, ihr aber auch einen gehobenen Anstrich verleihen, indem die Veranstaltung als sogenannte Boutique-Messe durchgeführt wird. Zum anspruchsvollen Ambiente sollte daher ein verändertes Messekonzept mit einheitlichen Ständen, einladenden Cateringzonen sowie Weinverkostungen und Pralinenverkaufsständen beitragen.

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1 + 2| Die MoOD wurde erstmals im Ausstellungszentrum Tour & Taxis in Brüssel veranstaltet. Hier die beiden Eingänge. The MoOD fair was held in the Tour & Taxis exhibition centre in Brussels for the first time. Pictured here are the two entrances

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3| Aufgrund der glasüberdachten Hallen konnten Besucher die Stoffe in natürlichem Licht begutachten. Because of the glass roofs in the halls, visitors were able to examine the fabrics in natural light. Photos: Barth ­­­46

Allerdings war das neue Konzept nur teilweise aufgegangen. Uneinheitliches Standkonzept Sieben führende belgische Weber folgten dem neuen Konzept nämlich nicht und hoben sich durch individuelle und deutlich größere Messestände von den restlichen Ausstellern ab. Einen weiteren Strich durch die Rechnung machte das Wetter, das mit sommerlichen Temperaturen die Glasdächer der vier Messehallen aufheizte und Aussteller wie Besucher gehörig ins Schwitzen brachte. Über eine Klimaanlage verfügen die Backsteingebäude aus dem Beginn des 19. Jahrhundert nämlich nicht; bei den Messehallen im Hafen der belgischen Metropole handelt es sich um einen ehemaligen Warenumschlag. Ins Schwitzen wären die Ausstellern gerne beim Auftragschreiben gekommen, aber auch eine rege Ordertätigkeit blieb vielfach aus. Die Frequenz in den Hallen nahm von Tag zu Tag ab. Zahlreiche Besucher hatten die mit 15.000 m2 überschaubare Ausstellungsfläche bereits am ersten Messetag abgearbeitet und verzichteten auf einen weiteren Besuch. Zufrieden zeigten sich lediglich Anbieter, die auf dem britischen Markt etabliert sind und an ihren Ständen zahlreiche Besucher aus Großbritannien begrüßen konnten. Auch Weber, die mit Stoffverlagen und Großhändlern zusammenarbeiten, zeigten sich mit dem Messeverlauf weitgehend zufrieden. Dies galt nur bedingt für Unternehmen, die auf dem deutschen Markt aktiv sind. Besucher aus der deutschen Polstermöbelindustrie, welche die Messe in den Anfangsjahren groß gemacht hatten, waren diesmal nämlich Mangelware. Die zeitliche Nähe zu den Herbsthausmessen sowie den Polstermöbelmessen in

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Oberfranken ließ die Einkäufer zu Hause bleiben. Richtungsweisende Innovationen Die Struktur der ehemaligen Lagerhallen erlaubte es dem Veranstalter, die Sonderflächen und Trendshows stärker ins Rampenlicht zu rücken. In zwei „Shed“ genannten Nebengebäuden der Hallen erwarteten die Besucher mehrere Dutzend innovativer Anbieter sowie eine Präsentation smarter Materialien. Es war damit die größte Innovations-Plattform, die der Fachwelt bislang in Brüssel präsentiert wurde. Die rund 100 Möbelstoffweber indessen konzentrierten sich auf die Hallen 1 bis 3. Die vierte Halle war von knapp 100 Designstudios belegt, die im Rahmen der Fachmesse Indigo ausstellten. Neben den belgischen Ausstellern machten sich die türkischen Aussteller im Messebild bemerkbar. „Es gibt rund 500 türkische Weber, mit unseren 23 Ausstellern haben wir damit nur einen auserwählten kleinen Kreis an Bord genommen und entsprechen damit der aktuellen Marktentwicklung“, begründet Messechef Patrick Geysels die Präsenz aus der Türkei. Erfreut äußerte sich der Messechef in einem Interview mit material+ technik möbel auch über einige Neuaussteller, wie z. B. die Firmen 4| Die sechs mit dem „Blue Drop“-Award prämierten Möbel- und Dekostoffe. The six furniture and decor fabrics that won the “Blue Drop”-Award. 4

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Textaafoam aus Holland sowie die beiden türkischen Weber Yünsa und Berteks Tekstil. Bei Messeschluss zeigte sich Geysels mit dem Veranstaltungsergebnis ebenfalls zufrieden: „Abgesehen von ein paar technischen Problemen ist der Relaunch in der neuen Location

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geglückt“, argumentiert er und betont: “Aussteller wie Besucher haben sich von der Atmosphäre in den Hallen begeistert gezeigt. Sie sind gemütlich und übersichtlich“. Bestätigt fühlt sich Geysels auch durch eine auf der Messe durchgeführte Umfrage, bei der 80 Prozent der Besucher dem neuen Ausstellungszentrum mindestens 6 von 10 Punkten gaben. Terrorangst Der Messechef räumte im Interview jedoch ein, dass die Terror­ ereignisse vom März die Ausstellerakquise gebremst hätten. ­Zudem hätten zahlreiche Interessenten aus den USA und aus Asien aufgrund der Attentate auf einen Messebesuch in diesem Jahr verzichtet. Dies schlug sich letztlich auch in den Besucherzahlen nieder. Mit 4.020 Personen waren 12 Prozent weniger Besucher als 2015 auf der MoOD. 80 Prozent davon stammten aus Europa. Asi-

5| Crevin hatte einen neuen Möbelstoff mit HahnentrittMuster mitgebracht. Crevin brought along a new furniture fabric with a houndstooth pattern. 6| Antecuir zeigte in Brüssel einen neuen Möbelvelours mit Aqua-Clean-Ausrüstung. Antecuir presented a new velour furniture fabric with an Aqua-Clean finish in Brussels. 7| Rioma präsentierte digital bedruckte Möbelstoffe aus Bio-Baumwolle. Rioma presented digitally printed furniture fabrics made of organic cotton. 8| In 26 Farben ist der Möbelstoff „Connect“ von Beaulieu erhältlich. “Connect” furniture fabric by Beaulieu is available in 26 colors. ­m aterial+technik möbel 05|16 ­­­47

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