material + technik möbel Ausgabe 03/2017

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FAC H M AG A Z I N F Ü R D I E K A S T E N – , K Ü C H E N – , B Ü R O – U N D S I T Z M Ö B E L – F E R T I G U N G S OW I E D E N I N N E N AU S B AU · W W W. M AT E R I A L-T E C H N I K . D E · 3 0 8 3 5

Wohn- und Küchenmöbel: Sitzmöbelbezüge: Fertigungstechnik:

Köln bietet Lösungen zur Individualisierung interzum zeigt Stoffe und deren Verarbeitung Ligna bündelt Industrie und Handwerk 04.05.17 13:38


Fokus

DECORATIVE SURFACES CONFERENCE ner npart er e i d e M partn eller offizi ial media offic

„Digitaldruck ist die Würze des Dekordrucks“ Die „Decorative Surfaces Conference“ ging im vergangenen März in eine weitere Runde. Um sich über die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet von Möbeloberflächen zu informieren, versammelten sich mehr als 180 Branchenvertreter aus der ganzen Welt in Hamburg. Mit Blick auf die bevorstehende interzum und Ligna gab so mancher Referent auch einen Ausblick auf die zu erwartenden Neuentwicklungen. material+technik möbel war als mehrjähriger Medienpartner erneut in Hamburg dabei.

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Seit über zehn Jahren ermöglicht die „Decorative Surfaces Conference“ Vertretern deutscher sowie internationaler Oberflächen-Unternehmen ein Update über die jüngsten Entwicklungen auf dem Oberflächensektor. Veranstalter Dr. Kurt Fischer von TCM (Technical Conference Management) hatte im März dieses Jahres Hamburg als Austragungsort der diesjährigen Konferenz gewählt. Im Hotel Sofitel im Zentrum der Hansestadt konnte er insgesamt 184 Teilnehmer begrüßen. Die Fachvorträge sind allerdings nicht der einzige Grund für den hohen Zuspruch. Die Veranstaltung ist seit Jahren auch ein hoch geschätzter Treffpunkt und gibt den Teilnehmern Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch sowohl mit Vorlieferanten als auch mit anderen Branchenunternehmen. Für einige Teilnehmer ist diese Möglichkeit des Networkings sogar der Hauptgrund, warum sie an der Konferenz teilnehmen. Wichtiger Bestandteil des jährlichen Treffens ist auch eine kleine Produkt- und Firmenpräsentation, an der sich dieses Mal insgesamt 16 Firmen beteiligten. Nachdem sich im letzen Jahr der gemeinsame Stadtrundgang mit anschließendem Abendessen am Tag vor

der Konferenz bewährt hatte, wurde diese Möglichkeit des Networkings beibehalten, so dass die bereits angereisten Teilnehmer erste Gelegenheit zum Gedankenaustausch hatten. Längere Pausen während der Konferenz boten diesmal weitere Gesprächschancen. Digitaldruck im Mittelpunkt Gegenüber den vorausgegangenen Konferenzen gab es zudem inhaltliche Veränderungen: Vorträge von Forschungsinstituten standen in Hamburg nicht auf dem Programm. Dafür bildete der Digitaldruck einen Schwerpunkt, denn acht der insgesamt 17 Vorträge befassten sich mit dieser richtungsweisenden Technologie. Zwei der ursprünglich 19 Referenten waren aufgrund von Krankheit kurzfristig ausgefallen. Auch wurden auf der diesjährigen Konferenz wieder mehr Informationen und Daten zum Markt geliefert, nachdem das Consulting-Institut Pöyry im vergangenen Jahr keinerlei Daten mitgebracht hatte. Auch Naci Güngör (Kastamonu) nannte in seinem Vortrag aktuelle Daten aus dem Holzwerkstoffbereich, während Volker Kettler (Meister-Werke) Marktdaten aus dem Bodenbelagsegment lieferte.

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Über 180 Teilnehmer versammelten sich auf der diesjährigen „Decorative Surfaces Conference“ in Hamburg. More than 180 participants met at this year‘s “Decorative Surfaces Conference” in Hamburg. Photos: TCM „Schichtstoffe haben größtes Wachstum“ In seinem Vortrag informierte Tomi Hartikainen (Pöyry) die Teilnehmer gleich zu Beginn der Veranstaltungen über den Markt für dekorative Holzwerkstoffe und gab eine Prognose für die nächsten Jahre ab. Die Daten stammten aus der aktuellen Marktstudie „Panel Surfacing up to 2020“. Danach rechnet Pöyry bis 2020 mit einem Anstieg der Nachfrage nach Holzwerkstoffen auf rund 356 Mio. m3. Das entspricht einem Wachstum von 16 Prozent gegenüber 2015. Die Prognose umfasst Spanplatten, MDF sowie Sperrholzplatten. Während für Europa nur ein geringes jährliches Wachstum prognostiziert wird, soll das Wachstum in Asien und Afrika mit 4 bzw. 3 Prozent pro Jahr stärker ausfallen. In Südamerika wird mit einer Stagnation gerechnet. In der Studie wurde auch die Entwicklung der Oberflächenmaterialien untersucht. Dort rechnet Pöyry mit geringeren Wachstumsraten als bisher. Bis

2020 soll die Nachfrage jährlich um 3 Prozent auf 24,4 Mrd. m2 steigen. Im Zeitraum 2010–2015 lag das Wachstum noch bei 6,6 Prozent pro Jahr. Nach Angaben von Hartikainen wird die Menge an papierbeschichteten Oberflächen im Prognosezeitraum um 17 Prozent steigen und 2020 mehr als 60 Prozent des weltweiten Bedarfs ausmachen. Die höchste Zuwachsrate wird mit 22 Prozent bei Schichtstoffen (HPL/CPL) erwartet, allerdings ist deren Marktvolumen vergleichsweise klein. Flüssigbeschichtungen werden voraussichtlich um 3 bis 4 Prozent jährlich zulegen, während furnierte Oberflächen um 0,5 Prozent pro Jahr zurückgehen werden. Thermoplastische Oberflächenmaterialien sollen leicht wachsen. Weitere Daten speziell zur Holzwerkstoffindustrie lieferte Naci Güngör (Kastamonu). Der türkische Holzwerkstoffproduzent zählt mit einem Umsatz von rund 1 Mrd. Euro und 16 Werken in sechs Ländern inzwischen zu den fünf größten Unternehmen auf diesem Gebiet. Kastamonu ist Teil der Hayat Holding, die einen Umsatz von umgerechnet 3 Mrd. Euro erwirtschaftet. Vor wenigen Monaten hatte Kastamonu Teile des insolventen italienischen Holzwerkstoffproduzenten Trombini übernommen, dessen Werke allerdings seit 2012 nicht mehr produzierten. In seinem Vortrag bezifferte Güngör die weltweite Produktion von Holzwerkstoffen für 2015 auf 206,8 Mio. m3, was gegenüber 2009 einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 4,81 Prozent entspricht. Dieser Wert umfasst im Gegensatz zu den PöyryAngaben keine Sperrholzplatten, dafür aber zusätzlich OSB-Platten.

Tomi Hartikainen: „Weltweit steigt die Nachfrage nach dekorativen Oberflächenprodukten“ “The demand for decorative surface products is increasing worldwide” Den weltweiten Verbrauch an diesen Platten bezifferte der Referent auf 201,2 Mio. m3. Dabei entfallen 83,7 Mio. m3 auf Spanplatten, 92,3 Mio. m3 auf MDF und 25,2 Mio.m3 auf OSB. Laut Angaben des Referenten ist China mit einem Volumen von rund 77 Mio. m3 der mit Abstand weltweit größte Produzent von Holzwerkstoffen. Die weiteren Plätze werden von den USA, Kanada, der Türkei, Russland und Deutschland belegt. Die Türkei die deutsche Produktion habe auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren deutlich hinter sich gelassen. Kastamonu allein habe einen Anteil von 2,4 Prozent an der weltweiten Holzwerkstoffproduktion. Bei Laminatböden betrage der Anteil sogar 6 Prozent. Den größten Teil der weltweiten Produktionsmenge von 960 Mio. m2 stellten China und Deutschland mit 26 bzw. 25 Prozent. Mit Blick auf den türkischen Markt bezeichnete er den hohen Bevölkerungsanteil junger Menschen und die entsprechend hohe Anzahl an Haushaltsgründungen als Triebfeder für eine

starke Nachfrage nach Holzwerkstoffen. „Klassifizierung von LVT-Böden erforderlich“ Marktdaten aus dem Bodenbelagsegment lieferte Volker Kettler (MeisterWerke Schulte). Er hob in seinem Vortrag die in den vergangenen Jahren gewachsene Materialvielfalt bei Bodenbelägen hervor. Einen wichtigen Part spielte dabei die Produktgattung der modularen Mehrschichtböden, die dem klassischen Laminatboden seit Jahren Marktanteile wegnehmen. Als erstaunlich bezeichnete Kettler die Tatsache, dass Vinyl nach vielen Jahren wieder auf den Fußböden Einzug hält. Diese Bodengattung habe 2015 ein Volumen von schätzungsweise 1,720 bis 1,900 Mio. m2 erreicht. Kettler informierte in seinem Vortrag zudem über die gestiegene Materialvielfalt bei den Trägerplatten. Neben HDF werden neuerdings Composits sowie mineralbasierte Träger eingesetzt. Das erschwere den Marktüberblick, da die Anbieter diesen Platten zum Teil eigene Bezeichnungen verliehen. Als wichtige Aufgabe des Industrieverbandes MMFA (Multilayer Modular Flooring Association), in dem sich die Anbieter der modularen Mehrschichtböden zusammengeschlossen haben, bezeichnete Kettler die Schaffung einer klaren und eindeutigen Klassifizierung der verschiedenen Böden in Hinblick auf ähnliche Ausführun-

Veranstalter Dr. Kurt Fischer hatte dem Digitaldruck einen wesentlichen Part auf der Konferenz zugeteilt. Conference organiser Dr Kurt Fischer allocated an important role to digital printing at the conference. Photo: Barth ­m aterial+technik möbel 03|17 ­­­7

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interzum 2017:

Messe der Superlative Vom 15. bis zum 19. Mai 2017 will die interzum neue Maßstäbe setzen: mehr Unternehmen, mehr Fläche, mehr Hallen. Viele Hallenflächen waren schon im Dezember weitgehend ausgebucht. Die Aufteilung in die Segmente „Materials & Nature“, „Function & Components“ sowie „Textile & Machinery“ soll für eine übersichtliche und umfassende Präsentation des Spektrums an Möbelund Innenausbaukomponenten sorgen. Am 16. Mai 2017 ist es wieder so weit: Dann zeigt die interzum wieder vier Tage lang – bis 19. Mai – Innovationen rund um den Innenausbau und die Möbelfertigung. Als internationale Leitmesse der Zuliefererbranche ist die inter­zum alle zwei Jahre das Highlight im Jahreskalender: Das größte Branchenevent in diesen Bereichen gibt einen umfassenden Überblick über neue Technologien und Design. Über 65 Prozent der Besucher und Aussteller kommen aus dem Ausland und machen die interzum zur internationalsten Branchenmesse. Neben den marktführenden Unternehmen sind 2017 auch wieder viele kleine Ideenschmieden vertreten. Laut Veranstalter steht jetzt schon fest: Die interzum 2017 wird eine Messe der Superlative. Mehr Unternehmen, mehr Fläche, mehr Hallen. Rund 1.600 Unternehmen aus mehr als 60 Ländern werden 1­­­ 2

in zehn Hallen auf 200.000 Quadratmetern Eventfläche ihre Produkte präsentieren. Viele Hallenflächen waren schon im Dezember ausgebucht – und mit 150 neuen Ausstellern (+10 Prozent) begrüßt Köln Mitte Mai so viele neue Unternehmen wie lange nicht mehr. Neue Hallenplanung Eine neue Hallenplanung soll in diesem Jahr für noch mehr Fläche sorgen, während eine kompaktere Aufplanung kürzere Wege gewährleisten soll. Die Aufteilung in die Segmente „Materials & Nature“ (Halle 4.2, 6 und 10.2), „Function & Components“ (Halle 4, 5, 7 und 8) und „Textile & Machinery“ (Halle 9, 10.1 und 11.1/11.2) macht es den Besuchern laut Koelnmesse „so einfach wie möglich, genau ihr Angebot auf der interzum zu finden“. Dabei hat besonders die internationale Strahlkraft zugenommen. Allein bei den globalen Ausstellern

beträgt der Zuwachs 36 Prozent gegenüber der interzum 2015. Auch die Zielgruppen sind mit den Jahren breiter geworden. Neben der Einrichtungsbranche, die sich auf der interzum Inspiration für ihre neuen Kollektionen holt, zieht die Messe jedes Jahr mehr Kreative an. Für Designer und Architekten ist sie inzwischen ebenfalls ein Pflichttermin. Italienische Piazze Die Aufteilung in drei Segmente soll für eine übersichtliche und umfassende Präsentation des breiten Spektrums an Möbel- und Innenausbaukomponenten sorgen. High­ lights in jedem Segment sind neben den Ausstellern und deren Innovationen die Piazze, also die Son­derausstellungsflächen, die sich mit aktuellen Themen der Branche beschäftigen und sich – ganz wie der Marktplatz in der italienischen Kleinstadt – hervorra-

gend als Treffpunkt, zum Austausch oder für die kurze Pause zwischendurch eignen. „Follow the red line“ Damit man kein Messehighlight verpasst, hat die interzum das „Follow the Red Line“-Konzept etabliert: Eine „rote Linie“ führt auch in diesem Jahr wieder vom Eingang Süd (50 Meter zum ICE-Bahnhof Messe Köln/Deutz) zu allen wichtigen Stationen. Das Konzept, dessen Name das Logo der interzum aufgreift, leitet die Besucher dabei automatisch zu den Schwerpunkten des Messeangebots. Doch so hilfreich die „rote Linie“ ist – um die enorme Vielfalt der interzum zu erleben, sollte man viel Zeit einplanen. Denn selbst wer die kompletten vier Messetage auf dem Gelände in Köln verbringt, wird es nicht schaffen, jedes einzelne Ausstellungsstück zu sehen. Im Bereich Materials & Nature la-

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den in diesem Jahr erstmals zwei Piazze (eine in Halle 6, die andere in Halle 10.2) ein – und auch in diesem Jahr werden sie von der Innenarchi­ tektin Katrin de Louw konzipiert und gestaltet. Das Thema heißt: „Individuality“. Der Wunsch nach individueller Ge­ staltung der Wohnräume ist einer der großen Trends, der die Möbel­ branche seit Jahren beschäftigt. Auf der Suche nach individuellen Ge­ staltungsspielräumen spielt die Auswahl des Materials für Möbel und Innenräume heute und in Zu­ kunft eine entscheidende Rolle. Neue Werkstoffe, Bearbeitungsver­ fahren und Oberflächen werden in­ nerhalb immer kürzerer Entwick­ lungszyklen auf den Markt ge­ bracht. Neben der Materialvielfalt nehmen auch die Kombinations­ möglichkeiten exponentiell zu. Pla­ ner und Verarbeiter erhalten so ei­ nen enormen Gestaltungsspiel­ raum, mit dem sie unterschied­ lichste Kundenwünsche erfüllen können. Die einzige Schwierigkeit ist es, den Überblick zu behalten. Hier verschafft der Bereich „Materi­ als & Nature“ mit seinen Piazze ei­ nen umfassenden Überblick über die Highlights der Aussteller und über die aufkommenden Branchen­ trends in diesem Bereich. Neben dem lockeren TreffpunktCharakter der Piazze wird es auch in diesem Jahr ein umfangreiches Vortragsprogramm geben: Designund Farbtrends werden von Exper­ ten aus Unternehmen und Wissen­ schaft genauso erörtert wie techni­ sche Fragen und aktuelle Normen und Gütesiegel. Einer der täglichen Höhepunkte wird der „Trendespres­ so“ sein, ein kurzer Vortrag zu den aktuellen Designtrends von Katrin

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de Louw. Dieses Format hat sich schon bei den letzten Events als Publikumsmagnet erwiesen. Apro­ pos Espresso: Beide Flächen wer­ den auch 2017 von einem Catering­ angebot ergänzt. In dem Bereich Textiles & Machine­ ry stellen die Innovationstreiber und Qualitätsführer leistungsstarke Tex­ til-Materialien und ausgefeilte Tech­ nologien für deren Verarbeitung vor. Von klimaregulierenden Bezugs­ stoffen bis hin zu witterungsbestän­ digen Outdoor-Stoffen reicht das Spektrum. „Mobile Spaces“ Unter dem Motto „Mobile Spaces“ beweist die Piazza Textile & Machi­ nery, dass die interzum auch für Ent­ wickler von mobilen Räumen inter­ essant ist. Hier zeigen die Veranstal­ ter und ausgewählte Unternehmen, wie bedeutend die interzum für eine neue Zielgruppe ist: die Konstruk­ teure, Entwickler und Einrichter von „Mobile Spaces“. Ihre Anforderun­ gen an Ausstattung und Materialien unterscheiden sich wenig von denen der „stationären“ Kollegen. Dies zeigt die Sonderausstellungsfläche – unter anderem anhand eines spek­ takulären Eyecatchers. Man wolle zeigen, dass bei Gestal­ tung, Ausstattung und Ausbau von mobilen Räumen, also zum Beispiel Automobilen, Caravans oder Haus­ booten, „die gleichen und zusätzlich neue Kriterien Anwendung finden wie im stationären Bereich“ – erläu­ tert Projektmanager Matthias Poll­ mann. „Mit dem neuen Thema der Piazza wollen wir dieser Zielgruppe näher bringen, wie die Aussteller der interzum ihre Entwürfe inspirie­ ren und voranbringen können.“ Die Bandbreite mobiler Räume ist

dabei groß: Sie reicht von der Auto­ motive-Branche über Boote und öf­ fentliche Transportmittel wie Zug und Flugzeug bis hin zu den Tiny Houses, die mit Rädern versehen oder als Pick-up-Varianten ebenfalls zu „Mobile Spaces“ werden. Um den Platz zielführend zu nutzen, wird die Thematik für die aktuelle Ausgabe der interzum auf „mobilen Raum auf Rädern“ fokussiert – mit internationaler Ausrichtung. Gezeigt wird neben einem Premium-Reise­ mobil in Reisebusgröße und dem amerikanischen Trend zu „Tiny Ho­ mes“, also sehr kleinen, transporta­ blen Eigenheimen, auch ein spekta­ kuläres Doppelfunktions-Gefährt: ein Caravan der Firma Sealander aus Kiel, der zugleich als Boot ge­ nutzt werden kann. Um diese inno­ vative Funktionskopplung anschau­ lich zu machen, wird extra ein Bas­ sin mit 17.000 Litern Wasser gefüllt. Der Bogen zu den Materialien wird über eine Galerie geschlossen: Dort werden Produkte der Aussteller der interzum gezeigt, die bereits im mobilen Raum Anwendung finden. Für ein nachhaltiges Wirtschaften wird die Nutzung vorhandener Res­ sourcen immer wichtiger. Themen wie Upcycling gewinnen daher zu­ nehmend an Bedeutung. Welches Potenzial die Wiederverwendung von Wertstoffen bietet, wird auf der Sonderfläche „Circular Thinking“ in Halle 4.2 demonstriert, auf der in­ novative Produkte von Designern und Herstellern präsentiert werden. Vor allem Branchen mit einem ho­ hen Materialverbrauch können da­ von profitieren. Ein besonderes Au­ genmerk wird dabei auf aktuelle Modelle für das Upcycling sowie auf das Recycling von Energie ge­ legt. Neben Materialien, Möbeln

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Kunst und Handwerklichkeit in Möbel gebracht Der Salone del Mobile genießt auch in den Jahren internationales Interesse, in denen die Küchen nicht an Bord sind. Dies zeigte die diesjährige Ausgabe Anfang April. Fast 350.000 Besucher informierten sich in Mailand über die neuesten Trends bei Hölzern, Farben, Formen und Oberflächen und ließen sich von der aufwändigen Inszenierung edler Materialien inspirieren. 1 + 2| Schrankfronten erhalten handwerkliche Grifflösungen wie hier bei Former (1) oder MisuraEmme (2). Cupboard fronts include handcrafted handles, as seen here at Former (1) and ­ MisuraEmme (2) Photos: Barth, MisuraEmme 3| Bei Moroso konnten Besucher die wichtigsten Trendfarben des Salone 2017 erleben. At the Moroso stand, visitors were able to see the most important trend colours of the Salone 2017. Photo: Barth 4| Bei Doimo lassen sich die Möbel mit Gemälden personalisieren und aufwerten. At Doimo furniture can be personalised and enhanced with paintings. Photo: Barth 5 + 6| Riva1920 zeigte Möbelfronten aus Kaktusfeige (5) sowie eine Tischplatte aus in Harz gegossenem Kauri-Furnier (6). Riva1920 presented furniture fronts made from prickly pear (5) and a table-top of kauri-veneer cast in resin (6). Photos: R1920 7| Bei zahlreichen Tischplatten wie hier bei MisuraEmme kam Sahara-Marmor zum Einsatz. In many table-tops, as shown here by Misura Emme, Sahara marble was used. Photo: Barth

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Die 56. Ausgabe des Salone del Mobile auf dem Mailänder Messegelände in Rho erwies sich erneut als großer Erfolg. Obwohl die Küchenmöbelhersteller nicht ausstellten, zog die Veranstaltung zehn Prozent mehr Besucher als die vergleichbare Ausgabe im Jahr 2015 an. In den ungeraden Jahren finden parallel zur Möbelmesse lediglich die Beleuchtungsmesse Euroluce sowie die Büromöbelmesse Workplace3.0 (früher EIMU) statt. Dahingegen wird in ­ den geraden Jahren und damit i­m Wechsel mit der LivingKitchen­ in Köln die Küchenfachmesse ­Eurocucina veranstaltet. Sie zieht zusätzliche Besucher an, so dass die beiden Einrichtungsmessen im vergangenen Jahr fast 370.000 Besucher zählten. Wie bei der diesjährigen Ausgabe sind in dieser Zahl auch die Endverbraucher enthalten, die am Wochenende Zutritt zur Messe erhalten. Da die Küchen nicht an Bord waren, konzentrierte sich das Interesse der internationalen Fachbesucher im April dieses Jahres insbesondere auf das Wohn- und Schlafraumsegment. Dort erwarten sie sich neue Impulse beim Design und den Werkstoffen sowie die eine oder andere innovative Beschlaglösung. Bis auf wenige Ausnahmen, wie z. B. die Elitemarken B & B Italia sowie Cassina, stellten alle namhaften Einrichtungsmarken und Möbelgruppen auf dem Messegelände aus, hatten aber kaum revolutionäre Neuentwicklungen mitgebracht. Auch bei den verwendeten Hölzern und Werkstoffen wurde keine Trendwende eingeläutet. Dafür wurde den Besuchern eine perfekte Inszenierung edler und luxuriöser Materialien geboten.

Individualisierte Einrichtung Ins Auge fiel in diesem Jahr, dass sich eine Reihe von Unternehmen mit den wachsenden Individualisierungswünschen der Konsumenten intensiv auseinandergesetzt und verschiedene Lösungsansätze entwickelt hatten. Zahlreiche Aussteller setzten dies mit einer großen Vielfalt an unterschiedlichen Materialien und Farben um, die sich beliebig miteinander kombinieren lassen. Dieses bunte „Mix & Match“ führt zu einer individualisierten Einrichtung. Allerdings erschien die Palette unterschiedlicher Materialien und Oberflächen dieses Mal überschaubarer als im Vorjahr. Das Messebild dominierten vor allem Holz-Lack-Leder- und Marmor-Metall-Holz-Kombinationen. Bestimmte Materialien wie z. B. Marmor spielten auf dem Salone sogar eine dominierende Rolle, auch wenn sie in verschiedenen Varianten zu sehen waren. Neben klassischem Carrara-Marmor zeigten zahlreiche Anbieter die Marmorarten „Emperador“ sowie vor

allem „Sahara“, der sich durch seine braune Farbgebung und ausgeprägten Adern auszeichnet. Ebenfalls zu sehen war der blauglänzende Stein „Lapislazuli“, der bei Poliform verwendet wurde. Doch auch einen Tisch mit Platte aus echtem Bernstein hatte das Unternehmen mitgebracht. Die auf dem Salone gezeigten Tische wiesen ein Metallgestell mit nach unten konisch verlaufenden Beinen auf. Einige Aussteller verwendeten Marmor auch für Möbelfronten, wobei hier in der Regel ein dünnes Steinfurnier auf eine Holzwerkstoffplatte aufgebracht wurde. Dagegen waren Metalle sowie Metalloptiken auf den Oberflächen der Möbel seltener anzutreffen. Individualisierungslösungen Neue Ansätze zur Personalisierung von Einrichtungsgegenständen auf der Messe stammten nicht von den großen italienischen Designmarken, sondern vielmehr von Unternehmen, die im mittleren Preissegment tätig sind. So stellte die

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Macher & Märkte

„Wir werden auch in der Zukunft noch viele Möbel haben!“

Die interzum ist für die Möbelzulieferindustrie das alles dominierende Thema – und natürlich auch für Branchen-Primus Hettich. Der Beschläge-Spezialist ist für die Messe bereits bestens vorbereitet, so dass der geschäftsführende Gesellschafter Dr. Andreas Hettich kurz vor Messestart noch Zeit fand, mit material+ technik möbel über aktuelle Marktentwicklungen, schwierige Auslandsmärkte, Branchentrends sowie die Zukunft der Möbel- und Beschlägeindustrie zu sprechen. m+t: Herr Hettich, das Jahr 2016 ist für Sie gut gelaufen, konnten Sie den Trend in den ersten Monaten 2017 bestätigen? Hettich: 2016 sind wir um knapp 3,8 Prozent gewachsen, das war ganz ordentlich. Allerdings hatten wir uns noch ein bisschen mehr vorgenommen. Natürlich wissen wir auch alle, dass es international 6 ­­­ 4

eine ganze Reihe von Gründen gab, die das sehr schwierig gemacht haben: ob Brexit in England, die Krisen in Russland und der Türkei, die Entwertung des Geldes in Indien … Und da haben sich die politischen Veränderungen in den USA noch nicht einmal ausgewirkt. Das vergangene Jahr war schon aufregend, was das Umfeld an-

geht, gerade international. Insofern waren wir mit dem Ergebnis durchaus zufrieden. Das erste Quartal 2017 war auch ganz ordentlich, aber ebenfalls ein wenig schwächer, als wir erwartet haben. Es fehlte gerade in Deutschland ein wenig der Zug. Da hoffen wir schon, dass das im Jahresverlauf noch etwas besser wird, zumal die Grundrahmenbedingungen ja eigentlich noch besser sind als letztes Jahr. „Die Rahmenbedingungen in Deutschland stimmen.“ m+t: Wird Ihr Geschäft auch von sich verändernden Einrichtungsstilen beeinflusst? Hettich: Sicherlich, da beobachten wir aber schon seit zehn, fünfzehn Jahren einen entsprechenden Prozess. Nehmen Sie beispielsweise die Büromöbelindustrie. Hier ge-

hörten früher zu jedem Schreibtisch zwei Container, heute höchstens noch einer. Auch die Dinge, die aufbewahrt werden, verändern sich. Früher waren es Hängemappen und Ordner, heute eher persönliche Dinge wie die Butterbrotdose, Wasserflasche, Fahrradhelm oder die Ladegeräte von Smartphone und Co. Aber diese Veränderung wird zum Glück durch eine gestiegene Wertigkeit aufgefangen. Noch gravierender sehen wir die Veränderungen beim Wohnund Schlafzimmer. Im Wohnzimmer wird oftmals neben dem Lowboard für den Fernseher kein Stauraum mehr benötigt. Bücher, CDs, Videokassetten, DVDs – viele Dinge, die früher aufbewahrt wurden, fallen weg oder werden durch die Digitalisierung deutlich weniger. Im Schlafzimmer wird dagegen modularer gekauft. Es wird kein komplettes Schlafzimmer mehr ge-

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Macher & Märkte

Dr. Andreas Hettich, geschäftsführender Gesellschafter der Hettich-Gruppe. Dr Andreas Hettich, Managing Partner at the Hettich Group. Photos: Schwarze

Exklusiv vor Ort Exclusive on the spot

kauft, sondern oft ein hochwertiges Boxspring--Bett mit einem günstigen Kleiderschrank kombiniert. Aber hier ist der Stauraum-

bedarf an sich eher gestiegen, die Menschen haben mehr Anziehsachen als früher. Auch in der Küche sehen wir einen größeren Stauraumbedarf. Da viele Menschen sich das „gute Geschirr“ sparen, haben sie mehr Alltagsgeschirr und auch Kochgeräte, die in der Küche aufbewahrt werden. Und zu guter Letzt werden auch die Badezimmer größer und besser ausgestattet. Das alles beeinflusst uns natürlich, aber wir sehen hier eher eine Verschiebung zwischen den einzelnen Segmenten. m+t: Was bedeutet der Trend zur Individualisierung in der Möbelindustrie für Ihre Produktion? Hettich: Das beeinflusst uns in der Tat. Es gibt neben den verschiedenen Hersteller-Modellen ja auch immer mehr Verbandsmodelle, die sich unterscheiden sollen. Aber wir müssen hier stark zwischen Funktion auf der einen Seite sowie Form und Farbe auf der anderen Seite unterscheiden. In der Funktion, also in allen Bereichen, die für den Endverbraucher unsichtbar sind, ist die Individualisierung relativ gering. Eine Schubkastenführung muss gut funktionieren, gedämpft sein und sich gut anfühlen. Da wäre der Endverbraucher auch

einfach überfordert, zwischen den verschiedenen Varianten zu unterscheiden – so lange die Führung perfekt läuft, natürlich. Das gleiche gilt für Scharniere. Aber sobald es um das Design, um Form, Farbe und Elemente geht, wird natürlich stärker individualisiert. Wir bieten über einfache Designelemente Individualisierungsmöglichkeiten, über Designprofile, verschiedenste Seitenelemente, die alle auf eine Plattform aufgebracht werden. So kann die Fabrik in der Masse produzieren und im letzten Schritt oder auch erst beim Aufbau der Küche werden die individuellen Gestaltungsmerkmale ergänzt. Denn das, was der Endverbraucher sehr stark wahrnimmt, ist eben die Optik. So kann ich zugleich individualisieren und in der Produktion Skaleneffekte nutzen. Das wird auch künftig für uns ein Schwerpunkt bei den sichtbaren Beschlägen, besonders beim Schubkasten, sein. „Wir sehen immer mehr verdeckte Technik.“ m+t: Dabei ist doch die beste Technik wahrscheinlich die, die man gar nicht sieht, oder? Hettich: Ja, das stimmt. Wir sehen da durchaus auch einen Trend, die Beschlagstechnik immer weiter zu verstecken. Gerade im design-affinen Bereich kommt immer mehr verdeckte Technik. m+t: Sehen Sie darüber hinaus noch deutliche, auch längerfristige Trends bei den Beschlägen?

Hettich: Der Trend zu den immer vielfältigeren Designvarianten ist aus meiner Sicht schon nachhaltig. Andere Möbeltrends sind eher Modeerscheinungen. Wir sehen immer wieder einen Zyklus zwischen Schiebetüren und Falttüren und im Moment schwingt es langsam wieder in Richtung Falten. Das hat auch etwas damit zu tun, ob man beim Design eher vertikal oder horizontal denkt. Wenn die Linienführung eher vertikal ist, dann sind Falttüren gut, wenn sie aber horizontal ist, dann passen Falttüren da nicht rein. Das ist ein Trend. Oder die Frage, ob offener oder geschlossener gestaltet wird. Natürlich, wenn es ein ganz offenes Regal ist, dann ist das für uns nicht so gut. Aber sobald ein Regal ein wenig aufgewertet wird, beispielsweise mit einer Schiebetür, mit der man zwischen Offen und Geschlossen ein wenig spielen kann, dann ist das eine schöne Lösung – auch für uns, denn hierfür haben wir die passenden Beschläge. Das sind aber eher Modetrends oder Wellen. m+t: Wenn man sich das Wettbewerbsumfeld ansieht, haben sich Ihre italienischen Wettbewerber teilweise durch Zukäufe verstärkt. Beeinflusst das auch Ihre Strategie? Hettich: Was da in Italien passiert ist, ist aus meiner Sicht eine längst überfällige Konsolidierung auf dem dortigen Anbietermarkt. Dort haben sich eben aus den wirtschaftlichen Gegebenheiten des einen Übernahmegelegenheiten für den

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