material + technik möbel Ausgabe 05/2017

Page 1

M_mt0517_Umschlag.indd 1

m a t e r i a l + t e c h n i k m ö b e l 0 5 | 2 0 17

FAC H M AG A Z I N F Ü R D I E K A S T E N – , K Ü C H E N – , B Ü R O – U N D S I T Z M Ö B E L – F E R T I G U N G S OW I E D E N I N N E N AU S B AU · W W W. M AT E R I A L-T E C H N I K . D E · 3 0 8 3 5

Sitzmöbelbezüge: Wohn- und Küchenmöbel: Fertigungstechnik:

Mehr Individualität durch Materialvielfalt Neuformierung der Oberflächenspezialisten Technologielösungen für Industrie 4.0 28.08.17 10:45


Fokus

Brüssel präsentiert innovative Möbelstoffe Die MoOD in Brüssel zählt seit Jahren zu den wichtigsten Schaufenstern der internationalen Polster­ möbel- und -bettenindustrie. Jedes Jahr Anfang September bietet sie den Einkäufern aus dieser Sparte einen Überblick über trendige Bezugsmaterialien sowie mögliche Zusatzfeatures, mit denen die Möbelkleider ausgestattet und Sofas und Betten aufgewertet werden können. In diesem Jahr findet die MoOD – Meet only Original Designs – zum zweiten Mal im Zentrum der belgischen Metropole statt. Dort im Ausstellungszentrum Tour & Taxis hatte die Möbel- und Dekostoffmesse bereits im vergangenen Jahr eine neue Bleibe gefunden, nachdem die Veranstaltung vorher stets in den Hallen der Messe Brüssel stattgefunden hatte. Neuerung bei der diesjährigen Ausgabe ist die Terminverschiebung um einen Tag: Statt am Dienstag öffZum zweiten Mal findet die MoOD im Ausstellungszentrum Tour & Taxis statt. For the second time, MoOD is taking place in the Tour & Taxis exhibition centre. Photo: Barth

­­­6

net der Stoffevent dieses Mal am Mittwoch, den 6. September für drei Tage seine Pforten. Die Änderung der Tagesfolge ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Veranstalter Textirama bei Ausstellern und Besuchern durchgeführt hatte. Wie bereits in den vergangenen Jahren findet die MoOD zusammen mit der Indigo Brussels statt, einer Fachmesse für Designstu­ dios, auf der sich 2017 in Halle 4 über 90 Anbieter mit ihren Entwürfen präsentieren. Bei der diesjährigen Ausgabe stehen beiden Veranstaltungen vier Shed genannte Hallen des Ausstellungszentrums im Brüsseler Hafen zur Verfügung, in denen sich neben den Indigo-Ausstellern laut Veranstalter insgesamt knapp 90

Anbieter von Möbelbezugsmaterialien und Dekostoffen einfinden und drei Hallen belegen werden. Zusammen mit den Ausstellern der Indigo Brussels sowie der neuen MoOD Tech erwartet der Veranstalter damit fast 200 Anbieter. Neuaussteller und Weltpremieren Unter den Ausstellern befinden sich zwar einige Neuankömmlinge bzw. Rückkehrer wie z. B. der chinesische Weber Zhong Wang oder der Spanier Fernando Cerdá & Hijos, gleichzeitig fehlen aber langjährige Aussteller auf der Teilnehmerliste. Dazu zählt z. B. der Faseranbieter Trevira CS, der in den vergangenen Jahren wichtige Weber auf einem Gemeinschaftsstand präsentiert hatte. Stattdessen wird Trevira den Stand nun auf der Heimtextil 2018 aufstellen und dort auf 1.300 m2 insgesamt 18 Weber mit neuen Trevira-CS-Kollektionen versammeln. Mit dem indischen Faserproduzenten Reliance konnte die MoOD hingegen den weltgrößten Produzenten von Polyesterfasern als Aussteller gewinnen. Er wird auf der Messe seine Neuentwicklung „Recron FS“ vorstellen, bei der es sich um eine schwerentflammbare Polyesterfaser handelt, die laut Firmenangaben auf einer neuartigen Technologie basiert und auch aus recyceltem Polyester hergestellt werden kann. Mit dieser Neuheit will das Unternehmen in direkte Konkurrenz zu Trevira CS treten und am wachsenden Markt für schwerentflammbare Polyesterbezugsstoffe punkten.

Weltweit werden jährlich schätzungsweise 340 Mio. Quadratmeter an schwerentflammbaren Textilien verkauft, wobei ein Drittel laut Reliance auf flammhemmendes Polyester entfällt. Ausreichend Erfahrungen auf diesem Gebiet konnte Reliance als Eigentümer des Faserherstellers Trevira gewinnen, den er von 2004 bis zu dessen Insolvenz im Jahr 2009 besaß. 2011 wurde die neue Trevira GmbH gegründet, die seit April 2014 zu 100 Prozent zu Indorama (Thailand) gehört. Internationale Ausrichtung Terminlich befindet sich die MoOD in diesem Jahr erneut auf halbem Weg zwischen zwei weiteren bedeutenden Möbelstoff-Veranstaltungen, die inzwischen vor allem in der deutschen Polstermöbelindustrie vermehrt beachtet und von deutschen Einkäufern stärker besucht werden. Dies hatte in den vergangenen Jahren zu einem Besucherrückgang auf der MoOD geführt: 2016 war die Besucherzahl um 12 Prozent auf 4.020 Personen ge­ fallen. Da die Herbsthausmessen in Ostwestfalen und die Polstermöbelmessen in Oberfranken nur wenige Wochen nach der MoOD stattfinden, müssen deutsche Polstermöbelhersteller die Bezugsmaterialien für ihre Modellneuheiten mehrere Monate zuvor auswählen. In den vergangenen Jahren hat daher die Proposte in der italienischen Stadt Cernobbio an Bedeutung gewonnen, die im nächsten Jahr erneut im Mai (2. bis 4. Mai 2018) stattfindet und im Ausstellungszentrum Villa Erba sowie in

material+technik möbel 05|17

M_mt0517_FO_MoOD.indd 6

28.08.17 10:09


Fokus

In vier Hallen versammeln MoOD und Indigo Brussels rund 200 Aussteller. MoOD and Indigo Brussels are gathering about 200 exhibitors in four halls. Photo: Textirama

Auf der „Innovation Platform“ können sich die Besucher über Möbelstoffe mit Zusatzfeatures informieren. At the “Innovation Platform”, visitors can get information about furniture fabrics with additional features. Photo: Textirama ­m aterial+technik möbel 05|17 ­­­7

M_mt0517_FO_MoOD.indd 7

28.08.17 10:10


Macher & Märkte

„Linak ist der Pionier im Bereich elektrischer Steh-Sitz-Arbeitsplätze“ Möbel werden immer intelligenter: Auf der Messe interzum hat Linak eine App für Smartphones vorgestellt, mit der die Tische bedient werden können und die den Nutzer daran erinnern soll, wieder einmal aufzustehen. material+technik möbel sprach mit Christian Renner und Christoph Messing über die neue Technik, das Unternehmen Linak und die zukünftigen Entwicklungen bei den Hubverstellungen. m+t: Herr Messing, Herr Renner, stellen Sie bitte Linak kurz vor. Messing: Linak ist ein inhabergeführtes, dänisches Unternehmen. Es wurde 1907 gegründet und stellte anfangs Maschinen für den Agrarmarkt her. Bent Jensen, Enkel des Unternehmensgründers, hat dann damit begonnen, lineare Aktuatoren zu bauen. In den 80erJahren begann die Vermarktung des Produktes mit neun Mitarbeitern, heute sind es 2.000. Linak ist in drei Bereichen zuhause: im Industriebereich, in der Medizintechnik und im Möbelmarkt. Hier bieten wir vor allem Verstellungen für Steh-Sitz-Tische, aber auch für Küchen oder Displayverstellungen. In Deutschland haben wir eine Niederlassung in Nidda mit 70 Mitarbeitern für Vertrieb und Marketing.

m+t: Wo produziert Linak über­ all? Messing: Wir produzieren in Dänemark, in den USA, in der Slowakei und in China. m+t: Welchen Anteil hat die Mö­ belsparte an der Produktpalette? Messing: Weltweit sind wir bei 42Prozent, in Deutschland eher in Richtung 50 Prozent. „Wir sind die einzigen, die alles aus einer Hand anbieten.“ m+t: Wie ist Ihre Marktstellung weltweit und in Deutschland bei den Möbelverstellungen? Messing: Wir sind einer der marktführenden Hersteller in Deutschland und weltweit. Renner: Linak ist sicherlich Pionier

im Bereich elektrischer höhenverstellbarer Arbeitsplätze. In den 90er-Jahren hat das Unternehmen als erstes dieses Thema ernsthaft verfolgt und den elektrisch verstellbaren Steh-Sitz-Arbeitsplatz publik gemacht. m+t: Wo sind Ihre Stärken, wo­ rin unterscheiden Sie sich von den Wettbewerbern? Renner: Wir sind Systemhersteller und bieten ein integriertes System aus einer Hand. Das heißt, die Säule, die Steuerung, die Handbedienung und die dazugehörige Software. Das ist ein Vorteil, weil hier eine hohe Kompatibilität gegeben ist. Messing: Linak steht für lineare Antriebstechnik. Das ist unsere Kernkompetenz, da kommen wir her und damit sind wir groß geworden. Andere, die aus anderen Bereichen kommen, haben das Thema Steh-Sitz-Antriebstechnik übernommen und kaufen Komponenten dazu. Wir entwickeln unsere Motorentechnik selbst, walzen unsere Spindeln und haben eine eigene Elek­ tronikproduktion. Das Herz des Systems haben wir also in der eigenen Hand. Dazu kommt die hohe Prozesssicherheit: Das Unternehmen hat in den letzten drei Jahren 20 Millionen Euro investiert, um die Produktion der Büromöbelkomponenten zu automatisieren. Das hat das Qualitätsniveau deutlich nach oben gebracht. m+t: Laut einer Studie von 2015 liegt der Anteil von ergonomi­ schen Sitz-Steh-Tischen in Deutschland bei nur 20 Prozent – Christoph Messing demonstriert die neue App. Christoph Messing demonstrates the new app.

1­­­ 4

während es in Schweden 90 Pro­ zent sind. Woran liegt das? Messing: Inzwischen sind es etwa 30 Prozent. Viel wichtiger ist aber, dass heute bei den verkauften Tischen 50 Prozent oder mehr elektrisch verstellbar sind. Renner: Je größer das Unternehmen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Steh-Sitz-Tische angeschafft werden. Wo es ein betriebliches Gesundheitsmanagement gibt, ist ein verstellbarer Arbeitstisch gang und gäbe. Messing: Vor zehn, 15 Jahren gab es noch Bedenken im Handel. Ein Möbel mit Stromanschluss – da hatten viele ein bisschen Angst davor. Aber heute verkauft jeder Büromöbelhändler Steh-Sitz-Tische. „Die Marge für den Händler wird ebenfalls attraktiver.“ m+t: Es ist aber auch ein bera­ tungsintensives Produkt. Messing: Das aber auch die Möglichkeit bietet, Mehrumsatz zu generieren. Wenn ein Kunde zum Händler kommt und braucht einen neuen Schreibtisch, dann kann er einen für 300 Euro verkaufen und muss dafür beraten. Oder er verkauft mit einer leicht höheren Beratungsleistung einen höhenverstellbaren Schreibtisch für 600 Euro. Die absolute Marge für den Händler ist so auch attraktiver. m+t: Welche Trends zeichnen sich bei den Steh-Sitz-Tischen ab? Renner: Die Entwicklung der Elektronik und der Software wird in den nächsten Jahren sicherlich noch mehr an Bedeutung gewinnen, um die Nutzung der Tische weiter zu verbessern. m+t: Auf der interzum haben Sie die neuen Bedienelemente und

material+technik möbel 05|17

M_mt0517_MM_Linak.indd 14

28.08.17 08:23


Exklusiv vor Ort Exclusive on the spot

Christoph Messing, Vertriebs­ leiter „Deskline“, und Christian Renner, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, im Gespräch mit Redakteur Klaus Leonhard. Christoph Messing, Sales Manager for “Deskline”, and Christian Renner, responsible for public relations, in a conversation with editor Klaus Leonhard. Photos: Barth eine App vorgestellt. Wie entwickelt sich hier die Nachfrage? Messing: Es war der beste Produktlaunch von Linak seit mindestens zehn Jahren. Wir haben eine immense Nachfrage. Viele Kunden wollen auf dieses Produkt umstellen, weil sehr viel Intelligenz drinsteckt. Wir haben zweieinhalb Jahre Arbeit reingesteckt und davon fast ein Jahr für Research. Die Tische werden zwar immer besser verkauft. Das andere Thema ist aber die Nutzung. In den Büros sehen wir immer wieder, dass es Steh-Sitz-Muffel gibt. Also haben wir überlegt, wie wir die Nutzung verbessern können. Wir haben in den Hauptmärkten untersucht, wie die Tische genutzt werden, was sich Nutzer wünschen und was sie brauchen, um den Tisch besser zu verwenden. Das war der Ausgangspunkt der Entwicklung. m+t: Was kam bei der Studie heraus? Messing: Interessant war, dass in Skandinavien die Tische weniger

genutzt werden als beispielsweise in Deutschland und den USA. Weil die Kunden die Tische dort meist schon länger haben. In Skandinavien liegt der Durchschnitt bei acht oder neun Jahren, während es in Deutschland unter fünf sind. Das heißt, mit der Zeit schläft die Nutzung etwas ein: Über 42 Prozent in Skandinavien haben die Tische überhaupt nicht genutzt, während es in Deutschland etwa 15 Prozent waren. Wir haben deshalb gefragt: Warum nutzt Ihr den Tisch nicht? Was braucht Ihr dafür? Viele haben gesagt, wir brauchen eine kleine Erinnerung und zwar am liebsten stationär, also am Computer oder am Bedienelement. „Mit der Zeit schläft die Nut­zung der Sitz-Steh-Tische etwas ein. Die Leute brauchen einen Anstupser.“ Wir haben insgesamt vier Bedien­ elemente entwickelt, ein einfaches Auf-Ab-Bedienelement, das intuitiv durch Drücken und Ziehen funktioniert. Die anderen haben alle eine automatische Erinnerungsfunktion, zum Beispiel mit Lichtleiste. Sie können einstellen, wie viel Sie stehen oder sitzen wollen. Nach der Zeit leuchtet das Lichtband orange und fängt an zu pulsieren. Oder Sie bekommen die Info über die App. m+t: Das heißt, ich bekomme eine Push-Nachricht aufs Handy: „Steh mal wieder auf!“? Renner: Genau. Das funktioniert

über das integrierte Bluetooth. Sie brauchen kein zusätzliches Modul. Und das Schöne daran ist, dass sich das System synchronisiert. m+t: Werden die Daten zur Auswertung gespeichert? Messing: Die Daten werden über die App oder das PC-Programm gespeichert. Sie können sich also genau ansehen, wie viel Sie heute gestanden sind und wie viele Kalorien Sie verbraucht haben. m+t: Ist das datenschutzrechtlich nicht bedenklich? Messing: Das Programm läuft nur lokal auf der Festplatte. Wir haben darauf geachtet, dass der Chef diese Daten nicht auslesen kann. m+t: Gibt es die Software auch für Geräte wie die Apple Watch? Renner: Im Moment gibt es die Software nur für Smartphones und Computer. Messing: Wir haben für unsere Funktionen eine Standard-App entwickelt. Sollte ein Kunde adaptive Funktionen wünschen, zum Beispiel irgendwelche Licht- oder Raumbuchungssysteme, gibt es ein Software-Developer-Paket – mehr oder weniger die Rohdaten der App – das wir den Kunden zur Verfügung stellen. Ein App-Entwickler kann dann einfach seine eigene App daraus stricken, die dann noch weitere Funktionen hat. m+t: Also ein Schritt in Richtung Smart Office?

Messing: Genau. Linak sieht sich als Schnittstelle und Integrator für weitergehende Anwendungen. m+t: Ist geplant, die Steuerung mit anderen Komponenten wie dem Stuhl zu vernetzen? Renner: Wir machen das zwar nicht, aber wir geben die Werkzeuge dafür an die Hand. Mit der offenen Architektur der Software können die Hersteller das einbauen. m+t: Werden biometrische Daten, beispielsweise aus einer Smartwatch einbezogen? Messing: Bei uns derzeit nicht. Wir gehen zunächst einmal über Zeitintervalle. Es geht uns um den Anstupser, aber der Kunde soll noch selbst Herr der Lösung sein. m+t: Geht der Trend zur kompletten Vernetzung des Büros? Renner: Wir sehen hier noch keine Signale aus dem Markt. Die Vernetzung, die möglich wäre, setzt sich erst langsam durch. m+t: Gehen wir weg vom Büro. Welche Rolle spielen Höhenverstellungen in Küchen? Es gab ja ein Projekt mit Sachsenküchen. Wie entwickelt es sich? Renner: Es ist ähnlich wie beim Steh-Sitz-Tisch: Der Bedarf ist da, aber es dauert seine Zeit, bis es der Markt umsetzt. m+t: Was ist aus dem Projekt geworden? ­m aterial+technik möbel 05|17 ­­­15

M_mt0517_MM_Linak.indd 15

28.08.17 08:23


Structures of Surfaces

„Wir wollen im Segment Living Solutions kräftig wachsen!“ Am Morgen des 20. Juni war es so weit: Statt des gewohnten Hornschuch-Schriftzugs prangte am Verwaltungsgebäude in Weißbach ein weithin sichtbares, dunkelgelbes Schild mit der Aufschrift Continental. Über Nacht war das Firmenschild ausgetauscht worden. Spätestens damit war die Übernahme des Folienspezialisten durch den internationalen Technologiekonzern nach außen hin vollzogen. Intern ist die Eingliederung von Hornschuch in den Continental-Konzern noch nicht über die Bühne. Mitte August informierte sich Richard Barth (material+technik möbel) in Weißbach bei Lothar Machule (Chief Sales Officer) und Bruno Lehmann (Vice President Interior Marketing & Sales) über den Stand der Dinge bei der Neuorganisation und die künftige strategische Ausrichtung des Unternehmens. (v.l.n.r.) Richard Barth spricht mit Lothar Machule und Bruno Lehmann über die künftige Strategie der Benecke-Hornschuch Surface Group. (left to right) Richard Barth speaks with Lothar Machule and Bruno Lehmann about the future strategy of the BeneckeHornschuch Surface Group. Photos: Schmidt

„Wir profitieren von einer Weltmarke“

mer auch mit Fragezeichen verbunden. Dennoch geht es in erster Linie darum, die jeweilige Expertise und individuellen Stärken aller Mitarbeiter am besten einzusetzen. Mit Dr. Hans-Hinrich Kruse und Dr. Dirk Leiß führen zwei langjährige Experten in den Bereichen Möbel und Automotive die neue Einheit. Dr. Kruse ist schon seit 14 Jahren bei Hornschuch und bringt viel Erfahrung aus der Möbelindustrie mit. Er verantwortet daher künftig den Non-Automotive-Bereich. Der Fokus von Dr. Leiß lag bislang primär auf der Automobilindustrie. Deshalb wird er sich stärker um die automobile Innenausstattung kümmern. Darüber hinaus können wir auf eine Vielzahl von Experten zurückgreifen, die sowohl den Markt als auch unsere Kunden sehr gut kennen. Das ist neben unseren Produkten und Technologien unser größtes Plus.

m+t: Gab es Befürchtungen bei den Mitarbeitern, dass durch die Übernahme nun Manager das Sagen haben werden, die keinerlei Erfahrungen in der Einrichtungsbranche mitbringen? Lehmann: Veränderungen sind im-

m+t: Herr Lehmann, schmerzt es Sie als langjähriger Verkaufsleiter von Hornschuch, künftig die Produkte unter dem Namen Continental verkaufen zu müssen? Lehmann: Nein, ganz im Gegen-

Exklusiv vor Ort m+t: Herr Machule, segelt Hornschuch künftig nun unter dem Namen Continental und nicht mehr unter dem eigenen Namen? Machule: Wir segeln nach wie vor unter eigenem Namen. Unser eigener Name ist jetzt jedoch Continental und darauf sind wir stolz. Um unseren Kunden den Übergang zu erleichtern, wird der Name unserer organisatorischen Einheit, Benecke-Hornschuch Surface Group, unter dem ContinentalSchriftzug als Erklärung in den nächsten zwei bis drei Jahren mitgeführt. Continental wird daher künftig auch für unsere funktionalen und designorientierten Oberflächenprodukte stehen. m+t: Die Übernahme ist im März 2017 vom Kartellamt genehmigt 2 ­­­ 4

Exclusive on the spot

worden. Ist die Integration in die Division ContiTech inzwischen abgeschlossen? Machule: Eine gute Ehe beweist sich erst nach der Hochzeit! Das lässt sich gut auf die Akquisition und Integration übertragen. Wir rechnen damit, dass wir Anfang 2018 einen Großteil der technischen Integration geschafft haben. Dazu gehört unter anderem, die neuen, gemeinsamen Organisationsstrukturen festzulegen, IT-Systeme sowie Lieferanten- und das Kundenmanagement zu harmonisieren. Der größere und üblicherweise länger andauernde Part ist die kulturelle Integration. Dabei geht es darum, eine gemeinsame Identität zu schaffen, die die Grundlage für unseren künftigen

Erfolg sein wird. Auch daran arbeiten wir mit Hochdruck. m+t: Dann wird also Ihr Aufgabenbereich der gleiche bleiben? Machule: Unterstützt von einem internationalen Team werde ich für Marketing und Sales des Segments „Living Solutions“ verantwortlich sein. Mein Aufgabenfeld wird sich damit im Großen und Ganzen nicht ändern.

material+technik möbel 05|17

M_mt0517_SOS_Hornschuch.indd 24

28.08.17 10:20


Structures of Surfaces

teil. Schließlich segeln wir jetzt unter einem weltbekannten Markennamen, was unseren Bekanntheitsgrad in den USA und in Asien maßgeblich steigern wird. Beides sind für uns Zukunftsmärkte. Mit Continental hat Hornschuch einen strategischen Investor gefunden, nachdem die Unternehmensanteile in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mehrheitlich von Finanzinvestoren gehalten wurden. Mit einem Umsatz in Höhe von 40,5 Mrd. Euro im Jahr 2016 ist Continental ein Global Player im Markt und im automobilen Innenraum sogar einer der weltweit größten Anbieter. Wir versprechen uns daher für die Zukunft ein dynamisches Wachstum bei hoher Profitabilität. m+t: Was hat Continental mit einem Unternehmen wie Hornschuch vor, das einen großen Teil seiner Produkte nicht im Automotive-, sondern im Einrichtungsbereich verkauft? Machule: Wir verfolgen eine ganz klare Diversifikationsstrategie. Künftig verschafft sich Continental ein weiteres, starkes Standbein im Segment „Living Solutions“ und forciert damit das Geschäft mit Industrien außerhalb der Automobilbranche. Unter „Living Solutions“ werden thermoplastische Folien sowie Kunstleder für die Bereiche Exterior, Home Decoration, Interior und Residential Concepts zusammengefasst. Die technologischen Voraussetzungen hierfür sind vorhanden, denn neben den fünf deutschen Werken

sind einige der sechs internationalen Standorte in China, Spanien, Polen und Mexiko in der Lage, entsprechende Produkte für den Einrichtungsmarkt herzustellen. m+t: Welche Rolle spielte bisher der Bereich und welche Ziele wurden für die Zukunft gesteckt? Machule: 2016 hat Hornschuch rund 51 Prozent seines gesamten Umsatzes in Höhe von 436 Mio. Euro im Bereich Living Solutions erzielt. Kumuliert hätten beide Unternehmen vor dem Zusammenschluss einen Umsatz von rund einer Mrd. Euro erzielt. Wir arbeiten konsequent an dem Ziel, künftig einen nennenswerten Anteil unseres Umsatzes mit Kunden außerhalb der Automobilbranche zu generieren. „Technologie und Design werden zusammengeführt“ m+t: Mit welchen Maßnahmen soll das starke Wachstum im Non-Automotive-Segment erreicht werden? Machule: Eines unserer größten Vorteile ist, dass wir nun gemeinsam auf ein viel größeres, weltweites Vertriebsnetz zurückgreifen können. Denn Hornschuch und Benecke-Kaliko hatten unterschiedliche Länderschwerpunkte, die sich hervorragend ergänzen. Erheblich wachsen wollen wir beispielsweise in den USA, in denen wir bisher am Standort Winchester zwar über ein Werk, aber über keinen so großen Bekanntheitsgrad wie die Marke Continental verfügten. Darüber

hinaus erwarten wir einen kräftigen Innovationsschub, da unsere Entwickler weltweit künftig eng zusammenarbeiten und Möglichkeiten neuer Produkte und Einsatzgebiete besser erforschen können. Auch produktionstechnisch ergeben sich Synergien: Wir werden auf vorhandene Produktionstechnologien in den weltweiten Werken innerhalb der Gruppe zugreifen und die Produktpalette so weiter ausbauen. Auch lassen sich die Produkte an Standorten herstellen, an denen unsere Kunden sind, was den Vorteil kürzerer Wege hat. m+t: Sie erwähnten neue Produkte, an welche denken Sie hierbei? Lehmann: Wir sehen zum Beispiel große Marktmöglichkeiten für unsere neue PET-Möbelfolie „skai PureLux 2D“, die wir auf der inter­ zum vorstellten. Wir bieten der Branche hier ein so genanntes Lacklaminat, das „Made in Europe“ und in gewissen Punkten wie bei der Kratzfestigkeit Wettbewerbsprodukten gegenüber sogar überlegen ist. Auf den kommenden ­Küchenhausmessen in Ostwestfalen werden einige Anbieter bereits unser Lacklaminat auf ihren Fronten zeigen. Das hierfür benötigte Grundmaterial aus PET mussten wir bislang zukaufen, da wir in Weißbach keinen Extruder besitLehmann: „Continental erhält die Design-Expertise von Hornschuch.“ “Continental is getting Horn­ schuch’s design expertise.”

Machule: „Das Rollout der Organisation wird Anfang 2018 abgeschlossen sein.“ “The rollout of the organisation will be completed by the beginning of 2018.” zen und mit unseren Kalanderanlagen lediglich PVC- und TPO-Folien herstellen können. Künftig wollen wir PET intern produzieren. m+t: Zählen thermoplastische Folien denn nicht seit Jahren zu den Verlierern auf dem Oberflächenmarkt? Lehmann: Im Vergleich zu den Glanzzeiten in den 80-er Jahren hat sich der Anteil der thermoplastischen Folien am gesamten westeuropäischen Oberflächenmarkt leider auf etwa fünf Prozent nahezu halbiert. So genannte Lacklaminate gewinnen aber seit Jahren Marktanteile dazu. Wir gehen aktuell davon aus, dass das so bleiben wird. Optimale Gebrauchseigenschaften sowie supermatte Oberflächen sind gefragt, insbesondere wenn sie zusätzlich über einen ­Antifingerprint-Effekt verfügen. Unser Ziel ist es, hier ganz vorne mitzuspielen und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Auch 3D-Folien wollen wir wieder zu Aufwind verhelfen. Mit Hilfe des „Initiativkreis 3D-Frontenfertigung“ arbeiten wir gerade an der Positionierung der 3D-Möbelfront als Qualitätsprodukt, um eine nachhaltige Imageverbesserung zu erreichen. Der frisch erschienene „Quality Guide 3D-Frontenfertigung“ soll der Möbel- und Küchen­m aterial+technik möbel 05|17 ­­­25

M_mt0517_SOS_Hornschuch.indd 25

28.08.17 10:20


Fokus

Highlights der Ligna Die Aussteller der Ligna haben der Digitalisierung in der Möbelfertigung einen kräftigen Schub verliehen. Industrie-4.0-Konzepte für die Holzwirtschaft standen vor allem bei den großen Anbietern im Fokus. Die Besucher konnten erleben, wie Automatisierung und Vernetzung der Maschinen in Industrie und Handwerk zu effizienteren Fertigungsprozessen führt. Der Einsatz von Robotern spielte dabei eine wesentliche Rolle.

stellung gezeigt wurde, konnten sich die Besucher anhand einer 100 Meter langen Losgröße-1-An­ lage über effiziente Fertigungspro­ zesse im Sinne von Industrie 4.0 informieren. Eine Säge-Lager-Nes­ ting-Zelle und eine Bohr- und Dü­ beleintreibmaschine arbeiteten hier voll vernetzt mit durchgängi­ gem Datenfluss. Gegenüber der Premiere auf der Ligna 2015 wurde die vollautomati­ sche Aufteilzelle „HPS 320 flex­ Tec“ mit ihrem Roboter in einer

Bei der Homag Group, die sich auf der Ligna erstmals unter dem neuen einheitlichen Gruppen­ namen präsentierte, erwies sich auch in diesem Jahr das „Innovati­ on Center“ als Besuchermagnet, denn dort präsentierte das Unter­ nehmen eine Reihe von innovati­ ven Ideen, die zum Patent ange­ meldet sind und künftig bei der Herstellung von Möbeln und ande­ ren Einrichtungsprodukten eine Rolle spielen werden. Zu diesen zählt die neue Nullfugen-Technolo­ gie „waveTec“, bei der das Auf­ schmelzen der Funktionsschicht mit Mikrowellen erfolgen soll. Der Vorteil: Bei der Erwärmung des Leims bedarf es keiner Aufheiz­ zeit, und zudem ist die Volumener­ Das Bediener-Assistenz-System „intelliGuide“ von Homag wirft per Laserprojektion Handlungsanweisungen auf die Platte. The “intelliGuide” operator assistance system by Homag uses laser projection to show handling instructions on panels. Photo: Homag

4­­­ 0

wärmung von stärkeren Funktions­ schichten möglich. Außerdem wurden Kombinationsmöglichkei­ ten des 3D-Drucks mit performan­ ter Fräsbearbeitung aufgezeigt. In­ novationen der vorausgegangenen Ligna wurden bereits in die Praxis umgesetzt: Dank des Assistenz­ systems „intelliGuide“ reagiert die

Aufteilsäge künftig auf Aktionen des Bedieners. Ein Kamerasystem sorgt dafür, dass jedes Werkstück erkannt wird, und zeigt den nächs­ ten notwendigen Bearbeitungs­ schritt an der Säge nicht nur auf dem Monitor, sondern über eine LED-Leiste auch direkt an der Schnittlinie an. Alternativ steht ein Laserprojektionssystem zur Verfü­ gung, das Symbole direkt auf das Werkstück projiziert, auf Fehlbe­ dienungen reagiert und Korrektu­ ren aufzeigt. Des Weiteren fiel der neue Produktbereich „Oberfläche“ ins Auge: Dort war neben Ka­ schieranlagen erstmals der mit dem italienischen Partner Makor entwickelte Spritzlackierautomat „GSF 100“ ausgestellt, der mit ei­ nem automatisierten Werkstück­ handling verknüpft war. Aufgrund des neuen Flächenkon­ zepts der Ligna präsentierte Hom­ ag auf seinem Messestand so­ wohl Lösungen für das Handwerk als auch für die Industrie. Während auf 80 m2 eine Einstiegswerkstatt für die handwerkliche Möbelher­

Unter dem Namen „Lean 4.0“ führte SCM eine vollautomatische Fertigungszelle vor, die von einem Roboter mit Sichtsystem zur Werkstückerkennung beschickt und von einem Mitarbeiter bedient wird. SCM presented a fully automatic production cell called “Lean 4.0” that is equipped with a robot with a visual system for workpiece recognition and is operated by only one employee. Photo: SCM

weiterentwickelten Version ge­ zeigt. Neuerdings kann der Robo­ ter fertige Teile auf bis zu vier Hub­ tische abstapeln. Er legt sie in frei­ er Folge oder auftrags- bzw. kom­ missionsbezogen ab und bildet dabei stabile Stapel. Auch ein neu­ es Nesting-Verfahren wurde vor­ gestellt, bei dem individuell gestal­ tete Fronten passgenau so zuge­ schnitten werden, dass die Platten später ein perfektes Gesamtbild ergeben. Hierbei werden so ge­

material+technik möbel 05|17

M_mt0517_FO_Ligna_Top.indd 40

28.08.17 10:24

M_m


Fokus

nannte „Passermarken“ auf dem Dekor über eine Kamera in der Maschine ausgewertet, und das zu bearbeitende Bauteil wird in der Platte referenziert und passgenau zugeschnitten. Besondere Bedeutung hat Homag der Entwicklung neuer Software und speziell der Bedienung der Anlagen beigemessen. Unter dem Namen „ProCollection“ wurde beispielsweise eine Softwarelösung entwickelt, die Auftragsprozesse effizient vom Verkauf bis zur Produktion gestalten soll. Das neue Fertigungsleitsystem „ControllerMES“ soll in der Produktion 100 Prozent Transparenz bieten und umfasst alles von der Fertigungsplanung bis hin zur Fertigmeldung nach der Endmontage. Außerdem wurden die neuen Features der weiterentwickelten Software „woodCAD/CAM 12.0“ vorgestellt, mit der Anwender künftig in der Arbeitsvorbereitung eine

­ eitersparnis von bis zu 70 Prozent Z realisieren können sollen. Automatisierung per Roboter Auf dem Messestand der IMA Schelling Group konnten die Besucher erleben, wie sich Roboter heute effizient in den Produktionsprozess integrieren lassen. Dabei sind sie schon in der Lage, verschiedene Abläufe gleichzeitig vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen inzwischen einen eigenen Geschäftsbereich unter dem Namen „IMA Robotic Engineering“ gegründet. Im Mittelpunkt des Messeauftritts der Gruppe auf der Ligna stand die flexible Hochleistungs-Zuschnittanlage „Combi.cut 1“, bei der ein Roboter das Beschicken, Stapeln und Sortieren übernimmt. Die Zuschnittanlage ist das erste konkrete Produkt, bei dem sich das Knowhow der Schwesterunternehmen IMA und Schelling in der Aufteil-

technologie vereint: Für die Längseinteilung der Rohplatten in Streifen kommt die Schelling-Sägetechnik zum Einsatz, bei der Queraufteilung der Streifen wird die Frästechnologie von IMA verwendet. Die Anlage kommt dadurchauf eine Leistung von 3.000 bis 4.000 Möbelteilen pro Schicht und beansprucht nur wenig Fläche für sich. Durch zeitliche Entkoppelung beider Zuschnitttechnologien wird zu-

Die „Combi.cut 1“ von IMA kombiniert die schnelle Sägetechnik für die präzise Längsaufteilung der Rohplatten mit der flexiblen Frästechnologie für die Queraufteilung der Streifen. The “Combi.cut 1” from IMA combines fast sawing technology to precisely cut raw panels lengthwise into stripes with flexible milling technology to crosscut the strips. Photo: IMA

Anzeige/Advertisement

H.B. Fuller setzt Innovation in Perspektive Wir bei H.B. Fuller wissen, worauf es den Kunden ankommt. Höchste Oberflächengüte. Weniger Klebstoffverbrauch. Sicherheit. Unser wasserbasierter Dispersionsklebstoff Rakoll® 4330 wurde speziell zum Auftrag als Mikroschaum für hochleistungsfähige Anwendungen entwickelt und enthält keine Lösungsmittel oder Formaldehyd. Entdecken Sie dieses neue Produkt noch heute. Love woodworking? Trust Rakoll. www.hbfuller.com/wood-adhesives © 2017 H.B. Fuller Company. Rakoll® ist eine Handelsmarke der H.B. Fuller Company (“H.B. Fuller”) oder eines seiner angeschlossenen Unternehmen, und ist in Frankreich, Deutschland und in anderen Ländern registriert.

M_mt0517_FO_Ligna_Top.indd 41 1 M_mt0517_Anz_Fuller_220x150.indd

28.08.17 07.08.17 10:25 07:42


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.