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Rund um die Uhr für die Bevölkerung im Einsatz
Im Jahr 1932 wurde das Fürstlich Liechtensteinische Sicherheitskorps zur Aufrechterhaltung der Ordnung, Ruhe und Sicherheit konzipiert. Die ersten sieben Polizisten traten ihren Dienst 1933 an. Seither haben sich nicht nur der Name der Polizeibehörde und ihre Mannschaftsstärke geändert. Der Auftrag ist trotz allen gesellschaftlichen Wandels jedoch derselbe geblieben. Text: Heribert Beck
Heute sorgen bei der Landespolizei weit über 100 Personen für Ruhe, Sicherheit und Ordnung in Liechtenstein. Ende des vergangenen Jahres waren 125,8 Stellen besetzt. 85,3 Vollzeitäquivalente entfielen dabei auf Mitarbeitende mit hoheitlichen Funktionen, Polizistinnen und Polizisten im eigentlichen Wortsinn also. Ihr Aufgabengebiet ist breit gefächert. «Die Landespolizei ist rund um die Uhr für die Bevölkerung im Einsatz und bewältigt vielfältige und komplexe Aufgaben. Im Kontakt mit der Bevölkerung übernimmt sie die Verantwortung für ein friedliches und sicheres Zusammenleben in Liechtenstein. Hilfsbereit bietet sie Schutz, informiert, koordiniert, sichert, klärt auf und interveniert dort, wo sie gebraucht wird», sagt Polizeichef Jules Hoch. Um Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, führt die Landespolizei Ermittlungen gemäss der Strafprozessordnung durch, überwacht den Verkehr auf den öffentlichen Strassen, unterstützt die Unfall- und Verbrechensverhütung, sucht vermisste Personen und leistet bei Unglücken sowie Katastrophen rasche Hilfe.
Damit alle nötigen Abläufe reibungslos funktionieren, ist die Landespolizei in das Kommando und drei Hauptabteilungen gegliedert. Das Polizeikommando ist zuständig für Personal und Ausbildung, Recht und Administration, Finanzen sowie Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Sicherheits- und Verkehrspolizei sorgt für die uniformierte Aussenpräsenz zur Sicherstellung der polizeilichen Grundversorgung in Sicherheitsbelangen oder bei Unfällen usw. Die Kriminalpolizei übernimmt die Ermittlungen bei schwereren Delikten im Bereich der Gewalt-, Drogen-, Sexual- und Finanzkriminalität. Die Kommandodienste sind zuständig für die Logistik, Einsatzzentrale, die Kommunikationstechnologie und die Internationale Polizeikooperation. Den Kommandodiensten ist auch das Landesgefängnis angegliedert.
Personalrekrutierung als Herausforderung «In Liechtenstein ist das Vertrauen in die Landespolizei noch hoch. Das zeigen immer wieder Bevölkerungsbefragungen und die vielen positiven Rückmeldungen, die beim Polizeikommando nach Einsätzen und Interventionen eingehen», sagt Jules Hoch. Dennoch werde die Arbeit der Polizei auch kritisch begutachtet. «Wenn das Vorgehen der Polizei als nicht korrekt betrachtet wird, gehen auch bei uns Reklamationen und Beschwerden ein. Der Respekt ist aber grundsätzlich in weiten Kreisen der Bevölkerung noch da. Trotzdem sind die Polizisten und Polizistinnen auch bei uns mit respektlosem und aggressivem Verhalten konfrontiert.»
Das ist aber nicht der einzige Grund, der die Rekrutierung von neuem Personal erschwert. «Wir stehen angesichts der demogra-
phischen Entwicklung mit anderen Organisationen und Unternehmen im Wettbewerb um qualifiziertes Personal. Da die Anforderungen an den Polizeiberuf gestiegen sind, die Arbeitsbedingungen mit Schicht- und Wochenenddienst sowie zusätzlichen Sondereinsätzen nicht unbedingt den Jobvorstellungen des idealtypischen Angehörigen der ‹Generation Z› entsprechen und zusätzlich für Polizisten und Polizistinnen der Landespolizei die Liechtensteiner Staatsbürgerschaft erforderlich ist, ist der potenzielle Bewerberkreis deutlich eingeschränkt», sagt der Polizeichef. Bisher ist es jedoch in aller Regel gelungen, die benötigte Anzahl Aspiranten und Aspirantinnen für die Sicherstellung des Polizeinachwuchs zu rekrutieren. «Bei zivilen Mitarbeitenden ist zudem ein grosses Interesse an einer Beschäftigung im Polizeiumfeld feststellbar, was bei Ausschreibungen meistens zu einer guten Bewerbungslage führt.»
Umfangreiche Vorbereitung auf den Dienst Neben der Staatsbürgerschaft und der Bereitschaft zu unregelmässigem Dienst müssen die Bewerberinnen und Bewerber eine ganze Reihe weiterer Voraussetzungen mitbringen. Dazu zählen der bestandene Eignungstest in Theorie und Sport, eine abgeschlossene Berufslehre oder Matura sowie Berufserfahrung, ein einwandfreier Leumund, psychische Reife und Belastbarkeit, kommunikative Fähigkeiten und Sozialkompetenz, ein Führerschein der Kategorie B und in der Regel ein Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Wer all dies mitbringt und als Aspirant bzw. Aspirantin angenommen wird, kann jeweils im Oktober mit der Ausbildung an der Polizeischule Ostschweiz in Amriswil beginnen. Die Schule wird gemeinsam von den Ostschweizer Polizeikorps und der Landespolizei betrieben. Der Schulbetrieb dauert rund acht Monate. Während dieser Zeit werden Lehrinhalte in den Bereichen Recht, Kriminalistik, Psychologie und Berufsethik, Verkehr, Sicherheit und Einsatz sowie weitere allgemeine Polizeifächer unterrichtet. Ebenfalls stehen Sport und Gesundheitsthemen auf dem Stundenplan. Im Anschluss startet das Kurzpraktikum von rund drei Monaten, das im Stammkorps, im Fall Liechtensteins also bei der Landespolizei, durchgeführt wird und in dem die Nachwuchskräfte von einem Praxisbegleiter betreut werden. Das erste Ausbildungsjahres wird dann mit der Vorprüfung abgeschlossen. «Mit Bestehen dieser Prüfung ist die Einsatzfähigkeit der Aspiranten festgestellt, und sie können das zweite Ausbildungsjahr, das Praxisjahr, in Angriff nehmen», sagt Jules Hoch.
Im Praxisjahr sind die Aspirantinnen und Aspiranten vollständig in den Dienstbetrieb eingebun-
Polizeichef Jules Hoch den und müssen mehrere schriftliche Arbeiten zur Vorbereitung auf die Hauptprüfung erledigen. Weiter erhalten sie Einblick in die unterschiedlichen Bereiche der Landespolizei wie Landesnotruf- und Einsatzzentrale, Internationale Polizeikooperation, Kriminalpolizei usw. Der Polizeichef erklärt: «Die Regierung hat für das zweite Ausbildungsjahr ein eigenes Curriculum beschlossen, um eine einheitliche Ausbildung und Vorbereitung auf die Schlussprüfung mit eidgenössischem Berufsdiplom sicherzustellen. Da die Landespolizei nun ein ‹Ausbildungskorps› ist, wurde im Polizeikommando die Stelle eines Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen geschaffen, der die Aspiranten und Aspirantinnen im Praxisjahr begleitet, die Erstellung der für die Schlussprüfung notwendigen Portfolioberichte aus der Praxis betreut und auch als Prüfungsexperte an der Polizeischule tätig ist.»
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«Gemeinsam für ein sicheres, friedliches Zusammenleben»» Ist die Ausbildung einmal komplett abgeschlossen, sind die Polizistinnen und Polizisten gut auf ihr Arbeitsumfeld vorbereitet, das sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert hat. «Als Folge gesellschaftlicher Veränderungen wird die Polizei häufiger zu Sachverhalten wie Ruhestörungen oder Nachbarschaftskonflikten gerufen, die früher viel öfter privat geklärt wurden», sagt Polizeichef Hoch. Die Gesellschaft werde anonymer, auch weil sich viele Lebensvollzüge in die virtuelle Welt von Internet und Social Media verlagerten. Bei Problemen dort mit Bekanntschaften oder Geschäftspartnern bleibe dann oft nur die Polizei als Anlaufstelle, wo man sich Unterstützung und Hilfe holen könne. In den Social Media sinke zudem die Hemmschwelle angesichts der vermeintlichen Anonymität. Hass- oder Drohposts würden so oft sehr unüberlegt verbreitet. «Der Berufsalltag von Polizisten und Polizistinnen in Liechtenstein ist stark geprägt von Internationalisierung und Digitalisierung. Grenzüberschreitende Polizeikooperation gehört zum täglichen ‹Business›, und Kenntnisse im Umgang mit digitalen Beweismitteln sowie Ermittlungsmethoden gehören zum nötigen Rüstzeug», erklärt der Polizeichef weiter.
Aber er weist auch noch auf einen anderen Aspekt hin, der für die Polizeiarbeit immer wichtiger wird: «Polizeiangehörige müssen über fundiertes Rechtswissen verfügen, da jedes polizeiliche Handeln rechtlich legitimiert sein muss. Seine Rechte zu kennen und polizeiliches Handeln auch rechtlich begründen zu können, ist eine Basisqualifikation für moderne Polizeiangehörige», führt Jules Hoch aus. Vor diesem Hintergrund ist polizeiliches Handeln auch stets zu dokumentieren, weshalb gute Deutschkenntnisse und eine ebensolche schriftliche Ausdrucksweise für Polizeiangehörige unverzichtbar sind.
Der Polizeichef ist sich sicher, dass dieser Wandel des Polizeiberufs fortschreiten wird. «Die Digitalisierung wird weiter zunehmen und wie sich die Migration aufgrund von Krieg und Klimawandel auf die Polizeiarbeit in Liechtenstein auswirken wird, lässt sich heute nur schwer abschätzen. Aber sie wird bestimmt nicht einfacher werden.» Als eine Hauptaufgabe des Polizeikommandos sieht Hoch dementsprechend die Sicherstellung ausreichend qualifizierten Personals sowie der Ausrüstung und technischen Ausstattung. «Die dafür benötigten Budgetmittel müssen von Regierung und Landtag gesprochen werden, weshalb es wichtig und eine zentrale Aufgabe der Polizeiführung ist, gegenüber der Politik die Bedürfnisse und Notwendigkeiten einer professionell aufgestellten Polizei fundiert zu begründen.» Doch für dauerhafte Ruhe, Sicherheit und Ordnung ist nicht nur die Landespolizei in der Pflicht. Entsprechend wünscht Jules Hoch sich für die Zukunft das Folgende: «Dass wir uns alle gemeinsam für ein sicheres und friedliches Zusammenleben in unserem kleinen und wunderschönen Land einsetzen.»