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Frage an

Nach dem europaweiten Wieder-Anstieg der Fallzahlen werden die Stimmen lauter, welche einen breiteren Einsatz des Covid-Zertifikats fordern. Besonders in der Schweiz ist dies ein Thema und auch Liechtensteins Ärztekammerpräsidentin Dr. Ruth Kranz spricht sich klar dafür aus.

Wie stehen Sie persönlich zu einer Ausdehnung des Covid-Zertifikats auf mehrere Gesellschaftsbereiche, wie z.B. Gastronomie, Kinos, Grossveranstaltungen?

Karin Zech-Hoop, FBP

Wir müssen bei dieser Frage den Blick auf die Allgemeinheit werfen. Zu deren Schutz spreche ich mich klar für die Ausweitung des Covid-Zertifikats aus. Dabei möchte ich niemanden bevormunden und seine Wahlfreiheit einschränken. Somit darf es im öffentlichen Bereich nicht dazu genutzt werden, andere Personen auszuschliessen. Je nach 3G-Status sind daher individuelle, abgestimmte Schutzmassnahmen zu fordern. Beispielsweise mit Zertifikat keine Einschränkung und ohne Zertifikat mit FFP2-Maske. Inwieweit dies jedoch praktikabel und umsetzbar wäre, müsste noch im Detail geprüft werden. Dadurch, dass jeder die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen, ist die Begründung von weitreichenden Einschränkungen, wie wir diese bereits alle mitgetragen haben, hinfällig und nicht mehr akzeptabel. Das einzige Kriterium für umfassende Schutzmassnahmen ist für mich die Systemüberlastung im Gesundheitswesen durch Covid-Fälle. Im Privatbereich (Gastronomie, Kino, Grossveranstaltungen, etc.) ist es dem Gastgeber überlassen, wie dieser sein Schutzkonzept aufstellt. Auch hier würde ich begrüssen, wenn dieser das Covid-Zertifikat anwenden würde. Ein Impfobligatorium lehne ich ab. Dieses greift zu stark in die persönliche Wahlfreiheit ein. Persönlich habe ich meine Verantwortung mir und meinen Mitmenschen gegenüber wahrgenommen, indem ich mich impfen lies. Diese Verantwortung muss jeder für sich selbst definieren. Gleichzeitig nehme ich an, dass der Druck, sich impfen zu lassen, steigen wird, wenn die PCR-Tests bei asymptomatischen Personen ab 1. September 2021 nicht mehr gratis sind. Ich hoffe, dass sich noch viele dazu entschliessen, sich impfen zu lassen. Dann wird auch der Schutz für unsere Kinder und für Personen, welche sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, erhöht.

Thomas Zwiefelhofer, VU

Die Pandemie-Müdigkeit nimmt stetig zu, und wer im Frühling gehofft hatte, das Ende der Pandemie sei nahe, wurde von neuen, noch ansteckenderen Mutationen enttäuscht. Dies führt zu Frustration und Emotionen. Aber solange es weltweit nicht gelingt, mit breiten und erfolgreichen Impfkampagnen die Verbreitung von Sars-CoV-2 einzudämmen, werden wir uns auf weitere, gefährliche Mutationen einstellen müssen, und die Pandemie wird so rasch nicht enden. Angesichts dieser Ausgangslage sollten wir den Einsatz des Covid-Zertifikats als fairen Kompromiss und Ausweg aus dem Dilemma der andauernden Pandemie und vor allem als kluge Alternative zu einschneidenden neuen Schutzmassnahmen sehen. Bei allem Verständnis für die Rufe nach «Freiheit» dürfen wir nicht vergessen, dass Freiheit auch Verantwortung bedeutet. Meine Freiheit muss dort enden, wo sie bei anderen Menschen Schaden anrichtet. Das Covid-Zertifikat erlaubt dabei eine Wahl: Ich kann mich impfen lassen, wenn ich genügend Vertrauen in die Wissenschaft habe, oder ich kann meine Mitmenschen schützen, indem ich mich testen lasse, bevor ich soziale Kontakte in grösserem Umfang pflege. Diese Freiheit der Wahl zwischen Impfung oder Test haben Milliarden von Menschen mit mangelndem Impf- und Testangebot noch nicht, wir sind also sehr privilegiert. Obwohl ich die Haltung der Regierung, dass Corona-Tests nicht mehr kostenlos sein sollen, wenn es ein genügendes Impfangebot gegeben hat, gut verstehen kann, bin ich mittlerweile der Meinung, dass wir der Gefahr der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung entgegenwirken und die Tests in unserem Land weiterhin kostenlos anbieten sollten. Dann gibt es kaum noch ein Argument, dass dem breiten Einsatz des Covid-Zertifikats entgegensteht.

Die Hoffnung aber, dass es auch das Covid-Zertifikat in naher Zukunft nicht mehr braucht, stirbt zuletzt …

Patrick Risch, FL

Persönlich stehe ich einer Ausweitung des Covid-Zertifikates positiv gegenüber. Wir müssen uns bewusstwerden, was die Alternativen zum Covid-Zertifikat bei einer möglichen vierten Welle sind: von der Maskentragpflicht bis hin zum Lockdown.

Für mich kommt es nicht mehr infrage, Massnahmen wie das Verbieten von Veranstaltungen, Kapazitätsbeschränkungen bei Theateraufführungen oder im Kino oder das Schliessen der Gastronomie vorzuschreiben. Selbst eine mögliche Maskentragpflicht darf hinterfragt werden.

Mit der Impfung und den vorhandenen Testkapazitäten haben wir heute, im Gegensatz zum Ausbruch der Pandemie, echte Alternativen.

Das Covid-Zertifikat ist nicht nur ein Impfnachweis. Es kann auch der Nachweis sein, dass der letzte PCR-Test negativ war oder dass man von einer Corona-Infektion genesen ist. Wichtig ist für mich, dass das Land weiterhin PCR- und Antigen-Tests kostenlos und in ausreichender Kapazität anbietet.

Die Alternative wäre, nichts zu tun, doch dies birgt ein gewisses Risiko. Wer entscheidet, wer im Spital behandelt werden soll, wenn die Hospitalisierungen wieder besorgniserregend ansteigen? Soll der ungeimpfte Covid-Patient, der jeden Corona-Test konsequent abgelehnt hat, behandelt oder doch die notwendige, vielleicht schon seit Monaten aufgeschobene Operation durchgeführt werden?

Mit Hilfe des Covid-Zertifikats haben wir alle die Möglichkeit, einem mehr oder weniger normalen Leben ohne grössere Einschränkungen nachzugehen. Wir alle müssen einen Weg zurück zur Normalität finden und wieder vermehrt Eigenverantwortung zeigen.

Harry Quaderer, DU

Ich unterstütze das Anliegen der Ärztekammerpräsidentin zu hundert Prozent. Zuallererst müssten sich Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind, sofort impfen lassen. So wie es aussieht, läuft alles unweigerlich auf einen Impfzwang hinaus, ob wir wollen oder nicht. Den Impfzwang hätten wir dann all den unvernünftigen Angsthasen und Verschwörungstheoretikern zu verdanken, die partout nicht mithelfen wollen, die Pandemie zu bekämpfen. Unsere Regierung und Politiker müssen wohl sehr bald die Schraube anziehen und «Impfverweigerer» ins Abseits stellen. Für mich ist es geradezu grotesk, wenn Personen in Zeiten einer solchen Pandemie von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung reden, selbst aber keinerlei Verantwortung übernehmen oder auch nur Rücksicht auf die anderen nehmen.

Arbeitgeber und verschiedene Geschäftszweige, die während der Pandemie durch den Staat unterstützt wurden, müssten meiner Ansicht nach per sofort von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Covid-Zertifikat einfordern. Es gilt jetzt ganz einfach, Nägel mit Köpfen zu machen und dies kann nur durch harte Massnahmen funktionieren, die der gesamten Bevölkerung zugute kommen.

Thomas Rehak, DPL

Einer Ausdehnung des Covid-Zertifikats auf mehrere Gesellschaftsbereiche, wie z.B. Gastronomie, Kinos, Grossveranstaltungen usw. stehe ich ablehnend gegenüber. Mit einem breiten Erfordernis des Covid-Zertifikats würde ein Impfzwang über die Hintertür eingeführt. Die Impfung muss aber freiwillig bleiben.

Gemäss dem geltenden Epidemiengesetz (Art. 22) kann die Impfung für gefährdete Bevölkerungsgruppen, von besonders exponierten Personen und von Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, nur dann als obligatorisch erklärt werden, wenn eine erhebliche Gefahr besteht. Nach meinen Erkenntnissen ist diese Schwelle nicht erreicht.

In vielen Ländern ist das Covid-19 Impfzertifikat eine Bedingung für das Reisen geworden. Ausserdem soll das Zertifikat immer mehr Voraussetzung für das uneingeschränkte Bewegen auch auf nationaler Ebene werden. Damit wird der Impfdruck massiv erhöht und ein Impfzwang faktisch über die Hintertür eingeführt, was nach meiner Auffassung mit dem Epidemiengesetz nicht konform ist und auch die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung mit sich bringt.

Nicht staatliche Verordnung, sondern Eigenverantwortung, Toleranz und Akzeptanz sollen zur Bekämpfung von Covid an die oberste Stelle rücken.

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