Azddguytte

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GERMANY

Das stil-magazin

gentlemen’s Quarterly

das Workout der superhelden sixpack in rekordzeit

berlin

partymythos

Berghain 15 jahre exzess

GeorGe Clooney

„Es macht Spaß, für die gute Sache zu kämpfen!“

Wie er mit Haltung unD coolness Die Welt beWegt






Inhalt

8 4

Michael Fassbender

coverstorys 27 George Clooney

Von der Leinwand in die Weltpolitik 90 Fitness

Der Coach der Stars verrät das Workout für ein Superhelden-Sixpack 120 Berghain

Das Geheimnis des unzerstörbaren PartyMythos von Berlin

standards Editorial......... 9 Backstage...........10

gentlemen

Impressum..... 12

34 Faces

Billie Eilish, Nick Adler, Evan Peters, Ezra Koenig 42 Bret Easton Ellis

Der „American Psycho“Autor ist zurück

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Gosha Rubchinskiy Die neue Kollektion des Streetstyle-Gurus

48 Michael Fassbender

Der „X-Men“-Star im GQ-Interview 108 Dacre Montgomery

Der Bad Boy aus „Stranger Things“ 138 Mark Ronson

Der Musikproduzent und Oscar-Preisträger über seinen Style

style 22 Essay

More is more: Was „camp“ in der Menswear bedeutet

6

120 berghain

56 Miami Vibes

Die Badehosen der Saison 68 Essentials

Unsere Favoriten für den Sommer 82 North Sails

Wie das Unternehmen auf nachhaltige Mode setzt

coach 46 Sex & Dating

Wie Sie auf Instagram auch halb nackt die Würde bewahren

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2 0

der neue bMW X7

0 9

Fotos: Shayne laverdière, dpa, getty images, Courtesy of BMW, Hanna von Matérn

das Workout der superhelden

2 2 „caMp“ in der Fashion

85 Alberto Morillas

Der König der Düfte 88 Sommerfrische

Sechs Produkte gegen müde Haut 98 Food

Die besten Restaurants in Istanbul 100 Business

Was Uber antreibt 102 Auto

Der neue BMW X7 104 Management

So werden Sie ein besserer Redner 106 Reise

Barcelona für Insider

@gq_germany

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gq germany

post@gq.de

gq.de

Cover Foto: John Balsom/ Trunk Archive Outfit: giorgio Armani

GQ Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20 80333 München

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EDITORIAL

Foto: Özgün Turgut

DIE NEUE EHRLICHKEIT Mal ehrlich: Wer braucht heute noch Notlügen? Können und wollen Sie die etwa noch hören, diese absurden Ausreden, warum jetzt etwas nicht klappt oder jemand nicht pünktlich oder gar nicht kommen kann? Passt doch gar nicht mehr in unsere moderne, hypertransparente Welt, oder? Mir ist das bei der Fashion Week in Mailand wieder aufgefallen. Es war ein langer Tag, wir saßen spät noch beim Dinner. Als ich eine geschätzte Chefredakteurs-Kollegin fragte, zu welchen Schauen sie denn morgen gehen müsse, erzählte sie ganz offen, dass sie die ersten Termine komplett gestrichen habe, weil ihr Lebensgefährte in die Stadt gekommen sei und sie sich gemeinsam eine Ausstellung ansehen wollten. Sie hätten zuletzt wenig Zeit füreinander gehabt, viel Arbeit eben, wer kennt das nicht … Aber wie bitte wolle sie das den Designern erklären, die ihr Erscheinen erwarten, im schlimmsten Fall sogar voraussetzen? Sie hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, eine Ausrede zu erfinden. Ihre Antwort, simpel und smart: „Ich habe ihnen gesagt, dass ich meinen Mann länger nicht gesehen habe und wir nun in die Ausstellung gehen!“ Und? Alle hätten sich für sie gefreut und betont, wie wichtig eine gesunde Work-Life-Balance doch sei und dass sie mit der Galerie – und dem Mann – die richtige Entscheidung getroffen habe. Es ist Zeit für eine neue Ehrlichkeit. Wir spüren plötzlich, dass Offenheit ganz neue Sympathien weckt. Als nachmittags die Sonne in mein Office-Fenster scheint, sage ich meinem Team: „Ich gehe jetzt raus, laufen.“ Alle freuen sich mit mir, wünschen mir viel Spaß. Früher hätte ich mich vermutlich hinausgeschlichen mit der Begründung, dass ich jetzt einen dringenden Termin hätte, und wäre heimlich laufen gegangen. Aber diese Heimlichkeit will keiner mehr. Die kann auch niemand mehr aushalten. Lügengebilde in unserer Social-Media-Society aufrechtzuerhalten ist purer Stress. Alles kommt raus. Irgendjemand macht einen Post oder lädt ein Video hoch. Die Welt ist zu transparent,

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MEIN PIECE DES MONATS Es gibt Kleidungsstücke, die du trägst – und solche, die DICH tragen. Wie auf Händen. Dieser Doppelreiher von Giorgio Armani ist definitiv so eines. Knöpft man ihn zu, fühlt man sich gleichermaßen erhaben und total bei sich selbst. Ein stylischer SelbstbewusstseinsBooster!

um sich darin zu verstecken. Was wohl der schönste side effect von Instagram & Co. ist: dass es uns befreit von der Last des Notlügens und uns lehrt, dass Offenheit goutiert wird. Niemand braucht einen Manager, der 20 Stunden täglich im Office hockt. Wir sehnen uns nach Menschen, die ihr Leben im Griff haben. Und auch ihre weichen, verletzlichen Seiten zeigen. In Zeiten von globalen Fake News verliert der Fake damit seinen letzten Rückzugsort. Lassen Sie sich inspirieren von der neuen GQ! Und sagen Sie mir, wie sie Ihnen gefällt – aber bitte: ganz ehrlich!

TOM JUNKERSDORF CHEFREDAKTEUR

@TOMJUNKERSDORF

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Backstage Chief Executive Officer Roger Lynch

dacre montgomery

In den USA Artistic Director, Anna Wintour Vogue · Vanity Fair · Glamour · Brides Self · GQ · GQ Style · The New Yorker Condé Nast Traveler · Allure · AD · Bon Appétit Epicurious · Wired · W · Golf Digest Teen Vogue · Ars Technica · Pitchfork Them · Iris

s c h aus pi e le r

InternAtIonAl Wolfgang Blau, President London HQ, Vogue Business, Condé Nast College of Fashion and Design groSSbrItAnnIen Vogue · House & Garden · Brides · Tatler The World of Interiors · GQ · Vanity Fair Condé Nast Traveller · Glamour · Condé Nast Johansens · GQ Style · Love · Wired

max–o–matic künstler

Der Argentinier Máximo Tuja schuf für uns die großartige Berghain-Collage (S. 120). Ist er selbst Fan des legendären Techno-Clubs? „No way. I’m not into leather and sweaty dance. I’m more into a great curry and beers.“ Obwohl er selbst kein Nachtmensch ist, hat ihm unser Auftrag Spaß gemacht: „I always love to illustrate night scenes. I imagine that unbelievable and amazing things happen while I’m happily sleeping.“ @maxomatic

esma annemon dil auto r i n

Unsere US-Korrespondentin beschäftigte sich für diese GQ mit zwei sehr verschiedenen Popkultur-Generationen: Literaturstar Bret Easton Ellis, 55, traf sie in seinem Apartment in West Hollywood (S. 42), mit Newcomer Dacre Montgomery, 24 (siehe oben), unterhielt sie sich an einem Pool in Hollywood. @esmaannemon

michele di dio fotograf

Der Münchner liebt kaum etwas mehr als Rennradfahren. Erstaunlich, dass er trotzdem so großartige Still Lifes für uns fotografiert. Für diese Ausgabe schoss er die Strecke mit den essenziellen Sommer-Pieces (S. 68) – natürlich pfeilschnell. @michele_di_dio

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frAnkreIch Vogue · Vogue Hommes · AD Glamour · Vogue Collections · GQ AD Collector · Vanity Fair ItAlIen Vogue · Glamour · AD · Condé Nast Traveller · GQ · Vanity Fair Wired · La Cucina Italiana · Experienceis deUtSchlAnd Vogue · GQ · AD · Glamour GQ Style SpAnIen Vogue · GQ · Vogue Novias Vogue Niños · Condé Nast Traveler Vogue Colecciones · Vogue Belleza Glamour · AD · Vanity Fair JApAn Vogue · GQ · Vogue Girl · Wired Vogue Wedding · Rumor Me tAIwAn Vogue · GQ · Interculture MexIko Und lAteInAMerIkA Vogue Mexico and Latin America Glamour Mexico · AD Mexico GQ Mexico and Latin America IndIen Vogue · GQ · Condé Nast Traveller · AD

Joint-VentureVeröffentlichungen brASIlIen Vogue · Casa Vogue · GQ · Glamour rUSSlAnd Vogue · GQ · AD · Glamour GQ Style · Tatler · Glamour Style Book

lizenzveröffentlichungen oder copyright-kooperationen AUStrAlIen Vogue · Vogue Living · GQ bUlgArIen Glamour chInA Vogue · AD · Condé Nast Traveler GQ GQ Style · Condé Nast Center of Fashion & Design Vogue Me · Vogue Film deUtSchlAnd GQ Bar Berlin grIechenlAnd Vogue hong kong Vogue ISlAnd Glamour koreA Vogue · GQ · Allure · W MIttlerer oSten Vogue · Condé Nast Traveller AD · GQ · Vogue Café Riyadh nIederlAnde Vogue · Glamour Vogue The Book · Vogue Man · Vogue Living polen Vogue · Glamour portUgAl Vogue · GQ · Vogue Café Porto rUMänIen Glamour rUSSlAnd Vogue Café Moscow Tatler Club Moscow SerbIen La Cucina Italiana SlowAkeI Und tSchechIen Vogue · La Cucina Italiana SüdAfrIkA House & Garden · GQ Glamour · House & Garden Gourmet GQ Style · Glamour Hair thAIlAnd Vogue · GQ türkeI Vogue · GQ · La Cucina Italiana UkrAIne Vogue · Vogue Café Kiev UngArn Glamour

Chairman of the Board of Directors Jonathan Newhouse Heftpreis Inland: 5,50 € inklusive 7 % MwSt. Jahresabonnement (12 Ausgaben) Inland: 56,50 € inklusive Porto, Versandkosten und 7 % MwSt. Ausland: Österreich: 56,50 €, Schweiz: 100,00 sfr, restliches Ausland auf Anfrage. Abonnementbestellungen: GQ Leserservice, Postfach 290, 77649 Offenburg, Telefon: 01805 517258, Fax: 01805 071101 ( jeweils 0,14 € pro Minute), E-Mail: abo@gq.de. Schweiz: GQ Leserservice, Postfach, 6002 Luzern, Telefon: 041 3292244, Fax: 041 3292204, E-Mail: GQ@leserservice.ch. USA: IPDSDS 12406, US Highway 250N, Milan, Ohio 44846, Telefon: 1 419 4991500 (+ 15 in den USA), Fax: 1 419 4993601.

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Fotos: Anthonie Gonzalez, Alex Jeskulke, privat (2)

Stylist Simon Robins, Fotografin Fanny Latour-Lambert, Dacre Montgomery und GQ Photography Director Frank Seidlitz (v. l .) vor dem „Disco House“ – so hieß die Hollywood-Location unseres Foto-Shoots mit dem Bad Boy aus „Stranger Things“ (S. 108) tatsächlich.



Mit

GQ erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH, Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München, Telefon: 089 38104-0, mail@condenast.de, www.condenast.de gqpost@gq.de, www.gq.de

Chefredakteur

Tom Junkersdorf Marcus Lucas Stellvertretender Chefredakteur Marco Nikolaj Rechenberg Jana Meier-Roberts PhotograPhy direCtor Frank Seidlitz faShion direCtor Tobias Frericks beauty direCtor Constantin Herrmann editorial buSineSS Manager Anna Schuberth editorial oPerationS SPeCialiSt Viola Müller-Hergerdt textChef Oliver Fuchs Textredaktion Christoph eisenschink, ulf Pape, Clark Parkin Mode Manuela hainz (stellv. fashion director), thomas haditsch (ass.), Sharina lichtl (ass.) Bildredaktion/Booking björn Schütrumpf (stellv. Photography director), verena aichinger Art Department felix Wetzel (stellv. art director), anaïs hüttenbrink, Mathias leidgschwendner Mitarbeiter dieser Ausgabe andreas achmann, béla anda, Corinna von bassewitz, Sir richard branson, Michele di dio,

Stellvertreter deS ChefredakteurS art direCtor

esma annemon dil, Stephan dimu, Mimi erhardt, ludwig haslberger, Patrick heidmann, friederike Jung, Jörn kaspuhl, olivier kugler, fanny latour-lambert, nicolette lewandowska, Max-o-matic, amon Meerbeck, arthur Mount, Peter Praschl, Jesús Prudencio, Simon robins, Steffen rüth, Jan Steins, alexander Stilcken, Johannes thalmayr, Jens utzt, Philippe vogelenzang, tobias volkmann, anne Waak, Matthias Weingärtner, lennard Wickel

Büro Mailand anna riva, Paola dörpinghaus, p.dorpinghaus@condenast.it, tel. +39 (02) 29 00 07 18 Büro New York Christina Schuhbeck, christina_schuhbeck@condenast.com, tel. +1 (212) 630 4980 Schlussredaktion lektornet gmbh Syndication syndication@condenast.de GQ.de Johannes Patzig (ltg.), Cordula funke, Mathias ottmann, Patrick Pendiuk, ursula Schmied, tobias Singer Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt des Magazins Tom Junkersdorf

Abonnement-Betreuung deutschland und ausland ohne Schweiz: gQ leserservice, Postfach 290, 77649 offenburg, telefon: +49 (0) 781 6394507, e-Mail: abo@gq-magazin.de. Preis für Jahresabonnement (12 ausgaben): 56,50 € (d), 56,50 € (aut). restliches ausland auf anfrage. Schweiz: gQ leserservice, Postfach, 6002 luzern, telefon: +41 3292244, e-Mail: gq@leserservice.ch. Preis für Jahresabonnement (12 ausgaben): 100 sfr. uSa: gQ (german) (uSPS no 0023823) is published monthly by Condé nast verlag gmbh. Subscription price for uSa is $ 90 p.a. k.o.P.: german language Pub., 153 S dean St, englewood nJ 07631, glpnews.com. application to mail at Periodicals rates is pending at englewood nJ 07631 and additional mailing offices. Postmaster: Send address changes to: gQ (german), glP, Po box 9868, englewood nJ 07631.

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JessicA PePPel−schulz Chairman Condé Nast International

JonAThAn newhouse



AGENDA

Nordkorea ist einer der rätselhaftesten Orte dieser Erde. 2017 besuchte die Fotografin Ulrike Crespo die abgeschottete Volksrepublik und hielt Menschen und Momente, Alltag und Architektur (hier sehen wir den Korea Central Zoo in Pjöngjang) in Bildern fest, die teils überraschend lebensfroh wirken, teils wie Szenenfotos aus Mystery-Thrillern („Nordkorea“, Kehrer Verlag, 58 €).

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Foto: Courtesy of ulrike Crespo/Kehrer

mysteryland



cannes man so machen Fast auf den Tag genau 25 Jahre nachdem „Pulp Fiction“ die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes gewann, zeigte Quentin Tarantino an selber Stelle sein neues Werk mit Brad Pitt und Leo DiCaprio. Erste Reaktion der Premierengäste: sechs Minuten Standing Ovations. Ab 15. August läuft „Once Upon a Time in…Hollywood“ endlich im Kino. 16

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Foto: getty images

AGENDA



AGENDA

#lifesabeach

Foto: ddp images

Eine Crowd, die anderen Menschen beim Sonnenbaden zuschaut: Das Performance-Kunstwerk „Sun & Sea: Marina“ der Künstlerinnen Lina Lapelytė, Vaiva Grainytė und Rugilė Barzdžiukaitė im litauischen Pavillon der Art Biennale in Venedig ist eine geniale – und leicht gruselige – Inszenierung unseres Instagram-Lebens.

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d e r n e u e g o l d s ta n da r d Styling-Regel aller echten Fashionisti: Accessorize, accessorize, accessorize! Schauspieler Billy Porter („Pose“) legt auf dem Pink Carpet der New Yorker Met Gala – mehr dazu auf der nächsten Seite – die Latte für opulente, bis ins Detail durchdachte Outfits gaaaanz hoch, inklusive sechsfachem Arm Candy. 20

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Foto: getty images

AGENDA



Essay 1 4

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more is more! F

ür die Modewelt ist es DIE Party des Jahres, wichtiger als die Oscars, exklusiver als jede Fashion-Show in Paris oder Mailand. Zur Costume Institute Gala des New Yorker Metropolitan Museums of Art – oder kurz: der „Met Gala“ – eingeladen zu werden ist selbst für große Stars wie Rihanna, Madonna oder Lady Gaga eine Ehre. Sich dafür von einem befreundeten Designer ein über die Maßen extravagantes, auffälliges Outfit entwerfen zu lassen, das dem jeweiligen Ausstellungsthema entspricht, oberste Pflicht. Die Gefahr, sich zu blamieren, ist dementsprechend groß. Es ist ein Auftritt mit hohem Absturzpotenzial. An keinem Runway dieser Welt wird so unerbittlich kritisiert. Viele Outfits werden umgehend in die irrsten Memes verwandelt. Und es werden absurde Vergleiche ersonnen. Da

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Der Dresscode der Met Gala in New York lautete „camp“ – und wurde von den Stars sehr unterhaltsam interpretiert. Nur was bedeutet „camp“ eigentlich? Und was bedeutet es für die Männer-Mode?

TexT

Clark Parkin

sieht ein Kleid von Serena Williams plötzlich verdächtig wie ein Schinkenomelett aus, und die Outfits von Sarah Jessica Parker der letzten zehn Jahre führen im Internet ein unsterbliches Eigenleben weiter. Die Met Gala ist auf köstliche Weise camp. Womit wir beim Thema der diesjährigen Ausstellung des Costume Institutes wären: „Camp – Notes on Fashion“ paraphrasiert einen Essay der Schriftstellerin Susan Sontag, der 1964 erstmalig publiziert wurde. In „Notes on ‚Camp‘“ nähert sich Sontag erstmalig einem in der schwulen Subkultur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandenen kulturellen Phänomen an und versucht, es vom vordergründigen Kitsch in 58 Thesen abzugrenzen. Camp entstand um 1900 unter Schwulen als Codewort für Dinge, die „heavenly ostentatious“, also auf gq.j u li 201 9


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Fotos: Getty Images (10)

1 Jared Leto trägt Gucci und eine Nachbildung seines Kopfes in der Hand 2 Regisseur Baz Luhrmann mit seiner Frau Catherine Martin, beide in Prada 3 Harry Styles in Gucci 4 Billy Porter, Schauspieler aus der Serie „Pose“, kam als ägyptischer Sonnengott 5 Schauspieler Michael Urie in Christian Siriano 6 Schauspieler Darren Criss in Balmain 7 Vogue-Editor-at-Large Hamish Bowles in Maison Margiela Artisanal 8 Ezra Miller in Burberry 9 Gucci-Designer Alessandro Michele 10 Regisseur Ryan Murphy in Christian Siriano

köstliche Weise auffällig, pompös und übertrieben waren, oder, wie man es heute ausdrücken würde, over the top. Als „Ästhetik der Anführungszeichen“ mit „ausgeprägtem Hang zu Übertreibung und Künstlichkeit“ wird camp gern beschrieben. Susan Sontag betonte in ihrem Aufsatz jedoch, dass camp nie ironisch gemeint war, obwohl es sich einer Umdeutungstechnik bedient, die man auch als „so bad, it’s good“ beschreiben könnte. Camp liegt im Auge des Betrachters und hat mit dem Objekt oder der Person oft wenig zu tun. Céline Dion, eine der „campsten“ Sängerinnen, die man sich vorstellen kann, war beispielsweise auf dem Red Carpet der Gala um eine Begriffserklärung verlegen. „Ich dachte zuerst, wir würden campen gehen“, antwortete sie auf die Frage, was sie unter dem Thema verstehe. Dass sie dabei ihr Fransenkleid, das wie ein Spaghettiständer aussah, und ihren Kopfschmuck in Form eines Pfauenrades als Dresscode total ernst genommen hatte, konnte man ihr ansehen. Viele Stars, die wir jetzt als camp empfinden, wurden damals von einer breiten Öffentlichgq. j u li 201 9

keit nicht als solches wahrgenommen. Joan Crawford oder Bette Davis wüssten wohl heute nichts mit dieser Art der Interpretation ihrer Outfits anzufangen. Selbst Josephine Baker mit ihrem Bananenrock oder Carmen Miranda mit ihrer Obstkorbfrisur wurden erst von späteren Generationen als Ikonen des camp kanonisiert. Wer und was ist also heute camp? Baz Luhrmann, der Regisseur von „Romeo + Julia“ und „Der große Gatsby“ und diesjähriger Gast auf der Gala, ist natürlich total camp. Und Filme wie „Showgirls“ oder „Starship Troopers“, beide von Regisseur Paul Verhoeven, sind heute Teil der camp-Kultur. Aber auch das Revival von Elton John als Modeikone mit gerade erschienenem Biopic zeugt von einem wieder erwachten Interesse an dieser kulturellen Spielerei. Ryan Murphy, erfolgreicher Regisseur und Erfinder von Serien wie „Glee“, „American Horror Story“ und „Feud“, war ein weiterer Gast der Gala und erschien in einem perlenbestickten roséfarbenen Cape mit echsenartigem Nackenschild. Mit seiner gerade gefeierten Serie

„Pose“ setzt er der New Yorker BallroomSzene der späten 80er-Jahre ein Denkmal. Damals erfanden afroamerikanische Transsexuelle aus den Armenvierteln das Voguing. Und natürlich ist Voguing, das die übertriebenen Posen der Models auf dem Laufsteg imitiert, total camp. In der Übertreibung ernst zu bleiben ist eine hohe Kunst. Auch in der Mode. Eine Marke wie Versace ist camp, Donatella sogar über-camp. Ein gutes Beispiel für einen massenkompatiblen unironischen camp ist heute der Erfolg von Gucci, Hauptsponsor der diesjährigen Ausstellung und der Gala. Mit den Kollektionen unter Alessandro Micheles Regie hat sich Gucci als „campe“ Marke neu erfunden. Michele schafft es, seiner komplett überspitzten Fashion eine Glaubwürdigkeit zu verschaffen, die nicht einer von ironischer Distanz getriebenen Empfindsamkeit entspricht. Wenn wir heute camp sein wollen, tun wir es ganz ohne versteckte Scham oder dreimal um die Ecke gedachter codierter Sperenzchen. Also eher „camp – full on“, voll auf die Zwölf. 23


must–have

Gucci

Lederblouson 5 900 €

have fun!

Auf diesem Quasi-College-Blouson geht es so laut und crazy zu wie auf dem Rummel: ein In-your-face-Logo, die Farb-Kombi Azurblau, Weiß und Bubblegum-Pink, als Material das softeste Nappa-Leder aller Zeiten. Welcome to Gucciland! 24

foto

Jens utzt

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Helden entdecker MacHer

t e xt ————

Oliver Fuchs

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GeorGe Clooney

Hollywoods größter leading man hat sich völlig neu erfunden – und ist wichtiger denn je. Porträt eines Helden, der mit Haltung und Coolness die Welt bewegt 27


GeorGe clooney

S

Schließen Sie doch mal kurz die Augen und stellen Sie sich vor, Sie wären George Clooney. Was würden Sie den ganzen Tag so machen? Sie könnten mit Ihrer Frau und Ihren Kindern in Ihrer 25-Zimmer-Villa am Comer See abhängen oder in Ihrem 3 385-QuadratmeterApartment in New York, und wenn Ihnen beides irgendwie langweilig erscheint, dann gibt es immer noch das Haus in Beverly Hills mit Basketballplatz und Hausbar. Der Blick über L. A. ist spektakulär, fragen Sie doch ihre Freunde Matt Damon, Brad Pitt oder Bill Murray, ob sie Lust haben, auf einen Sundowner vorbeizuschauen. Oder würden Sie sich vielleicht mit Menschenrechtsfragen und Kriegsverbrechern beschäftigen? Versuchen, die Welt ein bisschen besser zu machen? 28

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GeorGe clooney

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Fotos diese und vorherige seiten: Phil Poynter/trunk Archive

die Hälfte meiner Zeit geht dafür drauf, irgendwelchen kriegstreibern und iHreM geld hinterherzujagen

Clooney tut das. Obwohl er es nicht muss. Er müsste überhaupt nichts mehr. Niemandem etwas beweisen. Und schon gar nicht: sich Stress machen. Vor zwei Jahren hat er seine Tequila-Firma Casamigos für eine Milliarde Dollar verkauft, und seitdem drehte er nur noch einen Nespresso-Spot und spielte in der neuen Serie „Catch-22“ (nach Joseph Hellers Zweiter-Weltkriegs-Roman) eine Nebenfigur namens Scheisskopf. Wie kann das sein, dass Hollywoods größter leading man der vergangenen 20 Jahre, der in Mega-Blockbustern genauso brillierte wie im erlesenen Arthouse-Kino, sich plötzlich zufrieden gibt mit…Scheisskopf und Nespresso? Davon abgesehen, dass er nicht mehr arbeiten müsste: In zwei Jahren wird er 60. Vor Kurzem sagte er in einem Podcast-Interview mit dem „Hollywood Reporter“: „Ich bin kein leading man mehr. Niemand will sehen, wie ich das Mädchen küsse.“ Er weiß natürlich, dass er als Schauspieler, Regisseur und Produzent eine grandiose Karriere hatte, die mit zwei Oscars gekrönt wurde und mit vier Golden Globes – darunter sogar schon einer für sein Lebenswerk. Clooney weiß aber auch, dass Glück dabei ein großer Faktor war: „Jeder, der sich selbst für ein Genie hält und glaubt, dass er etwas geschafft hat, nur weil er so brillant ist, ist ein Idiot.“ Und er weiß wohl, dass es sogar seine beachtliche Lebensleistung stark relativiert, wenn man die seiner Frau dagegenhält. Man könnte ja auch sagen: George, 58, war zweimal Sexiest Man Alive. Amal, 41, aber kämpft seit Jahren weltweit für Menschenrechte. Gerade wurde in München das erste Gerichtsverfahren eröffnet, in dem es um Gräueltaten des Islamischen Staats gegen die Jesiden geht – Amal vertritt die Mutter eines Mädchens, das gefangen genommen, versklavt, unter sengender Sonne angekettet wurde und verdurstete. George kann wunderbar über Amal schwärmen, immer schwingt da zärtlicher Respekt mit. Und ganz viel Demut. Wie sehr ihre Arbeit und ihre Lebenseinstellung ihn beeinflusst haben, seitdem er sie im Juli 2013 kennenlernte, ist vollkommen offensichtlich. „Ich komme jetzt in die PaulNewman-Phase meines Lebens“, sagte Clooney in dem Interview mit dem „Hollywood Reporter“. Was er damit meint: Nachdem er als Hollywood-Star alles erreicht hat, zählt für die verbleibenden Lebensjahrzehnte nur noch die Familie und dass er seinen Zwillingen irgendwann einmal eine bessere Welt hinterlassen will. George Clooney: Ex-Filmstar, Philanthrop, Menschenrechtsaktivist. Jetzt produziert er Schlagzeilen wie: „Clooney rechnet mit Trump ab.“ Oder: Clooney mahnt, Clooney warnt, Clooney appelliert, Clooney verurteilt auf das Schärfste, Clooney geht ins Gericht mit… So in etwa lauten die Meldungen, die Google gq.j u li 201 9

News gerade auswirft. Man kennt das von Staatspräsidenten, vom Dalai Lama oder auch vom Papst, aber wann hat sich zum letzten Mal einer von Hollywoods A-List so dezidiert politisch geäußert? Wahrscheinlich in den 70ern, während des Vietnamkriegs. „Clooney liegt weiter im Streit mit Brunei“, wurde kürzlich gemeldet – eigentlich ein komplett irrer Satz, beim ersten, beim zweiten und auch noch beim dritten Lesen. Wie kann ein einzelner Mensch es mit einem ganzen Staat aufnehmen? Anfang April wurde bekannt, dass das von einem Sultan absolutistisch regierte Brunei die Strafen für Homosexuelle gravierend verschärft. Statt bis zu zehn Jahren Haft nun Tod durch Steinigung. Die UNO kritisierte die neuen Gesetze als „unmenschlich“, im Europäischen Parlament dachte man über Konsequenzen nach und rief dazu auf, diverse Maßnahmen zu prüfen, etwa eine schwarze Liste für Hotels. Verlautbarungs-Business as usual. Die Nachricht wäre ganz sicher längst untergegangen, hätte sich nicht George Clooney eingeschaltet – und Brunei zu seinem Thema gemacht. Er forderte ganz konkret einen Boykott der neun Luxushotels, die dem Sultan, einem der reichsten Monarchen der Welt, gehören. Nicht nachdenken, nicht prüfen, einfach machen beziehungsweise eben nicht machen. Checkt nicht mehr im „Dorchester“ in London ein und auch nicht im „Beverly Hills Hotel“ in Los Angeles, meidet das „Hotel Eden“ in Rom und das „Hotel Principe di Savoia“ in Mailand. „Wollen wir wirklich helfen, den Mord an unschuldigen Bürgern zu finanzieren?“, schreibt Clooney in einem Gastbeitrag auf dem Filmportal deadline. com. Was er sagen will, ist: Überlasst die Probleme der Welt nicht den Politikern, tut selbst etwas. Als 2014 in Brunei die Scharia eingeführt wurde, gab es schon einmal eine Boykott-Kampagne, angeführt von unter anderen Oprah Winfrey und Ellen DeGeneres. Doch die Aktion blieb weitgehend wirkungslos, die movie people hingen weiter im „Beverly Hills Hotel“ ab, die fashion people feierten weiter an der Bar des „Principe“ in Mailand – wenn auch vereinzelt mit schlechtem Gewissen. Clooney aber gelang es, mit seiner Intervention, tatsächlich Politik zu machen. Zuerst verteidigte das Sultanat die Steinigungen in einem Brief an das Europäische Parlament und bat gleichzeitig um „Toleranz, Respekt und Verständnis“ für seine traditionellen Werte, zumindest aus westlicher Perspektive ein kühner Argumentations-Stunt. Schließlich wurde die Todesstrafe ausgesetzt. Es ist nur geringfügig übertrieben, wenn man behauptet, Clooney habe den Sultan von Brunei in die Knie gezwungen. Ganz sicher aber hat er seine Celebrity-Power genutzt, um das mediale Spotlight auf ein Problem zu lenken, das sonst kaum Beachtung gefunden hätte. Schwulenhass in einem Kleinstaat 31


george clooney

dieses ding mit dem sultan von brunei hat aber auch spaß gemacht. es macht spaß, für die gute sacHe zu kämpfen! 1

Anfang Mai schwärmt Clooney von anderen Männern, die Großes geleistet haben. Pionieren. Raumfahrern. Welterschließern. Amerikanischen Helden. GQ ist dabei, als Omega und die NASA im Kennedy Space Center in Florida das 50-jährige Jubiläum der ersten bemannten Mondlandung feiern, mit Celebritys und NASA-Veteranen. Ein historischer Tag auch für Omega, die „Speedmaster“ hat als erste auf dem Mond getragene Uhr Legendenstatus. „Moonwatch“ wird das Modell genannt. Clooney ist Omega-Markenbotschafter, aber als Testimonial spricht er ja nie nur für eine Marke, sondern immer auch für sich. Seine Stimme, in Melodie und Lautstärke völlig ausgeglichen und in sich ruhend, füllt den Raum mühelos, durchdringt das Space Center bis in den letzten Winkel. Clooney preist die Astronauten für ihren Mut, ihre jede Vorstellungskraft sprengende Zuversicht (ihre „madness of optimism“). Als er den NASA-Helden Tom Stafford, inzwischen gebrechlich und gebeugt, von der Bühne geleitet, ist das nicht nur ein anrührender und bewegender, sondern ein wirklich ergreifender Moment. Clooneys Smoking sitzt perfekt. Da ist sein schelmisches Lächeln, dieser Swing, die Clooney-Aura, dieses Locker-Wippende. Da sind die geschmeidig aus dem Handgelenk geschüttelten Gags. Wie früher mal Frank Sinatra und seitdem eigentlich niemand mehr kann Clooney gleichermaßen Pathos, Humor, Coolness – alles in Vollendung. Zu erleben, wie er das an diesem Abend zelebriert, ist schlichtweg beeindruckend. Im Jahr drei der Trump-Ära ist die Welt amerikamüde geworden, erschöpft von den immer gleichen Skandalen, dem Hass, der Hysterie, allem, was das Gegenteil von Coolness ist. Im Grunde langweilt Trump nur noch, auch wenn er alles tut, 32

die cLooneys feiern eine Legende 50 jahre ist es her, dass die ersten Astro­ nauten den Mond be­ traten – und dabei eine „Omega speed­ master Professional“ trugen, die die NAsA zur crew­uhr der Apollo­11­Mission er­ koren hatte. Diese geburtsstunde der „Moonwatch“ feierte die schweizer Manu­ faktur mit der NAsA im Kennedy space center in cape canaveral, Florida. gq war bei der Dinner­gala der Weltraumklasse dabei. stargäste des Abends: Amal und george clooney.

damit es nicht so wirkt. Und auch der Protest gegen Trump ist müde geworden, kaum noch mehr als ein Ächzen und Hoffen, dass es bald vorbei ist. Die Late-Night-Hosts spulen routiniert ihre Witze runter. Was macht der Irre jetzt wieder? Augenrollen. Schulterzucken. Jetzt, ja genau jetzt ist Clooney wichtiger denn je. Weil er wie Obama für das gute Amerika steht, für Style und sophistication, für Mut und Mitgefühl. Für grenzenloses Selbstvertrauen. Und für das unbeirrbare Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, Smoking, eine Hand in der Hosentasche, und dazu dieses leicht schiefe Lächeln, das sagt: Yes, we can. In die Politik gehen? Nichts für Clooney. „Da müsste man zu viele Zugeständnisse machen.“ Vielleicht muss er auch gar kein Politiker sein. Er mischt sich auch so ein, weckt auf, nennt die Probleme beim Namen. Und ist Vorbild. So gesehen ist George Clooney dann doch unser leading man. gq.j u li 201 9

Fotos: courtesy of Omega (8)

in Südostasien ist im globalen Maßstab, etwa im Vergleich zum Klimawandel, ein kleines Thema, ein sehr schwieriges noch dazu – Stichwort Islamophobie. Ein bisschen soziales Engagement gehört ja für Hollywood-Stars zum job profile. Die meisten machen es sich leicht und treten für die Umwelt ein, Umwelt geht immer, niemand hat etwas gegen die Umwelt, Tiere und Kinder. Ein Blick auf Clooneys Wohltätigkeits- und Aktivismusbiografie zeigt, dass er immer wieder – und das übrigens auch schon vor Amal – die eher harten Fälle angepackt hat: Darfur, Syrien, Anerkennung für die Opfer des Armenien-Genozids … Über sein heutiges Leben erzählt er: „Die Hälfte meiner Zeit geht dafür drauf, irgendwelchen Kriegstreibern und ihrem Geld hinterherzujagen.“ Auch das ein unglaublicher Satz. Und: „Dieses Ding mit dem Sultan von Brunei hat aber auch Spaß gemacht. Es macht Spaß, für die gute Sache zu kämpfen.“


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50 Jahre Mond Landung

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1 Amal und george clooney auf dem red carpet 2 Die auf 1 014 exem­ plare limitierte „speedmaster Moon­ watch Apollo 11 50th Anniversary edition“ in 18­Karat­Moonshine­ gold (links). Daneben: das Modell aus dem jahr 1969 3 spektakuläres seating unter einer saturn­5­rakete 4 raynald Aeschlimann, Präsident von Omega, und Marco Nikolaj rechenberg, stellv. chefredakteur gq 5 george clooney, Moderatorin Belkys Nerey und Astro­ naut thomas stafford auf der Bühne 6 clooney mit charlie Duke, der 1972 mit Apollo 16 auf dem Mond war 7 charlie Duke in seinem NAsA­jumpsuit

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faces Sie ist der erste Mensch an der Spitze der USCharts, der im 21. Jahrhundert geboren wurde. Und beweist, dass man auch in der heutigen Zeit, in der wir glauben, schon alles gesehen und gehört zu haben, etwas Neues schaffen kann Familie: Die 17-jährige Billie und ihr älterer Bruder Finneas O’Connell (21) haben schon als Kinder zusammen Musik gemacht. „Wir haben geschrieben, ich gesungen, er produziert.“

einFlüsse: „Ich bin mit dem Sound der Beatles aufgewachsen, mag aber auch Linkin Park und Green Day. Als ich mit elf das erste Mal Hip-Hop hörte, wurde mir klar, was mir bis dahin fehlte.“

„Ich finde die meiste Inspiration im Visuellen. Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich das Musikvideo ‚Runaway‘ von Aurora gesehen. Da hat es in mir klick gemacht, dass das ist, was ich tun will – ganz egal ob es irgendwo hinführt oder nicht.“ Das hat funktioniert. Der Track „Ocean Eyes“ bescher te ihr 2016 ersten Internet-Ruhm und anschließend Kooperationen mit Lorde, Lana Del Rey und Halsey.

beDeutung: Sie ist ein Vorbild für eine Generation, die glaubt, es gebe schon alles. „Ich möchte jedem zeigen, dass ein 1,61 m großes Mädchen alles machen kann, was es will. Egal ob Mann oder Frau, diese Welt ist auch deine!“

BilliE Eilish 34

Debütalbum: „When We All Fall Asleep, Where Do We Go?“ erschien Ende März. Mit ihrem düsteren Elektro-Pop eroberte Billie in den USA und im UK Platz eins der Charts (in Deutschland Platz drei). —Krista Smith gq.j u li 201 9

Foto: Scott Trindle; Styling: Ryan Young; Grooming: Gio Campora; Make-up: Valery Gherman; Maniküre: Jenna Hipp

Durchbruch:


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faces

Was Nick Adler in Bezug auf die Zukunft twittert, ist unbedingt ernst zu nehmen. Anfang Mai zum Beispiel schrieb er: Instagram sei in der Nelly-Phase einer Rapper-Karriere. „Man hört ein neues Album, das man eigentlich mögen möchte. Insgeheim denkt man aber … na ja.“ Was das über Instagram aussagt? Die Social-Media-Plattform ist – wie Rapper Nelly – aus der Hype-Phase raus. Mittlerweile, so Adler, sei sie zwar immer noch wichtig, aber, wie überhaupt vieles dieser Tage, zu laut geworden. Der Einzelne werde nicht mehr gehört – so wie der Rapper. Ein „Dilemma“ (ein Nelly-Song, der noch gehört wurde)? Für den Künstler ja, für Instagram womöglich bald. Adler weiß so was. Denn er ist Vice President der Cashmere Agency in L. A., die PR- und Marketing-Trends so präzise voraussagt wie sonst niemand. Oder flamboyante Celebritys mit zugkräftigen Marken zusammenbringt und ikonische Werbekampagnen produziert. Wie man sich auf eine Karriere als Marketing-Guru vorbereitet? Jura studieren und nebenbei das Woodstock Film Festival gründen. Übrigens: Das US-TV-Format „Martha & Snoop’s Potluck Dinner Party“, in dem Rapper Snoop Dogg und Schöner-Wohnen-Päpstin Martha Stewart – was sonst? – kochen, war auch seine Idee. Die skurrile Kombo kommt an, Hollywood-Stars reißen sich um Gastauftritte. —Johannes Thalmayr

nick adler 36

Foto: privat

The trend is his friend! Das PR- und Marketing-Genie ist einer der wichtigsten Visionäre im Pop-Business und verhalf nicht nur Snoop Dogg zu Millionen

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faces

Wenn wir mal ehrlich sind, gibt es in Hollywood Schauspieler, die gefühlt in jedem zweiten Film mitspielen. Man fragt sich, wo die frischen Gesichter blei­ ben. Hier, wir haben eins: Evan Peters. Wobei man sagen muss, ganz neu ist der nicht. Bereits mit 15 kam er aus Michigan nach L. A., folgte seinem Traum. „Ich schaute gen Westen“, sagte er einmal im Interview mit GQ, „und hoffte, irgendwann Schau­ spieler zu werden.“ So kam es auch. Allerdings lagen zwischen Ankunft und Angekommen­ Sein noch zehn Jahre Selbstsu­ che. Dann kam Ryan Murphy, Regisseur und Autor der „Ame­ rican Horror Story“­Reihe. Für ihn spielte Peters Rollen, die nur einer spielen kann, den Allü­ ren und Vorschusslorbeeren nicht daran hindern, die eigenen Grenzen auszuloten: Charles Manson zum Beispiel oder den Leichen zersägenden Mr. March. Der Horror zehrte ihn aus. „Es tat mir weh. Es verletzte meine Seele. Es verletzte Evan“, so Peters. Das zeigt, wie hart er arbeitete, wie nah er die Rollen an sich heranließ. Er brauchte eine Pause. Als Ryan Murphy erneut anrief und fragte, wen er denn als „Stan“ in seinem Net­ flix­Seriendrama „Pose“ beset­ zen solle, riet Evan ihm zu Shia LaBeouf. Murphy gab Peters die Rolle trotzdem. Seit 2018 spielt er Stan, den frustrierten Businessman, den Hamster­ rad­Läufer, den Sinnsuchenden, mit dem er nichts gemein hat. Außer, ja, die Sinnsuche. GQ verriet er: „Ich stehe morgens auf und frage mich: Warum zur Hölle bin ich hier? Warum tue ich, was ich tue?“ Antwort: Weil du es kannst, Evan! —Johannes Thalmayr 38

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Foto: Victoria Stevens/AUGUST

evan Peters

Den 32-Jährigen kennt man vor allem von Netflix („American Horror Story“, „Pose“). Ab 6. Juni ist er wieder als Quicksilver in „X-Men: Dark Phoenix“ zu sehen



Faces

Ezra KoEnig Das Vampire Weekend-Mastermind ist nach sechs Jahren wieder da – mit einem der besten Alben des Jahres!

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Foto: Courtesy of Sony

Ein großer Popsong kann die Welt für drei Minuten aus den Angeln heben. Auf dem neuen Album der Band Vampire Weekend, deren Sänger und Mastermind Ezra Koenig ist, finden sich davon: drei. Nein, fünf! Acht? Ganz sicher zehn. Es kann aber auch sein, dass alle 18 Titel auf „Father of the Bride“ Songs für die Ewigkeit sind. Anfang des Jahrzehnts galten Vampire Weekend als kommende Großmacht des Pop und Koenig als „Stimme seiner Generation“. Dann tauchte er unter, schrieb für Netflix die Anime-Serie „Neo Yokio“ und für Beyoncé mit am Monsterhit „Hold Up“, moderierte eine Radioshow, zeugte mit Freundin Rashida Jones einen Sohn … Und jetzt knallt er uns, mit 35, ein derart vollendetes Alterswerk hin! Er ist jetzt niemandes Stimme mehr, singt nur noch für sich. Oder für seinen Sohn. Simple Melodien. Hochfliegend, himmelstürmend, markerschütternd. Und dabei so catchy wie Kinderlieder. —Oliver Fuchs gq.j u li 201 9


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The Writer’s Edition Frisch, Franzen, Hesse & Co. – die Brillen der Saison sind eine Hommage an die großen Schriftsteller 1

2 Gut kombiniert Writer-Brillen wie die Fielmann MC 473 matchen perfekt mit lässigen Modeklassikern

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KLASSISCHER DURCHBLICK 1 Fielmann BD 352: passt sich perfekt an und schmeichelt jedem Look 2 Fielmann AZZURO 107: das Chamäleon unter den formschönen Fassungen 3 Fielmann MC 473: klassisch und stilecht 4 Fielmann JIL 005: passt zu verschiedensten Gesichtsformen

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as haben Autoren wie Max Frisch („Homo Faber“), Hermann Hesse („Der Steppenwolf“) und Jonathan Franzen („Die Korrekturen“) gemeinsam außer der Tatsache, dass sie unvergessene Bestseller geschrieben haben? Sie alle waren bekennende Brillenträger. Und sie haben einen Begriff geprägt: die Typewriter-Brille, die an die goldenen Jahre der Schreibmaschine erinnert. Ob rund, eckig oder oval – dezente Fassungen waren definitiv gestern, denn die

Writer-Brillen dieser Saison sind ein intellektuelles Statementpiece mit Aussagekraft. Das haben übrigens auch schon die großen Couturiers für sich genutzt: Yves Saint Laurent wusste um die Strahlkraft seiner Brille. Karl Lagerfeld hat die dunkle Sonnenbrille zu seinem Markenzeichen erhoben. Immer perfekt zur Writer-Brille: das lässig aufgeknöpfte Hemd, ein klassischer Merinopullover oder der legendäre Bogart-Trench – Klassiker gehören eben zusammen.

Mehr Inspirationen, Ideen und Trends unter fielmann.com/insight


Bret easton Der „American Psycho“-Autor ist zurück

BEE in seiner Heimatstadt Los Angeles. Sein Wall-Street-Serienkiller-Roman „American Psycho“ von 1991 zählt zur Pflichtlektüre der neueren Literaturgeschichte

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ellis

interview

esma annemon dil gq.j u li 201 9

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Wir treffen uns in seiner minimalistisch eingerichteten Wohnung, die an der Grenze von West Hollywood und Beverly Hills liegt und den Blick bis zum Ozean hin freigibt. Bret Easton Ellis schaut durch die Fensterfronten auf die Metropole. Manche Erinnerungen seien fast zu konkret, sagt er und zeigt auf Häuser, in denen er betrogen, enttäuscht oder begeistert wurde. Die Heimatstadt des 55-Jährigen ist voller Spuren einer Karriere, die 1985 mit seinem ersten Roman „Unter Null“ begann und mit „American Psycho“ den Höhepunkt erreichte. Sein Lebensgefährte Todd bringt Getränke und verabschiedet sich zum Yoga. Dennoch wird Todd als 32-jähriger zentraler Bezugspunkt für unser Gespräch bleiben, stellvertretend für alle Millennials, die unverhältnismäßig mehr Risiken als Chancen geerbt haben. Todd, der Bernie-Fan, Trump-Hasser, Aktivist, Sozialist, Kommunist, und Bret Easton Ellis, an der Schnittstelle von Baby-Boomer und Generation X geboren, ironisch, distanziert. Auf dem Tisch hinter uns liegt ein Stapel seines ersten Sachbuchs, „Weiß“, eine Mischung autobiografischer Essays, gesellschaftlicher und medienkritischer Betrachtungen. Obwohl es kein politisches Buch ist, sorgte seine Haltung gegen politische Korrektheit, Groupthink und Trump-Hysterie schon vor der Veröffentlichung für Verrisse und Aufregung. Viel interessanter als das kalkulierte Clickbait, auf den der Häppchenjournalismus reagierte, sind seine Gedanken zum Wandel von Konsum, Medien und der Rolle des Menschen. Mr. Ellis, Sie sprechen in Ihrem Buch das Ende der Ikonen-Kultur an, die Ära des Empire, die seit 9/11 vom sogenannten Post-Empire abgelöst wurde. Geben Sie uns ein paar Beispiele? Empire ist Veuve Clicquot, Reagan, Robert Redford und Award-Shows. Bei den Oscars 2011 war Anne Hathaway Empire und James Franco Post-Empire. Mit Freunden haben wir damals oft ein Spiel aus der Kategorisierung gemacht. Kardashians, „Jersey Shore“, Lady Gaga, Nicki Minaj, Ricky Gervais und Kanye West, die politische Tea-Party-Bewegung 43


BRET EASTON ELLIS

Unter Null

SEX, DROGEN & SER IEN MO R D 1985, da war Bret Easton Ellis erst 21 und noch Student am Bennington College, veröffentlichte er seinen Debütroman „Unter Null“. Zwei Jahre später kickstartete die gleichnamige Verfilmung die Karriere von Robert Downey jr. Auch BEEs zweiter Roman „Die Regeln des Spiels“ wurde später verfilmt (mit Jessica Biel), ebenso wie Roman Nr. 3: „American Psycho“. Der umstrittene Wall-Street-Thriller von 1991 ist bis heute Ellis’ berühmtestes und bestverkauftes Buch. 2000 spielte Christian Bale den Investment-Banker und Serienkiller Patrick Bateman. Die Short-StorySammlung „Die Informanten“ von 1994 ist das bis heute letzte BEE-Werk, das verfilmt wurde. Seine weiteren Romane: „Glamorama“ (1998), „Lunar Park“ (2005), „Imperial Bedrooms“ (2010).

Grunde geht es um buddhistische Prinzipien von Akzeptanz und bewusstem Loslassen. Das klassische Beispiel ist die Affenfalle: Fänger bohren ein Loch in eine Kokosnuss, verstecken eine sperrige Süßigkeit darin, hängen sie auf und warten, bis ein Affe vorbeikommt und seine Hand hineinsteckt. Das Loch ist zu klein, um die Faust herauszuziehen. Statt loszulassen und die leere Hand herauszunehmen, hält der Affe so lange bockig am Fund fest, bis ihm von den Fängern das Fell über die Ohren gezogen wird. Sie selbst haben sich gerade in einem Interview vom „New Yorker“ in die Enge treiben lassen. Der Autor versuchte hartnäckig, Ihnen Trump-Nähe zu unterstellen. Dieses Gespräch war kein normaler Austausch, sondern eine Hinrichtung. Ist Ihre neutrale Haltung gegenüber dem Präsidenten auch der Versuch, eines der letzten Tabus zu brechen? Nicht bewusst, aber genauso scheint es zu funktionieren. Todd, der Trump hasst, hat mich auf Social Media verteidigt, und nun ist der linke Mob auch hinter ihm her, obwohl sie politisch auf der gleichen Seite stehen. Er nimmt sich das sehr zu Herzen. Ich habe gelernt, die Trolle zu ignorieren, da sie so am schnellsten zum nächsten weiterziehen. Übrigens habe ich Trump nicht gewählt, sondern wehre mich nur gegen die Gedankenpolizei der vermeintlich toleranten Liberalen, die kleinste Abweichungen vom Groupthink bestrafen. Mich nervt, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der ich unter dem Druck stehe, dass ich Trump nicht gewählt habe. Was ich von ihm halte, habe ich vor über 30 Jahren in „American Psycho“ geäußert, er war die imaginäre Vaterfigur des Psychopathen Patrick Bateman. Trumps Rassismus ist keine Überraschung, er zeigte ihn schon damals als Bauunternehmer und in den falschen Anschuldigungen im Central-Park-JoggerFall. Bei Letzterem gehörte er zur breiten Masse, Joan Didions differenzierte Betrachtungen waren die Ausnahme. Ich liebe Didion, sie ist mein großes Vorbild.

Die Informanten

Die Regeln des Spiels

can Psycho Americ

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Fotos: Ryan Pfluger/laif (1), ddp images (4); vorherige Seite: Ryan Pfluger/laif

und zuletzt natürlich Donald Trump sind die Stars des dezentralisierten Post-Empire, das wir auch schon wieder hinter uns lassen. Es wird gerade durch eine beunruhigende Epoche abgelöst. Haben Sie auch dafür einen Begriff geschaffen? Corporate Culture, Unternehmenskultur. Sie sagten, dass Patrick Bateman und die Welt von „American Psycho“ heute nicht mehr in der New Yorker Investmentszene, sondern im Silicon Valley angesiedelt wäre. Hat es Sie nicht gereizt, einen Future-Roman zu schreiben? Nein. Auch weil der Roman nicht mehr das richtige Medium ist. Ich beschäftige mich mit Podcasts, TV und Webserien. Neulich war ich mit meinem Freund Todd und dessen Freunden unterwegs, die alle Anfang 30 sind. Sie unterhalten sich über den Stil, die Ästhetik oder Kameraführung eines Computerspiels wie man früher einen Film oder ein Buch besprochen hätte. Keiner von denen würde auf die Idee kommen, einen Roman zu lesen. Das ist manchmal deprimierend, andererseits hält mich der ständige Austausch jung. Wann haben Sie begonnen, Jugend als Qualität zu empfinden? Als ich selbst jung war, fand ich höchstens ein Zehntel der Leute meiner Altersgruppe attraktiv. Inzwischen sehe ich in fast jedem jungen Menschen Schönheit. So richtig hat mich das mit Anfang 40 erwischt, klassische Midlife-Crisis. Ich habe angefangen, mir die Haare zu färben, wie verrückt trainiert und hatte den besten Körper meines Lebens, aber ich habe mich miserabel gefühlt. Wie sind Sie aus dem Loch herausgekommen? Mithilfe meines Psychologen. Die wöchentliche persönliche Therapie hat mich gerettet. Im


Welches von Didions Büchern hat Sie am stärksten beeinflusst? „Stunde der Bestie“, „Spiel dein Spiel“ und „Das weiße Album“. Dass ich mich am Ende für den Titel „Weiß“ entschieden habe, hat auch mit Joan zu tun. Außerdem eignet sich weiß ideal als neutrale, ungefärbte Ausgangsposition. Der Arbeitstitel war allerdings „Weißer privilegierter Mann“. Das war natürlich nicht ganz ernst gemeint, obwohl ich mich auch damit angefreundet hätte. Da wir gerade bei weißen, privilegierten Männern sind: Warum gelingt es Trump, mit Wut und Hass zu punkten? Todd hat schweres TDS. Das ist das „Trump Derangement Syndrome“, das sich in einer tiefen Abscheu, Angst und Aggression äußert. Es ist interessant, darüber nachzudenken, welchen psychologischen Ursprung dieser aufs Politische bezogene Hass hat. Kanye West kann sich öffentlich zu Trump bekennen, weil er – wie wir alle – voller Widersprüche ist, aber er war schon immer sein eigener Herr und nicht an irgendeiner Form von Angepasstheit interessiert. Das schätze ich sehr an ihm. Er war so contra Bush, wie er jetzt pro Trump ist. Kanye und Trump haben gemein, dass sie Regeln ignorieren und sich nicht entmündigen lassen. Sie schreiben, wie Sie Kanye nach der Geburt seines ersten Kindes im Krankenhaus besucht haben, um über Projekte zu reden. Wie muss man sich so ein Treffen vorstellen? Das war im Sommer 2013. Seine Leute texteten mir, ob ich ins Cedars-Sinai-Hospital kommen mag, um mit ihm über Drehbücher zu sprechen. Er war mit Kim in einer Geburtssuite untergebracht. Es war kein formelles Geschäftsgespräch, eher ein frei assoziierender Gedankenstrom, aber spannend. Wir haben uns über die Jahre ein paarmal zu solchen Gesprächen getroffen, aber wirklich konkret wurde das nie. Er kam auch in dieses Büro hier, für meinen Podcast. Sie haben letztes Jahr Kim Kardashian interviewt. Was kam dabei heraus? Kim war eine der Ersten, die verstanden hat, wie das Post-Empire funktioniert, ist aber nicht opportunistisch. Sie hat sich mitten in der Massenpanik getraut, Trump im Weißen Haus zu besuchen, um eine Frau aus dem Gefängnis auszulösen. Damit hat sie einen größeren Einfluss auf die Gefängnisreform genommen als Medien und Opposition. Dennoch muss sie geheim halten, dass sie mit Ivanka und Jared befreundet ist, da die Reaktion des Mobs hysterisch wäre. Warum regt Sie die Hysterie mehr auf als die Politik? Die banale Antwort ist: Weil ich nicht wirklich an Politik interessiert bin, als „Absurdist“ gq.j u li 201 9

reizt mich das Spektakel drumherum. Nachdem wir im Post-Empire eine befreiende Dezentralisierung von Macht und Disruption von Strukturen erlebt haben, macht sich jetzt durch die Einschränkung der Meinungsfreiheit und wachsende Prüderie eine neue Ordnung breit, die ich beunruhigend finde. Bücher werden vor der Veröffentlichung testgelesen und politisch korrekt umgeschrieben. Die Gedanken- und Sprachpolizei reicht ins Private. Es gibt Worte, die auch unter Freunden verbannt werden. Selbstzensur nimmt groteske Züge an. In Hollywood durfte man höchstens flüstern, dass man „Black Panther“ nicht so gut fand. Der Film „Bohemian Rhapsody“ hatte plötzlich ein Problem, da der ursprüngliche Regisseur Bryan Singer wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt wurde. Wie soll man als Zuschauer auf solch einen Skandal reagieren? Es ist wichtig, dass schwerwiegende Vergehen auffliegen. Das ändert aber nichts an der Qualität des Films. Gerade „Bohemian Rhapsody“ ist ein gutes Beispiel für die Scheinheiligkeit Hollywoods. Wussten Sie,

dass alles, was auf Freddie Mercurys Homosexualität hindeutet, für den chinesischen Markt und andere konservative Länder aus dem Film geschnitten wurde? Damit hatten 20th Century Fox und die Dachfirma Disney kein Problem. Auch dass wir vorauseilend unsere eigenen Inhalte auf erzkonservative, totalitäre Systeme abstimmen, scheint für die Masse akzeptabel zu sein. Jemand, der vor zehn Jahren einen blöden Witz auf Social Media gemacht hat, muss sich dagegen endlos entschuldigen, und ihm wird trotzdem nicht verziehen. Deshalb ist Trump an der Macht. Er entschuldigt sich nicht. Mir fällt noch ein anderes Beispiel für falsch verstandene Solidarität ein: George Clooneys Aufruf, das „Beverly Hills Hotel“ zu boykottieren, da es dem schwulenfeindlichen Sultan von Brunei gehört. Dem schadet das aber viel weniger als den Menschen, die hier im Hotel arbeiten. Warum buchen wir es nicht stattdessen für jede Schwulenhochzeit? Wir hätten alle mehr Spaß, und noch dazu wäre es wirkungsvoller.

„Weiß“, Bret Easton Ellis, Kiepenheuer & Witsch, 20 Euro

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Wie Sie auf Instagram auch halb nackt die Würde bewahren

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it’s all about love von MiMi Erhardt

Mimi Erhardt ist Sex-Bloggerin und Autorin des Buches „Erlebnispornographie“

den Zutritt gewähren. Schlummert ein Exhibitionist in Ihnen, der sich einer größeren Öffentlichkeit zeigen möchte, rate ich zu Fotos, auf denen Ihr Gesicht nicht zu sehen ist. Haben Sie markante Tattoos, verbergen Sie sie. Weniger ist mehr Sie müssen nicht das ganze Paket in die Kamera halten. Setzen Sie auf Details. Ziehen Sie Ihre Boxer Briefs bis kurz vor Schamesgrenze runter, schieben Sie Ihr Shirt hoch, sodass Brust und Bauch zu sehen sind. Selten vorteilhaft sind rangezoomte Bilder, auf denen sich drei Haare um eine Brustwarze ranken. Aber hey, das ist Ihr Film, probieren Sie sich aus. Machen Sie sich auf Kritik gefasst Ich weiß nicht warum, aber Bilder halb nackter Körper provozieren. Und diejenigen, die das Bedürfnis haben, Ihnen das mitzuteilen, sind selten zimperlich. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen und blocken Sie die Hater umgehend. Zeigen Sie Respekt Wenn Sie lieber Zuschauer als Akteur sind, bleiben Sie höflich. Gerade Frauen reagieren – zu Recht – häufig allergisch auf Feuer-Emojis oder „Geiler Body!“-Kommentare. Schreiben Sie stattdessen „Das Bild ist wirklich schön“ oder – sagen Sie gar nichts. Manchmal genügt ein Like, um Bewunderung auszudrücken. gq.j u li 201 9

Foto: ddp images; Illustration: Jan Steins

Wenn Sie mir auf Instagram folgen, wissen Sie, dass ich hin und wieder freizügige Bilder poste. Dabei gibt es nicht wirklich viel zu sehen, dafür zu erahnen: ein Underboob hier, ein morgendlich flacher Bauch da. Das mache ich nicht, um Likes oder Schweinereien zu provozieren. Tatsächlich stelle ich seit Kurzem bei dieser Art Posts die Kommentarfunktion aus. Der Grund: sexism overdose. Doch das nur am Rande. Ich poste diese Fotos für mich. So wie andere Selfies posten, weil ihnen ihr Lächeln gefällt, zeige ich gern meinen Körper. Einfach so, weil er ein Teil von mir ist, den ich sehr mag. Immer mehr Menschen – Männer wie Frauen! – nutzen Instagram, um ihre Körper der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der eine lässt vor dem Spiegel im Gym die aufgepumpten Muskeln spielen, der andere fotografiert seinen nackten Oberkörper im Harness. Wieder andere gehen all in und zeigen…nun ja…alles. So unterschiedlich wie die Fotos und Storys sind auch die Gründe für die neue Offenherzigkeit. In manchen Fällen ist es reine Eitelkeit: Wer sich sexy findet, will sich zeigen, und das ist legitim und richtig so. Bei anderen ist es eine neu entdeckte Freundschaft zu ihrem Körper. Nachdem uns jahrzehntelang vermittelt wurde, einem unerreichbaren Schönheitsideal entsprechen zu müssen, setzen Medien und Werbung in letzter Zeit verstärkt auf Typen, weniger auf sogenannte Idealmaße. Die Aussage dahinter: Wir sind begehrenswert, so, wie wir sind. Hier ein paar Tipps für alle, die gern ihr Sixpack auf Instagram vorführen möchten. Oder ihre Schultern. Oder ihren Po. Und ein wichtiger Tipp für alle, die sich das gern anschauen. Lassen Sie sich nicht erwischen Sollten Sie sich in einem festen Anstellungsverhältnis befinden, bleiben Sie inkognito. Alles andere könnte unschöne Folgen haben. After-shower-Selfies besser nicht auf ihrem „offiziellen“ Account posten, eröffnen Sie dafür ein zweites Profil (Sie können auf Instagram bis zu fünf Profile gleichzeitig verwalten). Das sollten Sie auf „privat“ stellen und nur ausgewählten Followern


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Dynamik pur: Dieser SUV hat Rennsport-Qualitäten Markantes Design, modernste Technik und exzellente Fahrdynamik: Die italienische Rennsportmarke Alfa Romeo vereint im Stelvio das Beste aus zwei Welten. SUV trifft Rennsportleidenschaft.

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llein der Name dürfte in den Ohren von Automobil-Enthusiasten wie Musik klingen: Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio. Mit ihm betritt, oder besser befährt, kein gewöhnliches SUV die Bühne. Standing Ovations gibt’s dabei nicht nur für das einzigartige Design des Performance-Sportlers; für mindestens ebenso viel Gänsehaut sorgt dessen Technik – findet man diese doch sonst nur in ausgewiesenen Sportwagen. Kein Wunder also, dass der Stelvio wenige Wochen nach seinem Debüt die vergleichsweise kühle Grüne Hölle in der Eifel zum Kochen brachte: Schließlich absolvierte er die legendäre Nordschleife des Nürburgrings in nur 7 Minuten und 51,7 Sekunden – schneller als je ein SUV vor ihm. Dieser Rekord ist dem Herz des temperamentvollen Italieners zu verdanken: Das 2,9-Liter-V6-Bi-TurboBenzin-Aggregat mit 375 kW (510 PS) katapultiert den Leistungsträger in Verbindung mit dem Allradantrieb Alfa™ Q4 in überwältigenden 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Wo wir gerade bei harten Fakten sind: Die Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse liegt bei optimalen 50:50 – und innovative Leichtbautechnologie sowie die hohe Torsionssteifigkeit der Karosserie tun ihr Übriges für überlegene Sportlichkeit und grandiosen Fahrspaß. On top lässt sich der Stelvio mittels Fahrdynamikregelung Alfa™ DNA Pro stets in den perfekten Modus switchen: Wenn maximale Effizienz gefragt ist, senkt die Zylinderabschaltung den Kraftstoffverbrauch – und wenn sich das Temperament Bahn bricht, dann bitteschön mit noch satterem Motorensound. Musik in den Ohren eben. Kraftstoffverbrauch (l/100 km) nach RL 80/1268/EWG: innerorts 12,3; außerorts 8,4; kombiniert 9,8. CO 2 -Emission (g/km): kombiniert 227.

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M i c h a e l fa s s b e n d e r

„die SchauSpielerei hat gerade

daS nachSehen“ In den „X-Men“-Filmen geht es immer schon ganz zentral um Menschen, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden und ihren Platz im Leben finden müssen. Haben Sie selbst sich je als Freak gefühlt? Als junger Teenager war ich in der Pubertät schon sehr damit beschäftigt herauszufin­ den, wer ich eigentlich bin und wo ich hin­ gehöre. Was mir damals geholfen hat, war die Musik. Musik war immer ein Anker für mich, und später entstand aus meiner Liebe zu ihr auch das Interesse für die Schauspie­ lerei, wo ich meine Persönlichkeit dann tat­ sächlich zum Ausdruck bringen konnte. Was aber natürlich nicht heißt, dass man nicht auch als Erwachsener mal Momente hat, in denen man sich verloren fühlt und wieder finden muss. Wie sah das in der Pubertät genau aus, wie hat die Musik Ihnen geholfen? In erster Linie hab ich laut Heavy Metal ge­ hört. Weil man dazu so gut headbangen und Gehirnzellen abtöten konnte. (lacht) Das war meine Therapie, ganz im Ernst. (lacht) Hatten Sie lange Haare? Oh ja, ich hatte lange Haare. Und Sie können mir glauben: Das war ein fürchterlicher Look. Es gibt Jungs, die mit langen Haaren gut aussehen. Ich gehörte nicht dazu. Haben Sie sich je hin- und hergerissen gefühlt zwischen Ihren irischen und deutschen Wurzeln? Nein, das nicht. Beide waren immer fester Bestandteil meines Alltags, und ich war und bin auf beide stolz. Meine irische Seite ist sicherlich ausgeprägter, weil wir dort hinge­ zogen sind, als ich zwei Jahre alt war. Aber wir waren immer wieder bei der deutschen Verwandtschaft, da ist der Bezug nie abge­ 48

Der Deutsch-Ire ist zurzeit fast öfter auf Rennstrecken anzutreffen als am Filmset. Trotzdem ist er jetzt endlich wieder im Kino zu sehen – in X-Men: Dark Phoenix (ab 6. Juni) interview

Patrick Heidmann foto

SHayne Laverdière

rissen. Und heute habe ich ohnehin das Ge­ fühl, dass die Welt so klein geworden ist, dass ich mich in erster Linie als Europäer fühle. So groß sind die Unterschiede zwi­ schen Deutschen und Iren nicht. Wurde es Ihnen zu Hause in Irland je zu eng? Wollten Sie ausbrechen? Selbstverständlich, schon allein weil wir in der Provinz lebten. Ich war schon immer ein Abenteurer. Ich wollte raus und die Welt er­ kunden, wobei ich zunächst an die USA dachte. Zum Schauspielstudium nach New York, das war mein Traum. Allerdings er­ wies sich dann London als finanziell und logistisch etwas leichter machbar. Also lan­ dete ich dort. Mit all den dort versammelten unterschiedlichen Kulturen und Ethnien war es trotz der Nähe zu Irland eine vollkommen andere, neue Welt, die mich faszinierte und begeisterte. Nach Hause gekommen bin ich trotzdem immer gerne. Das ist heute noch so. Inzwischen leben Sie mit Ihrer Frau Alicia Vikander in Lissabon. Warum gerade dort? Nach 20 Jahren in London merkte ich, dass ich die Intensität der Großstadt nicht mehr täglich brauche. Ich bekam wieder mehr Lust auf den Lebensrhythmus der Provinz, mit dem ich aufgewachsen war. Außerdem liebe ich es zu surfen und das Meer in der Nähe zu haben. So kamen wir auf Portugal. Leben zu können, wo Sie wollen – ist das für Sie Luxus? Könnte man sagen. Der größte Luxus in mei­ nem Leben ist aber natürlich, dass ich etwas machen darf, was ich liebe, und dafür auch noch gut bezahlt werde. Das geht schließlich nicht vielen Menschen so. Dass es ein echtes Privileg ist, mir keine Gedanken darüber ma­ chen zu müssen, wie ich die Stromrechnung gq.j u li 201 9


bezahle, ist mir sehr bewusst. Ansonsten brauche ich eigent­ lich nicht viel Extravagantes im Leben. Familie und gute Freun­ de um mich, tolles Essen, das reicht schon. Und wenn Sie sich mal was gönnen? Dann gehe ich gerne in ein feines Restaurant. Oder buche einen Urlaub in Costa Rica oder Aus­ tralien. Außerdem fahre ich be­ kanntlich gerne Autorennen. Das wäre ohne die finanziellen Mittel nicht so leicht. Das mit den Autorennen ist aber inzwischen ein bisschen mehr als nur ein teures Hobby, oder? Ich bin ein bisschen spät dran, um aus der Sache noch eine ech­ te Karriere zu machen. Aber ich konzentriere gerade all meine Zeit und Energie darauf, um zu­ mindest für einen Späteinstei­ ger so gut wie möglich zu sein. Selbst die Schauspielerei hat da gerade das Nachsehen. Dieses Jahr fahre ich in Deutschland bei der Porsche­GT3­Cup­Reihe. Apropos Autofahren in Deutschland: Wussten Sie, dass hierzulande ein Tempolimit auf der Autobahn diskutiert wird? Tatsächlich? Kann ich mir gar nicht vorstellen. Die Deutschen lassen sich doch nicht ihre Auto­ bahn­Rechte nehmen. Sollte es wirklich so weit kommen, stelle ich mir Gelbwesten­ähnliche Proteste wie in Frankreich vor. Wobei ich sagen muss, dass das Fahren auf der Autobahn ir­ gendwie auch nicht mehr das Gleiche ist wie früher. Das letzte Mal, als ich mit meinen Eltern Verwandte in Deutschland be­ suchte, standen wir so oft im Stau wie noch nie. Vielleicht ist das Auto heutzutage einfach doch nicht mehr das zeitgemä­ ßeste Fortbewegungsmittel, um von A nach B zu kommen.

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40 JAHRE VOGUE DEUTSCHLAND

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g o s h a r u b c h i n s k i y Der russische Streetwear-Revolutionär meldet sich zurück –

mit einem brandneuen Label (das eigentlich mehr ein Gesamtkunstwerk ist) und einer Kollektion für Diesel 51


gosha rubchinskiy

Wer die einflussreichsten neuen FashionLabels der vergangenen 15 Jahre an einer Hand abzählen will, der muss, selbst wenn ihm vorher noch Virgil Ablohs Off-White und Demna Gvasalias Vetements einfallen, spätestens den Mittelfinger für Gosha Rubchinskiy recken. Das wäre natürlich eine etwas derbe Geste, die nicht dem sehr sanften, feingeistigen gleichnamigen Designer gelten sollte. Sie passt aber dann doch zur roughen Logo-Fetisch-Sportswear-Ästhetik der Skater und Fußballfans aus den Moskauer Randbezirken, die er auf die Laufstege der Welt gebracht hat und die seitdem von unzähligen Labels kopiert wurde. Im vergangenen Jahr beendete Gosha Rubchinskiy, der noch immer in Moskau lebt, dieses erste Kapitel seiner noch jungen Karriere. Jetzt ist er zurück – als Gesamtkunst-Label GR-Uniforma und mit einer Diesel-Kollaboration. GQ meets GR: ein Gespräch über explodierende Popkultur, Nostalgie und utopische Opern. Sie haben nicht nur ein neues Label namens GR-Uniforma gegründet, sondern auch eine Band. Wollen Sie sich als Popstar neu erfinden? Ich glaube, nach zehn Jahren haben wir unter dem Branding „Gosha Rubchinskiy“ alles erreicht, was man erreichen kann. Ich hatte das Gefühl, es war Zeit für eine Veränderung

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Fotos: Courtesy of gosha Rubchinskiy/Diesel

W Alle Fotos: „Diesel Red Tag x GR-Uniforma“. Gosha Rubchinskiy ist nach Shayne Oliver und Glenn Martens der dritte Designer, der für das Projekt Diesel Red Tag eine Capsule Collection entworfen hat

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Gosha Rubchinskiy und Diesel-Boss Renzo Rosso Mitte Mai in Berlin. Im Rahmen des Reference Berlin Festivals feierten sie die gemeinsame Kollektion

und etwas ganz Neues. Früher haben wir jede Saison eine neue Kollektion gemacht und dazu die Shows und ein paar Kunstprojekte drumherum … Ich wollte das umdrehen: Die Fashion ist nicht mehr die Hauptsache, sondern ein Teil von vielen. Sie ist so etwas wie die passende Uniform zum jeweiligen Projekt. Daher der Name Uniforma. Ich wollte einfach auch viele Sachen ausprobieren, die ich noch nie gemacht habe! Es war mein Traum, eine Band zu haben, also haben wir eine Band namens GRUPPA gegründet. Und die Kollektion ist sozusagen die Uniform für die Band. Spielen Sie selbst ein Instrument? Nein, nein … (lacht) Ich bin eher der Creative Director oder Produzent. Auch beim Schreiben der Texte versuche ich, den Jungs zu helfen. Ich habe auch die Musikvideos gedreht, im vergangenen Herbst in Georgien. Da habe ich außerdem jede Menge Fotos gemacht, die ich demnächst als Bildband herausbringe. Sie sehen, ich probiere verschiedene Dinge aus. Ich fühle mich gerade erst in diese neue Strategie hinein. Sie haben jetzt auch eine Capsule Collection mit Diesel herausgebracht. Wie passt die in diese Strategie hinein? Auch da geht es um mehr als „nur“ die Kollektion. Wir haben uns eine Oper vorgestellt, die es nie gab. Eine Oper? gq.j u li 201 9

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Ich bin sehr von russischen Künst­ lern des frühen 20. Jahrhunderts in­ spiriert. El Lissitzky, Malewitsch … Die Leute aus dieser Ära waren un­ glaublich ambitioniert. Ihr Projekt war es, neue Lebensentwürfe zu ent­ wickeln. Und sie wollten neue For­ men von Kultur, von Theater und Oper erschaffen. Vieles davon blieb theoretisch und utopisch, aber mit diesen Konzepten wollten wir he­ rumspielen. Ich habe mir also sozu­ sagen eine Oper ausgedacht, die es nicht gibt. Das Setting und der Cast und der Sound, das ist alles in mei­ nem Kopf. Die Kostüme für die Oper gibt es aber wirklich – das ist die Die­ sel­Kollektion. Sie haben bisher mit Brands wie Adidas oder Burberry kooperiert, die nicht nur popkulturelle Bedeutung haben, sondern Ihnen persönlich in Ihrer Jugend sehr wichtig waren. Spielte Diesel auch so eine große Rolle für den jungen Gosha? Sie haben absolut recht, es ging mir nie nur darum, mit einer großen Marke zusammenzuarbeiten. Mir war immer wichtig, dass es da eine Story gibt, eine Verbindung zu mei­ nem Leben. Und ich habe unheim­ lich starke Erinnerungen an die Zeit kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, als diese Brands erst­ mals in Russland auftauchten. Diesel war eine der ersten. Ich weiß noch, wie der erste Diesel­Store um die Ecke vom Roten Platz aufmachte. Diese wahnsinnig starke und selbst­ bewusste Werbung, die Bildsprache, die Fotografie … Das hat auf mich ei­ nen starken Eindruck gemacht. Au­ ßerdem war Diesel damals auch so etwas wie die Uniform der Club­Kids, der neuen Musikszene. Als die Sowjetunion zerfiel, waren Sie sechs, sieben Jahre alt. Wie haben Sie diese Zeit empfunden? Ich habe es damals noch nicht wirk­ lich verstanden, aber ich habe ge­ ahnt, dass da gerade etwas enorm Wichtiges passiert. Und alles ge­ schah so rasend schnell. Vor allem die Jugend war innerhalb kürzester Zeit Dingen ausgesetzt, die sich in anderen Ländern über Jahrzehnte entwickelt hatten: Plötzlich gab es überall Sex, Drogen, Fashion, Musik! Verrückte TV­Shows und coole Ma­ gazine! Ich sah, wie die Jugendlichen 54

s o un d a n d v isi o n : Go sh as ban d G ru ppa

Statt unter seinem eigenen Namen firmiert Gosha Rubchinskiy jetzt unter dem Namen GR-Uniforma – eine Art Gesamtkunstwerkstatt, die Fashion, Kunst und Musik in sich vereint. Eines der ersten Projekte von GR-Uniforma ist – neben der Kollektion mit Diesel – die Band GRUPPA (Russisch für „Band“), mit Rubchinskiy als Produzent und Creative Director. Im April erschien das Debütalbum „IZ SKAZKI“ („Aus einem Märchen“).

mit alldem fast durchdrehten, sie erlebten das ja als Erste. Deswegen strahlt diese Zeit für mich immer noch eine besondere Energie aus. Und wie erlebten Sie dann in den späten 90ern Ihre eigene Teenagerzeit in Moskau? Das war eine interessante Phase. Es fühlte sich an, als hätte es in der Pop­ kultur alles schon mal gegeben, und jetzt müsste endlich mal was Neues kommen. In genau dieser Zeit ver­ suchte ich mich an meinen ersten ei­ genen Entwürfen. Ich wollte andere Kleidung tragen als die anderen, an­ ders sein, anders aussehen. Ich fand damals keine Sachen, die ich mochte. Also ging ich in Secondhand­Läden und versuchte, aus dem, was ich da fand, etwas Neues zu erfinden. Ich weiß noch, wie ich mit so verrückten Schlaghosen wie aus den 70ern in die Schule ging… Ich war damit nicht al­ lein, ich hatte immer auch ein paar Freunde, die so drauf waren – wir trugen verrückte Outfits und hörten Musik, die niemand sonst mochte… Waren Sie damals auch schon Fußballfan? Ja, nicht so sehr, wie ich Musikfan war, aber ich war immer Anhänger des ZSKA Moskau. All meine besten Freunde sind riesige ZSKA­Fans. Es ist lustig, ein paar von denen waren früher Skinheads, so richtige Fuß­ ball­Hooligans, und heute arbeiten sie bei Gazprom, sind stinkreich und tragen feine Anzüge… (lacht) Würden Sie sich eigentlich als nostalgischen Menschen bezeichnen? Ja, das trifft wohl zu. Ich mag das Wort Nostalgie auch, aber ich denke, die Vergangenheit ist nur ein Be­ standteil meiner Arbeit. Sicher, ich versuche immer, mich an die schö­ nen Gefühle in meiner Jugend zu er­ innern, aber es ist auch gut, im Heute jung zu sein. Herauszufinden, was die Jugendlichen jetzt so umtreibt. Junge Leute sind so sensibel, sie re­ flektieren, was in der Welt um sie he­ rum passiert. Ich glaube, wenn du etwas wirklich Starkes und Neues erschaffen willst, etwas mit wahrer Strahlkraft, dann musst du fühlen, was in deiner Vergangenheit diese Strahlkraft für dich hatte und es ver­ mischen mit dem, was die Jugend im Hier und Jetzt bewegt. Vergangen­ heit plus Gegenwart, gemixt für die Zukunft. Gq.j u li 201 9

Fotos: Courtesy of Gosha Rubchinskiy/Diesel

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BalenciaGa gq.J u li 201 9

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fashion Diese Seite Badehose, 170 €

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aMi Rechte Seite Badehose, 295 €

2 Moncler 1952 Kette, über matchesfashion.com, 100 €

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Model: Mitch Slaggert/DNA Models; GrooMinG: Angel gabriel; ProdUKTion: gaby Schuetz/Select Production, Nora Naatz; CASTinG direCTor: Stephan Dimu; diGi-TeCH: Jorin Koers; FoTo-ASSiSTenZ: Roly Diaz; STYlinG-ASSiSTenZ: Omar Thomas

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FASHION NEWS STYLING-TIPP GO FOR TOU RI - FASH ION

CULTURE CLASH

MATERIAL MAN

MILITARY ICON

Innovativer Streetwear-Designer trifft auf Outdoor-Label: Der Drop 2 der Kollaboration zwischen Shayne Oliver und Colmar ist noch cooler als der erste Release, weil aus ultraleichten Materialien wie Nylon und papierähnlichem Tyvek gefertigt. Unsere Favoriten: die High-Waist-Hose aus Crinkle-Nylon, das Jersey-Shirt mit schwarzem Patch und die genderfluide Clutch in Baby-Rosa.

Das kunstvollste Lookbook ever! Für den neuen (und streng limitierten) Gucci-Bildband fotografierte der amerikanische Arthouse-Regisseur und Künstler Harmony Korine die Looks aus der Pre-Fall-2019-Kollektion in den Ruinen der antiken Städte Herculaneum und Pompeji, die beim Ausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. verschüttet wurden. Die grandiosen surrealen Illustrationen sind auch von ihm. Ab Anfang Juni erhältlich! Buch, Gucci, Preis auf Anfrage, über www.ideanow. online

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Die Parajumpers der US Air Force sind legendär und Namensgeber für das Outerwear-Label von Massimo Rossetti. Alle Codes des Modells „Gobi“ – von den Haken bis zur orangen Lasche – sind von der Ausrüstung der tapferen Fallschirmjäger inspiriert! Utility Fashion at the highest level!

Parka, Parajumpers, 850 € GQ.J U LI 201 9

Fotos: Özgün Turgut, Courtesy of Colmar, Parajumpers, Gucci (3)

Normalerweise mache ich um Souvenir-Läden einen großen Bogen. Als ich aber vor Kurzem mal in Las Vegas war, flüchtete ich vor dem Kitsch des Fake-CanalGrande im „The Venetian“ in einen Shop am Strip – und verliebte mich in ein trashiges Batik-Shirt. Wenn Sie also das nächste Mal verreisen, kaufen Sie ruhig mal das abgefahrenste Touri-Shirt, das Sie finden können, und stylen Sie es mit fashionablen Pieces. Ich trage meins am liebsten zu hell gewaschenen Acne-Jeans und weißen „Air Force 1“ von Nike. —Christoph Eisenschink

T-Shirt, 125 €, Hose, 470 €, und Tasche, 290 €, alles Shayne Oliver for Colmar A.G.E.


Die Eleganz des Handgemachten

13.–15.9. 2019 Alte Heeresbäckerei Berlin

Aussteller: Meissen Porzellan-Manufaktur, Wittmann Möbelwerkstätten, von Poschinger Glasmanufaktur, Niessing Schmuckdesign, u. v. m.

Offizieller Partner

ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur


ABSOLUTE FAVORITEN

ESSENTIALS FÜR DEN SOMMER FOTOS

MICHELE DI DIO

STYLING

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An W d ar ie s cle O C d e m w a m ve r H E O it e r ei e g ne n D N E d i n e r r e i -N i e t N D a e E T L f t gh i l Sa as e de das ter s fe ! c h lv r at h e b l e F i r m n i c l t e h or ve n en t : s d r e 2 2 Fe sch e lä lo Die 00 rra lie ss go  € ga ße t si au m n. ch f, o H


FASHION

iger Je m u t dab ei: p ig t h ly Wic €, O m atte 40 evival. w R a r in K e d de un b t ge r a md 90 € ent erle ok! He o m L e t r a e t -S ht d ashion aß mac ps als F ehr Sp li h m c o S t r s De , de stermix der Mu

UP! TIE’S

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EINS FÜR ALLE: DAS STREIFENHEMD Turnbull & Asser

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190 €

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Das Streifenhemd ist der crowd-pleaser der Männermode: Es gibt niemanden, dem es nicht steht. Dies gilt besonders, wenn man erst mal eines gefunden hat, das genau den richtigen Blau- oder Grauton hat, um den Teint richtig strahlen zu lassen. Welcher das ist, lässt sich nur beim Anprobieren herausfinden.

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MODERNE IKONEN: LEDERJACKEN Tom Ford d

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900€

Lederjacken kommen jetzt in Braun oder pastelligen Off-Colors daher, die einen schönen Kontrast bilden, wenn man sie zu bunten Sommer-Pieces stylt. Was den Schnitt angeht: im Zweifel bei den Klassikern bleiben. Blousons mit elastischem Bündchen oder gerade geschnittene Jacken im Western-Look sind die Modelle der Saison.

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HOWDY! Diese Wildlederjacke verströmt roughen CowboyCharme. Camel Active, 350 €

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LOOK THIS WAY: DIE NEUEN SONNENBRIL LEN

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Für alle, die keinen Blackout wollen: Sonnenbrrillen, deren Gläser nur so wenig getönt sind, dass die Augen des Trägers sichtbar bleiben, haben einen extralässigen Effekt auf Gesicht und Outfit. Besonders gut or-For m. See and be seen! wirken sie in Aviato

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EINEN SCHRITT VORAUS: BOOTSSCHUHE

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Der Popper-Klassiker aus den 80ern ist zurück!! Und w wie damals sieht er immer noch großartig aus zu Jeans, Chinos oder (sehr) kurzen Hosen. Ob maan ihn mit oder ohne Strümpfe tragen will, und falls ja, d selbst überlassen. Anything goes! mit weißen oder schwarzen, ist jedem

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NEXT! Shayne Oliver, Gründer des New Yorker Kultlabels Hood by Air, hat den Windbreaker mit Materialmix und Patches ganz neu interpretiert. Colmar A.G.E. by Shayne Oliver, 285 €

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Illustrationen: Ludwig Haslberger

BACK IN STYLE: LAUTE WINDBREAKER Undercover

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Vor Kurzem waren sie noch ein Bad-Taste-Klischee jetzt können wir gar nicht genug von ihnen bekommen: Windjacken, die auf den ersten Blick aussehen wie aus dem Outdoor-Store und in Wirklichkeit High Fashion sind. Entweder konsequent sportlich mit Sneakers und Jeans stylen oder als cleveren Stilbruch über den Anzug werfen.

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Fashion North Sails ist der weltweit führende Hersteller für Segel. Wie sieht Ihre Vision für die FashionSparte des Unternehmens aus? Ich möchte North Sails als führende Sportswear- und Lifestyle-Brand etablieren. Als Segelhersteller haben wir ein echtes Know-how in Sachen Innovation, Material und Performance. Einmal war ich als Zuschauer beim America’s Cup und da sah ich: Die Segel aller Boote waren von uns! Das Vertrauen, das die Segelsportler in unsere Marke haben, sollen auch unsere Mode-Kunden verspüren. Ich wünsche mir, dass bei Menschen, die ein Kleidungsstück von North Sails tragen, Emotionen geweckt werden, wie das Gefühl der Freiheit, wenn man auf dem offenen Meer ist! Und wir arbeiten gerade auch intensiv daran, noch nachhaltiger zu produzieren. Was bedeutet das konkret? Aktuell werden 70 Prozent unserer Outdoor- und SwimwearKollektionen aus recycelten Materialien gefertigt. Darüber hinaus wollen wir unsere Färbemethoden optimieren und künftig auch vermehrt Fäden und Stoffe verwenden, die auf Zellulose basieren, um Kunststoffe wie Polyamid und Polyester zu vermeiden. Wieso beschäftigt Sie das Thema Sustainability? Da wir auch Segelbekleidung herstellen, bewegen wir uns

Segel Setzen für die zukunft Ben Mears, Creative Director bei North Sails, über Nachhaltigkeit in der Fashion interview

Christoph eisensChink

Ben Mears ist seit Januar 2017 Global Creative Director von North Sails. Das Unternehmen unterstützt die NRO Ocean for Life im Kampf gegen die Vermüllung der Ozeane

viel auf dem Meer. Da wird die Umweltverschmutzung mit dem Plastikmüll erschreckend real. Als ich neulich meinem fünfjährigen Sohn einen SpielzeugMüllabfuhrwagen schenkte, sagte er zu mir: „Daddy, das ist ja ein Recycling-Truck!“ Wenn man so etwas von einem Kind hört, weiß man, was die nächste Generation von einem erwartet. Wie stehen Sie zum Thema Greenwashing, also sein Unternehmen grüner darzustellen, als es ist? Die Modebranche ist nach der Ölindustrie der größte Umweltsünder. Wir haben die Verantwortung, unseren Dreck wegzumachen – und dabei großen Nachholbedarf! Auch wir haben keine blütenreine Weste, versuchen aber unser Bestes. Für die Entscheidung, nach welcher Marke ein Kunde greift, wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Noch bis 15.6. finden im Münchner Pop-up-Store von North-Sails (LAZY Gallery, Corneliusstraße 46) Events zum Thema Nachhaltigkeit statt.

Fotos: Courtesy of North Sails (4)

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Wer wagt, gewinnt: Im Casino Baden-Baden treffen Eleganz und Lifestyle auf Full Entertainment. Eine Location, die auch Gentleman par excellence 007 gefallen würde

Casino? Royale! Let’s go all in – ein Wochenende voller Jackpots erwartet die Finalisten des GQ Gentleman im Casino Baden-Baden

Fotos: Tobias Volkmann

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enn die „New York Times“ eine Location im good old Black Forest zum Hotspot kürt, dann muss sie schon verdammt cool sein. Die Rede ist vom Casino Baden-Baden: Wo man anno dazumal mondän Körper und Geist kurierte, begegnet man heute einer aufregenden Liaison von Glamour und Coolness, Entertainment und stilvollem Relaxen. Die perfekte Location also für smarte Gentlemen, die den Reiz des Spiels suchen, sich aber auch kulinarischen oder kulturellen Genüssen hingeben wollen. Es wird aber noch besser – wanna bet? So heißt es am 18. Juni 2019: „Der GQ Gentleman 2019 ist …!“ Als Partner des Casinos BadenBaden kürt GQ in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal im edlen Ambiente der Belle Époque einen Gentleman mit besonders glücklichem Händchen zum GQ Gentleman of the Year. Der Gewinner darf sich nicht nur über einen ehrenwerten Titel freuen, sondern kann sich auch gemeinsam mit den geladenen Gästen bei Roulette, Poker oder Blackjack austoben. Wer jetzt denkt, rien ne va plus, der irrt sich! Wie wäre es beispielsweise mit einem Drink im hauseigenen In-Club „Bernstein“? Oder aber einem Abstecher zum exklusiven Empfang bei der „Grossen Woche“ des Pferderennsports? Wir bluffen nicht, wenn wir sagen: Den luckiest Gentleman erwartet in jedem Fall ein Wochenende voller Jackpots. Mehr unter casino-baden-baden.de



CARE LIFE TECH

I n t e r v I e w ————

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König der düfte

Alberto Morillas blickt zurück auf 50 Jahre Karriere – als einer der besten Parfümeure aller Zeiten. Und lehrt uns, wie ein Gentleman heute riecht 85


duft

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Alberto Morillas ist in der Duftbranche mehr ein Gütesiegel als nur ein Name. Zu Recht. Der Grandseigneur unter den Parfümeuren hat in den letzten vier Jahrzehnten mehr Welterfolge in Flakons gefüllt, als man hier aufzählen könnte. Mit dabei: Düfte für Calvin Klein, Gucci, Armani, Bulgari, By Kilian, Kenzo, Issey Miyake – ein Who’s who der Luxusbranche. Zur Krönung seiner Karriere erhielt der 70-Jährige nun die Ehrenauszeichnung „Persönlichkeit“ des Branchenfestes „Duftstars“. GQ-Chefredakteur Tom Junkersdorf traf die Nase (und das Gehirn!) hinter den Bestsellern des Duftmarktes in seinem Labor in Genf – standesgemäß, vom logogeprägten Samtsakko bis zu den Lederslippern, topmondän in Gucci gekleidet. Das kann nur ein Grandseigneur. Man merkt sofort: Dieser Mann lebt und atmet Stil, Eleganz und Zeitgeist. Alberto, hatten Sie eigentlich jemals während Ihrer Karriere einen Flop? Nein. Nie. Klar, manche Düfte verkauften sich nicht so richtig gut. Aber einen großen Flop habe ich noch nie verantwortet. Man stellt sich die Arbeit eines DuftErfinders ja sehr idyllisch vor, immer unterwegs, auf Forschungs-Safari rund um den Globus, auf der Suche nach neuen Duftaromen. Trifft es das? Ein bisschen schon. Gestern Nacht bin ich erst aus Dubai gekommen. Mein Leben spielt sich tatsächlich zwischen Flugzeug und Duft-Atelier ab. In Dubai habe ich ein ganz besonderes Vetiver untersucht, jenes Süßgras, das aktuell in Parfüms so angesagt ist. Und heute Morgen habe ich sofort begonnen, eine komplett neue Formel dafür zu entwickeln. Ist es mit der modernen Technik heute einfacher, ein gutes Parfüm zu entwickeln, als früher? Absolut! Nehmen wir mal als Beispiel arabischen Jasmin. Wenn ich Ihnen jetzt eine geschlossene und eine offene Blüte zeige, riechen Sie sofort den Unterschied. Ist sie geschlossen, riecht man die Energie, die Frische … Die Pflanze ist noch grün, ihr Geruchsprofil richtig animalisch. Eine offene Blüte dagegen riecht sonniger, buttriger. Es wäre unmöglich, so herausragende Parfüms zu kreieren, wie wir sie heute auf dem Markt haben, wenn uns die Technik nicht 86

die Möglichkeiten gäbe, eine Nuance wie Jasmin in viele Bestandteile zu zerlegen und neu zusammenzusetzen. So kann der Parfümeur entscheiden. Will er, dass sein Jasmin frisch-grün riecht oder lieber sonnig-mild? Würden Sie sogar so weit gehen zu sagen, dass die modernen Parfüms besser sind als die von vor 30 Jahren? Ich denke, die Parfüms von heute sind sogar viel besser, weil sie viel kreativer sind. Alle denken immer, vor 20 Jahren waren die Parfüms so wahnsinnig gut. Nein. Zum Beispiel „Gucci Bloom“ – das mutet heutzutage so old-fashioned an, fast schon zu schwer. Die Menschen verändern nun mal ihre Lifestyles. Wir haben heute die perfekten Mittel und das Know-how, um die Verarbeitung auf absolutes Top-Niveau zu heben. Auch das Sourcing ist sehr wichtig dabei. Wir arbeiten jetzt viel umweltbewusster. Alle Arbeitsstoffe, alle unsere Moleküle sind biologisch abbaubar. Das hat eine große Bedeutung für die Zukunft. Wir müssen bei unserer Arbeit unbedingt Rücksicht auf unseren Planeten nehmen. Ist Ihnen Umweltschutz ein persönliches Bedürfnis oder ist es der moderne Konsument, der danach verlangt? Zuallererst ist es die Firmenphilosophie von Firmenich, dem Dufthersteller, für den ich arbeite. Schon seit fast 20 Jahren ist es unsere Maßgabe, keine Moleküle zu verarbeiten, die biologisch nicht abbaubar sind. Aber ist es nicht verwunderlich, dass viele Parfüms heutzutage nachhaltig sind, die Flakons aber so gar nicht? Auch das wird sich nach und nach verbessern. Verbessern müssen! Man wird sich um das Glas und die Magnetverschlüsse kümmern. Wir brauchen jeden einzelnen Kopf in der Industrie, um einen Wandel zu schaffen. Denn es ist durchaus besorgniserregend. Mal ehrlich: Was für ein Unsinn zu sagen, wenn die Flasche leer ist, werfe ich sie in den Müll! Gibt es keinen Weg, Flakons wiederzuverwenden, wieder zu befüllen? Das ist sehr kompliziert. Es ist ähnlich wie mit einer Flasche Wein. Aber ich erinnere mich an früher, als wir beinahe alles wiederverwerteten. Wir kauften jeden Morgen frische Milch, die immer in dieselbe Flasche gefüllt wurde. Heutzutage wäre es zu teuer, die Milchflaschen zu reinigen oder jemanden mit der Reinigung zu beauftragen. Aber vielleicht, hoffentlich, wird sich das in Zukunft wieder ändern. Nach all diesen Neuerungen, neuen Fragrances, neuen Flakons – haben Sie einen Duft im Kopf, den Sie immer schon kreieren wollten? Natürlich, keine Frage. Sonst würde ich nicht weiterarbeiten.

Sie haben für Gucci gerade eine komplette Kollektion entworfen. 14 Parfüms, „The Alchemist’s Garden“. Wie kommt so eine Kooperation zustande? Klingelt einfach das Telefon und Alessandro Michele meldet sich? Das erste Mal, dass ich mit Alessandro sprach, war tatsächlich am Telefon. Er rief mich an und fragte, ob ich ihn in Rom treffen wolle. Ich flog zu ihm, und wir sprachen über eine Stunde lang. Es war ein Gespräch, das nur zwei Menschen führen können, die Parfüm lieben. Alessandro weiß wirklich alles über Düfte. Am Ende hat er mich dann gefragt, ob ich den Duft für das Atelier de Gucci kreieren wolle. Und ich habe zugesagt. Entwickelt sich der Markt gerade nicht sowieso hin zu außergewöhnlichen, ungewöhnlichen Parfüms, wie der besagten Gucci-Kollektion? Vor allem geht es darum, dem Duft etwas Ungewohntes, aber absolut Ausgezeichnetes zu verleihen. Der moderne Genussmensch möchte nicht mehr, was alle haben. Heute geht es darum, ein Alleinstellungsmerkmal zu etablieren. Wenn ich ein Parfüm kreiere, darf ich nicht über Marketing nachdenken, sonst wird es nicht gut. Es geht ausschließlich um Emotionen. … heißt? Nun, in allen kreativen Jobs ist es unbedingt notwendig, Visionen und Emotionen strikt zu trennen. Was mich angeht: Ein Molekül kann man nicht sehen. Es handelt sich um reine Emotion. Alles andere, das Konzept, das Marketing, der Flakon, das sind Visionen. Mir muss dieser Unterschied deutlich bewusst sein. Wenn ich mit der Arbeit an einem Parfüm beginne, bin ich pure Emotion. Deutsche Männer sagen oft: Ich habe meinen Style gefunden. Diesen Duft trage ich die nächsten zehn Jahre. Ist das eine gute Entscheidung? Nun, es ist ja praktisch, in den Store zu gehen und jedes Mal das Gleiche zu kaufen. Schließlich bekommt man oft von anderen gesagt, wie gut man doch rieche. Also kauft man immer wieder dasselbe. Vielleicht wechseln Singles öfter ihr Parfüm als Männer in Beziehungen. Weil sie offener für neue Erfahrungen sind. Wichtiger als Abwechslung finde ich aber die Frage nach der Quantität! Man sollte auf keinen Fall zu intensiv riechen. Stichwort open space office. Dezent zu duften ist eine Frage des Respekts. Ich persönlich trage nur einen Spritzer Parfüm am Handgelenk, das war’s. Dann rieche ich es immer, wenn ich nachdenke oder den Kopf abstütze oder auf die Uhr schaue. Eine kleine, irrelevante Bewegung und plötzlich habe ich den Duft wieder in der Nase. Er energetisiert mich, spornt mich an, beflügelt meine Gedanken. So geht ein Gentleman mit Parfüm um. gq.J U lI 201 9


WI E W IRD M A N EIN ER D ER BESTEN PARFÜMEURE DER WELT?

1970

Fotos: Alex Chatelain, Ullstein, privat, Courtesy of Firmenich, Calvin Klein fragrances, Kenzo, Bulgari, Armani, Gucci, Andreas Rentz/Getty Images for Fragrance; vorherige Seite: Beat Schweizer

1960 „Als ich zehn war, zogen meine Eltern mit mir von Sevilla nach Genf. Hier begann ich nach dem Abitur, Kunst zu studieren. Und bis heute steckt Kunst in allem, was ich mache. Selbst in kleinsten Details: Ich male etwa meine chemischen Duft-Formeln von Hand. Mit bunten Stiften: Rot steht für intensive Emotionen, Grün für Glücksgefühl und Blau für Urlaubsstimmung.“

1994

1970 „In den Pausen blätterte ich an der Hochschule immer in der Vogue. Und las dort ein Interview, das mein Leben verändern sollte. Mit dem Parfümeur JeanPaul Guerlain, der beschrieb, wie er sein erstes Parfüm kreiert hatte, den Männerduft ‚Vetiver‘. Das war für mich eine Offenbarung.“

„Damals kannte man den Beruf des Parfümeurs ja noch gar nicht. Aber als ich über Jean-Paul Guerlain las, wie er bei dem Duftstoffhersteller Firmenich gelernt hatte, wusste ich: Das will ich auch. Firmenich war bei mir quasi um die Ecke. Also bewarb ich mich dort auf gut Glück.“

„Mein großer internationaler Durchbruch war wohl ‚CK One‘, von dem heute noch alle Welt spricht. Ich wollte einen klaren, frischen Zitrusduft, aber etwas völlig Neuartiges. Heraus kam der erste androgyne Duft der Neuzeit – so schlicht und unisex wie ein weißes Shirt, lange bevor es gender equality überhaupt gab.“

1988 „Unfassbar, aber ich wurde prompt angestellt. Die meisten Parfümeure waren Chemiker. Ich dagegen hatte null Vorkenntnisse – nur Begeisterung. Aber das gefiel. Und sie halfen mir. Ich lernte, ein Parfüm wie Musik zu komponieren. 18 Jahre später wurde ich dann zum Chefparfümeur befördert.“

1995–2018 „Mein Lebenswerk besteht aus über 7 000 Duftkreationen. Aber Erfolg heißt für mich auch: In Dubai kaufte ein Scheich 100 Flaschen ‚Mizensir Ideal Oud‘. Er wolle sie an Mitglieder der königlichen Familie verschenken. Das macht er, weil er mein Werk respektiert, und das macht mich stolz!“

GQ.J U LI 201 9

2019 „Meine ‚Garden‘-Kollektion für Gucci ist wieder unisex. Weil sich die Gesellschaft seit 1994 weiterentwickelt hat: Man kleidet sich nicht dezidiert maskulin oder feminin. Wir sind frei! Es ist eine Frage des Stils, des Lebensstils!“

8.5.2019 „GQ-Chef Tom Junkersdorf überreichte mir im Mai den Persönlichkeits-Preis der deutschen Fragrance Foundation. Und was soll ich sagen: Ich wollte immer mit meinen Parfüms Menschen glücklich machen. Ich glaube, das habe ich geschafft.“

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care 1 Einfach zwei Tropfen Vitamin C in die Tagescreme mischen – abends gibt es dann einen Retinol-Zusatz für die Nachtpflege. Diese Kombi verfeinert das Hautbild und mildert Altersflecken. „Fresh Pressed Clinical“, Clinique, 41 €

2 Das mattierende Tonic hilft bei fettiger Haut und Unreinheiten. „Oil Control Clearing Solution“, Lab Series, 20 €

3

3 F ehl er, die sie bei m

haarewaschen machen

3 Leichtes Öl-Serum gegen Trockenheitsfalten und für mehr Hautelastizität. Mit Diamantessenz und Vitamin C. „Facial Oil Serum“, Julisis, 170 €

1

4 Porentief rein: Peeling gegen grauen, müden Teint. „Scrub Viso“, Acqua di Parma, 29 €

4

Von Daniel Bruns, Englands Star-Stylist und KMS-Markenbotschafter (kmshair.com) 1. falsch einmassieren

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Beim Einsatz von Shampoo kann einiges schiefgehen. Deshalb Achtung: Zu kurzes und heftiges Einrubbeln von Shampoo regt die Fettproduktion der Kopfhaut an, langes Einmassieren von Pflegeprodukten laugt die Kopfhaut aus. Besser: Haarwaschmittel in den Händen aufschäumen, auftragen, lauwarm ausspülen, fertig.

2. nur shampoo verwenden

2

SommerfriSche

6 Das Fluid mit reinem Mikrosilber wirkt entzündungshemmend und sorgt für ein klares, mattiertes Hautbild. „Perfect Balance Fluid“, A4, 99 €

Endlich ist es warm! Und prompt reagiert die Männerhaut ganz schön launisch auf den Temperaturwechsel mit – je nach Hauttyp – Unreinheiten, Spannungsgefühl oder Dauermüde-Look. Sechs effektive Produkte für einen Top-Teint

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Hin und wieder darf es bitte etwas mehr sein als nur Shampoo. Conditioner und eine wöchentliche Haarmaske bändigen störrisches Haar, was das anschließende Styling um ein Vielfaches schneller macht. Noch ein Bonus: Die Frisur sieht profimäßig aus und hält länger.

3. Billige produkte im gym nehmen Haarpflege im Fitnessstudio? Mit dem Chemie-Glibber aus dem Gym-eigenen Seifenspender? Don’t do it! Zu häufiges Haarewaschen mit miesem Shampoo-Ersatz reizt die Kopfhaut und macht das Haar strohig. Nach dem Workout mit klarem Wasser ausspülen reicht völlig aus. gq.j u li 201 9

Foto: Andreas Achmann; Illustration: Felix Wetzel

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5 Intensiv-Maske für gestresste Haut: Aus der „Spritze“ die Wirkessenz auftragen und mit dem dazugehörigen Gesichtsfleece abdecken. Nach zehn Minuten ist die Haut entspannt und durchfeuchtet. „Detox and Re-Plumping Mask“, Viliv, 10 €


Duft

blaues wunder Interview mit Annick Menardo, Parfümeurin

Was war die Inspiration für den Duft? Es gibt für alles eine Zeit. Und jetzt ist die Zeit für Blau. Diese softe dunkle Nuance kommt im Leben automatisch. Irgendwann nach Schwarz, wenn man erwachsener wird. Blau wirkt freundlicher, nicht so verhärmt. Blau ist alterslos, Blau ist mächtig.

Wem steht’s? Einem Künstler. Einem Virtuosen. Einem Typ wie Yves Klein, der Blau liebte wie ich. Der Künstler, den ich im Kopf habe, trägt ein weißes T-Shirt oder einen Pullover, keinen Anzug. Und er hat ein Tattoo: die Unendlichkeits-Acht.

Wonach riecht es? Im Vordergrund stehen spritzige Apfel-Akkorde auf Rosmarin, Salbei und Olivenholz. Der Duft ist nicht urban, es geht um die Kraft der Natur.

Welches Tier wäre der Duft? Er hat nichts Animalisches. Eher etwas von einem Ozean. Der Tiefe des Meeres. Unter Wasser. Im mächtigsten Blau, das es auf Erden gibt. Hier wird die Unendlichkeit spürbar.

Foto: Courtesy of Hugo Boss

Augen zu! Was sehen Sie? Es ist morgens, Sonnenaufgang. Irgendwo in Südfrankreich. Unter Bäumen. Der Tag startet herrlich langsam. Ich stehe nur da, atme und spüre die Energie. Und mein Blick fließt in die Ferne, bis zu der Linie am Horizont, wo Erde in Luft übergeht.

Boss Bottled „Infinite“, 98 € gq.j u li 201 9

Eigentlich befindet sich ja alles immer in Auflösung, manches schnell, manches langsamer. Ziemlich rasant löst sich etwa gerade die Vorstellung auf, dass es eine allgemeingültige Definition von Männlichkeit geben könnte. Was uns Männer aber wohl alle verbindet: die Sehnsucht nach Stille. Nach Kraft-Tanken. Draußen in der Natur. Für uns hat Annick Menardo diesen Duft geschaffen. i l l u s t r at i o n

Jörn kaspuhl

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FITNESS

IN REKORDZEIT ZUM SIXPACK Hollywood liebt Superhelden mehr denn je. Der FilmstarTrick für ordentlich Muskeln unterm Spandex: die „Magnus Method“. In GQ verrät der Erfinder, wie sie funktioniert

N ACHHE R

VORHE R

Alexander Skarsgård hatte schon vor seiner Rolle als Tarzan ein breites Kreuz. Mit Coach Lygdback arbeitete er an der GorillaPhysiognomie

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atman, Tarzan und Wonder Woman – sie alle haben seine Handynummer: Magnus Lygdback, 39, Schwede, blond. Der Körper so gestählt, dass man ihn selbst für einen Actionstar hält. Er ist der Personal Trainer, der die Leinwandstars in Form bringt. Die Liste seiner Kunden liest sich wie die Namenssterne auf dem Pflaster des Hollywood Boulevard. Ben Affleck, Gal Gadot, Alicia Vikander und Alexander Skarsgård schufteten schon unter v sseiner Anleitung. Lygdback kümmert sich um Training, Ernährung und Lifestyle, begleitet sseine Klienten sogar während der Dreharbeiten. So will es seine „Magnus Method“ – und die iist in Hollywood gefragt wie nie. Sein jüngster Coup: Für den Psycho-Thriller „Glass“ transformierte er den schmächtigen James McAvoy in nur drei Monaten zum kannibalischen Monster m „„The Beast“. Zum Superhelden-Body im Express-Tempo – wie geht das? TEXT

JOHANNES THALMAYR

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„Wenn ich mein eigenes Haus nicht sauber halten kann, wie soll ich es dann für andere tun?“ Was Magnus Lygdback von seinen Klienten fordert, verlangt er sich selbst doppelt ab

GQ erreicht Magnus Lygdback in L. A., noch vor seinem Workout, um 7 Uhr morgens. Die Antwort auf die erste Frage, „Was unterscheidet die ,Magnus Method‘ von anderen Muskel-Formeln?“, ruft Ernüchterung hervor. Es gibt keine Superhelden-Matrix. Magnus sagt: „Was ich mache, ist keine Rocket Science. Und ich glaube, gerade darin liegt der Schlüssel zum Erfolg.“ Da ist Lygdbacks Ernährungs-Faustregel: keine Kalorien tracken, sondern MakroNährstoffe – Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate. Die Maßeinheit dafür, tatsächlich, die eigene Faustgröße (siehe Infokasten). Lygdback, der früher Eishockey-Profi war, ist jedoch dabei kein Pedant. 17 von 20 Mahlzeiten sollten nach Plan eingenommen werden. Für die restlichen drei gilt das Prinzip „Enjoy your life“. „Immer nur ungesalzenes Hühnchen und Brokkoli, wo bleibt da die Lebensqualität?“, fragt der Muskel-Guru. Das fragten sich auch schon einige seiner Klienten – Popstars wie Britney Spears und Katy Perry, die er auf Tourneen fit hielt, oder die A-Liga Hollywoods. Mit ihr musste er hart umspringen, denn es galt, die hohen Ansprüche der Studios mit dem physisch Machbaren zu koordinieren. Alicia Vikander zum Beispiel lernte für ihre Rolle in „Tomb Raider“ neben dem Krafttraining auch MMA (Mixed Mar tial Arts) und Klettern. Lygdback integrierte diese Anforderungen in ihren Trainingsplan.

Fotos: ddp images, getty images, Courtesy of Hanna von Maten/Magnus Method

Die Magnus−Diät frühstück

snack #1

Mittags

snack #2

abends

3–4 Eier und gemüse: Pilze, Zwiebeln, Spinat oder griech. joghurt (ungesüßt) mit Nüssen oder zuckerfreies Müsli oder Protein-Shake (20–25 gramm Eiweiß)

Protein-Smoothie (Proteinpulver + grünes gemüse und Beeren) oder eine Avocado-Hälfte mit Hummus oder Mandeln oder geröstete Cashew-Nüsse oder eine Dose Thunfisch oder Makrele oder 2 Eier, belieb. Zubereitung

1–2 Fäuste Protein: Rind, Huhn oder Fisch und 1–2 Fäuste komplexe Carbs (z. B. quinoa, brauner Reis) oder gute Fette (z. B. Avocado, Olivenöl) und 2 Fäuste gemüse

Bohnensalat mit Zitronendressing oder Sushi und Sashimi oder rohe gemüse-Sticks mit Avocado- oder Hummus-Dip oder Tomaten-quinoa-Salat mit Oliven an VinaigretteDressing oder Protein-Shake

1–2 Fäuste Protein: Rind, Huhn oder Fisch und 1–2 Fäuste komplexe Carbs (z. B. gerste, kalte Kartoffeln) oder gute Fette und 2 Fäuste gemüse

nicht vergessen: 1 Mahlzeit alle 3 Stunden, kein Zucker, keine einfachen Carbs

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FITNESS

DIE MAGNUS − ME THODE TAG 2 Rücken, Schultern, Core, Cardio Warm-up: Assault Bike 10 Min. Latziehen mit weitem Griff 12 x 4 Rudern am Kabelzug 12 x 3 Latziehen mit gestrecktem Arm 12 x 3 Reverse Flys auf der Schrägbank 12 x 3 Kurzhantel-Seitheben 12 x 4 Dragon Flag 15 x 3

TAG 3 Brust, Schultern, Core, Cardio

VORHER

Eine andere Herausforderung für den Trainer: Der Bodyframe der Stars muss zur Rolle passen. Weil Alexander Skarsgård zwei Wochen vor Drehbeginn zu „Tarzan“ übertrainiert war und die Gorilla-Formel aus kleinerer Brust, großem Rücken und breiten Schultern nicht stimmte, halbierte Lygdback das Trainingspensum und erhöhte die Kalorienzufuhr. Alexander Skarsgård war irritiert. Es kam zum Streit. Das ist etwas, sagt Lygdback, das in jeder Zusammenarbeit mal vorkomme. Er müsse Entscheidungen treffen, die Schauspieler nicht immer verstünden. Schließlich trage er die Verantwortung. Skarsgårds finaler Tarzan-Body gab ihm recht. Mittlerweile sind die beiden Schweden gute Freunde. Auch wer keinen Tarzan-Body anstrebt, sollte laut Lygdback drei Faktoren in den eigenen Trainingsplan mit einbeziehen. „Erstens: eine Disziplin, die Spaß macht. Zweitens: eine, die nicht unbedingt Spaß macht, aber einen Nutzen bringt. Drittens: ein klares Ziel.“ Drei Einheiten pro Woche seien das Minimum. Ein Trainingsplan nach 92

TAG 1 Beine, Core, Cardio B Der galante schottische Gentleman mit der schlanken Linie: James McAvoy war vor M. Night Shyamalans „Glass“ nicht unbedigt ein „Beast“. Lygdbacks Training und viel Hühnchenbrust halfen ihm, die Rolle mit Muskelmasse zu füllen

Warm-up: Laufband W 5 Min. Deadmill-Sprints 3 x 1 Min., je 1 Min. Pause Goblet Squats 12 x 3 Beinpresse 12 x 3 Ausfallschritte 20 x 3 Superset: Skater-Sprünge 20 x Direkt danach: Step-ups 20 x, insgesamt 3 Runden „Stir the pot“-Übung 3 x 1 Min. Unterarmstütze mit Schulterberühren 2 x 1 Min.

TAG 4 Arme, Core, Cardio Warm-up: Laufband 5 Min. Deadmill-Sprints 3 x 1 Min., je 1 Min. Pause Bizeps-Curls 10 Wdh. pro Arm x 3 Stirndrücken 12 x 3 Langhantel-Curls 12 x 3 Kabelzug-Superset: Trizepsziehen 12 x Direkt danach: Bizeps-Curls 12 x, insgesamt 4 Runden Kosaken-Squat 20 x 3

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Fotos: Getty Images (2), dpa (2)

N ACHHE R

Warm-up: Assault Bike 4 x 30 Sek., je 30 Sek. Pause LanghantelBankdrücken 12 x 4 KurzhantelSchrägbankdrücken 12 x 3 Kurzhantel-Flys auf der Flachbank 12 x 3 KurzhantelSchulterdrücken 12 x 3 Penguin Crunches 3 x 60 Sek. Side Plank Dips 30 x 3


Lygdback baut Lara Croft: Für ihre Rolle in „Tomb Raider“ musste die Schwedin Alicia Vikander neben Krafttraining auch Klettern und MMA lernen

der „Magnus Method“ (siehe Infokasten) bietet den einzelnen Muskelgruppen genügend Erholungsphasen. Denn Erholung und Genuss sind für Lygdback wesentliche Bestandteile eines gelungenen Trainingszyklus. „Wenn ich im Kino kein Popcorn essen darf, what’s the point?“ Er ärgere sich über Kollegen, die immer noch Kasteiung predigen. „Wer sich in seinem Ernährungsplan keinen Platz für kleine Sünden lässt, wird irgendwann scheitern.“ Und scheitern ist für Lygdback keine Option. Gerade macht er Mark Ruffalo für die HBO-Serie „I Know This Much Is True“ (ab 2020 im TV) fit. Sein nächster Klient im Kino ist Gal Gadot. Ab Juni 2020 gibt es Wonder Woman wieder in top shape und auf der Leinwand zu bewundern. Die „Magnus Method“ verspricht keinen Hokuspokus. Wer bereit ist, hart zu arbeiten, ist auf halbem Weg zum Superbody, trotz – oder gerade wegen – der kleinen Sünden. Lygdback ist übrigens Riesling-Fan. 500 Flaschen habe er im Weinkeller. Einmal im Jahr reist er zur Verkostung an die Mosel. Ist Riesling am Ende der Superbody-Juice? Es käme auf eine Versuchsreihe an.

get closer


FOOD

WILLKOMMEN IN DER FISCHKÜCHE

Einen Fisch richtig zuzubereiten ist eine der größeren Küchen-Challenges. Dieser in Butter geröstete, würzige Heilbutt gelingt auch Anfängern, weil er sich im Ofen quasi von allein gart

Zutaten für 6 Personen 900 g Spargel 6 EL ungesalzene Butter 7 EL extra-natives Olivenöl 1 TL Aleppopfeffer 1,2 kg von der Haut gelöster Heilbutt, Lachs oder Seesaibling Salz, frisch gemahlener Pfeffer 200 g Frühlingszwiebeln oder Schalotten 90 g CastelvetranoOliven, entkernt und zerteilt 15 g fein gehackter Schnittlauch 180 ml frischer Zitronensaft 2 EL grob gehackter Estragon, plus einige ganze Blätter zum Anrichten kleine, fest gekochte Kartoffeln und Zitronenscheiben (zum Anrichten)

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1 Den Ofen auf 160 Grad vorheizen. Ein Viertel des Spargels in dünne Scheiben schneiden und in eine Schale geben; zur Seite stellen. 2 Butter und zwei Esslöffel Öl in einer Stielkasserolle bei mittlerer Hitze erwärmen. Sobald die Butter geschmolzen ist, mit Aleppopfeffer würzen; vom Herd nehmen. 3 Den Fisch auf beiden Seiten mit Salz und schwarzem Pfeffer einreiben und auf einem gerahmten Backblech platzieren. Den Lauch und den übrigen Spargel rund um den Fisch drapieren. Mit Salz und Pfeffer würzen. Nun die Butter-Mixtur über Fisch und Gemüse geben. Schwenken Sie das Backblech noch ein wenig, sodass sich das Gemüse ebenmäßig verteilt. 4 Im Ofen garen, bis der Fisch in der Mitte nicht mehr glasig und das Gemüse zart ist. Dauer: 15 bis 25 Minuten, abhängig von der Dicke der Filets. 5 Oliven, Schnittlauch und Zitronensaft mit zwei Esslöffeln Estragon und den übrigen fünf Esslöffeln Olivenöl mit den vorher zur Seite gestellten Spargelscheiben in der Pfanne schwenken. Alles mit Salz und schwarzem Pfeffer würzen. 6 Den Fisch auf eine Servierplatte legen, Lauch/Schalotten und Spargel darübergeben. Mit der Oliven-Mixtur beträufen und mit ein paar Blättern Estragon garnieren. 7 Mit Kartoffeln, Zitronenscheiben und der übrigen Oliven-Mixtur servieren – fertig!

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Foto: Alex Lau

Zubereitung


IN SOJA MARINIERTE EIER

Illustrationen: Olivier Kugler, Jan Steins (Porträt)

Zutaten „Es ist nicht so, dass ich überhaupt keinen Spaß mehr am gut Essen habe“, sagte er. „Montag erst war ich mit den Jungs in diesem koreanischen Bibimbap-Laden, das war super. Und neulich habe ich mir beim Metzger Innereien vorbestellt, weil ich jetzt diesen Nose-to-Tail-Ansatz angehen will. Aber das meiste davon kickt mich nicht mehr. Ich will wieder etwas essen, das nicht nur gut schmeckt, sondern mich umschmeißt“, sagte er. „Wenn ich mich daran zu erinnern versuche, wann mir das das letzte Mal passiert ist, fällt mir nur Zeug ein, das schon Ewigkeiten zurückliegt. Wie ich damals bei diesem Thai auf das Gericht mit den fünf Chilis gezeigt habe und dann brannte es mir den Mund aus. Vielleicht sollte ich mir so ein Sous-vide-Teil anschaffen. Aber das bringt es sicher auch nicht. Ich kann auch nicht mehr gut in Restaurants essen, weil ich das alles nicht mehr aushalte, die handgeschriebenen Tafeln mit den Tagesgerichten, die Kellner, die einem die Gerichte erklären wollen.“ „Warum ist das so wichtig?“, fragte ich. „Es ist doch bloß Essen.“ „Weil ich nicht so alt sein will, wie ich mir vorkomme“, sagte er. „Das Essen ist doch nur ein Symbol. Ich kenne schon fast alles, und was ich noch nicht kenne, reizt mich nicht. Wann hast du denn das letzte Mal Musik gehört, die dich auf der Stelle vergessen hat lassen, dass du eigentlich nicht tanzt? Oder etwas in der Natur gesehen, das nicht so ausgesehen hat wie ein Instagram-Foto?“ „Schon mal mit einem hart gekochten Ei probiert?“ „Du hast sie doch nicht mehr alle“, sagte er. „Was soll ich denn bitte mit einem Ei?“ „Es geht darum, dass du den Sachen eine zweite Chance gibst. Wenn du kaum noch neue Erfahrungen machen kannst, was unter anderem daran liegt, dass du immer so neugierig warst, musst du eben irgendwann die alten Erfahrungen neu machen. Bücher noch einmal lesen. Oder dich mit Wodka Red Bull abschießen.“ „Grauenhaft“, sagte er. „Warum sollte man sich das antun?“ gq.j u li 201 9

6 große Eier 5 Knoblauchzehen (geschält) ✕ 1 TL Chiliflocken ✕ 180 ml Sojasoße ✕ 3 EL Mirin (süßer japanischer Reiswein, gibt es im Asialaden) ✕ 2 EL Reisessig ✕

Zubereitung

der küchenchef von peter praschl

Warum hart gekochte Eier selbst Zyniker weich machen

Peter Praschl ist immer am Herd des Geschehens. Hier teilt er seine Gedanken über die Welt und wie sie uns schmeckt

„Du könntest besseren Wodka nehmen. Also, wann hast du das letzte Mal ein hart gekochtes Ei gegessen?“ „Zu Ostern wahrscheinlich“, sagte er. „Aber ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr.“ „Ist dir nie aufgefallen, dass sich im Zug keiner mehr eine Tupperdose aufmacht, um ein Ei herauszuholen, das er dann schält?“ „Das wird schon seinen Grund haben“, sagte er. „Es hat keinen“, sagte ich. „Faulheit und Hochmut sind keine guten Gründe. Hart gekochte Eier schmecken super, und außerdem zwingen sie dich, fünf Minuten lang dein Handy wegzupacken. In denen du dir überlegst, was du mit dem Ei machst, sobald du es hart gekocht hast.“ „Essen, was denn sonst?“ „Nicht gleich. Du legst es erst ein, wartest eine Stunde und denkst darüber nach, wie es passieren konnte, dass du so ein Idiot geworden bist. Dann isst du dein Ei. Und dann bedankst du dich bei mir.“

1 Die Eier in einen Topf mit kochendem Wasser geben und etwa 7 Minuten kochen lassen. In einer Schüssel mit Eiswasser 2 Minuten abkühlen lassen. Herausnehmen und vorsichtig schälen. 2 Knoblauch, Chiliflocken, Sojasoße, Mirin und Reisessig zusammen mit 480 ml Wasser aufkochen lassen. Die Hitze reduzieren und 5 Minuten vor sich hin sieden lassen. Vom Herd ziehen. Die Eier hineingeben und mindestens eine Stunde lang ziehen lassen. 3 Vierteln oder halbieren, servieren, essen.

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drink

TIPP !

gq Ba r im Patrick Hellmann Schlosshotel Brahmsstraße 10 14193 Berlin

Floradora Zutaten ✕ 50 ml Tanqueray-Gin ✕ 2,5 ml J&B-Whisky ✕ 10 ml Zuckersirup ✕ 3–4 frische Himbeeren ✕ 15 ml Limettensaft ✕ Sodawasser zum Auffüllen Zubereitung 1 Alle Zutaten bis auf das Wasser shaken. 2 Durch ein feines Sieb in ein Longdrinkglas füllen. 3 Mit Sodawasser und Crushed Ice auffüllen.

Cool summer

Er sieht nicht so aus, aber trotz des fruchtig pinken Anteils ist der Floradora ein extrem männlicher Drink. Der Whisky hat die typischen Rauchnoten, ist ansonsten aber leicht, alles andere würde den Geschmack des Gins und der Himbeeren überdecken. Die Mischung macht ihn zum perfekten Sommerdrink.

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foto

matthias weingärtner

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GQ PROMOTION

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Klare Ansage: Statt sichtbarer Nähte findet man bei der STORM SHELL den perfekten Mix aus smartem Design und starker Performance

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So fresh & so clean Stadt, Land, Style: Der moderne Gentleman liebt nahtlose Übergänge – und elegantes Design sowieso …

G

egen den Wind, aber ohne sich zu verbiegen, zeitlos elegant, aber doch immer mit der Zeit: Dieses Mindset ist es, das Männer heute zu echten Gentlemen macht. Genau davon ließen sich die Entwickler von WOLFSKIN TECH LAB inspirieren und schufen mit THE STORM SHELL eine wasser- und winddichte Jacke, die komplett ohne sichtbare Tapes und Nähte auskommt. Möglich wird dies durch eine spezielle Technologie namens XALT™ GS Garment System. Dabei werden alle Nähte unsichtbar verschweißt, was der STORM SHELL einen ultracleanen Look beschert.

So bietet ihr Träger auf jedem Terrain ein souveränes Bild – ob im Urban Jungle oder abseits ausgetretener Pfade. Selbstredend hat man bei TECH LAB auch in Sachen Praktikabilität mitgedacht: So lässt sich etwa dank „Snap-In“-Druckknopfsystem problemlos eine Innenjacke integrieren. Für dieses gelungene Gesamtpackage gab’s auch von der Jury des ISPO Awards reichlich Beifall. Sie prämierte THE STORM SHELL mit dem begehrten GOLD WINNER AWARD 2018. Die überzeugendste Performance liefern eben immer noch die, die sich nicht verbiegen lassen! jack-wolfskin.de


FOOD

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VON CLARK PARKIN

Die besten Restaurants in Istanbul Für einen Trip nach Istanbul brauche ich eigentlich keinen Anlass, die Stadt ist einer meiner liebsten Orte, um essen zu gehen. Das liegt an den spannenden Restaurants, die hier mit Blick über den Bosporus neo-anatolische Küche auf Spitzenniveau servieren, gleichzeitig aber auch an der Lebensart, mit der hier der Restaurantbesuch zelebriert wird. Als ich also gefragt wurde, ob ich Lust hätte, zur Party des vierjährigen Geburtstags des „Soho House“ nach Istanbul zu kommen, wäre ich am liebsten sofort in den Flieger gestiegen. Das „Soho House Istanbul“ gilt mit Recht als eines der schönsten „Soho Houses“ überhaupt. Der Club mit dem „Cecconi’s“-Restaurant und Hotel ist im historischen Palazzo Corpi mit angrenzendem Neubau untergebracht. Der Palast wurde von einem italienischen Archi3 tekten für einen Genueser Werftbesitzer gebaut. Ein vergleichbares Setting mit Bars und Lounges in stuckverzierten Sälen aus dem 19. Jahrhundert gibt es in keinem anderen „Soho House“ der Welt. Ein weiteres Plus ist die Lage, weil einige meiner absoluten Lieblingsrestaurants in Fußweite liegen. Das „Mikla“ von Mehmet Gürs muss ich an dieser Stelle nicht mehr erwähnen. Als Nr. 44 auf der World’s-50-BestListe ist es ein blue chip, wenn man nur eine Nacht hier ist. Ich gehe jedoch genauso gern ins 98

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Unser Autor berichtet über die interessantesten RestaurantEntdeckungen 1 Soho House Meşrutiyet Cd. 56 34430 Istanbul Tel.: +90 212 377 71 00 sohohouseistanbul.com 2 Alaf Kuruçeşme Kuruçeşme Cd. 19 34345 Istanbul Tel.: +90 532 015 94 19 alafkurucesme.com 3 Mürver Karaköy Durağı 57–59, 34425 Istanbul Tel.: +90 212 372 07 50 murverrestaurant.com 4 Neolokal Bankalar Cd. 11, 34420 Istanbul Tel.: +90 212 244 00 16 neolokal.com miklarestaurant.com

Fotos: Courtesy of Engin Aydeniz/Soho House Istanbul, Alaf Kuruçeşme, Mikla, Neolokal; Illustration: Jan Steins

JETSET FOODIE

Restaurant „Neolokal“ von Maksut Askar, mit dem mich nach vielen Besuchen schon eine Art Freundschaft verbindet. Das Restaurant befindet sich in einem Palast aus weißem Marmor, der zur Bibliothek des Salt-GalataMuseums für Moderne Kunst gehört. Maksut ist einer der wichtigsten Vertreter der neo-anatolischen Küche und hat einen eigenen Foodscout, der in Tälern in den hintersten Ecken Anatoliens nach alten vergessenen Zutaten sucht, die Maksut dann in sehr moderne Gerichte verwandelt, ohne die Kultur zu verfälschen. Seine kleine Çiğ-Köfte-Praline auf einer Rettichscheibe mit Sumac oder die frischen roten Garnelen mit Kastanienhonig sind Gerichte, für die ich immer wieder hierherkommen würde. Dass der Blick über das nächtliche Istanbul mit beleuchteten Moscheen hier einmalig ist, versteht sich von selbst. Eine andere angenehme Überraschung war mein Besuch im neuen Restaurant von Chef Murat Deniz Temel, den ich noch aus dem „Alancha“ kenne. Sein Restaurant „Alaf Kuruçeşme“ ist für den Koch, der schon im „Noma“ gearbeitet hat, eine Art back to the roots. Im „Alancha“ war seine Küche noch neo-anatolisch mit allen technischen Finessen der modernist cuisine, im „Alaf “ kocht er wieder ganz ursprünglich, die Rezepte sind oft vergessene Speisen, die seine Gäste das letzte Mal als Kind von der Großmutter serviert bekommen haben. Bei ihm wird auch wieder viel gegrillt, unter anderem Kokoreç, ein Streetfood-Klassiker, den er als köstlichen Burger serviert. Eine andere Neuentdeckung ist das Restaurant „Mürver“ von Yılmaz Öztürk, der früher im „L’Escargot“ in Alaçatı bei Izmir gekocht hat. Im „Mürver“ wird alles am offenen Feuer gegrillt oder langsam geröstet. Wie ganze Fische oder Enten, die einfach am Kopf aufgehängt über dem Feuer einen köstlichen Grill- und Rauchgeschmack entwickeln. Sein Oktopus aus der Asche ist einer seiner signature dishes und geht mir nicht mehr aus dem Sinn. Bis bald, Istanbul!



Unser Kolumnist war Regierungssprecher von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Mitglied der BILD-Chefredaktion. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsagentur ABC-Communication

AndAs AgendA von béla anda

Uber, der Überflieger Rund 200 Einhörner gibt es im Silicon Valley, Start-ups also, deren Firmenbewertung bei mehr als einer Milliarde Dollar liegt. Und egal wie sich der Aktienkurs nach dem Achterbahn-Börsengang von Uber in Zukunft entwickelt: Mit seinem Wall-Street-Debüt zählt der Privat-Taxi-Anbieter mit 90 Millionen Kunden schon jetzt zu den Top Ten der 347 Einhörner weltweit – so wie Elon Musks Weltraumtransporter SpaceX (Wert: 18,5 Mrd.), „Fortnite“-Entwickler Epic Games (15 Mrd.) oder das Haus- und Wohnungsportal Airbnb, in das auch Hollywood-Star Ashton Kutcher investiert ist (29,5 Mrd.). Doch kaum ein Start-up emotionalisiert zurzeit so stark wie Uber. Und anders als etwa bei Tesla ist es kein flamboyanter Gründer (mehr), der durch verstörende Tweets oder provokantes Verhalten Investoren verschreckt. Im Gegenteil: An der Uber-Spitze steht seit knapp zwei Jahren der Ex-ExpediaChef Dara Khosrowshahi, ein Valley-Novize aus Seattle, der Grunge-Wiege und Sehnsuchtsort aller Fans von Kurt Cobain, der sich hier erschoss. Eigentlich sollte der Uber-Chef mit seinem ausgleichenden Wesen neue Geschäftsfelder erschließen und weitere Investoren gewinnen. Doch nach dem Börsen-Flop ätzen seine Kritiker über mangelndes Feuer und Mut zur Konfrontation: Langweilig sei sein Auftritt, „der teuerste Hausmeister des Silicon Valley“ sei er. Sie vermissen den Gründer an der Spitze von Uber, den Mann, in dem sie anfangs den neuen Mark Zuckerberg, Elon Musk oder Larry Page sahen – Uber-Übermann Travis Kalanick. Schlank, jugendlich mit exzessiver 100

Energie. Wer bei Uber investieren wollte, musste zu ihm ins Hauptquartier nach San Francisco kommen, „Homeshow“ nannte er dies – in Konkurrenz zur üblichen „Roadshow“, bei der Gründer im Headquarter ihrer potenziellen Investoren um das erbetene Kapital werben, berichtete die „New York Times“. Kalanicks Botschaft: Ich bin so begehrt, ich kann mir meine Investoren aussuchen. Manchmal empfing er nur drei am Tag – und trieb mit dieser Verknappungsstrategie die Angebote in bis dahin unerreichte Höhen. Sein Ziel: Weltherrschaft der Mobilität; dominierend wie Google, Apple, Facebook. Erfolg auf der Überholspur. In Seattle erlebte ich es selbst. 45 Minuten musste oft warten, wer dort ein Taxi geordert hatte. Als Uber das Monopol brach, waren plötzlich auch die Taxen wieder pünktlich. In New York führte die Regulierung zu einer Verknappung von Taxi-Lizenzen, die so limitiert waren, dass sie für fünfstellige Beträge verkauft wurden: Uber schuf ein Uberangebot – und fegte die antiquierte Verknappungspauschale hinweg. Auch die Taxi-App „mytaxi“ wäre ohne die Uber-App nicht denkbar. Und wer wie ich einst vor der Einführung von Uber nachts vor Clubs in London auf ein Taxi gewartet hat (und aus Mangel an diesen in eins der obskuren illegalen Privat-Taxis stieg), kann sich über den Service nur freuen. Doch nach diversen Berichten über rüpelhaftes, gar sexistisches Verhalten drängten die Investoren Uber-Gründer Kalanick vor zwei Jahren zum Rückzug vom Posten des Vorstandchefs – und sein „dröhnender Tech-Bro-Kult“ („New York Times“) war Geschichte. Es feixten all

die, denen Ubers Geschäftsmodell missfällt, das freies Unternehmertum fördert und von vielen, darunter Gewerkschaftern, Besitzstandswahrern und Ideologen, nur als Mittel zur Profit-Maximierung und Selbstausbeutung bewertet wird. Sie haken sich unter im populär gewordenen Kampf vermachteter Strukturen gegen freies Unternehmertum, Regulierung gegen Entflechtung. Dies in einer Zeit, deren Vorbild nicht mehr die wirtschaftlichen Stimuli der Agenda 2010 sind, sondern die sozialistischen Parolen von Juso-Chef Kevin Kühnert oder der US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez (AOC). Profitabel ist Uber trotz des Börsengangs nicht, noch immer verliert das Unternehmen Geld, drei Milliarden Dollar waren es allein im letzten Jahr, teils für Investitionen in Technik, teils um neue Fahrer mit Bonus-Angeboten von der Konkurrenz abzuwerben. Träume, den zum Börsengang vereinbarten 100-Millionen-Dollar-Bonus in Aktienoptionen schnell zu realisieren, musste der Uber-CEO erst einmal begraben. Denn nur wenn es ihm gelingt, den Unternehmenswert über einen Zeitraum von 90 aufeinanderfolgenden Tagen über 120 Milliarden Dollar zu halten, verdient der oberste Uber-Steuerer Aktienoptionen im dreistelligen Millionenwert, meldete die „New York Times“. Davon ist er nach dem schwachem Börsen-Debüt weit entfernt. Mit einem Brandbrief machte er Mitarbeitern, Investoren und wohl auch sich selbst Mut: „Denken Sie daran, dass auch der Handel für Unternehmen wie Facebook und Amazon nach dem Börsengang unglaublich schwierig war“, schrieb er: „Und schauen Sie, wie sie sich seitdem entwickelt haben.“ Uber verfüge jetzt über „das Kapital, um den Weg zu besseren Margen und Gewinnen einzuschlagen“. Und auch wenn Investoren weltweit ihre Strategien ändern – from burn to earn – und Erträge ihrer Investitionen sehen wollen, so ist der schnellste Weg zum Start-up-Glück immer noch ein erfolgreicher Börsengang. Und ausschlaggebend für die Bewertung eines Unternehmens auf dem Weg dorthin ist nicht der Gewinn, sondern die Durchdringung des Marktes, am besten mit einem innovativen Geschäftsmodell und einer bombastischen Wachstumsrate. All diese Faktoren hat Uber zu bieten. Allein in den letzten zwei Jahren wuchsen die Buchungen bei Uber um mehr als 160%. Übrigens, dass Aktien innovativer Unternehmen nach dem Börsengang an Wert verlieren, ist keine Seltenheit. So lag der Ausgabekurs beim IPO von Facebook im Jahr 2012 bei 38 Dollar pro Aktie, bald darauf fiel er auf unter 18 Dollar. Heute liegt er bei rund 180 Dollar… gq.j u li 201 9

Illustration: Jan Steins

Wirtschaft


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G Q P R O M OT I O N

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4 GOOGLE Mit dem „Pixel 3a“ sind Sie rundum perfekt im Bild, denn es bietet alles, was wirklich zählt: brillantes OLED-Display, intelligente Kamera mit Nachtsicht-Funktion, beidseitigem Porträtmodus und „Google Lens“ plus unbegrenzten Online-Speicher für Fotos und Videos. Spitzensound. Einen Akku, der in 15 Minuten aufgeladen ist und bis zu 30 Stunden läuft. TopSicherheit. Und auch den Google Assistant haben Sie stets zur Hand. store.google.com

Das Leben ist ein einziges Abenteuer. Und mit smartem Equipment Vergnügen pur

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Notes

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Wo Spannung auf Entspannung trifft, herrscht selbst an Regentagen kein fades Grau-in-grau


Auto Roadtrip: Am Straßenrand, so wie hier in Texas, begegnet der X7 regelmäßig automobiler Vergangenheit

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Limousinen-Komfort trifft auf SUV-Gefühl, beides in Extragroß. Der neue BMW X7 soll Großstadt-Cowboys genauso wie Landstraßen-Könige begeistern. GQ erlebte den Wagen in den USA text

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AlexAnder Stilcken

D

er erste Tag ist noch nicht vorüber, doch auf dem Weg von South Carolina nach Georgia ist einem schon so eini­ ges begegnet: die Diskussionen darü­ ber, in welchem der beiden Bundesstaaten denn nun die besseren Pfirsiche angebaut werden. Die berühmte „Southern Hospita­ lity“, mit der die Besucher im imposanten X7 überall begrüßt werden. Egal ob im Coffee­ shop, an der Tankstelle oder vor dem elegan­ ten Boutique­Hotel „The Kimpton Brice“ in Savannah. Aber eben auch jene Ansichten, die für einen europäischen Großstadt­Cow­ boy eher Bauchschmerz­Potenzial haben: die Dame beispielsweise, die mit großem Nach­ druck erklärt, es gäbe da einige Mitglieder der demokratischen Partei, die man umge­ hend teeren und federn müsse – als wäre man in einem Lucky­Luke­Comic gelandet. Oder die Souvenirgeschäfte, in denen Aufkleber verkauft werden, die das Recht auf Waffenbe­ sitz feiern. Oder den Mann, der einem von gq.j u li 201 9

Fotos: Courtesy of BMW (3)

highway


seinem harten Leben mit vier verschiedenen Teilzeit­Jobs erzählt. Und man selbst mitten­ drin in einem Auto, das mit seinem enormen Kühlergrill und einem Schaltknauf in Kris­ tall­Optik nichts anderes ausstrahlt als: Wir sitzen hier auf den Gewinnersitzen des Le­ bens, und zwar in diesem Wagen, made by BMW, zusammengebaut ganz in der Nähe im Werk in Spartanburg, aber konstruiert für die Welt da draußen. Womit gemeint ist: eher für die Whole­Foods­Biomarkt­Kundschaft im kalifornischen Malibu denn für euch Erd­ nuss­ und Pfirsichfarmer hier im Süden. BMW hat zu diesem Roadtrip durch die USA eingeladen. Von Küste zu Küste im ko­

lossalen X7. Um SUV und Land in seiner Viel­ fältigkeit zu zeigen. Und weil der Wagen, mit seinen maximal drei Sitzreihen und sieben Plätzen, den 5,15 Metern Länge und dem se­ rienmäßig eingebauten Think­big­Gefühl wohl vor allem in den USA und sicherlich auch in China Absatz finden soll. Denn natür­ lich ist das Auto ideal, um mit der kompletten Großfamilie am Wochenende zum Tennistur­ nier der Kids zu fahren, er eignet sich aber letztlich ebenso gut als Chauffeurs­SUV und Business­Center auf vier Rädern. Und ganz pragmatisch argumentiert: Der überschauba­ re Preisunterschied zwischen einem gut aus­ gestatteten X5 und dem serienmäßig ziem­

Bis zu sieben Passagieren bietet der X7 Platz und lässt sich je nach Bedarf den Gepäck- und Personenbedürfnissen anpassen

BMW X7 XDrive40i Motor

6–Zylinder 0–1 00 kM/h

6,1 Sekunden topsp e e d

245 km/h A n t rie B

340 PS Ve r Br Au Ch

9,0 liter/ 100 km p r eis

ab 86 300 €

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lich komfortablen X7 macht das automobile Upgrade allemal zu einem rechnerisch höchst attraktiven Gedankenspiel. Erst recht wenn man den (Park­)Platz dafür hat. Das High­End­SUV­Segment besetzte da­ bei bislang die Konkurrenz von Mercedes­ Benz mit dem gerade in seiner neuesten Va­ riante vorgestellten GLS sowie Cadillac mit dem Escalade. Nun ist auch BMW dabei, und das – wie die Fahrt in der xDrive40i­Variante zeigt – auf höchstem Niveau. Mit dem Wagen über Highways zu gleiten scheint wie eine Unterforderung des Auto­ mobils. Die vielen Assistenzsysteme gestal­ ten die Fahrt extra erholsam, und auch im Stadtverkehr steuert sich der BMW­Big­Shot erstaunlich übersichtlich. Und zwischen den oft absurd riesigen amerikanischen Pick­up­ Trucks wirkt der Wagen geradezu zierlich. Wer einmal einen Roadtrip durch die USA gemacht hat, der weiß: Kurz hinter den großen Metropolen der Küsten, jenseits von New York und Boston, Los Angeles und San Francisco also, nimmt die Dichte an europäi­ schen Fabrikaten rasant ab. Auch der X7 wird daran nichts ändern, dafür ist er der Klientel in den „Flyover­States“ vermutlich einfach zu bayrisch, egal wo er gebaut wurde. Aber: In Sachen Platzangebot und Komfort ist der XXL­SUV eine ziemlich hervorragende Wahl, der amtierende Präsident würde wohl sagen: ein guter Deal.


Der Brite ist Gründer der Virgin Group – einem globalen Konzern aus mehr als 60 Unternehmen

Bransons Business rules von sir richard Branson

Wie man ein guter öffentlicher Redner wird? Mit Humor! Der Schriftsteller Mark Twain, der ein oder zwei Dinge übers Halten einer guten Rede wusste, sagte: „Es gibt nur zwei Arten von Rednern auf der Welt: 1) die Nervösen und 2) die Lügner.“ Wenn Sie das Sprechen vor Publikum fürchten, sehen Sie sich online einige mei­ ner frühen Versuche an – ich bin zuver­ sichtlich, dass Sie im Vergleich dazu gut abschneiden! Ein Glück, dass es keine Auf­ nahmen von meiner allerersten Rede gibt: Als mein erstes Projekt, eine Schülerzeit­ schrift, anfing, Anerkennung zu bekom­ men, wurde ich manchmal gebeten, öffent­ lich zu sprechen. Die erste hochkarätige Veranstaltung fand am University College, London, für einen deutschen Fernseh­ sender statt. Bevor ich an der Reihe war, lieferten der Studentenführer Daniel Cohn­ Bendit und der Aktivist Tariq Ali mitrei­ ßende Menschenrechts­Appelle. Sie brann­ ten für ihre Themen, hatten gro­ ßes Selbstvertrauen und den Intel­ lekt, ihre Rhetorik zu untermau­ ern. Während die Menge johlte, kämpfte ich gegen meinen Brech­ reiz an. Als ich das Mikrofon nahm, war mein Kopf leer. Ich murmelte eine Weile zusammenhangslos vor mich hin und verließ das Podium wieder. Einer der peinlichsten Momente meines Lebens. Mein

Gesicht leuchtete Virgin­rot. Einige Jahre später riet mir Sir Freddie Laker, mein gro­ ßer Mentor und der Mann, der mich ins Air­ line­Business einführte, das öffentliche Ge­ sicht meines Unternehmens zu werden. Er argumentierte, dass es im Wettstreit mit den großen Konkurrenten effektiver und billiger wäre, selbst Schlagzeilen zu ma­ chen, als Millionen für Marketingkampa­ gnen zu verblasen. Das bedeutete für mich, mein Problem mit dem öffentlichen Reden zu überwinden. Und ich merkte bald: Je besser ich vorbereitet war, desto weniger stotterte und stammelte ich. Denn gute Redner sind nicht nur talentiert, sondern auch harte Arbeiter. Beginnen Sie die Vor­ bereitung also schon einige Zeit im Voraus. Machen Sie sich mit dem Material vertraut und loten Sie für sich aus, an welchen Stel­ len ein energischerer Ton angebracht ist und wo ein leiserer. Allem voran sollten Sie

sich jedoch darauf konzentrieren, auf der Bühne Sie selbst zu sein. Wenn Politiker eine vorformulierte Rede halten, klingt die oft zu weich und vorsätzlich. Der Schlüssel liegt darin, Ihre Botschaft zu verinnerli­ chen und mit eigenen Worten verständlich zu machen. Denken Sie daran: Nicht jeder hat ein riesiges Vokabular. Oftmals funktio­ niert ein simples Wort viel besser als ein kompliziertes, das man womöglich noch falsch ausspricht – besonders wenn man wie ich an Legasthenie leidet. Mark Twain sagte auch: „Normalerweise brauche ich mehr als drei Wochen, um eine gute spon­ tane Rede vorzubereiten.“ Ob Sie nur ein paar Anmerkungen oder Themen notieren, über die Sie sprechen möchten – Bullet Points reichen aus. Es hilft, einen groben Überblick zu haben, auf welche Punkte Sie eingehen wollen. Wenn es dann gilt, die Rede vor der Öf­ fentlichkeit zu halten, stellen Sie sich vor, Sie säßen in Ihrem Wohnzimmer und sprä­ chen mit Freunden. Wählen Sie eine Person aus der Menge aus und vermitteln Sie die­ ser Ihren Standpunkt persönlich – Sie wer­ den feststellen, dass der Rest des Publikums Ihre Botschaft auch verstehen wird. Und keine Angst, auch mal vom Skript abzuwei­ chen, wenn sich interessante Tangenten er­ geben. Denn so entsteht spontaner Humor. Ein guter Witz entspannt und zieht die Menge auf Ihre Seite. Wenn Sie sich etwas lockerer machen, gehen die Worte flüssiger von den Lippen. Um ein beeindruckender öffentlicher Redner zu sein, muss man an das glauben, was man sagt. Und wenn Sie mit Überzeu­ gung sprechen und Leidenschaft für Ihr Thema empfinden, wird Ihr Publikum über Fehler hinwegsehen, weil es darauf vertraut, dass Sie die Wahrheit sagen. Meine Ant­ worten sind nicht immer glatt und direkt, beinhalten oft „Äähhms“ und „Ahs“. Aber die meisten Zu­ schauer sind mit einer zöger­ lichen, aufrichtigen Antwort viel glücklicher als mit einer schnellen und oberflächlichen. Bereiten Sie sich vor, dann nehmen Sie sich Zeit und entspan­ nen Sie sich. Und lassen Sie Ihr Herz sprechen.

Es gibt nur zwEi ArtEn von rEdnErn auf der welt: 1) die nervösen und 2) die Lügner.“

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— Mark Twain

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Illustration: Jan Steins; © 2018 Richard Branson. Distributed by The New York Times Licensing group

ManageMent


AUTO

VON ALEXANDER STILCK

Illustrationen: Jesús Prudencio, Jan Steins (Porträt)

Der Mazda MX-5 und seine stille, sexy Seele Seit 30 Jahren gibt es ihn nun bereits, diesen Roadster, der mit seinem Spaß-Versprechen einer neuen Kategorie Cabriolet den Weg ebnete. Drei Jahrzehnte, in denen sich der globale Geschmack und auch das Unternehmen Mazda verändert haben, aber der MX-5 ist immer noch da. Ewig jung und in seiner aktuellsten Variante sehr 2019 und sehr Mazda. Oder wie sie hier in Oberursel sagen: sehr „Kodo“ – so nennt sich die hauseigene Design-Philosophie. DesignZentren gibt es im Hauptsitz des Unternehmens in Hiroshima sowie in Yokohama, Shanghai und Los Angeles – und eben auch in der Europa-Zentrale im hessischen Oberursel. So wenig diese Lage zunächst nach einer Design-Hochburg im Allgemeinen oder einem Zentrum für japanische Ästhetik im Besonderen klingt, so sehr versteht der Besucher schon nach wenigen Minuten, warum dieser Ort so wichtig für die Mazda-Optik ist. „Wir machen keine Marktforschung mehr, weil wir der Überzeugung sind: Wir sind die Design-Experten“, erklärt Jo Stenuit, der Design Director. Er führt durch die Anlage in Richtung jenes Gebäudeteils, wo seine Abteilung untergebracht ist. Fotografieren ist verboten, ein guter Teil der Angestellten war noch nie hier. Als europäischer Außenposten widmet man sich natürlich insbesondere den Vorlieben der hiesigen Kundschaft, analysiert Farb- und Materialtrends, gestaltet, denkt bei allem und jedem aber Kodo, was ins Englische mit „Soul of Motion“ übersetzt wird und sehr vereinfacht bedeutet, dass auch ein stehender Wagen agil und mobil wirken soll. Man habe naturgemäß, so Stenuit, eine gewisse „Japa nese-ness“ im Kopf, und zwar weniger das kunterGQ.J U LI 201 9

FACTS LE IST UNG

ab 132 PS TOPSP E ED

204 km/h 0 -10 0 KM/H

8,3 Sekunden VE R B R AU C H

6,1 Liter/ 100 km P R E IS

ab 22 990 €

bunte Tokio, sondern vielmehr das stolze, ruhige, historische Japan. In Oberursel trifft – und das macht den Reiz des Standorts aus – Japanese-ness auf European-ness. Generell wolle man bei Mazda einen Bogen spannen zwischen elegant und sportlich, nutzwertig und sexy. Jedes der Design-Zentren arbeitet für sich, gestaltet Entwürfe, präsentiert diese – und setzt sich im besten Falle gegen L.A., Shanghai & Co. durch. Wobei man das japanisch zurückhaltend formuliert: Im Unternehmen zähle am Ende die Teamleistung, nicht das Einzel-Ego. Der sehr hochwertige neue Mazda3, der eine ernst zu nehmende Konkurrenz auch für hochpreisigere Modelle der Kompaktklasse darstellt, wurde in Oberursel gestaltet. Ganz wesentlich für den Design-Prozess ist das clay modelling. Einzig am Lehm-Modell, davon ist man bei Mazda fest überzeugt, lassen sich die Proportionen wirklich abschätzen und vor allem: perfektionieren. Die Arbeit mit der Modelliermasse ist eine Wissenschaft für sich, Gefühl trifft auf Präzision, und wenn die aktuellen Modelle des Konzerns optisch einerseits extrem reduziert wirken und sich andererseits das Sonnenlicht in den geschwungenen Formen raffiniert bricht, dann ist das für Stenuit und seine Kollegen Kodo in Vollendung. Dass Mazda im deutschen Markt eine Nischenposition hat, weiß man natürlich in Oberursel. Um das zu ändern, braucht es Geduld. Und Automobile, die nicht nur aus Vernunftsgründen attraktiv sind, sondern auch Unser Kolumnist weil sie Spaß verheißen. Wenn schreibt hier über man so will: das MX-5-Roadsteraufregende Abenteuer on the road Gefühl in allen Klassen. 105


reise

Barcelona fUr insider

Die beste Reisezeit: immer! GQ und der Sänger Adesse verraten, was Sie in Barcelona auf jeden Fall unternehmen sollten

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1 Bar Brutal Hier trifft sich Barce­ lonas Künstlerszene in unprätentiöser Atmosphäre auf ein Glas Naturwein und traditionelle katala­ nische Tapas auf Top­ Niveau. Carrer de la Barra de Ferro 1, cancisa.cat 2 Cotton House Ein historischer Palast aus dem 19. Jh. High­ light: die bepflanz­ te Terrasse, auf der Gerichte aus dem „Batuar Restaurant & Bar“ serviert werden. Gran Vía de les Corts Catalanes 670, hotel cottonhouse.com

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3 4 3 Paradiso Pastrami Bar Vorn gibt es sensa­ tionelle Pastrami­ Sandwiches, hinter einer Kühlschrank­ tür (!) eine edle holz­ vertäfelte Bar (s. o.) – und die allerbesten Cocktails der Stadt. Carrer de Rera Palau 4, paradiso.cat

4 sónar Festival Vom 18. bis 20. Juli findet das legendäre Sónar­Festival statt. Gefeiert werden Design, Kunst und vor allem elektronische Musik. Dieses Jahr mit dabei: DJ­Größen wie Dixon und Blawan. It rocks! Infos unter: sonar.es

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Fotos: Getty Images, Courtesy of Rafael Arocha/Bar Brutal, Paradiso Bar, Cotton House, Ariel Martini/Sónar, Smart

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erlin Dakar“, so heißt das zweite Album des Ber­ liner Sängers und Rap­ pers Adesse. Den Release feierte er mit einer besonderen Aktion: einer Tour in einem satt­ orangen Smart Fortwo Cabrio von – nomen est omen – Berlin nach Dakar, der Hauptstadt des Senegal. 6 266 Kilometer; wenn man ohne Pause durchfährt, dauert die Fahrt 71 Stunden. „Auf einem Roadtrip erlebt man Land und Städte bewusster. Man spürt jeden Meter und nimmt so viele Eindrücke auf“, sagt der 31­Jäh­ rige über sein Abenteuer. Dort­ mund, Amsterdam, Paris und dann, die vierte Etappe, Barce­ lona. Wir fragten ihn, was er an der katalanischen Metropole so schätzt? „Den alternativen und roughen Charakter der Stadt. Die kunstvolle Architektur und das Leben auf der Straße bis spät in die Nacht hinein. Man taucht in eine andere Welt ein.“ Einen persönlichen Rat erteilt Adesse auch gern: „Ich empfehle ein Picknick am Strand. Dort ist immer viel los. Wenn man lange nicht am Meer war, gibt es kaum etwas Besseres.“ Und hier noch handverlesene Tipps aus der GQ­Redaktion.


HOW−TO

SOFORT REAGIEREN

Jacke Wolfskin Tech Lab

Rotwein auf Sakko, Sneakern oder Shirt? Schnell handeln! Mit Papiertüchern den Fleck aufsaugen, nicht reiben! Dann mit einem „Fleckenstift“ (gibt’s in jeder Drogerie) behandeln. Der rettet mit Tensiden und Aktivsauerstoff das Weiß und den Tag.

RICHTIG WASCHEN

Foto: Tobias Volkmann; Styling: Lale Aktay; Illustrationen: Arthur Mount

Weiß kaum jemand: Wasserfeste Teile (wie z. B. die „Storm Shell“ links) gehören nicht in die Reinigung, sondern in die Waschmaschine. Mit SpezialCleanser für Funktionstextilien, ohne Weichspüler. Sonst verklebt das Gewebe. Danach ab in den Trockner, die Wärme reaktiviert die Funktionsmoleküle.

DAS WEISS ICH! Unser GQ Gentleman Lennard Wickel zeigt auf Instagram ständig, wie man sich korrekt inszeniert. Zum Beispiel mit einem Statement-Mantel in Knallweiß. Aber wie schafft man es, die angesagte Nichtfarbe von Flecken und Verfärbungen freizuhalten?

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@ O N LY L E N N A R D

FLECKEN VERMEIDEN

Zwei Weis(s)heiten: Nasse Textilien nie in der Sonne trocknen, die Farbe kann verschießen, schlimmer noch – vergilben. Und nie Parfüm aufs weiße Outfit sprühen, das gibt böse gelbe Flecken, die nie wieder rausgehen.

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Fotos

Fanny latour-lambert IntervIew

esma annemon DIl ProDuktIon

Frank seIDlItz

T-Shirt und Hose Gucci Schmuck privat

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GQ Presents:

„stranGer thinGs“-star Dacre MontGoMery

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Dacre MontgoMery Poloshirt und Hose Prada Schmuck privat

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Dacre MontgoMery

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ie Frage, ob unsere heimliche „Stranger Things“-Lieblingsfigur Billy in der dritten Staffel tatsächlich eine Affäre mit der frustrierten Hausfrau Mrs. Wheeler beginnt, lacht Dacre Montgomery ziemlich gekonnt weg. Wie ein alter Showbiz-Veteran. Genauso lässig à la Old Hollywood wirkt er auch auf den Bildern unseres Shoots. Dabei hatte der 24-jährige Australier noch nicht viel Zeit, sich an die Aufmerksamkeit von den Medien (und knapp zwei Millionen InstagramFollowern) zu gewöhnen. Wir trafen den Newcomer in Los Angeles. Weiß wenigstens Ihre Freundin, ob Billy eine Affäre mit Mrs. Wheeler anfängt? Ich darf mit absolut niemandem über den Plot reden. Aber ich kann Ihnen sagen, dass es sehr befriedigend war, die Figur Billy als Antagonisten mit düsteren Seiten weiterzuentwickeln. Man wird mehr über seinen Hintergrund und seine Kindheit erfahren. In dieser Rolle durfte ich mich an die Grenzen des Menschlichen bewegen, ohne ins Übernatürliche abzudriften, vergleichbar mit Jack Nicholson in „The Shining“. Schauspielerisch war das natürlich höchst spannend. In dieser Staffel fahren wir auf volles Risiko, alle scheinen noch mehr zu verlieren zu haben. Die Stimmung wird noch unheimlicher und dunkel, aber gleichzeitig mit größerer Leichtigkeit und Humor erzählt. Ich kann gar nicht abwarten, es als Ganzes selbst zu sehen. Sie sind seit der zweiten Staffel dabei und wurden auf YouTube für das Casting-Video bekannt, das die amerikanische GQ im Winter 2017 veröffentlichte. Ist das heimlich zugespielte Audition-Tape das neue Sex-Tape? Das ist lustig, wer weiß? Ich hoffe, dass es eher Zufall war, obwohl die Agenten und Netflix-Publizisten ziemlich clever sind, wenn es darum geht, Kids auf YouTube mit einfallsreichen, neuen Manövern zu erreichen. Inzwischen ist die dritte Staffel abgeschlossen. Wie findet man von den intensiven Dreharbeiten zurück in den normalen Rhythmus? Das ist definitiv nicht einfach, und wenn ich ehrlich bin, befinde ich mich auch ein paar Monate später noch immer in der Orientierungsphase. Meine Freundin und ich haben während der Dreharbeiten in Atlanta für acht Monate in einem Haus dort gewohnt, das wir selbst ziemlich aufwendig eingerichtet haben. Bis zum nächsten Filmangebot haben wir nun alles zusammengepackt und eingelagert. Wir beide teilen die Leidenschaft für gutes Design: Meine Freundin kommt aus der Architektur, und ich habe nach der Ausbildung ein Praktikum bei einem Interiordesignstudio gemacht. Auf Instagram sieht es so aus, als ob Sie sogar gemeinsam an einem eigenen Label arbeiten. Wie konkret sind die Pläne? Im Moment beschäftigen wir uns mit Stoffen, insbesondere gewaschenem Leinen, das mir in Interieurs, aber auch für Kleidung gefällt. Ich würde das gern so entwerfen und produzieren, dass es für unsere Generation zugänglich und ergq.J u li 201 9

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schwinglich ist. Nicht viele in meinem Alter haben das Glück, erfahren zu dürfen, wie sich Bettwäsche aus weichem Leinen oder Seide anfühlt und welche Rolle die richtige Beleuchtung in einem Raum spielt. Es geht auch darum, eine Art von Leichtigkeit und Luftigkeit zu erzeugen, die ich mit der Nähe zum Meer verbinde. Das Gegenteil von Atlanta, wo man von Land umgeben ist. An solchen Orten hilft es mir, diese gewisse Atmosphäre durch Fotografie zu schaffen; Stuart Cantor transportiert einen an die schönsten Sommerorte der Riviera. Zu Hause in Perth habe ich eine drei Meter hohe gerahmte Aufnahme der Amalfiküste hängen. Instagram hat geholfen, ehemals elitäre Ästhetik und einen extrem hohen Informationsstandard allgemein zu verbreiten. Finden auch Sie die beste Inspiration online? Nicht unbedingt, manche Dinge erfährt man einfach besser im persönlichen Austausch. Deshalb schätze ich es, mit meiner Stylistin zusammenzuarbeiten und von ihr alles über Stoffe und Schnitte zu lernen. Gestern Abend habe ich den Designer Adam Hunter getroffen, der sich gerade eine neue Art, einen Ombre-Farbverlauf auf Leder und Tapeten zu drucken, patentieren lässt. Wenn man solche Innovatoren trifft, lernt man, sich nicht von Grenzen limitieren zu lassen. Was würden Sie gern erreichen? Irgendwann will ich in der Lage sein, parallel Häuser zu bauen und Filme zu erschaffen. Aber noch mal zurück zu Ihrer anfänglichen Frage. Je nachdem, wie man gestrickt ist, fällt der Übergang von der hohen Intensität des Filmens zurück ins normale Leben nicht unbedingt leicht. Ich neige zu Besorgtheit, bin ehrgeizig und leidenschaftlich involviert, deshalb ist es gut, auch andere Interessen zu verfolgen, die es einem leichter machen, auf die richtige nächste Rolle zu warten. Wie gelingt es einem, nicht an Momentum zu verlieren, während man auf das richtige Angebot wartet? Das ist die große Frage, nicht wahr? Da immer 50 000 Leute hinter einem stehen, die genauso große Träume haben, hart dafür arbeiten und vielleicht noch talentierter sind. Seit ich zehn Jahre alt bin, habe ich nebenbei gearbeitet, vor allem in der Gastronomie, und nehme die unglaubliche Chance, die mir geboten wurde nicht selbstverständlich. Umso mehr versuche ich, die richtigen Entscheidungen für eine langjährige Karriere zu treffen. Am liebsten würde ich als Nächstes an einem Indie-Film arbeiten, aber das liegt nicht ganz in meiner Hand. 113


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Dacre MontgoMery StyLinG: Simon Robins; GRooMinG: Paula Jane Hamilton using Kevin. Murphy and H. Roads; DiGi tECH: Anthonie gonzalez; PRoDuKtion: Cynthia Hadden/lyric Productions inc; foto-ASSiStEnZ: Jai Crocker; StyLinG-ASSiStEnZ: Will Thomas; PRoDuKtionS-ASSiStEnZ: Travis Wethers; tAiLoR: Jessica Thomas

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Foto: Courtesy of Netflix

Die „Stranger Things“-Fans erwarten in der dritten Staffel (ab 4. Juli auf Netflix) eine heiße Affäre zwische Billy (Dacre Montgomery) und der verheirateten Hausfrau Mrs. Wheeler (Cara Buono)

Die Entfernung zu Agenten, Produzenten und der ganzen Industrie hilft hoffentlich, nicht von wichtigen Zielen abgelenkt zu werden. Deshalb ziehe ich jetzt nicht einfach mal zum Spaß nach Los Angeles, sondern will mir das Rückflugticket durch eine neue Rolle verdienen. Jedenfalls klingen Sie nicht wie jemand, der Mitte 20 sorglos den ersten Erfolg genießt. Was ist das Problem? Wenn man mit einem Schlag die Aufmerksamkeit von Hunderttausenden und dann Millionen auf sich zieht, finde ich das eher beängstigend. Die Anerkennung anderer Schauspieler und Filmemacher fühlt sich natürlich gut an, aber der Kampf um generelle Popularität ist für mich negativ besetzt. Dieses Jahr war ich zum ersten Mal auf der Oscar-Party von „Vanity Fair“. Wahrscheinlich nicht länger als 20 Minuten, da ich keinen gekannt habe und nicht lange unsicher herumstehen wollte. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich in der Schule weder attraktiv oder beliebt war und ziemlich fertiggemacht wurde. Das ist wirklich schwer vorstellbar, wenn man Sie jetzt so sieht. Ihre Rolle in „Stranger Things“ ist auch an den Herzensbrecher der 80s, Rob Lowe in „St. Elmo’s Fire“ angelehnt. Ansonsten werden Sie auch mit James Dean oder Leonardo DiCaprio verglichen. Stimmt es, dass Sie vor fünf Jahren so dick waren, dass nicht nur Ihr erster Agent, sondern auch Ihr Arzt Ihnen riet, 25 Kilo abzunehmen? Tatsächlich habe ich dann sogar 27 Kilo abgenommen und dabei eine völlig neue Selbstdisziplin entdeckt. Nämlich wie man sich gesund ernährt, regelmäßig trainiert und positive Gewohnheiten entwickelt, die das ganze Leben verändern. Ich trinke nicht, nehme keine Drogen und brauche stattdessen Yoga und meine Stunden im Fitnessstudio. Gleichzeitig habe ich dabei auch gelernt, härter zu arbeiten, an mir selbst und an Zielen. Wenn ich mir etwas vornehme, meine ich das ernst, aber dafür überlege ich mir sehr genau, wie ich meine Energie investieren möchte. Ist das auch ein Phänomen jüngerer Generationen, sich nicht mehr für die vermeintlichen Glücksversprechen wie Geld, Status, Sex ausbrennen zu lassen und nicht jeder Karotte nachzurennen, die einem von oben vor die Nase gehalten wird? Das mag sein. Ich versuche jedenfalls, mir meiner Ängste und Kompensierungsstrategien bewusst zu sein. Zu meinen größten Herausforderungen gehört es, nicht irgendwie neben mir zu stehen, sich gedanklich zu viel in der Vergangenheit oder Zukunft zu bewegen und stattdessen das Hier und Jetzt zu erleben. Manchmal schreibe ich vor Meetings und wichtigen privaten Erlebnissen meine Prioritäten und was ich hoffe, aus gq.J u li 201 9

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der Erfahrung mitzunehmen, tatsächlich auf Papier auf. Neulich habe ich ein Buch über die Masken gelesen, die wir alle anlegen, um die unterschiedlichen Rollen in unserem Leben spielen zu können. Für seine Eltern trägt man eine andere als für Freunde, Partner oder den Job. Fast noch wichtiger: Welche Maske trägt man für sich selbst? Diese Facetten können ziemlich verwirrend sein, vor allem für Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Was ist die beste Art, etwas Authentisches von sich selbst zu offenbaren und sich gleichzeitig vor Übergriffen auf die eigene Person zu schützen, sodass man keine Panikattacken im Hotelzimmer bekommt? Auf dem Flug habe ich auch ein Buch über die Psychologie des Ruhms gelesen, der über 30 bis 40 Jahre hinweg analysiert wurde, unter anderem anhand von Ikonen wie Madonna oder Michael Jackson. Und welche Erkenntnis haben Sie dabei gewonnen? Da ich keinen Plan B habe, würde ich gern gravierende Fehler, die anderen Schauspielern die Karriere oder Seele gekostet haben, vermeiden. Eher abschreckend finde ich die Popularität um der Popularität willen. Dazu gehören Kinder berühmter Leute, Socialites, Influencer. Respekt habe ich vor verdienter Celebrity, jemand, der Einfluss durch Talent und große Leistung gewonnen hat. Das ist das Ziel. Glauben Sie, dass Sie sich genauso viele Gedanken machen würden, wenn Sie nicht die Erfahrung des unbeliebten dicken Kindes gemacht hätten? Gute Frage, wenn wir ehrlich sind, haben doch die meisten von uns schon mal eine Form von Unglück oder Bitterkeit durchlebt. Auch wenn es im Moment hart ist, bereichern einen am Ende solche Widrigkeiten, und als Schauspieler hilft einem das, aus einem größeren Schatz von Emotionen schöpfen zu können. Sonst ist die Darstellung recht eindimensional. Ich habe die Schulzeit wirklich gehasst und bis vor ein paar Jahren nur Ablehnung erfahren. Im Sport war ich nicht mal gut genug fürs Ersatzteam, und von der Schauspielschule bin ich sogar zwei Mal geflogen, da ich zu unmotiviert war. Irgendwann habe ich verstanden, dass ich ein totaler Loser werde, wenn ich mich nicht zusammenreiße. Haben Sie sich durch diese Phasen allein gekämpft? Meine Mutter hat mich auch an Tiefpunkten immer wieder aufgebaut, mir Hoffnung und Selbstbewusstsein gegeben, mich aber nicht mit jeder Laune davonkommen lassen. Es ist etwas peinlich zuzugeben, aber ich kann mich auch noch als Erwachsener heulend von ihr trösten lassen. Sie spricht übrigens Deutsch, da sie als Produktions-Koordinatorin für BMW und Mercedes lange mit einem deutschen Stunt-Fahrer für JamesBond-Filme zusammen war. So habe ich als Kind Monate im schönen München und in Norditalien gelebt. Ein paar Worte fallen mir noch ein: Ich muss jetzt weg und tschüss. 119


auch nach 15 jahren strahlt der berĂźhmteste techno-club der gQ geht dem berliner Party-mythos berghain auf die sPur 120


welt eine einzigartige faszination aus. wie hat er das geschafft? te x t: amon meerbeck . illustr ation: ma x-o-matic

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Schwarze Löcher zählen zu den größten Geheimnissen des Weltalls. Alles, was in ihre Nähe gerät, wird aufgrund der starken Anziehungskraft aufgeheizt, in die Länge gezogen, zum Strahlen gebracht und schließlich verschluckt, sogar das Licht. Die ersten Aufnahmen eines Schwarzen Lochs zeigen einen Schatten in heller Umgebung. Der Schatten ist allerdings nicht das Schwarze Loch selbst, sondern sein Ereignishorizont. Dieser umgibt das Schwarze Loch und ist die Grenze, hinter der alles verschwindet und für immer verloren ist. Mitte März, ein paar Tage bevor es Wissenschaftlern erstmals gelang, ein Schwarzes Loch zu fotografieren, veröffentlichte das britische „DJ Mag“ seine berühmte alljährliche Liste der besten Clubs der Welt. Das Berghain, 2009 noch auf Platz eins, steht in diesem Voting von Fans der elektronischen Tanzmusik auf Platz zehn. Und ist, das ist nun wirklich fast eine Sensation, nicht mal mehr der beliebteste deutsche Club, das Kölner Bootshaus steht zwei Plätze drüber. Was ist da los? Ist das Berghain etwa, kurz vor seinem 15. Geburtstag, over? Das ist natürlich Quatsch. Solche Rankings interessieren weder die Macher noch die weltweiten Fans des Berghain. Es ist ja nicht davon auszugehen, dass die Menschen, für die das Hain seit Jahren das Zentrum aller Sehnsüchte ist, nun stattdessen nach Köln-Mülheim pilgern oder ins brasilianische Camboriú, wo der diesjährige Spitzenreiter, der 12 000-Menschen-Club Green Valley zu Hause ist. Das Berghain schwebt, zumindest in diesem Universum, außer Konkurrenz. Selbst die Redaktion des „DJ Mag“ schreibt: „As long as it stands, it’s hard to imagine anything better.“ Und es wird weiterhin jeder wenigstens einmal da reinwollen – australische Studenten, globale Popstars, europäische Fashion-Göttinnen, korrekte deutsche Vorstandsvorsitzende. Warum ist das Dringewesen-Sein immer noch wie eine exklusive Auszeichnung, wie ein badge of honor, den man sich ans Selbstbewusstsein heften kann? Wie hat es das Berghain geschafft, zu einem scheinbar unzerstörbaren Mythos zu werden? Wie jeder weiß, ist das Berghain sehr viel mehr als ein Ort zum Trinken und Tanzen. Natürlich spielen hier die allerbesten Technound House-DJs, die es überhaupt gibt. Und einmal im Monat hat jeder der residents ein Heimspiel – Marcel Dettmann, Ben Klock, Len Faki, Kobosil usw. –, allesamt Weltstars der Techno-Szene, die hier zu Hause sind. Wie diejenigen wissen, die es wirklich erlebt haben, ist das Berghain aber noch viel mehr als ein Club: ein metaphysischer Zustand, in dem Raum und Zeit und Sprache aus allen Angeln springen. Drei Tage Nacht, kann passieren.

hainweh

Über das Berghain kann man nicht sprechen, ohne an seine eigene Biografie zu denken. Mein erstes Mal „drin“ hatte ich, nur wenige Tage nachdem ich mich zum ersten Mal tätowieren ließ. Zwei Dinge, die bis ans Ende bleiben werden. Das war im Herbst 2011, den Club gab es da schon sieben Jahre, ich war also ein totaler Spätzünder, was auch daran lag, dass ich bis dahin überhaupt keinen Techno mochte. Beziehungsweise: Ich wollte ihn unbedingt mögen, ich verstand ihn nur nicht. Dazu musste ich – als Ex-Berliner, also als Tourist – hierherkommen. Völlig unvorbereitet und spontan, sonntag122

morgens um acht, mit einem Mädchen, das ich ein paar Stunden vorher im „Club der polnischen Versager“ in Mitte kennengelernt hatte. Es wäre um ein Haar gar nicht dazu gekommen, aber es wurde ein Ereignis wie Heimkommen. Nicht nur, weil ich 2000 Meter Luftlinie von diesem Gebäude geboren wurde und ein paar StraßenbahnStationen Richtung Nordosten von hier aufgewachsen bin. Wer einmal im Berghain war, für den teilt sich das Leben in das Davor und das Seitdem. Während ich diesen Text schreibe, höre ich auf Soundcloud ein Set von Boris, ebenfalls legendärer Berghain-Haus-DJ, und merke, wie die Unruhe wächst. Hainweh. Auf Instagram schreibe ich einem Bekannten aus der Medienbranche, ob er mir ein paar Gedanken zum Thema mitgeben möchte, er habe mir doch erst neulich so wundervoll von einer unvergesslichen Nacht vorgeschwärmt. Er will seinen Namen in meinem Text nicht sehen – das gehört zu diesem Ort trotz seines ohrenbetäubenden Betriebslärms einfach dazu: das Geheimnisvolle, das Respektvolle, das Geflüsterte, das sorgfältig Behütete – aber er schreibt mir trotzdem eine Mail, in der es aus ihm heraussprudelt: „Manchmal ist das Berghain wie eine düstere Tanzfabrik, die sich vom Schweiß der Tausenden von Anonymen nährt, die sich über das Wochenende da durchschieben. In denen das Vergessen und das SichAuflösen in einer unmenschlichen Dringlichkeit mit Sex, Drogen und harter Musik betrieben wird. Dann muss ich sofort gehen. Es gibt aber auch diese Momente darin, in denen es sich wie ein eingeschworenes Jugendzentrum anfühlt. Die Zeit fliegt. Man schaut auf die Uhr, und es ist 2.30 Uhr, zehn Minuten später fragt man: „Wie spät ist es?“, und es sind sieben Stunden vergangen. In denen ein Zauber passiert, der wie alle guten Zauber nicht erklärt werden kann. Morgens um vier unten auf dem Techno-Floor zu stehen und plötzlich tummeln sich 20 Dragqueens in Rokoko-Kostümen auf der Tanzfläche. Im Darkroom zwischen jedem der vielen Geschlechter zu sich zu kommen, den Puls des Beats zu spüren und auf einmal singt jemand auf diesen Beat laut SoulLieder aus den 1980ern. Im Sommer im Berghain-Garten zu tanzen und ein Lied aus der eigenen Jugend zu hören, das den jetzigen jungen Tänzern aktuell und modern erscheint, und plötzlich sind Raum und Zeit gleich und alle im gleichen Moment vereint. Bei einem der vielen Geheimkonzerte von namhaften Musiker*innen sich mit Fremden zu verbinden, da es so voll ist, dass man den Eindruck hat, die eigene Haut öffnet sich und durchdringt die Membranen der anderen, und man wird mit den anderen zu einem kompletten Wesen.“ Über das Berghain kann man nicht sprechen, ohne zum Poeten zu werden.

Der perfekte Club

Ein bisschen Geschichtsunterricht: Wer diesen Laden verstehen will, der sollte schon mal von seinem legendären Vorgänger gehört haben. Das Ostgut machte 1998 auf und galt schnell als wichtigster Feierort der Schwulen-Community, weil es harte Fetischpartys und hartes Dauerdraufsein und harten Weltklasse-Techno an einem Ort zusammenbrachte. Es dauerte nicht lange, bis die Heteros mitfeiern wollten. Was die Blaupause für die Berliner Clubkultur der kommenden Jahre lieferte: „Die Musik auf schwulen Partys war bis dahin meistens von den internationalen Entwicklungen der Clubmusik abgekoppelt gewesen. Und für Heteros war das schwule Insistieren auf die existenzielle Notwendigkeit zu feiern sehr inspirierend“, wie es in Tobias Rapps Buch „Lost and Sound. Berlin, Techno und der Easyjetset“ heißt. Tobias, heute Redakteur beim „Spiegel“, verbrachte im Ostgut viele Tage und Nächte, wie er mir erzählt, „als einer der sehr wenigen Heteros, die da regelmäßig waren“. Er beschreibt die Vorgeschichte des Hain: „Es stammt aus dieser Kultur der totalen Improvisation, dem gq.j u li 201 9

Fotos für illustration vorherige Seite: getty images (2), dpa, imago, Courtesy of Sven Marquardt/Ostgut Booking (2)

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Berlin der 90er, wo man sich leere Räume genommen und die bespielt hat und sie irgendwann wieder verlassen hat. So eine Art HausbesetzerEthos. Und das galt ja auch fürs Ostgut, das eine Fabrikhalle im Nirgendwo war.“ 2003 musste das Ostgut schließen – an jenem Ort steht heute die Mercedes-Benz-Arena und ein paar weitere Multifunktionsgebäude, ein schauriges, seelenloses Ensemble. Glück im Unglück: Die Ostgut-Betreiber, Michael Teufele und Norbert Thormann, konnten ein leer stehendes DDR-Heizkraftwerk übernehmen, einen denkmalgeschützten Monolithen im Gewerbegebiet unweit des Ostbahnhofs. Und planten, meint Tobias, nichts weniger als den perfekten Club: „Ich glaube, der Quantensprung zum Berghain war, dass sich die Macher gedacht haben: Wenn wir jetzt noch mal einen Club aufmachen, dann machen wir’s richtig. Alles am Berghain war von Anfang an auf Dauer angelegt. Jedes Detail ist genauestens und liebevoll durchdacht – von den Geländern, an die man sich auf eine bestimmte Art bequem anlehnen kann, bis zu den Garderobenmarken, die du nicht verlieren kannst, egal wie breit du bist. Für mich ist das Berghain neben der Philharmonie der zweite große Musiktempel von Berlin.“ Der perfekte Club eröffnete im Dezember 2004, ein Teil davon, die Panorama Bar, schon zwei Monate vorher. Das Berghain, das sind ja eigentlich mehrere Clubs auf einmal: die große, 18 Meter hohe Halle im ersten Stock, wo der typische düstere Berghain-Techno sehr ernsthaft zelebriert wird. Hier ist die Mitte von allem, hier schlägt das Herz, ungefähr 125-mal pro Minute. Die Treppe hoch geht es zur kleineren Panorama Bar, auch allein schon einer der besten Dancefloors, die es gibt, wo meist sehr viel lebensfrohere Housemusik läuft, shiny happy people tanzen zu fun music. Im Sommer gibt es den Garten, ein kleines Paradies aus Beton. Der Dancefloor namens Säule, unten im Erdgeschoss, öffnete erst 2017 – ein Raum für experimentellere Sounds. Ein Club ganz für sich ist das Lab.Oratory – gay men only! –, in dem mythenumrankte Fetischpartys stattfinden. Das alles unter einem Dach, 1 500 Menschen können hier gleichzeitig feiern, heißt es. Für die breite (beziehungsweise: nüchterne) Öffentlichkeit gibt es sogar noch weitere Hallen, für Kunst und Konzerte. Ein monströser Bau, der niemanden unbeeindruckt lässt. Laura Ewert, Journalistin, DJ und Insiderin der Techno-Szene (wer sich noch näher mit der Berliner Clubkultur seit Ende der 90er beschäftigen will, dem sei ihr Podcast „Berlin Zwanzig: Eine Stadt in zwanzig Songs“ ans Herz gelegt), sagt mir am Telefon: „Ich selbst war nie der allergrößte Berghain-Fan, mich hat die Architektur immer eingeschüchtert. Ich glaube aber, dass das viele Leute total mögen: reingehen und erst mal ganz klein wirken. Das ist so eine ganz andere Atmosphäre als in den Berliner Holzverschlags-Clubs wie früher der Bar25 oder heute dem Kater Blau, wo du dir jeden Raum ganz schnell erobern kannst, wo es mehr ist, als würden alle zusammen ein total versponnenes Theaterstück inszenieren. Im Berghain dagegen bist du Teil von etwas, das immer stärker ist als du. Da treffen sich die Individualisten, die aber nicht individuell sein wollen. Alle sehen mehr oder weniger gleich aus. Das Berghain-Publikum hat den Club und sich selbst immer ernster genommen, als das in anderen Clubs der Fall war. Das Berghain war mit seinen Kunstprojekten, mit Ausstellungen, mit klassischer Musik und Ballett immer der Raum für die Intellektuellen.“ Tatsächlich teilt sich die Raver-Community ja ganz grob betrachtet in zwei tribes – nennen wir sie mal die Hippie-Druffis auf der einen und die Schwarze Armee auf der anderen Seite. Was die Atmosphäre, die Architektur, die Musik, die Drogen, den Sex in diesen Clubs angeht, kann man vereinfacht sagen: weich gegen hart. Wobei es, zumal in der Berliner Clublandschaft, große Schnittmengen gibt. (Und natürlich kann man je nach Stimmung mal so, mal so feiern gehen.) Was das Berghain aber aus allem heraushebt, ist die fast schon orthodoxe gq.j u li 201 9

Verehrung seines Stammpublikums. Sonntags gehen wir in die Kirche. In die Techno-Kathedrale. Die Beschreibung der bekannten FanPlaylist „Berghain Music“ auf Spotify lautet: „The latest tracks you heard in the church last sunday.“ „Mir gingen diese religiösen Metaphern immer ein bisschen auf den Geist“, sagt Laura. „Natürlich haben die Dimensionen des Gebäudes etwas Kathedralenhaftes, aber es ist halt ein Heizkraftwerk, Punkt, aus, fertig. Und ich glaube auch nicht, dass Gott ein DJ ist. Ein DJ predigt nicht, er liefert nur eines von verschiedenen Angeboten in einem Club. Wenn du im Darkroom vögelst, ist dir egal, ob der DJ gerade eine Predigt hält.“ Dennoch weiß sie die Leistung der Berghain-Macher zu schätzen: „Der Club ist unheimlich gut gealtert. Es ist echt schwierig, sich so dermaßen treu zu bleiben.“ Hat sich das Hain gar nicht verändert in diesen fast 15 Jahren, die in Club-Jahren ja eine Ewigkeit sind? Tobias meint: „Das Berghain ist zwar immer noch ein vor allem schwuler Laden, seine kulturelle Hegemonie liegt in der Hand der SchwulenCommunity. Aber es ist sehr viel diverser geworden. Es sind sehr viel mehr Frauen da als früher. Wenn Frauen sich auf der Tanzfläche bewegen, so wie das schwule Männer tun, also zum Beispiel oben ohne tanzen, dann hat das auch, aber eben nicht nur eine sexuelle Komponente – es kommuniziert mehr so ein Body-Positivity-Feeling. Ich glaube, dass das Berghain sehr viel dazu beigetragen hat, die offensive Körperlichkeit der Schwulen in die Hetero-Welt herüberzuziehen.“ Was das Berghain – ganz anders als man oft hört – nicht ist: ein Touristenladen. „Natürlich sind da viele Berlin-Besucher, aber nicht solche, die nur zum Gucken da sind. Die werden gar nicht erst reingelassen, dafür haben die Türsteher schon ein Gefühl.“

am ereignishorizont

Reden wir also mal über die Tür. Die härteste Tür Berlins, wie es immer heißt. Die Türsteher um Sven Marquardt, die einem erst einmal so riesig und unüberwindbar erscheinen wie die Endgegner in alten Videospielen. Nur dass das Spiel erst hinter ihnen so richtig los geht. „Die Türsteher sind so wichtig wie der DJ, vielleicht sogar noch wichtiger“, sagt Tobias. „Die Berghain-Tür markiert die Grenze zwischen zwei Welten. Der normalen Welt des Alltags, der Arbeit, der Verpflichtungen – und der Gegenwelt: einer Welt des Hedonismus, der Freiheit, des Wunsches, des Exzess, der Musik. Die dionysische Welt sozusagen. Eine Welt, die einer anderen Logik folgt. Eine Welt, in der es zum Beispiel kein Bild gibt. Es gibt dort keine Spiegel, in denen man sich angucken kann. Niemand darf Fotos machen. Um diese Welt zu betreten, muss man eine Schwelle überqueren. Man hat ja vorher auch gewartet, oft sehr lange, und man muss sich bereitmachen dafür. Wenn man in diese Gegenwelt einfach so reinspazieren könnte, dann hätte man ja keinen Respekt davor. Auch das ist wie mit einer Kirche: Wenn du die nicht mit Respekt betrittst, dann wirst du auch nicht verstehen, wozu sie da ist.“ Laura hat ebenfalls Hochachtung vor der Arbeit der Türsteher: „Ein Club ist ein Club und keine Disco“, sagt sie. „Es gibt sozusagen Mitglieder und Nicht-Mitglieder, und es muss jemanden geben, der über die Mitgliedschaft entscheidet. Im Tennis-Club ist das der Banker-Freund, und im Techno-Club ist das der Türsteher. Er muss entscheiden, ob der Mensch vor ihm wahrscheinlich lieber auf einem BierBike feiert und im Club-Kontext verloren wäre, weil er die sozialen Regeln nicht kennt. Ein Türsteher ist aber auch ein Marketinginstrument, das war schon im Studio 54 so: Eine strenge Tür zieht mehr Leute an. Menschen mögen diesen Thrill, nicht zu wissen, ob sie reinkommen, und wenn man es dann geschafft hat, dann kann man sich auserwählt fühlen. Man gehört dazu. Und das macht es dann einfacher, füreinander Verantwortung zu übernehmen, was sehr wichtig ist beim Feiern und 123


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Fotos: Vitali gelwich (8)

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was eine Club-Community auch auszeichnet. Das heißt: Wenn ich sehe, dass jemand penetrant vollgequatscht wird und will das eigentlich gar nicht, oder jemand schafft es kaum noch, sich auf den Beinen zu halten, dann gehe ich da hin und helfe demjenigen. Das passiert leider nicht immer, aber meistens eben doch, und das hat sich die Techno-Szene ja auf die Fahnen geschrieben. Die Türsteher helfen dabei, dieses Gemeinschaftsgefühl zu erschaffen.“ Weswegen es – so viel zur Klassiker-Frage „Wie komm ich ins Berghain?“ – auch eher ziemlich egal ist, welche Kleidung man trägt. (Das Gerücht, nur all-black sei erlaubt, hält sich hartnäckig, ist aber Unsinn.) Es gibt nur ein paar Regeln: Verhalte dich nicht sonderlich auffällig in der Schlange. Zeig Respekt. Sei kein Arschloch. Auch wenn es heißt: „Heute leider nicht.“ Es ist nie persönlich gemeint. Außer man hält sich nicht an diese Regeln, dann ist es sehr wohl persönlich gemeint. Wenn der Türsteher das Gefühl hat, du passt heute nicht in die Party-Crowd, dann wirst du ihn nicht überreden können. Beim nächsten Mal ist die Chance wieder da. Ich selbst empfand die Berghain-Türsteher immer sympathischer und lässiger als in vielen anderen Berliner Clubs, in die man manchmal mit mehr Demütigungen hineingelassen wird als hier abgewiesen. Was mir bisher einmal passiert ist und keine Narben in der Seele hinterlassen hat. Viele Berliner, die unter der Woche einem geregelten Arbeitsalltag nachgehen, haben es sich vor ein paar Jahren angewöhnt, sonntags ausgeschlafen ins Hain zu gehen. Tobias erzählt, wie in Berlin so etwas wie eine eigene Zeitzone entstanden ist: „Das Ostgut hat damals sonntagsfrüh um neun zugemacht. Dann sind die Leute in irgendwelche abgewrackten After-Hour-Läden weitergezogen. Jetzt macht das Berghain oft erst dienstagmorgens zu. Es hat ja durchgehend auf von Samstagnacht bis mindestens Montag, und an besonderen Tagen eben noch länger. Und selbst wenn du ins Büro musst – dann gehst du eben Sonntagnachmittag für ein paar Stunden rein. Da kocht der Laden dann schon, dann muss man sich nicht noch lange warm machen. Das funktioniert großartig, zumindest wenn man ein bisschen Berghain-Routine hat und in der Lage ist, sich auf so etwas einzulassen.“ Wer so richtig Routine hat, und nicht zuallerletzt zum Tanzen hierherkommt, der geht an einen Besuch heran wie andere Leute an einen Halbmarathon oder Ähnliches. Man plant Aufwärm- und Ruhezeiten, wann man was zu sich nimmt, geht zwischendrin mal nach Hause oder ins Hotel für ein paar Stunden schlafen, kommt dann sonntags spätabends wieder für die zweite Runde. Ein Freund zeigte mir nach zwei Tagen im Hain mal seinen iPhone-Schrittzähler, der Wert lag jenseits der 80 000.

Verloren gehen

Ich lasse mich also mal wieder drauf ein, an einem Sonntagnachmittag im April. Der Schleudergang durchs Universum beginnt wie immer mit dem Glücksgefühl, durch diese Tür zu gehen, dann verschwindet man in einem kleineren Seitenraum. Beim Drogencheck, Handykamera-Abkleben und an der Kasse – ob man nun seine 16 Euro Eintritt entrichtet oder auf der Gästeliste steht – herrscht meist eher frostige Stimmung. Dann wird’s aber gleich heller, wärmer, schöner: Im riesigen Garderobenraum stehen einige Sofas herum, hier liegen schon ein paar Leute, die durch sind oder Pause machen. Ich folge dem verlockend galoppierenden Bassgewitter, das aus dem ersten Stock herunterdröhnt. Man betritt eine Art Foyer, und auf einen Schlag wird es richtig dunkel. Ich gehe die Treppe hoch – wo ist eigentlich diese Statue, dieser nackte Gott mit dem Trinkhorn, der war doch beim letzten Mal noch da? –, das Fieber steigt, die Lautstärke auch. Und dann passiert er, dieser Moment, der einem jedes Mal fast gq.j u li 201 9

die DNA-Helixe in den Zellen auseinanderschraubt: Man steht in der Halle, und alles um einen herum ist nur noch Attacke und Wärme und Lärm und Strobo und Schönheit. Der DJ hinten am anderen Ende des Raums und die berühmte Funktion-One-Anlage pumpen den Wahnsinn in 500 Körper. Wenn man ein paarmal hier war, findet man irgendwann seinen Lieblings-Spot auf dem Dancefloor. Ich bin „vorne links“. Vor einem der Tanz-Podeste, hinter dem sich der Eingang zu den Darkrooms befindet. Hier tanzen die schönsten Leder-Boys und die schönsten Frauen. Aber bevor ich tanze, checke ich einmal komplett durch den Laden, ein Ritual. Gucken, wer so da ist. Als Allererstes geht es natürlich an die Bar. Die wundervollste Bar der Welt (eine von sechs im Club) zieht sich rechts entlang der gesamten Länge des Dancefloors, in Tobias’ Worten „wie das Seitenschiff einer gotischen Kathedrale“. Ein Shot, zweifuffzig. Wasser. Hier gibt es wieder Sofas, zwei Chill-out-Schaukeln, dazwischen geht es hoch zur Eisbar, die später noch sehr guttun wird, da gibt es Melonensorbet und Erdbeer und Schokolade, und den Rest weiß ich nicht mehr. Von hier geht es auch über einen beeindruckenden Gitter-Gang rüber auf die andere Seite, dort führt die Treppe hoch zur Panorama Bar. Von der Plattform ganz oben auf der Treppe hat man einen Blick auf die Tanzfläche, den man nicht mehr vergessen kann. Ich gehe Richtung Panorama Bar, links sind noch mehr Rumhänge-Räume und Separees und Klos, und es geht immer weiter, noch mehr Treppen, hoch zu noch mehr Abhäng-Areas, und von dort oben hat man einen herrlichen Panorama-Blick auf die glücklich tanzende Crowd und die große Bar, an der man so gut Espresso trinken und quatschen kann. Auch neben dem Dancefloor gibt es noch mal Separees für diese oder jene Beschäftigung, für alles, was man machen will. Was man nicht machen wollen sollte, ist, völlig offensichtlich Drogen zu konsumieren. Einem Freund von mir fehlte in dieser Angelegenheit mal die Geduld, sich an eine der langen Kloschlangen anzustellen, es dauerte keine zehn Sekunden, bis ihm ein nicht zu Spaß aufgelegter Berghain-Mitarbeiter die Vorräte auf den Boden schüttete. Auf den Klos passieren sowieso die lustigsten und legendärsten Geschichten, da trifft sich die Welt, und es ist sehr wahrscheinlich, dass jemand, der „mal kurz aufs Klo“ abhaut, für ein paar Stunden verloren geht. Überhaupt sucht man sich viel im Berghain. Wahrscheinlich wird keine Frage so oft durch das Gemäuer gewhatsappt wie „Wo bist du?“, in ein paar Dutzend Sprachen. Und immer wieder: Tanzen. Leute kennenlernen. An eine Bar. Aufs Klo. Wo bist du? Abkühlen. Abhängen. Rummachen. Lebensgeschichten erzählen. Tanzen. Stundenlang. Vergessen, was draußen war. Dass es überhaupt ein Draußen gibt. „Das Berghain“, schrieb mein namenloser Medienfreund in seiner Mail, „ist ein besonderer Ort in der Gegenwart, ein Ort der Auflösung, des Vergessens und des Moments. Und damit einer der modernsten und luxuriösesten Orte der Welt. Denn es ist der größte Luxus in einer Zeit, in der uns die Social Media andauernd zwingen, uns wie elektronische Katalogbräute Fremden anzubiedern, für eine geschützte Zeit vieles und alles auf einmal zu fühlen sowie einfach vergessen zu dürfen.“ Eines sollte man trotzdem im Kopf behalten: Don’t forget to go home. Ich schleiche also am Montagmorgen die Treppen hinunter, schiebe mich durch die Dunkelheit ins Licht, an die Garderobe. Ich ahne, dass da draußen die „richtige“, zumindest die andere Welt wartet. Die Ohren fiepen, hinter mir dröhnt es immer noch, als würde es niemals aufhören. (Ich habe noch nie bis zum Ende durchgehalten, und ich habe es versucht!) Ich trete hinaus in die Morgensonne, sage „Tschaui“ zum Türsteher, laufe den Weg, wo vorher noch Hunderte anstanden, entlang zur Imbissbude und den Taxis. Und während ich heimfahre, wie meist stumm staunend aus dem Fenster blickend, kommt mir Ostberlin vor wie eine fremde Galaxie. 129



PARTY

Judith Williams und Alexander-Klaus Stecher

Tom Junkersdorf (Chefredakteur GQ), Jessica PeppelSchulz (Geschäftsführerin und Herausgeberin Condé Nast), André Pollmann (Publisher Condé Nast)

Fotos: Florian Reimann (5)

August Wittgenstein, Tom Wlaschiha

Bart de Boever, Palina Rojinski Vordere Reihe: Constantin Herrmann (Beauty Director GQ), Dr. Elisabeth Schuhmachers, Judith Williams. Mittlere Reihe: Kostja Ullmann, Jannik Schümann, Palina Rojinski, Markus Loboda. Hintere Reihe: Frank Rittler, Stephanie Neureuther (Beauty Director Vogue & Glamour), Dr. Leonard Josipovic, Nils Behrens

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Party

Kirsten Ehrlich, Andrea Latten (Brand Director Vogue & AD), Nils Behrens, Susanne Pfeiffer (Sales Director Condé Nast), Christina Linder (Head of Sales Condé Nast)

Johannes Scheer, Barbara Respondek, Jutta Englisch-Cirener, André Pollmann

DINNER FÜR WINNER Im Düsseldorfer Szene-Restaurant „20°“ feierte die Beauty-Branche mit unserer prominent besetzten Jury die Verleihung des diesjährigen „GQ Care Award“:Der heiß begehrte Preis für die besten Männerpflegeprodukte und Düfte des Jahres, sowieder Special-Award „Best Look“ für den stets top-gestylten Schauspieler August Wittgenstein. Unübersehbarer Dresscode des Abends: „Stripes“!

Palina Rojinski mit dem Smart Shuttle

Chris Beier, August Wittgenstein, Sugany Tyrell, Birgit de Koning, Anna Pütz

André Pollmann

Kirsten Uchtmann und Stefanie Meyer

Fotos: Florian Reimann (18)

Lasse Sobiech und Nina Apprecht

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Claudia und Thomas Schnitzler

Wolfgang und Anna Rindche

Mousse T., Chris Beier

Stephanie Neureuther, Constantin Herrmann

Tom Junkersdorf, Kirsten Ehrlich

Angela Reipschläger (Head of Marketing Condé Nast), Dr. Leonard Josipovic, Thomas Schnitzler Kostja Ullmann

Nils Behrens, Stephanie Neureuther Markus Loboda, Dr. Elisabeth Schuhmachers, Frank Rittler

GQ.J U Li 201 9

Jannik Schümann

Bart de Boever

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Party

Dagmar Holick, Stephan Seidel, Simone Paschedag

Johannes Scheer, Kirsten Uchtmann, Wolfgang Rindchen, August Wittgenstein, Chris Beier, Thomas Schnitzler, Stephan Seidel und Bart De Boever

Emma Lanford, Mousse T.

Mousse T., Tom Junkersdorf, Judith Williams, Tom Wlaschiha, Jannik Schümann, Markus Loboda, Kostja Ullmann, Nils Behrens, Dr. Elisabeth Schuhmachers, Frank Rittler, Stephanie Neureuther, Palina Rojinski, Dr. Leonhard Josipovic

Michaela Hartig, Sarah Vogt Jessica Peppel-Schulz und Christine Weinsheimer (Head of Digital Sales Condé Nast)

Tom Junkersdorf, August Wittgenstein, Tom Wlaschiha

Fotos: Florian Reimann (9)

Pia Landgrebe (Condé Nast)

Andrea Beckmann-Otto (Marketing Director GQ), Christina Linder, Angela Reipschläger, Katja Ziemann (Sales Director Condé Nast)

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André Pollmann (Publisher Condé Nast), David Stephan, Martin Eggert

Dean Caten, Elio Sironi, Dan Caten

Miriam Diaz, Marvin Unger, Patrick Pendiuk (GQ)

DsquaRED2 Dean und Dan Caten veranstalteten in der Münchner Villa Wagner eine „Intimate Dinner Reception“. Dafür ließen die kanadischen Twins ließen das Haus ganz nach ihrem Geschmack umdekorieren. Unter den Gästen der Fashion Soirée waren Victoria Swarovski oder Caro Daur. Aus der Küche grüßte der Mailänder Starkoch Elio Sironi und für tanzbare Tracks sorgte Noah Becker. Victoria Swarovski, Dan und Dean Caten, Caro Daur (v.l.)

Fotos: Courtesy of BrauerPhotos/S. Brauer für Dsquared2 (5), Omar Vega/Hublot (4)

Hublot Let‘s get ready to rumble! Die Uhrenmanufaktur und der Boxverband WBC luden zur „Night of Champions“ nach Las Vegas. Zu dem CharityGala-Dinner kam das Who‘s Who des Boxsports – und Rock-Legende Carlos Santana. Am Ende sammelte man 1,2 Millionen Dollar für den guten Zweck.

Die ehemaligen Box-Champions Lennox Lewis, Evander Holyfield und George Foreman (v.l.)

Vitali Klitschko Carlos Santana

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Ricardo Guadalupe (CEO Hublot), Mike Tyson, Mauricio Sulaiman (Präsident WBC, v.l.)

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Party

Suki Waterhouse, Adrian Brody, Montblanc-CEO Nicolas Baretzki

Peggy Gou

iris Berben

MoNtblaNc Unter dem Motto „Reconnect2TheWorld“ feierte Montblanc zu Beginn des Berliner Gallery Weekend nicht nur seine neue Reisegepäck-Kollektion, sondern überhaupt den modernen Globetrotter-Spirit. Schauplatz der fulminanten Party war das altehrwürdige Metropol, das für die Hamburger Luxusmarke erstmals seit sechs Jahren seine Türen öffnete.

Lars Eidinger, Palina Rojinski Poppy Delevingne

Quincy Brown

Toni Garrn, Nicolas Baretzki

Alec und Johanna Voelkel

Frederick Lau, Jürgen Vogel

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Fotos: Courtesy of Franziska Krug (6), Gisela Schober (5)/Getty images for Montblanc

Die „Techno Marching Band“ MEUTE


Fotos: privat, Courtesy of Franziska Krug (3), Gisela Schober/Getty images for Prada, Gant (4)

Tom Junkersdorf (Chefredakteur GQ), August Wittenstein, André Pollmann (Publisher Condé Nast)

Aino Laberenz, Mavie Hörbiger

PRaDa Mit einem Cocktail-Empfang im Store am Berliner Kurfürstendamm feierte das italienische Modehaus seine Kollaborations-Reihe „Prada Invites“. Für das Projekt lädt das Label verschiedene Designer ein, ihre ganz eigenen Kreationen aus dem für Prada charakteristischen Nylon-Material Pocone umzusetzen. Lars Eidinger

Petra Fladenhofer, Simone Heift

GaNt 70 Jahre GANT! Zum Jubiläum lud die Sportswear-Marke 400 Gäste ins ehemalige schwedische Nationalarchiv nach Stockholm. Super Party-Idee: Ein Mentalist, der die Gedanken der Gäste las. Außerdem konnte man sich die ikonischen ButtonDown-Hemden des Labels personalisieren lassen. Cool! Kristoffer Ahlbom, Alexander Ludwig, Jack Heston

Models präsentieren GANT-Klassiker Brian Grevy (CEO GANT), Christoph Eisenschink (GQ), Sandro Rasa, Sebastian Geist (GANT)

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P.S.

Mark ronson

Reden wiR mal übeR Style

Hemd und Hose Salvatore Ferragamo Boots Dunhill Kette David Yurman uhr Audemars Piguet

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gq.J u li 201 9

Foto: Stas Komarovski; Styling: Tony irvine; grooming: Jason Schneidman; Produktion: Rosco Production

M

usikproduzenten beneiden wir dafür, dass sie sowohl mit Cowboystiefeln als auch im verwaschenen Jogginganzug zur Arbeit gehen dürfen und damit trotzdem topseriös aussehen. In der Mode dürfen sie einfach alles – solange der Sound stimmt. Kaum einer prägte die Popmusik der vergangenen Jahre so sehr wie der Londoner Mark Ronson. Früher produzierte er Robbie Williams und Amy Winehouse, heute Miley Cyrus und Vampire Weekend. Dieses Jahr erhielt er einen Oscar für den Song „Shallow“, den Lady Gaga und Bradley Cooper in „A Star Is Born“ performen. Sein neues Album „Late Night Feelings“ erscheint am 21. Juni. Machen Sie sich viele Gedanken ums Outfit? Früher habe ich ständig einen schwereren Koffer mit zehn kompletten Outfits mit mir rumgeschleppt. Heute komme ich über 14 Tage nur mit Handgepäck aus. Dafür darf’s bei der Uhr ein bisschen mehr sein! Ich trage eine goldene, alte Uhr aus den Achtzigern, eine Audemars Piguet Royal Oak. Ich liebe alles, was ein bisschen alt aussieht, was erkennbar über eine Geschichte und einen bestimmten Charakter verfügt. Von allen meinen Modestücken hänge ich am stärksten an dieser Uhr. Sind Sie ab und zu mal overdressed? Klar, ich gehe auch schon mal im Seventies-Anzug ins Studio. Interview: Steffen Rüth




L u x u r y

Luxus 2020

Wat c h e s • c a r s • t r av e l • F a s h i o n • D i n i n g






Inhalt 12

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EDITORIAL & IMPRESSUM CONTRIBUTORS

NEWS Design fürs Interior, HighEnd-Gadgets, Hotel-Trends und Dom Pérignons neuer Kellermeister im Interview

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Fotos: Andreas Achmann, Ben Parks, Domen and Van De Velde/Courtesy of Dolce & Gabbana, Jörg Lehmann/Döllerer’s Genusswelten

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STEFAN LISKE Wird alles anders oder einfach nur besser? Der Innovations-Experte und die Zukunft des Luxus

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22 EWIGE KALENDER Präzision für Jahrhunderte: die schönsten Uhren mit der Extrem-Komplikation

BERLIN NACH MASS Ein Besuch bei den besten Schneidern und Schuhmachern der Hauptstadt 30

ABENTEUER ARKTIS Besser als jeder Beach-Club: ein Sommerurlaub im hohen Norden – aber ganz oben

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LAURENCE GRAFF Mit Edelsteinen wurde er zum Milliardär. Jetzt hat der Brite die Erfüllung gefunden

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46 DOLCE & GABBANA Die Designer über die Geheimnisse von »Made in Italy« und Alta Sartoria, ihre Haute Couture für Männer 52 GUTER STOFF Mehr als Spitze: Die feinsten Textilien der Saison sind pure Kunst

ALEXANDER KRAFT Instagram-Star: Wie denkt und arbeitet der Unternehmer aus Monte-Carlo?

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46 GQ LUXURY



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InhaLt

hot watChEs Die Uhren und FashionLooks für einen extracoolen Sommer

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swan-YaChtEn Vor Monaco kämpften schwerreiche Unternehmer um Ruhm und Ehre auf See. GQ Luxury war dabei 74

CirquE du solEil Zentrale der Magier und Artisten: Einblicke hinter die Kulissen ihrer Traumfabrik

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82 ah, ConnaissEur! Acht einzigartige Düfte für das Rollenspiel des Lebens

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84 diandra donECkEr Wie funktioniert das Geschäft mit Auktionen? Die Grisebach-Chefin verrät es

land und stErnE Die moderne Spitzenküche ist regional. Vier Sterneköche, für die Ihnen kein Weg zu weit sein sollte

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motor-Villa Der Porsche 935 und Richard Neutras ikonisches »Haus Kemper« in, ja: in Wuppertal 92

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das millionEnding Werte Worte: ein einmaliges Schmuckstück, das sich als Füllfederhalter tarnt

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CoVEr

Foto: Olaf Wipperfürth, Styling: Clark Parkin Outfit: Rollkragenpullover und Shorts: Prada, Sonnenbrille: Balenciaga, Uhr »RM 70-01 Tourbillon Alain Prost«: Richard Mille Car: McLaren 720s Spider

GQ Luxury

fotos: arnaud pyvka, roderick aichinger, frank kayser, Courtesy of grisebach

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Editorial

»Moderner Luxus ist eine Frage der Haltung. Es geht nicht mehr nur ums Produkt, sondern um die Glaubwürdigkeit«

Was bedeutet moderner Luxus – und was macht ihn in Zukunft aus? In einer Welt, die immer disruptiver und transparenter wird, lernt auch scheinbar grenzenloser Lifestyle sein Limit kennen. Die gelernten Strukturen und Rituale gelten nicht mehr, Luxus muss und will neu definiert werden. Das perfekte Forum, um darüber zu beraten: die diesjährige Condé Nast International Luxury Conference, zweieinhalb Tage Super-Summit der High-End-Industrie in Kapstadt, Südafrika. Das passende Motto: »The Nature of Luxury«. On stage: die erfolgreichsten Bosse der Branche, echte Leader, Visionäre. Gucci-CEO Marco Bizzarri im Talk mit Naomi Campbell, Tiffany-CEO Alessandro Bogliolo, Bruce Cleaver (CEO der De Beers Group), der legendäre Diamantenhändler Laurence Graff, Jochen Zeitz (früher Puma-Boss, jetzt Gründer des Museum of Contemporary Art Africa und international gefragter Sustainability Officer) und viele Brains mehr. Learning: Ohne Diversity, Inclusivity und Sustainability geht nichts mehr im Business. Was zwischenzeitlich schon zu Buzzwords der Marketing-Szene zu verkommen schien, ist heute fest im Mindset verankert. Business-Leader, die da nicht mitgehen, müssen gehen. Sie sind schlichtweg nicht mehr zu halten, das Hashtag ist heute mächtiger als jedes Netzwerk. Genau genommen, die Angst vor einem negativen Hashtag, das innerhalb von Minuten Milliarden an Börsenwerten vernichten kann. Das Luxusprodukt allein – sei es auch noch so wertvoll und handwerklich herausragend – zündet nicht mehr. Es braucht eine Story, eine gute Story, 100 Prozent überprüfbar, glaubhaft. Jeder Schritt der Wertschöpfungskette muss nachvollziehbar offengelegt werden. Moderner Luxus basiert auf Haltung. Auf der Haltung der zunehmend kritischen, weil extrem aufgeklärten Kunden – aber auch der Haltung der Unternehmer. Haltung als neue FirmenPhilosophie und Überlebens-Strategie. Der Druck fürs Management kommt von zwei Seiten: von der Welt da draußen, die immer mehr Fragen stellt und keine Ausflüchte mehr akzeptiert. Und von den jungen Talenten inhouse: Moderne Mitarbeiter wollen nicht nur einen guten Job machen – sie wollen auch Gutes tun. Und der größte Luxus der Zukunft – was wird das sein? Die Antwort in Kapstadt: die Natur. Wenn alles um uns herum enger wird, wir die kleinsten Workspaces sharen, immer mehr MegaCitys mit 20, 30 Millionen Einwohnern entstehen: Dann wird Platz zum Luxus, die endlose Weite der Natur. Verschmutzte Luft, Lärm, Klimawandel: Da wird jedes übrig gebliebene, abgelegene, naturbelassene Areal zum Juwel. Lassen Sie sich inspirieren von der neuen GQ Luxury.

IMPRESSUM Chefredakteur: Tom Junkersdorf Stellvertreter des Chefredakteurs: Marcus Lucas Stellvertretender Chefredakteur: Marco Nikolaj Rechenberg Redaktionsleitung: Alexander Stilcken Art Director: Felix Wetzel Director of Photography: Frank Seidlitz Fashion Director: Tobias Frericks Beauty Director: Constantin Herrmann Art Consultant: Jana Meier-Roberts Editorial Business Manager: Anna Schuberth Editorial Operations Specialist: Viola Müller-Hergerdt Textchefs: Ulrich Clewing, Corinna von Bassewitz Art Department: Anaïs Hüttenbrink Bildredaktion/Booking: Björn Schütrumpf (stellv. Photography Director), Verena Aichinger Mode: Manuela Hainz (Stellv. Fashion Director), Thomas Haditsch (Ass.), Sharina Lichtl (Ass.) Schlussredaktion: LEKTORNET GmbH Mitarbeiter dieser Ausgabe: Andreas Achmann, Roderick Aichinger, Christoph Eisenschink, Ludwig Haslberger, Frank Kayser, Martina Orsini, Clark Parkin, Ben Parks, Mark Sommerfeld, Jim Stoten, Olaf Wipperfürth Publisher: André Pollmann Brand Director: Margit Färber Herstellung: Lars Reinecke (Ltg.) Objektbetreuung: Joachim Renz Druck: Quad/Graphics Europe Sp. z o.o., ul. Pułtuska 120, 07-200 Wyszków, Poland Digitale Vorstufe: CLX Europe Media Solution GmbH, Barmbeker Strasse 8, 22303 Hamburg Verlag: Condé Nast Verlag GmbH, Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München, Telefon: 089 38104-0, Fax: 089 38104-260, gqpost@gq.de Geschäftsführerin und Herausgeberin: Jessica Peppel−Schulz GQ Luxury ist eine Beilage von GQ 07/19

Tom Junkersdorf, Chefredakteur

GQ LUXURY

Foto: Özgün Turgut

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Contributors Gummistiefel? Funktionskleidung? Das entspricht nicht unbedingt seinem Stil, aber für dieses eine Mal war es das perfekte Outfit. Unser Redaktions­ leiter verbrachte eine Woche dort, wo sonst niemand wohnt – außer Eisbären und Beluga­Walen. Über den Luxus, auf Somerset Island in der Arktis tat­ sächlich unberührte Natur und endlose Weite erleben zu können, berichtet der gebürtige Hamburger ab Seite 38.

Dem Fotografen ging es wie Millionen Fans vor ihm – er ließ sich von den Artis­ ten des Cirque du Soleil verzaubern. Und dafür brauchten sie noch nicht ein­ mal eine Bühne, bei Sommerfeld reich­ ten ein paar Lagerhallen. Seine Bilder aus der Zentrale des Cirque in Montreal und die dazugehörige Reportage fin­ den Sie ab Seite 78. »Am meisten«, sagt der New Yorker, »faszinierte mich die Hingabe, mit der dort an der perfekten Illusion gearbeitet wird.«

Fotos: Chelsee Ivan, privat (3)

Er befragte den Designer Stefan Liske zur Zukunft des Luxus (S. 20), besuch­ te die Maßschneider von Berlin (S. 30) und fuhr quer durch Europa für seine Passion: die moderne, regionale Sterne­ küche (S. 88). Nur zum Covershooting hatte es der GQ­Redakteur nicht weit: Da er im Voralpenland zu Hause ist, war Parkin am Abend in fünf Minuten daheim (und das lag nicht am neuen McLaren Spider, den er dabeihatte).

Ein Arbeitstreffen am Walchensee, darauf freute sich Wipperfürth unge­ mein – der Fotograf, der in Paris und New York lebt, geht leidenschaftlich gern wandern. Doch aus der Alpen­Tour wurde nichts: Die aktuellen Sommer­ Looks und sehr spezielle Uhren erfor­ derten seine volle Aufmerksamkeit. Weshalb, sehen Sie ab Seite 64.

GQ Luxury



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NEWS

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EDLE SPIELSACHEN Das Beste ist gerade gut genug? Dann werden Ihnen diese Gadgets bestimmt Freude bereiten

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1 Feuerzeug »Fire Lines« in Palladium oder Gelbgold, S.T. DUPONT, 745 € 2 Der Vintage-Porsche 911 Targa 2.4 von 1973 wurde komplett mit feinstem Leder ausgekleidet, ein Einzelstück von BERLUTI, versteigert für 280 000 € – inklusive Schuhen und Tasche 3 Die Messsucherkamera »M10-P« ist für

einzigartige Aufnahmen bekannt, aber als Limited Edition zu Ehren der American Society of Cinematographers noch einmal exklusiver, LEICA, Preis noch offen 4 Für Konsolen-Freaks: der »Dualshock 4 Deluxe«-Controller in Gelbgold mit Diamantenbesatz von insgesamt 2,85 Karat, BRIKK, ca. 14 875 € 5 »Beovision Harmony« ist ein Fernseher mit skulpturaler Optik im Stil der Minimal Art, BANG & OLUFSEN, 18 500 € 6 Die ultimative Kühlbox: »Champagne Chest« öffnet sich auf Knopfdruck und hat Platz für Kristallgläser, Champagner und Canapés, ROLLS-ROYCE, ca. 51 000 €

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Fotos: Courtesy of S.T. Dupont, Berluti x Porsche, Leica, BRIKK, Bang & Olufsen, Rolls-Royce

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NEWS

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GLAMROCK FÜRS WOHNZIMMER Lebe lieber außergewöhnlich: Interior-Highlights, die Ihnen das gewisse Etwas nach Hause bringen

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5 7 1 Zauberhafte Seifenblasen inspirierten das Designerduo GIOPATO & COOMBES zu dem Kronleuchter »Bolle«, seine 34 Kugeln sind aus echtem MuranoGlas, über decorazioni.de, ca. 13 700 € 2 und 3 Glam-Rock fürs Wohnzimmer? Wenn Alessandro Michele die Lautstärke regelt, immer! Der Beistelltisch hat Teleskop-Beine, der Sessel einen Bezug aus Jacquard-Stoff, GUCCI, über gucci.com, 1 250 € und 4 900 € 4 Passen zum Bauhaus-Jahr: Bodenleuchten »Pebbles«, BOMMA, über bomma.cz, ca. 2 500 € und 3 213 € 5 Ein geflochtener Korb – aus feinstem Leder, LOEWE, über loewe.com, 1 000 € 6 Schwarz und weiß und ohne Kabel: Tischleuchten »Salt & Pepper«, TOBIAS GRAU, über tobiasgrau.com, ab 398 € 7 Das Sideboard »Vittoria« ist eine Hommage an den Jetset-Fotografen und Designer Willy Rizzo, FENDI, über fendi.com, ab 29 110 € 8 Edelster Sitzsack der Welt: »The Bag«, VERSACE, über versace.com, 2 391 €

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Fotos: Courtesy of Federico Villa/Giopato & Coombes, Gucci (2), Martin Chum/Bomma, LOEWE, Simon Menges/Tobias Grau, Fendi, Versace

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NEWS

Bei Ködern hat jeder Angler seine eigenen Theorien. Hängt halt alles am Wetter, dem Gewässer, der Strömung, der eigenen Erfahrung und dem Beißverhalten der Fische. Sicher ist: Schönere Köder als diese Hermès-Lachsfliegen mit Federn von Gänsen, Hähnen und Perlhühnern dürften schwer zu kriegen sein. Und sie kommen in einer Box aus Berg-Ahorn mit Lederintarsien in Schuppenoptik – zum Anbeißen schön! (6 100 Euro). hermes.com

»Land der 1 000 Hügel« wird Ruanda auch genannt, es ist berühmt für seine dichte Vegetation und die scheuen Berggorillas, die sich darin verstecken. Mindestens ebenso schwer zu finden waren dort bislang Hotels der Extraklasse. Das ändert sich gerade: Das »One & Only Nyungwe House« (u., ab ca. 1 350 Euro pro Nacht) hat schon geöffnet, die »Singita Kwitonda Lodge« folgt im Sommer. oneandonlyresort.com und singita.com

Fotos: Courtesy of Vicente Sahuc/Hermès, Equinox, One & Only Resort, Singita, Louis Vuitton

So magisch der Blick auf den Hudson River ist – auch in New York nervt es, wenn man nachts kein Auge zubekommt. Das Fitness-Hotel »Equinox« im neuen HudsonYards-Viertel hat schalldichte Zimmer und Vorhänge, die absolute, komplette Dunkelheit garantieren (ab ca. 625 Euro). equinox-hotels.com

Handgepäck ist meistens: schwarz, anthrazit, langweilig … Doch nun ist Rettung in Sicht. Soft Horizon hat eine neue Kollektion herausgebracht, die Marc Newson für Louis Vuitton gestaltete. Das bedeutet, dass es die Reisetasche »Horizon Soft 55« jetzt auch in der Kombination von viel Orange und ganz wenig Grau gibt (1 900 Euro). Für den Rollkoffer wählte Newson Purpur: der perfekte Hintergrund für einen aufgestickten Sternenregen aus LV-Logos in Hellrot (2 100 Euro). louisvuitton.com

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Fotos: Courtesy of Alexandre James (2), Dom Pérignon, Tiffany & Co., Camilla Kenny-Rider/Rocco Forte Hotels

DINNER AUF DEM VULKAN Zur Vorstellung ihres neuen Jahrgangs Plénitude 2 lud Dom Pérignon zum Elevation Dinner in das Observatorium auf dem Vulkan Teide auf Teneriffa. Danach sprachen wir mit dem Kellermeister Vincent Chaperon über den 2002er-P2. GQ: Monsieur Chaperon, heute haben Sie hier auf dem Berg Teide in Teneriffa Dom Pérignons neuen P2 Vintage aus dem Jahr 2002 vorgestellt. Gestern durften wir die zwei vorangegangenen Jahrgänge verkosten, den 98er- und den 2000er-P2. Wie würden Sie die geschmacklichen Unterschiede beschreiben? VINCENT CHAPERON: Bei dem 98er geht es um Textur. Er zeigt die taktile Dimension von Dom Pérignon, er ist rund, voluminös, es geht um Fülle. In der Nase hat er etwas Cremiges, wie eine Patisserie oder Brioche. Der 2000er hat mehr Struktur und Harmonie. Er befindet sich, wenn man das so sagen kann, im Zentrum des DomPérignon-Universums, das aus Körper, Textur und Struktur besteht. Beim 2002er geht es für mich um den Fluss, er ist reich, er kommt aus einem warmen Jahr, jedenfalls war es wärmer als 1998 und 2000. Er behält im Vergleich zum 98er jedoch eine Spannung, es geht nicht nur um Rundungen. Für Chardonnay war es das reifste Jahr, das wir in den vergangenen 30 Jahren hatten. Die Weine besaßen ungewöhnlich hohe elf Volumenprozent. Es war

eindeutig ein goldenes Jahr. Bei dem P2 ist es uns so gelungen, durch die längere Zeit, die die Flaschen auf der Hefe lagen, diesen reichen Jahrgang mit mehr Mineralität, Kraft und Vibration zu versehen. Wir konnten die grandiose Fülle des P2 2002 dadurch zum Strahlen bringen. Wie verhält sich der 2002er-P2 geschmacklich zu dem vor zehn Jahren degorgierten regulären Jahrgang? Beim 2002er werden Sie die gleichen reichen Goldnoten haben, zu denen sich jetzt leicht oxidative Töne gesellt haben, die ihm eine gewisse dunkle Note geben. Beim Plénitude 2 ist es genau andersrum. Denken Sie schon an den Plénitude 3, der in vielen Jahren aus dem gleichen Jahrgang entstehen wird? Im Plénitude 3 wird es um die Komplexität des Weines gehen. Unsere Arbeit in den Weinbergen und im Keller besteht immer aus Projektionen, die kurz-, mittel- oder langfristig angelegt sind. Die Champagner in den Kellern helfen uns, nicht zu vergessen, dass es eine Vergangenheit ohne uns gab und dass es auch eine Zukunft ohne uns geben wird. Die Geschäftswelt orientiert sich meist an kurzfristigen Zielen, wir bringen das langfristige Denken in unsere Abteilungen. Das ist eine Frage der Kultur, des Gespürs: Dom Pérignon ist größer und wird länger existieren als wir. Das sollten wir verinnerlichen.

Der 1919 erfundene Negroni ist einer der großen Cocktail-Klassiker, den Bars überall in der Welt auf der Karte haben. Im »Brown’s Hotel« in London gibt es eine Variante für 70 Pfund das Glas. Wenn man Glück hat, dann wird er einem dort von Bar-Legende Salvatore Calabrese serviert. Calabrese hat eine Schwäche für Vintage-Spirituosen. Über seinen jahrzehntealten Campari schwärmt er: »Da drängen sämtliche Aromen viel intensiver aus der Flasche. Das ist nicht einfach ein Drink, das ist ein Stück Geschichte.« roccofortehotels.com

Im Uhrzeigersinn: Vincent Chaperon vor dem Interview auf dem Berg Teide; eine der Kuppeln des Observatoriums, unter der das DomPérignon-Dinner stattfand; der neue Jahrgang des 2002er-P2, um 415 Euro, über clos19.com

Da hat man in schöne Gläser, beste Drinks und feinste Oliven investiert – und soll die dann einfach mit einem Holzspieß aufpiksen (oder noch schlimmer: mit Plastik)? Nein, das geht erheblich besser und schöner und stilvoller und überhaupt: Tiffany & Co. hat »Cocktail Picks« aus 925er Sterling-Silber im Angebot (1 050 Euro für das 4er-Set). Sie halten praktisch ewig, man kann sie wiederverwenden, wann immer man will, man muss sie halt nur manchmal putzen (lassen). tiffany.de


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IntervIew

gq:

Herr Liske, Sie erforschen die Zukunft und entwickeln Produkte, Technologien, Innovationen. Was genau umfasst das? SteFan LiSke: Künstliche Intelligenz spielt eine wesentliche Rolle, wir for­ schen beispielsweise daran, wie man die Big Data Insights mit Emotionen verbindet. Wir arbeiten aber auch an Themen wie Autos, die autonom fahren, oder auch an Robotern, die zum Beispiel mit Menschen gemeinsam keramikba­ sierte Verbundfaserwerkstoffe fertigen. Sehr speziell. Viele Ihrer Entwicklungen sind auf zehn Jahre und länger in die Zukunft gerichtet. Welche tief greifenden Wandlungen stehen der Luxusindustrie bevor? Für mich ist Luxus fast ein Unwort, das eine Umdeutung verdient. Status defi­ niert sich komplett neu: Es geht nicht mehr darum, was ich habe, sondern was ich bin. Luxus wendet sich von außen nach innen. Dazu kommt ein zum Glück zunehmendes ethisches und öko­ logisches Bewusstsein. Es geht auch zunehmend um Authentizität. Die Menschen investieren vor allem in Er­ fahrungen oder Reisen oder Produkte, die in irgendeiner Form ihre persönliche Entwicklung fördern – die Reise nach innen. Selbst oder gerade wenn wir uns etwas Besonderes leisten, wollen und müssen wir damit einen Social Impact leisten, damit zeigen, dass wir uns nach­ haltig mit der Geschichte, dem Sourcing hinter dem Produkt auseinandersetzen. Ein gutes Beispiel dafür ist gerade das Thema Diamond Sourcing. In wenigen Jahren wird kein Diamantring mehr ver­ kauft, ohne dass der Käufer genau weiß, wo der herkommt, dass er ethisch ge­ schürft ist und dass dabei keine Men­ schen oder Völker leiden. Welche Zukunftsvisionen haben LuxusRetailer mittlerweile? Komplexe Technologien wie hologra­ fische Projektionen sind im Kommen. Cartier zum Beispiel hat das Problem, dass sie bestimmte High­End­Schmuck­ stücke nicht in jedem Store haben kön­

»Raus aus der Komfortzone!« Visionär Stefan Liske über die Wandlungen in der Luxus-Industrie und warum wir ein kollektives Bewusstsein entwickeln müssen

Interview CLaRK PaRKIn Illustration JIM Stoten GQ Luxury


Foto: privat

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nen, weil es davon weltweit nur fünf Stück gibt. Das heißt, der Kunde geht in den Chicago­Store und sieht eine bril­ lante holografische Projektion des Stü­ ckes, was deutlich besser ist als ein Foto oder ein Video. In den letzten Jahrzehn­ ten ging es ums Showing, also Zeigen, nicht um Haltung. Da haben sich die Luxusmarken eher zurückgezogen: Wie geht es der Welt gerade? Wie geht es der Wirtschaft? Wie ist es mit der Nachhal­ tigkeit bestellt? Brands, und ganz spe­ ziell Luxus­Brands, müssen eine starke Meinung haben zu beispielsweise poli­ tischen und ökonomischen Themen in der viel zu kurz kommenden Wertedis­ kussion und damit eben auch unsere Zu­ kunft aktiv mitgestalten. Diese Firmen verdienen alle viel Geld, das heißt, sie haben auch großartige Möglichkeiten, die weit über die nächste Innovation im Retail hinausgehen müssen. Gibt es jetzt zum Konsumenten eine Schnittstelle, und er kann durch seinen Konsum die Zukunft, die Visionen der Firmen mitgestalten? Ja. Marken werden in einen viel stärke­ ren Dialog mit dem Konsumenten tre­ ten, und zwar nicht nur wenn es um den Kauf von Produkten oder um die Pro­ duktgestaltung, sondern gerade wenn es um politische, soziale, ökologische, wirt­ schaftliche Themen geht. Und ich glau­ be, umso ehrlicher und umso authenti­ scher dieser Dialog zwischen Marke und Kunde ist, umso positiver wirkt sich das auch auf das Kaufverhalten aus. Der Luxuskunde wird in Zukunft darauf achten, dass die Marke glaubwürdig ist. Wenn eine Brand oberflächlich bleibt, wird sie es schwer haben! Aber das gilt auch für alle Marken, die Luxusindus­ trie könnte nur so die deutlich höheren Margen viel sinnvoller einsetzen. Gibt es noch andere Faktoren, die Luxusfirmen beeinflussen werden? Personalisierung wird eine große Rolle spielen, und damit meine ich nicht Initi­ ale auf einem Ring oder auf einer Uhr. Das Storytelling der Firmen muss sich verändern. Es geht nicht mehr darum, in einem Werbevideo ein Luxusauto zu verkaufen, sondern es muss um persön­ liche Geschichten mit Bedeutung und Tiefe gehen. Außerdem müssen die Marken aus ihren Stores raus, vor allem die Luxusmarken. Diese Firmen haben in der Regel Margen zwischen 20 und 35 Prozent, das heißt, es bleibt eine Menge Geld übrig. Mit dem Geld geht es jetzt nicht nur darum, die nächste technologische Innovation zu entwi­ ckeln, sondern in den öffentlichen Raum, zum Beispiel in eine Stadt, zu investieren. Wie könnten sie mit ihrem Geld, mit ihrem Wissen helfen, unsere

Gesellschaft, unsere Communitys, un­ ser Zusammensein weiterzuentwickeln? Das sieht man in den USA in bestimm­ ten Metropolen, wo die großen Marken bereits erkannt haben, okay, die Stadt hat selbst nicht genügend Geld, also ge­ hen wir mit rein und versuchen, zum Beispiel in einem Stadtviertel die Luft­ qualität zu verbessern. Orte für Begeg­ nungen schaffen. Auf die Beteiligung der Unternehmen sind wir künftig ange­ wiesen. Die Landeskassen, die Bundes­ kassen, aber eben auch die Städtekassen werden nicht ausreichen, um den kultu­ rellen wie auch den infrastrukturellen Wandel voranzutreiben. Dann gibt es einen Hermès-Park und einen Cartier-Square … Das darf es eben gerade nicht werden. Die Marken und das Branding müssen im Hintergrund bleiben. Sie sollen mit Inhalten und mit konkretem Beitrag punkten. Viele Städte arbeiten am Kon­ zept »Smart City«. Hier können Unter­ nehmen ansetzen. Es darf aber nicht dazu führen, dass Städte Branded Spaces werden, der Einfluss von Werbung muss gedeckelt sein. Es gibt gerade eine Ini­ tiative in Berlin, in einem Radius von ei­ nem Kilometer um Schulen und Kinder­ gärten den öffentlichen Raum werbefrei zu halten, das finde ich wichtig. Es gibt dieses Modell der Five Levels of Luxury. Das erste Level ist der Bentley und das 5-Sterne-Hotel, das fünfte Level ist dann der spirituelle Trip nach Bhutan… … und die höchste Ebene wäre ein Flug ins Weltall mit Virgin Galactic. Man spricht in dem Fall von Pioneering oder Explorative Luxury – Sie sind einer der ersten 1 000 oder 5 000 Menschen, die in den Weltraum fliegen. Pioneering ist auch: Sie marschieren zwei Monate lang mit einem Archäologen und einem Philosophen durch die Wüste Gobi und diskutieren über unsere ethnischen Wurzeln und philosophische Themen. Das kann auch das Highest Level of Luxury sein. Auf jeden Fall raus aus der Komfortzone! Das macht für einige Menschen durchaus Sinn, egal ob mit großem oder kleinem Budget. Vieles wird momentan mit den morphogenetischen Feldern erklärt, die für die Entwicklung von Strukturen in der Gesellschaft verantwortlich sind. Die Wissenschaft beschäftigt sich end­ lich damit, was Bewusstsein wirklich ist und wie wir individuell und vor allem auch kollektiv in andere Bewusstseins­ ebenen vordringen können. Wenn uns das gelingt, erst dann werden wir die Welt tatsächlich verändern. Im Moment gibt es lediglich Mikro­Fortschritte. Damit werden wir noch keine Quan­

»Der Luxuskunde wird darauf achten, dass eine Marke glaubwürdig ist. Wenn eine Brand oberflächlich bleibt, wird sie es schwer haben«

Stuntman, Rennfahrer, Maschinenbauingenieur und Produktdesigner: Das Multitalent arbeitete mehr als 20 Jahre in der Industrie und Wirtschaft, unter anderem für BMW und VW. Dann gründete Liske sein eigenes Unter­ nehmen, PCH Innovations, mit Sitzen in Berlin und Los Angeles – und schiebt seitdem Entwicklungen für die Zukunft an

tensprünge machen. Denn wenn es ein kollektives Bewusstsein gibt, wie kön­ nen wir uns darin bewegen und daraus schöpfen? Wir müssen zum Beispiel lernen zu verstehen, wie wir bewusster, großzügiger und achtsam miteinander umgehen können. Ohne dass einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen im Nachteil sind oder sich ausgeschlos­ sen fühlen. Auf die Reise in die Zukunft müssen alle mitgenommen werden. Da sind wir heute leider noch nicht. Ursprünglich kommen Sie ja aus der Autoindustrie. Wie wird diese mit Wandlungen fertig, was kommt da auf sie zu? Die deutsche Automobilindustrie hat sich verpokert. Das fing damit an, dass schon ab den 80er­Jahren die Autos fast schon nicht mehr voneinander zu un­ terscheiden waren. Wenn man heute eine C­Klasse, einen Audi A4 und ei­ nen 3er BMW nebeneinanderstellt, sind sie kaum noch zu unterscheiden. Was noch dazu kommt: Kaum hat ein Her­ steller ein neues Segment aufgemacht, sind ein paar Monate später alle anderen auch auf den gleichen Zug aufgesprun­ gen. Wir drehten uns immer wieder im Kreis, und dabei wurde unter anderem auch das Thema Nachhaltigkeit durch erfolgreiche Lobby­Arbeit schön in den Hintergrund gedrückt. Mit dem Thema Elektromobilität legt sich die Industrie meiner Meinung nach gerade das größte Ei. Sie hat die Absicherung der Batterieversorgung nicht geklärt. In Batterien wird Kobalt verwendet, das unter fürchterlichen Bedingungen gesourct wird, und Lithium, für dessen Gewinnung jedes Jahr ein paar Hundert Menschen sterben. Noch schlimmer, keiner weiß, wie die Batterien recycelt werden. Deutschland hat den Fehler gemacht, in den letzten 25 Jahren nicht bereits auf alternative Industrien gesetzt zu haben. Es wird schwierig für uns, in den nächsten zehn, 15, 20 Jahren global, intellektuell, ökologisch, politisch und sozial eine Rolle zu spielen. Das klingt düster … Ja, aber jetzt kommt langsam ein neues Bewusstsein in die Masse. Wir müssen nur den Schritt schaffen, aus dem par­ tiellen Neudenken einiger weniger die großen Player, die Industrie, die Politik, aber eben auch die Masse der Menschen in den Dialog um unsere Zukunft zu in­ volvieren. Und da hilft sehr, dass wir zum Glück auch in einer Zeit leben, in der vor allem durch die junge Generati­ on unsere gesellschaftlichen Grundprin­ zipien infrage gestellt werden. Mir ist dieser Umbruch ein echtes Anliegen, was ich zum Schwerpunkt meiner Ar­ beit in den nächsten zehn bis 20 Jahren gemacht habe.


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BreGuet Klar, auf dieser rotgoldenen »Classique complications 3795« kann man auch die Zeit ablesen. Aber das meisterhaft gefertigte skelettierte Werk mit seiner Kombination aus Ewigem Kalender und Tourbillon lässt den Blick immer wieder abschweifen. Handaufzugswerk, 232 300 Euro

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Fotos andreas achmann

Für

Im m er und

ew Ig Text alexander stIlcken


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sie gehören zu den wertvollsten uhren der welt, und damit ist nicht nur ihr Preis gemeint. ewige kalender beflügeln Fantasie und ehrgeiz, denn in der unglaublichen Präzision dieser komplikation liegt auch ein großes Versprechen: an das morgen, an die Zukunft

rt dieses Wort nicht? Allein schon der Gedanke löst etwas Unsagbares aus. Denn Ewigkeit bleibt unvorstellbar. Was hält schon ewig? Man hofft ja: die Liebe. Oder die Hoffnung selbst. Das Streben nach mehr, nach Veränderung, nach Erfolg und Glück. Das sind Dinge, die der Mensch braucht. Einen Ewigen Kalender aber, eine Uhr, die also noch in 500 Jahren das korrekte Datum anzeigt, die braucht theoretisch kein Mensch. Aber eben nur theoretisch. In der Realität lässt diese Komplikation niemanden unbeeindruckt. Sei es aus Faszination für das Handwerk. Sei es, weil diese Form technisch machbarer Unendlichkeit in Zusammenhang mit dem Thema Zeit einen ganz besonderen Reiz hat. Oder aber auch, weil die Uhr die berühmte Werbeweisheit von Patek Phi-

lippe in aller Konsequenz verkörpert: »Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation.« Für die Kinder. Die Enkel. Und alle, die danach kommen. Der Gedanke an die Uhr-Enkel: Er ist die reine Hoffnung auf die Zukunft. An Patek Philippe, Breguet und IWC, den Traditionsnamen der Branche, kommt man nicht vorbei, wenn man sich für diese besondere Komplikation interessiert. Den ersten bekannten Ewigen Kalender konstruierte 1762 zwar der Engländer Thomas Mudge für eine Taschenuhr. Gut 30 Jahre später, 1795, war es Abraham Louis Breguet, der sein Patent für einen »Quantième perpétuel« als Erster registrieren ließ. Und 1925 gelang es Patek Philippe zum ersten Mal, eine Armbanduhr mit Ewigem Kalender tatsächlich zu verkaufen – als Auftragsarbeit für den vermögenden Sammler Thomas Emery. Breguet folgte kurz darauf mit einer eigenen Variante fürs Handgelenk. An eine Serienproduktion war damals noch nicht zu denken, Modelle mit dieser Komplikation wurden fast ausschließlich auf Bestellung konstruiert. Das änderte sich erst Anfang der 1940er-Jahre langsam, wobei die Stückzahlen weiterhin extrem

niedrig blieben: Von Pateks berühmter »Referenz 1518«, der ersten Kombination von Chronograph und Ewigem Kalender, wurden ab 1941 lediglich 281 Uhren gebaut – und das über 14 Jahre! IWC wiederum machte in den 1980er-Jahren mit einem neuen Werk auf sich aufmerksam, bei dem sämtliche Einstellungen einzig über die Krone geschaltet werden. Das Vorhaben, eine Uhr zu bauen, die auf dem gregorianischen Kalender basiert und trotz Schaltjahren und Monaten mit 28, 29, 30 oder 31 Tagen einfach immer das korrekte Datum anzeigt, das klingt schon extrem kompliziert. Aus UhrmacherSicht spielt dabei aber nur ein Element die entscheidende Rolle: Herz der Konstruktion ist ein Zahnrad, welches innerhalb von vier Jahren einen einzigen Umgang macht. Dieses ermöglicht dem Rest des Werks das Abtasten der jeweiligen Monatslängen und berücksichtigt dabei auch, da es sich um einen Vierjahreszyklus handelt, die Schaltjahre. Grundsätzlich empfiehlt sich bei der Anschaffung einer Uhr mit Ewigem Kalender eine weitere Investition: der Kauf eines Uhrenbewegers. Was nützt die schönste Komplikation, wenn man sie ständig wieder neu stellen muss – und realistisch betrachtet ist so

ein Modell, selbst in den zeitgenössischen und aufregenden Interpretationen von Firmen wie Hublot oder Montblanc, keine Uhr für jeden Tag. Und die bleibt dann auch schon mal stehen. Bei der Einstellung eines solch komplexen Werks bedarf es jedoch einiger Vorsicht: Schließlich ist jede Anzeige auf dem Zifferblatt auf einen eigenen Schaltvorgang zurückzuführen, und diese dürfen nicht einfach unterbrochen werden. Darum ist es wichtig, die Uhr nie manuell gegen den Zeigersinn zu justieren. Stattdessen stellt man sie zunächst mit dem Uhrzeigersinn auf sechs Uhr morgens. Das ist der Punkt, an dem sämtliche datenrelevanten Mechanismen ruhen, und daher genau der richtige Moment, um die übrigen Einstellungen vorzunehmen. All die Mühen erspart man sich natürlich, wenn man das Werk automatisch in Bewegung hält. Denn nicht nur Eigentümer besonderer Uhren wissen: Zeit ist wertvoll. Das gilt für den Ewigen Kalender ebenso. Einige haben sogar ganz erstaunliche Wertentwicklungen durchgemacht, denn rar sind die allermeisten von ihnen. Hinzu kommt: Wer einmal dem Charme der Komplikation erlegen ist, der mag sich nicht mehr von ihr trennen. Die Ewigkeit am Handgelenk – ein bewegendes Gefühl.

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PateK PhILIPPe Allein in dem umwerfend eleganten, cremefarbenen Zifferblatt kann man sich ewig verlieren: Die weißgoldene »Referenz 5320G« pflegt nicht ohne Grund eine gewisse Vintage-Optik, der Zeitmesser ist von Modellen der 1940erund 1950er-Jahre inspiriert. Automatikwerk, 74 480 Euro


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MONtBLaNc Der »Heritage Chronométrie Perpetual Calendar Sapphire« verbindet die Trendfarbe Blau mit einem überraschenden Look: Rauchig eingetöntes Saphirglas ermöglicht, dass man das Manufakturkaliber beobachten kann. Automatikwerk, 12 500 Euro

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huBLOt Ungewöhnlich, nein eigentlich spektakulär: Der aus 416 Teilen bestehende »Big Bang Unico Perpetual Calendar Sapphire« bietet Einblicke ins Werk – und das Gehäuse aus poliertem Saphirkristall verleiht der Uhr einen edel-transparenten Auftritt. Automatikwerk, 110 000 Euro


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BLaNcPaIN Klassisch und einfach schön: Die rotgoldene »Villeret Quantième Perpétuel 8 Jours« hat, der Name sagt es bereits, eine Gangreserve von beachtlichen acht Tagen. Und sie wartet zum Ewigen Kalender mit einer zweiten, sehr beliebten Komplikation auf: einer Anzeige der Mondphasen. Automatikwerk, 54 430 Euro

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Iwc Der »Big Pilot’s Watch Perpetual Calendar Spitfire« gilt als ein Klassiker unter den sportlichen Varianten des Ewigen Kalenders. Neu ist, dass für das Gehäuse das aktuell sehr trendige Material Bronze Verwendung fand. Und neu ist auch das grüne Zifferblatt. Automatikwerk, limitiert auf 250 Exemplare, 30 900 Euro


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Das ist Das Berliner Mass eine kleine hand­ werkliche avant­ garde belebt die Maßfertigung in der Hauptstadt mit einem eigenen stil. sie kleidet die neue Berliner Boheme ein: schauspieler, Künstler und Galeristen. GQ luxury hat drei von ihnen im atelier besucht

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e yourself, know your proportions. And have a good tailor.« Mehr muss man eigentlich nicht wissen, um sich den perfekten Maßanzug schneidern zu lassen. Das hat schon RuPaul verstanden, von dem dieses hinreißende Zitat stammt. Damit wäre meine Geschichte an dieser Stelle auch schon zu Ende, denn eine andere unausgesprochene Regel unter Gentlemen besagt: »Never talk about your tailor.« Tja, mache ich jetzt aber doch. Fangen wir mit den Basics an: Wie finde ich heute den perfekten Schneider? Bei Maßanzügen denken viele immer noch reflexartig an die Savile Row oder die Manufakturen in Neapel, die traditionellen Pole des Maßanzuguniversums, die in Verarbeitung, Style und Philosophie nicht unterschiedlicher sein könnten. Und da letztlich alles eine Geschmacksfrage ist, werde ich genau deshalb meinen nächsten Anzug eben nicht in Neapel oder London fertigen lassen, sondern in Berlin. Hier hat sich in den letzten Jahren eine kleine Szene an Maßschneidern und Maßschuhmachern herauskristallisiert, die einen eigenen Berliner Stil pflegt. Handwerkliche Perfektion mit Berliner Flair, das gab es in dieser Stadt zuletzt vor dem Krieg, als über 80 vorwiegend jüdische Herrenmaßschneider rund um die Wallstraße am Spittelmarkt im Bezirk Mitte Berlin zu einem weltweit führenden Hotspot der eleganten Männermode machten. Ein erster Hauch davon lebt nun wieder auf. Bei Purwin & Radczun lässt sich die deutsche Schauspieler-Elite und Kunstszene den perfekten Bespoke-Smoking oder einen Dreiteiler aus Donegal-Tweed auf Maß nähen, bei Robert Vogdt bekommt man exzellentes Made-to-Measure, das mit vielen handgearbeiteten Details die Grenzen zwischen Konfektion und Maßanfertigung verschwimmen lässt. Bleibt die Frage: Warum Berlin? Weil »Be yourself« die schwerste Übung auf dem Weg zum ersten Maßanzug ist. Und weil ich, statt mir die sartorialen Traditionen einer anderen Kultur aufzubürden (will ich aussehen wie ein Londoner Banker?), mich in diesem neuen Berliner Anzug-Esprit am leichtesten wiederfinde. »Know your proportions« lautet der zweite weise Ratschlag RuPauls, der eine nüchterne

Bestandsaufnahme erfordert. Denn zwischen Selbstwahrnehmung, dem eigenem Wunschbild und der Realität klaffen oft große Lücken. Ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass mein Knochenbau nie dem eines feingliedrigen Italieners entsprechen wird und ich deshalb in einem Anzug aus Neapel auch nie die gleiche filigrane Nonchalance ausstrahlen werde. Ich brauche ein bisschen mehr Struktur in der Konstruktion. Womit wir bei der Passform und dem Aufbau wären, den wichtigsten Distinktionsmerkmalen der unterschiedlichen Schneidertraditionen. »Passt wie angegossen« ist eine Floskel, die aus Zeiten stammt, als der Herrenausstatter mit dem Sitz des Konfektionsanzugs beim Kunden zufrieden war. Mir ist jedoch aufgefallen, dass es die völlig falsche Metapher ist, wenn man das Gefühl beschreiben soll, das einen in einem Maßanzug befällt. Dinge, die man in Formen gießt, härten nämlich später für gewöhnlich aus und werden steif. So wie Kunstharz oder Bronze. Oder der Anzug von der Stange, der anfangs im Laden vor dem Spiegel noch okay aussah, bei dem aber später das Revers auf jedem Partyfoto von mir diesen hässlichen Knick machte. Wie anders ist da das Feeling in einem guten, auf Maß geschneiderten Anzug. Es ist eine fließende Empfindung, als wäre ich von einer Hülle aus Quecksilber umgeben, die jede meiner Bewegungen antizipiert, mitgeht, mich begleitet. Wo nie etwas verrutscht, sperrt oder kneift. Nach dem ersten dieser Anzüge gibt es kein Zurück mehr. Dass Maßfertigung auch bei Schuhen keine Extravaganz ist, sich vielmehr auf die gesamte Körperhaltung des Trägers auswirkt, dies erklärte mir vor vielen Jahren Olga Berluti, als sie noch selbst Kunden empfing. Das auch an meinen Füßen zu spüren ist seitdem eine meiner Obsessionen geworden. Eine der spannendsten Entdeckungen in Berlin war deshalb das Maßschuhatelier von Korbinian Ludwig Heß. 4 000 Euro und vier Probeschuhe braucht man bei ihm für ein Paar, darauf warten muss man bis zu einem Jahr. Aber das Gefühl am Fuß, da bin ich mir sicher, es wird gigantisch sein.

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Martin Purwin im Atelier von Purwin & Radczun, das er und Boris Radczun, Mitbesitzer des »Grill Royal«, 2011 gründeten. Ihren Cutter warben sie damals von dem Schneider ab, der Prinz Charles’ Anzüge fertigt


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Martin Purwin nimmt im Atelier an einem jungen Kunden MaĂ&#x;. Bei dem Anzug handelt es sich um ein Schlupfmodell aus seiner Nebenlinie Sal Basics, mit der er gerade eine Made-to-MeasureKollektion etabliert

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BespoKe tailorinG

purwin & radczun Von links nach rechts: Handpikierte Rosshaareinlagen werden auf dem Unterkragen befestigt, so sieht man die Stiche nicht; Aufbau eines Revers; was Mann sonst noch alles braucht: Hosenträger in einem kräftigen Gelb, Regenschirm. Und Krawatten, die – wichtig!! – so dezent und elegant gemustert sind, dass man mit ihnen nicht wirkt wie ein Pfingstochse beim Almauftrieb (was viele größere Hersteller auch gern mal ignorieren)

Purwin & Radczun verbinden das Beste aus zwei Welten, um daraus eine dritte zu bauen. Bei ihnen finden Elemente der englischen und neapolitanischen Schneidertradition zu einem neuen Berliner Stil. Jeder Anzug ist »bespoke«, also vom Zuschnitt bis zum letzten Knopfloch von einer Hand im Atelier genäht. Ihre Stoffe sind robuster als die in Neapel, was den Anzügen eine kernige Griffigkeit verleiht. Und sie werden im Vergleich mit denen aus der Savile Row mit einer leichteren Rosshaareinlage pikiert, wodurch sie weicher wirken und weniger Wärme stauen. Eine halb gefütterte Verarbeitung (d. h. ohne Futter am Rücken) sorgt gerade bei ihren fantastischen Donegal-Tweeds für zusätzliche Leichtigkeit. Dabei macht die Halbfütterung doppelt so viel Arbeit, weil man dafür die Nähte versäubern

und die Stoffkanten paspelieren muss. Boris Radczun, Mitbesitzer des »Grill Royal«, kennt man eigentlich als einen der besten Gastronomen Deutschlands (GQ 05/19). Mit dem Textilkaufmann Martin Purwin, der zuvor für Kiton tätig war, verbindet ihn eine alte Freundschaft aus gemeinsamen Düsseldorfer Tagen. Sie starteten ihr Atelier schon 2011, den Cutter James Whitfield warben sie damals von Anderson & Sheppard in London ab – Prinz Charles’ Schneider, den manche weltweit für die Nummer eins halten, zumindest was die elegante natürliche Schulterführung betrifft. Mittlerweile veranstalten Purwin & Radczun auch regelmäßig Maßtage in Düsseldorf, Frankfurt und München. purwin-radczun.com, Tempelhofer Ufer 32, 10963 Berlin


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MassscHuHMacHer

Korbinian ludwig Heß Bei ihm braucht man für das erste Paar nicht nur einen Batzen Geld, sondern auch Zeit und Geduld: Allein vier Probeexemplare benötigt Korbinian Ludwig Heß, bis man seine Maßschuhe an den eigenen Füßen aus seinem Laden tragen kann. In diesen vier muss man eine Weile gehen, dann schneidet Heß sie wieder auf oder versieht sie an den kritischen Stellen mit Lochmarkierungen, die ihm dazu dienen, die individuelle Anatomie eines jeden Knöchelchens im Fuß zu erfassen. Selbst aus dem letzten Probepaar, das man dann schon einige Zeit trägt, zieht er noch wichtige Informationen für den Bau seiner Holzleisten. Das ganze Prozedere kann dauern – zwischen acht Monaten und einem Jahr, um genau zu sein. Gelernt hat Heß sein Handwerk beim ehemaligen k. u. k. Hofschuhmacher

Rudolf Scheer & Söhne in Wien, dem Olymp der Maßschuhmacherei. Dessen Schuhe sind unter Aficionados so begehrt, dass Heß schon Kunden in Berlin hatte, bevor er dort das erste Mal sein Atelier aufschloss. Hier hat Heß auch zu einem eigenen Stil gefunden, in den er sehr subtil seine Faszination für Cowboystiefel einfließen lässt. Bei seinen Schuhen fallen die Absätze leicht schräg an der Hacke ab. Das ermöglicht den Trägern einen weicheren Gang und sorgt generell für zusätzliche Bequemlichkeit. Um die 4 000 Euro kostet ein Paar. Und: Hat Heß den Leisten einmal in die perfekte Form geschnitzt, geht es für das zweite oder dritte Paar wesentlich schneller. klh-massschuhe.com, Hohenzollerndamm 201, 10717 Berlin

Im Uhr zeigersinn: Der Schuhleisten wird per Hand skulptiert, bis er auf die Fußform des Kunden passt; drei fertige Modelle zur Ansicht in Heß’ Atelier; ein Chelsea Boot in einem frühen Stadium: Hier wird das Elastikband an dessen Seiten von Heß mit Lederstreifen kaschiert

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Im Atelier von Korbinian Ludwig HeĂ&#x; laufen die Maschinen nicht elektrisch, der Meister bedient sie nur mit Muskelkraft. Jeder Kunde hat seinen eigenen Leisten, das spart Zeit beim Kauf des zweiten Paares


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Wenn Robert Vogdt für befreundete Künstler Anzüge anfertigt, bezahlen sie oft mit Kunst, die er dann bei sich an die Wände hängt. Auf dem mit Intarsien verzierten Pooltisch hat er Stoffmuster ausgelegt

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robert Vogdt Das Atelier von Robert Vogdt gleicht einer Wunderkammer. Über die Jahre haben sich dort die Arbeiten befreundeter Künstler angesammelt. So lassen sich Julius von Bismarck und Julian Charrière bei ihm ihre Anzüge schneidern – und bezahlen sie mit ihrer Kunst. Als ich Vogdt traf, war er gerade dabei, dem Architekten und Startup-Gründer Albrecht von Alvensleben einen neuen Cut für eine Hochzeit anzupassen. Vogdts Anzüge sind Made-to-Measure vom Feinsten. Sie werden, nachdem er beim Kunden Maß genommen und den Schnitt erstellt hat, in verschiedenen Betrieben zum Teil oder auch ganz von Hand genäht. Ein »Full Handmade« kostet ab 1 700 Euro und wird mit über 10 000 Stichen in bis zu 30 Stunden Handarbeit gefertigt. Das handgestochene Façonknopfloch, handpikierte Rosshaar-

einlagen und von Hand eingesetzte Ärmel gibt es bei beiden Varianten. Seine Vorliebe gilt der sogenannten gerollten Schulter, die sich durch die aufstehende Wölbung des Ärmels am Armloch bemerkbar macht und unter Kennern ein Zeichen besonderer Schneiderkunst darstellt. Auch für ausgefallenere Ideen hat er Stoffe parat, beispielsweise historische Seidenkimonos aus Japan, aus denen er nach Kundenwünschen Anzüge, Hosen oder Hemden macht. Stilistisch propagiert er eine hochgeschnittene Hose: Sie kommt der Balance seiner Anzüge zugute und hebt sich wohltuend von den gängigen tief sitzenden Hosen der Konfektion ab. Seine Anzüge komplettiert Vogdt gern mit Krawatten aus seiner Vintage-Sammlung von Hermès. Die kann man bei ihm ebenfalls erwerben. robertvogdt.de, Möckernstraße 68, 10965 Berlin

Im Uhrzeigersinn: Albrecht von Alvensleben, Gründer des Start-ups Bullenberg, lässt sich von Robert Vogdt einen Cut anpassen; handwerkliche Details an einem Anzug; ausgesuchte DeadstockVintagestoffe benutzt Vogdt auch gern dazu, nach den Wünschen seiner Kunden Hemden und andere Kleidungsstücke anzufertigen


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ArkTiS ibizA STATT

Tausche Strandliege gegen Daunenparka: Fünf-Sterne-Sommerferien der anderen Art – am Ende der Welt

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Wie viele Beluga-Wale passen auf ein Foto? Die Erfahrung zeigt: mindestens 23. Im Cunningham Inlet erholen sie sich von den Strapazen ihrer Reise, die sie über viele Hunderte von Seemeilen hierherführte

Fotos: Alexander Stilcken, Courtesy of Arctic Watch

E

s ist unser dritter Tag auf der Insel, so gegen zehn Uhr am Abend, und wir schauen nun schon seit Stunden über die Weite des Cunningham Inlet zum Horizont und wieder zurück zu den Beluga-Walen. In der seichten Flussmündung reiben sie sich am Grund, um nach einer viele Hunderte Seemeilen langen Reise ihre Wal-Haut zu säubern. Die Bucht mit ihrem vergleichsweise warmen Wasser ist eine Art Beluga-Spa und das Kies-Peeling die beliebteste Anwendung. Das genießen die Tiere offensichtlich ebenso wie ein kleines Sonnenbad: Immer wieder kommen sie an die Oberfläche und blinzeln zufrieden ins Licht. Ein Spiel, dem man ewig zuschauen möchte. Aber der Rest der Reisegruppe hat genug für heute. Deshalb wählt Tessum Weber seine Worte sorgsam, um mich davon zu überzeugen, dass es doch vielleicht besser wäre, hier draußen nicht allein zu verweilen. Tessum, Gastgeber, Guide und zweitoberster Abenteurer der Insel, sagt: »Nun ja, theoretisch könntest du noch etwas bleiben. Aber vergiss nicht, dass da nicht nur Wale schwimmen, sondern auch Eisbären. Und die sind im Zweifel verblüffend schnell bei dir an Land.« Dem ist nicht wirklich viel hinzuzufügen, außer dass wir uns an diesem Ort inzwischen wohl so sehr zu Hause fühlen, dass die Tatsache, nur Gast und Teilzeit-Abenteurer zu sein, langsam in Vergessen-

heit gerät. Das ist eben kein klassischer Strandurlaub auf den Balearen, auch kein Roadtrip durch Kalifornien oder eine Yacht-Charter im Mittelmeer. Hier werden einem bei recht frostigen Temperaturen die womöglich seltensten Annehmlichkeiten unserer Zeit geboten: unendliche Weite, denn Somerset Island ist ungefähr so groß wie Sardinien, aber völlig unbewohnt. Und: unfassbar viel Zeit – am Polarkreis wird es zu dieser Jahreszeit nie dunkel. Es ist daher nicht die anbrechende Nacht, die den Tatendrang bremst, höchstens die Müdigkeit. Oder, wie Tessum sagen würde, die Vernunft. So ist der Sommer in der Arktis. Ich war auf dieses exotische Ferienziel eigentlich nur en passant aufmerksam geworden. Die Sehnsucht nach Natur, dem Raus- und Runterkommen mag einer der größten Tourismus-Trends sein, das von der Weber-Familie geführte Camp Arctic Watch bedient aber noch einmal eine besondere Nische. Im Gespräch mit der Expertin der Reiseagentur Art of Travel fiel dessen Name dann auch eher nebenbei. Das sei »schon sehr speziell«, meinte sie, was ich anfangs als ein codiertes »zu rustikal« missverstand. Das Camp verfügt über ein Gemeinschaftsbad für Männer und eines für die Frauen, über kleine IgluZelte, in denen zwar hochkomfortable Betten stehen, deren Ambiente aber nicht vergleichbar sei mit dem Standard luxuriöser Eco-Lodges in anderen

Weltgegenden. Wenn sie ehrlich sein solle, sagte die Beraterin, habe sie diese Reise überhaupt erst einmal verkauft. Was natürlich auch an der beschwerlichen Anfahrt liege. In der Preiskategorie mit fünf Stellen gebe es gerade bei Paaren immer einen, der früher oder später laut nachdenke: »Oder wollen wir nicht doch lieber auf die Malediven?« All das kann man gut verstehen, und An- und Abreise bergen tatsächlich einige Hindernisse (dazu gleich mehr). Andererseits ist das Ganze schon extrem exklusiv. Und daran wird sich auch so bald nichts ändern. Diese nördlichste Lodge der Welt wird nie Trend-Destination werden, sie hat schließlich nur wenige Wochen im Jahr geöffnet. Und mehr als 24 Gäste auf einmal kommen in den Schlafzelten, die neben dem großen Gemeinschaftszelt mit Küche, Essraum, Bädern und Wohnzimmer aufgeschlagen sind, auch nicht unter. Aber: Es ist die Arktis! Echte Wildnis! Und selbst wenn wir uns hier nicht im ewigen Eis befinden, so gibt es durchaus Eis, und im Freien ist es generell ziemlich frisch. Nachts friert die Zahnpasta an. Tagsüber reichen die Temperaturen von sehr kalt und ganz schön windig bis zu frühlingshaft-mild. Aber die, die hierherkommen wollen, wissen das. Zumindest die meisten. Jorge ist die Ausnahme. Der mexikanische Unternehmer ist mit seinen zwei Teenager-Töchtern angereist. Und während die anderen so aussehen, als


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hätten sie vorher mehrere Outdoorläden leer gekauft, besteht Jorges Garderobe vornehmlich aus Lululemon-Jogginghosen und Designer-Klamotten. Er hat das fröhlichste Gemüt, das gleicht vieles aus. Aber man merkt ihm doch an, dass er sich seinen Familienausflug eine Nuance komfortabler vorgestellt hatte. Das begann schon bei der Anreise: Unsere kleine Gruppe traf sich dafür im kanadischen Yellowknife, dem letzten Städtchen vor der großen Weite, aber immer noch vier Flugstunden von Somerset Island entfernt. Wegen schlechter Sichtverhältnisse verzögerte sich in Yellowknife der Abflug – um satte zwei Tage. Auf der Insel gilt für alle Neubürger, die Rentner ebenso wie den Venture-Capital-Manager: erst mal die Umgebung und ihre Regeln kennenlernen. Quadfahren testen. Den Umgang mit Funkgerät und Bärenspray üben. In diesen Momenten reagiert das Stadtkind in einem natürlich zunächst etwas besorgt. Dabei kann man der Expertise der Weber-Familie tausendprozentig vertrauen. Seit 20 Jahren führen sie die Lodge. Vater Richard ist einer der bedeutendsten Arktis-Abenteurer überhaupt, er nahm an 60 Expeditionen zu Nord- und Südpol teil. Richard Weber war auch der erste Mensch, der jemals die Strecke von Russland nach Kanada auf Eis bewältigte. Sein Sohn Tessum war auch schon mit ihm unterwegs, er ist wiederum der bislang jüngste

Mensch, der den Nordpol erreichte – auf Skiern. Sein Bruder Nansen arbeitet als Fotograf für »National Geographic«. Und Mutter Josée versteht es, sich so souverän an die scheuen Moschusochsen heranzupirschen, dass die am Schluss tatsächlich bloß noch wenige Meter entfernt sind. Dabei behält sie ihre Shotgun immer fest in der Hand. Die Familie und ihr Team sorgen dafür, dass jeder einzelne Tag auf Arctic Watch mehr Natureindrücke bietet, als es der Kopf verarbeiten kann. Morgens wählen die Gäste je nach Wetterlage zwischen zwei bis drei Abenteuer-Optionen. Danach heißt es: rein in die Gummistiefel und los mit einem der Weber-Söhne oder den Guides Dave, Alex und Emilie. Wandern durch die arktische Tundra. Rafting in den Canyons. Zur Nordwestpassage, Eisformationen bewundern und auf Eisbären hoffen. Oder man geht mit dem Quad auf Tiersafari, zu besagten Moschusochsen oder den Schnee-Eulen oder den Polarfüchsen, deren Welpen vor ihrem Bau herumtollen. Man kann auch den »Arctic Plunge« wagen, den buchstäblichen Sprung ins eiskalte Wasser. Und wenn wieder die Wale direkt vor dem Camp ihre Spa-Time haben: Rasch in den Unimog und nichts wie hin. Einige Gäste sind mit Fotoausrüstungen angereist, die Profis neidisch machen würden. Andere haben ihr Smartphone dabei, sie sammeln die unvergesslichen Eindrücke lieber in ihrer Erinne-

rung statt auf Datenkarten. Abends wird dann während des so gar nicht kargen, völlig unarktisch-opulenten Dinners bei einer 200-Dollar-Flasche Wein das Erlebte geteilt und rekapituliert. Auch Vorträge über das Leben in der Arktis und die Einflüsse der Erderwärmung gehören zum Erlebnis Arctic Watch. So angefüllt diese Woche mit ihren 24-StundenTagen ist: Am Ende hat man doch nur einen Bruchteil der Insel gesehen. Es ist halt keine Kreuzfahrt. Stattdessen konzentriert man sich auf dieses kleine Stückchen Erde, ist dabei mehr als herausgefordert – und wird sich so des labilen Verhältnisses von Umwelt, Natur und Mensch nur umso bewusster. Und zugegeben: Wir hatten uns gewünscht, auf dieser Reise Eisbären zu sehen. Vergeblich, sie machten sich rar. Fehlte deshalb was? Sicher nicht! Die Zeit auf Somerset Island ist so intensiv, gerade weil der Zufall die einzige Gewissheit ist. Und weil die Arktis einen immer und immer wieder mit ihrer rohen, unverfälschten Schönheit überrascht. Allein die Vorstellung, am oberen Ende der Welt zu stehen, unglaublich! Der Abschied verzögert sich dann, den Sichtverhältnissen sei Dank, erneut um einen Tag, was aber niemanden richtig stört. Wir sind als Touristen gekommen und gehen als tiefenentspannte Reisende. Und jeder von uns spürt deutlicher denn je: Gegen die Natur darf man sich nicht stemmen. Man muss sie achten – und genießen.

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Fotos: Alexander Stilcken, Courtesy of Arctic Watch

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Arctic Watch ist die nördlichste Lodge der Welt (o. l.). Ein Erlebnis: die scheuen Moschusochsen in der unendlichen Weite (o.). Wie alle Besucher wurde GQ-Autor Alexander Stilcken mit einem leuchtend gelben Parka ausgerüstet – so gehen

die Gäste in dieser Wildnis nicht verloren. Übernachtet wird in Iglu-Zelten mit Bett und Toilette, die Heizung läuft nur wenige Stunden am Tag. Der wahre Luxus ist die Natur, die man auch beim Fatbiken auf dem Eis erkunden kann


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Foto: Courtesy of Graff Diamonds/Ben Hassett

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ie Kronjuwelen? Tja, sagt Laurence Graff, da müsse man realistisch bleiben und konstatieren: In der Sammlung der britischen Royals befände sich nicht ein einziger wirklich perfekter Stein. Graff, Gentleman durch und durch, lächelt. Er will mit dieser Feststellung nicht provozieren. Vielmehr geht es ihm darum aufzuzeigen, was der Fortschritt in seinem Geschäft möglich macht. Laurence Graff handelt mit den schönsten und spektakulärsten Geschmeiden der Welt. Verkäufe sind bei ihm im Durchschnitt sechsstellig, Colliers können gern auch deutlich teurer werden. Und dann gibt es eben noch jene Steine, bei denen es geradezu unanständig erscheint, ihren Wert allein über den Preis zu definieren. Der Lesedi La Rona ist so einer. Der Juwelier der Milliardäre präsentierte den Ausnahmediamanten zum ersten Mal in Kapstadt bei einem Gespräch mit Suzy Menkes auf der Condé Nast Luxury Conference. Als er Praktikant war, habe ihm sein damaliger Chef über das Diamantengeschäft eröffnet: »The sky is the limit.« Und jetzt, etliche Jahrzehnte und unzählige Preziosen später, da sei er, sagt Graff, diesem himmlischen Nonplusultra nun wohl recht nahegekommen. Der Lesedi La Rona ist ein Jahrhundert-Juwel. 2017 hatte Laurence Graff den zwei Jahre zuvor in Botswana entdeckten Rohdiamanten mit einem Gewicht von 1 109 Karat für 53 Millionen US-Dollar ersteigert. In den vergangenen 100 Jahren hatte man keinen größeren Diamanten gefunden, in der ewigen Karat-Hitliste rangiert er auf Platz zwei der Rohdiamanten dieser Welt. Nun ist Laurence Graff mit seinen 81 Jahren schon sehr lange im Business. Er kennt dessen Usancen und Unwägbarkeiten wie kaum ein anderer. Als Teenager begann er seine Ausbildung, gründete mit Anfang 20 seine eigene Firma, eröffnete kurz darauf seine ersten beiden Geschäfte in London. Heute gilt er als einer der reichsten Männer Großbritanniens. Sein Milliarden-Vermögen, die Kunstsammlung, das Weingut, die Yacht und die Häuser in Gstaad, London und Südfrankreich hat er sich mit besten Geschäften dank hervorragender Kontakte erarbeitet. Der Sultan von Brunai gilt als einer seiner wichtigsten Kunden, ebenso das saudische Königshaus. Auch Oprah Winfrey und Oracle-Boss Larry Ellison kaufen bei ihm ein. Zu seinem Edelstein-Konzern gehört nicht allein das Retail-Geschäft, er ist mittlerweile auch an einem Mi-

Der Jahrhundert Diamant Als Juwelier ist Laurence Graff eine Legende. Gerade hat er den Lesedi La Rona präsentiert. Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gab es einen so großen, so makellosen Diamanten

Linke Seite: Der Lesedi La Rona – um dem 302,37-KaratStein seine spektakuläre Form zu geben, wurde der ursprünglich mehr als dreimal so schwere Rohdiamant über ein Jahr lang von Experten analysiert und anschließend mit äußerster Vorsicht und Präzision bearbeitet. Dabei gewannen die GraffJuweliere 66 weitere sogenannte Satelliten-Diamanten mit Gewichten zwischen einem halben und 24 Karat, die vor allem für Verlobungsringe und Colliers Verwendung fanden

nenkonzern beteiligt, verdient am Großhandel ebenso wie mit dem Schliff und Polieren von Steinen. Graff kann endlos Geschichten erzählen aus dieser faszinierenden Welt, von Diamantenhändlern zum Beispiel, die einem maximal 15 Minuten zum oberflächlichen Begutachten der Steine einräumen, bevor man dann Preisgebote im zweistelligen Millionenbereich abzugeben habe. Er hat Ausflüge zu seiner mehr als vermögenden Kundschaft erlebt, bei denen er nie so genau wusste, wie die Reise endet. Mit Imelda Marcos und ihrem Mann Ferdinand verbrachte er einmal spontan eine Woche – zunächst auf einer Yacht, dann auf einer abgelegenen Philippinen-Insel. In der Tasche hatte er fünf historisch bedeutende Diamanten, im Kopf die Sorge

um die kaum verpackten und gesicherten Steine sowie die Frage: Wollen die eigentlich auch etwas kaufen oder brauchen sie nur einen Gesellschafter? Natürlich wollten sie, und so wurde auch dies ein guter Deal – der trotz allem nicht entfernt vergleichbar ist mit dem Lesedi La Rona. Der Erwerb des Rohdiamanten war schließlich nur der erste Schritt. Ein Jahr lang wurde dieser besondere Stein analysiert, dessen Verarbeitung diskutiert und dann geschnitten, geschliffen, poliert. Zwar basiert dieser Prozess noch immer auf klassischem Kunsthandwerk, doch sorgen heute Computer und Laser dafür, dass man inzwischen imstande ist, tatsächlich absolut makellose Diamanten zu produzieren: Steine, von denen selbst Könige und Königinnen einst


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nur träumen konnten. Im Fall des Lesedi La Rona entstanden aus dem exorbitanten Rohdiamanten zunächst 66 »Satelliten«-Steine mit Größen von einem halben bis zu 24 Karat, die Graff vor allem für Verlobungsringe und Colliers verwendete. Die geballte Aufmerksamkeit aber wurde dem »Master Stone« zuteil, der sich seitdem als Smaragdschliff der Superlative präsentiert: 302,37 Karat schwer und vom renommierten Gemological Institute of America für bestmögliche Farbe und Reinheit zertifiziert. Nie zuvor gab es einen Diamanten dieser Größe in so exzellenter Qualität. Graff, der seine aus Edelsteinen gewonnenen Kunstwerke in weltweit 63 Boutiquen offeriert, hätte den Diamant womöglich sogar noch größer

schleifen lassen können. Aber »uns geht es um die feinsten Proportionen, die feinsten Formen, den feinsten Cut – und nicht darum, in Gewicht zu machen«. Der Brite versteht sich nicht allein als Händler, sondern auch als Sammler, Liebhaber und Beschützer besonderer Steine. Deshalb ließ er auch den berühmten »Blauen Wittelsbacher« umschleifen, einen naturblauen Diamanten, den er nach dessen Akquise von 35,56 Karat auf 31,06 Karat verkleinerte. Experten und auch die Konkurrenz waren irritiert, Graff aber ist mit seinem nunmehr »Wittelsbach-Graff Diamond« genannten Stein hochzufrieden. Auch der Lesedi La Rona ist schon jetzt ein wichtiger Teil der Geschichte großer Diamanten. Derzeit bemühen sich mehrere Supersammler und In-

vestoren um ihn, und dabei gilt selbstredend: »The sky is the limit.« Es ist eine der Gelegenheiten, bei denen tatsächlich alles möglich scheint. Um ein vages Gefühl für die Wertentwicklung eines so außergewöhnlichen Steines zu bekommen, hilft eventuell folgender Vergleich: Aus dem »Lesotho Promise«, einem 603-Karat-Rohdiamanten, schufen die Graff-Experten ein Collier aus 26 Steinen. Den Rohdiamanten hatte Laurence Graff im Jahr 2006 erworben – zum Preis von 12,4 Millionen Dollar. Die Kette wird inzwischen auf einen Wert von über 60 Millionen Dollar geschätzt. Laurence Graff spricht also aus Erfahrung, wenn er über den Lesedi La Rona sagt: »Manche Diamanten sind ein wirklich gutes Investment.« alexander stilcken

Laurence Graff, 81, ist einer der erfolgreichsten und vermögendsten Juweliere der Welt. 1960 gründete er Graff Diamonds in London, um sich auf Diamanten von wahrhaft exquisiter Qualität zu spezialisieren. Seitdem gingen viele weltberühmte Steine durch seine Hände, darunter der Hope-ofAfrica-Diamant und die Windsor-Diamanten

Foto: Courtesy of Graff Diamonds

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it’s getting

Haute in Here

aus Liebe zum Handwerk! stefano gabbana und Domenico Dolce Ăźber ihre alta-sartoria-Kollektionen

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Fotos: Domen and Van De Velde/Courtesy of Dolce & Gabbana

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interview

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DD:

Es gibt viele Linien, die luxuriöse Mode für Männer bieten – aber nur eine Alta Sartoria. Mit diesem Projekt haben Domenico Dolce und Stefano Gabbana eine echte Haute-Couture-Kollektion für Männer geschaffen, bestehend aus Teilen, die mehr Kunstwerk als Kleidungsstück sind: extrem teuer, in ungewöhnlichen und kostbaren Materialien, aufwendigst verziert, nur auf Bestellung produziert und oft speziell auf die Wünsche einzelner Kunden abgestimmt. Alta Sartoria hat wenig gemein mit der restlichen Modewelt und wird deshalb auch nicht auf Fashion Weeks gezeigt, sondern auf exklusiven Events, zu denen die Designer seit der Initiierung des Projekts im Jahr 2014 alle sechs Monate ein hochexklusives, internationales Publikum in immer neue Locations einladen. GQ sprach mit den Designern, die seit 1982 als Duo die Modewelt bereichern und sich so nah stehen, dass der eine regelmäßig den Satz des anderen vollendet.

Fotos: Courtesy of Dolce & Gabbana

Gq:

Domenico Dolce, Stefano Gabbana, was bedeutet Ihnen Luxus? SteFano Gabbana: In der Mode bedeutet Luxus für mich, die eigene Kreativität voll ausleben zu können. Etwas wagen zu dürfen. Ganz bei sich selbst bleiben zu können, auf absolut authentische Weise. Heute will ein Mann eine Robe haben, die mit seinem Namen bestickt ist. Oder einen ausgefallenen Anzug, in dem er zum Tennis oder auf sein Boot gehen kann. Hier kommen wir ins Spiel. Unsere Kreativität kennt keine Grenzen, wenn wir über Alta Sartoria sprechen. DomeniCo DolCe: Es braucht Stunden und Tage der Arbeit für nur ein einziges Stück. Schneidern bedeutet Hingabe. Das größtmögliche Wissen über das Handwerk, eine menschliche Note, die Sorge um das allerkleinste Detail, dies sind die Grundelemente jeder Kreation. Was ist für sie außerhalb der Mode Luxus? DD: Gefühle und Zeit, die wir für andere haben. Familie bedeutet mir alles. Wie denken Sie über das Thema »Made in Italy«? Was macht italienische Manufakturkunst so besonders?

Alta-Sartoria-Entwürfe werden nicht im Rahmen von klassischen Fashion Weeks gezeigt, sondern auf spektakulären Events der Kundschaft präsentiert – mal in New York, mal in Mexico City oder aber, wie auf den Bildern links, am Comer See

Italien hat eine Geschichte voller Exzellenz: in Kultur, Traditionen, Kunst, der Liebe zum Essen. Für uns sind dies fundamentale Werte, absolut essenziell für unsere Arbeit. Wir sind Designer, unsere Kreativität muss konstant genährt werden. Wir brauchen starke Referenzen. Und Italien, mit seiner authentischen Schönheit, ist eine immense Inspirationsquelle. Der Ort, wo alles beginnt. SG: Wir arbeiten zusammen mit italienischen Unternehmen, die höchstes Können in Food und Design bewiesen haben. Und wir suchen permanent nach Kunsthandwerkern, die unsere Kreationen mit ihrem Können und ihrer Leidenschaft zu etwas ganz Besonderem machen. Der Human Touch, die Liebe zur eigenen Arbeit und zu Details sind authentische Werte, die uns mit unseren Kollaborateuren verbinden. Wir sind eben Italiener. Essen etwa ist für uns so viel mehr als Konsum: Es ist Teilen, Leben, Lieben. Wie kamen Sie auf die Idee zu Alta Sartoria? DD & SG: Wir hatten immer den Traum, Haute Couture zu entwerfen – haben aber auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, ihn wahr zu machen. 2012 war das, als wir die erste Alta Moda für Damen vorstellten. Alta Sartoria kam dann zwei Jahre später ganz natürlich dazu: Die Ehemänner unserer Kundinnen gaben uns zu verstehen, dass auch sie ein Bedürfnis haben nach besonderen Stücken für besondere Gelegenheiten. Hinzu kam, dass einige Kundinnen, heute sind es Freundinnen, uns darum baten, für sie Kleidung mit Männerschnitten und Oversize-Silhouette zu entwerfen. Heute ist Alta Sartoria die perfekte Balance zwischen Sehnsucht und Realität, in perfekter Proportion. Wie muss man sich den Kunden der Alta Sartoria vorstellen?

DD & SG:

Mit der Alta Sartoria sprechen wir eine ungewöhnliche und ausgesprochen erfolgsverwöhnte Kundschaft an, das ist uns klar. Wir haben über die Jahre mit diesen Kunden echte Beziehungen aufgebaut, was ganz essenziell ist für dieses Projekt. Einfach gesagt haben wir versucht, diese Menschen Teil unserer Familie werden zu lassen. Und es ist uns gelungen. Wir hören ihnen zu, wir verbringen Zeit mit ihnen, wir haben eine ehrliche menschliche Verbindung zu ihnen aufgebaut. DD: Die Klientel ist sehr international. Jeder Kunde hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Bedürfnisse. Unser Verhältnis zu jedem Einzelnen von ihnen ist definitiv speziell. Mit Alta Sartoria realisieren wir ihre ganz eigenen Bedürfnisse. Manche Wünsche sind sehr – extravagant. Können Sie Beispiele nennen? SG: Sie kommen alle aus dem Bedürfnis heraus, einen bestimmten Traum zu realisieren. Manche sind exzentrisch, manche ganz auf den Anlass bezogen. Wir haben schon Taucheranzüge entworfen oder Piloten-Overalls. Oft geht es um Namen, Glückszahlen oder Materialien, die den Kunden etwas bedeuten. Zu sehen, wie ein Kunde am Ende lächelt und sich wohlfühlt in seinem Traumstück, ist ein besonderes Glück für uns. Auf welche Stücke sind Sie besonders stolz? DD & SG: Unsere Kollektionen sind Reflexionen unserer eigenen Existenzen – insofern haben wir zu allen von ihnen ein besonderes Verhältnis. Aber wir sind schon sehr stolz auf einige Stücke, die extrem schwierig herzustellen waren. Für unsere letzte Kollektion, die wir im Dezember 2018 in Mailand präsentiert haben, haben wir die PuntoPittura-Technik eingesetzt. Darunter versteht man eine Art zu nähen, mit der

»Die ehemänner unserer Kundinnen gaben uns zu verstehen, dass auch sie ein bedürfnis nach besonderen stücken haben«


INTERVIEW

sich dreidimensionale Formen erstellen lassen. Dank ihr waren wir in der Lage, einige berühmte Renaissance-Gemälde in Form von Kleidung zu reproduzieren – mit all ihren Nuancen und kleinen Details. Was ist das kostbarste Stück, das Sie je produziert haben? DD & SG: Das Team von Alta Sartoria arbeitet permanent mit extremer Hingabe an dem Projekt. Wir versuchen, jedem Aspekt dieses Geschäfts die gleiche Sorgfalt und Liebe zuteilwerden zu lassen. Jedes Stück Alta Sartoria ist eine einzigartige Kreation, die in vielen Fällen unglaublich viel Energie und Zeit verbraucht. Wir quantifizieren dabei aber nie Stunden, Tage oder Wochen, um den Wert eines Stücks zu definieren. Das wäre so, als ob man die Zeit berechnen würde, die man täglich braucht, um ein Kind zu lieben … Diese Frage kann man nicht beantworten! Unmöglich. Wie bewerten Sie die Menswear-Szene heute? DD & SG: Männer gehen heute an das Thema Mode heran, wie es früher nur Frauen getan haben. Sie wollen makellos sein, elegant, für jede Gelegenheit das richtige Kleidungsstück haben und

Nach der Show ist vor der Alta-Sartoria-Party, wo VIPGäste wie Natasha Lau und Alston Zhuang mit DiscoMusic und Feuerwerk unterhalten werden (o.). Auch einzigartige Uhren gehören zu jeder Kollektion (u.)

immer etwas tragen, das ihre Persönlichkeit widerspiegelt. Männer sind heute extrem qualitätsbewusst und an Details interessiert. Egal ob es um die verwendeten Materialien geht oder um Proportionen und Schnitte. Die Modeindustrie musste mit diesen neuen Bedürfnissen der Männer mitwachsen und für eine ganz neue Vielfalt auf den Kleiderständern sorgen. Unserer Meinung nach bewegt sich alles in die richtige Richtung. Wichtig ist, weiterhin zu kreieren, zu begeistern, zu wagen – und nie Kompromisse zu machen, wenn es um Qualität geht. Was ist die Zukunft des Luxus? DD: Ich kann Ihnen sagen, was die Zukunft an sich ist: eine Überraschung für jeden von uns! Mir ist es wichtiger, mich auf die Gegenwart zu konzentrieren und jedem der Projekte, die wir uns immer wieder ausdenken, mein absolut Bestes zu geben. Und ich kann Ihnen noch etwas Definitives zur Zukunft sagen: Wir denken nicht daran, in Rente zu gehen! SG: Da stimme ich ganz mit Domenico überein. Wir haben noch jede Menge zu erzählen. Luxus zu definieren ist absolut unmöglich. Luxus ist subjektiv. Für uns bedeutet Luxus, eine Geschichte

zu entwickeln. Eine Geschichte aus Liebe zur Mode, zu Italien, zur Kultur, zur Eleganz und Schneiderkunst. Unsere Kollektionen sind nichts anderes als Liebesgeschichten. Wir sind Designer. Und das heißt nichts anderes als Märchenerzähler. Märchen, die aus Stoffen gemacht sind. Von welchem Luxus träumen Sie noch? DD & SG: Wir sind sehr glückliche Menschen und haben keine konkreten unerfüllten Bedürfnisse. Was wir hoffen, ist, genug Zeit zu haben für die, die wir lieben.

Stefano Gabbana mit Marco Nikolaj Rechenberg (Stellvertretender Chefredakteur GQ)

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Fotos: Courtesy of Dolce & Gabbana, privat

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15 Angestellte widmeten sich in insgesamt 900 Arbeitsstunden diesem Stück Herrenmode, das man zwar als Oberhemd bezeichnen darf, das aber doch so viel mehr ist: nämlich ein aus 2 000 Federn konstruiertes Statement, mit dem Creative Director Kim Jones eindrucksvoll beweist, was er unter Fashion ohne den leisesten Hauch von Einschränkung versteht. Hemd, DIOR MEN, Preis auf Anfrage


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So groß der Hype um die Debüt-Kollektion des Zeitgeist-Genies Virgil Abloh auch war: Die Maison Louis Vuitton ist immer noch zuerst und vor allem der Handwerkskunst verpflichtet. Deshalb ist auch diese Weste das Ergebnis nervenaufreibender Liebe zur Perfektion. Ihre Mohnblumen-Optik mag vom »Wizard of Oz« inspiriert sein, die Blüten-Motive wurden jedoch sämtlich aus winzigen Glasperlen in Handarbeit komponiert und anschließend einzeln aufgenäht. Make-to-order-Weste, ca. 15 000 €, und Make-to-order-Blouson, ca. 35 000 €, beides LOUIS VUITTON

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Jeanshemd und Westernstiefel in allen Ehren, aber Anthony Vaccarello stellt sich den modernen Großstadt-Django um einige Nuancen mutiger und glamouröser vor. Dieses Sakko beispielsweise wurde komplett bestickt, mit Perlen verziert und so vom schnöden Kleidungsstück für alle Tage in eine Schutzjacke gegen jede Form von Tristesse verwandelt. Sakko, SAINT LAURENT, Preis auf Anfrage


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Wenn es um die Kreation von exuberanten Modefantasien geht, ist Alessandro Michele aktuell der unumstrittene King of Glam. Auch bei diesem über und über mit Pailletten bestickten Pullover spielt er begnadet mit historischen Motiven wie dem antiken Hellenismus, dies aber in feinster Verarbeitung und dem Fashion-Style des Jahres 2019. Pullover, Gucci, 5 500 €

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Propstylist: Sinan Sigic; Foto-Assistenz: Arturo Astorino; Digi-Operator: Yan Senez; Produktion: WORKINGIRL; Studio: LA Factory; Retusche: D Factory

Nein, um diese Bomberjacke tragen zu können, muss keine Krankenschwester eingestellt werden und auch kein Ersthelfer permanent anwesend sein. Olivier Rousteing hat mit dem Entwurf die perfekte Scherben- und SplitterIllusion geschaffen – und dafür per Laser geschnittene Plexiglas-Elemente anfertigen lassen, die dann auf eine Jacke appliziert wurden, welche er zuvor bereits mit Kristallen, Pailletten und Glasperlen versehen hatte. Bomberjacke, BaLMain, 21 590 €


Mit Schirm, Charme und Bertie, dem Jack-RussellTerrier: Alexander Kraft trägt in Monte-Carlo Maßgeschneidertes von Cifonelli. Die Begeisterung für guten Stil führt der Unternehmer auf seinen Großvater zurück, der ihm einst die ersten tadellos sitzenden Anzüge hinterließ

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Ein LEbEn ErstEr kLassE Er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt: Luxusimmobilienmakler alexander kraft wurde mit Einblicken in seinen mondänen alltag zum instagram-idol. Die exklusivsten Einblicke aber gibt er GQ Luxury

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er Ferrari? Ist leider in der Werkstatt. Der Range Rover? Zur Restaurierung. Und die beiden VintageMercedes parken aktuell in Florida. Für die Ausfahrt an der Corniche stehe also nur der Aston Martin zur Verfügung, aber das sei doch sicher auch in Ordnung? So ungefähr verlief das erste Telefongespräch mit Alexander Kraft, das der Vorbereitung unseres Treffens dienen sollte. Der Mann, das zeigt sich dann ein paar Tage später in Monte-Carlo, ist tatsächlich eine ziemliche Ausnahmeerscheinung. Nicht allein wegen seiner privaten Fahrzeugflotte und eben auch nicht nur auf Instagram, wo er mit seinem Look und seiner Begeisterung für die schönsten Dinge des Lebens mittlerweile 140 000 Follower hat. Sondern weil er einer der ganz wenigen Manager und Unternehmer ist, die sich derart öffentlich zur Freude an Genuss bekennen wollen – und können. Kraft ist sich dieser Sonderstellung bewusst: »Was mich von professionellen Influencern unterscheidet, ist: Ich zeige Ausschnitte aus meinem wirklichen Leben. Ich stelle mich nicht vor fremder Leute Autos oder Häuser oder promote irgendwelche gesponserten Produkte. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Angebote für bezahlte Kooperationen ich täglich bekomme. Der wahre Luxus aber ist für mich, dass ich auf all dies nicht angewiesen bin! Im Gegenteil: Was mich tatsächlich persönlich interessiert, kann ich mir auch selbst leisten. Und dies ist gerade die Authentizität, die meinen Account von vielen anderen abhebt.« Das einzig Geschönte an seinem Internetauftritt sind die vielen Hundehaare, die Jack-RussellTerrier Bertie auf seinen Maßanzügen hinterlässt: Die sieht man online nicht.

Für Alexander Kraft ist seine Social-Media-Präsenz keine Einkommensquelle, sondern eine Mischung aus echter Style-Passion und einer – zumindest mittlerweile – geschäftlich durchaus interessanten Möglichkeit zur Pflege der Marke Alexander Kraft. Einerseits will er das ganze »Mein Haus, mein Auto, mein Hund« mit Augenzwinkern verstanden wissen. Andererseits: So leicht und geschmeidig er sein Insta-Good-Life auch präsentiert, so sehr ist sein Offline-Leben von Fleiß und Disziplin geprägt. Monaco hin, PaulNewman-»Daytona« am Handgelenk her, der Lifestyle will verdient werden. Im Hauptberuf ist Alexander Kraft CEO und Chairman von Sotheby’s International Realty France-Monaco. Nach einer rasanten Karriere bei dem Londoner Auktionshaus bot man ihm dort 2004 die Rechte dieser weltberühmten Marke für das Maklergeschäft in einem Land seiner Wahl an. Kraft, der schon während seiner Zeit als Angestellter in München am Wochenende ständig im Porsche in sein Apartment in Cannes gefahren war, wählte Frankreich und Monaco. Für den Deal verschuldete er sich bis zum Anschlag, verkaufte seine Wohnungen und Autos und zog nach Monte-Carlo – wo nun wirklich niemand darauf wartete, dass sich ein weiteres Ego berufen wähnte, »in Immobilien« zu machen. Heute wacht Kraft über 50 Büros, die unter dem Namen Sotheby’s in Lizenz LuxusImmobilien vermitteln. Gemeinsam fand man letztes Jahr für Villen, Apartments, Schlösser und Landsitze im Gesamtwert von einer Milliarde Euro neue Eigentümer. Der gebürtige Berliner sitzt in seinem Büro im Herzen des Fürstentums, von dem aus er die Aktivitäten seiner Gruppe koordiniert, Hund Bertie auf


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dem Schoß. Das Gebäude wirkt unspektakulärzweckmäßig. Aber nur einen knallenden Champagnerkorkenflug davon entfernt steht die Villa Girasole, welche unter anderem die Fondation Prince Albert II de Monaco beherbergt. Denn – klar – für Immobilien-Experten zählt am Ende eines: Lage, Lage, Lage. Seine Räumlichkeiten hat der Hausherr in einem Mix aus Antiquitäten und modernen Design-Klassikern eingerichtet. An der Wand hängt eine große Fotografie von Kraft mit Bertie, für seinen treuen Begleiter wartet unter dem Schreibtisch ein Schlafkissen, das in einen orangefarbenen Schutzbeutel gehüllt ist, in dem normalerweise Hermès-Taschen verwahrt werden. Und auf dem Coffeetable liegen diverse Magazine mit Geschichten über den Mann, den die »Financial Times« zu einem von »Instagram’s New Menswear Tastemakers« ernannte. Seinen Erfolg erklärt Kraft folgendermaßen: »Ich habe immer etwas aufgebaut, ich hatte immer eine Vision. Anders als viele Millennials heute kann ich sagen: Ich träume nicht, ich rede nicht, ich mache.« Bei aller Liebe zu Frankreich und seiner zumindest für deutsche Gewohnheiten ungewöhnlich offensiv präsentierten hedonistischen Lebensweise gelte nämlich: »Im Herzen bin ich Preuße.« Wenn Kraft anschließend ausführt, dass er zwar nicht der allerbeste Jurist, BWLer, Marketing-Experte und Makler sei, aber eben ein extrem flexibler Generalist, dann ist das wenigstens in einem Punkt tiefgestapelt: Marketing, das kann er besser als die meisten anderen. So trat Kraft mit seinen Sotheby’s-RealtyBüros von Anfang an anders auf als die Konkurrenz. Er hatte den schillernden Markennamen, und ebenso klar war ihm, dass in seinem ImmobilienSegment kein Milliardär zur Tür hereinkommt, weil man draußen im Schaufenster die Inserate so nett präsentiert. Auf diesem Niveau geht es nicht mehr so sehr um harte Fakten wie Quadratmeterpreise und Bausubstanz, sondern um Emotionen. Kraft: »Ich verkaufe keine Immobilien, ich verkaufe einen Lifestyle.« Darum gestaltete er seine Filialen auch nicht wie klassische Maklerbüros, er ließ sich stattdessen von Ralph-Lauren-Stores inspirieren. Er schaltete Anzeigen, auf denen kein einziges Haus zu sehen war, nur der Flair eines luxuriösen Lebensgefühls, bei dem der Betrachter intuitiv sagt: »Das will ich auch.« Was ja letztlich nichts anderes ist als das ultimative Monaco-Feeling, wo jeder ganz genau schaut, was und wie viel der andere hat. Kraft findet das Fürstentum genau wegen dieser Klientel spannend und natürlich auch wegen der Steuer-Ersparnisse. Man flaniert mit ihm am Casino vorbei, und in seinem Cifonelli-Maßanzug mit doppelreihiger Weste – ein Signature-Look, den sein Schneider schon »den AK« nennt – könnte man den Unternehmer für den heimlichen Fürsten von Monte-Carlo halten. Bloß mit der Frage nach seinen Wohnsitzen bringt man ihn kurz durcheinander. Kraft überlegt, glaubt spontan, dass es sechs sind. Er zählt ab: Monaco, Paris, der Landsitz in der Provence, Berlin, Palm Beach … Nein, es seien im Moment wohl doch nur fünf. Wobei er auf jeden Fall irgendwann auch ein Haus in Kalifornien

besitzen möchte, einem weiteren Sehnsuchtsort, an dem er früher schon einmal lebte. Als Sammler ist Kraft ein ewiger Jäger. Erstausgaben, Uhren, Kleidung, Autos, Häuser … Seine Liebhabereien sind mannigfaltig, und wenn er nicht schlafen kann, dann sucht er auf eBay nach dem nächsten Fund, die ein oder andere Begehrlichkeit gibt es eigentlich immer. Vergnügt erzählt er, wie praktisch es sei, dass auf seinem Anwesen in der Provence drei Häuser mit insgesamt 1 500 Quadratmeter Wohnfläche stünden, Platz für Trouvaillen gäbe es also allemal. Für die gelten strenge Auswahlkriterien: »Die oberste Stil-Regel lautet: Man muss sich darüber klar sein, wer man ist und was zu einem passt, modisch und charakterlich. Ich weiß das sehr genau, und deshalb verbiege ich mich nicht, weder innerlich noch äußerlich. Das hilft in dieser Welt, in der heute sowohl in der Fashion als auch sonst so ziemlich alles irgendwie möglich ist, die Perspektive zu wahren und richtige Entscheidungen zu treffen.« Er kaufe nicht nach Logos oder »den Ohren«, sondern folge ausschließlich seinem persönlichen Geschmack. Seine Leidenschaft gilt Vintageprodukten, weil er deren Ästhetik und Qualität in Produkten unserer Zeit oft nicht mehr findet. Auch sein Modestil ist klassisch-konsequent: Zweimal im Jahr ordert er bei Cifonelli in Paris neue Maßanzüge, die Schuhe kommen bevorzugt von Stefano Bemer aus Florenz, von den gängigeren Marken schätzt er Tod’s und Ralph Lauren. All diese exklusiven Bausteine machen aus dem Manager Kraft einen Mann, der es als Stilvorbild zu internationaler Prominenz gebracht hat. Während wir dann im himmelblauen AstonMartin-Cabriolet auf der Corniche gen Nizza fahren, wundert er sich selbst aufrichtig, wie häufig er in der Zwischenzeit angesprochen wird. Wildfremde Menschen fragten ihn nach seinem Hund, und von Stockholm bis New York City würde er in Boutiquen sehr herzlich von Menschen begrüßt, die ihm bis dahin völlig unbekannt waren. Instagram macht’s möglich. Seine Social-Media-Popularität erklärt sich Kraft mit seinem Lifestyle, aber auch mit dessen unaufgeregter Präsentation: »Ich verwende darauf sehr viel weniger Zeit und Mühe, als man denken würde. Die Bilder sind ausnahmslos iPhoneSchnappschüsse, die meistens meine Frau Sibylle und manchmal auch meine Assistentin macht, ohne professionellen Fotografen oder andere Hilfsmittel. Ich nehme eine Szene aus meinem täglichen Leben auf, posiere für eine Minute, suche danach das beste Bild heraus und bearbeite es mit den Instagram-Tools – fertig!« Man kann sagen, nach vielen Jahren des Aufund Ausbaus von Sotheby’s Realty International ist so eher zufällig eine zweite Marke immer größer geworden: seine eigene, Alexander Kraft, Gentleman in allen Lebenslagen. Entsprechend zahlreich seien die ihm zugetragenen Ideen, um seinen Namen auch monetär zu verwerten und aus dem Kunden Kraft das Label Kraft zu generieren. Vom Auto-Tuner bis zum Hedgefonds reichten die Angebote, von Capsule Collections bis zur eigenen Modelinie. All das erschiene ihm – mindestens im

»anders als heute viele Millennials kann ich sagen: ich träume nicht, ich rede nicht, ich mache«

Oben: Der Unternehmer posiert für GQ Luxury mit seinem Aston Martin im Huntsman-Sakko an der Corniche. Die Bilder seines Instagram-Accounts macht fast immer seine Frau Sibylle Unten: Kleidung ist wichtig, Bertie wichtiger. Der Hund begleitet ihn fast überallhin, weshalb auch ein paar Terrier-Haare auf Sakko und Hose zu Krafts Signature-Look gehören

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Sammeln ist für ihn keine Frage des Geldes, sondern des Geschmacks. Alexander Kraft (Sakko: Huntsman, Hemd: 100 Hands, Uhr: Piaget), vom Platzregen unbeeindruckt, auf der Terrasse des Château de la Chèvre d’or. Diesen Sommer eröffnet er sein eigenes kleines Bed & Breakfast in der Provence

Moment – dann aber doch als zu schwer abwägbares Unterfangen. Zudem, sagt er, sei er enorm selektiv in allem, was er tue, und plane generell sehr langfristig. Einen Mehrwert generiert Kraft aus seinem Instagram-Ruhm inzwischen ohnehin. 140 000 Follower, stellt er ganz sachlich fest, das sei in der Welt der Influencer ja wohl eine eher überschaubare Größe. Dafür sind seine Follower überdurchschnittlich spannend, es befinden sich auch Persönlichkeiten darunter, die ihrerseits sehr einflussreich sind, aus großen Adelsfamilien bis hin zu »Forbes 500«-Unternehmern. Kraft: »Interessanterweise sind diese Instagram-Bekanntschaften fast ausnahmslos vollkommen unabhängig von meiner Tätigkeit als Unternehmer entstanden. Und manchmal ergibt sich am Ende auch eine professionelle Zusammenarbeit, wie zum Beispiel der diskrete Verkauf eines 80-Millionen-Euro-Anwesens vor einiger Zeit.« Bei unserer Tour führt Kraft das GQ-LuxuryTeam nach Èze, den wunderschönen Küstenort, in dem auch U2-Sänger Bono ein Haus besitzt. Auf der Terrasse des berühmten Château de la Chèvre d’or ordert Kraft am frühen Abend Espresso, Orangensaft und Himbeer-Tarte, für ihn ist es das Frühstück. Auf dem Meer erkennt er in der Ferne vor Cap Ferrat die Onassis-Yacht »Christina O«. In dieser mondänen Welt schätzt man die Verlässlichkeit

»Das Wichtigste im business ist mir: mein ruf, mein ruf und nochmals mein guter ruf«

des Deutschen: »Das ist in meiner Branche und hier in Südfrankreich nicht unbedingt selbstverständlich, mir aber ist es das Wichtigste im Business: mein Ruf, mein Ruf und nochmals mein guter Ruf. Bei der Konkurrenz mögen einige denken: Egal was ich mache, der nächste Russe kommt sowieso. Und wenn der nicht kommt, dann halt ein Chinese oder Inder – neues Geld gibt es immer. Aber das entspricht nicht meinem Geschäftsmodell. Ich will, dass die Klienten immer wieder zu mir zurückkehren. Ich habe etwa vor zehn Jahren, nach langer komplizierter Arbeit, ein großes Anwesen an einen bekannten, sehr anspruchsvollen US-Milliardär verkauft. Der hat mich nun, ein Jahrzehnt später, wieder mit dem Verkauf der Immobilie beauftragt, um über uns ein neues, noch größeres Anwesen zu finden.« Auch Château de Miraval, das 60-Millionen-Dollar-Weingut des einstigen Traumpaares Angelina Jolie und Brad Pitt, vermittelte Kraft. Nach Abschluss des Deals belohnte er sich mit dem Kauf seines kleinen Schlosses in der Provence. Dort widmet sich Kraft seinem neuesten Projekt: der »Maison Bleue« in Ampus, von SainteMaxime aus etwa 50 Kilometer nach Norden ins Landesinnere. Das Ziel: In dieser wunderschönen, gastronomisch aber eher unerschlossenen Region das perfekte Bed & Breakfast zu eröffnen. Nach 30 Jahren Reiseerfahrung ärgert es ihn immer noch, wenn für die Cola in der Minibar 13 Euro verlangt wird, der Room-Service langsam ist und die Lichtschaltung so komplex, dass man dafür eigentlich ein Studium der Elektrotechnik bräuchte. All das soll in seinem Haus besser sein. Es verfügt zwar lediglich über vier Gästezimmer, diese aber werden allesamt einen eigenen Kamin, Hästens-Betten, eine gusseiserne Badewanne und echte Kunst aus Krafts privater Sammlung an den Wänden haben. Und im angeschlossenen Restaurant soll es die besten Weine der Welt auch offen geben. Kraft schwärmt: »Der Gast kann dann zum Beispiel zu seinem Coq au Vin Rouge ein Glas von seinem Traumwein, einem 2000er Château Margaux, für um die 120 Euro trinken, statt Abertausende für eine ganze Flasche ausgeben zu müssen.« Alexander Kraft ist ein Unternehmer im wahrsten Sinne des Wortes. Er macht sich die Welt so, wie sie ihm gefällt. Ein Perfektionist in allem, was er anpackt. Zurück in Monte-Carlo setzt er den Gast selbstverständlich direkt vor dem Hotel ab. Für ihn geht es morgen nach Palm Beach. Im Maßanzug, denn auch im Flugzeug würde man ihn niemals anders sehen. Natürlich nicht. Haltung zu bewahren ist für diesen Mann keine fototaugliche Pose, sondern Lebenseinstellung.

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rein in den Sportwagen, Dach runter – und ab ans Wasser. GQ luxury zeigt die Uhren und Beach-looks für Sonnenkönige

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Patek PhiliPPe Die »Aquanaut« ist das sportlichste Modell der Genfer Manufaktur und die Referenz »5168G« die neueste und modernste Variante dieser extrem begehrten Uhr: Zifferblatt und Armband sind khakigrün, das Gehäuse ist aus Weißgold und mit 42,2 Millimeter Durchmesser etwas größer als sonst. Automatikwerk, 35 710 € Hemd, 950 €, und Kette mit Anhänger, 375 €, beides hermÈS; Badehose, Orlebar brOwn, 255 €, über matchesfashion.com; Schuhe, Gucci, 790 €, über apropos-store.com; Sonnenbrille, Dita eyewear, 735 €, über


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chOParD Elegant und von klarer, ebenmäßiger Schönheit: Bei der »L.U.C Lunar Big Date« harmoniert das Gehäuse aus Weißgold hervorragend mit dem satinierten silbernen Zifferblatt. Sie beide lassen der tiefblauen Mondphase den Raum, den sie braucht, um angenehm aufzufallen. Automatikwerk, 27 900 € Blouson, 430 €, und Hose, 200 €, beides mSGm, über lodenfrey.com; Sonnenbrille, cartier, 890 €

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lOuiS VuittOn Wie wär’s mit einem Spiel auf Zeit? Die weißgoldene »Tambour Spin Time Air« hat lediglich einen Zeiger für die Minuten. Statt des zweiten verfügt sie über zwölf rotierende Würfel am Zifferblatt. Elf davon präsentieren sich von ihrer neutralen Seite, einer bekennt Farbe. Und verrät dadurch, was die Stunde geschlagen hat. Automatikwerk, 55 000 € Cap, lOuiS VuittOn, 695 €; T-Shirt, Jw anDerSOn, 220 €, über matchesfashion.com; Kette, caDa, 19 800 €; Sonnenbrille, Gucci, 295 €, über matchesfashion.com; Liegestuhl, maGaZin, 190 €, über magazin.com


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hublOt Was für eine Erscheinung! Da ist zum einen der von Richard Orlinski gestaltete »Classic Fusion Aerofusion Chronograph Orlinski« als Ganzes. Zum anderen das meisterhaft komponierte Manufakturwerk. Und zu guter Letzt die Pavé-Fassung aus Diamanten, die wie ein fein gesponnenes Netz aus reinem Licht über dem Chronographen-Gehäuse aus Gold liegt. Automatikwerk, 56 000 € Hemd, mr P., 155 €, über mrporter.com; Lederhose, JitrOiS, 1 950 €; Gürtel, Gucci, 360 €, über apropos-store.com; Sonnenbrille, cartier, 890 € GQ luxury


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bell & rOSS Eine Uhr wie aus einem extravaganten Traum, der in einer fernen Zukunft spielt: Die »BR-X1 Skeleton Tourbillon Sapphire« hat ein transparentes Gehäuse aus Saphirglas. Dazu ein Uhrwerk, bei dem nicht nur Mechanikfreaks mit der Zunge schnalzen. Und sie ist, was sie immer bleiben wird: extrem selten, da sie in einer Auflage von nur fünf Exemplarenkommt. Handaufzug, 450 000 € Tanktop, helmut lanG, 170 €, über lodenfrey.com; Sonnenbrille, Gucci, 560 €; Kette mit Anhängern, hermÈS, 1 580 €

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richarD mille Auf 30 Exemplare limitiert, verdankt die »RM 70-01 Tourbillon Alain Prost« aus TPT-Karbon ihre Existenz der zweiten Leidenschaft des einstigen Formel-1Champions: dem Fahren mit dem Rennrad. Mit einem Zähler kann man die geschätzte zurückgelegte Distanz schrittweise manuell addieren. Handaufzug, 885 000 € Pullover, the elDer StateSman, 2 050 €, über apropos-store.com; Sonnenbrille, balenciaGa, 285 €, über matchesfashion.com


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bulGari Das Leichtgewicht mit Aufmerksamkeitsgarantie. Die auf 30 Exemplare limitierte »Gérald Genta Tourbillon« hat ein Gehäuse aus Titan mit kräftigen 53 Millimetern Durchmesser. Dass diese Uhr trotzdem nicht massiv wirkt, liegt an ihrem scheinbar frei schwebend montierten Manufakturwerk. Automatikwerk, 205 000 € Kette, hermÈS, 530 €; Tasche, 950 €, Shorts, 750 €, und Sonnenbrille, 275 €, alles PraDa

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Produktion: Coo.Productions; Styling: Clark Parkin; Grooming: Michael Salmen/Bigoudi; Model: Eric Bergmann/Kult Models; Car: McLaren 720s Spider


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kรถnigE dER MEERE Text ALExAndER StiLCkEn GQ Luxury


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Foto: Courtesy of Carlo Borlenghi/Nautor’s Swan

etztlich sind wir hier alle in der Entertainment-Industrie. Unsere oberste Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Eigner Spaß haben. Alles andere sind nur schöne Nebeneffekte.« Ken Read steht im Regatta-Zentrum des »Yacht Club de Monaco«, es ist später Nachmittag, er nippt an seinem Bier. Der 57-Jährige hat als Segler so ziemlich alles erlebt, was in diesem Sport möglich ist. America’s Cup, mehrfache Weltumseglungen beim Volvo Ocean Race – keine Herausforderung war ihm zu groß. Auf die gefährlichsten SegelAbenteuer verzichtete er erst, als man ihm im Gegenzug die Position des Geschäftsführers von North Sails anbot. Es ist also nicht zu hoch gegriffen zu behaupten: Ken Read ist selbst ein ziemlicher Macher. Und ausgerechnet er tut nun so, als sei er Gesellschafter und Amüsier-Herr für andere Alpha-Männer? Für jene in dieser Runde, bei denen man oft nicht genau weiß, was denn nun größer ist: Ego oder Kontostand? Aber so sind sie, die Regeln bei der Nations Trophy Mediterranean League von Swan One Design, dem Segel-Event für die besonders engagierten Kunden der finnisch-italienischen Werft Nautor’s Swan. Und die Regeln besagen nun mal, dass der Eigner des Bootes auch am Steuer stehen muss. Und dass höchstens die Hälfte des Teams professionelle Segler sein dürfen. An diesem Punkt kehren die vermögenden Skipper bisweilen ihre kreative Seite hervor, denn theoretisch zeichnet sich ein Profisegler dadurch aus, dass er seinen Lebensunterhalt mit Segeln bestreitet. Demnach wäre ein Mann wie Ken Read, der SegelfirmenManager, kein Profisegler mehr. In der Praxis be-

herrscht er den Sport wie kaum ein Zweiter. Und so finden sich neben Read unter den »Amateuren« auf den Booten doch erstaunlich viele Experten, die ihren Chefs mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ken Read ist Segler genug, um diese besonderen Umstände beim Namen zu nennen, denn auch das wird schnell offensichtlich: Ohne knallharte Ansagen schafft es niemand auf dem Meer. Also ist Ken Read hier und heute eingeflogen, um dem Eigner der Segelyacht »Cuordileone« als entertainender Chef-Taktiker unmissverständlich Empfehlungen zu erteilen, wohin dieser in den nächsten Tagen sein Boot zu steuern habe. Andererseits: Der Chef weiß Reads Erfahrung und Offenheit sehr zu schätzen. Schließlich trägt Leonardo Ferragamo nicht nur einen Nachnamen, der auch im Namen einer weltbekannten Marke auftaucht, als Chef des Mode-Imperiums Salvatore Ferragamo ist ihm die Kraft klarer Worte wohlvertraut. Ferragamo ist in diesem Yachtclub so etwas wie der Kaiser unter Königen. Er nimmt an der Veranstaltung teil und ist als Besitzer von Nautor’s Swan zugleich deren Veranstalter. Obendrein ist er im »Yacht Club de Monaco« auch irgendwie zu Hause. Zumindest ist er Club-Mitglied, deshalb liegt hier neben dem Performance-Renner »Cuordileone« auch noch seine High-End-Segelyacht »Solleone«. Letztere darf man getrost wegen ihrer Länge (115 Fuß), ihres Wertes (um die 17 Millionen Euro), insbesondere aber wegen ihrer unbezahlbaren Eleganz als extrem imposant bezeichnen. Ferragamo hat die Traditionswerft Nautor’s Swan 1998 übernommen und dem finnischen Unternehmen in den folgenden zwei Jahrzehnten italienische Sprezzatura verliehen. Swans galten seit

jeher als unvergleichlich verlässlich und hochwertig, inzwischen strahlen sie aber auch jene Leichtigkeit des Seins aus, die man mit einem Segeltörn im Mittelmeer verbindet. Mit diesen Booten kann man entspannt um die Welt cruisen, ihre Erbauer haben aber eben auch die Renner der Club-SwanSerie im Programm. Jene sind für den Regatta-Sport konstruiert, da sticht Leistung Komfort und Carbon Teakholz. Enrico Chieffi, Vice President der Werft, erzählt, dass die meisten Eigner dieser Rennboote darum in der Regel wie Leonardo Ferragamo mindestens noch eine weitere Swan in ihrem Heimathafen liegen haben. Und diese Kunden gilt es jetzt in Monaco mit der Nation’s League und Männern wie Ken Read zu unterhalten. Oder wie Chieffi sagt: »Wir schaffen hier eine Gemeinschaft, ein echtes Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Seglern und Marke.« Auf rund 300 000 Euro pro Saison schätzt Chieffi die Kosten für die Besitzer – natürlich zusätzlich zum Kaufpreis. Für eine ClubSwan 50, den aktuell populärsten Regatta-Renner, fallen da Summen jenseits von 1,2 Millionen Euro an. Das Geld investieren die Hobby-Seefahrer in die Teilnahme an den diversen Regatten, die sie von Monaco über Scarlino nach Saint-Tropez und Palma de Mallorca führen. Sie und ihre Teams in der Marina von MonteCarlo an Bord ihrer Boote zu sehen ist ein Erlebnis für sich. Die Nation’s League, der Name verrät es, ist auch ein Wettstreit der Nationen. Die russische »Skorpios«, geführt von Milliardär Dmitri Rybolowlew, tritt an gegen die britische »Perhonen« des Großbäckers Ross Warburton und die deutsche »One Group« vom ehemaligen Beiersdorf-

Tagsüber, wenn es der Wind gestattet, ist Action auf dem Mittelmeer.


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Vorstandsvorsitzenden Stefan Heidenreich. Österreich gegen Schweiz, Italien gegen Spanien. Jeder gegen jeden. Wenigstens auf dem Wasser. An Land zeigen sich die versammelten Egos als makellose Sportsmen und Teamplayer. In ihren MannschaftsOutfits gibt es keinen Unterschied zwischen Eignern, Freunden und Berufssportlern, zwischen brillanten und lediglich sehr guten Seglern. Gemeinsam wartet man vor allem auf eines: den Wind, der sich vor Monte-Carlo traditionell rarmacht. Bei besten Bedingungen wäre man von Mittwoch bis Samstag täglich drei Rennen gefahren, doch am Ende der Regatta werden es deutlich weniger sein. Die Teilnehmer sind das gewohnt, ist es doch dieser Kampf gegen die zahlreichen Unwägbarkeiten, der den Sport für sie so wichtig macht: Es gibt halt weder die eine verlässlich aus derselben Richtung wehende Brise. Noch den einen idealen Kurs. Und auch nicht die eine Welle, die ein Team zum Erfolg trägt. Hier wird kein Champion gesucht, der im Finale alles abruft und gewinnt. Belohnt werden stattdessen die, die über vier Tage hinweg konstant das beste Ergebnis abliefern, das aus den Komponenten Talent, Leistung, Erfahrung, Ausrüstung und dem nicht zu unterschätzenden Faktor Intuition besteht. Nach außen hin mag das ein Sport sein, ein Spaß, Jungs unter sich – und gleichzeitig ist es ein Wettkampf, den die Eigner auf andere Art und Weise auch im Alltag beherrschen. Dafür opfern sie einen guten Teil ihrer Freizeit, was Werft-Manager Chieffi unverhohlene Bewunderung abringt: »Diese Männer arbeiten hart und viel, vor allem aber sind sie unendlich effizient. Wahrscheinlich ist das ein Teil ihres Erfolgsgeheimnisses: Sie sind allesamt einfach unheimlich gut organisiert, jede Minute des Tages ist genau

geplant. Die meisten von ihnen wissen vermutlich schon heute, wo sie in einem halben Jahr exakt um diese Uhrzeit stehen.« Andrea Masi, vermögender Besitzer der »Ulika«, erzählt: »2006 ging es für mich mit dem Kauf meines ersten Bootes los, und es wurde dann stetig immer mehr, immer intensiver. Ich schätze die Qualität der Boote sehr, und die ganzen Segler sind für mich zu Freunden geworden. August aus Österreich zum Beispiel: Egal was ist, der ist immer gut gelaunt.“ Auch dass er sich als Skipper und Steuermann den Anweisungen seines Taktikers fügen muss, hat für ihn einen besonderen Charme: „Ich liebe es, dass ich hier einmal nicht derjenige bin, der die Entscheidungen trifft.« Rund einen Monat pro Jahr widmet er komplett dem Sport und damit Swan. Giovanni Pomati, der Geschäftsführer von Nautor’s Swan, sitzt derweil an Bord der »Solleone« und genießt den Lauf der Dinge. Nach anderthalb Tagen Flaute ging nämlich auf einmal alles ganz schnell. Der Wind war zurück, das Flaggensignal gab den Startschuss für die Segler. Keine fünf Minuten später waren sämtliche Teilnehmer auf dem Weg raus aus dem Hafen. Endlich Action, endlich ein Rennen. Zeit für die Organisatoren von Nautor’s Swan und GQ Luxury, das Geschehen auf der großen Ferragamo-Yacht entspannt aus der Ferne zu begleiten. Pomati ist sich sicher: »Wir befinden uns an der Spitze unseres Segments, und da erwarten die Kunden zu Recht, dass wir ihnen etwas bieten. Mit der Übergabe des Bootes ist es nicht getan, es geht um eine langfristige Beziehung.« Zumal die Eigner auch noch andere Interessen haben. Viele pflegen mehrere exklusive Hobbys, besitzen Motorsport-Rennställe, sammeln Kunst, Autos, züchten Pferde – weshalb man als

Yachtbauer nicht allein mit anderen Werften konkurriert, sondern mit allen erdenklichen FreizeitVergnügen, die eines gemeinsam haben: Sie sind sehr aufwendig. Pomati will daher die Tradition wahren, aber dabei den Blick in die Zukunft nicht vergessen. Das Geschäft mit den Performance-Booten scheint da in die richtige Richtung zu gehen. Die Bootsbauer haben kein Interesse an rasantem Wachstum, 20 Yachten sind für 2019 vorgesehen, die Kapazitäten sind begrenzt, aber die Nachfrage ist groß: Von der neuen 36-Fuß-Variante, einer ernsthaften Alternative zu den übers Wasser schwebenden Foiling-Katamaranen, sind bereits mehr als ein Dutzend Exemplare verkauft. Es läuft also bei Swan, was man vom Wetter vor der Küste MonteCarlos nicht sagen kann. Dort hat sich Aiolos, der Gott der Winde, wieder verabschiedet. Immerhin: Zwei Rennen konnte man heute zu Ende bringen, macht drei in der Gesamtwertung. Mehr werden es dann leider auch nicht werden. Was in puncto Ergebnis dafür sorgt, dass in der Klasse der 50-Fuß-Swans, der größten und wichtigsten Kategorie der Veranstaltung, am Ende das Team der »Cuordileone« von Leonardo Ferragamo siegt. Zweimal Zweiter und einmal Dritter, das reichte in diesem Jahr. Was Fragen provoziert, zum Beispiel die, ob der Chef vom Ganzen hier überhaupt gewinnen dürfe oder ob es nicht opportun gewesen wäre, einen der Kunden siegen zu lassen? Als er das hörte, hatte Ken Read nur laut gelacht: »Schlagen Sie ihm das doch mal vor!« Nein, derlei Gedanken ziemen sich nicht in diesem Sport, nicht unter diesen Herren, nicht in Monte-Carlo. Flauten gehen vorüber, gewonnen wird möglichst immer, und im Zweifelsfall eben langfristig.

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Fotos: Courtesy of Martina Orsini, Carlo Borlenghi/Nautor’s Swan

Abends wird im von Norman Foster gestalteten »Yacht Club de Monaco« entspannt (l.). Dort lud Nautor’s-SwanBesitzer Leonardo Ferragamo (u.) zum Eigner-Dinner mit Kaviar, Seebarsch-Carpaccio und Filet vom Kalb



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die Shows des cirque du Soleil sind weltweit begehrt, tagt채glich entf체hren die k체nstler ihr Publikum in magische fantasiewelten. normalerweise verraten Zauberer nie ihre tricks. f체r GQ luxury haben sie eine ausnahme gemacht GQ Luxury


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Nervenkitzel für das Publikum: Atemberaubende Balance­ akte gehören seit jeher zu den beliebtesten Elementen jeder Show. Dafür kann der Cirque du Soleil auf eine Kartei mit über 50 000 Künstlern zurückgreifen


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as soll eine echte Traumfabrik sein? Über eine Länge von einem hal­ ben Kilometer erstreckt sich die Zentrale des Cirque du Soleil in Montreal. Von außen wirkt sie wie eine endlose Reihe von übergroßen Lagerhäusern. Schmucklos, kantig, ernüchternd. Aber darum geht es ja bei allen Zirkusleuten, es ist sozusagen ihr Fachgebiet: die Illusion. Tatsächlich darf man sich von den kahlen Fassaden nicht täuschen las­ sen. Wer dieses Fantasie­Hauptquartier betritt, der fühlt sich, als sei er plötzlich im freien Fall durch Alices’ Kaninchenbau gerauscht und direkt in Wun­ derlands Werkstatt gelandet. Zugang zu diesem Ort wird nur jenen gewährt, die ihre kindliche Fas­ zination für den Zirkus ins Erwachsenenalter hin­ übergerettet haben. Grenzen? Existieren hier nur theoretisch. Da­ niel Fortin, Vice President of Creation des Cirque, erklärt: »Natürlich haben wir Budgets zu beachten, aber gerade am Anfang eines Entwicklungsprozes­ ses wollen wir, dass sich niemand zurückhält. Des­ halb gibt es keine Vorgaben, nur ein weißes Blatt Papier – und zwar in allen kreativen Abteilungen.« Da wäre zum Beispiel das Kostüm­Department: Wegen des Anspruchs an Qualität und Sicherheit werden dort sämtliche Outfits selbst entworfen und maßgeschneidert angefertigt. In Hightech: Was die Artisten an den Füßen und auf ihren Köpfen tragen, basiert auf hyperexakten 3D­Prints, denn sie sollen damit natürlich so gut wie möglich tan­ zen und balancieren können, um ihr Publikum zu begeistern. Auch die Stoffe, meist weiße Lycra­ Gewebe, werden im Haus gestaltet und aufwen­ dig bedruckt, weil man sich nicht von Lieferanten abhängig machen will. Shows wie »Mystère« lau­ fen seit über 25 Jahren: Was, wenn ein Anbieter ein Stoffmuster auf einmal nicht mehr produziert? Katastrophe! Über die genauen Kosten dieses Aufwands schweigt man sich aus, doch David Poulin, der Creative Director, ist sich sicher: »Egal welche Zah­ len Sie gehört haben: Die echten sind garantiert höher.« Nicht zuletzt dieses sehr langfristige Den­ ken hat aus dem Cirque du Soleil einen Welterfolg gemacht. Sein Name ist zum Synonym geworden für Zirkus im 21. Jahrhundert, man nutzt moderns­ te Lichtanlagen und Installationen. Kern eines je­ den Programms bleiben die artistischen Höchstleis­ tungen. Dafür verzichtet man auf Tiere, Sägespäne und schnelllebige Techno­Gadgets. »Jede Technik, die wir verwenden«, sagt der Top­Verantwortliche Fortin, »muss dauerhaft Bestand haben. Im Mo­ ment reden alle von Virtual Reality – aber wir fra­ gen uns: Was ist in zehn Jahren? Die Ausstattung soll uns unterstützen, aber sie wird nie der Star sein.« Das sind selbstverständlich die Akrobaten. Über 24 Shows bietet der Cirque derzeit an, darunter Megaseller wie »Toruk« und »Alegría«. 4 000 Frauen und Männer aus 17 Nationen arbeiten für das Unternehmen, in der Castingdatei finden sich aktuell unglaubliche 55 000 potenzielle Mit­ wirkende. Aus der kleinen Kompanie, die der Stra­ ßenkünstler Guy Laliberté 1984 gründete, ist eine globale Marke geworden. Wohl jeder Artist träumt davon, hier zu arbeiten. Und für professionelle

Tänzer und Gymnasten ist der Zirkus oft eine Op­ tion, der ersten Karriere eine zweite folgen zu las­ sen: Zum Team gehören etliche ehemalige Olym­ piasieger und Weltmeister. Trapezkünstler können ihre Tätigkeit noch mit über 40 ausüben, das Zir­ kus­Aus droht traditionell zuerst den Schlangen­ menschen. Scouts sind permanent auf der Suche nach noch mehr Akrobaten und Clowns. Nach Sän­ gern. Nach: Talent. Weltweit. Die Erde mag um die Sonne kreisen – der Cirque du Soleil macht es um­ gekehrt. Er zirkuliert unablässig um die Erde. Daher ist auch Daniel Fortin ständig unter­ wegs. Las Vegas? Für ihn eine Art zweite Heimat. Indien findet er beeindruckend, China sei einfach sensationell: »Mit einer einzigen Show haben wir dort 400 Millionen TV­Zuschauer erreicht. Das waren auf einen Schlag mehr als in den gesam­ ten 42 Jahren davor.« In einer Zeit, in der sich die Arbeitswelt immer schneller dreht, bietet der Cirque du Soleil den perfekten Ausstieg aus dem Alltag – hinein in eine Galaxie, in der scheinbar jeder einen doppelten Salto hinlegen kann. In der das Schweben Dauerzustand ist. Und die Nachfra­ ge steigt stetig: Für MSC Cruises organisiert man inzwischen sogar Shows auf Kreuzfahrtschiffen. Yasmine Khalil, die sich als Chief Executive Pro­ duction Officer vorstellt und deren Designer­Sakko

»Jede technik, die wir verwenden, muss dauerhaft Bestand haben. die ausstattung unterstützt uns, aber sie wird nie der Star der Show sein«

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Linke Seite: Auf dem Make­Up­ College wird die Purple Prin­ cess aus der Kreuzfahrt­Show »Varélia« in die Geheimnisse ihres Looks eingewiesen.

Fotos: Courtesy of MSC, Mirosla

Rechte Seite: Im Kostüm­Depart­ ment werden alle Masken und Outfits maßgeschneidert

und Valentino­Boots ihr die Aura einer besonders eleganten Dompteurin verleihen (die sie ja irgend­ wie auch ist), meint dazu: »Da prallten zuerst zwei Welten aufeinander. Auf einmal mussten wir in den kleinsten Räumen arbeiten, in denen wir je waren. Die Reederei dagegen dachte, die Bühnen auf den Schiffen wären doch riesig.« Wie der Cirque das Problem am Ende löste, sagt viel über seine Arbeitsweise vor großen Auf­ tritten. Zunächst erstellte man das Konzept für die Lounge, wo die wechselnden Programme auf einer zentralen Drehbühne dargeboten werden. Dieses 20­Millionen­Euro­Bauteil wird seitdem auf je­ dem Schiff installiert, das frisch vom Stapel läuft. Auch sonst hatten es die Vorleistungen der Zirkus­ kinder ganz schön in sich. Jede neue 40­Minuten­ Show benötigt rund acht Monate Vorbereitung: Es beginnt mit einem Mini­Team von fünf, in dem Ideen gesammelt werden. Dann folgen Casting, das Design der Kostüme und das Einstudieren der Nummern. Zu dem Zeitpunkt wächst das Team schon auf 30 Beteiligte an. Zum Schluss ist Gene­ ralprobe in der Zentrale in Montreal. Eine ganze Woche lang. Hier wird den Artisten auch beigebracht, sich selbst zu schminken. Und so sitzen sie alle früher oder später bei Maryse Gosselin, der Make­up­ Designerin. Gerade ist es die Purple Princess aus der neuen »Varélia«­Show, die auf Gosselins Schul­ bank ihr Coaching erhält. Denn auf ihrer bevorste­ henden Reise wird sie kein Stylist begleiten. Statt­ dessen bekommen alle einen Beutel mit den Produkten und ihr persönliches »Kochbuch für Make­up«. Darin steht noch einmal genau, welche Farbe sie in welcher Reihenfolge mit welchem Pin­ sel aufzutragen haben. Langsam wird klar, wie groß die Anstrengun­ gen sind, die den Fantasien dieser Traumfabrik zugrunde liegen. Den Künstlern merkt man aller­ dings auch die Begeisterung an, im Mutterschiff zu trainieren, bevor es sie hinauszieht auf die Büh­ nen dieser Welt. Sie wissen, dass sie sich auf die Zentrale stets verlassen können. Ein Kostüm ist eingerissen, irgendwo auf einem anderen Konti­ nent? E­Mail genügt. Die Show geht weiter und wird dabei größer und größer. Wie hat es Daniel Fortin ausgedrückt, als wir ihn auf Selbstzweifel und Lampenfieber festnageln wollten: »Natürlich stellen wir alles immer wieder infrage. Aber man muss auch sagen: Inzwischen haben wir eine ziem­ liche Erfahrung, was das Publikum mag und wann eine Geschichte funktioniert.« Der Applaus nach jeder Show, er bestätigt sie alle. Die Akrobaten auf der Bühne. Und die Magier im Lagerhaus.

Zirkus auf dem Wasser MSC Cruises ist einer der größten Anbieter anspruchs­ voller Kreuzfahrten. Auf Schif­ fen wie der »MSC Bellissima« ist der Cirque mit gleich zwei 40­Minuten­Shows an Bord www.msc-kreuzfahrten.de


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1 Verführerisch: würziges Agarholz mit einem Ton von frischem Leder: »The Alchemist’s Garden – The Voice of the Snake«, GuCCI, 265 € 2 Wermut, Wacholder und Vanille geben »Vigor« unverwechselbaren Charakter, PHuONG DANG, 420 € 3 Bittersüße Grapefruit und der Hauch von Edelhölzern: »Le Gemme – Tygar«, BuLGArI, 280 € 4 Kühl, an kalten wie an heißen Tagen (und Nächten): Noten von Amber definieren »Dark Light«, PrADA, 255 € 5 Grüne Zitrone, Iris und Eichenmoos – klingt wie ein Gedicht und wie ein wahrhaft königliches dazu: »Les Royales Exclusives – Spice and Wood«, CrEED, 750 € 6 Fruchtige Himbeeren, herbes Leder, scharfer Pfeffer, kurz: wild stuff. »Palm Dream 219«, KrIGLEr, 370 € 7 Vanille und Patschuli am Abend: »Bespoke Amber Heath«, BurBErry, 440 € 8 Sehnsucht nach dem inneren Venedig: kräftiges Neroli und Sweet Tonka werden Freunde in »Les Eaux de Chanel Paris–Venise«, CHANEL, 112 €. Gläsertablett »Serie Alta«, rOBBE & BErKING, 1 125 €


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Die Härte von Angebot und Nachfrage Beim Sammeln von Kunst und Design dürfen selbst die kühlsten Köpfe einmal emotional sein – Diandra Donecker, leiterin des Berliner Auktionshauses grisebach, im gespräch mit gQ luxury

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Frau Donecker, Sie haben ja gar keine Kunst an den Wänden … DD: Ich bin noch nicht so lange in die­ sem Büro, deshalb sieht es hier etwas leer aus. Aber es gibt immerhin schon diese Bücherregale. Mein Vorgänger hatte Möbel aus der Gründerzeit, ich wollte da lieber etwas von E15. Wenn Sie einem kompletten Laien Ihren Beruf erklären müssten, was würden Sie sagen? Ganz einfach ausgedrückt: Ich bin ein Vermittler. Ich kenne jemanden, der bietet etwas an. Und ich kenne einen anderen, der will es. Wie sieht Ihr normaler Arbeitstag aus? Ich sitze zuerst eine Stunde am Com­ puter und organisiere die Termine des Tages, denn das mache ich ganz gern selbst. Danach treffe ich mich eigent­ lich jeden Tag mit zwei, drei potenziel­ len Kunden. Dabei muss nicht immer gleich etwas Greifbares herausspringen. Manchmal unterhält man sich einfach nur über alles Mögliche, das ist fast wie mit Freunden oder guten Bekannten. Wie häufig gehen Sie auf Reisen? In Deutschland bin ich sicher einmal pro Woche unterwegs, gestern zum Beispiel war ich in Hannover. Und weil ich ja noch die Abteilung Fotografie be­ treue, bin ich mindestens zweimal im Jahr in New York, dort gibt es so viele tolle Galerien. Ich bin auch oft in Paris, London, Zürich. Madrid ist auch sehr interessant. Wie gelingt es Ihnen, die begehrtesten Stücke für Ihr Haus zu sichern? Das ist nicht die Leistung eines Einzel­ nen. Sie müssen sich Grisebach wie ein Uhrwerk vorstellen, da läuft alles auf diesen einen Punkt zu, die Auktion. Es ist beinahe wie eine Choreografie. Alle unsere Expertinnen und Experten in der Villa akquirieren Kunstwerke, das Gleiche gilt für unsere Repräsentanten in Städten wie Düsseldorf, Köln, Mün­ chen, Hamburg, Stuttgart und Frank­

Diandra Donecker studierte Kunstgeschichte in München, hat am New Yorker Metropolitan Museum volontiert und kam 2017 von Christie’s zu Grisebach. Seit diesem Jahr leitet sie das Auktionshaus

furt. Auch sie kennen potenzielle Ein­ lieferer und Käufer und haben sich mit ihnen in den Monaten davor getroffen. Da bespricht man sich, wer was hat, wer welche Dinge sucht. Das ist wie eine Welle, die zweimal im Jahr zu den Auk­ tionen im Frühsommer und im Herbst auf unser Haus zuläuft. Und ganz zum Schluss, zu den Vorbesichtigungen, ma­ chen wir aus der Villa zweimal im Jahr unser Museum auf Zeit, wo wir alle Werke ausstellen. Das finde ich auch immer ganz wunderbar. Wie machen Sie Sammler auf Stücke aufmerksam? Rufen Sie sie an? Be­ suchen Sie die zu Hause mit dem Bild unterm Arm? Das eher nicht. (lacht) Aber wir haben eine ganze Reihe von Veranstaltungen in der Villa und in der Galerie nebenan, in der wir Sonderausstellungen organi­ sieren. Wir laden ein zu Aperitifs und zu Vorträgen in unseren Salon. Es gibt die Gespräche »Grisebach bittet an den Kamin«, da hatten wir schon Diskussio­ nen mit dem Kurator Hans Ulrich Obrist und dem Künstler Ai Wei Wei. Kürzlich war der Filmemacher Georg Stefan Troller hier, der aus seinem Buch »Ein Traum von Paris« las. Troller ist 97 Jahre alt und hat unheimlich viel erlebt, das war wahnsinnig interessant. Im Sommer geben wir in unserem Stadtgarten auch gern Partys. Wir wollen ein einladendes Haus sein, in das man auch geht, wenn man gerade nichts kaufen oder verkau­ fen möchte. Wie hat sich das Auktionsgeschäft in den letzten Jahren verändert? Das hat sich sehr verändert, schon we­ gen der Digitalisierung, dadurch ist das Publikum viel internationaler geworden. Früher war es so, da kam der Herr aus Bremen. Heute haben wir Bieter aus Hongkong. Und ich habe den Eindruck, dass auch die Käufer selbst andere sind als noch vor 20 oder 30 Jahren. Ich ken­ ne das ja nur aus Erzählungen, aber

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Fotos: Courtesy of Grisebach: Diandra Donecker, René Fietzek

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damals hatte Grisebach Kunden, die sich nur für Max Beckmann oder nur für Gerhard Richter interessierten und auf dem Gebiet große Experten waren. Heute gehen die Käufer mehr danach, was ihnen gefällt, deshalb wird auch mehr spontan geboten. Das sind Ent­ scheidungen aus dem Bauch heraus und bedeutet, dass Stücke unter Umständen schon drei Jahre später wieder verkauft werden. Man erwirbt Dinge nicht mehr unbedingt, um sie noch seinen Enkeln zu vererben, sondern einfach für sich, aus einer Laune heraus. Was ist heute noch anders bei Auk­ tionen? In den Achtzigern, als Grisebach ge­ gründet wurde, waren das Geschäft und die Reichweite insgesamt viel kleiner. Früher hatten es die Versteigerer nur mit ein paar Händlern zu tun, heute ist der Saal bei uns bei Auktionen prop­ penvoll. Und im Publikum sitzen auch ganz unterschiedliche Leute, das finde ich eigentlich sehr schön. Durch das In­ ternet ist das Kunstkaufen generell sehr viel einfacher geworden, auch transpa­ renter. Es gibt zu den einzelnen Stü­ cken viel mehr Informationen, und man kommt auch viel leichter an sie heran. Man kann in der unendlichen Menge der Angebote auch schneller Dinge ent­ decken, die man noch nicht kannte, die einen aber faszinieren. Der kulturelle Austausch ist im Ganzen viel intensiver geworden. Spielen Kanäle wie Instagram und YouTube für Sie eine Rolle? Wir sind seit drei Jahren bei Instagram. Darüber erreichen uns zwar kaum kon­ krete Kaufanfragen, aber der Account ist neben der Website der wichtigste Infor­ mationsfeeder überhaupt. Und Leute so um die 25 schauen sogar zuerst auf In­ stagram, was für Filmchen wir da haben, und gehen dann erst auf die Website. Wie läuft eine Auktion eigentlich konkret ab? Könnte ich eine Viertelstunde vor Beginn kommen und noch eine Bieter­ karte kriegen? Unbedingt, bei einer Auktion ist eh ein ständiges Kommen und Gehen. Wenn Sie sich für die Losnummer 100 inte­ ressieren, können sie auch erst dann erscheinen. Und wenn Sie sich nicht 24 Stunden vor der Auktion registrie­ ren konnten, ist das auch kein Problem. Dann würden wir Sie um Ihren Per­ sonalausweis bitten, den wir scannen. Dann sind wir für jeden, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, auf der sicheren Seite. Wären Sie Vertreter ei­ nes Firmenkonglomerats, sagen wir aus Singapur, dann würde die Sache mit der spontanen Zulassung wenige Minuten vor der Auktion schon etwas schwieri­

ger, weil wir dann nicht genau wissen können, wer die juristische Person ist. Grundsätzlich müssen Sie aber nicht persönlich zu uns kommen, wenn Sie auf eines der Stücke bieten möchten. Sie können Ihre Gebote auch am Tele­ fon oder auf unserer Website abgeben. Wie ist das mit dem Bezahlen? Geht das bar nach der Auktion? Oder macht man da Verträge? Den Kaufvertrag schließen Sie mit uns bereits in dem Moment, in dem Sie die Hand heben, um ein Gebot abzuge­ ben. Die Situation ist ein bisschen wie beim Bäcker, wo man auch mündlich oder durch Handzeichen einen Vertrag eingeht. Da gab es lustige Fälle, die in die Geschichte der Jurisdiktion einge­

Lots der Frühjahrsauktionen mit Schätzpreisen von 12 000 bis 60 000 Euro. O.: Kugelleuchte aus dem Wiener »Café Museum« von Josef Zotti, 1929/30; R.: Asche­ schalen­Modell »MT 36«, 1924, von Marianne Brandt; U.: Marcel Breuers Sessel »Wassily«, gefertigt 1930/31

gangen sind. Sprichwörtlich geworden ist der Mann, der auf einer Weinauktion mal einem Bekannten zuwinkte und da­ durch Wein im Wert von Tausenden von Euro gekauft hatte. (lacht) Das wurde in­ zwischen ein wenig abgemildert. Wenn Sie zu extrovertierten Begrüßungen neigen, sind Sie mittlerweile vor Konse­ quenzen geschützt. Sobald Sie den Preis mit Käuferaufschlag entrichtet haben, gehört das Stück Ihnen. Dann bringen wir es Ihnen, falls Sie das möchten. Es gibt auch Kunden, die was Kleineres er­ steigert haben und sagen, das nehme ich gleich mit. In dem Fall zahlen Sie mit Kreditkarte … Was würden Sie dem raten, der zum ersten Mal an einer Auktion teilnimmt? Langsam anfangen. Wir haben eine ganz tolle Abteilung, die wir Third Floor nen­ nen. In der gibt es Werke bis 3 000 Euro. Das machen unsere jungen Auktionato­ ren im Frühjahr und im Herbst den gan­ zen Samstag über, von 10 bis 16 Uhr. Da gibt es dann Getränke, und man kann ein bisschen üben. Das soll jetzt nicht doof klingen, aber im schlimmsten Fall hat man halt mal 200 Euro verschossen,


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aber dafür auch ein echtes Kunstwerk bekommen. Angenommen, man möchte sich eine klei­ ne Designsammlung anlegen, was sollte man dabei beachten? Die erste Regel lautet: Schauen Sie sich so viele Originale an wie möglich. Wenn die gerade nicht in der Nähe sind, tun es gute Abbildungen auch, je mehr, desto besser. Designhändler, Messen wie die Design Miami/Basel oder der Salone del Mobile in Mailand, aber auch Kataloge und Magazine können alle tolle Seh­ schulen sein. Wie kann man sich noch vorbereiten? Es ist sicher gut, sich auch mit dem Ma­ terial zu beschäftigen, um herauszufin­ den, was einem liegt, sei es Holz. Textil oder Silber. Außerdem sollten Sie sich darüber klar werden, welche Stilrich­ tung Sie besonders mögen. Um dafür ein Gespür zu bekommen, besorgen Sie sich Überblickswerke zur Design­ und Kunstgeschichte, die helfen, sich ein Basiswissen anzueignen. Mit der Zeit werden Sie so zum Kenner. Wonach sollte man gehen, wenn man angefangen hat, sich für ein bestimmtes Gebiet zu interessieren? Wichtig sind bei Designobjekten und Kunstwerken drei Dinge: der Nachweis der Echtheit, der Zustand und die Pro­ venienz. Dabei, also bei der Liste der Vorbesitzer und Ausstellungen, auf de­ nen das Stück bereits gezeigt worden ist, gilt: Prominenz ist gut. Und wenn das Stück jemandem aus dem Freun­ deskreis oder der Familie des Künstlers gehört hat, umso besser. Ganz entschei­ dend ist auch: Ein Objekt sollte einem immer in erster Linie gefallen. Man darf beim Sammeln ruhig emotional sein – wenn man nur kauft, um damit eine Rendite zu erzielen, wird man womög­ lich Reinfälle erleben. Allgemein kann man sagen: Sammeln ist immer ein Pro­

Spielzeug mit Bauhaus­ Expertise: Lieferwagen und Anhänger des Niederländers Ko Verzuu (300/1 000 Euro). Dahinter Karl Raichles Tafelleuchter aus Zinn von 1930 (2 500/3 000 Euro) und eine Auswahl kleinerer Schalen und Gefäße

zess, das lässt sich nicht aus dem Boden stampfen. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Und das Praktische an Design ist, dass man gute Qualität oft leichter erkennen kann, als dies in anderen Bereichen der Kunstgeschichte der Fall ist. Was sind die wichtigsten Kriterien, wenn man ein Los gefunden hat, auf das man bieten möchte? Man sollte unbedingt versuchen, einen Zustandsbericht zu bekommen. Da­ rin sind die Erhaltung und Details wie eventuelle Kratzer und Dellen exakt beschrieben. Wichtig ist auch, sich ein Limit zu setzen. So bewahrt man küh­ len Kopf und lässt sich nicht zu sehr vom Jagdfieber im Auktionssaal anstecken. Sie haben im vergangenen Jahr mit Max Beckmanns »Ägypterin« für 4,7 Millio­

nen Euro und mit László Moholy­Na­ gys Fotogramm für fast eine halbe Mil­ lion die höchsten Preise erzielt, die je in Deutschland für ein Gemälde und eine Fotografie gezahlt worden sind. Aber gab es 2018 auch Enttäuschungen? Enttäuschungen gibt es eigentlich im­ mer, sonst würde man ja immer alles verkaufen. Und mit den Arbeiten, die wir vermitteln, verbinden sich oft auch sehr persönliche Geschichten. Sie ken­ nen die berühmten vier D des Aukti­ onsgeschäfts: debt, death, divorce und disaster. Und dann sind da noch die Ge­ legenheiten, in denen man selber ganz fest an die Qualität einer Arbeit glaubt, aber damit offenbar alleine steht, weil der Saal still bleibt. Aber das ist die Här­ te von Angebot und Nachfrage.

tipps für erfoLGreiches Bieten Man kann es gar nicht oft genug sagen: Setzen Sie sich ein Limit für Ihre Gebote – und weil Sie das in der Hitze des Bietergefechts garantiert ignorieren, setzen Sie sich noch ein zweites »Diesmal-aber-wirklich-Limit«, das Sie auf gar keinen Fall überschreiten. Das ist gut für Ihr Konto. Und für den Frieden in Ihrer Beziehung. Außerdem sollten Sie berücksichtigen, dass zum Auktionspreis noch 25 Prozent Käuferaufschlag kommen.

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Kümmern Sie sich rechtzeitig um Ihre Bieterkarte. Sie bekommen sie zwar auch noch direkt vor der Auktion, doch die Frist von 24 Stunden vor Beginn, die die Auktionshäuser in der Regel dafür setzen, hat schon ihren Sinn. Wenn Sie vorhaben, Gebote über 10 000 Euro abzugeben, wird der Versteigerer Ihre Bonität prüfen wollen.

2

Bei jedem seriösen Auktionshaus können Sie sicher sein, dass dort in Sachen qualität, Erhaltungszustand und Herkunft der Stücke größte Sorgfalt waltet. Gehen Sie trotzdem unbedingt zu den Vorbesichtigungen. Dort zeigen Ihnen die Expertinnen und Experten gern alle Werke – und im Zweifelsfall auch deren Rückseiten. So nahe kommen Sie Kunst sonst nur, wenn Sie Ihnen schon gehört.

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Sofern Sie nicht über die sprichwörtlichen unbegrenzten Mittel verfügen: Fangen Sie klein an. Das ist keine Schande, sondern eine Chance. Rechnen Sie damit, dass man das Kaufen von Kunst und Design mit der Entwicklung zum Gourmet vergleichen kann. Man arbeitet an sich. Manchmal ändert man auch seine Vorlieben. Und generell gilt: Der Appetit kommt mit dem Essen, also investieren Sie nicht alles Geld auf einmal.

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Gehen Sie zu den Veranstaltungen, die Auktionshäuser wie Grisebach regelmäßig organisieren. Auch wenn Sie dort nicht kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie dabei interessante Menschen kennenlernen. Und von denen kann man in seinem Bekanntenkreis nie genug haben.

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Der neue GourmeT Luxus

regionale Produkte haben die High-end-Gastronomie europas radikal verändert. mit alten nutztierrassen und vergessenen sorten obst und Gemüse erschaffen sterneköche eine neue Küche von Weltrang

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ei einem Lunch mit dem Südtiroler Sternekoch Norbert Niederkofler, zu dem mich ein Freund vor einigen Monaten in München eingeladen hatte, konnten wir uns vor dem Essen ein bisschen mit ihm unterhalten. Es war ein kurzes, aber doch sehr erhellendes Gespräch über den radikalen Sinneswandel, den er mit seiner Küche in den letzten Jahren vollzogen hatte. In seinem Restaurant, dem »St. Hubertus« im Hotel »Rosa Alpina« in San Cassiano, hatte er sich ab 1996 mit einer klassischen, französisch orientierten Gourmetküche in zehn Jahren bis zum zweiten Stern gekocht und war auch danach immer eine verlässliche Größe in Südtirol gewesen. »90 Prozent meiner Vorspeisen«, rekapitulierte er seinen Werdegang in einem Satz, »waren mit Foie gras.« Bis er 2011 beschloss, all das komplett zu ändern und sich nur noch den heimischen Produkten zu widmen. Statt bretonischem Hummer, provençalischem

Spargel und Geflügel aus der Bresse also Renken und Saiblinge aus den umliegenden Seen, Milchferkel und Lamm von den nahen Tälern, dazu Risotto mit Dinkel und anderen Getreidesorten, die in den Bergen gedeihen. Mit der Entscheidung verband sich für ihn damals ein hohes wirtschaftliches Risiko. Die Michelin-Redaktion hatte ihm schon vor der Umstellung zu verstehen gegeben, sie könne nicht garantieren, dass er seine zwei Sterne behalten würde. Um die längere Geschichte, die sich daraus entsponn, kurz zu machen: Niederkofler verteidigte die beiden Sterne auch ohne die üblichen Luxusprodukte. Und im vergangenen Jahr erhielt er den dritten. Der ist eine Anerkennung in zweierlei Hinsicht: zum einen für seine hohe Kochkunst, zum anderen werden damit auch seine kreative Leistung und Innovationskraft honoriert. Sein Restaurant erfährt seitdem Zulauf von Gästen aus der ganzen Welt, allen voran von Feinschmeckern aus Amerika und Asien, die oft nur für ein Din-

ner in den entlegenen Ort in Alta Badia reisen. Für meinen Freund und mich war nach dem Gespräch klar, dass wir unbedingt demnächst bei Niederkofler essen gehen mussten, denn noch mehr als gutes Essen und Trinken begeistert uns das Unverwechselbare, das eine solche auf eine bestimmte Region konzentrierte Küche verspricht. Dass man, um diese Art zu kochen zu erleben, nicht mehr nur das »Noma« in Kopenhagen zur Auswahl hat, ist eine der erfreulichen Entwicklungen in der Gastronomie der letzten Jahre. Und das gilt nicht nur für Berlin, wo es mit dem »Nobelhart & Schmutzig« und dem »Ernst« bereits zwei viel beachtete Vertreter moderner Regionalküche gibt. Noch lieber als dorthin fahre ich heute übers Wochenende nach Graubünden zu Andreas Caminada ins Schloss Schauenstein in Fürstenau. Oder ich lege auf dem Weg nach Berlin einen Zwischenstopp zum Dinner im »Sosein« in Heroldsberg bei Nürnberg ein. Dort kommen selbst weit gereiste Foodies auf ihre Kosten und entdecken in den Gerichten von Küchenchef Felix Schneider einmalige Geschmacksnuancen. Ich allein hatte hier derer schon mehrere, die mir auf ewig in Erinnerung bleiben werden. Vor Kurzem wurde er mit dem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet. Das zeigt, dass die Redaktion diese neue Art der Küche richtig einordnen kann. Wo sonst als in einem Restaurant wie dem »Sosein« servieren sie einem das gigantisch aromatische Filet einer zwölf Jahre alten Färse? Damit das auch Stadtbewohner verstehen: Dabei handelt es um eine Kuh, die noch nie gekalbt, also auch noch nie Milch erzeugt hat. Sie stand einfach bei einem Bauern im Stall und war zwölf Jahre lang mit durchgefüttert worden. Ökonomisch betrachtet ist das die reine Verschwendung, was das Filet betrifft eine Sensation. Auch freue ich mich schon auf die Wochen, wenn sich der Gelbaal auf seine Wanderung begibt und man ihn schön fett von der Wiese sammeln kann. Von Schneiders Aalgericht schwärmt eine Foodie-Kollegin aus Tokio, die ich dort hingeführt hatte, noch heute. Demnächst werde ich ihm mit unserer kleinen Männerrunde einen Besuch abstatten. Von dem Abend in Norbert Niederkoflers »St. Hubertus« waren wir seinerzeit derart angestachelt, dass wir am Tag darauf sofort den nächsten Trip planten. Und so geht es jetzt im Herbst ins »Fäviken Magasinet«, einem mit zwei Michelin-Sternen dekorierten Restaurant in Nordschweden, das für sich in Anpruch nehmen darf, einer der Ursprünge dieser neuen Küche zu sein. Für ein Abendessen ist die Anreise recht beschwerlich: erst nach Oslo, dann Umsteigen Richtung Trondheim und danach noch ein paar Stunden mit dem Leihwagen durch die Pampa oder Tundra oder wie auch immer das da heißt. Fürs gleiche Geld könnte ich es in jedem Pariser Drei-Sterner krachen lassen – Foie gras und Trüffel inklusive. Aber wäre das nicht auch ein bisschen langweilig? Ich bin jedenfalls schon gespannt auf die vielen unentdeckten Geschmackseindrücke, die mich in der schwedischen Einöde erwarten. Von ihnen, denke ich manchmal, zehre ich länger als von der 250. Gänseleber.

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Andreas Caminada

Fotos: Courtesy of Gaudenz Danuser, Schloss Schauenstein (2), Jörg Lehmann/Döllerer’s Genusswelten (3)

Mit 33 Jahren erkochte sich Andreas Caminada im »Schloss Schauenstein« in Fürstenau in Graubünden bereits alle höchsten Auszeichnungen: Seit 2011 hält er mit einer modernistischen Küche, die regionale Produkte aus seiner Bündner Heimat in den Vordergrund stellt, drei Michelin-Sterne und 19 Punkte beim Gault-Millau. Kleine, leicht gebeizte Würfel vom Felchen werden in einem köstlichen Safranfond mit Fenchel und Zwiebel zum Amuse Gueule, die Forelle aus dem Walensee erhält mit eingelegter Karotte eine einfache, aber überzeugende Begleitung. Die meisten Hauptprodukte wie das Huhn aus dem Val Lumnezia oder das Turopolje-Schwein aus Scharans bezieht Caminada von seinen direkten Nachbarn oder aus einem der Nebentäler. Das scheinbar Schlichte wie eine gefüllte Sphäre aus gefrorenem Rotkohlsaft wird bei ihm zu einer kulinarischen Entdeckung mit leichter Senfnote. Statt exotischer Früchte verarbeitet Caminada gern Sanddorn und schafft es, nur aus Rohmilch und Heidelbeeren ein DreiSterne-Gericht entstehen zu lassen. Seit vorletztem Jahr betreibt er im »Badrutt’s Palace« in St. Moritz zusätzlich das Restaurant »IGNIV«. schauenstein.ch

Im Uhrzeigersinn: heimischer Zander, Artischocke und Aubergine von Andreas Caminada; der Drei-Sterne-Koch in seinem Gemüsegarten; das Interieur des Schlossrestaurants, die originale Holztäfelung und das typische Kreuzgratgewölbe stammen aus dem 17. Jahrhundert

Andreas Döllerer

Von l. oben nach r. unten: Die »Alpine Jakobsmuschel« ist eine Scheibe kurz gebratenes Ochsenmark; der Chef de Cuisine Andreas Döllerer; ein Streifen Ribeye mit Radieschen, Sprossen von Thymian und Heubéarnaise

Als Chef seines Restaurants »Döllerer’s Genusswelten« in Golling bei Salzburg zählt Andreas Döllerer zu den besten Köchen Österreichs. Seit 2011 verzichtet er konsequent auf Meeresfische und bezieht seine aus heimischen Seen und Fischzuchten, sogar der Kaviar kommt aus der Region. Döllerers Fleischlieferant sind die Berge. Von dort stammen die Lämmer, Almrinder, Gämsen und Mufflons, die er verarbeitet. Eine seiner Signature Dishes ist eine ausgebackene Fenchelknolle im Teigmantel aus Gletscherschliff – so nennt man den Sand allerfeinster Körnung, den die Gletscher in Jahrtausenden von den Bergen abgetragen haben, bis man ihn im Sediment von Gletscherseen wiederfindet. Eine andere perfekte Augentäuschung, seine »Alpine Jakobsmuschel«, entpuppt sich erst im Gaumen als eine auf den Punkt gegarte Scheibe Ochsenmark. Mit seiner »Cuisine Alpine« ist Döllerer in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Vertreter der neuen transalpinen Küche geworden. doellerer.at


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Felix schneider

norbert niederkofler Eines seiner überraschendsten Gerichte serviert Niederkofler gleich zu Anfang seines Menüs als Amuse Gueule: Eine geröstete Scheibe köstlichen Bauernbrotes aus heimischem Berggetreide hat er mit einer Paste aus »Bergtomate« bestrichen. Dass die Tomate keine sein kann, ahnt man da als Gast schon, weil Niederkofler in seiner Küche sowohl auf Tomaten als auch auf alles andere verzichtet, was nicht in den Bergen wächst. Dennoch: Der intensive Tomatengeschmack verwirrt und lässt einen an der Botanik der Alpen zweifeln. Zu Unrecht, denn Niederkofler hat entdeckt, dass Pflaumen, fermentiert man sie auf bestimmte Art, einen täuschend echten Tomatengeschmack entwickeln. Auch sonst verwendet er konsequent nur Zutaten, die es in ihrer natürlichen Saison bei den Erzeugern aus der Umgebung gibt. Gerade im Winter ist das eine Herausforderung und bedarf vorausschauender Planung bei der Vorratshaltung. Niederkofler, im vorletzten Jahr mit seinem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet, ist einer der umtriebigsten Vertreter der modernen Regionalküche. Seit 2018 richtet er in Alta Badia die Care’s ethical Chef Days aus, bei denen sich Köche aus der ganzen Welt über Fragen der Nachhaltigkeit in der Spitzengastronomie austauschen. st-hubertus.it

Links: Norbert Niederkofler und sein Team im Schnee. Ganz o.: Menü »Cook the mountain«, Gang sechs von elf – Kalbszunge mit roten Preiselbeeren. Oben: Ein Tisch wird eingedeckt im »St. Hubertus«, Niederkoflers Restaurant im Hotel »Rosa Alpina«, Alta Badia

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Fotos: Courtesy of Jan Wittmann, Sosein (2), Alex Moling, Alex Filz, Daniel Töchterle/St. Hubertus

Felix Schneider (oben) sammelte schon als Kind Pilze in den Wäldern seiner fränkischen Heimat. Oben r.: alles von der Karotte, von der Wurzel bis zur Blüte. R.: das Interieur des »Sosein« in einem Fachwerkhaus in Heroldsberg bei Nürnberg

Wie man aus den Spitzenprodukten der Region eine Spitzenküche entstehen lassen kann, die auch international Beachtung erlangt, das lässt sich derzeit in Deutschland am besten bei Felix Schneider im »Sosein« in Heroldsberg bei Nürnberg erleben. Seine »Fränkische Schlachtschüssel«, eine gekochte Kartoffel in milchsauer vergorenem Rotkohlsaft und Spänen von einer geräucherten Schweineleber als Amuse Gueule, ist in den etwas über drei Jahren seit Eröffnung des »Sosein« zum viel zitierten Klassiker gereift. Bei Felix Schneider werden nur ganze Tiere verarbeitet, die er zuvor meist selbst geschlachtet hat und im eigenen Keller reifen ließ. Dies hat Auswirkungen auf die Karte: Je nachdem, zu welcher Phase der Reifung man sich im Restaurant einfindet, bekommt man vom Rind, Schwein oder Lamm entweder das frische Herz, etwas später das Filet oder noch viel später den Schinken. Den gibt es dann mit selbst gemachtem Lardo und Speck vom Lamm zum Brotgang, der mit Sauerteigbrot frisch aus dem Ofen für alle Gäste gleichzeitig zelebriert wird. sosein-restaurant.de



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Die Architektur von Richard Neutra trifft auf den Porsche 935, die klassische Moderne auf heutige Rennsport-Perfektion. Eine Geschichte Ăźber eine ungleiche Paarung, die trotzdem groĂ&#x;artig harmoniert


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s ist ein in jeder Hinsicht seltener Anblick – höchste Autokunst trifft auf höchs­ te Architekturkunst. Fan­ gen wir mit dem Auto an: der neue Porsche 935, eine Hommage an »Moby Dick«, den legendären Le­ Mans­Boliden 935/78. Diese neue Version wurde erstmals auf dem Porsche­Festival »Rennsport Reunion« präsentiert. Es ist ein Rennwagen, an dem sich die Ingeni­ eure so richtig austoben konnten. Man wollte keine Straßenzulassung, sondern eine exklusive Maschine für die Renn­ strecke. Passend zum 70. Geburtstag der Marke Porsche auf 77 Exemplare limi­ tiert und 700 PS stark. Zum Preis von 701 948 Euro – plus Steuern. Die Sammler rissen sich dennoch umgehend um den Wagen. Frank­Stef­ fen Walliser, der neue Baureihenleiter für den 911, über das Auswahlverfahren: »Die vielen, vielen Bestellungswünsche werden gesammelt, und dann wird nach ganz konkreten Vorgaben selektiert. Bei der Vergabe müssen wir auch aus Com­ pliance­Gründen sehr präzise und so transparent und fair wie möglich arbei­ ten, denn uns ist allen klar: Der Wagen

wird nach Auslieferung mehr wert sein als sein Verkaufspreis. Darum achten wir sehr darauf, dass die potenziellen künftigen Besitzer bereits eine ausge­ prägte Beziehung zu Porsche haben, und vor allem: dass er oder sie den Wa­ gen auch behält und nicht damit speku­ liert. Als Erstkäufer wird es also schwie­ rig. Wer schon die Indy 500 gewonnen hat, der hat bessere Karten.« Manfred Hering wollte den Wagen aber nicht einfach in die Garage stellen. Der Sammler, der in seiner Firma Early 911s Vintage­Elfer restauriert und ver­ kauft, bot vielmehr seine ganze Villa für dieses exklusive Fotoshooting an. Und die wurde von niemand Geringerem ge­ staltet als Richard Neutra, der zwar vor allem für seine kalifornischen Bauten berühmt ist, dessen Spätwerk ihn aber auch nach Europa führte: 1967 baute er in Wuppertal das »Haus Kemper«. Neutras lichtdurchflutete Gebäude sind dem Biorealismus verpflichtet, Mensch und Haus sollen in die Natur ein­ gebunden, das Gebäude für sie geöffnet sein. Und so schön die Gebäude sind, so sind sie in ihrer Luftigkeit eben nicht dem reinen Funktionalismus verschrieben.

Die Idee, ausgerechnet diese Porsche­ Rennskulptur auf vier Rädern in diesem Ambiente in Szene zu setzen, ist mutig. Ist der neue »Moby Dick« doch das ge­ naue Gegenteil: komplett auf den Fah­ rer ausgerichtet, ästhetisch gestaltet, aber sicherlich keine klassische Schön­ heit und mit seinen brutalen Beschleu­ nigungswerten weniger Teil der Natur als Blitz in der Landschaft. Es kam also zusammen, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zu­ sammengehört – und im Ergebnis doch erstaunlich harmonisch wirkt, egal wie aufreibend es für die Beteiligten des Shootings war. Den 935­Prototypen mit Slick­Bereifung über taunasse, also rut­ schige Wiesen einen Berg hochzuschie­ ben und in Millimeter­Arbeit rund um das Anwesen zu bugsieren nahm insge­ samt zwei Tage in Anspruch. Völlig zu Recht aber stand »Moby Dick junior« am Ende ganz museal im sogenannten Toy Room, wo sich der Hausherr normalerweise mit seinen liebs­ ten Car­Guy­Spielzeugen umgibt. Und genau das ist der 935 letztlich doch: ein Drittel Spielzeug, ein Drittel Fahrma­ schine, ein Drittel Markengeschichte.

Im Uhrzeigersinn: Der 935 indoor – im Toy Room, dem ehemaligen Hallenbad des »Haus Kemper«. Das parkähn­ liche Anwesen ist 6 000 Qua­ dratmeter groß. Fotograf Frank Kayser ließ sich in seiner Bild­ Ästhetik von Neutras Lieb­ lingsfotograf Julius Shulman inspirieren. Der neue 935 (ganz rechts) ist eine moderne Form des »Moby Dick« von 1978

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