Games und Business Ausgabe Dezember 2023

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• Arbeitsrecht: Das ändert sich 2024

www.gamesundbusiness.de 15. Dezember 2023 bis 15. Januar 2024 •

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73. Jahrgang

Das Unternehmermagazin für die Automatenwirtschaft

Glücksspielatlas Dokument mit vielen Fragezeichen Kanalisierung Neue Studie mit »desaströser Erkenntnis« Young Professionals Richtig führen, gut entscheiden Experten-Treffen Merkur Beiräte und Bally-Hauptstadtclub Jubiläen DAV und FSH feiern Geburtstag

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Aufschlag

Unser Spiel schützen

I

n dieser Ausgabe kreuzt sich die Berichterstattung über zwei Entwicklungen im gesamten Glücksspielbereich, die zeigt, auf welche heftigen Diskussionen wir uns in naher Zukunft einstellen müssen. Auf der einen Seite gibt es eine neue Studie, die den Anteil der illegalen Spielzeit beim Online-Glücksspiel auf rund 50 Prozent taxiert – Tendenz steigend. Wie auch bei den Sportwetten ist es durch Regulierung nicht gelungen, den Schwarzmarkt einzufangen. Illegale Spielangebote kommen den Bedürfnissen der Kunden deutlich mehr entgegen als das gesetzlich geregelte Spiel. Die Automatenwirtschaft kennt das Problem. Illegale Fungames sind auf dem Vormarsch. Allmählich dringt die Kunde vom Problem des illegalen Spiels zur Politik durch. Beim „Glücksspielatlas” ist sie aber noch nicht angekommen. Dort wird der Anteil der „illegalen Spielverluste” »Wir dürfen nicht zulassen, dass mit sieben Prozent ausgewiesen – unser legales Spiel zum Sündenein Wert, der absolut nicht der Realität entspricht, wie Kenner des bock gemacht wird.« Marktes wissen. Wenn Bundesländer spezielle Staatsanwaltschaften einrichten und Fungame-Erlasse verkünden, um im terrestrischen Sektor das Problem des illegalen Spiels zu bekämpfen, muss man sich schon sehr wundern, wie ein staatlich gefördertes Nachschlagewerk über das Glücksspiel in Deutschland zu solchen Einschätzungen kommt. Das ist absurd – aber es muss ernst genommen werden. Denn wo das illegale und ungeschützte Spiel ignoriert wird, da ist man schnell dabei, das legale und geschützte Spiel alleine für problematisches Spielverhalten von Menschen verantwortlich zu machen. Diese Tendenz ist zu beobachten. Sie muss uns wachsam machen für das kommende Jahr. Wir dürfen nicht zulassen, dass unser legales und sicheres Spiel zum Sündenbock gemacht wird. Nutzen wir die Feiertage, um dafür ein bisschen Kraft zu tanken und nehmen im neuen Jahr die Herausforderung an.

Stefan Dreizehnter, Chefredakteur dreizehnter@gamesundbusiness.de gamesundbusiness.de · Soziale Medien

Dezember 2023

Danke für 2023


Inhalt

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Highlights dieser Ausgabe

Ernüchternde Rechtsprechung Für die Automaten- und Sportwettenbranche endet der Gang vor die Gerichte in der Regel mit ernüchternden Ergebnissen. Das zeigte sich bei der Fachtagung Sportwetten & Glücksspiel deutlich. Ein weiterer Fokus der Veranstaltung lag auf Maltas „Bill 55“, einem „Stoppschild“ für maltesische Gerichte.

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»Hoffe, dass ich 100 werde«

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Er kündigte den Polizeidienst, machte sich selbstständig und führt ein Familienunternehmen mit 14 Spielhallen. Seit fast 30 Jahren steht Wolfgang Voß auch an der Spitze des AutomatenVerbands Schleswig-Holstein (ash). Am 1. Dezember wurde er 80 Jahre.

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Mit täglich 50 Liegestützen am Morgen hält sich Wolfgang Voß fit.

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»Hälfte unserer Hallen ist dicht« In der Serie „Generation Y“ interviewen wir junge Automatenunternehmer, die bereit sind, den Familienbetrieb weiterzuführen. Diesmal hat uns Jungunternehmer Robin Schultz aus Waldkirch geschildert, wie er den Branchenalltag erlebt, mit welchen Härten er aktuell konfrontiert ist und ob er Zukunftschancen sieht.

90 Jungunternehmer Robin Schultz ist in seiner Freizeit passionierter Wildtierschützer und Jäger.

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Inhalt

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Highlights dieser Ausgabe

Werbung ist für die Automatenwirtschaft und das Spiel um Geld generell ein schwieriges Thema. Die rechtlichen Voraussetzungen sind komplex und ersticken so manche Kreativität. Aber es ist ein Vorurteil, dass gar nichts geht. Und es muss immer wieder klargemacht werden: Werbung für unser Spiel macht legales Spiel sichtbar – und das ist wichtiger denn je.

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Werbung: Legales Spiel sichtbar machen

Das muss rechtlich beachtet werden

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Praxistipps zur Spielhallen-Werbung

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Das ändert • Arbeitsrecht:

sich 2024

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Merkur Heroes und Merkur Streetwear 42

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Löwen-Kundenportal und HB10Standort-Finder

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Wie Werbeartikel wirken

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»Immer wieder OASIS prüfen« Der Online-Infotag von Schneider Automaten lenkte die Aufmerksamkeit auf rechtliche Entwicklungen. Eine davon sind spezialisierte Kanzleien, die nicht erfolgte OASIS-Abfragen als Hebel entdecken, um im Namen von Spielern Einsätze zurückzuverlangen.

82 Dezember 2023

RA Volker Nottelmann, RAin Sylvia Palenberg (beide Gauselmann) und Moderator Christian Thele (Schneider Automaten) warnten die Automatenunternehmer vor Gefahren und gaben Tipps.


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Werbung ist für die Automatenwirtschaft und das Spiel um und mit Geld generell ein schwieriges Thema. Die rechtlichen Voraussetzungen sind komplex und ersticken so manche Kreativität. Aber es ist ein Vorurteil, dass gar nichts geht. Und es muss immer wieder klargemacht werden: Werbung für unser Spiel macht legales Spiel sichtbar – und das ist wichtiger denn je. Dezember 2023


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Werbung

Wenn über Werbung für das legale Glücksspiel generell und das Automatenspiel im Speziellen gesprochen wird, kommt oft die Reaktion: Da darf man ja sowieso nichts. Während der Restriktionsdiskussionen der letzten Jahre hat sich die Meinung festgesetzt, dass Werbung für das Angebot unserer Branche fast unmöglich geworden ist. Selbst der kreative Name für das eigene Geschäft kann zum Problem werden. Spielbetriebe dürfen oft nur noch fantasielos „Spielhalle” heißen. Und harmlose Glückssymbole an Schaufensterfronten von Spielhallen werden für puritanische Gesetzgeber zur Ordnungswidrigkeit – mindestens. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich das Vorurteil der Werbeverbote so hartnäckig hält.

Da geht was

inzwischen zunutze. Für den einzelnen Automatenbetrieb ist das eher keine Option. Allerdings: Wer wissen will, wie die junge Generation tickt und wie eine zeitgemäße Ansprache junger Kunden aussieht, sollte es sich zumindest ansehen – online, wo sonst. Generell darf man nicht vergessen, dass gute Werbung im Idealfall gute Kommunikation ist. Das bezieht sich nicht nur auf die Kundenansprache, die natürlich sein muss. Das bezieht sich auch auf die Kommunikation mit dem geschäftlichen und regionalen Umfeld, in dem man sich befindet. Kennt Ihr Spielbetrieb seine Nachbarn? Gibt es einen Gewerbeverein, in dem man aktives Mitglied sein kann? Hat die Heimatkommune so was wie ein Stadtmarketing, an dem man sich beteiligen kann? Haben die Parteien lokale Wirtschaftsvereinigungen, in denen man sich engagieren kann? Das alles gehört zur Öffentlichkeitsarbeit für das Unternehmen dazu – vor allem dann, wenn man als Branche nicht unumstritten ist. Und dieser Realität müssen wir uns nun mal stellen.

Kreativ werden Kommunikation ist auch Kontakt zur Regionalpresse. Das ist nicht nur die Lokalzeitung. Überall gibt es regionale Anzeigenblätter, die nicht nur Werbeplatz verkaufen wollen, sondern natürlich auch immer auf der Suche nach redaktionellem Content sind. Es gibt sogar regionale Radio- und Fernsehstationen, die mit einer guten Geschichte immer zu locken sind: eine Spende, ein Sport-Sponsoring, ein besonders origineller Auftritt des Unternehmensteams beim Stadt-Marathon. Und was ist mit einem Pressetermin bei der Wiedereröffnung nach einem Umbau oder der Renovierung einer Filiale, wenn vielleicht auch noch ein bisschen lokale Prominenz geladen ist? Oft resignieren Unternehmer, weil sie meinen, es würde da ja doch keiner kommen. Aber zum Beispiel die lokale Berichterstattung, die immer rund um die Verleihung eines „Golden Jack” zu registrieren war, war teilweise sehr bemerkenswert. Wer ein bisschen Kontakt hält, dessen Chancen sind natürlich größer als bei dem, der sich um nichts bemüht. Die Mühe mit der Öffentlichkeitsarbeit, dem Marketing und der Werbung für unser Spiel lohnt sich deshalb immer. Die gewerbliche Automatenwirtschaft bietet das legale Spiel in einem Umfeld, in dem sich das illegale Spiel immer weiter ausweitet. Unsere Branche erfüllt den staatlichen Auftrag, das Glücksspiel in sichere und legale Bahnen zu lenken und dort auch zu halten. Werbung für das Geldspiel ist immer auch Werbung für das legale Spiel. Das können Unternehmer in ihrem direkten Umfeld nicht oft genug sagen – mit Öffentlichkeitsarbeit, mit Marketing und auch mit Werbung. >>

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Bei näherer Betrachtung stimmt das allerdings nicht. Es geht im Grunde sogar mehr, als man denkt. Allerdings ist das mit mehr Aufwand verbunden, als mit großen Buchstaben und lauten Tönen für das Spielangebot zu werben. Wer werben will, muss sich mit den Details auseinandersetzen, damit man nicht mit dem Gesetz in Konflikt kommt und dennoch größtmöglichen Erfolg erzielt. Werbung ist aber nicht nur Außenwirkung. Auch die Spielgäste, die schon da sind, brauchen Aufmerksamkeit. Dass sich guter Service auszahlt, hat sich herumgesprochen, ist aber leider nicht überall möglich. Moderne Kundenansprache läuft inzwischen auch über die Vernetzungssysteme, die von den Herstellern angeboten werden. Da gibt es Info und Entertainment über Monitore, sogar lokale Werbung kann eingespielt werden. Es lässt sich viel machen, was mindestens so anspruchsvoll wie Fernsehwerbung ist – auch das ist Wertschätzung für den Kunden.

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Neue Bedürfnisse Dazu darf nicht übersehen werden, dass sich die Bedürfnislage der Kunden durchaus wandelt. Als Merkur seine Kollektion an Freizeitkleidung mit Markenbranding vorgestellt hat, dürfte so mancher in der Branche sehr skeptisch gewesen sein. Kunden mögen keine (Werbe-)Artikel mit Glücksspiel-Logos, lautet ein ehernes Gesetz. Wie es aussieht, hat sich das geändert. Sonst würden die Merkurianer ihre Kollektion nicht erweitern und aktualisieren. In das Marketing rund um das Spiel sind inzwischen auch die sogenannten Influencer unterwegs. Das machen sich die Hersteller

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Werbung für legales Spiel ist Werbung für geschütztes Spiel und gegen den Schwarzmarkt, ist Stefan Dreizehnter überzeugt.


Fokus

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Glücksspielatlas 2023 Zu viele Fragezeichen

Weder umfassend noch fundiert Der „Glücksspielatlas Deutschland 2023” will einen schnellen informativen Zugriff auf das Thema Glücksspiel in Deutschland gewähren. Leider legt schon eine schnelle Durchsicht des Bandes ärgerliche Schwächen und große Lücken offen.

der der Glücksspielstaatsvertrag vor wenigen Jahren novelliert wurde. Dieser liest sich seitenweise wie eine Spielverordnung allein für das Online-Automatenspiel. Und im Glücksspielatlas erhält es kein Kapitel? Das ist mehr als bemerkenswert und macht ratlos. Gleiches gilt für die weiteren Online-Glücksspielformen. Der Anspruch des Glücksspielatlas, ein umfassendes Nachschlagewerk zu sein, ist schon mal dahin. Ebenfalls nicht zu existieren scheint für die Autoren des Glücksspielatlas das illegale Spiel. Der Schwarzmarkt ist im Glücksspielwesen in Deutschland bedauerlicherweise nach wie vor eine bedeutende wirtschaftliche Größe und war der zentrale Grund für die Politik, mit dem Glücksspielstaatsvertrag die bei den Menschen populären Spielformen Sportwetten und Online-Automatenspiel neu zu regulieren beziehungsweise zu legalisieren. Dieser Problematik eine Doppelseite zu widmen, wäre naheliegend gewesen. Warum dieser Aspekt ausgespart wird, ist unverständlich.

Illegal? Ach was? Es sei denn, es kann nicht sein, was nicht sein darf. Der Verdacht regt sich spätestens da, wo der Glücksspielatlas das Volumen der „illegalen Spielverluste” mit nur 7 Prozent angibt (S. 10). Die Botschaft heißt: Beim Glücksspiel hat die Politik alles im Griff. Woher die Zahl kommt, wenn man über das illegale Spiel sonst so gar nichts zu sagen vermag, bleibt im Dunkeln. Aber es gibt eine Spur. Die 7 Prozent „illegale Spielverluste” klingen stark nach den 7 Prozent Bruttospielertrag des „unerlaubten Marktes”, den der „Jahresreport 2021 der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder” ausweist. Dort feiern die Länder sich selbst, den illegalen Markt von vorher 13 auf 7 Prozent zurückgedrängt zu haben – beide Werte sind zweifelhaft. Die Autoren des Glücksspielatlas loben offenbar mit der Übernahme dieser Zahl ihre staatlichen Auftraggeber für deren nach eigener Einschätzung erzielten Erfolge bei Regulierung und Eindämmung des illegalen Spiels, das offenbar deswegen im Glücksspielatlas fast keiner weiteren Erwähnung bedarf. Schwierig. Denn nichts zu loben haben dagegen die privatwirtschaftlichen Anbieter von Glücksspielen. Nach einer Erhebung des

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M

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itte November wurde der „Glücksspielatlas Deutschland 2023: Zahlen, Daten, Fakten“ veröffentlicht. Nach Angaben der Herausgeber soll er eine „kompakte und anschauliche Darstellung aller relevanten Aspekte des Querschnittsthemas Glücksspiel” bieten. Erarbeitet und herausgegeben wurde der Glücksspielatlas vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD Hamburg) und der Arbeitseinheit Glücksspielforschung der Universität Bremen. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) fungiert als Mitherausgeberin.

Blick ins Inhaltsverzeichnis lässt Zweifel aufkommen, dass dies gelungen ist. Bei der Aufzählung der Spielformen fehlen doch tatsächlich alle durch den Glücksspielstaatsvertrag 2021 neu zugelassenen Online-Glücksspielformen, also virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele. Ihnen werden jeweils die zwei Seiten verweigert, die alle anderen Spielformen erhalten. Zwar findet das Online-Automatenspiel ab und zu im Fließtext Erwähnung, unter anderem als kleiner Absatz im Kapitel „Automaten”. Aber da gehört das Segment angesichts völlig anderer regulatorischer Grundlagen der Spielformen inhaltlich nicht hin. Eine beiläufige Erwähnung spiegelt letztlich auch nicht seine Bedeutung. Das virtuelle Automatenspiel ist eine der Spielformen, wegen

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Spiele gehen verloren Der Glücksspielatlas will ein fundiertes Nachschlagewerk für den ersten Zugriff auf das Thema sein. Schon ein erster

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Fokus

renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Justus Haucap (Universität Düsseldorf) sind 30 bis 46 Prozent der in Deutschland aufgestellten Geldspielgeräte dem Schwarzmarkt zuzurechnen (selbst der „Spiegel“ berichtete darüber). Dort werden garantiert mehr als nur 7 Prozent illegale Spielverluste in diesem Sektor gemacht. Der Deutsche Online-Casinoverband (DOCV) hat jetzt einer Studie von Prof. Gunther Schnabl und Taiki Murai (beide Uni Leipzig) vorgestellt, in der gemessen wird, dass beim Online-Spiel nur 50 Prozent der Nutzungszeit im erlaubten Markt stattfindet. 80 Prozent des Umsatzes im deutschen Online-Glücksspielmarkt werden illegal generiert, schätzt der DOCV. Ähnliche Zustände herrschen bei den Sportwetten. Die Gründe für das hohe Maß an Illegalität kennen die Veranstalter. In allen Fällen sind die legalen Spielinhalte politisch gewollt dramatisch unattraktiv und international nicht konkurrenzfähig. Die Spieler, die damit geschützt werden sollen, gehen inzwischen dorthin, wo das Spiel attraktiv ist – aber halt illegal und völlig ungeschützt. Das ist sowohl für die Politik als auch für den restriktiven Spielerschutz eine extrem ungemütliche Diskussion. Gibt es im Glücksspielatlas deswegen kaum illegales Spiel? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Auf jeden Fall: 7 Prozent illegale Spielverluste – mit einer solchen Feststellung macht man sich unter Markt-Kennern lächerlich und als Glücksspielatlas unglaubwürdig.

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»Politische Entscheider brauchen eine belastbare und faktenorientierte Grundlage. Ein Manko des Glückspielatlas ist es, dass er wissenschaftlich umstrittene Zahlen wiederholt und dadurch das Versprechen einer Entscheidungsgrundlage nicht einlöst. Zumindest den Bereich des Automatenspiels sehen wir unzureichend abgebildet, da zum Beispiel der politisch und wirtschaftlich relevante Schwarzmarkt, immerhin ein Milliardenmarkt, von den Autoren ignoriert wird. Als Grundlage für politische Entscheidungen ist dies fatal.« Georg Stecker, Sprecher des Vorstands des Dachverbands Die Deutsche Automatenwirtschaft

passung gesetzlicher Regelungen im Glücksspielbereich.” Ob solche Daten tatsächlich eine gute Grundlage für die Diskussion über den richtigen Umgang mit dem Glücksspiel und seinen Folgen sind, steht also zumindest in starkem Zweifel. Mindestens aber müsste ein selbsterklärtes Überblickswerk auf solche laufenden wissenschaftlichen Kontroversen transparent hinweisen. Wer mit wachen Augen die Zahlen des zugrunde liegenden Glücksspiel-Surveys 2021 gelesen hat, durfte aber auch schon vor dem Schüller-Gutachten skeptisch werden. Im Gegensatz zu den vorherigen Untersuchungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vervielfachte sich dort der ermittelte Wert der Personen mit einer Glücksspielstörung auf 1,3 Millionen Menschen. Grund: Der Glücksspiel-Survey senkte den Schwellenwert, ab dem ein Spielverhalten mindestens als „problematisch“ eingestuft wird. Alleine das wirft Fragen auf. Zusätzlich senkte der GlücksspielSurvey jedoch auch den Schwellenwert, ab dem ein Spielverhalten mindestens als „problematisch“ eingestuft wird. Er fasst hierunter nun auch die neue Kategorie von gefährdeten Spielern, die „erste Symptome einer Glücksspielstörung” zeigen, „gleichzusetzen mit einem riskanten Spielverhalten”. 5,7 Prozent der Bevölkerung seien dies angeblich. Zu den 1,3 Millionen Menschen mit einer leichten, mittleren oder schweren Spielstörung kommen dadurch noch einmal 3,25 Millionen weitere mit einem riskanten, laut Survey „proble-

matischen“ Spielverhalten dazu – übrigens ohne jede Erklärung dafür, was denn riskantes Spielverhalten mit einer Spielstörung zu tun haben soll. Ihre Bemessungsmethode zu verändern, stehe den Autoren grundsätzlich frei, meint dazu Katharina Schüller. Man muss es aber dann auch deutlich kenntlich machen. „Dass sich dann die erhobene Zahl der Problemspieler massiv erhöht – und diese Sensationsmeldung natürlich von vielen Stellen aufgegriffen wird – ist logisch, aber diskussionswürdig”, so Katharina Schüller.

Der Reiz der großen Zahl Und natürlich wird es aufgegriffen, wie Schüller prophezeite. Zum Beispiel in den Stuttgarter Nachrichten mit der Schlagzeile: „4,6 Millionen Spielsüchtige und ‚riskante Spieler‘”. Schneller lassen sich Zahlen von Spielsucht nicht potenzieren – und das alles übrigens bezogen auf das legale Spiel. Denn illegales Spiel gibt es im Glücksspielatlas als leider relvante Marktgröße ja fast nicht. Um es ganz vorsichtig zu sagen: Nach einem ersten, schnellen Zugriff lässt einen der Glücksspielatlas intellektuell extrem verärgert und mit der Frage zurück: Was passiert, wenn man in die Tiefe geht? Burkhard Blienert, der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung meinte, der Glücksspielatlas sei eine „gute Grundlage für die Diskussion über den richtigen Umgang mit dem Glücksspiel und seinen Folgen”. Mit Verlaub – genau das ist der Glücksspielatlas schon nach dem ersten, schnellen Zugriff nicht. | dre |

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Umstrittene Methoden

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Denn leider geht es in diesem Stil weiter. Was an illegaler Problematik dramatisch runtergerechnet wird, wird auf der anderen Seite bei Menschen mit Problemen mit dem Spiel absurd hochgerechnet. Das diesbezügliche Zahlenwerk des Glücksspielatlas basiert zu einem nicht unwesentlichen Teil auf dem „Glücksspiel-Survey 2021”. Dessen Autoren sind maßgeblich am Zustandekommen des Glücksspielatlas beteiligt. Nun sind genau deren wissenschaftliche Methoden in den letzten Wochen durch ein Gutachten von Top-Statikerin Katharina Schüller gewaltig unter Beschuss geraten: „Der Glücksspiel-Survey 2021 ist … keine belastbare Entscheidungsgrundlage hinsichtlich der Bewertung und An-

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Online-Glücksspiel Neue Studie zur Kanalisierung

»Eine desaströse Erkenntnis« Eine neue Studie misst, dass nur 50 Prozent der Nutzungszeit im erlaubten Online-Glücksspielmarkt stattfindet. Dies sei eine „desaströse Erkenntnis“, sagt DOCV-Präsident Dr. Dirk Quermann. Die Ziele des Staatsvertrags könnten so nicht erreicht werden.

Die „Schnabl-Studie“ ist ein Versuch, den illegalen Online-Glücksspielmarkt in Deutschland zu vermessen und die Kanalisierungsrate im Online-Spiel zu bestimmen. Können Sie die Motivation zu dieser Studie erläutern, Herr Dr. Quermann? Der Glücksspielstaatsvertrag 2021, der zum ersten Mal das Online-Glücksspiel bundesweit in Deutschland legalisiert hat, ist nun seit über zwei Jahren in Kraft. Derzeit findet eine Zwischenevaluierung statt und nach unserer Ansicht besteht auch die dringende Notwendigkeit, diese Regulierung auf ihren Erfolg zu evaluieren. Dabei ist das wichtigste Kriterium aus unserer Perspektive die Kanalisierungsrate, die Aufschluss darüber gibt, wie viele Spieler die Angebote des legalen Marktes wahrnehmen – und damit auch von den gesetzlich veran-

kerten Spielerschutzmaßnahmen erfasst werden. Nach internationalem Konsens ist dann von einem Regulierungserfolg zu sprechen, wenn über 90 Prozent des Umsatzvolumens im legalen Markt stattfindet. Von diesen Zahlen sind wir in Deutschland, das greife ich vorweg, noch sehr weit entfernt.

Schon vor der „Schnabl-Studie“ gab es Versuche, den Schwarzmarkt systematisch zu erfassen. Ist die „Schnabl-Studie“ auch eine Reaktion auf diese vorausgegangenen Zahlen?

»Die Kanalisierungsrate in Bezug auf die Zeit bewegt sich nur bei 50 Prozent, sprich nur die Hälfte der Spielzeit wird legal gespielt. So können die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags nicht erreicht werden.« Dr. Dirk Quermann, DOCV-Präsident

enansatz, der als Ganzes nie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, von dem man aber weiß, dass er mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Dazu zählen etwa ein überholtes Studiendesign und eine völlige Ausblendung der – mehr als dynamischen – Marktentwicklung seit 2014. Das Resultat sind aus unserer Sicht falsche Zahlen, denen man ihr Defizit förmlich ansehen kann. So kommt etwa die Studie zu dem völlig kontraintuitiven Schluss, dass der Online-Glücksspielmarkt in Deutschland seit dem Jahr 2017 durch einen starken Rückgang geprägt ist. Das widerspricht allen Erkenntnissen aus internationalen Studien, wonach der Anteil des Online-Glücksspiels am Gesamtmarkt in einzelnen Ländern kontinuierlich steigt. Auch angesichts dieser unbefriedigenden Zahlen war eine zuverlässige Marktstudie mehr als überfällig.

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Die Studie „Eine Analyse der neuesten Entwicklungen des Online-Glücksspielmarktes in Folge des Glücksspielstaatsvertrags 2021“ hat den Anspruch, zuverlässige Daten über den illegalen Online-Glücksspielmarkt zu liefern. Sie wurde von den Wirtschaftswissenschaftlern Prof. Gunther Schnabl und Taiki Murai (beide Universität Leipzig) unter Mitwirkung des Deutschen Online Casinoverbands (DOCV) erstellt. In Bezug auf die Datenquellen greift die „Schnabl-Studie“ auf ein Panel des Marktforschungsunternehmens Nielsen Media Germany zurück. Das von Nielsen aufgebaute repräsentative Online-Meter-Panel erfasst rund 25.000 Personen, die in Deutschland online aktiv sind. Jeder Besuch von Domains, URLs oder Apps für Online-Angebote aller Art wird für jeden Panelteilnehmer in einem sogenannten Click-Stream (Browserverlauf mit genauen Zeiten) aufgezeichnet. Die Kanalisierungsrate, also der Anteil der Nutzungen von lizenzierten Angeboten, lag im März 2023 bei etwa 50,7 Prozent, während 28,9 Prozent der Nutzungen auf nicht-lizenzierte EU-Anbieter und 19,9 Prozent auf nicht-lizenzierte Offshore-Anbieter entfielen.

Mit dem Schwarzmarkt für Online-Glücksspiel will die „Schnabl-Studie“ einen Gegenstand erfassen, der sich per Definition nicht erfassen lassen will. Welche Messmethode liegt der Studie zugrunde? Wir haben festgestellt, dass man durch Traffic-Daten keine validen Erkenntnis-

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© Foto(s): Tilman Vogler

Die Studie

Definitiv. Im „Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder“ wurden seit 2014 fortlaufend Schätzungen zum nicht-lizenzierten OnlineGlücksspielmarkt veröffentlicht. Diese Schätzungen basieren auf einem Studi-


Fokus

se über den Schwarzmarkt generieren kann, da Marketing-Aktionen in diesem Zusammenhang eine stark verzerrende Wirkung haben. Auf der Suche nach einer anderen Messmethode sind wir auf ein Panel des Marktforschungsunternehmens Nielsen Media Germany gestoßen, das rund 25.000 Personen erfasst, die in Deutschland online aktiv sind. Das ist schon mal eine ordentliche Größe – und sie ist zudem noch repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Beides wichtige Faktoren, um auch den hohen wissenschaftlichen Ansprüchen von Prof. Schnabl zu genügen. Ein weiterer Vorteil dieses Panels ist, dass von jedem Teilnehmer der sogenannte ClickStream aufgezeichnet wird, also der Browserverlauf samt genauer Angaben, wieviel Zeit auf den einzelnen Seiten verbracht wird. Was die Studie also letztlich misst, ist die Zeit, die sich Nutzer bei illegalen Anbietern aufhalten. Voraussetzung dafür war eine umfangreiche Liste, die Anbieter im Hinblick auf die Einhaltung gesetzlicher Kriterien der legalen oder der illegalen Seite zuschlägt.

Was ist das Kernergebnis?

tionen des Staatsvertrages natürlich nicht gelten. Um hier ein Missverständnis zu vermeiden: Die Studie von Prof. Schnabl gibt ausschließlich Auskunft über die Nutzungszeit. Nur diese lässt sich anhand des Panels genau messen. Der Rückschluss von der Nutzungszeit im illegalen Bereich auf dessen Umsatzvolumen stammt vom DOCV.

Was fordern Sie? Für uns ist klar, dass die Regulierung ihr Ziel zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erreicht hat, sprich einen legalen Online-Glücksspielmarkt zu schaffen, den die weit überwiegende Mehrzahl der Spieler als präferierte Option dem Schwarzmarkt vorzieht. Um dies zu ändern, muss an mehreren Stellen angesetzt werden. Zunächst einmal bedarf es eines allgemeinen Umdenkens im Hinblick auf den Sinn von Restriktionen. In Deutschland herrscht vielfach noch die politische Vorstellung, dass mit besonders starken Restriktionen für den legalen Glücksspielmarkt ein hohes Maß an Spielerschutz erreicht wird. Das ist jedoch grundlegend falsch. Richtig ist: Je stärker der legale Markt an die Kandare genommen wird, desto unattraktiver wird er für den Spieler, der sich in der Folge den zwangsweise attraktiveren – aber ungeschützten – Angeboten des Schwarzmarktes zuwendet. Dies gilt insbesondere im Online-Bereich, in dem illegale Angebote nur einen Mausklick entfernt sind. Unsere Aufgabe als Verband ist es, bei den Stakeholdern auf Staatsseite noch stärker das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass ein Abbau einzelner Restriktionen für den legalen Markt im Sinne des Spielerschutzes ist.

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Online-Glücksspiel DE: Nutzungszeit (Nielsen Panel Q1/2023)

49 %

51 %

Legal Illegal

Online-Glücksspiel DE: Volumen (Schätzung DOCV Q1/2023)

22 %

78 % Hier die komplette Print-Ausgabe

Das Kernergebnis ist, dass ca. die Hälfte der Nutzungszeit von deutschen Spielern derzeit auf illegale Online-Glücksspielangebote entfällt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Die Kanalisierungsrate in Bezug auf die Zeit bewegt sich nur bei 50 Prozent, sprich nur die Hälfte der Spielzeit wird legal gespielt. Das ist eine desaströse Erkenntnis. So können die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags nicht erreicht werden.

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den Spieler teurer, da Anbieter aus gamesundbusiness.de/abo Gründen der Wirtschaftlichkeit ihre

Sie sagten selbst, Kanalisierung misst sich in Umsatzvolumen. Kann man von der Zeit auf den Umsatz schließen? Ja, das kann man. Zeit beziehungsweise Spielzeit ist nach unserer Ansicht die beste Größe, um auf den Umsatz zu schließen. Das bestätigen auch unsere Mitgliedsunternehmen, die die Zahlen aus der Studie mit ihren tatsächlichen Umsätzen verglichen haben. Auf Grundlage der Ergebnisse der „Schnabl-Studie“ gehen wir davon aus, dass derzeit bis zu 80 Prozent des Umsatzes im deutschen Online-Glücksspielmarkt illegal generiert wird. Dies hängt damit zusammen, dass für den illegalen Markt die Restrik-

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Welche Restriktionen meinen Sie konkret? Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder hat im Rahmen des Staatsvertrages noch mehrere Hebel selbst in der Hand, um das legale Spiel attraktiver zu machen. Diese muss sie nutzen. So könnte sie zum Beispiel den maximalen Einsatz pro Spin, der derzeit ein Euro beträgt, heraufsetzen. Worauf die Behörde allerdings keinen Einfluss hat, ist das größte Problem der neuen Regulierung: die Besteuerung. Hier ist die Politik gefragt. Wir haben von Anfang an von einer Steuer auf den Einsatz gewarnt. Eine Einsatzsteuer macht das Spiel für

Auszahlungsquoten zum Teil drastisch nach unten anpassen müssen. Der Spieler bekommt im legalen Markt schlicht viel weniger für sein Geld als im illegalen. Mit anderen Worten: Das Spiel im Legalen ist – neben den Restriktionen – doppelt so teuer! Wir fordern: Die Politik soll sich erneut mit der Steuerproblematik auseinandersetzen. Wenig zielführend wären dabei allerdings Diskussionen um die Höhe der Einsatzsteuer, da dies nichts an der aus unserer Sicht falschen Bemessungsgrundlage ändern würde. Wie es in Europa gängige Praxis ist, muss auch in Deutschland statt des Einsatzes der Bruttospielertrag besteuert werden. | sf |

Legal Illegal


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