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Außenwerbung

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Smart in Fahrt

Smart in Fahrt

„In der heutigen Medienlandschaft ist Außenwerbung das einzig verbleibende echte Massenmedium, das über 90 Prozent der Bevölkerung erreicht.“

Prof. Dr. Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer Verband Außenwerbung (FAW) Foto: FAV

Trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage hat OutOf-Home 2022 einen starken Zuwachs verzeichnet. „Nach Angaben des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) hat Außenwerbung Nettoeinnahmen in Höhe von 1,16 Milliarden Euro erzielt. Damit konnte das Vorjahresergebnis um 7,9 Prozent gesteigert werden“, bestätigt Kai-Marcus Thäsler, Geschäftsführer Fachverband Außenwerbung (FAV). Ein Grund für diesen Trend dürfte darin liegen, dass Menschen zunehmend mobil sind und ihre Mediennutzung sich daher stärker in den öffentlichen Raum verlagert: Umso mehr nehmen wir täglich Werbebotschaften unterwegs an U-Bahnstationen, an belebten Plätzen oder in Einkaufsstraßen wahr. Zudem hat sich Außenwerbung im Laufe der Zeit als >> wandlungsfähig erwiesen, sodass sie ihre Wirkung im großen Stil nie verloren hat. Begonnen hat die Geschichte mit der Litfaßsäule, die der Berliner Verleger Ernst Litfaß 1854 erfunden hat. Sie sollte der Wildplakatierung entgegenwirken und hat bis in die 1950er Jahre das Stadtbild maßgeblich geprägt. Heutzutage präsentiert sich Außenwerbung darüber hinaus in Form von hinterleuchteten CityLight-Postern, dreidimensionalen Lichtinstallationen an Hauswänden oder als Digital-Outof-Home (DOOH) – und zieht immer noch alle Blicke auf sich. Welche Neuheiten beleben den Markt und welche Chancen ergeben sich daraus für Werbetreibende? Worauf kommt es für erfolgreiche Kampagnen an? Darüber hat display mit Experten und Expertinnen aus der Druckbranche, Vermarktung und DOOH gesprochen.

Hohe Reichweite

Über 90 Prozent der Bevölkerung ist täglich außer Haus im öffentlichen Raum unterwegs. Unabhängig davon, ob man öffentliche Verkehrsmittel nutzt, Auto fährt oder zu Fuß auf dem Weg ist: OOH-Werbung zeigt sich überall. Der Anspruch der Gattungskampagne „Außenwerbung trifft. Jeden“ gilt also unverändert. Demnach zeichnen in erster Linie eine hohe Reichweite und Kontaktdichte die Werbeform aus. „In der heutigen Medienlandschaft ist Außenwerbung das einzig verbleibende Massenmedium. Sie erreicht die gesamte mobile Bevölkerung“, bestätigt Thäsler, und ergänzt:

Architectual Breasts: Deutschlands mehrsprachige App „breastcare.app“ für mehr BrustkrebsFrüherkennung macht mit plakativen Motiven auf das Thema aufmerksam. Foto: IDOOH

„Zugleich ist Außenwerbung für alle Teile der Bevölkerung frei zugänglich und damit sozusagen basisdemokratisch – im Gegensatz zu anderen Medien braucht man weder Geld noch Gerät, um in Kontakt mit Außenwerbung zu kommen.“

Zielgruppen im Blick

Folglich ist Außenwerbung ein klassisches Oneto-Many-Medium. Dennoch lassen sich Kampagnen zeitlich und regional steuern, um Menschen gezielter anzusprechen und Streuverlusten entgegenzuwirken. „Mit den zunehmenden Möglichkeiten rund um DOOH steht ein besonders innovativer Weg zur Verfügung, Zielgruppen im öffentlichen Raum individualisiert anzusprechen und damit den psychologisch und situativ optimalen Moment für die Kontaktaufnahme zu nutzen. Über DOOH können Botschaften Standort-spezifisch und nahezu in Echtzeit ausgespielt werden, abhängig von einer Vielzahl an datengesteuerten Parametern. Die gängigsten sind bestimmte Umfelder, Wetterbedingungen und Tageszeiten oder auch Angaben von Distanzen zur nächstgelegenen Filiale. Eine Sieger-Kampagne der diesjährigen Ausgabe des Wettbewerbs Plakatdiva hat zum Beispiel Daten zum Pollenflug genutzt“, erklärt Thäsler. Ursprünglich ist dieses datengetriebene Targeting vor allem von Websites bekannt. Allerdings gibt es einen Unterschied zu Programmatic DOOH, betont Frank Goldberg, Managing Director des Verbands Institute for Digital Out of Home Media (IDOOH): „DOOH ist ein One-to-Many-Medium und liefert somit keine individualisierte Werbung an einzelne Individuen, sondern spricht mehrere Personen einer Zielgruppe an.“

Gutes Image

Unabhängig von verschiedenen Zielgruppen hat sich gezeigt: Außenwerbung genießt eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. „Eine aktuelle Studie zeigt: Während 64 Prozent der Menschen Werbung im Privatfernsehen störend finden, 53 Prozent die Werbung auf Youtube und 38 Prozent auf Facebook, stören sich nur 16 Prozent an klassischer Plakatwerbung beziehungsweise 19 Prozent an digitalen Werbeanlagen“, weiß Thäsler. Diese Haltung könnte sich damit erklären lassen, dass sich Außenwerbung nicht im privaten Raum präsentiert und dadurch weniger aufdringlich wirkt. Zudem beweist OOH häufig Kreativität und Humor. Diese Offenheit gegenüber Außenwerbung erleichtert Werbetreibenden, eine positive Wirkung zu erzielen.

Werbewirkung im öffentlichen Raum Zeigt sich eine Marke im öffentlichen Raum, erhöht sich die Sichtbarkeit und damit deren Bekanntheit. Da Betrachter Außenwerbung oft im Vorbeigehen oder aus dem Augenwinkel wahrnehmen, wirken Botschaften zum einen implizit, also unterbewusst und tragen so dazu bei, das Image langfristig zu stärken. Zum anderen kann Außenwerbung mit Hilfe eines Call-to-Action den Verkauf steigern und damit explizit dafür werben, ein Produkt zu kaufen oder einen POS zu besuchen. Eine ROI-Studie des FAW konnte diesen absatzsteigernden Effekt nachweisen. „Gemessen an seinem Anteil am Mediamix entfaltet OOH bei Kampagnen mit dem Ziel Sales überproportionale Kraft als Absatzhebe. Jeder hier in OHH eingesetzte Euro an Mediaspendings erzielt im Durchschnitt das Vierfache an Euros im Umsatz, je nach Branche lässt sich sogar das Acht- bis Neunfache erreichen. Darüber hinaus betrachtet die Studie Depoteffekte, auch bekannt als Carry over, und belegt damit auch die Nachhaltigkeit der Wirkung von OOH-Kampagnen“, unterstreicht Thäsler. Demnach bleiben Werbebotschaften häufig länger im Kopf – je nachdem, wie gut das Motiv gestaltet ist und wie oft der Betrachtende der Kampagne im Buchungszeitrum begegnet.

Wie sich diese Wirkungsmechanismen in der Praxis zeigen, erläutert Elke Hergen -

POS = Point of Spices röther, Abteilungsleiterin POS-Bereich awk Außenwerbung, anhand von Plakaten, die in direkter Nähe zu Verkaufsorten platziert werden: „Zur Kommunikation der Marke und Produktinszenierung bietet eine Plakatkampagne am POS die perfekte Basis. Gerade hier sind die Kunden für die werbliche Botschaft besonders offen. POS-Plakate werben zur richtigen Zeit am richtigen Ort, erzeugen relevante Kontakte unmittelbar vor dem Einkauf und steigern den Umsatz. Denn bis zu 70 Prozent der Kaufentscheidungen werden erst am Regal getroffen und hier wird der kurz vorher erfolgte Plakatkontakt reaktiviert.“

Display und Schoepe: Das gehört zusammen!

DOOH wächst

Von all den Vorteilen profitiert auch Digital Out of Home (DOOH), die in Deutschland immer mehr an Fahrt gewinnt. Deren starke Performance hat das Wachstum von Außenwerbung maßgeblich getragen, teilt der FAV mit. „Für den Bereich DOOH vermeldet der ZAW einen Anstieg der Werbeinnahmen auf 348,7 Millionen Euro und verbucht damit einen Zuwachs von 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, sagt Thäsler. Nach Angaben von Nielsen kommt DOOH innerhalb der Außenwerbung mittlerweile auf einen Marktanteil von 37 Prozent. Ein Grund für diesen Trend ist die schnell anpassungsfähige Bespielung, darin sind sich die Experten einig. „Digital Signage bietet enorme Möglichkeiten, die eigene Zielkundschaft schnell, flexibel, aufmerksamkeitsstark und zielgerichtet mit Werbebotschaften zu versorgen“, ist sich Michael Brune, Vertriebsleiter Dekora-Design, sicher. Aber auch andere Gründe tragen zu der positiven Entwicklung von DOOH bei, meint Goldberg: „Das Werbeträger-Angebot wird seit Jahren kontinuierlich ausgebaut. Mittlerweile sind bundesweit rund

135.000 digitale OOH-Screens an den unterschiedlichsten Touchpoints in der Vermarktung. Vor 15 Jahren waren es erst rund 11.400 Screens und 2014 knapp 98.000.“ Davon sei zwar aktuell der Großteil noch Indoor zu finden, wie an Bahnhöfen und Malls, allerdings geht Goldberg davon aus, dass digitale Werbeträger sich in den kommenden Jahren mehr im Außenbereich ausweiten werden.

Ein weiterer Wachstumstreiber von DOOH ist Programmatic Advertising. „Allein 2022 hat die Zahl der programmatisch buchbaren DOOHNetze und -Werbeflächen rasant zu genommen, da nach den großen Vermarktern auch immer mehr mittelständische Anbieter auf den Zug aufsteigen“, sagt Goldberg und stellt fest: „Mittlerweile sind rund 70 Prozent aller digitalen Außenwerbeflächen in Deutschland an ein automatisiertes Buchungssystem angeschlossen, was in etwa 90 Prozent Prozent der DOOH-Reichweite entspricht.“ Folglich dürfte nach Einschätzungen des DOOH-Experten die Branche erstmals mehr Netto-Umsätze über Programmatic Out Of Home (POOH) generieren als über klassische Buchungen. Dabei könne es teilweise sozusagen um neues Geld gehen, meint Goldberg: „Dank der Buchungsplattformen werden auch viele Kunden und

Vegane Schokolade im Großformat: Ritter Sport setzt an Bahnhöfen seine neue Produktrange in Szene und animiert zu Probierkäufen.

Foto: IDOOH

Vierfacher hingucker: Vor dem Nationaltheater in der isländischen Hauptstadt Reykjavik ziehen Digital-Signage-Displays die Blicke auf sich und werben für das Stück „Vinkona“. Foto: Peerless-AV

Agenturen auf DOOH aufmerksam, die sich ausschließlich im Programmatic-Universum bewegen.“

Doch wie funktioniert PDOOH aus technischer Sicht? Ähnlich wie Programmatic Advertising im Online- und Mobile-Bereich basiert PDOOH auf der Verknüpfung von SSP (Sales Side Platform) und DSP (Demand Side Plattform), teilt IDOOH mit. Ausgeliefert werden die Spots in der Regel über Ad Server oder spezielle DOOHPlattformen. „Zunächst legt der Werbetreibende eine Kampagne in der DSP an. Dabei lädt er seine Spots beziehungsweise Motive hoch und definiert alle relevanten Parameter wie Laufzeit, Budget, Ausspielhäufigkeit, Uhrzeiten, Zielgruppendaten, Screen Type und, falls erwünscht, noch zusätzliche Targeting-Kriterien wie Geo-Koordination oder Wetterdaten“, erläutert Goldberg. Im nächsten Schritt folgt die automatisierte Nachfrage nach passenden Werbeplätzen. „Hat eine SSP einen passenden Werbeplatz, signalisiert sie dies der DSP, die daraufhin das Werbemittel an die SSP übermittelt. Nachdem das Motiv vom Publisher freigegeben wurde, kann die Kampagne schließlich ausgeliefert und on air gehen“, sagt Goldberg. Auch in Sachen Deal-Arten orientiert sich DOOH an Online-Werbung. „Bei Guaranteed und Preferred Deals sind die Preise festgelegt und das

Inventar ist garantiert, bei Private und Open Auctions wird auf den TKP (Tausend-KontaktPreis) geboten“, skizziert Goldberg.

Erfolgskriterien für Motive und Spots

Ob Verkehrslärm, Menschen oder Verkehrsschilder – je nach Umgebung nehmen Menschen draußen eine Vielzahl an Sinneseindrücke wahr, besonders wenn sie unterwegs sind. Um hier die Blicke auf sich zu ziehen, müssen Werbemotive und deren Aussage schnell zu erfassen sein, sodass sie auch im Vorbeigehen wirken. „Wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche OOH-Kampagne ist ein kommunikatives Plakatmotiv, das in durchschnittlich drei Sekunden Betrachtungsdauer den Absender und die Werbebotschaft klar vermittelt“, rät Helgenröther, und fasst zusammen: „Man sollte sich bei der Gestaltung auf wenige Wirkungselemente fokussieren, kurze einfach zu verstehende Textelemente in gut lesbarer Größe und Typographie wählen. In der Elementhierarchie sollte immer das Produkt und der Absender der Hero des Motivs sein.“

Ähnliche Punkte gelten auch im DOOH-Bereich: „Es kommt auf die Kreation und richtige Platzierung im passenden Umfeld beziehungsweise Kontext an“, unterstreicht Goldberg und rät: „DOOH Spots sollten die jeweilige >>

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