fankyzine Nr. 4

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Rosy Vista

17 »

20 »

inuff

24 »

Annabell Bialas

30 »

52 »

Sigman sand

der engste kreis

40 »

Kellerbeats records

60 »

Comar & Sendo

70 »

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Panorama

36 »

White Coffee

46 »

Lisa Kunert

Übermenschfunk

67 »

Tone fish

76 »

Releases

Marco coon

78 »

Kimberly


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Eine Ausgabe ohne DIE Janine? Nee …

Füllt das Postfach info@fankyzine.de

Foto: privat

Liebe Freunde der Musik, wieder liegt eine ereignisreiche Produktionszeit hinter uns. Es gab eine gerappte Rechnung im Mindener Pfannkuchen­stüble, eine frauenfeindliche Kaffeemaschine in Hannover, spontane Musikeinlagen, Lachkrämpfe und andere schöne Momente. Da freue ich mich schon, was 2017 auf fankyzine zukommt. Aber erstmal wünsche ich viel Spaß mit der vorliegenden Ausgabe! Eure

Andrea Williams

Impressum fankyzine Nr. 4 Dezember 2016 Herausgeberin Andrea Williams

Postadresse Am Brodhagen 49a 33613 Bielefeld Fon: 0521 9498035 www.fankyzine.de info@fankyzine.de

Konzept/Gestaltung: Andrea Williams Titel: Paul Olfermann Rückseite: WTM Druck: flyeralarm GmbH Auflage: 500 Exemplare

Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung. In den Beiträgen geäußerte Meinungen geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

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Obere Reihe von links: Angela Mann (Bass), Anca Graterol (Gitarre, Gesang, Producer), Andrea Schwarz (Gesang); links unten: Marina Hlubek (Schlagzeug) Foto: Ossy Pfeiffer

wir geben wieder gas Rosy Vista Genre: Melodic Metal Heimatstadt: Hannover Wo genau befinden wir uns hier? Anca: In meinem Studio, dem Frida Park Studio Hannover. Hier steckt jede Menge Geschichte drin. Vor dem Kauf ließ ich mit diversen Bands sehr viel Kohle für Aufnahmen hier. Irgendwann hat man bei all den Kosten die Schnauze voll. Deshalb kaufte ich vor zwanzig Jahren das Studio. Hier nehmen nach wie vor viele Bands ihre Musik auf. 4 __ fankyzine

Nach fast 30 Jahren habt ihr am 24. September ein Reunion-Konzert in Hannover gegeben. Wie kam es dazu? Andrea: Der Kontakt untereinander war über all die Jahre nie abgerissen. Das erste Mal hatten wir 2002 ein Reunion-Konzert in einer leicht anderen Besetzung. Irgendwie ist das wieder im Off versunken. 2011 dachten wir, die Band ist so geil, und wir verstehen uns dermaßen gut, dass wir wieder loslegen müssen. Anca: Bis zu dem genannten Konzert dauerte es noch eine Weile, diverse Geschichten kamen dazwischen, das Studio war voll, unsere Bassistin


verließ uns. In der Zeit sprangen wir bei Shows anderer Bands auf die Bühne, spielten ein paar Songs. Dabei merkten wir, dass die Leute uns noch cool finden. Jetzt geben wir wieder Gas. Wie ist das Konzert gelaufen? Anca: Es hat total viel Spaß gemacht. Besonders cool war, dass auch jüngere Leute vertreten waren, die mit unseren Platten zum Signieren kamen. Die Platten sind 30 Jahre alt. Andrea: Unsere Musik wurde ihnen vererbt. Marina: Wir spielten an dem Abend mit fünf Bands. Bei den anderen war die Hütte gut voll, aber erst bei uns kamen wirklich alle, um uns live zu hören. Jeder war am Tanzen, Fotografieren, Headbangen. Es fühlte sich wirklich sehr gut an. Das Konzert war zudem der Einstand von Angela. Es war wirklich der Hammer. Angela: Sonst stand ich dreißig Jahre lang immer nur daneben, als mein Mann (Steve Mann, bekannt von Bands wie „Michael Schenker“, „Lionheart“, „Tytan“, „The Sweet“, „Eloy“, „Ignore the Sign“, Anm. d. R.) auftrat. Diesmal schaute er mir als mein Roadie zu. Ich behalte ihn (lachen).

Herman Brood auf. Ich weiß nicht mehr, wie unser erstes Konzert war. Auf den Bildern sieht es gut aus. Anca: Es endete jedenfalls mit Sprechchören. Dank dem gelungenen Auftritt machten wir weiter. Andrea: Dann hatten wir keine Schlagzeugerin mehr. So kam Marina aus Berlin uns sozusagen zugeflogen. Als sie vor unserer Tür stand, entschieden wir einstimmig: „Dat isset!“ Seitdem lebt sie hier. Marina: Auf einer Party in Berlin erzählte mir ein Freund von „Rosy Vista“ und sagte voraus, dass ich deren neue Schlagzeugerin werde. Ich sollte unbedingt Anca anrufen. Das probierte ich dann tagelang, ohne Handy war das noch etwas komplizierter. Anca: Sie rief mich in der lauten Kneipe an, wo die Leute bei mir ihre Drinks bestellten und ich kein Wort verstand. Marina: Deshalb dauerte es ein bisschen bis zu unserem ersten Treffen. Mein Auto war kaputt, es war Winter, die Grenze existierte noch. Letztlich bin ich von Berlin aus getrampt. Damals gab es noch diese Intershops. Ich kaufte mir erst einmal eine schöne Flasche Wodka. Dann stand ich original mit der Flasche in der Hand vor Ancas Haustür und sie hatte bei meinem Anblick sofort die Intuition: Das ist die Richtige! Anca: Damals lautete die Devise „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“, ohne das lief es nicht! Alter Schwede! Marina: Derzeit standen Andreas Geburtstag, eine Party vom „Scorps“-Schlagzeuger Herman Rarebell und die Einweihung einer Disco an. Drei Tage hatte ich nur Action, Action, Action. Es war unglaublich. Als ich wieder zuhause in Berlin war und zur Arbeit ging, entschloss ich zu kündigen. Ich ging zu meiner damaligen Band und verkündete: „Ich muss nach Hannover!“ Innerhalb von 14 Tagen zog ich mit zwei paar Jeans, einem Schlagzeug, einem Fahrrad, ein paar T-Shirts und der Lederjacke um. Anca: Das war total cool! Nachdem der erste Kontakt etwas dauerte, war sie ruckzuck umgezogen.

Damals lautete die Devise „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“, Ohne das lief es nicht!

Wie lief im Vergleich dazu euer erstes Konzert ab? Andrea: Überhaupt? War das die Geschichte mit „Uriah Heep“? Anca: Nein, unser erstes Konzert war im Leine Domizil. Ein Journalist kritisierte den Auftritt. Er behauptete, dass wir es als Mädels nicht bringen würden. Da waren wir voll sauer, denn wir spielten richtig gut. Heute verstehe ich mich mit dem besagten Mann. Er gibt inzwischen zu, damals jede Band kritisiert zu haben, um sich groß zu fühlen. Andrea: Damals spielte noch Gerda am Schlagzeug. Das muss 1984 gewesen sein, richtig lange her. Marina: Über Zahlen wird hier nicht gesprochen! Andrea: Das Leine Domizil war damals eine ziemlich bekannte Location hier in Hannover. Ein kleiner Laden, doch da traten so bekannte Leute wie

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Marina: Wir fuhren zum Proberaum in Andreas Ente, wo sie mir das „Rosy Vista“ Demo vorspielte. Das war genau das, was ich schon immer machen wollte. Ich fühlte mich wie nach einem Sechser im Lotto und der großen Liebe, einfach alles auf einmal, das ganze Paket. Anca: Marina hat total gut gepasst, dadurch hatten wir als Band mehr Elan, mehr Power. Andrea: Wir wohnten auch eine Zeit lang gemeinsam in einer WG. Diese Energie war auf Dauer nicht auszuhalten. Marina: Die „Magic“ unter uns war mal stärker, mal schwächer, aber auf der Bühne ist sie immer präsent. Wir müssen uns nicht gegenseitig ansehen, um als Band zu funktionieren. Anca: Um noch ein bisschen auf Angela einzugehen: Lange wusste niemand, dass sie Bock hatte zu spielen. Dabei kennen wir uns schon ziemlich lange. Ich habe viel Kontakt zu Musikern, weil ich beruflich Bands coache. Sie fragte mich, ob ich vielleicht eine Workshop-Band kenne, wo sie mitspielen kann. Da dachte ich: „Mensch, wir brauchen sowieso eine Bassistin.“ Das hat total gut geklappt. Sie war so oft neben der Bühne, dass sie quasi Bühnenerfahrung gesammelt und alles

Wichtige gelernt hatte. Ich wusste noch nicht einmal, dass du irgendein Instrument beherrschst. Angela: Früher spielte ich ein bisschen Klavier und Geige. Vielleicht fiel mir vor ein paar Jahren deshalb der Übergang zum Bass so leicht. Jetzt habe ich im Alltag Zeit für die Musik. Es ist richtig toll, im „hohen Alter“ zu spielen, auch wenn ich vom Bass überall Wehwehchen bekomme. Andrea: Ich schmeiß mich weg, sie ist das Küken! Angela: Ich dachte vorher nie an dieses göttliche Instrument. Früher hatte ich wohl zu hohe Ansprüche an mich selbst. Dass man den Bass schnell ohne zu viel Übung erlernen kann, wurde mir erst spät klar. Es ist wirklich ein sehr dankbares Instrument. Anca: Wie war das? Drei Musiker und ein Bassist? Andrea: Genau! Marina: Früher hieß es immer: Drei Musiker und ein Schlagzeuger!

Wir müssen uns nicht gegenseitig ansehen, um als Band zu funktionieren.

Foto: Valerija Ecker

Nennt vier Gründe, warum es so verdammt cool ist, in einer Frauenrockband zu spielen. Marina: Es kann wahnsinnig kompliziert sein, viel komplizierter als in einer Männerband. Dadurch kann es aber auch viel besser sein. Sobald wir die Bühne betreten, herrscht nur noch „Love“. Die Form der Energie ist wirklich anders als in einer Männerband. Andrea: Ich gehörte im Laufe meines Lebens zu Tonnen von Bands, dadurch kann ich Marinas Aussage nur bestätigen. Mit Männern ist es unkompliziert, sachlich, alles geht zack, zack, zack. Hintergründe, soziale Aspekte kommen zu kurz. Bei „Rosy Vista“ fühle ich mich eher aufgefangen. Anca: Als ich mit Musik anfing, wollte ich unbedingt E-Gitarristin werden. Weiblichen E-Gitarristinnen gab es damals noch nicht. Zudem wollte ich im Alter von drei-

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Foto: Valerija Ecker

zehn Jahren unbedingt eine Band gründen. Jungs waren damals doof, sie zupften an den Haaren, waren einfach blöd. Jahrelang spulte ich in Interviews auf die Frage, warum ich ausgerechnet in einer Frauenband spiele, Standards runter: Man kann mit Frauen über Tampons sprechen, jenes und dieses machen, es sei lockerer, das soziale Gefüge sei anders … Vor ungefähr acht Jahren kam die Erkenntnis, dass meine Antworten auf die Frage blöd waren. Ich wollte damals in einer Band spielen, das Geschlecht der anderen Mitglieder spielte keine Rolle. Meine besten Freunde, die ich wegen der Band fragte, waren halt Mädchen, weil ich zu jung war. Angela: Ich denke, dass es mit Frauen auch unkomplizierter sein kann. Hier stöpsel ich einfach meinen Bass ein und spiele. Männer sind Technikfreaks, die zunächst tausendmal am Sound rumschrauben, bis alles passt. Marina: Ich wollte früher nie in eine Frauenband. Das hat mich überhaupt nicht interessiert. Ich spielte immer in gemischten Bands, bis „Rosy Vista“ kam. Das Geschlecht ist quasi egal. Wir haben halt eine besondere Magic. Andrea: Dazu kommt auch unsere lange gemeinsame Erfahrung. Angela passt da wie ein perfektes Bauteil rein. Anca: Es ist eine andere Aura. Wir haben es nicht darauf angelegt, in einer Frauenband zu spielen. Ich spielte in Männer- und in gemischten Bands. Als „Rosy Vista“ pausierte, fehlte mir meine Frauenband.

80er-Jahre. Frauenbands und Musikerinnen gab es kaum in dem Genre, höchstens in Amerika wie die Gruppe „Vixen“. In Deutschland war Nina Hagen gerade ganz aktuell. Anca: Als „Vixen“ bekannt wurde, gab es „Rosy Vista“ schon. „The Runaways“ war eine weitere Frauen-Hard-Rock-Band aus den Staaten. Angela: „The Bangles“. Andrea: Die waren natürlich sehr poppig, eine Konzept-Band. Anca: Damals wusste ich, dass ich von Rumänien nach Deutschland kommen muss, um eine Metalband zu gründen. Hier gab es mehr New Wave, Hyperblast und Punk. Die Musiker konnten nicht spielen. Die bestehenden Metalbands sagten uns, wir müssten schneller und virtuoser spielen. Die anderen meinten, wir hätten Schrabbschrabb-Gitarren am Start. Andrea: Das war auch die Zeit der „Neuen Deutschen Welle“. Anca: In dieser Strömung gab es bereits Frauenbands. Nur in der harten Domäne gab es noch nichts mit Frauen. Marina: Wir waren Kritik ausgesetzt, weil es bei uns relativ schnell ganz gut nach oben ging. Das

Ich wollte früher nie in eine Frauenband. Das hat mich überhaupt nicht interessiert.

Ihr seid damals in eine reine Männerdomäne gestürmt und in Berichten über euch liest man, dass es zwischen all der Begeisterung auch negative Stimmen gab. Andrea: Du darfst natürlich das Jahrzehnt nicht außer Acht lassen. Es war die Hard-Rock-Zeit der

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Foto: Valerija Ecker

sagte unser Manager voraus: „Passt auf, wenn es bei euch nach oben geht, habt ihr nur noch Neider um euch!“ Und so kam es dann. Wir hatten Konzerte, wo ohne Ende Mucker-Polizei auftauchte. Wir trauten uns kaum zu spielen, waren verkrampft, weil alle böse guckten. Das sind jetzt natürlich alte Geschichten. Andrea: Und das ausgerechnet in „Hannover Rock City“, nun „UNESCO City of Music“. In den 80ern war eine Frauenband, die im Hard Rock einstieg, was Ungewöhnliches. Man maß uns mit Männern, selbst bei der Bühnenperformance, oder sexualisierte uns total. Das war manchmal nicht einfach. Marina: Die „Scorpions“ waren damals auf unserem Konzert und fanden uns total gut. Anca: Michael Schenker sprach uns nach dem Gig an und fragte, welchen Sound wir im dritten Song benutzt hatten. Ein anderer Gitarrist, der uns bis-

lang nicht ernst nahm, bekam das mit. Erst durch das Lob des prominenten Musikers erhielten wir seinen Respekt. Trotzdem mussten wir damals viel besser spielen als Männer. Wir durften uns nicht einmal verspielen, sonst waren wir unten durch. Andrea: Man musste besser als gut sein. Anca: Sie suchten immer nach Gründen. Marina: Heute ist das nicht mehr der Fall. Andrea: Mittlerweile sind wir so gesettelt, dass wir Kritikern nur ein müdes Lächeln schenken. Wir wissen auch, was wir können. Anca: Wenn beim Auftritt alles funktionierte, waren wir natürlich super. Neben unserem musikalischen Können sahen wir schließlich noch gut aus.

Mittlerweile sind wir so gesettelt, dass wir Kritikern ein müdes Lächeln schenken.

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Was war das Verrückteste, was ihr als Band erlebt habt? Marina: Das Loreley-Festival mit Eric Burdon und


die Tschechoslowakei-Tour mit „Manfred Mann’s Earth Band“, Joe Cocker und … Andrea: Uns! Die waren schon ziemlich klasse! Marina: Auf der Tour gingen wir in Ostravar über eine hohe Treppe zur Bühne. Von unten hörten wir bereits Sprechchöre, die unseren Namen wiederholten. Ich bekomme bis heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Anca: Für mich war eine Aktion während unserer Tour mit „Uriah Heep“ unvergesslich. In unserem Vertrag stand keine Verpflegung. Weil unser Raum neben ihrem lag, sahen „Uriah Heep“, dass die Ladys kein Essen hatten. So brachten sie ihr gesamtes Buffet zu uns. Das fand ich so cool! Und mir fällt noch etwas ein: Unsere Plattenfirma hatte eine Single mit zwei Songs unserer EP veröffentlicht. Wir erhielten pro Mitglied nur eine Kopie. Deshalb ging ich in die Stadt, um für Freunde noch mehr zu kaufen, ohne Erfolg! Die Platte war nach einer Woche restlos ausverkauft. 20 000 Singles waren weg.

Rockpalast mit Live-Mitschnitten von Konzerten gab es schon länger. Unser erstes Pressefoto waren übrigens vier ältere Damen in Kittelschürze im „Metal Hammer“. Im Nachhinein war das irgendwie prophetisch. Anca: Das war ein Trick unseres Managements, um beim Leser Interesse zu wecken. Andrea: Das Foto zeigte so richtige Häubchendamen à la Margaret Rutherford. Anca: Dazu die Schlagzeile „Neue Metalband aus Hannover“: So wurde das Interesse geweckt. Andrea: Wir waren auch so eine krasse Truppe. Allein Barbara Schenker, Schwester der ScorpionsBrüder und ehemaliges „Rosy Vista“ Mitglied, war ein Kuriosum. Andrea: Skandale! Frankfurt, Party, Musikmesse! Marina: Musikmesse! „The Who“. Andrea: Wir feierten Partys mit „The Who“. Unsere ehemalige Bassistin bekam einen selbst designten Bass inklusive Gurt von deren Bassisten John Alec Entwistle geschenkt. Das war natürlich ein Vorteil, den andere Bands nicht hatten: Wir bekamen sofort einen Plattenvertrag, ein Management, liefen auf der Musikmesse herum, traten abends mit Weltstars am Flughafen auf. Kurz:

Jeder möchte „Music for free“ heutzutage.

Foto: Valerija Ecker

Hättet ihr die Möglichkeiten des Internets mit YouTube und Co. gerne zu euren Anfangszeiten gehabt? Andrea: Natürlich, die Verbreitung ist einfach unfassbar. Angela: Ihr hättet dank illegaler Downloads wahrscheinlich noch weniger verkauft. Jeder möchte „Music for free“ heutzutage. Anca: Wir hatten in den 80ern Glück, dass ein junger Mann sein Examen über uns machte und uns ein Jahr lang auf Schritt und Tritt mit seiner Kamera verfolgte. Heute ist diese Dokumentation auf YouTube zu sehen. Sie ist total gut geworden. Videodrehs waren im Gegensatz zu heute unglaublich teuer. Ein Video von uns bei MTV wäre der Hammer gewesen. Marina: MTV kam aber erst später.

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Ihr hattet zu Beginn eurer Karriere ein wildes Magazin-Shooting mit Vince Neil, dem Sänger von „Möetly Crue“. Mit wem hättet ihr heute gern ein Shooting? Anca: Mit David Coverdale (britischer Hard-RockSänger, ehemals „Deep Purple“-Sänger, Bandleader von „Whitesnake“, Anm. d. R.). Marina: „Deep Purple“ würde ich auch wählen. Anca: „Led Zeppelin“. Andrea: Jim Morrison, wenn er noch leben würde. Anca: Und Jimi Hendrix, wenn er noch leben würde. Ich finde es bemerkenswert, dass wir schon mit Leuten gespielt haben, die inzwischen tot sind, Joe Cocker zum Beispiel. Er lebt in unserer Erinnerung weiter. Was könnt ihr Nachwuchsmusikerinnen für Tipps geben? Anca: Nicht aufhören! Selbstvertrauen ist sehr wichtig. Andrea: Es gibt in jeder Stadt Förderung für kulturelle Geschichten und Workshops, wo man Musik lernen kann. Wenn ein Kind oder ein Jugendlicher irgendeine Ambition hat – egal ob Junge oder Mädchen, ist das natürlich eine unterstützenswerte Sache. Ein Hartz-IV-Empfänger mit stark begrenztem Budget für die Freizeitaktivitäten seines 10 __ fankyzine

Es gibt in jeder Stadt Förderung für kulturelle Geschichten und Workshops, wo man Musik lernen kann.

Foto: Valerija Ecker

Wir stolzierten herum wie die Pfaue, uns gehörte die Welt. Das war einfach so. Wir waren von uns überzeugt und brachten das auch rüber. Dadurch erhielten wir viele, viele Features. Marina: Wir sind wirklich ein bisschen rumgereicht worden. Da hatten wir als Mädels klar einen Vorteil. Anca: Ich lief mit dem Gitarristen von Def Leppard über die Messe und selbst dieser Weltstar merkte, dass ich vor Ort leicht an Aufmerksamkeiten der ausstellenden Firmen kam. Marina: Zak Starkey, der Sohn von Ringo Starr, trat nach der Messe auf der selben Party auf wie wir. Ich kam mit ihm ins Gespräch und er, ebenfalls Schlagzeuger, fand mich gut. Anca: Der Gitarrist der Band „Keel“ hatte den selben blonden Pony wie ich. Daher druckte uns der „Metal Hammer“ als vermeintliche Geschwister ab. Marina: Manche Erinnerungen sind etwas verschwommen.

Wenn ein Kind oder ein Jugendlicher irgendeine Ambition hat – egal ob Junge oder Mädchen, ist das natürlich eine unterstützenswerte Sache.


Kindes ist natürlich ein Unding. Anca: Bandcamps finde ich daher richtig gut, sie finden überall statt. Diese Veranstaltungen werden gesponsert und die Jugendlichen müssen für die Teilnahme nichts zahlen. Marina: Wenn du für was brennst, wird es funktionieren. Wir hatten damals auch keine Kohle. Es war scheißegal. Wenn die Energie läuft, bekommst du irgendwie ein Instrument, sparst drauf oder gehst dafür arbeiten. Anca: Heutzutage sind die nicht mehr so teuer. Angela: Das ist inzwischen wirklich accessible. Dadurch ist meiner Ansicht nach ein bisschen das Spezielle verloren gegangen. Die Kids können überall und umsonst Musik machen. Andrea: Es gibt für jeden Scheiß ein Tutorial auf YouTube. Das ist gigantisch, finde ich großartig. Angela: Ich hatte als Kind damals nicht das Glück, sowas zu lernen, weil ich nicht aus einem entsprechenden Elternhaus komme. Deshalb habe ich früher nie Musik gemacht. Ich dachte mir, wenn man es in jungen Jahren nicht lernt, ist der Zug halt abgefahren. Heutzutage kann man schon im Discounter ein Gitarren-Anfangsset mit Verstärker und allem Drum und Dran für 25 Euro kaufen. Das reicht für den Anfang. Früher war es schon der Wahnsinn, eine Gitarre überhaupt in der Hand zu halten. Ein Musiker zu sein, war noch etwas Besonderes. Andrea: Oder es lief so ab, dass du in der Schulzeit der Held warst und im Anschluss der brotlose Künstler. „Brotlose Kunst, mein Kind, mach was Vernünftiges!“ Anca: Als unsere Eltern den Erfolg sahen, waren sie natürlich stolz. Angela: Früher konnte man mit der Musik allerdings noch was verdienen. Heute würde niemand mehr wegen eines Plattendeals sein Studium schmeißen. Das Musikbusiness ist unsicherer denn je. Es hat alles Vor- und Nachteile. Anca, du hast eben schon erwähnt, dass du ein Coach für Bands bist. Anca: Ich biete seit 25 Jahren Musikcoaching an. Für die „DLRG – Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen“ war ich für Mädchenbands zuständig. Irgendwann stellten die Sponsoren ihre Unterstützung ein. Zusätzlich gab es kein eigenes

Frauenministerium mehr, das ging ins Kultusministerium über. Seitdem mache ich das auf eigene Kappe. Inzwischen sind auch Jungs dabei. Frauen bringen Kinder, die bringen wiederum ihre Kinder zum Coaching zu mir. Teilweise coache ich die dritte Generation. Den Mädels bringe ich Rock bei. Für mich ist es wichtig, dass das nicht stirbt. Das Problem heutzutage ist, dass sich die jungen Leute ziemlich schnell umorientieren. Heute heißt es: „Rock ist ganz toll, das mache ich!“ Dann haben sie zwei Wochen Ferien, kommen wieder und sagen: „Ich mache jetzt Gymnastik.“ Ich versuche ihnen beizubringen, dass Rockmusik eine coole Sache ist, bei der sie bleiben sollten. Manche Schüler betreue ich seit zwanzig Jahren. Viele Frauen, die aufhören, kommen nach Jahren wieder zu mir, weil sie das als tollste Zeit ihres Lebens empfanden. Total witzig! Wenn meine Schüler lieber Pop machen möchten, ist das natürlich auch in Ordnung. Ich bringe ihnen die nötige Härte, die Art, wie man Musik macht, bei. Ein häufiger Spruch von mir lautet: „Bitte nicht einschlafen!“ Wie hat sich denn die lokale Musikszene seit euren Anfängen gewandelt? Marina: Ich muss zugeben, dass ich von der neuen elektronischen Musik nicht so viel Ahnung habe. Anca: Ich kenne mich natürlich aus, weil ich in der Jury des Bandwettbewerbs „Local Heroes“ sitze. Seit zwei, drei Jahren kommt scheinbar die Rockmusik zurück, inklusive Sologitarren. Beim Contest waren fantastische Bands dabei: harte Formationen, gefühlvolle Gruppen mit vielen Solis. Jahrelang habe ich das vermisst. Generell ist es eine hippe Phase, die Klamotten sind dementsprechend, Haare werden wieder länger. Alles steht im Zusammenhang. Die Bewegung geht weg von der Technoszene. Elektronische Musik kann jeder zuhause auf seinem Computer umsetzen. Davon hat man die Schnauze voll. Sie wollen wieder in Bands spielen, klingen wie wir früher. Ich hatte beim Contest Tränen in den Augen. Es verändert sich und kommt wieder, es ist immer so ein Kreisel. facebook.com/Rosy-Vista-offizielle-Seite129496190452253 Rosy Vista: mit etwas Glück am 10. Dezember live im Bunker Minden fankyzine __ 11


12 __ Julia fankyzine Foto: Paar


ich mache mir keine Illusionen Lisa Kunert Genre: singer-songwriter-krams Heimatstadt: minden

Du hast dir selbst Gitarre spielen beigebracht. Mit YouTube? Genau. Als ich 14 war, habe ich angefangen, mir Gitarre beizubringen. Ich dachte, so langsam müsste ich meine pubertätsgeladenen Schmachtfetzen mal instrumental begleiten können. Und da bot sich die alte Gitarre meines Vaters an. Die habe ich dann flott gemacht und versucht, über YouTube-Tutorials und Büchern mir das Klampfen selbst beizubringen. Auch die im Netz verfügbaren Tabulatoren haben es mir angetan. Ich wollte unbedingt „Blackbirds“ von den Beatles spielen können und habe dann ein paar Wochen damit verbracht, die Tabs zu kapieren. Danach habe ich das System verstanden. Solche Dinge wie Rhythmus und Schlagmuster versuchte ich immer rauszuhören und nachzuspielen. Also, ich bin jetzt kein Guitar Hero, aber das Lagerfeuerdiplom habe ich auf jeden Fall mit Sternchen. Wie viele Gitarren hattest du seitdem? Ui. Sieben waren es über die Jahre. Konzert-, Western und eine Semiacoustic Gitarre waren dabei. Ein paar habe ich wieder verkauft. Jetzt besitze ich noch vier, darunter meine geliebte Epiphone,

das John Lennon Modell. Darunter musste damals mein Führerscheinkonto leiden, aber selbst nachdem ich zweimal durchgefallen bin, habe ich es nicht bereut. Hast du musikalische Vorbilder? Vorbilder, hm. Es gibt Musiker und Bands, die mich inspiriert haben. Noel Gallagher zum Beispiel. Der hat mich verzaubert. Ich stehe auf Ecken und Kanten, statt auf Theatralik. Aber auch die deutsche Musikszene hat mich sehr geprägt. Ich liebe Tomte, Olli Schulz, Gisbert zu Knyphausen und auch modernes wie „Von wegen Lisbeth“ und Cäthe. Die machen einfach gute Musik mit großartigen Texten. Anders als der Mist, der im Radio rauf und runter läuft. Würdest du gerne mal für einen national/international bekannten Musiker ein Song schreiben? Oder ist es dir wichtiger, deine Lieder selbst zu singen? Natürlich, sicher. Man muss sich eben verstehen, musikalisch so wie auch persönlich. Ich würde im übrigen gerne mal ein Tanzlied schreiben. Also was richtig Poppiges. Alleine mit Gitarre ist das echt nicht so leicht! Falls jemand Tipps hat, … Wie lautet deine liebste Songzeile? Daaa gibt es aber viele. Besonders schön finde ich: „Wenn dir nichts mehr bleibt, hast du immer noch Stil. Wenn du nichts mehr hast, hast du imfankyzine __ 13


mer noch mich, denn ich plane zu bleiben, mein Freund.“ von Tomte, aus dem Lied „Du bringst die Stories (ich bring den Wein).“ Grundsätzlich kann man fast jede Liedzeile von Thees Uhlmannn zitieren. Er ist einer der ganz großen Songwriter meiner Zeit. Schade, dass solche Musiker nicht so erfolgreich werden wie andere, die „Spinner“ auf „Gewinner“ reimen und uns 200 Mal am Tag erklären, dass sie keine Maschinen sind. Das ist so stumpf im Vergleich zu „Diese Welt voller Farben, wunderschön und nie trist – alles was blieb, ist der Rahmen, aus dem sie gefallen ist.“ von Kid Kopphausen … Na ja, aber so ist das heutzutage. Deswegen bleibt für mich die Musik ein Hobby – ich mache mir keine Illusionen und strebe eine internationale Musikkarriere an. Wie gehst du mit Kritik um? Wenn ich jetzt „gut“ sage, dann gibt es wohl eine handvoll Freunde, die sich darüber kaputt lachen würden. Ich denke, ich neige dazu, mich dann oft missverstanden zu fühlen. Dabei bin ich gar nicht arrogant. Im Gegenteil: Ich bin mein größter Kritiker. Aber in der Musik ist Kritik ja noch mal was anderes. Da lasse ich mir gerne Ratschläge geben. Sofern ich dann meinen Kaffee schon getrunken habe. Aber mal Spaß beiseite: Ohne Kritik beziehungsweise Tipps und Anregungen kommt man ja auch nicht weiter. Das ist doch Teil der Inspiration. Mit einer gesunden Mischung aus der Fähigkeit, sich selbst reflektieren zu können und der Offenheit für die Meinungen anderer kommt man, glaube ich, ganz gut durchs Leben. Hast du manchmal das Gefühl, als Musikerin von männlichen Kollegen nicht ernst genommen zu werden? Nö. Gar nicht. Vielleicht kriege ich das vor lauter Selbstironie auch nicht mit. Aber selbst wenn, wäre es mir echt egal. Genauso egal wäre es mir, wenn mich Kolleginnen nicht ernst nehmen würden. Da mache ich überhaupt keinen Unterschied. Entweder man versteht sich, dann ist’s super – und wenn nicht – auch gut, eine Person weniger, mit der ich Smalltalk halten muss. 14 __ fankyzine

Foto: Julia Paar

Würdest du an einer Castingshow teilnehmen? Meine Mama möchte das nicht. Hab mich nicht getraut zu fragen, warum. Was würdest du als dein bisheriges Highlight als Musikerin bezeichnen?


Ich finde, es ist jedes Mal ein Highlight, wenn man auf der Bühne steht und auf Menschen blickt, die deine Texte mitsingen. Das finde ich einfach großartig. So wie im Januar im Bunker, als ich an der „Songwriters Night“ teilnahm. Die Leute haben den Refrain des „Schlagers“ ganz al-

leine gesungen. Das ist toll. Und als ich im Windlicht auftrat, haben die Leute auf einmal ein Lied mitgesungen, welches ich das erste Mal spielte. Zum Ende hin saß der Text vom Refrain bei denen! Das war ’ne coole Stimmung. Sowas liebe ich. fankyzine __ 15


Stört es dich, wenn das Publikum während deines Auftritts quatscht? Wenn man mit so einem dünnen Stimmchen wie ich alleine auf der Bühne steht, nur mit Gitarre, dann ist es schon störend, wenn im Raum so viel gequasselt wird. Ich lasse mich auch gerne schnell ablenken. Aber meistens habe ich ein ziemlich lockeres und höfliches Publikum (lacht). Die sind immer zu den passenden Stellen laut! Fühlst du dich in der regionalen Musikszene gut aufgehoben? Auf jeden Fall! Was fehlt dir in der hiesigen Szene? Mir fehlt es an Szene-Kneipen. So wie der Papagei zum Beispiel. Dass es diesen momentan nicht gibt, merkt man schon sehr. Minden braucht mehr Läden, wo sich Alt und Jung treffen können, in gemütlicher Atmosphäre. Eher alternativ. Keine weißen Lounge-Sofas, keine ShiSha-Bars oder so ein Quatsch. Mehr Treffpunkte für ein lockeres Zusammensein, zusammen trinken, zusammen tanzen, zusammen Musik hören. In solchen Läden trete ich am liebsten auf. Deswegen fehlt mir dies persönlich als Musikerin in der „hiesigen Szene“. Es sollte einfach besser unterstützt werden. Wo würdest du gerne mal auf Tour gehen? Überall wo es Menschen gibt, die mich sehen und hören wollen.

Foto: Julia Paar

Deine Texte handeln von deinem Alltag und von deinem Umfeld. Gibt es Themen, um die du in deinen Texten einen großen Bogen machst? Na ja, ich versuche Religion und Politik aus dem Spiel zu lassen. Ich finde, wir werden den gesamten Tag genug von Nachrichten dieser Thematik überrollt, ob wir es wollen oder nicht. Natürlich verarbeite ich in meinen Liedern auch das ein oder andere, von daher fällt es mir vor allem momentan schwer, keinen Anti-Nazi-besorgte-Bürger-PegidaAfD-Song zu schreiben. Aber der würde nie fertig werden. 16 __ fankyzine

Auf Facebook hast du eine CD angekündigt. Gibt es da schon Neuigkeiten? Ich schreibe und schreibe! Aber die Kontakte sind geknüpft, es wird bald los gehen. Nächstes Jahr wird es allerdings werden, da ich nicht wirklich aus den Quark gekommen bin. Es ist auch gar nicht so leicht, sich für Lieder zu entscheiden. Aber wer trotzdem neugierig ist, der kann auf meiner Facebook-Seite mal rumstöbern, dort lade ich ab und an mal Videos hoch, in denen ich die Lieder live aus meinem Wohnzimmer „performe“. Auf meinem YouTube Kanal sind auch immer mal neue Lieder zu hören. facebook.com/lisawieder YouTube: Lisa Kunert


Foto: Katharina Tielking

Keine 4-to-thefloor Musik

INUFF Genre: Drum and Bass, Neurofunk, Electronic, Breakbeat Heimatstadt: Berlin, aus bad Oeynhausen Du kommst aus Bad Oeynhausen, lebst mittlerweile in Berlin. Bist du wegen der Musikszene weggezogen? Ja und nein. In erster Linie bin ich weggezogen, weil ich in Berlin eine Ausbildung bei einem Soft- und Hardware-Hersteller für Musik gefunden habe. Natürlich kamen damit auch die Vorzüge, hier eine Drum and Bass/Neurofunk-Szene vorzufinden, die es in OWL nicht gibt. So musste ich nicht mehr weit fahren, um einen bestimmten Artist zu sehen. fankyzine __ 17


Hat sich dein Sound durch den Umzug in die GroSSstadt gravierend gewandelt? Mein Sound hat sich wirklich gravierend geändert, was hauptsächlich daran lag, dass ich hier Leute kennengelernt habe, die die gleiche Musik wie ich machen. So bekam ich meine erste niederschmetternde Kritik. Bisher hatte ich immer alleine Musik gemacht und hatte keinen, der mir mal richtig Feedback geben konnte. So waren meine Tunes von der Idee her gut, aber technisch eine Katastrophe. Zudem muss ich sagen, dass ich nie so der Typ für Videotutorials war und mich vor der technischen Komponente gedrückt hatte. Durch die Kritik motiviert, musste es zu einer Wandlung meines Sounds kommen, da sich mit einem bestimmten technischen Level natürlich auch dein Sound wandelt. Dennoch sagen mir die Leute, die meine Musik von Anfang an hören, dass ich meinen eigenen Stil hätte. Wo hast du zuletzt aufgelegt? Im FlaFla in Herford, organisiert von der Party­reihe „Night­ shapes“, die ein Freund und ich ins Leben riefen. Davor hab ich auf der letzten „Tiefgang“ im wundervollen Papagei aufgelegt. Wie unterscheidet sich das Publikum in Ostwestfalen und Berlin? Gibt es Parallelen? Da in OWL Drum and Bass und Neurofunk weitestgehend unbekannt sind, fallen die Unterschiede sehr groß aus. In OWL spielt DNB meist auf dem Secondfloor, neben Techno auf dem Main­floor. Damit hat man natürlich eine starke Konkurrenz und generell habe ich das Gefühl, dass die Menschen sich schwer tun, sich auf etwas Neues, ihnen Unbekanntes einzu18 __ fankyzine

lassen. Es ist nicht die normale „4-to-the-floor“ Musik. Sie ist hektischer, dynamischer und viel, viel schneller (zwischen 165 – 185bpm). Es gab auch schon Kommentare, was das für eine Hampelmann-Musik sei. Das beschreibt ganz gut die Situation in OWL, aber auch in ganz Deutschland, bis auf ein paar Ausnahmen. In allen anderen europäischen Ländern steht es besser um dieses Musikgenre. In Berlin ist der Anteil der Hörer größer und es gibt hier vier bis sieben Partys pro Monat, woran man auch merkt, dass die Leute die Party meist wegen der Musik besuchen und diese nicht per Zufall für sich entdecken. Welches Equipment benutzt du zum Produzieren deiner Beats? Alles, was ich produziere, kommt bei mir aus dem Computer, zusätzlich mit ein paar MidiControllern. Meine Ideen skizziere ich meist mit MASCHINE von Native Instruments. Dann habe ich noch ein Midi-Keyboard, um Melodien einzuspielen. Hauptsynthesizer sind Massive und Absynth. Dann kommt am Ende alles in Fruity Loops zusammen. Was inspiriert dich? Wie informierst du dich über neue Musik? Ich höre jeden Tag viel Musik auf YouTube oder Soundcloud. So bekommt man täglich viele neue Ideen über den Tag. Dabei beschränke ich mich auch nicht auf DNB/Neurofunk. Ich find


Exklusiv für fankyzine-Leser auf Soundcloud: inuff – irreparable Gratis-Track inklusive Download http://bit.ly/2epBG5U zum Beispiel die Atmosphären von vielen Technotunes sehr schön oder Retrosynth, die gerne in Ambient Songs benutzt werden. Dann gibt es auch diverse Artists wie Misanthrop, Current Value, Black Sun Empire und Noisia, die einen hier und da inspirieren. Folgst du Trends oder ziehst du lieber dein eigenes Ding durch? Schwer zu sagen, natürlich werde ich hier und da einem Trend gefolgt sein, aber bewusst probiere ich nicht, die Ideen anderer Leute zu kopieren. Man probiert vielleicht mal Produktionsweisen anderer aus, aber ich versuche auch, schnell meinen eigenen Weg zu gehen. So hab ich mir auch angeguckt, wie der für DNB typische Bass gemacht wird, um dann meine eigenen Bässe zu entwickeln. Das ist ja das Schöne am Musik machen, es gibt so viele unterschiedliche Möglichkeiten der Klangerzeugung und man sollte sich darauf einlassen, immer wieder etwas auszuprobieren. So muss man nicht unbedingt Trends folgen und man entwickelt seinen eigenen Sound. Bitte erzähle uns eine Anekdote aus deinem Producer-Alltag. Verrückte Sachen passieren eher wenig. Manchmal kommt es vor, dass man einen Regler dreht und ein Sound entsteht, den man nicht erwartet hat. Das sind dann schöne Momente, wenn etwas zufällig entsteht und man nicht weiß, was man tut. Ich kann auch am besten produzieren, wenn ich unter Druck stehe, eigentlich andere Dinge zu machen. Umgekehrt ist es zum Beispiel, wenn man nach der Kneipe noch Musik macht und sich das am nächsten Tag anhört und sich fragt, warum man das so gut fand, weil es sich meistens grausam anhört.

Welcher Auftritt war dein bisheriges Highlight? Schwer zu sagen, da jeder Auftritt schön war und ich auch bisher nicht so viel aufgetreten bin. Generell hat es mir immer Spaß gemacht, mit den Leuten zu feiern und meine Musik zu präsentieren. Wo würdest du gerne mal auftreten? Ich würde gerne mal auf Open Air Veranstaltungen spielen. Draußen zu feiern, ist immer noch ein großer Unterschied zu einem Club. Dann wäre es natürlich ein absoluter Traum auf dem „Let it Roll“ Festival zu spielen, das ist Europas größtes Drum and Bass Festival. Was kann man 2017 von inuff erwarten? Legst du mal wieder in der Heimat auf? Vielleicht wird es erstmal ein wenig ruhiger, da ich mir endlich vorgenommen habe, einige Lieder, die einem Konzept folgen, zu produzieren. Bisher waren meine Tracks immer sehr zusammenhangslos. Womöglich steht auch der Schritt an, Tracks an Labels zu schicken. Sollte sich keine Zusammenarbeit ergeben, werde ich diese dann einfach so hochladen, um sie den Leuten zu präsentieren. Ich hoffe, dass ich 2017 auch mal wieder auflege und würde mich freuen, hier in der Region aufzutreten. Am liebsten natürlich in einer neuen Papagei-Location. Wenn jemand Lust hat, mit mir und anderen eine Party zu veranstalten, kann sich gerne melden. facebook.com/oldinuff soundcloud.com/inufforiginal fankyzine __ 19


UNTER DIE HAUT Annabell Bialas Genre: Klassik Heimatstadt: Gelsenkirchen

Du bist eine leidenschaftliche Trompeterin. Wie ist deine Passion fĂźr Musik und zur Trompete ent20 __ fankyzine

standen? Hast du andere Instrumente ausprobiert? Musikalisch war ich eigentlich schon immer. Meine Mutter hat mir schon mit fĂźnf Jahren beigebracht, Klavier zu spielen. Damals konnte ich noch nicht so gut Noten lesen, deswegen haben wir die Tasten und Noten immer in verschiedenen Farben angemalt. AnschlieĂ&#x;end hatte ich einige Jahre Klavierunterricht. Zur Trompete bin ich


haben. Da keiner meiner Mitschüler mit mir tauschen wollte, blieb mir im Prinzip nichts anderes übrig, als dieses Instrument im Orchester zu spielen. Die anfängliche Enttäuschung legte sich aber sehr schnell und ich habe das Instrument kennen und lieben gelernt. Heute möchte ich gar nicht mehr tauschen.

Foto: Lynn Stephan

eher unfreiwillig gekommen. In der fünften Klasse habe ich bei einem Instrumentenzirkel in der Schule mitgemacht, bei dem ich alle Instrumente des Schulorchesters einmal ausprobieren konnte. Irgendwie habe ich mich dabei in die Querflöte verliebt, deswegen stand die auf meinem Wunschzettel auch ganz oben. Trompete war eigentlich nur mein Zweitwunsch, obwohl ich mit dem Instrument von Anfang an ganz gut zurecht kam. Im Gegensatz zu den anderen Schülern habe ich darauf nämlich sofort einen Ton herausbekommen. Das muss wohl auch den Lehrern aufgefallen sein, weil sie mir anschließend die Trompete gegeben

Gitarristen haben oft mehrere Saiteninstrumente. Wie ist das mit Trompetern? Trompeter haben im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl: Es gibt nicht nur unterschiedliche Hersteller, sondern auch verschiedene Bauweisen und Stimmungen. Im Normalfall wird auf einer B-Trompete gespielt. Das heißt, wenn ich auf einem Klavier den Ton „c“ spiele, muss ich auf der B-Trompete den Ton „d“ spielen. Nur so können diese beiden Instrumente gemeinsam musizieren. Für manche Stücke werden aber auch hohe Trompeten in A-, B- oder G-Stimmung oder Es-, C-, D-Trompeten und Naturtrompeten gebraucht. So kann schon eine große Sammlung zusammenkommen. Außerdem gibt es noch verschiedene Bauweisen: Unterschieden wird zwischen Pumpventilen (amerikanische Bauart) und Drehventilen (deutsche Bauart). Jedes Instrument hat einen ganz eigenen flexiblen Klang, das macht es für mich besonders spannend. Mit einer Trompete kann ich viele verschiedene Tonfarben erzeugen und so unterschiedliche Gefühle musikalisch ausdrücken. Dadurch stehen mir viele Möglichkeiten offen: Ich kann zum Beispiel nicht nur in einer Jazzband, sondern auch in einem großen Sinfonieorchester mitspielen. Wer sind deine musikalischen Vorbilder? Ich habe unterschiedliche musikalische Vorbilder. Besonders beeindrucken mich aber die beiden Trompeterinnen Tine Thing Helseth und Alison Balsom. Als Solistinnen zeigen sie, dass auch Frauen es auf der Trompete weit bringen können. Denn viele Stellen in Spitzenorchestern sind heutzutage immer noch überwiegend von Männern besetzt. Umso mehr motiviert es mich, dass diese beiden Frauen sich als Solistinnen durchsetzen konnten. Was waren bisher die Highlights für dich als Musikerin? fankyzine __ 21


Für mich ist eigentlich jeder Auftritt ein Highlight. Mit Musik kann man unglaublich viel ausdrücken und viele Emotionen beim Publikum hervorrufen. Wenn meine Musik dem Publikum unter die Haut geht und Freude bereitet, habe ich mein Ziel erreicht. Davon abgesehen gab es natürlich auch Momente, die mir als Musikerin besonders gut in Erinnerung geblieben sind. Das sind zum Beispiel die Konzertreisen nach Polen mit dem Landesjugendorchester NRW oder nach Riga und Rom mit dem Orchester „confido camerata“. Dabei wurde mir einmal mehr deutlich, wie gut Musik Kulturen und Menschen miteinander verbinden kann. Außerdem reise ich gerne, das kommt dazu. Stört es dich, dass klassische Musik bei jungen Menschen nicht so beliebt ist? Ich finde es vor allem sehr schade. Schließlich ist die klassische Musik ein wichtiges Kulturgut. Ich kann aber auch gut nachvollziehen, dass nicht jeder den gleichen Musikgeschmack hat. Was mich hingegen viel mehr stört, ist, dass viele junge Menschen diese Art von Musik überhaupt nicht richtig kennen und trotzdem negativ darüber urteilen, indem sie klassische Konzerte zum Beispiel als langweilig bezeichnen. Dabei ist klassische Musik ganz im Gegenteil davon eher unglaublich spannend. Wenn man sich erst einmal auf sie einlässt und sich mit ihr beschäftigt, lernt man ihre interessanten Facetten und Botschaften kennen. Genau das sollte man den jungen Menschen vermitteln. Voraussetzung dafür ist Offenheit.

hier, denke ich, für jeden Geschmack etwas dabei. Ich finde, darauf kann die Stadt schon stolz sein. Du bist während deines Volos für einen Artikel auch als Straßenmusikerin aufgetreten. Hat sich dadurch dein Bild von Straßenmusikanten gewandelt? Auf jeden Fall. Mir wurde deutlich, wie anstrengend Straßenmusik sein kann. Die Musiker sind immer draußen, egal ob bei strahlendem Sonnenschein und Hitze, strömenden Regen oder Kälte und musizieren oftmals stundenlang ohne große Pausen. Für mich war es auch eine ganz neue Erfahrung, vor einem Publikum zu spielen, das sich nicht freiwillig dafür entschieden hat, für meine Musik in ein Konzert zu gehen und dafür Geld zu bezahlen. Auf der Straße werden einfach alle Passanten beschallt, ob sie wollen oder nicht. Entweder ihnen gefällt es und sie bleiben stehen oder sie ignorieren den Musiker und seine Musik. Damit muss man erst einmal klarkommen. Dran bleiben lohnt sich aber auf jeden Fall, denn manchen Leuten kann man mit der Musik echte Freude bereiten. Als die ersten älteren Menschen zu unseren Volksliedern mitgesungen haben, war das schon ein echt schönes Gefühl.

klassische Musik IST unglaublich spannend.

Du hast im Rahmen deines Volontariats bei einer lokalen Tageszeitung Minden sehr gut kennengelernt. Welche musikalischen Eindrücke nimmst du mit? Minden hat unglaublich viel zu bieten. Das ist kulturell gesehen wohl das Wesentlichste, was ich aus diesem Jahr mitnehme. Denn ehrlich gesagt habe ich damit zu Beginn meines Volontariats nicht gerechnet. Für die Größe der Stadt gibt es hier echt viele Möglichkeiten: Von den eigenen WagnerProduktionen im Stadttheater bis zum Jazzclub ist 22 __ fankyzine

Du hast die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule Münster bestanden. Arbeitest du als Musikerin auf ein bestimmtes Ziel hin? Natürlich würde ich mich freuen, Musik auch beruflich zu machen und eine Stelle in einem Orchester zu bekommen. Momentan ist mein vorrangiges Ziel aber erst einmal mein Studium der Journalistik und der Musikwissenschaft an der Technischen Universität Dortmund sowie mein Trompetenstudium an der Musikhochschule Münster mit guten Leistungen abzuschließen. Ich bin froh mit meinem langjährigen Trompetenlehrer Albrecht Eichberger, der jetzt auch mein Dozent an der Musikhochschule Münster ist, jemanden gefunden zu haben, der mich nicht nur musikalisch auf der Trompete weiterbringt, sondern auch stets Verständnis für mein anderes Studium zeigt.


Foto: Lynn Stephan fankyzine __ 23


Each One Teach One! Panorama Genre: HipHop/Rap Heimatstadt: Minden

2016 ist für deine Szene mitunter ein mieses Jahr: Der Papagei hat geschlossen, Hack & Lack fiel offiziell aus. Was gibt es Positives zu vermelden? In den vergangenen Jahren ist mir ein positiver Trend in der Kulturarbeit Mindens aufgefallen.

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Ich arbeite seit zwei Jahren mit dem Kulturbüro zusammen. Als Erzieher biete ich für Kinder und Jugendliche HipHop-Workshops an. Die Tätigkeit wird vom Kulturbüro organisiert, finanziell gefördert und mit neuen Ideen versorgt. Sie arbeiten mit Künstlern und Kulturschaffenden aus der Region zusammen, die ihr Wissen an die Jugend Mindens weitergeben sollen. Dadurch sind in den vergangenen Jahren tolle Projekte zustande gekommen. Ich finde es sehr schön, dass eine kleine Stadt wie Minden so vielfältige Angebote für Kinder und Ju-


gendliche an den Start bringt. Ich bin oft im Pfannkuchenstüble. Hier finden viele Jams statt, ähnlich wie früher im Papagei. Minden hat noch immer ein Kulturangebot, sei es das Pfannkuchenstüble oder das Café Klee gegenüber, in dem das Café der Kulturen eröffnet hat. Dort trat vor kurzem mein Freund BeatBox MaZn auf. Die Idee, Menschen aus verschiedenen kulturellen Kreisen zusammenzuführen, finde ich sehr schön. Da möchte ich in Zukunft auch mitmischen. Trotzdem fehlt uns der Papagei sehr. Ich hoffe auch, dass das Hack & Lack Festival im nächsten Jahr wieder stattfinden kann. Du hast laut einem Interview mit dem Papagei im Alter von 13 Jahren mit dem Schreiben von Raptexten angefangen. Was war der Auslöser?

Früher fuhr ich mit meiner Familie regelmäßig zum Campen ans Steinhuder Meer. In den Sommerferien waren wir sechs Wochen am Stück vor Ort. Dort verbrachte ich sehr viel Zeit mit meinem Cousin und wir hörten gemeinsam viel Musik, vor allem HipHop. Eines Morgens wachten wir auf und entschlossen, einen Raptext zu schreiben. Wir rappten das den anwesenden Familien vor, mit denen wir oft musizierten. Sie jammten mit Gitarre, und wir haben dazu gerappt. So fing das an. Wir machten immer weiter mit dem Rappen, mein Cousin hat nach einem Jahr damit aufgehört, er fand das Beatboxen cooler. Er macht das für sich, ich rappe eher öffentlich. Auf Familienfeiern treten wir bis heute gemeinsam auf.

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Foto: privat

Dein Auftreten als Musiker wirkt so locker, unkompliziert. Woher nimmst du deine Gelassenheit? Das kommt ganz klar von meinem Beruf. Dort stehe ich vor 30 Kindern, die ich animieren muss, ihre Hausaufgaben mit Freude zu erledigen. Wenn du das schaffst, ist es auch kein Problem, 100 Heads zum Bouncen zu bringen. Ich habe keine Probleme, vor großen Gruppen zu sprechen, bin selbstbewusst und locker. Ich denke, dass mir meine Erfahrungen auf der Bühne auch umgekehrt im Beruf helfen.

von Eike, und ich liefere die Texte. Meine Freunde Martin Meiwes, Mono & Benz sind auch vertreten. Eine Freundin aus Amerika, die zu Besuch war, singt mit. Das Album entsteht mit Freunden und ist kein reines Soloprojekt von mir. Ich gebe mir Mühe und stecke viel Message in die Texte. Das ist das erste Mal, dass ich so intensiv an einem Album arbeite. Ich stehe lieber auf der Bühne als zuhause allein in ein Mikro zu rappen, aber ich probiere das jetzt mal aus.

Auf deiner Facebook-Seite habe ich etwas über dein neues Album gelesen? Ich arbeite gerade so intensiv und professionell an einem Album, wie ich das noch nie zuvor getan habe. Mein Freund Eike hat etwas Geld in die Hand genommen und ein kleines Tonstudio aufgebaut, wo er mit verschiedenen Solokünstlern, Bands und eben auch mit mir arbeitet, worüber ich sehr glücklich bin. Alle Beats des Albums kommen von meinem Freund Antoine alias NT1, produziert, aufgenommen und abgemischt wird

Gibt es ein Release-Date, das man sich merken sollte? Es gibt noch keinen festen Termin. Im März feiere ich Geburtstag, da würde ich natürlich gerne das fertige Album zelebrieren. Wir wissen, dass wir alle Stücke in diesem Jahr fertig haben möchten. Nächstes Jahr starten wir dann mit dem Mastern, dem Druck und dem Cover. Das setzt Loco Pixel um. Er ist super, richtig gut, so ein Profi! Er gehört ebenfalls zu den Leuten, denen man dankbar sein kann, dass sie in Minden mitmischen.

Das ist das erste Mal, dass ich so intensiv an einem Album arbeite.

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Du trittst unter anderem in Kirchen auf. Wie stehst du zu Skandal-Rap mit sexistischen und gewaltverherrlichenden Themen? Zu Beginn – so mit 13 Jahren – orientierte ich mich an dem Charts-Rap. Das war natürlich sehr albern und kam bei den Jams mit meiner Familie nicht gut an. Zum Glück fand ich schnell meinen eigenen Stil, Raptexte zu schreiben. Mir war es auch wichtig, dem Zuhörer etwas zu erzählen. Da das Publikum sehr gemischt war, begriff ich: „Mensch, du kannst hier nicht sonst etwas erzählen.“ Sexistische und gewaltverherrlichende Texte passen einfach nicht zu mir, ich würde mich auf der Bühne dafür schämen, den Leuten so etwas an den Kopf zu knallen. Dadurch ist mein Rap auch kompatibel mit meiner Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und sogar für älteres Publikum durchaus geeignet. Am liebsten trete ich allerdings auf HipHop-Jams mit Gleichgesinnten auf. Ich hab dich bei einem Auftritt in diesem Sommer Schlagzeug spielen sehen. Welche Instrumente beherrschst du? Ich komme aus einer Musikerfamilie. Mein Vater spielte Gitarre, mein Großvater war ein Multiinstrumentalist, spielte Geige, Gitarre, Klavier, sang im Chor. Meinen Eltern war es ein Anliegen, mich zu fördern und mein Musikinteresse zu wecken. So lernte ich sechs Jahre lang Schlagzeug spielen, bis ich zwölf war. Als ich mit Rap anfing, war das andere nicht mehr cool. Ich wollte meine eigene Musik finden. Gitarre spielen brachte ich mir selbst bei, um ein bisschen mitjammen zu können. Alles mit Trommeln liegt mir, dazu zählen für mich auch das Cajon und Body Percussion. Letzteres kommt auch bei Kindern gut an. Musik ist alles für mich, meine große Leidenschaft und hilft mir einfach in allen Lebensbereichen.

einer Ganztags-Grundschule, der Hohenstaufenschule in Minden, einen HipHop-Workshop an, noch ganz einfach und ohne didaktische Überlegungen. Sechs Kinder schrieben mit mir Raptexte und führten das auf der Bühne auf. Es war lustig, machte viel Spaß, die Kids waren cool drauf, dadurch entstand mein Berufswunsch. Während meiner Ausbildung zum Erzieher wurde ich dank meinem HipHop-Hintergrund häufig eingeladen, Workshops zu geben. Ein Freund von mir arbeitete in der Juxbude und lud mich ein, mit den Jugendlichen zu rappen. Ich begleitete das Projekt sozusagen als Experte. Inzwischen war ich fast an allen Mindener Schulen und zwei Jahre lang ehrenamtlich bei der Juxbude. Das bereits erwähnte Kulturbüro hat die Anfragen der Schulen vermittelt. Mittlerweile bin ich echt Experte auf dem Gebiet, kann mir Workshops für ganze Klassen, kleine Gruppen und Einzelpersonen aus dem Ärmel schütteln. Es macht mir riesigen Spaß, mit jeder Zielgruppe zu arbeiten. Es ist eine Leidenschaft von mir, mein musikalisches Wissen mit meinen erzieherischen Fähigkeiten zu verbinden und an den Nachwuchs weiterzugeben. Das ist auch ein Motto des HipHops: „Each One Teach One!“ – Gebe das Gelernte an die nächste Generation weiter. Das Motto kann ich dank meiner Arbeit total leben. Wie laufen die Workshops ab? Ganz grob formuliert, lernt man einen Text zu schreiben, Beats zu picken und Texte umzuformen, damit sie auf die Beats passen. Fertig! Es finden ganz viele Zwischenschritte statt, doch das sind Feinabstimmungen. Am Ende gibt es eine CD oder eine coole Aufführung.

Die Raptexte der Kinder hauen mich immer wieder um.

Du engagierst dich stark für den HipHop Nachwuchs, leitest eine Vielzahl an Workshops für Jugendliche. Wieso ist dir diese Arbeit so wichtig? Woher rührt dein soziales Engagement? Ich mag die Arbeit mit Kindern. Bevor ich Erzieher wurde, bot ich im Alter von 15 Jahren an

Gab es mit den Kindern einen besonderen Moment, den du nie vergessen wirst? Wenn ich die Texte der Teilnehmer durchlese oder sie vor mir rappen, sind unheimlich witzig und kluge Zeilen dabei, was mich immer wieder umhaut. Kinder zeigen so viel Talent und äußern ihre Meinung ganz frei über das Medium Rap. Ganz cool fand ich es auch, mit Erwachsenen zu rappen. fankyzine __ 27


Hatten die nicht Hemmungen zu rappen? Irgendwie schon. Aber es ging locker zur Sache. Sie wussten nichts von ihrem Glück. Auf einem Betriebsausflug kamen sie beim Anne Frank Kreativzentrum vorbei, wo als Überraschung der Workshop stattfinden sollte. Ich begrüßte sie mit einem Mikro in der Hand, mein Kumpel Jason Holloway hatte die Sprühdose parat. Die Mitarbeiter wurden in Gruppen aufgeteilt, mussten ihr erstes Graffiti sprühen und Raptexte schreiben. Davor gab es kein Entkommen. Die Aktion war supercool und echt lustig. Anfangs verhielten sie sich wie nervöse Jugendliche und mussten von uns entsprechend behandelt werden. Am Ende des Ausflugs entstand ein cooler Rap. Gibt es ehemalige Workshop-Teilnehmer, die dank dir bis heute rappen? Ja, mittlerweile gibt es junge Erwachsene, die als Kinder oder Jugendliche bei meinen Workshops in der Juxbude waren, dann anfingen zu rappen und es bis heute noch machen. Sie sind unheimlich gut, talentiert und mittlerweile bin ich ihr Fan, beispielsweise von Saiko MC. Er fing mit 14 oder 15 an, müsste jetzt 19 sein, hat sich selbstständig ein eigenes Tonstudio aufgebaut, rappt, dreht Videos und kommt gut an. Eric Dassi legte auch dank der Juxbude los und zieht nun sein eigenes Ding durch. Mein Beitrag dazu macht mich stolz. Es ist wichtig, in jungen Jahren an die Hand genommen zu werden und die Grundlagen gezeigt zu bekommen. Das hatte ich früher nicht. Ich war nie im Jugendhaus, das hat sich nicht ergeben. Ich musste mir alles selbst beibringen, auf Jams gehen, Leute ansprechen. Ich finde es schön, den Jugendlichen den Einstieg ein bisschen einfacher zu machen, sie zu unterstützen und beispielsweise Auftritte im Papagei zu ermöglichen.

kann. Und alle Platten kaufen, die ich mir bisher nicht leisten konnte. Dann würde ich viel Geld in Kinder- und Jugendarbeit, in musiktherapeutische Maßnahmen investieren. Außerdem würde ich Menschen, die ehrenamtlich Musikprojekte mit Kindern und Jugendlichen umsetzen, finanziell unterstützen. Finanzielle Anerkennung wünschte ich mir damals auch. Mit einem Teil des Geldes würde ich das ultrakrasseste Album aufnehmen. Das machst du doch gerade. Ich würde Eike sagen: Kauf dir ein noch dickeres Mikro, Koseng! … Eine Millionen Euro sind einfach zu viel. Vielleicht würde ich auch wieder etwas zurückgeben. Ich weiß es nicht. Inwiefern hat dich Minden als Musiker geformt? Viele Leute ziehen aus Minden weg mit dem Gedanken, die große Welt sehen zu wollen und was Tolles zu erleben. Dabei ist Minden eine kleine Stadt voller Talente. Man hat Freunde, die jede Musikrichtung feiern, sich mit verschiedenen Musikstilen identifizieren. Im Jugendalter findet diese Identifikationsphase statt. In meinem Freundeskreis waren Punks, Ultra-HipHopper mit schiefer Käppi und Baggy. Ich hatte sogar Freunde, die nie richtig Musik hörten. Dadurch hat man einen ganz bunt gemischten Freundeskreis, der einen auch musikalisch prägt. Die Verquickung verschiedener Stile ist in Minden stark vertreten. Vielleicht ist das in Kleinstädten generell der Fall. Man hängt aufeinander und muss sich mit den anderen verstehen. Das finde ich sehr schön. Es ist schade, dass so viele wegziehen. Die älteren Generationen organisieren HipHop-Veranstaltungen, von denen man schnell erfährt, weil es sich in einer Kleinstadt schnell rumspricht. Als 16-Jähriger kann man dort hingehen, mitmischen und erhält womöglich Unterstützung, neue Auftritte. Bei mir lief das genauso ab. Viele fanden mich wahrscheinlich ganz niedlich und luden mich zu anderen HipHop-Veranstaltungen ein. So bin ich in das Mindener Game eingestiegen (lacht).

Es ist schade, dass so viele wegziehen.

Angenommen, ein Gönner würde dir eine Millionen Euro schenken, die du für Musik verwenden musst. Was würdest du damit anfangen? Eine Millionen Euro sind ganz schön viel. Ich würde mir erst einmal eine vernünftige Musikanlage kaufen, damit ich noch besser die Musik feiern 28 __ fankyzine

Wo ist „Fullis Met“ hin? Bestes Beispiel: „Fullis Met“ ist auseinander gezo-


Bielefeld, Herford oder Verl aufgetreten bin, zähle ich mich auch zu der Szene. Dank der HipHopJams hatte ich bereits viele Kontakte und Freunde aus dem Umkreis. Bei der „Papagei Plapperei“ luden wir Leute aus OWL und ganz Deutschland ein. Ich bin Fan von Fab Kush oder von Clishé MC, weil die beiden ultra produktiv sind und regelmäßig Jams oder Sessions organisieren. Diese Netzwerke und das gegenseitige Supporten sind das Schöne am HipHop: miteinander Mucke machen und abhängen. Unsere Szenen sind eng miteinander verzahnt.

gen. Victor, der für die Beats zuständig war, hat’s nach Berlin verschlagen. Dort legt er nun in Clubs auf und macht echt was aus sich. Olli, unser zweiter Rapper, ist in die Nähe von Stuttgart gezogen, hat geheiratet, einen krassen Job angenommen und nur noch wenig Zeit für die Musik. Für mich funktioniert Musik nicht über das Internet, sondern nur gemeinsam in der Gruppe durch eine gemeinsame Jam. Stehst du in Kontakt zur umliegenden HipHopSzene? In OWL ist aktuell eine riesige HipHop-Szene am Start. Dazu gehören ganz viele verschiedene Leute aus Bielefeld, aus Paderborn, aus Gütersloh, Herford und natürlich aus Minden. Da ich schon oft in

Glaubst du, dass HipHopper/Rapper mit ihrer Heimatstadt verbundener sind als andere Musiker? Das ist tatsächlich so. Woher kommt das? Ich glaube, dass jeder Rapper, den ich gehört habe, in mindestens einem Song erwähnt, woher er kommt. Das hat oft auch mit der Form des Schreibens zu tun: Man setzt sich kritisch mit sich selbst, seinem Umfeld und mit seiner Heimat auseinander. Man versucht, das zu reflektieren und ein Fazit zu ziehen. Ich denke, dass es dadurch ein Anliegen von Rappern ist, die Heimat zu erwähnen. Außerdem herrscht in der Rapszene zwar nicht gerade ein Konkurrenzkampf, aber es gibt das Battle. Man battlet sich gegenseitig auf freundschaftlicher Basis, zumindest ist das bei mir so. Bei anderen läuft das vielleicht etwas ernster ab. Es macht mir Spaß, sich zu messen und ein bisschen zu testen. So trifft man auf Freunde und Leute aus anderen Städten. Denen erzählt man dann natürlich, dass Minden die coolste Stadt ist und die antworten, dass Bielefeld die coolste Stadt ist. Meine Wurzeln liegen halt auch in Minden. Meine Freunde, meine Familie stammen von hier, ich verbinde mit der Stadt meine Erfahrungen in der Kindheit und in der Jugend. Für all das steht Minden für mich. Wo kann man dich live erleben? Bei Jam Sessions hier im Pfannkuchenstüble bin ich meistens dabei. Live kann man mich häufig auf HipHop-Jams in der Umgebung erleben. Auf meiner Facebook-Seite informiere ich rechtzeitig über Auftritte. facebook.com/PanoramaMinden fankyzine __ 29


White Coffee Genre: Reggae, Jazz, Singer-Songwriter Heimatstadt: Herford 2016 ist ja ein extrem krasses Jahr für „White Coffee“, angesichts vieler Auftritte und der Veröffentlichung eurer ersten EP „Celine“. Jennifer: Genau, Ende Juni war unsere CD fertig. Und wir hatten tatsächlich mehr Auftritte als jemals zuvor. Das Duett „White Coffee“ gibt es aber auch erst seit 2014. Könnt ihr noch aufzählen, wo ihr dieses Jahr überall aufgetreten seid? Andreas: Wir sind vor allem in Minden häufig aufgetreten, zum Beispiel beim Hafenfest, im Fort A mehrere Male. Jennifer: Gestern spielten wir im Pfannkuchenstüble. War das Musik Kontor in Herford auch in diesem Jahr? Andreas: Ja, genau. Jennifer: Dort traten wir im Vorprogramm von Torsten Goods auf. Wir spielten auch im Bielefelder Jazz Club und bei einigen Privatfeiern. 30 __ fankyzine

Foto: Pictures from Joe

So viele Auftritte wie möglich


Andreas: Auf dem Leineweber Markt. Jennifer: Da waren wir aber mit unserer Band „Upright“, nicht mit „White Coffee“. Andreas: (schaut im Smartphone-Kalender nach) Im Brauhaus in Gütersloh, auf dem Hoeker Fest, im FlaFla in Herford, … Welche Auftritte sind euch besonders in Erinnerung geblieben? Jennifer: Der Auftritt im Fort A war superschön. Es war ein lauer Sommerabend und die Stimmung im Publikum war toll. Das war echt klasse. Andreas: Ich erinnere mich gern an das Konzert in Borlefzen zurück. Das ist ein Campingplatz. Die junge Dame, die dort das Café betreibt, versucht das Ambiente etwas zu beleben, indem sie Live Musiker bucht. Mit dem See im Hintergrund draußen auf der Wiese zu spielen, war angenehm. Wo würdet ihr gerne mal auftreten, beispielsweise auf einem großen Festival?

Jennifer: Ja, das wäre auf jeden Fall schön. Wie hieß noch gleich das eine Erwachsenenfestival? Andreas: (lacht) Erwachsenen-Festival heißt bei uns, dass es kein Kinderprogramm gibt. Das wird auf vielen Veranstaltungen angeboten. Es war etwas mit Folklore in der Nähe und wurde uns empfohlen. Das Fährmannsfest in Hannover soll auch ziemlich cool sein. Jennifer: Ich würde auch gerne mal nach Detmold auf die Sommerbühne. Andreas: Wir müssen uns passende Festivals auch suchen. Die meisten bieten ein lautes RockProgramm. Da baut man uns eher im Vormittagsprogramm ein, wo die meisten noch schlafen. Jennifer: Ein Singer-Songwriter-Festival wäre klasse. Andreas: Der Jazz Club Minden ist für uns natürlich eine Premium-Location. Ein Auftritt dort wäre cool. Was könnt ihr Musikern raten, die auch gerne so viele Gigs hätten? Andreas: Rausgehen und spielen, wo es nur geht. Jennifer: Straßenmusik machen ist auch gut! Dadurch trainiert man Auftritte und verliert die Angst, auf der Bühne zu stehen, die Nervosität nimmt ab. Als Straßenmusiker ist man in einer Situation, wo man zunächst eigentlich unwillkommen ist. Wenn man es dann aber schafft, diese Barriere zu überschreiten und die Passanten von sich zu überzeugen, ist es richtig schön. Dadurch wird man mutiger. Falls Musiker schon ein Album haben, bietet es sich an, die CD vor Ort zu verkaufen. Wo ist eure Nummer drei, Cajon-Spieler Lukas Knobbe, abgeblieben? Jennifer: Wir hatten anfangs Lukas bei uns. Er erhielt allerdings ein Jobangebot aus Stuttgart und ist weggezogen. Seitdem sind wir nur noch ein Duett. Dafür laden wir uns jetzt aber Gäste ein. Andreas: Wir haben durch diese Konstellation ein Stück Freiheit gewonnen. Wir sind „White Coffee“, das Duett. Und wenn wir Lust haben, laden wir Gastmusiker wie einen Saxophonisten zu uns ein. Gestern kam spontan BeatBoxer MaZn dazu. Mit ihm performten wir zwei Songs. Das fankyzine __ 31


Foto: Pictures from Joe

war echt gut und hat total viel Spaß gemacht. Eure erste CD heißt „Celine“, aufgenommen im „Watt Matters“ Tonstudio in Bielefeld. Wie liefen die Aufnahmen ab? Jennifer: Das war richtig klasse. Die Atmosphäre im Studio war wirklich super. Henning Strandt hat sich für uns Zeit genommen und man merkte ihm an, dass ihm seine Arbeit Spaß macht. Das ist toll, wenn man selbst etwas macht, was einem Freude bereitet und es dem anderen auch so geht. Was steckt hinter dem Titel „Celine“? Jennifer: „Celine“ ist eine gute Freundin von uns, der wir das zum Geburtstag geschrieben haben. Fiel es euch schwer, die Song-Auswahl auf sechs Lieder zu beschränken? Jennifer: Die Stücke haben uns am besten gefallen und sie sind beim Publikum auch am besten angekommen. 32 __ fankyzine

Andreas: Wir wollten auf jeden Fall eigene Songs auf der CD haben. Ihr singt deutsche und englische Lieder. Meist legen sich Musiker auf eine Sprache fest. War das eine bewusste Entscheidung von euch? Andreas: Das ist einfach so entstanden. Jennifer: Manchmal würde ich wirklich gerne mehr auf Deutsch schreiben, manchmal kommen aber Texte auf Englisch raus. Das ist dann einfach so. Wo kann man schönere Texte schreiben, wozu kann man schöner singen? Jennifer: Am Anfang hatte ich tatsächlich mehr Probleme, deutsche Texte zu schreiben, weil sie für mich nicht so gut klangen. Wenn man sich allerdings daran gewöhnt, es übt und weiß, wie man die Stimme einsetzt, klingt das auch vernünftig. Es ist eine Sache des Gefühls. Manche Lieder möchte ich einfach auf Englisch schreiben.


Ich kann gar nicht beschreiben, warum das so ist. Ich finde beide Sprachen schön. Andreas: Bei englischsprachigen Songs achtet man erst nach dem dritten oder vierten Hören auf den Text und lässt erst einmal die Melodie auf sich wirken. Ich glaube, die wenigsten Leute achten bei englischsprachigen Liedern auf den Text. Bei deutscher Sprache versteht man den Text schon beim ersten Mal. Hier besteht die Herausforderung darin, das Ganze schön klingen zu lassen. Jennifer: Schön klingen zu lassen und dem Ganzen auch einen Sinn zu verleihen, mit dem man leben kann. Andreas: Auf Englisch klingt halt alles gut, sogar ein Song über deine alten Socken. Jennifer, du spielst Ukulele. Hast du bei diesem ausgefallenen Instrument Vorbilder? Jennifer: Jake Shimabukuro höre ich total gerne. Er ist der Wahnsinn. Ich liebe ihn. Dann gibt es noch Kimo Hussey, das ist auch ein hawaiianischer Künstler, der einfach wunderschön auf diesem Instrument spielt. Und es gibt eine Musikerin, die ihre Songs auf der Ukulele begleitet: Paula Fuga. Dazu hat sie so eine hinreißende Stimme. Das klingt richtig gut. Sarah Maisel habe ich ganz früh gefunden. Sie spielt Jazz Standards auf der Ukulele und singt dazu. Die ist echt der Knaller. Andreas, welche musikalischen Vorbilder hast du? Andreas: Ich höre gerne Musik aus allen Ländern und Kulturkreisen, so mag ich südamerikanische und afrikanische Stücke. Es ist schwer, die Frage nach den Vorbildern zu beantworten. Joe Pass ist natürlich einer der besten Gitarristen, die jemals existierten, wie ich finde. Tommy Emmanuel ist im Fingerstyle eine große Nummer. Das Duett Tuck & Patti spielt ganz großartig zusammen. In diesem digitalen Zeitalter finde ich natürlich täglich neue Gitarristen, zum Beispiel Sönke Meinen, Wes Montgomery oder Maneli Jamal. Jennifer: Der ist richtig gut. Andreas: Das ist ganz großes Kino. Ich könnte vermutlich hundert Gitarristen aufzählen, die auf

ihrer Art und Weise klasse sind. Jennifer: Dank Internet hat man einfach den ultimativen Zugang auf alles. Neulich hörten wir während eines Brettspiels zuhause klassische japanische Musik. Dabei entdeckten wir die „Yoshida Brothers“, die Klassik und Moderne verbinden. Es ist abgefahren, weil wir mit diesem Tonsystem hier gar nicht vertraut sind. Ihre Musik klingt megaschräg, dennoch merkt man, welche Kunstfertigkeit dahinter steckt, die Shamisen zu spielen. Das ist voll übel. Dieses dreisaitige Instrument wird mit etwas gespielt, das aussieht wie ein Spachtel. Ich wüsste gar nicht, wie man das einsetzt. Voll irre! Glaubt ihr, eure Partnerschaft macht eure gemeinsame Musik noch besser? Andreas: Es vereinfacht die Proben. Durch das gemeinsame Hobby ist es leichter für uns beide, die Musik in unserer Freizeit zu leben. Jennifer: Oft sagen Zuschauer, dass man uns auf der Bühne gar nicht als Paar wahrnimmt. Das finde ich cool. Dennoch ist es schön, beim Auftritt diese Verbindung zu haben. Andreas: Wir fliegen dann durch versehentlich ausgesprochene Kosenamen während der Show auf. Ihr habt 2013/2014? beim „City Talent“ teilgenommen. Welche Erfahrung habt ihr bei der regionalen Casting-Show gemacht? Jennifer: Es war ganz schön, wir lernten witzige Leute kennen, unter anderem BeatBox MaZn (Sieger der ersten „City Talent“ Staffel, Anm. d. R.). Das war cool. Andreas: Wir wussten damals nicht, was auf uns zukommt. Wir gingen davon aus, dass es sich um einen Bandcontest handelt, wo man vorspielt und eine Jury entscheidet. Erst als wir vor Ort waren, fanden wir heraus, dass sich die Aktion über mehrere Monate zieht, inklusive Promotion-Gigs und Finale. Wir waren in Sachen Internetpräsenz nicht vorbereitet, hatten im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern keine Facebook-Seite. Es waren viele Teenager mit HipHop-Tanzgruppen am Start, die eine ordentli-

Auf Englisch klingt halt alles gut.

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che Fanbase mitbrachten, einschließlich der Mindener Schulen. Das Facebook-Voting floss zu 25 Prozent in die Gesamtwertung hinein. Da haben wir natürlich gnadenlos verkackt. Das war nichts. Jennifer: Dadurch merkten wir aber, dass es vielleicht ganz gut wäre, eine Internetpräsenz zu haben. So konnten wir durch den Contest was mitnehmen, und das hat uns nach vorne gebracht. Würdet ihr die Teilnahme weiterempfehlen? Andreas: Ja, man kann auf jeden Fall seine Bühnenerfahrung machen, wird „gezwungen“, irgendwo aufzutreten. Viele Leute vertreten die Meinung, dass ihre Musik für den Hausgebrauch ausreicht, für die Bühne allerdings nicht. Wir traten in vielen kleinen Läden auf. Wenn nur zehn Leute vor einem sitzen, ist man echt nervös. Mit eurer anderen Band „Upright“ nehmt ihr am SPH Bandcontest teil. Hier treten oft Rockbands auf, da stecht ihr mit eurer Reggae Musik ein bisschen heraus. Wie kam es dazu? Jennifer: Ja, Andy, erklär doch mal! Andreas: Ich wollte einfach an einem Bandwettbewerb teilnehmen und wusste nicht, dass ich uns bei dem größten angemeldet hatte, der sich zudem über Monate zieht. Ich dachte, es wäre eine einmalige Veranstaltung. Dann kam die Erkenntnis: „Oh Gott, ich habe es schon wieder getan!“ Aber da läuft es tatsächlich so ab, dass man hinfährt, 20 Minuten lang spielt und eine Fachjury entscheidet. Diese besteht, soweit ich weiß, aus ehemaligen Teilnehmern. Sie werden also auch auf Rockmusik stehen. Wir werden es nicht leicht haben, aber vielleicht können wir trotzdem überzeugen. Man kommt immer eine Runde weiter. Nach sieben Veranstaltungen folgt das große Finale. Ich glaube, ich habe die Teilnahmebedingungen einfach nicht gelesen. Jennifer: Das ist auch überbewertet (lacht).

nen. Bislang organisiert ihr aber alles selbst. Habt ihr euch schon wegen einem Label oder einem Manager umgeschaut? Oder hat schon jemand zu euch Kontakt aufgenommen? Jennifer: Anfragen erhielten wir noch nicht. Wir stehen aber in Kontakt zu diversen Leuten in der Region. Gerade wenn man in zwei Bands spielt, ist es hilfreich, wenn ein Teil der Arbeit abgenommen wird. Andreas: Bezüglich eines Labels ist es natürlich schwer, das Label seines Vertrauens zu finden. Diverse Geschichten hört man ja immer wieder … Jennifer: Wir müssen einfach noch viel mehr spielen. Andreas: Das muss sich einfach ergeben, irgendetwas wird passieren. Jennifer: Wir sind ja auch noch im Anfangsstadium. Ihr gebt aber schon ordentlich Gas … Jennifer: Ja, die Situation ist klasse. Teilweise haben wir an einem Wochenende drei bis vier Gigs. Ihr spielt auch sehr häufig in Minden. Jennifer: Minden hat uns mit offenen Armen aufgenommen. Andreas: Teilweise ist man schon nicht mehr nervös. Man fährt zum Termin, baut seine Sachen auf, spielt, packt wieder ein und fährt weiter. Jennifer: Teilweise bin ich einfach zu müde, um aufgeregt sein. Ansonsten bin ich immer aufgeregt. Andreas: Am Anfang traute man sich ja kaum, das Publikum zu begrüßen. Das klappt inzwischen ganz gut.

Teilweise bin ich einfach zu müde, um aufgeregt sein.

In einem Artikel über euch war zu lesen, dass es euch gefallen würde, von der Musik leben zu kön34 __ fankyzine

Wie findet ihr die regionale Musikszene? Haltet ihr sie für etwas Besonderes? Warum? Jennifer: Ich halte sie für außergewöhnlich und finde es sehr schön, so viele „Kollegen“ zu haben. Wir können selbst oft Konzerte von ziemlich coolen Leuten hören. Das finde ich sehr spannend. Angefangen bei kleinen Singer-Songwriter-Sachen bis hin zu Studenten, die total krasse Sachen performen. Das Angebot ist so breit gefächert, von Rock zu Metal bis hin zu klassischen


Foto: Pictures from Joe

Stücken. Was ich in Bielefeld cool fand, war das Konzert der „Jungen Synfoniker“. Das Orchester hat einfach nur Bock, klassische Musik zu spielen. Sie wollen auch keine Kohle dafür haben. Sie geben einfach ein Konzert in der Rudolf Oetker Halle für dich. Das ist schön. Und Minden ist natürlich voll mit Kultur, besser als das in Herford der Fall ist. Andreas: Da sind einfach gute Leute unterwegs. BeatBoxMaZn, Isaak Guderian, Ramona Timm. Jennifer: Ramona Timm find ich auch echt sympathisch. Andreas: Die ist wirklich super.

„White Coffee“ bereits besitzen. So können wir unser Zeug einpacken und spielen, selbst wenn der Veranstalter nicht entsprechend ausgestattet ist. Das möchte ich für die Band auch haben. Andreas: Cool wäre es auch, wenn wir bekannte Leute supporten könnten, zum Beispiel Max Mutzke oder Stefanie Heinzmann. Bei Dianne Reeves müssen wir erst gar nicht anfragen. Ansonsten spielen wir im Dezember auf dem Mindener Weihnachtsmarkt. Jennifer: Am 10. Dezember spielen wir von 20 bis 22 Uhr auch auf dem Bielefelder Weihnachtsmarkt.

Wie geht’s für „White Coffee“ weiter? Andreas: Wir wollen auf jeden Fall noch eine CD mit mehr als sechs Titeln aufnehmen. Jennifer: Zwölf wären gut. Andreas: Außerdem wollen wir so viel wie möglich auftreten, auf Festivals spielen. Mit „Upright“ wollen wir eine EP aufnehmen. Jennifer: Wenn wir genügend Geld zusammen bekommen, möchte ich auf jeden Fall eine gute PA für die Band. Andreas: Wir brauchen eine gute Anlage, damit wir autark auftreten können. Jennifer: Wir sind superfroh, dass wir das für

Ist ein Auftritt draußen bei Winterkälte kein Problem? Jennifer: Die Instrumente verstimmen sich, man muss dauernd nachstimmen. Die Finger sind taub. Es wird schwierig, aber ich glaube, das bekommen wir hin. Andreas: Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung. facebook.com/WhiteCoffeeDuett _____________________________________________ VERLOSUNG Auf Seite 77 verlosen wir 1x das Debütalbum „Celine“. fankyzine __ 35


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vom Hype halten wir nichts Kellerbeats Records Underground Label Genre: Techno, Minimal-Techno, Chicago-House, Detroit-Techno Heimatstadt: Bielefeld Wer steckt hinter dem Label „Kellerbeats Records“? Wir sind ein DJ- und Producer-Team, das im vergangenen Jahr ein kleines, aber feines Underground-Label gründete. DJs sind wir schon seit mehr als zwanzig Jahren, als Producer sind wir seit 2013 tätig. Irgendwann überlegten wir uns, dass wir unsere Produkte, die wir zum Spaß produzierten, auch releasen könnten. So kam es zur Gründung des Labels „Kellerbeats Records“. Es war uns wichtig, frei zu arbeiten und nicht abhängig von anderen Labels zu sein. Wir haben jetzt drei, vier Tracks produziert, die uns gefallen, und werfen diese auf den Markt. Wir müssen nicht mehr bei anderen Labels Klinken putzen. Wann habt ihr mit dem Auflegen angefangen? Was war der Auslöser? Marcel Huldt: Damals in der Schule hatten wir einen Hobby-Diskokeller, eine sogenannte DiskoAG. In der Mittagspause sind wir immer da run-

ter. Als es darum ging, wer auflegen soll, hieß es meist: „Marcel Huldt hat immer die coolste Musik.“ So fing das Auflegen bei mir an. Eines Tages kam die Anfrage, ob ich die Vertretung in einem Club übernehmen kann, weil der gebuchte DJ ausfiel. Damals war ich 17, 18 Jahre alt. Marcel Rüweler: So lange wie Marcel mache ich das noch nicht, vor 20 Jahren war ich noch recht jung. Meine Passion ist auch eher das Produzieren von Musik. Zum DJing bin ich eher über den Kollegen gekommen. Seit 2005 produziere ich hobbymäßig, damals widmete ich mich aber noch einem anderen Genre: Gabber Hardcore. Marcel Huldt: Ich habe ihn quasi umgewandelt. Vorher war er Anhänger der härteren elektronischen Sachen. Mein spezielles Genre ist DubTechno, House und Minimal. Wie habt ihr euch kennengelernt? (lachen) Eigentlich lernten wir uns dank unserer Hunde kennen. Eine gemeinsame Freundin ging mit mehreren Hundehaltern spazieren. Anderthalb Jahre lang liefen wir stumpf nebeneinander her. Eines Tages kamen wir ins Gespräch und entdeckten das gemeinsame Hobby. Was muss ein Artist/DJ mitbringen, um auf eurem Label zu veröffentlichen? fankyzine __ 37


Er muss seine Musik lieben, leben und hinter seinem Produkt stehen. Natürlich muss auch eine gewisse Qualität vorhanden sein und die Arbeit zum Zeitgeist passen. Gabber ist überholt. Wie findet ihr Artists, die zu „Kellerbeats Records“ passen? Obwohl es unser Label noch nicht so lange gibt, schicken uns bereits einige Künstler ihre Demos zu. Wir hören uns diese natürlich an und dann schauen wir weiter. So arbeiten wir derzeit mit einem Künstler im Ausland zusammen, den wir releasen. Dank Soundcloud, Facebook etc. ist es einfach, interessante neue Künstler zu entdecken. Wir schicken Anfragen raus, entweder kommt eine Antwort oder auch nicht. Eure bisherigen Releases sehen großartig aus. Wer kümmert sich bei euch um das Artwork? Das ist unterschiedlich. Zunächst haben wir uns selbst um das Artwork gekümmert. Allerdings sind wir in diesem Bereich keine Profis. Mittlerweile ist ein Bekannter, ein gelernter Mediengestalter, für das Design zuständig. Was haltet ihr vom Hype rund um junge DJ-Kollegen wie Robin Schulz? Marcel Huldt: Aaach, naja, wenn ein DJ mehrere Tausende Dollar für ein Gig erhält … Er wird seine Daseinsberechtigung haben, aber von dem Hype halten wir nichts. Das sind aber auch andere Partys, er vertritt ein anderes Genre, eine andere Sorte elektronischer Musik, er bedient ein anderes Publikum als wir, feiert andere Partys. Heutzutage sind die technischen Möglichkeiten auch viel einfacher als in meiner Anfangszeit. Es gibt das Traktor System, den Pioneer Bj. 2000, der relativ einfach zu handeln ist. Mit dem Stand vor zwanzig Jahren ist das nicht zu vergleichen: Ich hatte zwei Plattenspieler und einen Mixer. Das war’s! So Hype-DJs heutzutage spielen ihr Programm ab. Sie achten gar nicht auf die Anwesenden. Meiner Ansicht nach findet da kein Austausch, keine Symbiose mit dem Publikum mehr statt. Der DJ schmeißt sein Produkt auf den Markt und die Leute müssen dazu tanzen. Ein DJ und sein Publikum müssen miteinander kommunizieren. Wenn ein Track gespielt wird, der nicht so 38 __ fankyzine

gut ist, wird es halt leerer auf der Tanzfläche oder die Leute hören auf zu tanzen. Darauf muss ein DJ achten. Bei den Hype-DJs ist das anders. Wie gesagt sind das zwei verschiedene Dinge. Wenn die Leute gerne zu den Hype-DJs gehen und Spaß haben, warum nicht? Musik bereitet ja in erster Linie Freude. Als DJ solltest du immer hinter deiner Arbeit stehen und das umsetzen, was dir Spaß macht und was du gerne hörst. Wenn man Musik spielt, die einem selbst nicht gefällt, wird es das Publikum merken. Dann kann man ebenso gut in die Großraum-Disko gehen und die Charts runterspielen. Glaubt ihr, dass es in einer Großstadt wie Berlin einfacher wäre, euer Label groß rauszubringen? Wenn man als deutscher Künstler den Stempel „Berlin“ trägt, ist das schon besser. Andererseits ist die Konkurrenz dort erheblich größer. Vielleicht wird man dort in der Szene eher wahrgenommen. Man könnte in einen geilen Club gehen – dort gibt es ja genügend Auswahl – und ein Event ausrichten, wo der Name „Kellerbeats Records“ prominent vertreten ist. Hier in der Region ist die Szene doch sehr überschaubar.

DJ und Publikum müssen miteinander kommunizieren.

Wo legt ihr auf? Auflegen ist immer so eine Sache. Zuletzt haben wir ein paar kleinere Gigs gespielt. Wir starten unsere eigene Veranstaltungsreihe im Vielfalt Underground Harsewinkel. Das wird ein Experiment. Dort gibt es nicht viele Locations, wo man


feiern gehen kann. Deshalb versuchen wir, dort ein Bein auf den Boden zu bekommen. Wir sind sehr gespannt. Die Veranstaltung „Flash In“ war für uns ein voller Erfolg. In diesem Jahr nahmen wir schon zum zweiten Mal daran teil. Dort legen mehrere DJs auf. Wir hatten danach unheimlich positive Resonanz. Bei anderen Clubs ist es schwer reinzukommen. Die meisten arbeiten mit ihren Residents fest zusammen. Daher bauen wir nun in Harsewinkel was Eigenes auf. Gibt es eine Location, wo ihr gerne mal auflegen würdet? Marcel Rüweler: Ich persönlich würde gerne mal im Tresor in Berlin auflegen. Da hätte ich richtig Bock drauf. Fahrt ihr auch oft nach Berlin? Marcel Rüweler: Eher weniger. Wir hätten dafür nur am Wochenende Zeit, dann haben wir hier aber andere Verpflichtungen wie unseren Job und unser Label. Marcel Huldt: Um auf deine Frage mit der Wunsch-Location zurückzukommen: Wenn ich es mir aussuchen könnte, wo ich auflege, wäre der „Club Amnesia“ auf Ibiza mein absoluter Traum. Wodurch zeichnet sich die Szene vor Ort eurer Ansicht nach aus? Wir sind in Bielefeld aufgewachsen, deshalb gefällt es uns hier natürlich. An Locations für unser Genre gibt es leider nur den Ostbahnhof und das Forum. Was wünscht ihr euch für die regionale Musikszene? Marcel Huldt: Ein paar mehr Gigs wären schön. Wir würden auch gern unseren Bekanntheitsgrad steigern. Die Partys hier sind immer gut. Die „Flash In“ bei Kanal 21 war echt das bisherige Highlight für „Kellerbeats“. Die Gäste hatten ihren Spaß. Wir standen auf der Kanzel und spielten, die Fans feierten mit uns. Das ist genau das, was man als DJ möchte. Dann ist es auch egal, ob da zehn, zwanzig oder hunderte Menschen anwesend sind. Wenn man ein paar Leute mit seiner Musik erreicht, hat man einen guten Job gemacht … Oh Gott, wie philosophisch … (lacht)

2016 habt ihr Alex Sprouds erste EP „Molori“ und Marco Coon mit „The Untold Saga“ veröffentlicht. Welche Releases wird es als nächstes bei „Kellerbeats Records“ geben? Marcel Huldt: Ende 2016 releasen wir als „Kellerbeats“ auf einem anderen Label. „Kamarad Meyer Musik“ ist ein kleines Erfurter Label, das sehr verspielt ist. Unser Werk heißt „Jack“ und beinhaltet vier Tracks. Das wird mein persönlicher Lieblings-Release, den man sich unbedingt anhören sollte. 2017 steht noch nichts Konkretes an. 2016 reißen wir noch ein paar Sachen. Dann schauen wir, was das nächste Jahr so bringt. Wollt ihr abschließend noch etwas loswerden? Marcel Huldt: Wir haben neben dem bereits Erwähnten noch zwei, drei andere Sachen in petto. Sie sind noch nicht ganz spruchreif, werden aber noch in diesem Jahr stattfinden. Wir mögen es, uns in die Arbeit zu stürzen, schätzen es aber auch, Sachen auf uns zukommen zu lassen. Einen Jahresplan setzen wir uns nicht. Marcel Rüweler: Wir sind ja auch ein Underground-Label und nicht auf schwarze Zahlen fixiert. Unsere Arbeit läuft mehr nach Lust und Laune. facebook.com/Kellerbeatsrecords soundcloud.com/kellerbeatsmusic fankyzine __ 39


40 __ Paul fankyzine Foto: Olfermann


… Dopeness! fankyzine __ 41


Foto: Paul Olfermann

Übermenschfunk Genre: Übermenschfunk Heimatstadt: Minden

2016 ist für viele ein mieses Jahr: Der Papagei hat geschlossen, Hack & Lack fiel offiziell aus. Was gibt es Positives zu vermelden? Paul Pantah: Unser zweites Album ist fertig. Biggie Blocksberg: Es wird 2017 erscheinen. Was haben wir sonst gemacht? Viel draußen rumgehangen, aber jetzt wird es schäbbig ohne den Papagei. Kropock Polonius: Dann wird’s wieder Zeit für meinen Keller. Biggie: Da befindet sich unser Studio. Seit wann gibt es „Übermenschfunk“? Biggie: In dieser Dreierkonstellation sind wir seit Mitte 2014 aktiv. Damals gab es einmal im Monat die Open Mic Session im Papagei, wo ich auflegte. Kropock war regelmäßig anwesend und hat zerstört. Zwischen den Veranstaltungen blieben wir in Kontakt. Kropock: Paul und ich kennen uns seit der Oberstufe. Biggie: Die Beiden hier gehören zu den wenigen Menschen, die quasi die selben Ohren haben wie ich. Es gibt Ausnahmen, doch generell passt der gemeinsame Musikgeschmack. 42 __ fankyzine

Wie lange macht ihr schon Musik? Kropock: Ich rappe, seit ich 17 bin. Paul: Ich fing mit 16, 17 an, mache aber nur Beats und habe mich nicht an was anderem versucht. Biggie: Ich begann im Alter von 15, 16 Jahren, exzessiv Platten zu kaufen. Das Auflegen hat sich zum Glück so ergeben. Wer hat sich euren Namen ausgedacht? Kropock: Das ist an sich eine lustige Geschichte. Es gab eine uralte Aufnahme aus meinem Zimmer, wo ein Kumpel zu Besuch war. Manchmal nahmen wir unsere Sessions auf und ließen sie hinterher laufen, um zu hören, was man für einen Müll gelabert hat. Irgendwann wertete ich diese Aufnahmen aus, das waren mehrere Stunden. Plötzlich kam eine Stelle, wo er das Wort „Übermenschfunk“ benutzte. Als wir gerade in der Dreierkombo zusammen kamen, um Musik zu machen, fand ich das wieder und dachte, dass das ein Superwort ist. Biggie: Zu Beginn waren wir zu viert. Eigentlich gibt es einen vierten Übermenschen, den Urheber unseres Namens. Er ist leider nicht mehr Mitglied unserer Gruppe, weil er in Plauen eine Ausbildung zum Brauer macht. Er ist ein Guter, nimmt aber derzeit nichts auf. Nicht, dass ihr eines Tages Copyright-Probleme mit ihm bekommt … Biggie: Nein, der ist cool. Wir verstehen uns nach


wie vor sehr gut mit ihm. Hoffentlich kommt er nach seiner Ausbildung zurück zu uns und fängt in einer hiesigen Brauerei an. Kropock: Dann kann er unser ÜbermenschfunkBier brauen. Wo kann ich eure alten Sachen hören? Biggie: Auf Soundcloud, Bandcamp und YouTube. Ganz alte Stücke sind online allerdings aussortiert. Kropock: Ich haute vor kurzem eine EP raus, das bekamen nicht viele mit. Sie heißt „Messerstress im Weltraumyard“ und steht auf YouTube. Die EP ist nicht funky. Es befinden sich darauf nur böse Sachen. Biggie: Das ist für alle, die den bösen Kropock kennenlernen möchten. Paul und ich steuerten nichts bei. Die Tracks unseres neuen Albums sind schon lange fertig. Wir wollten aber alles so richtig schön machen. Dadurch hat sich die Veröffentlichung hingezogen. Kropock hat die 20-minütige EP quasi als Überschuss aus dem Produktionsdruck rausgebracht. Kropock: Ich hatte einfach Bock. Auf „Messerstress im Weltraumyard“ gibt es diverse „Star Wars“-Anspielungen. Die Filme haben’s euch offensichtlich angetan. Biggie: Nur die Beiden sind große „Star Wars“ Fans, ich gar nicht. Paul: Da herrscht eine große Kluft zwischen uns. Das ist voll schade. Stell dir vor, wir könnten gemeinsam „Star Wars“ gucken! Biggie: Ich bin der einzige in unserem gesamten Freundeskreis, der in dem Bereich außen vor ist, Das Gleiche gilt für irgendwelche Soaps. Dann geht diese Frage nur an euch. Mit welchem „Star Wars“ Charakter würdet ihr gerne mal abhängen? Kropock: Auf jeden Fall Boba Fett, er ist der King. Paul: Ich hab seinen Namen vergessen. Ein grüner Yedi-Meister … Kropock: Kit Fisto, du wolltest es nur nicht selbst sagen, weil der Name peinlich ist. Paul: Nein, ich wusste es echt nicht mehr. Gibt es auf eurem neuen Album Features? Kropock: Eins wird es auf jeden Fall geben. Ihr arbeitet generell nicht so viel mit Features.

Biggie: Es gibt in Minden genug Leute, die wir mögen, aber irgendwie kommen wir nie dazu. Wir haben uns schon mehrmals mit Mono & Benz verabredet. Kropock: Wir lieben uns auch eigentlich gegenseitig. Irgendwann gibt es bestimmt ein gemeinsames Projekt. Von welchem Künstler würdet ihr am ehesten das Angebot eines Features annehmen: A: Curse, B: Kanye West, C: Lil Kleine & Ronnie Flex oder D: Helene Fischer? Kropock: Dann am ehesten mit C: Lil Kleine & Ronnie Flex. Das fände ich richtig geil. Paul: Eine echte Kollabo mit Helene Fischer, Alter! Kropock: Das wäre natürlich richtig fresh. Paul: Stell dir vor, wir wären Vorgruppe auf ihrer Tournee. Biggie: Sie muss singen können, ich weiß nicht. Paul: Kropock kann auch nicht richtig singen. Biggie: Stimmt. Paul: Und sie macht Playback. Biggie: Aber wenn sie nicht rappen kann, muss sie irgendetwas singen. Und wenn sie nicht richtig singen kann, … Kropock: Sie macht die funky Hooks bei uns. Biggie: Sie könnte stöhnen und das benutzen wir auf einem Beat. Kropock: Das cutten wir dann. „Abaschen“ im Supermarkt, „Unwürdig“ auf der Papagei-Toilette oder „Tictac“ auf Kanzlers Weide: Welcher Dreh hat euch am besten gefallen? Biggie: Es gibt einen aktuellen Dreh zum neuen Album. Das Video werden wir raushauen, bevor das Album erscheint. Das kann nicht mehr liegen bleiben. Kropock: Die Leute müssen befriedigt werden. Sie sind hungrig. Wie heißt der Track? Kropock: „Burner Chrome“. Welchen Einfluss nimmt die Stadt Minden auf eure Musik? Rühren daher all die FSK18-Ausdrücke? Kropock: Nein, das würde ich so nicht sagen. Biggie: Ich hatte befürchtet, dass die Frage nach unseren Einflüssen kommt. Ehrlich gesagt habe ich darauf keine Antwort. fankyzine __ 43


Kropock: Ich nenne jetzt mal Mindens Dreck. Die Stadt wird gerade sauber, das hat auch Einfluss auf meine Texte. Ich mag keine sauberen Städte. Biggie: Wir trauern alle, wenn das Wesertor fertig renoviert ist. Das ist echt schade. Kropock: Die Anzahl der Graffitis, die verschwinden, fehlen. Damals waren „Der Klan“ und Lord Scan sehr inspirierend. Ich weiß gar nicht, wann ich zuerst von ihnen hörte. Ich habe von Curse noch nicht einmal sein legendäres Super-Album „Feuerwasser“ aus dem Jahr 2000 gehört, obwohl ich schon in meiner Kindheit Bock auf Rap hatte und mich erkundigte, was in dieser Stadt geht. Ihr gehört fest zur lokalen HipHop-Szene, klingt allerdings total anders. Wie kommt das? Kropock: Ich glaube, das kommt dadurch, dass wir so richtig frisch hinter den Ohren sind. Wir haben Bock, und sind kreativ. Generation X. Paul: Es ist halt was Neues. Biggie: Und im Gegensatz zu allen anderen sind wir nämlich zu dritt und nicht alleine oder zu zweit. Daher kombinieren sich unsere Superkräfte wie Licht, das sich bündelt. Drei Sterne auf einem Punkt und dann … Dopeness! Kropock: Es macht viel mehr Spaß, wenn man nicht laufend Produzenten für einen Beat anschreiben muss. Es ist einfach ein gutes Gefühl, wenn man sich so ergänzen kann.

Kropock: Wir hören sowieso alle Genres. Ich habe lange kein Album mehr aus Deutschland gehört, wo ich dachte: „Boah! Das höre ich mir jetzt die ganze Zeit an.“ Die Deutschrap-Zeit ist bei mir eh schon länger vorbei. Biggie: Er kann ja nicht auf Englisch rappen. Das wäre schäbbig. Ich bin von uns der einzige, der ein Instrument spielen kann. Somit kommt eine Band nicht in Frage. Ich kann nicht malen, daher können wir auch kein Künstlerkollektiv werden. Deswegen sind wir zum Format „Deutschrap“ gezwungen. Kropock: Alles Schicksal! Biggie: Definitiv! Wo würdet ihr gerne mal auftreten? Kropock: Jeder Rapper, der nicht auf dem „Splash!“ aufgetreten ist, würde jetzt mit dem „Splash!“ antworten. Wir waren alle noch nie dort. Ich fahre da erst hin, wenn wir auftreten dürfen, vorher nicht. Scheiß auf diese Festival-Kultur! Vor allem HipHop … Ich würde gerne auf dem Mond auftreten. Auf dem Todesstern! Biggie: Das wäre für die Beiden ziemlich cool. Und was ist mit dir? Biggie: Gute Frage. Im Papagei! Auftreten ist eigentlich überall schön. Hauptsache, es sind Menschen da, die Bock darauf haben. Paul: Das hast du schön ausgedrückt! Biggie: Dunkle, verrauchte, schwitzige Clubs. Wir sind auf jeden Fall erprobt in Auftritten bei wirren Veranstaltungen. Paul: Wir treten überall auf, es muss keine gute Location sein. Jeder, der das liest, soll uns buchen! Biggie: Bislang haben wir erst eine Sache abgelehnt, sonst haben wir alles angenommen, wir Huren. Man hat ja Lust auf Live-Auftritte, da wäre man blöd, wenn man absagt. Es kann überall cool werden.

Die Deutschrap-Zeit ist bei mir eh schon länger vorbei.

Was sind für euch die besten Alben des Deutschrap? Kropock: Von uns zusammen? Da müssen wir uns jetzt einig werden. Also Platz 1 … Paul: … ist von „Huss und Hodn – Jetzt schämst du dich“. Dann kommen die anderen Alben von denen. „Der Klan – Flashpunks“, „V-Mann – Fragmente“, „Creutzfeld & Jakob – Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag“, „Westberlin Maskulin – Battlekings“, AzudemSK mit Slowy. Biggie: Das sind auf jeden Fall die Alben, bei denen wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen. „Eins Zwo“ machen für mich die besten Beats. Paul: Ich dachte, ich mache die besten Beats. Biggie: Ja, damals war es Rabaukes Zeit, jetzt bist du an der Reihe. 44 __ fankyzine

Welche eurer Textzeilen würdet ihr am liebsten bei jemanden als Tattoo sehen? Biggie: Ich weiß gar nicht, ob eintätowierte Songzeilen so cool sind. Ich denke viel über Tattoos


nach, welche Motive man sich eintätowieren sollte und welche nicht. Kropock: Würde ich meine Texte kennen, könnte ich jetzt was dazu sagen … Ich finde, es sind alle gleich gut. Vielleicht aus dem letzten Lied der EP: „Alle sind schlau, aber wissen nicht, dass sie dumm sind.“ („Jeder ist niemand“, Anm. d. R.) Das ist eine oscarverdächtige Zeile. Ist das nicht geklaut? Kropock: Das kann gar nicht sein. Biggie: Es ist schwierig, was wirklich Neues zu sagen. Wie viel Milliarden Menschen reden den ganzen Tag lang? Wie will man etwas sagen, was noch nie vorher einer aussprach? Das ist schwierig. Ich finde euch so, wie ihr jetzt seid, perfekt. Glaubt ihr, nationaler Ruhm und Reichtum würde euch verändern? Biggie: Um mit Deutschrap reich zu werden, machen wir, glaube ich, den falschen Sound. Dazu müssten wir zudem tätowierter sein. Paul: Wir bräuchten überhaupt mehr Bizeps, um von einem Label gesignt zu werden. Biggie: Kropock müsste vorgeben, dass er Drogen verkauft. Paul: Wir müssten Videos mit Frauen drehen. Biggie: Welche andere Richtung könnten wir gehen? Paul: Trap. Biggie: Wir könnten die Trap-Schiene nehmen. Dafür geben wir allerdings zu wenig Geld für Klamotten aus.

Paul: Sonst passiert eigentlich nichts Aufregendes in Deutschland, zumindest nicht an der Oberfläche. Biggie: Wir wären auf jeden Fall alle zufrieden, wenn wir zweimal im Monat irgendwo in der Republik einen Club wie den Papagei bespielen könnten. Das würde mir vollends reichen. Genügend Geld für Foto: Paul Olfermann einen Fahrer, einen Hunni für die Reise und einen schönen Abend. Kümmert ihr euch denn aktiv um Auftritte? Biggie: Nee, wir haben uns noch nie um einen Auftritt bemüht. Uns ist alles so zugefallen. Außer im Papagei fanden hier keine HipHop-Veranstaltungen für mich statt. Bei den HipHop-Events im Hof tritt eine andere Sorte Rapper auf, dennoch würde ich da auf Nachfrage auftreten. Um selbst einen Laden für einen Auftritt anzuschreiben, muss ich ihn schon sehr cool finden. Habt ihr ein paar abschließende Worte? Biggie: Lang lebe der Papagei! Hauptsache, es findet sich eine verdammte Kaschemme für wenig Geld und ohne Heizung, wo wir uns an unserer gegenseitigen Liebe wieder wärmen können, so wie wir es früher gemacht haben. Das fehlt. Früher sagten alle, in Minden geht nichts, aber dann ging immer noch der Papagei. Doch seit der Schließung ist Minden echt tot! Das ist schäbbig! Bevor alle nach Bielefeld, Hamburg oder irgendwo abseits von Minden ziehen, muss was passieren. „Minden gegen Rechts“ hat dazu einen echt schönen Sticker gemacht: „Scheiß auf Berlin, rette erstmal deine Stadt!“ Mein Hass geht raus an die Landflucht! Eigentlich ist Minden auch geil. Wenn wir wieder einen Laden hätten, könnten die coolen Menschen wieder cool sein. facebook.com/Übermenschfunk318472875014648 YouTube: ÜMF fankyzine __ 45


komm mir jetzt nicht mit Altstadtfest 46 __ fankyzine


Von links: Bassist Adrian „Fussel“, Gitarrist Dennis, Sänger „Nini“ Kostadin und Schlagzeuger Henning. Foto: PR

Adrian: Ich war ungefähr sieben Jahre lang in einer Schulband. Beim gemeinsamen Jammen mit unserem damaligen Drummer beschlossen wir, „Sigman Sand“ zu gründen. Auf Dennis stießen wir zufällig. Als Gitarristen fanden wir ihn super. Dennis: Dann brauchten wir noch einen Sänger. Zwei von uns kannten Nini (Kostandin) von der Schule, so entstand der Kontakt. Kostandin (per Videoanruf): Unser ehemaliger Schlagzeuger schrieb mich an, weil er testen wollte, ob wir musikalisch zusammenpassen. Ich bin gekommen und geblieben. Dennis: Das ist auch gut so!

Sigman Sand Genre: Psychedelic Progressive Desert Rock Heimatstadt: Rinteln Sigman Sand gibt es seit Oktober 2012. Habt ihr vorher in anderen Bands gespielt?

Wie war im Februar 2013 euer erster Gig in der Schönen Aussicht? Lief alles nach Plan? Dennis: Unser erstes Konzert kam gut an. Adrian: Es lief nichts schief, nur das Übliche: Da reißt eine Seite, hier funktioniert ein Kabel nicht mehr. Was man halt so kennt. Kostandin: Für einen ersten Auftritt war es okay. Dennis: Wir hatten drei Lieder, konnten damit aber eine halbe Stunde füllen, weil sie recht lang sind. Adrian: Ein Lied spielten wir zweimal als Zugabe. Dennis: Wie das halt so läuft. Man erweitert nach und nach sein Repertoire. Henning: Beim Wettbewerb „Local Heroes“ lief es allerdings ähnlich ab. Wieder spielten wir in einer halben Stunde nur drei Lieder. Adrian: Das hat sich bei uns so eingebürgert. Dennis: Nach den ersten Auftritten nahmen wir bei dem erwähnten Contest „Local Heroes“ teil, zunächst an dem lokalen Vorentscheid in Stadthagen, dann ging es nach Hannover zum Halbfinale. Das haben wir gewonnen. 2013 belegten wir im Finale den vierten Platz. Da es „Sigman Sand“ damals noch nicht so lange gab, waren wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Erhielt der vierte Platz eine Auszeichnung? fankyzine __ 47


Dennis: Ja, wir bekamen einen Gutschein, den wir bis heute nicht eingelöst haben. Adrian: Ich glaube, der ist inzwischen abgelaufen. Kostandin: In der Zeit darauf traten wir vermehrt in den Kronenwerken Bückeburg auf. Begleitet wurden wir dabei von lokalen Bands wie „Jabba’s Cortex“. Adrian: 2014 stand bei uns ein großer Umbruch an. Dennis: Unser damaliger Schlagzeuger zog nach Bayern. Auf der Suche nach Ersatz wurde uns Henning empfohlen. Wir mochten ihn und deshalb ist er bis heute bei uns. Adrian: Natürlich erwies er sich auch als guter Schlagzeuger, sonst wäre er nicht dabei. Er ist ein toller Typ und hat immer eine Kippe für seinen Bassisten parat. Kostandin: 2014 hatte ich leider meinen Unfall. Ich war mit meinen Eltern im Urlaub am Strand, machte einen Kopfsprung ins Wasser und brach einen Halswirbel. Dabei habe ich mir eine Querschnittslähmung zugefügt. Als ich ein halbes Jahr in Hamburg zur Reha war, verließ uns – wie erwähnt – unser Schlagzeuger. Als Band hatten wir durch die Umstände eine längere Pause. Nach meiner Rückkehr lernten wir Henning kennen. 2015 probten wir sehr viel, spielten uns ein, nahmen unser Album auf. In der aktuellen Besetzung ging es auf der Bühne erst 2016 richtig los.

Wie seid ihr als junge Menschen zum Heavy Rock gekommen? Adrian: Mir gefällt die Musik einfach mehr als beispielsweise Techno. Privat höre ich noch härtere Sachen wie Progressive Metal und Progressive Rock. Dennis mag eher Blues Rock. Bei Henning weiß ich das gar nicht so genau. Henning: Früher spielte ich eigentlich Rotzepunk. Die Gitarristen, mit denen ich damals abhing, konnten drei Akkorde, somit bot sich Punk an, um darüber zu trommeln. Dennis: Und wir beherrschen vier Akkorde! Henning: Mit Kersten und Julius von „Jabba’s Cortex“ spielte ich zudem in einem Bluestrio. Letztendlich hat mich Kersten auch darauf aufmerksam gemacht, dass die Jungs von „Sigman“ ’nen Drummer suchen.

Meistens kommt die Inspiration aus dem Moment heraus.

Was steckt hinter eurem Bandnamen? Dennis: Das war eine Schnapsidee. Adrian: Wir waren total blöd drauf, hatten ein bisschen was getrunken. Dennis: Es steckt durchaus Sinn hinter der Wahl des Namens. Allerdings kennen wir ihn nicht mehr genau. Für den ersten Auftritt benötigten wir dringend einen Namen, deshalb blieben wir dabei. Adrian: Wir machten Desert Rock, daher bestand die Assoziation zur Wüste und zum Sand. Dennis: Der griechische Buchstabe Sigma, aus dem sich eine Sanduhr basteln lässt, spielte ebenfalls eine Rolle. Adrian: Unser Name ist einfach aus einer Laune heraus entstanden. 48 __ fankyzine

Habt ihr in euren Familien Musiker? Adrian: Mein Vater ist seit 40 Jahren Bassist. Von ihm stammt die ganze Anlage hier, die PA und das ganze Equipment. Dennis: Er stellt uns den Proberaum, den Kaffee und im Winter die Heizung zur Verfügung. Kostandin: In meiner Familie spielt einer Geige, das war es. Henning: Meine Eltern machen keine Musik. Dennoch haben sie mich beeinflusst, weil sie ganz coolen Kram wie „Led Zeppelin“ und „Black Sabbath“ hören. Dennis: Meine Eltern unterstützen uns auch, sie sind aber keine Musiker. Euer Debütalbum „Valley“ ist dieses Jahr erschienen. Wie groß war die Anspannung vor dem Release? Dennis: Eigentlich waren wir nicht aufgeregt. Wir freuten uns total darauf. Adrian: Ich war gespannt, wie es ankommt. Die Reaktionen waren positiv, dadurch sank die Anspannung. Weshalb sollte man sich euer Album als Rockfan nicht entgehen lassen?


Adrian: Viele verschiedene Rockstile treffen aufeinander. Wir haben einen guten Wechsel von ganz ruhigen, erdigen zu dynamischen Sounds. Henning: Es gibt auch satte Passagen, die einfach kraftvoll sind. Adrian: Auf YouTube gibt es inzwischen unseren Song „May I“ als Promo. Dennis: Texte schreibt Nini selbst. Die Musik kommt aus dem Bauch. Adrian: Wir überlegen uns grob vorher, was wir tun. Die Grundthemen entstehen beim Jam. Wir gucken hier und da, wie wir weiterkommen, feilen an Übergängen, überlegen, was wir anders machen können, nehmen es auf. Henning: Aus fünf Ideen wird dann ein Song. Dennis: Sie sind meistens recht lang (Auf dem Debütalbum „Valley“ befinden sich sechs Titel mit einer Gesamtlaufzeit von 45 Minuten; Anm. d. R.) Kostandin, was inspiriert dich beim Schreiben der Songs? Kostandin: Das wüsste ich auch gerne. Meistens kommt die Inspiration aus dem Moment heraus. Ich kann mich nicht einfach hinsetzen, recherchieren und was schreiben. Die Anfänge der Texte oder einzelne Passagen entstehen beim Jam, wenn die anderen improvisieren. Dabei fallen mir Worte ein, daraus formuliere ich ganze Sätze. Es ist ein organischer Prozess mit der Mu-

sik. Im Anschluss arbeite ich drüber. Es gibt meist kein Konzept, es läuft spontan ab. Das macht die Musik für mich aus. Der Gesang entsteht aus der Situation heraus. Dadurch fühlt er sich so echt an. Das klingt jetzt bestimmt kitschig. Ihr seid beim Contest „Local Heroes“ sehr weit gekommen. Würdet ihr erneut an einem Bandwettbewerb teilnehmen? Dennis: Nein, wir wurden noch einmal gefragt, das haben wir abgelehnt. Wir finden die Form des Contests blöd, weil Musik eine Geschmacksache ist. Es gibt keine klaren Gewinner und Verlierer wie beispielsweise beim Fußball. Adrian: Jeder hat seine Vorlieben. Es fehlen Kriterien, anhand derer man die Musik eindeutig bewerten kann. Musiker, die ihre Instrumente beherrschen, technisch richtig gut drauf sind, sind für das Publikum nicht ausschlaggebend. Dadurch entstehen in der Bewertung große Unterschiede. Dennis: Der Contest war ein bisschen stressig. Ich möchte das jetzt nicht schlecht reden. Die Möglichkeit, im Musikzentrum Hannover auf einer

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richtig großen Bühne zu spielen, war natürlich super. Das Publikum war groß. Zum Spielen blieben nur etwa 20 Minuten, man musste unter Zeitdruck auf- und abbauen. Stress ist nicht unser Ding (allgemeines Lachen). Auf großen Festivals ist das natürlich ähnlich. Bei „Umsonst & Draußen“ war das Zeitmanagement kein Problem, da wir auf einer ganz kleinen Bühne spielten, wo am Tag insgesamt nur drei Bands auftraten. Auf richtig großen Bühnen muss man sich natürlich an Zeitpläne halten. Für zwanzig Minuten Spielzeit ist das mit An- und Abreise, Auf- und Abbau natürlich ein großer Aufwand. Henning: Also in unserem Fall wären das zwei Songs. Dennis: Wir schafften in der Zeit drei Songs, weil wir einen etwas schneller spielten.

Die Osterrocknacht Bückeburg hat derbe Spaß gemacht. Dennis: Wir spielten auf Geburtstagen und Privatfeiern, traten in Minden im Bunker und in der Ameise auf. Kostandin: Im November steht die „Lange Rocknacht“ im Bunker an.

Es ist die einzige Musikszene hier, doch es ist eine gute.

Ansonsten lief „Umsonst & Draußen 2016“ für euch gut? Henning: Absolut! Dennis: Es ist ein geiles Festival, wo wir gern selbst als Zuschauer hinfahren. Adrian: Mit etwas Glück können wir im kommenden Jahr auf der großen Bühne auftreten. Henning: Ich finde, wir gaben in diesem Jahr allgemein viele sympathische kleine Konzerte. Unser Auftritt im Mad Music Club Hameln war witzig. 50 __ fankyzine

Ihr tretet hauptsächlich hier in der Region auf? Dennis: Wenn wir in Münster einen Gig erhalten, treten wir selbstverständlich auch dort auf. Adrian: In Hannover hatten wir bislang unseren entferntesten Auftritt. Kostandin: Wir spielen meist im Schaumburger Raum, „Umsonst & Draußen“ in Porta Westfalica war eine Ausnahme. Wir bewegen uns aber langsam nach außen. Adrian: Im Moment läuft die Vermittlung von Konzerten über Freunde, Connections und Vitamin B. Dennis: Wir haben uns selbst noch nie wirklich um einen Auftritt gekümmert. Adrian: Am Anfang schrieben wir eine Rundmail mit einem angehängten Song, leider erhielten wir keine Antwort. Schade eigentlich. Dennis: Wir sind übrigens beim Label „Pulverfuzz Records“ untergebracht. Der Betreiber mochte unsere Musik, so kamen wir zusammen.


Woran arbeitet ihr gerade? Dennis: Wir haben einige Lieder vorbereitet und schreiben an neuem Material. Wenn das steht, wollen wir ein zweites Album aufnehmen. Das dauert ja dann auch ein wenig. Henning: Wenn es fertig ist, ist es fertig. 2017? Adrian: 2017 ist realistisch. Vielleicht Ende Sommer, Anfang Herbst, die übliche Zeit. Wir würden gerne ein längeres Album produzieren, das vielleicht eine Stunde lang ist. Für 35 Minuten liegt Material vor. Was gefällt euch an der regionalen Musikszene? Adrian: Die Kronenwerke, die Schraub-Bar und der Zusammenhalt der Leute dort sind großartig. Die Location an sich ist supertoll. Kostandin: Es ist die einzige Musikszene hier, doch es ist eine gute. Adrian: Immerhin haben wir eine Musikszene, das ist ja schon einmal was. Henning: Dank der überschaubaren Größe von Schaumburg kennt man irgendwann ziemlich viele Leute. Adrian: Wir kennen fast alle, die hier ein bisschen mehr mit Musik zu tun haben. Dennis: Es gibt saugute Musiker aus jedem Genre.

„Jabba’s Cortex“ und „Pulverfuzz Records“ kam mit dem erforderlichen Equipment zu uns. Dennis: Gitarrensoli wurden in Bückeburg eingespielt, Kostandins Gesang nahmen wir bei ihm zuhause in einem kleinen Kabuff auf. Rhythmusgitarre, Bass und Schlagzeug spielten wir gleichzeitig ein. Henning: In dem Zusammenhang sollten wir uns bei Vincent bedanken, der uns sein Gemälde für unser Cover zur Verfügung stellte. Adrian: Unser Logodesign stammt von meiner Schwester. Henning: Und die Liste wird länger und länger. Adrian: Komplett alleine wäre das Album nicht entstanden. Henning: Nun freuen wir uns über Anfragen für Konzerte! facebook.com/SigmanSand soundcloud.com/sigmansand pulverfuzz.de

Und was könnte besser sein? Dennis: Mehr Möglichkeiten zum Auftreten wären schön. Wir spielen entweder in der Ameise, im Bunker oder in der Schraub-Bar auf. Das ist schon alles. Viel mehr gibt es hier nicht. In Rinteln fällt mir spontan gar nichts ein. Adrian: Und komm mir jetzt nicht mit dem Altstadtfest, das fällt für uns flach. Kostandin: Das hängt damit zusammen, dass es hier im Umkreis zu wenig Lokalitäten gibt. Es fehlen anständige Diskos oder Locations, wo Bands auftreten können. Das gesamte Angebot ist dünn. Wollt ihr abschließend noch etwas erwähnen? Adrian: Schönen Dank an meinen Vater, der uns hier alles ermöglicht. Ohne ihn hätten wir das alles hier nicht so auf die Reihe bekommen. Kostandin: So haben wir beispielsweise unser Album hier im Proberaum aufgenommen. Tim von fankyzine __ 51


von Mucke-Kollegen zu besten Freunden Sendo & Comar Genre: Rapmusik Heimatstadt: Minden & Bielefeld Wie seid ihr mit Hip Hop in Berührung gekommen? Sind eure Familien musikalisch? Comar: Die ersten musikalischen Schritte auf 52 __ fankyzine

meinem pubertären Selbstfindungstrip setzte ich in einer komplett anderen Sparte … Heavy Metal! Nachdem ich über Hardrock zum Deathmetal gekommen bin und jahrelang nur den fiesesten und makabersten Scheiß gepumpt habe, schlidderte ich über diesen ganzen New York Hardcore-Kram – „Sick of it all“, „Biohazard“, „Madball“ etc. – zum Crossover. „Rage Against the Machine“ haben dann letztendlich den neuen Grundstein gelegt


Sendo (links) und Comar bringen 2017 ein neues Album heraus. Fotos: Clip Skills/PR und „Cypress Hill“ das alte musikalische Zuhause von der einen auf die andere Sekunde komplett zum Einstürzen gebracht. Was damals im Schulunterricht passierte, als ich mir von einem Kollegen einen Walkman geliehen hatte, kann ich nur mit dem Wort „Flash“ umschreiben. Knalleffekt! Auf den neuen Tapes landeten jetzt, wie schon erwähnt, aber ganz klar „Cypress Hill“, „House of Pain“, „Naughty by Nature“, „Run DMC“, „Public Enemy“ und „Beastie Boys“. Im Radio liefen irgendwann alle zwei Wochen „Black Traxx“Sendungen mit DJ Marius No.1, die natürlich sorgfältigst auf Magnetband gesammelt und penibel archiviert wurden. Meine erste deutschsprachige Platte war „Stille Post“ von Raid. Als dann 1993 noch die Dokumentation „Lost in Music“ durch die Flimmerkiste in unser Wohnzimmer schwappte, hat mich diese Deutschrap-Sache gna-

denlos infiziert. 2006 kam es zu einer ganz neuen Begegnung mit Rap. Zum ersten Mal bekam ich nicht mehr nur ein fertiges Produkt auf die Ohren gesetzt, sondern konnte durch Euram den kompletten Entstehungsprozess eines neuen Tracks mitverfolgen. Auf einmal öffnete sich eine Tür, die ich alleine vorher nie gefunden hatte. Da mein Ganz-oder-gar-nicht-Prinzip aufgrund massiver Knieverletzungen beim Skateboarden nicht mehr greifen konnte, wurde die Musik prompt zur neuen Haupt-Dauerbeschäftigung befördert. Mit Euram und JabbatheCut, der den kompletten musikalischen Background lieferte, entstand dann schnell eine erste EP. Das Ding ist zwar nie veröffentlicht worden, aber dafür hatte ich zum ersten Mal eigene Tracks auf der Festplatte. Das war der Startschuss einer Reise, die mich bis heute mit jedem Jahr mehr fesselt und an dessen Ende ich gar nicht fankyzine __ 53


denken kann. Meine Familie ist eher durchschnittlich musikalisch. Meine Mutter beherrscht noch heute das Blockflötenspiel zu Weihnachten. Beim Singen können alle den Takt halten, nur bei den hohen Tönen wird es manchmal kritisch. Bei mir allerdings auch. Die Basis meines musikalischen Schaffens würde ich jetzt nicht unbedingt auf unsere familiären Feiertagskonzerte zurückführen. Sendo: Ich bin im Alter von 14 Jahren mit englischsprachiger HipHop Musik in Berührung gekommen, da ich damals zum Geburtstag von einem Schulkollegen die Single „Hip Hop Hooray“ von „Naughty By Nature“ bekam. Davor habe ich ein bisschen Pop- oder Elektromusik gehört, was mich aber nie wirklich berührt hat. Für Rapmusik konnte ich mich eigentlich ab der ersten Sekunde sehr begeistern, da mich die Beatz und die wortgewandten Texte auf jeden Fall inspirierten. Daraufhin musste mein Taschengeld sehr oft dran glauben, und ich habe die ein oder andere Mark für CDs von zum Beispiel 2PAC, „Das EFX“, „Wu-Tang“ oder DMX auf den Kopf gehauen. Das war echt eine super Zeit, an die ich mich noch heute gerne zurück erinnere. Im Alter von 19 Jahren begann ich dann auch meine eigenen Texte zu schreiben und diese auf Beatz aufzunehmen. So fing alles an … Meine beiden Schwestern und meine Eltern sind eher die Musikhörer und nicht die Musikmacher, doch hören meine eigene Musik mit voller Begeisterung, was mich sehr stolz macht. 54 __ fankyzine

Wie und wann habt ihr euch kennengelernt? Comar: Sag du mal, Sendo … War das 2009? Ich glaube, das kommt ungefähr hin. Der erste Kontakt lief über Myspace. Sendo und ich wurden digitale Freunde. Dann kam eine Nachricht von ihm mit sehr motivierenden Worten in Sachen Feedback zu meiner Mucke und der Idee, einen gemeinsamen Track aufzunehmen. Ich habe mir dann seine Sachen reingezogen und fand den Sendo-Stuff sehr frisch und authentisch. Aufgrund vieler anderer Projekte hatten wir den Plan zwar gefasst, aber ihn irgendwie immer wieder aufgeschoben. So richtig kennengelernt haben wir uns beim Stemweder Open Air Festival. Ich fand es cool, dass da einfach ’ne gute Type vor mir stand, die Bock hat, musikalisch ihr Ding durchzuziehen. Überhaupt nicht überheblich oder selbstverliebt, wie es in der Rapszene ja so manche halten, sondern sehr ehrlich und authentisch. Cool! Unser erstes gemeinsames Projekt war dann ein Feature von mir auf Sendos „Gruppenspiel“-Album, und anschließend übernahm er den Part auf meiner „Für umme im Netz, für mich unbezahlbar“-Platte. Daraus entwickelte sich dann die Idee eines gemeinsamen Projekts, das mit „AM BEATion“ eingeleitet wurde und mit der neuen Platte in die nächste Runde geht. Sendo: Wie Comar schon erwähnte, war das im Jahr 2009. Ich habe zu der Zeit Basketball in einem Herforder Verein gespielt, wo ich einen Kumpel von Comar kennenlernte, der mir das erste Album von ihm zeigte. Ich muss gestehen, dass mich sein Zeug beim ersten Anhören schon mega gecatcht hat. Im Laufe der Jahre trafen wir uns immer öfter auf lokalen HipHop Jams, wo wir auch irgendwann ins Gespräch kamen. Ich glaube, wir waren uns gleich sympathisch und bemerkten, dass wir gemeinsame Projekte starten wollen. So kam es, dass wir mit einem Feature auf meinem damaligen


Album „Gruppenspiel“ den Stein ins Rollen brachten. Wer oder was inspiriert euch? Comar: Ich glaube, dass der musikalische Motor nur unter der Verwendung von zwei Kraftstoffen so richtig rund zum Rollen kommt. Es bedarf einer fein abgestimmten Mixtur aus Motivation und Inspiration. Bei mir steht meist die Motivation an erster Stelle, denn Bock auf Schreiben habe ich so gut wie immer (mit steigender Tendenz). Wenn es wieder in den Fingern kribbelt und ich schreiben MUSS, suche ich mir einen Beat und schaue, was mir die Inspiration so anzubieten hat. Es gibt Tage, an denen ich stundenlang an einem Track schreibe, um ihn am nächsten Tag direkt in den Papierkorb zu werfen – wenn er uninspiriert ist. Früher hat mich das maßlos geärgert und demotiviert, heute verbuche ich solche Tage als Trainingseinheit. Was mich am nachhaltigsten motiviert, ist die Tatsache, dass es stetig nach vorne geht, dass etwas wächst. Es motiviert mich zu hören, dass es mit jedem Album einen Schritt vorangeht und ich die alten Tracks durch die neuen nochmal toppen konnte. Es motiviert mich zu sehen, wie Sendo immer besser wird. Es motiviert mich zu erleben, wie unsere Beatbauer mit jedem neuen Projekt nochmal einen drauf legen. Solange ich die Möglichkeit sehe, den nächsten Schritt durch Training und Fleiß erreichen zu können, motiviert mich das. Darüber hinaus motivieren mich die Jungs unserer wöchentlichen „Dienstags-Cypher“, mit denen ich seit Jahren Musik mache, andere Künstler auf der Bühne, die ihre Sache mit Herzblut angehen und ganz besonders das Publikum bei Auftritten. Wenn ich sehe, dass fremde Menschen aufmerksam unsere Musik verfolgen und mit uns feiern wollen, dann reicht die Ladung im Motivationstank durchaus für mehrere Wochen. Meine Inspiration hole ich aus der Rolle des Beobachters. Es reizt mich, die Dinge um mich herum zu analysieren und zu beschreiben. Die Möglichkeit, Gesehenes durch gezielt platzierte Worte in einem lyrischen Film zu transformieren, finde ich faszinierend. Ich liebe es, als Beobachter

gewisse Lebensbereiche oder Eigenarten unter die Lupe zu nehmen und meine Gedanken dazu so plakativ wie möglich in einen Rahmen zu fassen. Es inspiriert mich schon seit meinem ersten Album, Widersprüche oder Gegensätzlichkeiten aufzudecken: sowohl in meinem Leben als auch in dem meiner Mitmenschen. Oft steht hinter einer neuen Textidee zuerst einmal ein Gefühl, dass geortet und benannt werden muss. Die Kunst besteht dann darin, bei den Zuhörern, durch die bereits beschriebenen lyrischen Bilder, eine Stimmung zu erschaffen, die meinem Ursprungsgefühl so nahe wie möglich kommen sollte. Künstler, die genau das bei mir erreichen, inspirieren mich. Sendo: Musik inspiriert mich generell, da es nichts Besseres für den Geist gibt. Zudem ist Musik machen für mich auch eine gewisse Verarbeitung, die einem im alltäglichen Leben Kraft gibt, stabil durch den Tag zu gehen. Ich persönlich könnte ohne Musik nicht leben. Klar hole ich mir auch immer wieder Inspiration über andere Künstler und Projekte, gerade dann, wenn ich merke, dass eine gewisse Entwicklung bei verschiedenen Musikern über mehrere Jahre stattfindet. Das gibt mir den Antrieb, mich zu steigern und nicht stehen zu bleiben.

Einen Rapper, den keiner kennt, kann keiner hören.

Im Untergrund euer Ding durchziehen oder kommerzieller Erfolg? Was strebt ihr an? Comar: Ich finde es erstaunlich, dass immer noch dieser Mythos vorherrscht, man könne sich im sogenannten „Rap-Game“ frei nach Schnauze einfach mal so zwischen Untergrund und Erfolgsspur entscheiden. Neee! Klar vergleicht man sich manchmal mit den kommerziell erfolgreichen Rappern und Bands. Ich stehe dazu, dass ich manchmal denke: Hmmm, das könnte ich aber besser flowen oder schlagkräftiger benennen. Was dann wieder eine reine Geschmacksfrage ist. Worauf ich hinaus will: Es gibt in diesem unendlichen Untergrund zig tausende Rapper, die nochmal um einiges besser sind als wir. Die Frage ist dann jedoch: Warum sind diese Rapper nicht kommerziell erfolgreich? Um eine größere Masse an Zuhörern zu gewinnen, bedarf es zuerst einmal einer Labelarbeit (Werfankyzine __ 55


bung, Konzerte, Merchandise, Medienpräsenz etc.). Einen Rapper, den keiner kennt, kann keiner hören. Ob das dann zum kommerziellen Erfolg reicht, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Aber genau hier kommen wir zum springenden Punkt. Die Frage ist nun, verändere ich meine Musik dahingehend, kommerziell erfolgreich zu werden oder lebe ich meinen HipHop-Film, so wie ich ihn auch ehrlich unterschreiben kann? Ich bin der Meinung, dass Leidenschaft da aufhört, wo sich der Gedanke erschließt, wie ich am besten eine Riesenfanschar um mich versammeln und möglichst erfolgreich viele Produkte an den Mann bringen kann. Sendo, wenn es soweit ist, sag mir bitte, dass ich aufhören soll – sofort! Momentan ist es sogar so, dass wir bei jedem Album noch drauf gezahlt haben für die Produktionen und das Mastering, die Cutz und die selbst gestalteten CDs. Nicht nur finanziell, sondern auch auf allen anderen Ebenen stecken wir insgesamt viel mehr rein, als am Ende bei rum kommt. Aber ey – wir sind stolz auf unser neues Album. Für uns ist es ein Erfolg! Sendo: Meine Einstellung war schon immer, mein Ding zu machen, auf das ich Bock habe und nach keinen Regeln zu spielen. Ich habe im Alltag meinen festen Beruf, der mir zudem sehr Spaß macht und durch den ich Geld nach Hause bringe. Von daher muss ich nicht Musik machen, die mir irgendwann das Portemonnaie füllt. Ich kann ohne diesen Druck ganz entspannt an die Sache rangehen, muss mich nicht für irgendeinen Ruhm verstellen und kann mich ausprobieren. Musik machen gibt mir ein Gefühl von Freiheit, und das hört man bei mir/uns denke ich auch. Ihr habt 2015 bereits mit „AM BEATion“ ein gemeinsames Album veröffentlicht. Für 2017 habt ihr ein neues Album angekündigt. Was erwartet die Hörer? Wie hat sich euer Sound weiterentwickelt? Welche Features gibt es? Comar: Ja, AM „BEATion“ war nach den ersten beiden Features unser erstes gemeinsames Ding. Im Nachhinein würde ich die Platte als „Schnupperkurs“ bezeichnen. Wir kannten uns jetzt auch noch nicht so wirklich gut damals. Und dann gleich ein ganzes Album? Doch dieses gemeinsame Ziel hat uns beide zusammengeschweißt. Ich glaube, wir könnten das heute vielleicht sogar noch ein 56 __ fankyzine

bisschen besser rappen, bin aber immer noch sehr stolz auf die Platte! Sendo hat dann ja seine „Am Drükka“-EP gemacht und jetzt steht das neue Gelöt zur Aufnahme bereit. Die Weiterentwicklung würde ich an erster Stelle an der Taktsicherheit festmachen. Diese Sicherheit gibt dann wieder mehr Spielraum für Flowexperimente. Wir haben uns beide darin gesteigert, den Beat und die Raps zu einer Einheit verschmelzen zu lassen. Tempomäßig wird auf der neuen Scheibe einfach mal in den nächsten Gang geschaltet. Ansonsten gibt es wieder eine bunte Tüte aus reflektierten Beobachtungen, ehrlichen Statements, Wortspielereien, Beats zwischen Massageliege und Bulldozer, noch mehr Scratches, bisschen Battle, bisschen Representen … Unseren musikalischen Grundstein haben Chris Brauer und Tars mit ihren neuen Über-Beats gelegt. Als Rapper


werden uns Pru und Fabe vom „Stiftberg“, Clishé, „Simply Rap“, Zeit-Rapha und Martin Meiwes unterstützen. Chris Brauer und Marlo haben wir außerdem dafür gewinnen können, die Tracks durch ihre wunderschönen Gesangseinlagen abzurunden. Schon die Gesangselemente von Janine auf dem „AM BEATion“ Album haben unserer Musik sehr gut getan. Auf einmal wurde uns klar, dass wir sie mehr in unsere Projekte integrieren müssen. Wie es der Zufall so will, konnte sie uns auf dem neuen Album aus familiären Gründen jedoch nicht unterstützen. An dieser Stelle liebe Grüße an dich von Comar & Sendo! Als DJs haben wir Cut Spencer, Sir Fankelot und DJ Ambawe mit im Gepäck. Sendo: Jedes Album, das ich bis jetzt produziert habe, hat mich immer ein Stück vorangebracht und ich merke bei der aktuell geplanten Scheibe, dass Comar und ich uns mal wieder sehr weiterentwickelt haben, was die Texte, die Ideen und die Zusammenarbeit angeht. Ich würde deswegen sagen, dass das neue Album von uns das Beste ist, was wir in der ganzen Zeit auf die Beine gestellt haben. Es ist sehr abwechslungsreich und geht von der Geschwindigkeit der Beatz sehr nach vorne, was uns auch bei einer Live-Show zu Gute kommen wird. Ich bin stolz drauf und freu mich auf die Reaktionen.

langsam so ein Sicherheitsgefühl ein, das dir sagt: Passt schon, klappt auch so. Für die neue Scheibe haben wir zum ersten Mal jeden Track schon einmal im Vorfeld bei mir zu Hause aufgenommen, damit unsere Beatgenies noch an den Breaks und den Arrangements arbeiten können. Danach geht’s dann entweder auf einen lokalen Gig oder ins Kino … lecker Bierchen! Sendo: Dazu muss ich sagen, dass wir beide uns über die Jahre auch menschlich besser kennengelernt haben und uns gegenseitig sehr schätzen und respektieren. Es ist eine gute Freundschaft entstanden, in der es thematisch nicht immer nur um Musik geht, sondern ums Zuhören, Sachen unternehmen und einfach das Leben genießen. Da wir nicht allzu weit auseinander wohnen, kommt es natürlich öfter zu Treffen, bei denen wir uns gut austauschen können und zusammen Pläne schmieden.

gemeinsam das Leben genieSSen

Läuft die Zusammenarbeit hauptsächlich online ab oder trefft ihr euch regelmäßig? Comar: Über die Jahre ist Sendo von einem Mucke-Kollegen zu einem meiner besten Freunde geworden. Früher war natürlich immer die Musik das Hauptthema, heute nehmen wir beide als echter Freund an dem Leben des Anderen teil. Am Anfang haben wir uns fast nur online verständigt. Mittlerweile telefonieren wir aber sehr regelmäßig, auch weil das andauernde Getippe irgendwann nervt. Aber klar, Beats verschicken und Textideen präsentieren läuft hauptsächlich im weltweiten Web ab. Vor Auftritten kann es manchmal sein, dass wir gar keine Zeit zum Proben finden, weil der eine noch dies und der andere noch jenes zu erledigen hat. Durch die enge Zusammenarbeit und die gemeinsamen Gigs schleicht sich jedoch

Arbeitet ihr an Solo-Projekten? Comar: Es gibt Anfragen zu Featureprojekten mit anderen Rappern. Ich sag dann immer, dass ich erst einmal unseren Diamanten schleifen muss und mir erst danach weitere Gedanken über neue Projekte machen kann. Tendenziell könnte sich daraus was ergeben. Im Moment hat unsere Platte jedoch oberste Priorität. Da ich Sendo und mich kenne, wird mit der letzten aufgenommenen Line zum neuen Album eh sofort wieder die Frage durch den Raum schweben: Bock auf das nächste? Sendo: Momentan ist die Soloarbeit bei mir eher in den Schatten gerückt, da mich Comar bei musikalischen Projekten gut mitzieht und mir Kraft gibt. Außerdem verbergen sich in zwei Köpfen mehr Erfahrungen und Ideen als nur in einem Schädel. Ihr kooperiert mit Künstlern aus Minden, Bielefeld, Herford, Paderborn … Wie weit reicht euer Netzwerk? Wie kamen die Kontakte zustande? Comar: Das Gute daran, nicht in einer Großstadt zu wohnen, ist die Tatsache, dass man sich immer wieder über den Weg läuft. Wenn irgendwo ein Konzert oder eine Jam stattfindet, kommt es heutzutage eher einem großen Familientreffen gleich … alle Atzen am Start! OWL ist sehr gut vernetzt fankyzine __ 57


und Reibereien zwischen diversen Crews, wie man es ja immer so gerne erwartet, gibt es hier einfach nicht. Die Verbindung mit den Jungs vom „Stiftberg“ liegt auf der Hand, denn die haben schon meine ersten krepeligen Gehversuche in Sachen Rap miterleben dürfen. Sozusagen meine Homies seit dem ersten Tag. Über die „Stiftberger“ kam dann der Kontakt zu DJ Fellbaum zustande. Damals war ich noch mit JabbaTheCut muckemäßig unterwegs. Mit ihm sind die beiden „Ranzer“Alben entstanden, ohne die ich heute dieses Interview gar nicht führen würde. Dann kam der Kontakt zu Sendo, und über ihn habe ich dann die ganze „Kimusaver“ Bande aus Minden kennengelernt. RAW hat dann sogar mein anstehendes Album „Für umme im Netz, für mich unbezahlbar“ komplett bei sich aufgenommen, abgemischt und gemastert. Mit Martin Meiwes und Marlo kamen dann diverse Projekte zustande. Zu Tars gibt es die Anekdote, dass, obwohl wir in derselben Stadt wohnen und er mich schon seit meinem ersten Album mit Beats unterstützt hat, wir uns erst fünf Jahre nach unserem ersten gemeinsamen Projekt auf einer Silvesterparty persönlich kennengelernt haben … Super Typ! Über ihn kam der Kontakt mit Tobzen und Afree aka Simply Rap zustande, die uns auf dem neuen Album tatkräftig unterstützen. Clishé und Zeitrapha sind gute Freunde aus der „Dienstags-Cypher“ und ewige Motivation. Den überaus sympathischen DJ Cut Spencer, der zwischen Bielefeld und Paderborn pendelt, habe ich über Sendo kennengelernt. Der Gute hat uns schon oft tatkräftig in Sachen Beats, Cutz und Live-Unterstützung zur Seite gestanden … Danke dafür! Chris Brauer haben wir dann zusammen im Studio bei den Jungs von „Crucial Cut Records“ in Herford kennengelernt. Das neue Album werden wir wieder bei Marian und Alex aufnehmen, weil die Atmosphäre super entspannt ist und das letztendliche Ergebnis immer richtig gut wird. Chris hat uns auf dem neuen Album fleißig mit Beats unterstützt. An ihm schätze ich besonders, dass er immer so zuverlässig ist und so unermüdlich an seinen Sample-Skillz feilt. Sehr gute Arbeit! Sir Fankelot (Mozai:k) habe ich erst

in den letzten Monaten besser kennengelernt. Er produziert derzeit ganz aktiv mit Aco MC neue Sachen. Das periphere Netzwerk reicht von Lübeck (Kallsen) bis nach Berlin (Pero). Sendo: Comar hat bezüglich dieser Frage eigentlich schon alles gesagt. Wir sind für Projekte mit anderen Künstlern immer sehr offen und wollen unser Netzwerk beziehungsweise unsere Kontakte nicht eingrenzen. Das ist auch sonst bei mir der Fall, da ich im Alltag sehr offen bezüglich neuen Bekanntschaften bin. Soll heißen, dass ich auf Vorurteile nichts gebe und mir mein eigenes Bild über jemanden machen will, egal was wer vorher über den jemanden sagt. Was regt euch an der HipHop Szene in der Region auf? Was findet ihr gut? Comar: Ich finde es total super, dass du die Frage auf den regionalen Raum eingegrenzt hast, denn darüber kann ich was sagen. Egal ob im Bunker Ulmenwall beim „Beat Buffet“, beim HipHop Stammtisch, bis vor kurzen noch bei den Jams im Desperado und im Papagei in Minden oder bei Konzerten im Nr. zum Platz, das Ganze wird zu einem großen Freundeskreis-Event. In einer Line sage ich „… für Maskenball ist unsere Stadt einfach klein/Blender fallen hier auf und eure Show passt hier nicht rein/ Alles, was man sagt, muss man live beweisen können beim Open Mike“. Ich glaube, das ist jedem bewusst und deshalb hält sich das große Geschwafel hier deutlich im Rahmen. Mit den meisten Rappern, die man auch als diese „Szene“ bezeichnen kann, mache ich zum Teil seit vielen Jahren selber Musik oder trete mit ihnen zusammen in diversen Lokalitäten auf. Jeder feiert auf eine ganz spezielle und eigene Art seine Verbundenheit zu dieser Form von Musik. Ich würde auch nicht unterschreiben, dass es einen bestimmten OWL-, nein, noch nicht mal einen speziellen Bielefeld- oder Minden-Flow gibt, da hier jeder seinen ganz eigenen Film schreibt. Alles, was ich hier beurteilen kann, ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck zu dieser sogenannten Szene. Sendo: Auf die regionale Szene bezogen finde ich die Zusammenarbeit sehr fruchtbar. Oft herrscht

REGIONALE HipHop Jams GLEICHEN Familientreffen.

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ein Geben und Nehmen. Man hilft sich gegenseitig und gibt gerne was zurück, indem man Jams organisiert auf denen man andere Künstler einlädt, eine gewisse Zeit live zu performen. Zudem teilt man gerne Beiträge, Videos oder ähnliches in sozialen Netzwerken um sich auf diese Weise zu unterstützen. Manchmal kommt es mir auf lokalen HipHop Jams sogar vor wie auf einem Familientreffen, da man sich über die Jahre des Öfteren über den Weg läuft. Klar gibt es manchmal eine Art von Neid oder kleine Unstimmigkeiten, aber das kommt doch überall vor. Für mich verbindet Musik und zieht keine Grenzen. Wie geht ihr mit Kritik um? Comar: Hehehehe, Sendo, willst du? Ich bin ex­ trem selbstkritisch, was Sendo manchmal schon extrem nervt. Aber ich glaube, das würde es mich auch. Ich lege schon großen Wert darauf, was Rapper, die sich mit der Materie auskennen, über meine Sachen sagen. Sendo kriegt es bei jeder Aufnahme erneut schonungslos aufgetischt. Mir ist eine ehrliche Meinung sehr wichtig. Sendo sagt meistens „jau, ist top“ und ich kann das nicht glauben. Obwohl er das ganz ernst meint, wie er immer sagt, nachdem ich ihn penetrant bearbeitet habe, endlich mal was Kritisches zu äußern. In meiner gesamten musikalischen Schaffensphase habe ich oft hören müssen, dass meine Tracks zu persönlich und damit anstrengend wären. Dass ich endlich mal etwas expliziter und dreckiger schreiben soll. Im Gegenzug habe ich aber für mich bemerkt,

dass mir dieser ganze Battlekram mit möglichst anstößigen Punchlines nichts gibt. Musik ist halt eine unendliche Geschmacksfrage. Wenn jemand meine ganze Art und Weise kritisieren würde, dann würde ich das einfach als Geschmacksdifferenz abspeichern. Wenn aber jemand, der meine Musik ehrlich verfolgt, zu mir sagt „das da an dieser oder jener Stelle hättest du aber besser gekonnt“, würde mich das schon wurmen. Womit ich gar nichts anfangen kann, sind Menschen, die zwei Zeilen von einem Lied verfolgen, den Rest durchquatschen und dann am Ende irgendeinen unreflektierten Kommentar ablassen. Ich freue mich über jede ehrliche Meinung, egal ob negativ oder positiv, weil ich dann darauf schließen kann, dass dieser Zuhörer sich auch mit meiner/unserer Musik beschäftigt hat. Wenn sich jemand mit unserer Musik auseinandersetzt und zum Schluss kommt, dass es nicht sein Ding ist, ist das völlig okay. Sendo: Mit Kritik gehe ich eigentlich sehr offen um und finde ohne „ehrliche“ Kritik kann man sich künstlerisch nicht weiterentwickeln. Zudem interessieren mich natürlich die Meinungen der Hörer, egal ob es negative oder positive sind. Das macht das Ganze für mich aus! Nur daran kann man wachsen und nicht an permanentem Zuspruch. Wo kann man euch live erleben? Comar/Sendo: Wir werden pünktlich zur Veröffentlichung unseres neuen Albums eine Releaseparty organisieren, zu der wir natürlich jeden herzlich einladen. Spätestens zu diesem Termin kann man auch erfahren, was wir live so auf’m Kasten haben. Infos dazu folgen zum Beispiel auf unseren Facebook-Seiten. facebook.com/SendoMinden facebook.com/ComarderRanzer fankyzine __ 59


Von links: Bianca Kaup, Jochen Siepmann, Michaela Jeretzky und Stefan Gliwitzki. Fotos: PR

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W wie Wacken Tone Fish Genre: Folk-Rock Heimatstadt: Hameln

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wie Anfang: Seit wann gibt es „Tone Fish“? Michaela: Die Band gibt es seit 2013. Stefan, unser Gitarrist, hatte schon vorher Ambitionen, ein Folk-Projekt umzusetzen. Wir lernten uns in einer anderen Band kennen, fanden weitere Musiker für „Tone Fish“. Jochen stieß 2014, Bianca im vergangenen Jahr zu uns.

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wie Bouzouki: Wie viele verschiedene Ins­ trumente werden in eurer Band gespielt? Jochen: Wir haben neun verschiedene Flöten, die Bouzouki, eine normale Gitarre, ein Akkordeon, ein Cajon, das ich allerdings als Bass Drum nutze. Vor mir stehen noch eine Snare, Mini-Becken, Hi-Hat, Stand Drum, Percussion und Shines. Das kommt von meinem Ursprung als Metal-Drummer. Den mehrstimmigen Gesang sehe ich auch als Teil unserer Musik an. Michaela: Bei uns sind bestimmt über 20 Instrumente im Einsatz.

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wie Cover: Was spielt ihr lieber: gecoverte oder eigene Lieder? Michaela: Wir fingen mit Coversongs an, das war auch gut so. Wir suchten Lieder heraus, die wir schon lange spielen wollten und uns musikalisch lagen. Mittlerweile besteht die Hälfte unseres Programms aus eigenen Songs. Ich kann nicht sagen, was ich lieber spiele, beide Bereiche haben ihre

Berechtigung. Eigene Stücke stehen uns vielleicht näher, weil wir eigene Geschichten erzählen. Jochen: Wir haben zwei Programme. Im ersten spielen wir überwiegend eigene Songs. Da die Nachfrage groß war, führten wir ein zweites Programm mit irischem Liedgut ein. Dazu gehören einige Klassiker, denen wir unseren Stempel aufsetzen. Die eigenen Note ist uns wichtig.

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wie drinnen und draußen: Wo tretet ihr lieber auf? Jochen: Das ist ganz schwierig zu sagen. Beides hat seinen Charme. Mein Highlight war unser Auftritt bei „Umsonst & Draußen“ in Veltheim. Allein die riesige Bühne war toll für das Ego. „El Niño“ aus New York, einer meiner Lieblingsbands aus meiner Metal-Zeit, waren damals Headliner. Wir spielten bereits an den unterschiedlichsten Orten, gaben Wohnzimmerkonzerte, traten auf großen Stadtfesten, in Kirchen, auf den Inseln Fehmarn, Sylt und Föhr auf. Es hat was für sich, auf der Bühne zu stehen und das Meer zu sehen. Ein kleiner verrauchter Pub ist auch was Tolles. Es ist spannend, sich freitagnachmittags in den Bus zu setzen, loszufahren, unterwegs einzuschlafen und beim Aufwachen wieder eine neue Location geboten zu bekommen.

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wie Erster: Wie war euer erster Auftritt als Band? Jochen: Da war ich noch nicht dabei. Der erste Auftritt mit mir war im Wohnzimmer von Michaelas Bruder, das allerdings so groß wie eine Turnhalle ist und über eine komplette Etage geht. Das Konzert war witzig, aber ich saß damals noch sehr zurückhaltend auf dem Cajon und hatte noch keine anderen Instrumente dabei. Auf dem Cajon sitzt man wie auf einem Schleifstein und kann fankyzine __ 61


nur schlecht Augenkontakt zum Publikum halten. Heute spiele ich mehr frei raus, das ist schön. Michaela: Das erste offizielle „Tone Fish“ Konzert fand in einem Hamelner Café statt, wo eigentlich keine Bands auftreten. Es war gemütlich und rappelvoll. Das Publikum bestand aus geladenen Gästen, Freunden und Verwandten: eine echt schöne Atmosphäre. Damals hätte noch niemand damit gerechnet, dass wir zwei Jahre später einen großen Saal auf Sylt füllen.

ältere Dame in der zweiten Reihe die ganze Zeit zur Musik. Irgendwann forderte Stefan das Publikum zum Tanzen auf. Die Frau war locker Mitte 80 und fetzte auf einmal quer durch den Laden. Wir sprachen sie nach dem Konzert an. Sie war einst Tänzerin, hätte die Leidenschaft noch im Blut und musste zu uns einfach ausrasten. Die anwesenden Leute fanden ihr Verhalten wohl eher lächerlich, für mich war es einfach großartig. Solche Erlebnisse hat man eigentlich immer.

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wie Fan: Was war die verrückteste Aktion eines Fans? Michaela: 2015 stand bei der „Irish Night“ ein junger, uns unbekannter Mann ziemlich nah vor der Bühne. Er trug eine Jacke, hatte einen Arm darunter versteckt und schaute mit großen Augen zu uns. Als das Konzert zu Ende war, gingen wir von der Bühne und da überreichte er mir einen riesigen Strauß Rosen und sagte, wie schön er unseren Auftritt fand. Die Blumen ließen nach zwei Stunden unter der Jacke schon ein wenig den Kopf hängen, aber die Aktion war süß. Jochen: Mein Highlight mit einem Fan war unser Auftritt im Vorprogramm von Eric Fish, dem Sänger von „Subway to Sally“. Wir traten vor 615 Leuten in einer Kirche in Hameln auf, da hatten wir Heimvorteil. Am folgenden Tag fuhren wir mit ihm weiter nach Lübeck ins „Rider’s Café“. Dort wussten wir nicht, wie das Publikum auf unsere Musik reagieren würde. Eric Fish bedient ein anderes Publikum, er hat sehr viel Mittelalterliches im Programm. Ein Mädel war während des Konzerts ziemlich begeistert und grinste uns die ganze Zeit total an. Erst später bemerkte ich, dass sie im Rollstuhl saß. Ich fand es total herzzerreißend, dass ihr Freund nach dem Konzert zu uns kam und uns fragte, ob wir auf ihrem Rollstuhl unterschreiben könnten. Man setzte sie auf den Boden, baute den Reifen ab und gab uns die Radkappe für die Unterschriften. Michaela: In Oldenburg spielten wir in einer Location mit 100 Leuten. Am nächsten Tag schrieb uns ein Gast eine Mail, in der er sich bedankte. Er hatte die Musik an den Nagel gehängt, aber wegen unseres Konzerts spürte er die Kraft, den Mut und den Spaß, wieder loszulegen. Jochen: Bei dem genannten Konzert wippte eine 62 __ fankyzine

wie Genuss: Was hört ihr privat für Musik? Jochen: Wenn jemand meine Plattensammlung mit über 2000 CDs sieht, schlägt er die Hände über den Kopf zusammen. Von „Scooter“, Bob Marley bis Helene Fischer ist alles da, auch weil ich lange für ein Magazin geschrieben habe und Promo-CDs erhielt. Für mich zählt kein Genre, sondern ein Song. Dann ist es egal, von wem er ist. Meine aktuelle Stimmung ist ebenfalls entscheidend. Helene Fischer hat einige Coversongs gemacht und kann diese mit ihrer


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wie Irish Night: Warum sollte man eure Hamelner „Irish Night“ nicht verpassen? Michaela: Die Veranstaltung findet im Lalu statt, das einfach eine wundervolle, stilvolle und gemütliche Location ist. Im vergangenen Jahr hatten wir die Irish-Folk-Band „Emerald“ aus Hannover dabei. In diesem Jahr treten wir mit „Ganaim“ auf. Jede Band spielt eine Stunde lang, dann folgen gemeinsame Aktionen. Jochen: Der Sänger von „Ganaim“ singt bei „Versengold“, einer sehr bekannten Band der Mittelalterszene und echt sehenswert. Für uns ist die „Irish Night“ ein Highlight, weil wir versuchen, möglichst selten vor heimischen Publikum aufzutreten, um was Besonderes zu bleiben. Beim großen Finale der „Irish Night“ holen wir uns gerne Gastmusiker auf die Bühne. Im vergangenen Jahr war das zum Beispiel Ferdy Doernberg. Diesmal wird Max Heckel von „Nobody Knows“ wieder dabei sein. Er spielt Geige, ist total durchgeknallt und schlägt auf der Bühne sogar einen Purzelbaum. Super für ein Finale!

unheimlich guten Stimme prima singen. Deshalb habe ich mir ein Album von ihr geholt.

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wie Hameln: Hameln und Folk Rock, wie passt das zusammen? Michaela: Wo passt Folk Rock nicht hin? Dank unserer Flöten ist unterwegs natürlich immer die Assoziation zu Hameln vorhanden. Deshalb nennen wir unsere Musik liebevoll „Rat City Folk“. Es gibt viele tolle Bands aller Musikrichtungen in unserer Stadt. Jochen: Wir schenkten Hameln den Song „Des Spielmanns Stolz“ in einer deutschen und einer englischen Version. Er handelt von der Rattenfänger-Geschichte, mit der sich die Stadt nicht gerade mit Ruhm bekleckerte. Für Tourismus-Aufführungen sind sechs Rattenfänger im Einsatz, einen davon kennen wir gut. Er ist regelmäßig bei unseren Konzerten, spielt gelegentlich mit. Es stört ihn, dass das bestverkaufte Souvenir eine Fußmatte sei und sich somit die Leute auf ihm die Füße abtreten. Davon handelt der Song. Sonntags zum Start der Rattenfänger-Freilichtspiele läuft er vorab. Und das verbindet Hameln mit Folk.

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wie Jochen Siepmann: Was ist für dich das Besondere an „Tone Fish“? Jochen: Ich spielte in vielen Krawall-Kombos, tourte durch die Welt – England, Polen, Belgien, Argentinien –, aber so eine Vielfalt wie bei „Tone Fish“ hatte ich noch nie: vom ganz kleinen Irish Pub bis zum Auftritt in einer wunderschönen Kirche. Auf Sylt spielten wir in einem riesigen Kultursaal, die Zuschauer feierten auf den Stühlen, wir verkauften 32 Alben, schliefen in einem VierSterne-Luxus-Hotel. Die nächste Location war ein winziges Café, wo wir noch nicht einmal unsere Anlage aufbauen konnten und rein akustisch spielten. Als Bezahlung gab es für jeden zwei Flaschen Bier und eine Pizza, die wir uns teilten. Geschlafen wurde in einer Jugendherberge. Ein besseres Kontrastprogramm gibt es nicht. Wir können mit der Band auch so spontan sein. Auf unserer Nordsee-Tour machten wir einen Abstecher nach Wacken, bauten uns direkt vor einem Supermarkt auf und wurden vom Sat.1-Frühstücksfernsehen interviewt. Wir verkauften die Aktion als unsere Bewerbung für Wacken 2017. Michaela: Meine Mutter rief mich am nächsten fankyzine __ 63


Tag an, weil sie mich auf N24 sah. Jochen: Solche Aktionen passieren einem nicht mit einer Band, die auf Tour so viel säuft, dass sie erst am nächsten Tag um 14 Uhr wieder klarkommt. Bei uns läuft alles netter, gesitteter. Wir haben noch etwas vom Tag und können die Gegend besichtigen. In Argentinien sah ich damals zum Beispiel nur den Tourbus und Clubs von innen. Das war total schade.

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wie Kollegen: Mit welchen anderen Bands habt ihr regen Kontakt? Jochen: Jeder hat natürlich sein Netzwerk. Ich habe viele Festivals organisiert. Mein Bruder betreibt eine Kneipe in Hameln, wo dreimal die Woche Live-Bands auftreten, mit denen ich Telefonnummern austausche. So betreibe ich viel Networking.

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wie Liebling: Wie lautet eure liebste Songzeile? Michaela: Jochens Lieblingszeile stammt von Bonnie Raitt. Ihre erste Zeile von „Not cause I wanted to“ lautet: „Well I’m calling you/’Cause you deserve to know/You were not the reason/ That I had to go.“ Jochen: Das zieht mir jedes Mal die Schuhe aus. Einfach herzzerreißend, wunderschön.

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wie Michaela Jeretzky: Was ist für dich das Besondere an „Tone Fish“? Michaela: Ich kann mich Jochen (siehe Buchstabe J) nur anschließen. Wir lernen unterwegs tolle Leute kennen. Ich mag das Reisen und finde es immer wieder spannend, wie das Publikum auf uns reagiert. Jochen: Zudem haben wir einfach unheimlich viel Spaß auf der Bühne. Michaela: Wir arbeiten alle Vollzeit, da sind unsere Touren an den Wochenenden durchaus anstrengend. Aber wenn wir gemeinsam auf der Bühne stehen und Jochen anzählt, sind wir alle hellwach. Jochen: Wir spielten im vergangenen Jahr 95 Konzerte. Da muss man sich ab und zu zusammenreißen. Unser Publikum bekommt – unabhängig von der Größe – immer eine gute Show geliefert.

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wie Nordsee-Tour: Erzählt bitte einen Schwank eurer Nordsee-Tour! Jochen: Das Highlight war unser Wacken-Ausflug (siehe Buchstabe J). Michaela: Die alte tanzende Dame (siehe Buchstabe F) gehört definitiv dazu. Jochen: Eine tolle Erfahrung war unser spontanes Akustik-Konzert an der Strandpromenade. Innerhalb einer halben Stunde hatten wir 27 Euro im Hut. Michaela: Bei unserem letzten Auftritt auf Föhr konnte Bianca aus gesundheitlichen Gründen nicht mitkommen. Wir sollten ihr einen Stein mitbringen. Die erste Person, die uns dann was in den Hut warf, beförderte tatsächlich einen Stein hinein. Total schräg!

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wie On Tour: Welche Shows genießt ihr mehr: unterwegs vor fremden Publikum oder zu Hause? Michaela: In Hameln sind wir sicherer, auswärts ist es inzwischen spannender für mich.


Michaela: Stefan ist unser Fischkopf, als Bandchef kümmert er sich um die Organisation, das Booking, und er schreibt die Songs. Jochen: Ich muss generell den Bulli laden, weil ich wahrscheinlich am besten Tetris spielen kann.

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wie „Peacemaker Project“: Worum geht’s dabei? Jochen: Auslöser waren Ende der 70er, Anfang der 80er die Gespräche meines Vaters mit seinen Freunden über den Kalten Krieg. Ich hatte eine unheimliche Angst davor. Die Flüchtlingssituation heutzutage macht mir genauso Angst. Nun habe ich aber nicht mehr das Gefühl der Ohnmacht, sondern glaube, dass ich etwas unternehmen kann. Die 60er Jahre mit Woodstock, den Studentenrevolten etc. zeigten, dass Künstler eine Menge bewegen können. Leute haben ein zu geringes politisches Bewusstsein, leben in den Tag hinein, sind auf ihr Smartphone fixiert, gucken keine Nachrichten. Mein „Peacemaker Project“ erinnert an die „Ice Bucket Challenge“ 2014. Künstler können in einem Film Stellung beziehen, weitere Künstler weltweit nominieren und ihren Beitrag zu uns schicken. Dabei werden wir von diversen Organisationen und Parteien unterstützt. Das Projekt ist relativ unpolitisch gehalten, damit der Grundkonsens von jedem unterschrieben werden kann: Krieg ist für niemanden gut. Das ist meine Herzensangelegenheit. Jeder ist aufgerufen, daran teilzuhaben. Künstler können viel bewegen. Mit Musik lassen sich Massen steuern. Der Musiker Falkenberg unterstützt uns. „Fettes Brot“ und Sahra Wagenknecht haben unsere Petition unterschrieben. Wir versuchen, aus allen Lagern Leute zu aktivieren und eine neue Friedensbewegung einzuführen.

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wie Quartett: Wie sind bei euch die Zuständigkeiten innerhalb der Band?

wie Release: Wie habt ihr es geschafft, 2016 zwei Alben zu veröffentlichen? Michaela: Das hört sich wilder an, als es ist. Wir schnitten ein Live-Konzert an der Kulturmühle Bodenwerder mit. Daraus entstanden die beiden CDs. „The Traveler“ enthält eigene, „The Celtic Experience“ irische Songs. Wir waren dafür nicht zweimal im Studio. Jochen: Um die Aufnahmen vorzubereiten, probten wir ausgiebig zwei Monate lang viermal pro Woche. Das war heftig, hat sich aber gelohnt.

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wie Solokarriere: Manche von euch spielen auch in anderen Bands: Sind Soloprojekte

dabei? Michaela: Stefan hat ein eigenes Projekt namens „Stegliz“. Da spielt er vorrangig eigene Songs im deutschen Liedermacher-Stil, inspiriert von Hannes Wader.

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wie „Tone Fish“: Woher kommt der Name? Michaela: Ich weiß nicht mehr, woher der Name kommt. Wir spielten mit Worten, überlegten: Töne fischen, sich was rausfischen aus dem Dschungel der Musik. Das ist vielleicht die Erklärung.

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wie Uhrzeit: Um wie viel Uhr tretet ihr am liebsten auf? Michaela: Die meiste Energie haben wir gegen 20 Uhr: Prime Time! Aber ein Auftritt am Nachmittag bei gutem Wetter und netter Atmosphäre ist natürlich auch super. Je später das Konzert losgeht und je länger es dauert, umso anstrengender ist es. Fünf Stunden am Stück musizieren, ist echt kräftezerrend.

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wie Video: Was ist das Besondere an eurem „Englishman in New York“ Video? Jochen: Wir haben einen Bekannten, der als fankyzine __ 65


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Herren-Ausstatter arbeitet, ein richtiger Gentleman. Er füllte die Rolle im Video perfekt aus. Der Dreh ging von Samstagmorgen 8 Uhr bis Sonntagabend 18 Uhr. Ein professionelles Kamerateam hat auf alle Details geachtet. Das war echt klasse.

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wie Wacken? (siehe Buchstabe J) Michaela: Da müssen wir definitiv hin. Mein 15-jähriger Sohn möchte, dass wir dort auftreten und ihn mitnehmen.

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wie Mr. oder Mrs. X: Mit wem würdet ihr gerne mal auftreten? Michaela: Ed Sheeran, um mal ganz bescheiden zu sein. Wallis Bird ist ebenfalls grandios. Jochen: Heutzutage muss man sich in Touren einkaufen. Mich würde es reizen, unterschiedliche Formationen zu begleiten. Könnten wir zum Beispiel vor einem „Jethro Tull“ oder „Pogues“ Publikum bestehen? Bei Eric Fish hätten wir das vorher auch nicht erwartet.

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wie Y-Chromosom: Zwei Frauen, zwei Männer, geht das als Band immer gut? Michaela: Wir verbringen so viel Zeit miteinander. Es wäre gelogen, wenn wir uns alle immer lieb hätten. Es knallt ab und zu. Bis jetzt hat es aber immer irgendwie funktioniert. Im vergangenen Jahr Richtung Herbst war nach 80 Konzerten ein gewisses Pensum erreicht. Die Luft war raus. Jochen: Zum Glück nehmen wir aufeinander Rücksicht, können über alles reden und man ist mit seinen Problemen nicht alleine.

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wie Zukunft: Was gibt es 2017 Neues bei „Tone Fish“? Jochen: 30 Konzerte stehen für das kommende Jahr. Wir werden aber nicht mehr alles annehmen. 90 Konzerte sind einfach zu viel. Michaela: Eine Nordsee-Tour steht auf jeden Fall wieder an. Jochen: Wir versuchen, neue Gebiete zu erobern, treten im Ruhrgebiet und in der Eifel auf. Persönlich bin ich sehr an Wien oder Prag interessiert. Allerdings ist es schwierig, dort ranzukommen. Eine CD wird es 2017 wohl nicht geben. Michaela: Wir würden uns sehr freuen, wenn wir in Zukunft die Hamelner „Irish Night“ fest etablieren. Jochen: Und Wacken steht auf unserem Wunschzettel ganz oben! tone-fish.com facebook.com/Tonefishtunes facebook.com/ThePeacemakerProjectHameln _____________________________________________ VERLOSUNG Auf Seite 77 verlosen wir 4x das Debüt „On the Hook“.


Alles ist erreichbar Marco Coon Genre: Techno, Electronic Heimatstadt: Bielefeld

Für welchen Sound steht Marco Coon? Das ist gar nicht so einfach, selber zu beurteilen. Meinen Sound wirklich bezeichnen, können sicher am besten meine Zuhörer. Ich selbst ordne mich einerseits klar im Techno Genre an. Jedoch habe ich auch einen starken Drang, meine Sets und Tracks immer weiter zu entwickeln. Da kommt es oft vor, dass ich viel Elektronisches kombiniere. Ich lasse mich nur ungern in eine Schublade zwängen. Ich würde sagen, mein Sound steht für elek­tronische Vielfalt und das beschreibt auch ganz gut das, was die Hörer erwartet.

Wann hast du mit dem Auflegen angefangen? Was war der Auslöser? Der Auslöser war einerseits das große Interesse an Musik in ihrer vollen Vielfalt, andererseits Spaß an der Freude. Irgendwann mit 16 oder 17 Jahren entdeckten ein paar Freunde und ich elektronische Musik in aller Form für uns und somit relativ schnell das DJing. Den Plan, wirklich selber zu produzieren oder Resident aufzulegen, hatte damals noch keiner. Das kam dann alles nach und nach. Es war ein toller Zeitvertreib, der uns zusammengeschweißt hat. Einer meiner besten Freunde und ich sind heute aktiv im Geschehen, legen regelmäßig auf und kommen immer wieder zusammen, um zu produzieren. Das hätten wir damals auch nicht erwartet. By the way: Grüße & Kuss an Slevin! fankyzine __ 67


Welche Musikszene findest du besonders inspirierend? Alle. Also fast alle. Es gibt ja unsäglich viele Genres. Durch meine nennen wir es mal „Sucht“ nach Musik und Erfahrungen habe ich schon so manche Szenen und Genres hautnah miterlebt. Papa hat mich zum Heavy Metal gebracht. Danke, Papa! Bisher war immer etwas dabei, was mich total geflasht und sich – mal zu kleinen, mal zu größeren Teilen – in mir festgesetzt hat. Ich kann jedem Leser nur empfehlen, mal auf ein gepflegtes Heavy Metal Konzert zu gehen oder sich bei einem Reggae Jam die Welt aus dem Kopf zu tanzen. Es tut einfach gut, gerade in Produktionsphasen neue Erfahrungen zu sammeln. Arbeitest du auch mit anderen Künstlern zusammen oder bist du eher ein Einzelgänger? Ich kann sehr vernarrt in meine eigenen Projekte sein und lasse mir oft ungern reinreden. Ich bin

dann praktisch in meinem Film und Umbrüche bringen mich manchmal schnell aus dem Konzept. Die elektronische Musik nutze ich sozusagen als meinen akustischen Spielplatz. Da kann ich machen, was ich will und wie ich es will. Ein kleiner Drang zur Selbstverwirklichung könnte der Grund sein. Deswegen bleibe ich mir auch immer treu und könnte mir nicht vorstellen, aufgezwungene Musik zu spielen. Dennoch liebe ich es, wenn mehr als ein Kopf raucht. Demnach bin ich total offen für gemeinsame Projekte. Es ist einfach die Fusion von Künstlern, die für sich alleine einen eigenen Sound haben, zusammen aber etwas ganz Neues schaffen. Das ist für mich sehr reizvoll und man entdeckt schnell neue Seiten an sich selbst. Wo hast du zuletzt aufgelegt? Überraschung! Im Sam’s. Du bist Resident DJ im Sam’s Bielefeld. Was ist das Besondere an der Location? Das Besondere am Sam’s? Keine Ahnung. Alles. (schmunzelt). Der Laden hat einfach eine unfassbar starke Tradition, Ecken und Kanten. Was den Laden zusammen hält, ist vor allem die Gemeinschaft. Die spürt man natürlich auch, wenn man dort auflegt. Es ist manchmal fast wie eine kleine Familie. Du hast nie das Gefühl, fremd zu sein im Sam’s. Offenheit, Spaß und ein Löffelchen Wahnsinn. Du hast vor kurzem beim Label „Kellerbeats Records“ deine erste EP „The Untold Saga“ veröffentlicht. Wie hat die Zusammenarbeit ausgesehen? Die war sehr unspektakulär. Auch wenn ich damals natürlich aufgeregt war. Die Jungs haben mich angeschrieben und gefragt, ob ich mal eine EP bei ihnen releasen will. Den Rest kann man sich denken. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht und mir neue Wege aufgezeigt. Natürlich auch Schattenseiten und Dinge, an denen ich noch arbeiten muss. Insgesamt war es eine tolle Erfahrung. Grüße an M&M.

Foto: Jonas Klocke 68 __ fankyzine

Welche Veranstaltung sollte man sich in der Region als Liebhaber elektronischer Musik nicht entgehen lassen? Wo bist du eventuell auch selbst aktiv? Jetzt kommt alles raus (hust). Es gibt einige tol-


le Veranstaltungen in der Region. Das Problem hier ist, dass vieles einfach nicht laufen will. Ich denke, regionale Leser wissen, wovon ich rede … Man kann schon sehr viel Spaß haben. Wenn man jedoch ein wirklicher Liebhaber elektronischer Musik ist, kommt man von der Abwechslung her schnell an seine Grenzen und muss diese am Wochenende oft überqueren und in anderen Städten sein Glück versuchen. Generell kann man aber auch hier nicht viel falsch machen. Viele Veranstaltungen sind im Wandel oder reiten auf Wellen mit, die man nicht immer ganz versteht oder auf die ich keine Lust habe. Dennoch gibt es einige Partys, die man mitnehmen sollte. Früher war für uns die „elounge“ im Forum immer die No.1. Wer es ausgefallen und krass mag, geht ins Forum/„elounge“ oder „Himmel&Erde“. Wer es etwas gewaltiger will, sollte sich die „Electronic Wonderland“ im Ringlokschuppen nicht entgehen lassen – große Acts, großes Kino. Die Skala Crew macht, soweit ich weiß, den Ostbahnhof unsicher. Das steht – Schande über mein Haupt – immer noch auf meiner Checkliste. Und wenn der Popo während der Nacht einfach nicht grooven will – kommt ins Sam’s und bringt Frühstück mit!

wie es aussieht. Bisher war ich nur national außerhalb von Bielefeld live zu hören. Wo oder für wen würdest du gerne mal auftreten? Die Liste ist lang. Sowohl regional als auch international. Von Clubs bis Bars ist da so einiges bei, das mich reizen würde. Würdest du für bessere Erfolgsaussichten aus OWL ziehen? Das kommt darauf an. Ich liebe meine Heimat. Dennoch bin ich ein Entdecker und werde mich wohl nie davon abbringen lassen, neue Erfahrungen zu sammeln. Jedoch ist mir auch ein festes Heim wichtig. Einfach eine Base, die mir Rückhalt und Sicherheit gibt. Ohne es zu kombinieren zu können, würde ich auf jeden Fall nicht Hals über Kopf wegziehen. Außerdem ist es heutzutage ja fast egal, wo man ist. Alles ist erreichbar – alles ist machbar.

Das Problem ist, dass vieles hier einfach nicht laufen will.

Bist du als DJ viel unterwegs? National? International? Ich sehe mich selbst immer noch ganz am Anfang meines Tuns als DJ und Produzent. Bielefeld ist sozusagen das kleine Ausbildungslager. Man kann heute nicht einfach sagen, ich werde jetzt DJ und ziehe in die Welt hinaus. Ein Traum wäre es natürlich, eigenständig durch die Welt zu reisen und ab und zu hier und da ein paar Gigs zu spielen. Jedoch ist das, wie wir alle wissen, längst nicht so einfach,

Was gibt es 2017 Neues bei Marco Coon? Ich arbeite da an so einigen Dingen. Auf jeden Fall wird es viel neue Musik geben, an der ich aktuell massiv bastel. Hinzu kommen Kooperationsprojekte, die auch mal in ganz andere Richtungen gehen und natürlich habe ich vor, meine Residency im Sam’s weiterzuführen, jedoch frei nach dem Motto „Attack the Block“ auch in anderen Etablissements meine Zelte aufzuschlagen. facebook.com/whoisthecoon soundcloud.com/marcocoon fankyzine __ 69


Blues-Musiker sind keine Marionetten Der engste kreis Genre: Blues-Pop Heimatstadt: Hannover

Freitag, 10 Uhr morgens, Proberaum: Ist das eure übliche Zeit? Carsten: Ja, als Freiberufler ist das kein Problem. Ich bin gelernter Kulturwissenschaftler und schon ewig als Musiker unterwegs. Ich arbeite vormittags als Produzent hier in meinem Studio Litfin. Es umfasst einen Aufnahmeraum und einen Übungsraum, den ich auch gelegentlich vermiete. Ich mache Musikaufnahmen und arbeite auch für andere Musiker wie Rainer Schumann von „Fury in the Slaughterhouse“ oder Diana Babalola. Das hilft, den Betrieb Aufrecht zu erhalten. Wir haben es hier gut getroffen. Die andere Hälfte des Tages produziere ich für einen Radiosender. Das Musikbusiness ist schwer, das Geld verdiene ich leider nicht ausschließlich mit meinen Herzensprojekten. Dafür gehen wir mit unserer Band ohne äußeren Druck schrittweise voran. Wir können in Ruhe beobachten, wie wir uns entwickeln, und uns aussuchen, wer mit uns zusammenarbeitet. Georg: Das ist ein ganzer Musikerkreis. Carsten: Wir können mit unserem Schaffen viele Leute beschäftigen. 70 __ fankyzine

Georg: Da sich Carsten als semiprofessioneller Musiker bezeichnet, bin ich wohl semisemisemiprofessionell. Carsten: Du bist ein Donnerstags-Freitags-Musiker. Georg: Genau, obwohl ich schon ewig musiziere. Beruflich mache ich was ganz anderes: Ich bin Psychologe und Psychotherapeut im Kinderkrankenhaus. „Der engste Kreis“ besteht seit 2012. Wie habt ihr als Band zueinander gefunden? Georg: Wir lernten uns 2012 auf einer Pilgerreise in der Mongolei – in Ulan Bator – kennen. Das ist jetzt natürlich das Mysterium unserer Bandgeschichte. Außenstehende wissen nicht, ob das wirklich stimmt. Carsten: Das war reiner Zufall: Wen trifft man schon in der Mongolei, dann noch aus dem selben Wohnort und beide musikalisch veranlagt? So beschlossen wir, wenn wir die Reise überstehen, durchstehen wir auch eine gemeinsame Produktion. Georg: Die Band war Carstens Idee. Ich bin mehr oder weniger zufällig dazu gestoßen. Ob das nun wirklich in Ulan Bator war … Carsten: Die Geschichte ist gut, hat nicht jeder. Georg: Bleibt hängen.


Georg (l.) und Carsten sind „Der engste Kreis“. Foto: Karin Brandt

Wie definiert ihr euren Stil? Carsten: Unsere erste gemeinsame Platte beinhaltet ältere Ansätze. Inzwischen gehen wir etwas konkreter auf unseren Stil zu: blueslastigen Pop. Kommendes Jahr würden wir gerne in passenden Blues-Clubs auftreten. Die Schwierigkeit besteht darin, den Spagat zwischen Blues, Pop und der deutschen Sprache zu schaffen. Die Clubs sind manchmal sehr snobistisch und geschlossen, wenn man nicht auf Englisch singt. Wir müssen uns für Auftritte einfach umschauen. 2017 gehen wir zudem die Produktion einer EP an. Da sind wir schon gespannt drauf. Georg: Wir machen keine Musik, die in den nächsten Wochen die Top Ten stürmt. Unser Projekt erfordert einen langen Atem. Schritt für Schritt gibt es Lichtblicke, da mal eine Idee, hier eine neue Linie. Wir arbeiten mit unterschiedlichen Leuten zusammen, die ihre Farbe einbringen. So haben wir gerade eine Produktion mit neuen Musikern live eingespielt. fankyzine __ 71


Carsten: Es sind renommierte Musiker dabei, zum Beispiel Martin Huch aus Hannover. Er spielt SlideGitarren, also Pedal-Steel- und Lap-Steel-Gitarren, auf ganz hohem Niveau. Auf unserer alten Platte ist er bereits mit zwei Stücken vertreten. Gero Drnek, ein weiterer Freund, übernahm die meisten Bassund Orgelparts. Er spielt bei „Fury in the Slaughterhouse“ mit. Über die Zusammenarbeit freue ich mich, weil er ein sehr guter Musiker und Typ ist. Er ist sehr lässig und akkurat. Edda Litfin, meine Frau, spielt als Schlagzeugerin ab und zu bei kleineren Konzerten mit. 2015 traten wir in einer Raucherkneipe in Hameln auf. Den Qualm waren wir nicht mehr gewohnt. Georg: Es war ein kleiner Gig in der vermutlich letzten Raucherkneipe. Das war beim Singen extrem anstrengend. Carsten: Selbst die Gitarren rochen anschließend. Früher war es ja gang und gäbe, Auftritte in verrauchten Kneipen waren kein Thema. Heute muss man sich überwinden. Wobei ich zwanzig Jahre lang gern rauchte, ich bin kein militanter Nichtraucher. Die Kombi Blues und Kneipe ist generell in Ordnung. Georg: Unser deutschsprachiger Blues ist etwas Besonderes. Wir versuchen das Ganze etwas zu 72 __ fankyzine

schärfen, um vom Gemischtwarenladen in eine speziellere Richtung zu gehen. Carsten: Genau, wir möchten interessanter werden im Blues-Umfeld. Es gibt Bands, die diesen Weg schon beschritten haben. „Selig“ aus Hamburg sind Rock-Pop-Blues-lastig, die empfinde ich als angenehm. Weitere gute Acts aus dem Bereich sind Henrik Freischlader und Gregor Hilden aus Münster. In Hannover ist die Szene relativ übersichtlich. Blues ist eben eine ehrliche Musik. Es wird nicht viel durch Effekt-Spielereien und Kitsch aufgeblasen. Man muss richtig arbeiten, um Blues umzusetzen. Georg: Es ist handgemachte Musik aus der VintageEcke mit alten Instrumenten. Carsten: Wir sehen beispielsweise zu, dass wir keine neuen Synthesizer verwenden. So nutzen wir gerne die Orgeln und E-Pianos hier im Raum. Carsten spielt einen Song vor. „Guten Morgen Deutschland, ist das dein wahres Ich?“ „Deutschland, wer bist du?“ Carsten: Das war ein Lied aus unserer politisch motivierten Ecke. Wir haben zwei inhaltliche


Zweige, einmal die leicht politische und dann die psychologische Sichtweise. Das steckt schon immer in unseren Texten. Ihr schreibt beide Texte? Carsten: Ja, wir entwickeln Ideen und arbeiten uns Stück für Stück nach vorne, um das Ganze zu präzisieren. Manchmal verändert es sich wieder, wenn wir damit nicht zufrieden sind. Georg: Das sind manchmal Kämpfe um jedes Wort. Carsten: In unseren Texten steckt häufig die Diskrepanz zwischen dem Übergeordneten und der realen Existenz, sei es von politischer, psychologischer, ästhetischer oder philosophischer Natur. Das Zurechtfinden in der Welt ist ziemlich starr und häufig vorgegeben. Die Schwierigkeit besteht darin, etwas wirklich mitzugestalten oder zu verändern. Der Mensch im System sozusagen. Das kommt in unseren Songs ziemlich häufig vor. Es ist die Lebensrealität jedes Einzelnen von uns, die sich dort wiederfindet. Jeder muss mit seinem Umfeld klarkommen, seinen Mitmenschen, seinen Vorgesetzten, … falls man welche hat. Ich hatte zum Glück noch nie einen Chef. Das merkt man. Manchmal ist das schlecht für andere. Ich bin ein begrenzt kompatibler Befehlsempfänger. Georg: Unsere Texte sind nicht nur an den großen Themen der Politik aufgehängt. Wir leben in einem System und müssen darin irgendwie zurecht kommen. Wo liegt die Freiheit darin, welche Möglichkeiten haben die Leute? Das gilt auch für eine Beziehung oder für das Leben in der Natur. Aber es müssen nicht unbedingt riesige Themen sein, das passt nicht zum Blues.

rionetten, die irgendetwas wiedergeben. Sie sollen ihre Farbe einbringen. Deswegen spielt man genau mit den Menschen zusammen, um den Beat zu erhalten, den man selbst nicht umsetzen kann. Es fließt zusammen. „Der engste Kreis“ ist kein Zweierprojekt, wo irgendwelche Leute engagiert werden. Carsten: Demnächst kommt ein Kollege vorbei, der für zwei Stücke Trompete spielt. Ich lernte ihn zufällig kennen, er ist in mehreren bekannten Bands wie „Wohnraumheldenliga“ aktiv. Darauf freuen wir uns. Georg: Unser Debütkonzert spielten wir mit Jan Hupe, einem sehr guten Saxophonisten aus Hannover. Carsten: Es bereitet uns Freude, mit guten Musikern zusammenzuarbeiten. Das ist nicht nur für die Außenwirkung von Vorteil, sondern auch für einen selbst: Für die Musik an sich. Für das „an sich“! Wir gucken nicht danach, was sich gut verkaufen lässt, peilen keine Marktlücke an. Die Zeiten sind vorbei.

Es bereitet uns Freude, mit guten Musikern zusammenzuarbeiten.

Ihr klärt die Songs also unter euch und die weiteren Musiker kommen danach hinzu? Carsten: Das halten wir so, zumindest was die Auswahl, die Grundstruktur und die Worte angeht. Arrangements, den Ausbau der Stücke und Kleinigkeiten diskutieren wir gerne im Team. Wir sind lange genug im Business, um keine Schranken aufzubauen. Das sehen wir locker. Georg: Gerade beim Blues sind Musiker keine Ma-

Carsten spielt einen weiteren Song vor: „Wenn das stimmt“ Carsten: Das ist etwas traditionellerer Blues, ein persönliches Stück ohne politischen Inhalt. Es gibt ja viele Blues-Spielarten. Dabei ist es nicht unbedingt wichtig, einen explizit umzusetzen, sondern mehrere zu kennen, sich der Farben zu bedienen und sie richtig einzusetzen. Seid ihr schon immer Blues-Musiker? Carsten: Ich komme aus einer anderen Ecke. Früher spielte ich jahrelang bei „Los Tumpolos“, einer englisch-sprachigen Rock-Pop-Band, die in den 90er Jahren einige Erfolge feierte. Mit ihnen performe ich das ein oder andere Revival oder wie man das nennt, wenn man älter ist (lacht). Georg: Ich fing im Knabenchor Hannover an. Carsten: Das hört man noch irgendwie raus. Georg: Hier mal eine Bach-Motette, da ein bisschen Händel … Nee, Quatsch, doch das war eine wichtige musikalische Erfahrung für mich. Ansonsten Feld-Wald-und-Wiesen Pop-Rock in fankyzine __ 73


Wo hattet ihr euer erstes Konzert? Carsten: Das fand vor drei Jahren in der Aegidienkirche statt. Das war sehr hübsch. Georg: Sehr stimmungsvoll, tolles Ambiente, Open Air. Wir waren zu siebt auf der Bühne. Für ein Debütkonzert erhielten wir viel positive Resonanz. Carsten: In einer Szenekneipe in Altona traten wir auch schon auf. Aber Hamburger sind nicht so einfach: ganz originell, aber gerne unter sich. Es ist halt eine coole Stadt. Hannover ist mehr das Liverpool von Deutschland. Hier befindet sich die MalocherSzene.

diversen Bands, aber nicht in dem Ausmaß wie Carsten. Nebenbei spiele ich in einer anderen Formation und hin und wieder eine Session. Das muss nicht unbedingt was mit Blues zu tun haben. Er ist jedoch die Wurzel, auf die man sich immer wieder einigen kann. Wer hat sich euren Bandnamen ausgedacht? Carsten: Das waren wir zusammen. Gibt es keine lustige Geschichte dazu? Georg: Daran müssen wir noch arbeiten. Das ist eine gute Anregung. Bands hassen diese Frage. Georg: Du wusstest das vorher und fragst es trotzdem? Das ist ja hinterhältig, ein bisschen tendenziös. 74 __ fankyzine

Zu euren Interessen gehört laut Facebook Mist erzählen. Wie verhält sich diese Aussage mit euren Songtexten? Carsten: Dieser Eintrag war mir nicht mehr so bewusst. Die Frage nach den Interessen der Band auf der Facebook-Seite finde ich nicht besonders originell. Es geht als Musiker natürlich darum, zu spielen und sich auszudrücken. Welcher Band geht das nicht so? Meine Antwort ist eine Kritik an der Fragestellung. Ich glaube, jeder, der Kunst beziehungsweise Musik herstellt, macht das aus einer Motivation heraus. Die kann natürlich unterschiedlich gelagert sein. Es gibt einen bestimmten Bruchteil an Musikern, die spielen, um Geld zu verdienen und weil sie da reingerutscht sind. Sie sind einfach nur Interpreten, die merkten, dass sie zum Beispiel singen können. Der vermutlich überwiegende Teil der Musiker hat dagegen ein Interesse an der ästhetischen Form, die über die Sprache hinaus geht. Sie möchten der Sprache via Musik einen Ausdruck verleihen, in welche Richtung das auch immer geht. Daher ist das Interesse der Band schlicht, was gemeinsam zu machen und damit irgendwie gute positive Dinge zu schaffen. Ob sie das nur für sich oder für ande-


re umsetzen, ist dabei egal. „Rumhängen und Mist erzählen“ ist eigentlich das, was Facebook betreibt. Auf unserer Fanpage steht außerdem, dass meine Vorbilder Snoopy, Charlie Brown und Woodstock sind. Das funktioniert für mich, da das gute Charaktere sind. Ich mag die „Peanuts“ sehr gerne. Man muss keine Musiker als Vorbilder haben. Social Media ist also nicht euer Ding? Carsten: Social Media ist kritisch zu betrachten. Ich sehe das mehr als Kommunikationsplattform, um schnell ins Gespräch zu kommen. Für eine inhaltliche Kommunikationsebene taugt das Medium nicht. Veranstaltungsplanung und Musiker-Netzwerk funktionieren gut. Wahrlich ästhetische und inhaltsvolle Dinge werden allerdings nicht kommuniziert, das klappt nicht. Georg: Daran besteht dort kein Bedarf. Carsten: Es ist frappierend, wie wenig Interesse online an inhaltlichen Themen existiert, von kurzen Überschriften oder der Trennung von Sarah und Pietro einmal abgesehen. Georg: Ich persönlich bin gar nicht auf Facebook. Carsten: Das Netzwerk finde ich durchaus sinnvoll. Es ist toll, mit neuen Leuten in Kontakt zu treten. Doch die Grenzen dieses Mediums sind sehr schnell erreicht. Man sollte tunlichst nicht versuchen, diese Grenzen zu strapazieren oder sie zu verändern, sonst geht man kaputt. Daher sind viele auf der Opferseite von Facebook gelandet. Dissen, Mobben und Shitstorms funktionieren über den Kanal so hemmungslos und schnell. Es ist schwierig, in den sozialen Netzwerken eine positive Energie zu schaffen. Selten werden Botschaften in gute Richtungen getragen.

gen von „Fury in the Slaughterhouse“ sind sehr unterschiedliche Charaktere. Es gibt Musiker, die sich durchsetzen können und dadurch Erfolg hatten. Es gibt bestimmt Leute, die ein großes Ego haben, doch die gibt es überall. Das würde ich nicht als typisch hannoveranisch sehen. Dass man sich hier durchaus wehren und behaupten muss, kann eher hinkommen. Es wird einem nicht alles geschenkt, es ist nicht immer alles rosig. Hannover genießt deutschlandweit einen zu Unrecht schlechten Ruf. Wir sind keine geeigneten Hannover-Kritiker. Wo kann man euch live erleben? Carsten: Wir peilen Anfang des kommenden Sommers Auftritte an. Im Jahr darauf wären größere Festivals schön. Bis dahin sollte sich die Qualität unserer Live-Musik auf einem guten Niveau befinden. Georg: Wir klingen bereits gut und können unser Level on stage halten. Darauf bin ich sehr stolz. Carsten: Es zieht uns auf jeden Fall Richtung Bühne. Unser Ziel sind nicht 200 Gigs im Jahr, aber wir freuen uns über Anfragen. Georg: Gerne auch außerhalb von Hannover! Carsten: In unserem Programm bleiben einige Stücke unseres ersten Albums wie „Die Maschine läuft“ und „Hoch hinaus“. Sie besitzen den nötigen Drive und kommen in einem Clubrahmen gut rüber. Georg: Es macht Spaß, diese Lieder zu spielen, weil sie abgehen. Man kommt mit Leuten sehr schnell in Dialog. Carsten: Bei allem Inhalt wird ordentlich Stimmung transportiert. Neulich sprach mich ein 19-jähriger Praktikant im Sender an: Er hätte auf meiner Facebook-Seite einen Videoclip von uns gesehen und sei auch Blues-Fan. Ich hätte eher erwartet, dass er bei jeder Techno-Party in der ersten Reihe steht. Vielleicht gibt es neue Generationen, die den Puls traditioneller Musik weitertragen.

Es zieht uns auf jeden Fall Richtung Bühne.

Ich habe kritische Aussagen über die Musikszene Hannovers gehört: Sie sei sehr von sich überzeugt. Carsten: Warum nicht? Es ist eine gute Sache, von sich überzeugt zu sein. In dieser Stadt gibt es ein paar Vorreiter, die das repräsentieren. Rudolf und Klaus von den „Scorpions“ sind sehr geradeaus und Aushänge-Hannoveraner, die das Bild ein wenig verzerren. Sie sind super selbstbewusst, aber das gilt nicht automatisch für jeden hier. Meine Kolle-

facebook.com/DerengsteKreis _________________________________ VERLOSUNG Auf Seite 77 verlosen wir 1x das Debüt „1“. fankyzine __ 75


Rare tones – Kidogo Die „Rare Tones“ freuen sich, ihre EP „Kidogo“ zu präsentieren. Nach langer Zeit haben sie unter neuem Label – „Yellow Snake Records“ – ein paar eigene Songs aufgenommen und alles vom großartigen Ossy Pfeifer in Anca Graterols Frida Park Studio in Hannover produzieren lassen. „Kidogo“ bedeutet sowas wie „der/die/das Kleine“ auf Swahili und wird in Tansania umgangssprachlich für ein kleines Kind benutzt. Die kleine Hand, die das EP Cover schmückt, ist ein Abdruck von Matzes kleinem Neffen, dem auch der Song „Kidogo’s Lullaby“ gewidmet ist. Zum Song „Dance“ wurde ein Musikvideo produziert, auffindbar unter www.rare-tones.de. Vier ganz unterschiedliche „Rare Tones“ Songs sind ihr ganz eigenes Kidogo geworden. Darauf lässt sich bestimmt in näherer Zukunft ein Album aufbauen … Erhältlich bei Amazon, iTunes, Spotify, Deezer und im Google Play Store. (pr)

Releases Franz Branntwein, chris Brauer & Martin Meiwes Stein, Scherben & paar Bier Ein Beatbauer aus Herford, ein MPC Virtuose aus Kassel und ein MC aus Minden: Sie releasen zusammen am 11.11.16 die Collabo LP „Stein, Scherben & paar Bier“. Das Vinyl Debüt von Franz Branntwein & Chris Brauer hat insgesamt elf Anspielstationen. Zwei Beatb(r)auer/zwei Seiten einer Wax … Das bedeutet: Auf der einen Seite Chris Brauer Instrumentale geprägt von Ninja Tunes und Mo Wax Platten, ausproduziert an der Roland. Auf der anderen Seite klassische Boom Bap Lo-Fi Beats von Franz Branntwein. Abgerundet von derben Cuts hinter den 1210ern. Auf jeder Seite jeweils ein Martin Meiwes RMX sowie ein weiterer Vinyl Exklusiv Track. Für das Cover ist niemand Geringeres verantwortlich als WTM (Herr Pixel). Erhältlich bei HHV und Vinyl Digital. (pr) 76 __ fankyzine

Distance in embrace The worst is over now Mit sechs Liedern ist „The worst is over now“ ein kurzes, knackiges Album geworden. Die Band „Distance in Embrace“ sieht ihre Musik zwischen Hardcore und Screamo, wobei der Schwerpunkt ganz klar auf letzterem liegt. Persönlich sehe ich sie eher auf der Metalscore-Schiene und dachte beim Anhören an Bands wie „As I lay dying“. Hier und da erinnern die Stücke sogar ein wenig an klassischen Heavy Metal. Instrumental und gesanglich gibt es nichts auszusetzen. Auch die Soundqualität ist top. (tw)

Sigman Sand Valley Stoner Rock kannte ich bis vor ein paar Jahren nur aus Amerika. Man muss aber nicht erst Sand aus der Wüste Nevadas in die Nase bekommen haben, um so spielen zu können wie die großen Vorbilder. „Sigman Sand“ haben ihre Hausaufgaben auf jeden Fall gemacht und bieten auf „Valley“ ein paar Midtempo-Nummern, bei denen das Gaspedal erst kurz vorm Schluss durchgetreten wird. Dabei pendelt die Laufzeit der Lieder meist zwischen sechs und acht Minuten, aber es gibt genug Abwechslung, dass einem nicht langweilig wird. Mein persönlicher Favorit ist der zweite Track: „Easy Game“. Erhältlich bei Pulverfuzz Records und im Media Markt Porta Westfalica. (tw)


Foto: Karin Brandt

Verlosung Blues Pop aus Hannover, eine Mischung aus Reggae und Jazz aus Herford oder doch lieber Folk-Rock aus Hameln? Wer die Debütalben „Der engste Kreis – 1“, „White Coffee – Celine“ oder „Tone Fish – On the Hook“ gewinnen möchte, schickt einfach eine Mail mit seiner Wunsch-CD als Betreff an info@fankyzine.de Einsendeschluss ist der 31. Januar. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Ayo & Sky – #Castingrapper Seit dem 11.11. ist nun endlich das selbstironisch betitelte Mixtape „#Castingrapper“ von Ayo & Sky erhältlich. Aufhänger für den Namen ist ihre skandalumwitterte Teilnahme am regionalen Musikcontest „City Talent“ 2015. Wie bei den ganz Großen des HipHop begann ihr Labelboss und „City Talent“ Veranstalter DJ Inzölmi bereits mehrere Monate vorab, kräftig die Werbetrommel für das Mixtape zu rühren. Seit Dezember 2015 gab es Trailer, einen mehrteiligen Videoblog, am 9.9. erschien ein Snippet. Die erste Auskopplung „Famegeilekunst“ steht seit dem 10.10. auf YouTube. Alle Aktionen zielen folglich auf das große Release-Konzert am 11.11. im BÜZ Minden ab. Neben Ayo & Sky treten die Rapper Remoe, Maskoe, Jamen, OGD, Kenex und NYK.O auf. Im Gegensatz zur Release-Sause ist auf dem Mixtape selbst kein Platz für andere Rapper vorhanden. Dafür sind Features von Labelkollegin Kimberly, Joshua Nichols, Charleen Merolle und Janine Green vertreten. Bleibt zu hoffen, dass „#Castingrapper“ mit 15 Tracks und 43:01 Minuten Laufzeit dem großen Aufwand gerecht wird. Ich wünsche es ihnen. (aw)

Wer Interesse hat, in der kommenden Ausgabe von fankyzine vertreten zu sein, schreibt einfach eine Mail an info@fankyzine.de oder nimmt Kontakt über Facebook auf. fankyzine __ 77


Foto: Dennis Ellerbrock

Da geht noch einiges Kimberly Genre: Deutsch Pop Heimatstadt: Hartum Wir trafen uns zuletzt 2015 zum Interview. Seitdem ist viel passiert. Dein Album „Echt“ wurde veröffentlicht. Es gab aufwendige Drehs für „Hier 78 __ fankyzine

bin ich“, „Wahre Schönheit“ und „Diese Nacht“. Du hattest zahlreiche Auftritte in der Region, warst in der Presse, im Radio. Haben sich deine Erwartungen erfüllt? Ich freue mich über alles, was ich jetzt schon erleben durfte. Es entspricht auf jeden Fall meiner Vorstellung. Persönlich will ich aber immer mehr. Je mehr ich erlebe, desto mehr will ich machen. Da geht noch einiges. Ich bin auf einem


Was steht für 2017 auf deinem Plan? Gibt es ein neues Album? Momentan arbeite ich viel mit Ayo & Sky zusammen. Bei ihrem Release-Konzert am 11.11. im BÜZ Minden trete ich auch auf. Anschließend begleite ich die Beiden auf ihrer kleinen ReleaseTour. Ich stehe zur Zeit nicht im Vordergrund, bleibe eher zuhause und schreibe an meinem neuen Album. Das wird 2017 erscheinen. Im Dezember kommt noch ein Musikvideo heraus, eine letzte Videoauskopplung von meinem aktuellen Album „Echt“. Jetzt im November findet der Dreh statt. Ich verrate aber noch nicht, welches Lied das sein wird.

guten Weg, aber von mir aus kann ruhig noch viel passieren. Du hast aktuell 26.418 Follower auf Instagram. Fühlst du da einen gewissen Druck, permanent abliefern zu müssen? Für mich ist Instagram eher ein Spaß nebenbei. Damit pushe ich nicht wirklich meine Musik, ab und zu poste ich was von meinen Auftritten und Sounds. Hauptsächlich handle ich dort als Fashion Blogger. Aktuell stehen bei DJ Inzölmi Entertainment Ayo & Sky mit ihrem Mixtape-Release im Mittelpunkt.

Kannst du schon was zu deinem neuen Album verraten? Bleibst du deinem Stil treu? Vielleicht wird es ein paar mehr Partysongs geben, ansonsten geht es wieder in die selbe Richtung wie „Echt“. Es wird allerdings mehr Features geben. Von wem, steht noch nicht zu hundert Prozent fest. Costa (Kimberlys Labelchef Costa Makrogiannis, Anm. d. R.) und ich stellen uns vor, dass es ganz andere Richtungen sein könnten, als ich vertrete. Zum Beispiel wären fremde Sprachen oder andere Musikrichtungen spannend. Ich selbst bleibe dabei meinem Stil treu. Die Gäste ziehen ihr Ding durch. Somit kombinieren wir beide Bereiche. Ganz sicher ist es noch nicht, aber das würde uns gefallen. facebook.com/kimberlyofficial32 instagram.com/kimberly_oestreich facebook.com/AyoundSky facebook.com/DeejayInzoelmiEntertainment fankyzine __ 79



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