fankyzine Nr. 6

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Unabhängiges Magazin Ausgabe 6 Regionale Musikszene

Aco MC © ClipSkills


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medea.

Clock:Wise

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Manoo aka manuela scheidt

Erika ott

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Nenad Bilbija

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Lilly & The Good Fellas © Marcus Winkelhake

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Kimberly + Oliver Schmidt 2 __ fankyzine

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Aco MC

Fab Kush + Mr. Jawbone

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Chezah


facebook.com/ fankyzine

instagram.com/ fankyzine

fankyzine. tumblr.com

Füllt das Postfach info@fankyzine.de

Liebstä Groupies, Paparazzis und Fänz!!

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Jusse

ENDLICH!!! Hier nun die sehnsüchtig erwartete und natürlich in ganz viel Liebe von Andrea in stundenlanger Handarbeit jedes einzelne Blatt zu einem Heft zusammengesetzte ...

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Caleydo

FANKYZINE take 6!!!

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Stephanie Champion

Mit grandiosen Acts, einzigartigen Künstlern!! Noch mehr Sex!! Und natürlich NUR wirklich echt wunderschönen Menschen :-) <3 Auch im Zeitalter des Webs, Instagram und Facebook, wo sich nun „jeder“ ohne Grenzen präsentieren kann und darf, sind im Fankyzine nunmal der Platz und die Seiten begrenzt. Daher sind hier natürlich auch NUR „handverlesenste“ und „explizit“ ausgewählte Künstler und Acts verewigt, was es für mich zu etwas wirklich absolut Besonderem macht!! Danke und Tausääänd Küsse daher an Andrea @ Fankyzine und diese wirklich schöne Möglichkeit und Plattform, die du mit deinem Magazin gibst!!

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Ramona Timm

Ich froi mich schon auf die nächsten Ausgaben und wünsche dir und Fankyzine weiterhin alles Beste!!! :-* <3<3<3

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Mir zur Feier

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Releases

DIE Janine LOVES YOU!!!

Impressum fankyzine Nr. 6 November 2017 Herausgeberin Andrea Williams

Postadresse Am Brodhagen 49a 33613 Bielefeld Fon: 0521 9498035 www.fankyzine.de info@fankyzine.de

Konzept/Gestaltung: Andrea Williams Titel: Aco MC by ClipSkills Rückseite: Lilly & The Good Fellas by Sabrina Droste Druck: flyeralarm GmbH Auflage: 1000 Exemplare

Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung. In den Beiträgen geäußerte Meinungen geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

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Ein bisschen mystisch

Š Sylvia Czech 4 __ fankyzine


medea. Genre: Techno Flyer Artwork (u. a. tinstinct) Heimatstadt: Herford Interview am 17. August im Schiller, Herford Wie bist du zur elektronischen Musik gekommen? Da mein Papa bereits DJ war, war jegliche Art von Musik schon immer ein großes Thema für mich. Ich erinnere mich noch daran, wie er damals sein Studio im Kellerzimmer eingerichtet hatte. Als ich dann endlich alt genug für Discobesuche war, nahmen mich ein paar Freunde mit auf meine erste Technoparty. Seitdem war es dann eigentlich auch um mich geschehen. Legte dein Vater auch elektronische Musik auf? Nein, griechische Musik. Ich wollte jahrelang sein Mischpult bedienen – leider ohne Erfolg. Eines Tages hörte er einfach mit dem Auflegen auf. Seitdem verstauben seine Geräte im Keller. Das sind noch richtige Old School Dinger, bei denen sich das Jockwheel noch auf der CD-Klappe befand. Ich durfte sie nicht übernehmen, weil er meinte, mich vor den Tücken des Nachtlebens beschützen zu müssen. Jetzt, wo er sieht, dass ich das kann, habe ich ihn bei dem Thema ein bisschen weichgeklopft. Er steht auf jeden Fall hinter mir. Hast du vorher andere Musikstile ausprobiert? Nein, ich war auch nie in einer Band. Wo war dein erster Auftritt als DJ? Und wie war er? Im Church Club – X Herford, das war ein wirklich toller Abend. Früher war das X mein zweites Wohnzimmer. Ich wurde quasi in den Auftritt reingeschubst und hatte keine Zeit, mir einen Kopf zu machen. Mein Freund ist dort ja gemeinsam mit seinem Bruder Resident DJ (Jayson & Malcom, Anm. d. R.). Sein Bruder konnte nicht, und mein Freund drückte mir zwei Stunden vor dem Auftritt meine Kopfhörer in die Hand und schlug vor, dass ich spontan mitkommen und ihn vertreten soll. Das war ein Abend, an den ich gerne zurückdenke. Wie ist es, gemeinsam mit dem Partner aufzulegen? Wenn die Musik dir so viel bedeutet und du jeman-

den findest, mit dem du das teilen und zusammen Musik machen kannst, ist das wunderbar und man möchte das auch niemals missen müssen. Unsere gemeinsamen Auftritte zählen für mich zu den besten Gigs. Keine Ahnung, was da so manch einer wohl darüber sagen mag. Man muss die schöne Seite sehen. Er pusht das ja nur, weil wir da was ganz Besonderes haben. Medea ist eine Frau der griechischen Mythologie, die über Leichen ging. Wie kam es zu deinem Künstlernamen? Daran habe ich bei der Namensfindung nicht unbedingt gedacht, zumal diese Eigenschaft auf so ziemlich jede Person in der griechischen Mythologie zutreffen könnte. Die Griechen hatten schon immer einen Hang zur Tragödie. Medea kam in der Odyssee vor, als sie Iason half, an das Goldene Vlies zu gelangen. Ich persönlich fand den Namen einfach nur schön und dass er zudem eine schöne Anspielung an meine Herkunft ist. Hast du Vorbilder beim Auflegen? So manch einer wird womöglich die Augen verdrehen, aber ich finde Nina Kraviz total toll. Ein paar Mal hatte ich sogar die Gelegenheit, sie live zu erleben. Sie polarisiert sehr. Viele finden, dass sie es nur aufgrund von Beziehungen soweit gebracht hat oder reduzieren sie nur auf ihr Äußeres. Ich finde es einfach stark, dass sie ihr Ding durchzieht und so vielseitig ist. Sie hat bereits eine Menge wahnsinnig guter Deep House Tracks produziert, auf denen sie sogar selbst singt oder die Vocals spricht. Andererseits deckt sie in ihren Sets jegliche Facetten des Technos ab und kramt dafür total alte Scheiben aus. Damit weckt sie vor allem beim jüngeren Publikum das Bewusstsein für die Vergangenheit, zeigt die Ursprünge des Technos. Es kam sogar schon vor, dass die Leute nach einem ihrer Gigs ihr Geld zurückverlangten, weil sie mittendrin zu Drum’n’Base wechselte. Sie sagt, wenn jemand auf ihre Party kommt, muss derjenige auch mal mit was anderem rechnen. Das Selbstbewusstsein, sich hinzustellen und das durchzuziehen, muss man erstmal haben. Du studierst Architektur. Gibt es Parallelen zum Errichten von Gebäuden und vom Arrangement von DJ-Sets? Im Studium wurde uns von Anfang an eingetrichtert, dass man ein klares Konzept für den Entwurf eines Gebäudes haben muss. Dieses Konzept steht meistens schon, bevor man die ersten Skizzen zu Papier fankyzine __ 5


© Sylvia Czech

Die lokale Szene hat mehr davon, wenn alle an einem Strang ziehen und sich Gegenseitig unterstützen.

gebracht hat. Wenn du dahinterstehst und es vollkommen vertreten kannst, richtest du danach deinen ganzen restlichen Entwurfsprozess. Genauso plane ich die Aufnahme eines Sets, das ich hochladen möchte und bestimme im Voraus, welche Richtung eingeschlagen wird. Man legt eine Art Thema für das Set fest. Der Verlauf des Sets muss dann ähnlich wie bei einer Geschichte eine gewisse Spannung aufbauen. Man kann ja nicht von Anfang an irgendwie losbrettern. Somit gibt es gewisse Parallelen, eigentlich wie bei allen kreativen Prozessen. In der Region schließen sich DJs oft zusammen. Gehörst du einem Kollektiv an oder bist du hauptsächlich solo unterwegs? Einem festen Kollektiv gehöre ich nicht an, was bisher aber nicht weiter schlimm war. Da ist die Szene in unserer Gegend auch auf einem echt guten Weg. Du musst nicht unbedingt zu einer Gruppe gehören, um irgendwo aufzutreten. Es durchmischt sich total. Ich finde es wichtig, dass dieses Bewusstsein gerade so verinnerlicht wird. Die lokale Szene hat mehr davon, wenn alle an einem Strang ziehen und sich Gegenseitig unterstützen. Klar, man muss nicht mit jedem auskommen, aber ein Mindestmaß an Kommunikation sollte vorhanden sein, zum Beispiel darü6 __ fankyzine


ber wie man die Termine für Partys legt. Miteinander statt gegeneinander! Du hast am Freitag mit Monya, Charlotte Deep und Greyscale eine Techno Veranstaltung im Club AJZ Bielefeld. Wie kam es dazu? Ich wurde von einem Veranstalter angeschrieben, dass sie im AJZ Bock auf mich hätten. Facebook sei Dank. Was ich wirklich cool fand und worüber wir uns auch unterhielten, war, dass die Veranstaltung nicht, wie überall auch, unter dem Stichwort Mädelsabend läuft. Andersrum wird es schließlich auch nicht besonders hervorgehoben. Zumindest habe ich noch nie was von einer „Boys Night“ gehört. Gibt es generell wenige weibliche DJs in der Region? Allgemein war die elektronische Musik schon immer eine sehr starke Männerdomäne. Nach und nach kommen viele weibliche DJs dazu. Es ist auf jeden Fall ein Umschwung bemerkbar. Hast du als weiblicher DJ mit Vorurteilen zu kämpfen? Nein, und ich bin wirklich überrascht darüber, weil gerade die Themen Sexismus und Feminismus überall vertreten sind. Mir persönlich ist bisher nie etwas dergleichen widerfahren. Im Gegenteil: Die Leute reagieren sehr positiv. Wenn’s nach mir geht, manchmal sogar ein bisschen zu positiv. Als weiblicher DJ zieht man generell viel Aufmerksamkeit auf sich, einfach weil es sonst immer Kerle sind, die hinterm Pult stehen. Ich weiß nicht, woran es liegt, dass so wenig Mädels aktiv sind. Aber vielleicht trauen sich ja mal mehr, wenn sie meine weiblichen Kollegen und mich spielen hören. Wärst du aus musikalischen Gründen lieber in Berlin? Viele ziehen los, um in der Großstadt groß rauszukommen. Ich glaube, für den Anfang ist das erstmal nichts für mich. Sollte ich mal die Gelegenheit dazu bekommen, würde ich das selbstverständlich nicht prinzipiell ablehnen, aber ich wäre da nicht hinterher. Am Ende wäre ich nur eine von vielen. Es ist ein bisschen so wie beim amerikanischen Traum. Ich denke da eher realistisch. Außerdem: wenn alle DJs nach Berlin verschwinden, wer bleibt dann hier und verleiht unserer Region diesen musikalischen Mehrwert? Du bist als DJ ziemlich rumgekommen, warst beim LandArt Festival, beim Velthain Open Air,

im X Herford, in der Musikbox Minden, im Dr. Vogel Club Osnabrück: Fühlst du dich in der heimischen Techno-Szene wohl? Ja, mir fehlt hier nichts. Ich muss eigentlich nicht nach Berlin. Ich finde, so qualitative Events wie derzeit hat es früher vor dem Auflegen zu meinen Partygänger-Zeiten nicht gegeben. Nun, wo ich in Dortmund studiere, gehen hier die coolen Partys ab. Welche Veranstaltungen der Region lässt du dir nicht entgehen? Ich will jetzt keine Werbung machen und niemanden vergessen zu erwähnen. Wo ich beispielsweise oft hingehe, sind die Technopartys im Forum, die finde ich total klasse. Die holen auch mal namenhafte Acts, tun aber auch eine Menge für die regionalen Künstler. Das ganze Konzept ist total cool. Außerdem finde ich die Sachen super, die die Wesertekk- und Trampolin-Leute machen. Ich steh voll hinter ihnen. Sie stecken so viel Liebe rein und sind nicht auf Geld aus. Es gehören nicht nur die DJs dazu, sondern auch die ganzen anderen Leute, die handwerklich begabt sind. Ihre Events haben durch die ganze Deko ein bisschen was von der Fusion. Die diesjährige LandArt, wo ich mit meinem Freund zusammen auftrat, war der Wahnsinn. Die Exponate der Kunstausstellung im Wald bestanden aus rein natürlichen Materialien. Nachts war es total schön, durch die Anlagen zu laufen, die mit Kerzen beleuchtet wurden. Die Kunstobjekte wurden auch illuminiert. In einer Lichtung hatten die Leute von Trampolin eine Bühne aus Ästen gebaut, die einen Phönix darstellen sollte und aus dessen Mund Qualm kam. Wahnsinn. Die Kulisse war wirklich traumhaft. Was war eine deiner peinlichsten Momente bei einem Auftritt? So viel Peinliches kann eigentlich gar nicht passieren. Meistens stehst du als DJ hinter deinem Pult. Das kommt manchmal ganz gelegen, um sich ein bisschen zu verstecken. Ich habe das nicht so gerne, wenn alle Augen auf mich gerichtet sind. Eine peinliche Geschichte habe ich tatsächlich erlebt. Ich lege ja mit CDs auf, die meisten nutzen USBs. Vorher hatte ich für meine CDs kleine Mappen, die allerdings voll waren. So stieg ich um auf eine große und nahm sie zum ersten Mal zu einem Gig mit. Das war ein komplett neuer Club für mich. Ich war total nervös und aufgeregt, stand kurz vor dem Auftritt. Zuhause hatte ich aus Versehen die CDs mit der Lasche nach unten einsortiert. Beim Öffnen im Club rollten dann alle CDs raus. Ich stand da und dachte: „Oh Scheiße, der Track ist gleich zu Ende.“ Da musste die Person fankyzine __ 7


vor mir noch so zwei, drei Nummern spielen, bis ich die Mappe wieder sortiert hatte. Voll unangenehm.

© Medea.

Wo würdest du gerne mal auflegen, wenn du die freie Wahl hättest? Ich kann keinen bestimmten Namen nennen, weil es einfach so viele gibt. Ich tendiere aber zu Clubs und nicht zu Festivals. Ich mag die dunkle Clubatmosphäre einfach. Was hältst du von Leuten, die Likes kaufen? Manche Clubs heuern einen angeblich nur an, wenn man eine gewisse Anzahl an Likes vorweisen kann. Das kommt tatsächlich vor und deswegen verurteile ich niemanden, der das macht. Wenn du tatsächlich die Chance hast, auf einer großen Veranstaltung zu spielen und das die einzige Hürde ist, kann ich das verstehen. Auch wenn es traurig ist, dass eher auf Likes geachtet wird als auf die Musik. Für mich wäre das jedoch nichts. Ich strebe es auch gar nicht an, so bekannt zu werden. Meiner einer sollte es allerdings nicht zu auffällig gestalten. Du bist vielleicht ein lokaler Dorf-DJ, ich bin ja auch nur ein Dorf-DJ ... Das klingt hart! Eigentlich ist es so. Ich finde das nicht schlimm. Wenn Leute aus der Provinz auf einmal 30.000 Plays auf Soundcloud haben und nicht raffen, dass dies unrealistisch wirkt, ist das verschenktes Geld.

© Sylvia Czech 8 __ fankyzine

Wenn du ein riesiges Techno-Festival hier in der Region organisieren könntest: Wer würde alles auftreten? Kommt zunächst auf das Budget an. Aber auch hier leg ich mich ungern fest. Jeder ist auf seine Art und Weise gut, hat seinen eigenen Stil. Vielleicht würde ich zusehen, ein paar deutsche DJs unterzubringen. Aus Deutschland kommt so guter Techno. Du musst aber ins Ausland oder etliche Kilometer nach Berlin oder so fahren, um die ganzen Künstler mal live zu erleben. Das finde ich schade. Deine letzten Mixtapes heißen passend zu deinem Namen „odyssey 01 – 04“. Was kann man als nächstes von dir erwarten? Man hört an meinen Sets, dass ich mich aktuell weg vom ganz harten hin zu dem atmosphärischen, spacigen, ein bisschen mystischen Sound bewege. Immer noch schneller, treibender Techno, jedoch mehr Musik, zu der man beim Tanzen einfach mal die Augen schließen und gucken kann, was die Musik mit dir macht. In der Nische fühl ich mich momentan wirklich wohl. Harten Sound spielt ja irgendwie jeder. facebook.com/medea.dj instagram.com/medea_dj soundcloud.com/medea-dj


© Paul Olfermann

Übermenschfunk Du bist ein toy und deine Freundin auch Im Funkyversum treibt sich allerlei Abschaum rum … tropfnasige Toys, räudige Rapper, schnodderig-heuchlerische Söhne von Huren … es scheint aussichtslos. Niemand kommt gegen diese geballte Ansammlung von Verabscheuungswürdigkeit an … Niemand? Doch! Drei Dudes, vereint in Geschmack, Gesinnung und Freshnezz, die heilige Dreifaltigkeit sozusagen, haben es sich zur Aufgabe erkoren, dieser Untermenschlichkeit endlich Einhalt zu gebieten … in der subhumanen Sumpflandschaft pflügen sie mit funkigen Melodien, treffenden Raps und geschickt gestreuten Cuts und Scratches den stinkigen, verseuchten Bodengrund Rapdeutschlands um und planieren mit dem BoomBap-Bulldozer ein Fundament, auf dem sie ein Haus bauen, dessen gekippten Fenstern frohlockende Musik, schallendes Gelächter und kopfnickanimierende Flows entweichen und dessen Wände mit Chrom-Burnern und Fullcolour-Pieces übersät sind. Diese drei Dudes sind Biggie Blocksberg (DJ/Producer), Kropock Polonius (Rapper/Producer) und Paul Pantah (MainProducer), die im Folterkeller des Übermenschfunk-Hauses, welches im beschaulichen Minden gelegen ist, unwürdigen Individuen die frechen Flausen austreiben und ihnen im kalten Wasser der Weser gehörig den fettigen Kopf waschen. Möge der geneigte Zuhörer sich bequem zurücklehnen und die übermenschliche Funkyness in auditiver Form genießen … sollte dies nicht zutreffen, so gilt im Zweifelsfall: „Du bist ein Toy und deine Freundin auch!“ (pr) uebermenschfunk.bandcamp.com fankyzine __ 9


© Szymon Czabrowski

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Clock:Wise Genre: Alternative Metal Mitglieder der Band: Vox (Vocals), Valle (Gitarre), Patric (Keyboard), Holli (Bass), Kalle (Drums) Heimatstadt: Bückeburg

Mehr Underground

Interview am 18. Juli im Proberaum in den Kronenwerken Bückeburg Wenn ich euch unpassende Fragen stelle, können wir die überspringen. Aber ich glaube, es sind keine schlimmen Fragen dabei. Valle: Schade, das hätte mich gefreut. Vox: So ein paar pikante Details. Kalle: Auf einmal gibt es ein schönes Cover von uns im Playboy. Valle wäre auf der Titelseite, stolz wie Oscar, ohne Kopf. Valle: Wieso ohne Kopf? Kalle: Na, weil du so groß bist. Valle: Achso, ich dachte, weil ich hässlich bin. Vox: Das auch. Kalle: Aber hauptsächlich, weil du nicht aufs Foto passt. Vielleicht wird’s ’ne DIN A3 Ausgabe. Valle: Mit Aufklapp-Poster. Clock:Wise gibt es seit Oktober 2014. Wie kam es zur Gründung der Band? Holli: Ich machte mit einer Freundin Musik, als ich Patric im Studium kennenlernte. Dann waren wir zu dritt, bis Kalle durch Cookie zu uns stieß. Kalle: Das war unsere alte Sängerin. Sie wusste, dass ich Schlagzeug spiele und fragte, ob ich Bock hätte, einzusteigen. Sie schickte mir einen 5-Minuten-Song, in dem gefühlt nur eine Minute lang das Schlagzeug lief. Der Rest war Silence. Das war gar nicht meine Mucke, so Emo-Industrial. Aber ich ließ mich breitschlagen, die Band wenigstens anzugucken. So lernte ich Holli kennen. Er war ein lustiger Typ, da gab ich der Sache eine Chance. Vox: Damals hieß die Band noch Triticum. Eines Tages stiegen eure Sängerin und euer Gitarrist aus, wodurch ihr eine Ewigkeit zu dritt wart. Kalle: Ein Dreivierteljahr voll die Opferveranstaltung. Patric: Valle und Vox kamen fast zeitgleich, das war ein Versatz von maximal zwei Wochen. Valle: Über einen guten Kumpel bekam ich mit, fankyzine __ 11


dass hier so eine Bandgeschichte am Laufen ist. Da ich Lust hatte, mal wieder die Gitarre in die Hand zu nehmen und am besten in einer Band Musik zu machen, war ich irgendwie sofort dabei. Wir suchten dann nur noch eine Sängerin, beziehungsweise jemanden, der das Mikrofon hält. In einer Facebook-Gruppe vom X Herford suchten wir nach Interessenten. Da meldeten sich ein paar Dullis und Voxi. Vox: Ich kam durch die Tür und war in der Band. Sie wollten nicht einmal, dass ich irgendwas vorsinge. Das war sowieso der Hammer. Man bereitet sich vor, überlegt, was man singt, um sein Können zu zeigen. Alles überflüssig. Ich war direkt am Start. Valle: Wir haben schon gemerkt, dass du singen kannst. Sonst hätten wir was gesagt. Vox: Gemeinsam warfen wir schnell alles über Bord, was bislang mit Triticum gemacht wurde. Valle: Das war gar nicht unsere Musik. Mir war das nicht hart genug. Und Vox war das nicht punkig genug. Vox: Dann benannten wir uns noch um. Valle: Die Suche nach einem neuen Namen dauerte ewig. Schreibt ihr eure Songs gemeinsam? Vox: Valle schreibt hauptsächlich Instrumente, ich schreibe die Texte und halt die Gesangssachen. Es sei denn, er ballert so die Musik vor, dass man sie nicht übersingen kann. Valle: Dann machen wir das Ding mit der Band zu Ende. Holli: Jeder gibt abschließend seinen Turn dazu. Patric: Und ich meckere so lange, bis es mir passt. Kalle: Halt der Diva-Keyboarder. Patric: Ja, aber am Ende ist es immer geiler.

© Szymon Czabrowski 12 __ fankyzine


Ihr arbeitet an eurem ersten Album. Was erwartet die Hörer und wann kommt es raus? Valle: Das Album wird der Hammer. Patric: Theoretisch haben wir alles Nötige beisammen. Nun brauchen wir auch die Möglichkeit, es aufzunehmen. Vox: Wir haben schon eine sehr positive Zusage eines kleinen Labels. Anfang 2018 soll es hoffentlich erscheinen. Valle: Unser Problem ist, dass wir unsere eigenen Songs nicht mehr mögen. Deswegen müssen wir jetzt schon wieder neue schreiben, damit wir genügend Material haben, das uns gefällt. Patric: Dadurch, dass wir uns qualitativ steigern, werden die Ansprüche höher. Aber diese Entwicklung nimmt doch theoretisch kein Ende? Holli: Eigentlich gefallen uns ältere Songs nur deshalb nicht mehr, weil wir sie so oft spielten. Sie sind deshalb nicht schlechter.

und den selben Humor wie wir. Er muss menschlich zu uns passen und unsere Musik mögen. Wir wollen nicht wieder alles über Bord werfen und von vorne anfangen. Es muss jetzt kein Über-Pro sein, das bin ich auch nicht. Aber schon fortgeschritten. Ich hab bei Facebook gesehen, dass ihr euch als Band für den guten Zweck engagiert. Vox: Wir haben unseren einzigen fertigen Song für einen Sampler mit vielen anderen Bands gespendet, den es käuflich zu erwerben gibt. Der Reinerlös geht an die DKMS. Dazu gibt es irgendwann ein Benefizkonzert mit Künstlern, die auf dem Sampler drauf sind. Das ist eine echt gute Sache. Vox, du trittst bei Konzertabenden ab und zu doppelt auf: einmal mit Clock:Wise, dann mit der Punkband 4KnoX. Schafft man das denn? Vox: Man muss aufpassen, wann man anfängt zu trinken. Zum Glück fragen mich Veranstalter, welche Band zuerst auftreten soll. Wenn ich das Bassspielen mit 4KnoX hinter mir habe, ist das Singen bei Clock:Wise kein Problem mehr.

wir suchen einen Zweitgitarristen, weil wir mehr Fläche brauchen.

Wo würdet ihr gerne mal auftreten? Kalle: Rock am Ring. Vox: Klein anfangen, hey! Nein, im X Herford würden wir gerne mal auftreten. Kalle: Das wäre der Hammer. Valle: Ich möchte tatsächlich in diesen ranzigen Punk­läden spielen, aber nur wenn genug Leute da sind. Kalle: Diese kleinen Clubshows machen echt Bock. Dann hast du 30, 40 Zuschauer, der Laden ist voll, und alle gehen ab. Valle: Wir treten eigentlich überall auf. Hauptsache, es gibt Bier, was zu essen, und wir müssen nicht so viel schleppen. Es kommt darauf an, wer da ist, wie die Stimmung ist und wie betrunken sie sind. Vox: Vor allem wie betrunken wir sind. Kalle: Weil du sonst unsere Texte nicht kannst. Vox: Was soll man machen? Sucht ihr noch einen Gitarristen? Vox: Ja, wir suchen einen Zweitgitarristen, weil wir mehr Fläche brauchen. Valle: Wir hätten gerne mehr Möglichkeiten beim Songwriting. Was müsste ein Gitarrist für einen Platz in eurer Band mitbringen? Valle: Einen schnellen Anschlag in der rechten Hand

Würdet ihr gerne mal auf Tour gehen? Vox: Auf jeden Fall, total gerne, das wäre der absolute Hammer. Kalle: Schön in Bus steigen und los. Vox: Leider haben wir keinen Bus. Valle: Und auch keine Tour. Holli: So ein riesiger Nightliner-Bus. Valle: Das ist schon ein kleiner Traum von uns. Vox: Wir sind leider unbekannt. Uns fehlen die Kontakte, vor allem über die Umgebung hinaus. Aber da arbeitet ihr dran? Vox: Krampfhaft durch ganz nerviges Anschreiben von irgendwelchen Leuten. Vielleicht kann man sich mit Bands aus anderen Umgebungen mal austauschen. Valle: Meistens treten wir in der Umgebung auf. In letzter Zeit versuchten wir, uns in Sachen Gigs ein bisschen Richtung Hannover umzugucken. Ich schrieb bestimmt dreißig Mails und nur einer antwortete, dass wir in seinen Jazz-Schuppen vermutlich nicht reinpassen. Vox: Wir sind einfach zu laut. Das wird schon noch. fankyzine __ 13


Valle: Ja, wenn uns die Leute erstmal kennen, mögen sie uns auch. Wenn man euch 25.000 Euro für eure Band schenken würde: Was würdet ihr damit anstellen? Patric: Bandmobil. Vox: Und ein paar Kisten Bier. Holli: Neue T-Shirts. Valle: Wir würden ganz tolles Equipment kaufen, einen Nightliner ... Kalle: Ein Nightliner für 25.000 Euro? Dafür bekommst du nicht einmal die Innenausstattung. Patric: Realistisch betrachtet, würde das Geld zuerst in ein Bandmobil fließen, dann in die erste Platte, Merch und in Equipment. Valle: Einen Nightliner bauen wir uns selbst. Patric: Vielleicht gibt es ein Bastelset in einer Zeitschrift. Kalle: In 25 Wochen zum eigenen Nightliner. Was würdet ihr lieber machen: A) Mit The Offspring einen trinken gehen B) Mit Children of Bodom eine Radtour machen C) Mit Linkin Park auf Tour gehen D) Mit den Guano Apes im Bällebad spielen Kalle: C und D sind sehr schwierig. Linkin Park bedeutet fette Tour, also Gage. Von dem Tourgeld können wir uns dann den Nightliner kaufen, mit den Guano Apes ins Bällebad und The Offspring auf ein Bier einladen. Deswegen finde ich C am realistischsten. Valle: Also ich mag keine der Bands, deswegen sage ich D, weil das Bällebad am spaßigsten klingt. Vox: Hallo? A! Patric: Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind. Valle: Bei Musik hauen wir uns gegenseitig die Köppe ein. Es sei denn, wir machen sie selber. 14 __ fankyzine

Was wünscht ihr euch für die heimische Musikszene? Vox: Dass es endlich mal wieder rockiger wird. Valle: Mehr Underground, mehr Trash Metal. Vox: Ich will, dass Elektro stirbt. Valle: Was? Was hast du gegen Elektro? Der ist genauso Underground wie dein Scheiß Punk. Vox: Ich wünsche mir, dass die Leute auf Konzerte gehen und nicht nur zuhause vor YouTube abhängen. © Szymon Czabrowski Kalle: Zudem fehlt es ein bisschen an selbstgemachter Musik. Kalle: Die Unterstützung für lokale Bands ist ganz wichtig. Das sollte von den Leuten mehr berücksichtigt werden. Vox: Ich wünsche mir, dass sich Leute bei einem Konzertabend nicht nur den Auftritt ihrer Freunde angucken, sondern auch die anderen Bands anschauen. Nur weil der Auftritt der Freunde vorbei ist, heißt es nicht, dass die Party vorbei ist. Man hat schließlich Eintritt bezahlt. Valle: Ich höre mir andere Bands nur aus Korrektheit an, nicht weil ich sie mag. Ich finde es schön, mal was anderes zu hören. Bei YouTube Musik klingt jeder zweite Song in der AutoPlayList gleich. Auf Konzerten kriegt man mal was Neues, Frisches geboten. Was kann man in nächster Zeit von euch erwarten? Valle: Wir werden weiter Songs schreiben, Gigs spielen: Was man als Band, die keiner kennt, so macht. Vox: Unser Musikvideo steht auch an. Valle: Das können wir dann bei YouTube hochladen, ... worüber wir uns eben noch aufgeregt haben. Kalle: Wir haben ja keine Wahl. Valle: Nichts gegen YouTube jetzt. Es ist aktuell die beste Plattform, um seinen Scheiß in die Welt zu streuen. Kalle: Was war die Frage nochmal? Patric: Was haltet ihr von YouTube? Valle: Wir wollen das Video natürlich auch auf VHS überall aus dem Kofferraum verkaufen. Kalle: Nach dem halben Video musst du die Kassette umdrehen. Vox: Das ist der Plan. facebook.com/clockwise.offiicial instagram.com/clockwise_official


© Christoph Droste

Queen of Smoke When the Joker gets the Queen Eine proppenvolle ReleaseParty Anfang Oktober in der Schraub-Bar Bückeburg spricht für sich: Queen of Smoke haben mit „When the Joker gets the Queen“ ein saustarkes Rock-Album auf CD abgeliefert. Der Titel ihres Erstlingswerks entstammt dem Song „Fairytale“, einem von zwölf Tracks mit megafettem Sound. Unser Favorit ist definitiv „Some war“, der live fast schon ein Klassiker im Repertoire von Konny (Vocals, Guitars), Lucky (Guitars, Sidekick Vocals), Timothy (Bass, Guitars, Sidekick Vocals) und Denny (Drums, Percussions) ist. Der Song mit Led Zeppelin Riff geht ordentlich nach vorne. Helfende Hand hinter den Kulissen war Producer Matthias Sagorski. Bleibt zu hoffen, dass Fans der sympathischen Band nicht wieder 18 Monate warten müssen, bis es Nachschub der begnadeten Smoke’n’Roller gibt. (aw) facebook.com/queenofsmoke

© NASA, ESA, N. Smith (University of California, Berkeley) and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

Ysma Memoirs in Monochrome Was für ein Brett: „Memoirs in Monochrome“ ist das dritte Album der ProgressiveRock-Band Ysma aus Münster. Von Titel und Cover darf man sich keineswegs in die Irre führen lassen. Das sieben Lieder umfassende, fast einstündige Werk strotzt nur so voller Leben, Energie und Leidenschaft, sodass man den nicht vorhandenen Gesang nie vermisst. Hinter Ysma stecken Fabian Schroer (Gitarre), Daniel Kluger (Gitarre), Arne Timm (Keys), Attila Kornel (Bass) und Simon Eggert (Schlagzeug). Gemeinsam erzählen sie auf ihrem Konzeptalbum eine originäre Geschichte von zwei Seiten. Ein alter, einsamer Glasbläser, der langsam erblindet, kämpft gegen das Vergessen an. „Doch ohne es jemals zu wissen, hat er mehr als nur Glasformen geschaffen. Der einzigartige Schimmer, den er immer in seinen Stücken bewunderte, war das Leuchten von Galaxien und Universen, die sein Werk mit Leben und Zeit erfüllten. Die Innenperspektive der Geschichte erfahren wir nun durch die Augen der Bewohner: Ihre Welt zerfällt, verliert ihre frühere Schönheit und verwandelt sich in ein diffuses, monochromes Nichts. Die Dunkelheit entfaltet sich parallel zum flüchtigen Anblick des Glasbläsers, da beide Welten schwarz werden.“ (YSMA) Die akustische Umsetzung dieser fantastischen Geschichte ist nicht nur für Prog-Rock-Fans absolut empfehlenswert. „Memoirs in Monochrome“ ist auf CD und digital erhältlich. (aw) facebook.com/YsmaBand fankyzine __ 15


tanzend im Regen Manoo/Manuela Scheidt Genre: Diplom-Gesangslehrerin, Studiomusikerin und Bühnensängerin Heimatstadt: Berlin Was war dein letztes Konzert als Gast? Jetzt im September war ich auf dem Lollapalooza-Festival in Berlin und habe mich sehr gefreut, Künstler wie Mumford And Sons oder auch London Grammar live zu erleben. Mein persönliches Highlight waren aber die Foo Fighters, zu deren Musik ich sonst meist Sport mache ;-) Davor war mein letztes Konzert Jimmy Eat World. Sie haben mich nach dem Abitur auf meiner Road-Tour durch die USA musikalisch begleitet. Nächste Woche höre ich mir dann in Hamburg Tori Amos an. Darauf freue ich mich schon sehr. Du warst unter anderem im Vorprogramm von CLUESO, beim deutschen Filmpreis und als DuettPartnerin von Curse auf der Bühne. Du trittst aber auch als Sängerin bei Hochzeiten auf. Was war dein bisher schönstes Bühnenerlebnis? Meine Bühnenerlebnisse auf ein Schönstes zu reduzieren, ist gar nicht so leicht. Es gibt diverse tolle Erfahrungen. Natürlich war der Auftritt beim deutschen Filmpreis ein besonderes Erlebnis, wobei es aus musikalischer Sicht bestimmt bessere gäbe. Ein wirklich tolles Konzert hatten wir bei einem sehr kleinen Festival im Osten Deutschlands. Als es losgehen sollte, hat es in Strömen gegossen, und es waren nur wenige Zuhörer da, aber als diese wenigen dann auch noch meine Liedtexte, im Regen tanzend, mitgesungen haben, war ich sehr gerührt. Auftritte, bei denen mein Publikum emotional mitgeht, sind immer was Besonderes, egal ob es sich um eine riesen Bühne oder um eine kleine standesamtliche Trauung handelt. Du bist als Zehnjährige vor tausenden Menschen aufgetreten. Wie kam es dazu? In meiner Heimatstadt gab es jedes Jahr auf dem Stadtfest einen Karaokewettbewerb, und als ich 10 Jahre alt war und mit meinen Eltern durch die Stadt schlenderte, überlegte ich mir spontan, dass ich nun 16 __ fankyzine

auch auf die Bühne möchte. Mein Vater schaute mich – schüchternes Mädchen – erstaunt an und fragte, ob ich das wirklich möchte und als ich bejahte, hob er mich auf die Bühne. Damit begann alles. Welche berufliche Laufbahn hättest du eingeschlagen, wenn du nicht Musikerin geworden wärst? Alles und nichts. Ich hatte diverse alternative Ideen im Kopf. Das ging von Musik auf Lehramt, über Tourismus, Sprachen, Schildkröten in Puerto Rico retten bis hin zur Stewardess. Ich bewarb mich nach dem Abi auch für diesen und jenen Studiengang, aber es war dann doch immer klar, dass es bloß Musik sein kann. Ich lebe seit ich 16 Jahre alt bin von und mit der Musik. Das war vielleicht sogar am Anfang und in meinem ersten Studium – Kulturwissenschaften mit ästhetischer Praxis (Musik/Gesang) – allen Anderen klarer als mir. Ich dachte, ich könne nicht für immer alles auf die Musik setzen und hatte mir dieses Studium ausgesucht, nebenher aber immer gesungen. Irgendwann fragte mich dann mein Professor, warum ich nicht Gesang studiere, es sei ja offensichtlich, dass sich alles in meinem Leben um die Musik drehe und ich immer und am liebsten singe! Danach fing ich parallel an, Jazz-Rock-Pop Gesang zu studieren. Demnächst startet die vierte Staffel vom City Talent. Den regionalen Talentwettbewerb hast du zu Beginn als Jurorin begleitet. Rätst du Nachwuchsmusikern generell zur Teilnahme an solchen Contests? Um mediale Aufmerksamkeit zu bekommen, sind Casting-Shows für Nachwuchsmusiker gut. Man muss sich aber bewusst sein, dass es bei einigen, vor allem TV Formaten, nicht ausschließlich um das Talent geht. Wenn man damit klar kommt und persönlich stark genug ist, kann es eine interessante


Erfahrung sein, aus der man eventuell auch noch mehr mitnehmen kann. Woran arbeitest du derzeit? Derzeit bin ich als Vocalcoach und Bandleader einer Kreuzfahrtband sehr eingespannt. Ich schreibe dennoch, wenn die Zeit und die Inspiration es zulässt, allein an Songs und wünsche mir mal wieder eine Zusammenarbeit mit anderen Musikern. Ein eigenes, kreatives Projekt fehlt mir derzeit. Vielleicht findet sich ja der ein oder andere Musiker oder Produzent mit dem es musikalisch passt?! Was wünschst du dir für die Zukunft? Ich wünsche mir, dass ich frei von jeglichen Zwängen, in ein Pop-Schema zu passen, Songs schreiben kann und Musiker treffe, die Lust haben, mit mir Musik zu machen, einfach weil wir die Musik lieben und an etwas gemeinsam arbeiten wollen. Wenn ich/wir mit unserer Musik dann auch noch andere Menschen erreichen, macht mich das sehr glücklich. Einen Wunsch habe ich tatsächlich noch: Einmal als Background auf Tour gehen :-) www.manuela-scheidt.de instagram.com/manoo_elaa

© Studiolein fankyzine __ 17


© Lea Mrowka

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Wahnsinnserfahrung Tokio Erika Ott Genre: Klassische Pianistin Heimatstadt: Espelkamp, wohnhaft in Osnabrück Interview per Telefon am 13. Juli 2017 Du wohnst in Osnabrück. Welches Konzert hast du hier zuletzt als Gast besucht? Ich genieße es, in Osnabrück alles gut erreichbar an einem Fleck zu haben. In Espelkamp, wo ich aufwuchs, ist das kulturelle Angebot nicht so konzentriert. Zuletzt sah ich den Auftritt einer südkoreanischen Pianistin, die mit ihrem ehemaligen Dozenten Jacob Leuschner konzertierte. Er ist eine Person von Rang und Namen. Seine einstige Studentin ist inzwischen seine Kollegin. Es war ein sehr schönes Konzert und interessant für mich, das zu erleben. Ich stelle es mir etwas merkwürdig vor, mit meinem Dozenten vierhändig am Klavier zu spielen, jedoch wäre es natürlich auch eine große Ehre.

ten. Das mache ich als Freiberuflerin auch so. Ich unterrichte dreimal die Woche. Zwar könnte ich mehr unterrichten, aber dann würde das eigene Spielen zu kurz kommen, was schade wäre. Ich versuche, die Balance zu halten. Das Unterrichten an sich ist schön. Es schafft eine Routine, auf die man sich gut einstellen kann. Das Pianistische ist ganz anders. Man muss für Auftritte ständig suchen und kontaktieren, Kollegen für gemeinsame Konzerte finden. Es gibt Monate, wo sehr viel ansteht. Aktuell habe ich eine Pause. Der Januar war heftig, da hatte ich wöchentlich ein bis zwei Auftritte. Für meine Begriffe ist das recht viel. Ich bin glücklich, wenn ich monatlich auftreten kann. Klassische Musik ist bei jungen Leuten nicht immer erste Wahl. Welche Musikrichtung geht bei dir gar nicht? Das ist schwer zu sagen. Ich denke schon ab und zu, dass die dargebotene Musik etwas hochwertiger sein könnte. Doch ich bin gewissen Musikrichtungen gegenüber nicht generell abgeneigt. Ich glaube, für die ganz krassen Sachen aus dem Bereich Metal, Electro oder Techno muss man Fanatiker sein, um sich da wohlzufühlen. Ansonsten bin ich keiner Musikrichtung generell abgeneigt.

Der Januar war heftig, da hatte ich wöchentlich ein bis zwei Auftritte.

Seit deinem sechsten Lebensjahr sitzt du am Klavier. Wo war dein erstes Solokonzert? Mein erster Auftritt fand in den ehemaligen Räumen des Musikschul-Verbands Espelkamp-Rahden-Stemwede in der Klasse meiner Lehrerin statt. Wie war es? Meine damaligen Gefühle kann ich nur sehr schwer beschreiben. Als Sechsjährige hatte ich noch nicht einmal Lampenfieber, das kam erst später, vermutlich im Alter von 14 Jahren. Es war einerseits ganz gut, aufzutreten ohne sich viele Gedanken zu machen. Andererseits ist es schöner, wenn man die Situation als erwachsene Person bewusst erlebt. Meine Eltern hielten den Auftritt mit der Videokamera fest. Das hilft meiner Erinnerung ein bisschen nach. Du bist Berufsmusikerin, wovon viele nur träumen. Wie sieht dein Alltag aus? Bei den meisten Musikern ist es so, dass sie ganz verschiedene Dinge machen. Viele leben vom Unterrich-

Du trittst unter bürgerlichem Namen auf. Hat man in der klassischen Musik tendenziell keine Künstlernamen? Ja, das ist üblich. Aktuell ist das bei mir sogar ein Thema. Ich habe vor kurzem geheiratet. Da stellte sich die Frage, ob ich als Künstlerin meinen Namen behalte. Die Domain meiner Webseite ist auf den alten Nachnamen angemeldet. Eine Option wäre ein Doppelname gewesen. Letztendlich nahm ich ganz traditionell den Namen meines Partners an. Ich muss mich schlau machen, wie es sich mit Künstlernamen verhält. Dann würde ich als Musikerin „Ott“ behalten. Ich weiß nicht, ob sich das gut umsetzen lässt. Das Thema werde ich im kommenden Jahr in Angriff nehmen. 2014 hast du deinen Master of Music am renommierten ArtEZ Conservatorium Enschede gefankyzine __ 19


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macht. Und du bist auch schon in Tokio aufgetreten. Magst du es, für Konzerte durch die Welt zu reisen? Ich gehe gern in die Welt hinaus, mache das jedoch nicht sehr oft, noch nicht einmal privat. Wenn ich beruflich oder privat verreisen kann, sage ich aber immer zu, egal was es kostet. Auch wenn das nicht so häufig passiert. Das sollte man sich zwischendurch schon gönnen. Die Auftritte in Tokio waren eine Wahnsinnserfahrung. Das ist eine völlig andere Welt. Man bekommt so viel Input, dass man manches im Anschluss leider wieder vergisst. Echt beeindruckend. Wenn sich das mit dem Klavierspielen verbinden lässt, ist das eine Super-Kombi. Ich nahm beispielsweise während des Studiums an einem Meisterkurs auf Rhodos teil. Der Ort lag sehr küstennah. Das war ein Mix aus intensivem Klavierunterricht mit Professoren und Strandurlaub in der freien Zeit. Richtig cool. Wie kam deine Teilnahme an der dritten Staffel vom City Talent zustande? Eine Freundin von mir, Anna Nasirov, ist Tänzerin, die sich vor allem im HipHop zuhause fühlt und eine Musical-Ausbildung absolviert hat. In der ersten Staffel vom City Talent belegte sie mit einem Flashdance20 __ fankyzine

Auftritt den zweiten Platz. Irgendwie schnappte ich auf, dass der Wettbewerb in die nächste Runde geht. Weil das Ganze in meiner Heimat stattfand, wollte ich es ausprobieren. Ich hatte schließlich nichts zu verlieren. Meine Freundin hatte mir bereits viel zu den Abläufen erzählt, und ich saß bei ihren Auftritten im Publikum. Es reizte mich, als Vertreterin der Klassik eine Exotin im Wettbewerb zu sein. Die anderen Kandidaten waren überwiegend Sänger aus dem Pop-Bereich, Singer-Songwriter und ein paar Tanzgruppen. Ich war die einzige, die rein instrumental etwas vorführte. Am Klavier kann man sich noch nicht einmal über die Bühne bewegen, um die Leute zu unterhalten. Es stellt eine andere Herausforderung dar, auf diese Weise das Bühnenbild auszunutzen und das Publikum für sich zu gewinnen. Zudem bestanden die Zuschauer nicht aus Klassikkennern, die kritisch in ein Konzert gehen, andächtig zuhören und hochwertige Musik erfahren möchten. Insofern war ich sehr neugierig auf eine Teilnahme. Ich muss zugeben, dass ich mir zutraute, die erste von vier Castingrunden zu bestehen. Die zweite klappte auch, bei der dritten war ich schon skeptisch. Ich war sehr glücklich, als ich das Finale erreichte. Beim City Talent fanden auch sogenannte Battles


unter den Teilnehmern statt, wo verschiedene Stile aufeinander trafen. Kannst du dir vorstellen, häufiger mit anderen Musikrichtungen zu arbeiten? Absolut. Beim Finale war ich total glücklich, dass ich mit dem Tanzduo Spotlight zusammen kam. Das sind professionelle Tänzer, was vom Niveau her für die Zusammenarbeit passte. Die Tänzerin ist lustigerweise eine enge Freundin meiner Freundin Anna Nasirov. Wir kannten uns vorher schon ein wenig. Ich hatte zuvor noch nie mit Tänzern gearbeitet. Es war super. Wir sollten Klassik mit Salsa verbinden. Klassik ließ sich sehr leicht für uns verwirklichen. Zum Salsa brauchte man eigentlich Instrumente wie Rasseln oder Trommeln, um den Rhythmus zu spüren. Mit dem Klavier alleine fand ich, dass das zu wenig rüberkam. Bei den Vorbereitungen zog ich zum ersten Mal am PC Samples aus dem Internet und versuchte, darauf zu spielen und zu üben. Meine Audioaufnahmen schickte ich den Tänzern, damit sie dazu choreographieren konnten. So ist das abgelaufen. Es war eine echte Herausforderung, aber ich habe die Teilnahme zu keiner Sekunde bereut. Von meinen Erfahrungen beim City Talent abgesehen, springt auch mein Ensemble aus der Reihe. Es besteht neben mir aus vier weiteren Musikern. Wir veranstalten klassische Konzerte im Dunkeln. Dabei beziehen wir Gedichte oder eigene Texte ein. Wir gucken, was sich zum Ablauf des Programms eignet. Wenn wir feststellen, dass Musikstücke aus anderen Genres gut passen, spricht für uns nichts dagegen, diese einzubauen. Dadurch sangen wir schon etwas von den Beatles a cappella. Solo bin ich sehr klassisch unterwegs. Des Weiteren habe ich ein Trio mit Klarinette und Geige. Früher arbeitete ich viel mit klassischen Sängern zusammen. Neue experimentelle Sachen wie die Konzerte im Dunkeln machen mir Spaß.

Konzerte im Dunkeln stammt. Er ist Gitarrist und hat eine Sehkraft von nur 15 Prozent. Deshalb spielt er viel auswendig, und ihm macht es nichts aus, wenn es dunkel ist. Innerhalb des Festivals veranstalteten wir erste Konzerte im Dunkeln. Mit gespitzten Ohren hört man noch mehr zu, nimmt das Gehörte viel intensiver wahr und hat überhaupt keine visuellen Einflüsse. Das Publikum weiß nicht, wie der Raum und wie wir Musiker aussehen. Der Gast wird auf seinen Stuhl geführt, und mehr Infos erhält er nicht. Nach den Stücken folgt kein Applaus, weil man nicht weiß, was als Nächstes kommt. Einen Programmzettel gibt es nicht. Das Projekt ist über das Studium hinaus eine ernsthafte Sache geworden.

Wie kam es zu den ,,Konzerten im Dunkeln“? Das entstand im Studium. In Enschede hatten meine Kommilitonen und ich im Masterstudiengang die Aufgabe, ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen. Abgesehen von der Gruppenarbeit, Musikstücke zu finden und einzuüben, mussten wir das ganze Konzept erstellen, die Finanzen handhaben, einfach alles, was dazu gehört. Die Dozenten waren dann unsere Coaches. Während des Projekts lernte ich einen Kollegen kennen, von dem die Idee für die

In einem Interview mit dir las ich, dass deine Musikdozenten der Uni deine Vorbilder sind. War das für dich der Auslöser, selbst zu unterrichten? Ehrlich gesagt nein. Während des Studiums begann ich zu unterrichten, um etwas dazuzuverdienen. Ich muss zugeben, dass ich mich darauf nicht sehr freute. Irgendwie lief es aber wesentlich besser ab als erwartet. Ich bringe Schülerinnen und Schülern nicht nur bei, wie sie ihre Finger auf den Tasten bewegen und Noten lesen. Sie entwickeln beim Musizieren

Wo kann man eure „Konzerte im Dunkeln“ erleben? Aktuell organisieren wir ein Konzert in Hamburg. Da gibt es das Museum „Dialog im Dunkeln“, wo man sich in die Welt der Blinden hineinversetzen kann. Es ist dort stockdunkel, man erhält einen Blindenstock und wird von einem sehbehinderten Guide durch Räume geführt. Unser Konzert dort steht leider noch in den Sternen. Aber es wäre natürlich perfekt, wenn das klappt. Hier in der Region haben wir das im Herbst 2016 im Schloss Benkhausen schon einmal gemacht. Das war sehr schön. Hamburg wäre für uns praktisch, weil es dort bereits absolut dunkel ist. Bei den Proben müssen wir zunächst mit dem Raum klarkommen. Viel muss abgedichtet werden: alle Fenster, alle Türen, alle Schlösser, kleine Minilämpchen von elektronischen Geräten, einfach alles, was Licht spendet. Wir brauchen zusätzlich zu den Proben generell einen ganzen Tag, um mit der Dunkelheit zurechtzukommen. Im Museum wären die bereits abgedunkelten Räume eine optimale Ausgangssituation für uns, auch aus sicherheitstechnischen Gründen.

Innerhalb des Festivals veranstalteten wir erste Konzerte im Dunkeln.

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und Netzwerken wird das insgesamt ein ziemlicher Arbeitsaufwand. Das ist im Grunde bereits ein Management, das man nebenher betreiben muss, und das uns tendenziell schwerfällt. Wir hoffen sehr, dass wir den Dreh herauskriegen, nicht locker lassen und hartnäckig bleiben, damit das verwirklicht wird. Weitere Pläne habe ich momentan noch nicht. Früher oder später gibt es wieder Termine, ob solo oder Konzerte im Dunkeln oder mit dem Trio oder dem Orchester „Westfalen Winds“. Irgendwie ist immer was los. Mit dem Orchester bin ich beispielsweise im August in Spanien. Da freue ich mich schon sehr drauf. Wir spielen spanische Stücke. Ich hoffe, dass wir was vom Land mitkriegen und nicht nur bei den Proben sind. Wir sind nur für fünf Tage inklusive An- und Abreise dort. Wie ich die Orchestermitglieder kenne, wird notfalls in der Nacht die Gegend erkundet. Möchtest du abschließend noch was erwähnen? Ich bin jetzt viel in Holland pianistisch zugange gewesen. Es wäre schön, wenn sich in Zukunft auch in meiner Heimat, der Region Espelkamp und Umgebung, noch mehr Konzerte ergeben würden. http://erika-ott.de © Lea Mrowka

ihre Persönlichkeit, wir lernen uns auf einer tieferen Ebene kennen. Das ist das Besondere an diesem Beruf. Man wird selbst zum Vorbild der Schülerinnen und Schüler und muss sich daran gewöhnen, auf der anderen Seite zu stehen. Es spiegeln sich auch viele Sachen im Miteinander wieder, die man vielleicht selbst bei sich entdeckt. Von daher bleibt das Unterrichten spannend. Neue Schülerinnen und Schüler sind stets neue Individuen. Ich lerne dank ihnen jedes Mal etwas Neues über die Menschen an sich. Was sind deine Ziele für die Zukunft? Was kann man in nächster Zeit von dir erwarten? Im Februar habe ich ein Konzert mit meinem klassischen Trio. Mit meinem anderen Ensemble versuchen wir weiterhin intensiv, die Sache mit Hamburg hinzukriegen. Das größte Problem sind immer die Finanzen, also Sponsoren oder Kulturvertreter zu finden, die einen bezahlen möchten. Das bereitet uns viel Arbeit. Die Idee der Konzerte im Dunkeln fand Hamburg ganz toll, aber beide Seiten müssen die Kostendeckung berücksichtigen. Mit Werbung 22 __ fankyzine

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Drei Stunden Gänsehaut Nenad Bilbija Genre: House, Dance Handballspieler bei GWD Minden (Rückraum links) Heimatstadt: Celje, Slowenien Interview am 6. August im SOHO, Minden Wer hat dir erzählt, dass ich Musik mache? Das hast du mal vor ein paar Jahren in einem Interview erwähnt. Ich bin kein Profi, dafür aber mein älterer Bruder. Mit seiner Firma in Slowenien macht er Werbung für TV und Radio. Nebenher ist er Musiker. Früher war er mit seiner Freundin Teil des Musikduos 2 Alive. Sie waren richtig berühmt in unserer

Heimat. Er war außerdem als Handballer in Frankreich und Spanien aktiv. Das ließ sich schwer mit seiner Musikkarriere in Slowenien vereinbaren. Als sich 2 Alive trennten, machte mein Bruder allein als Musiker weiter. Als er sich wieder voll und ganz für die Musik entschied, war er für diverse Musiker im Dance-Bereich erfolgreich tätig. Nun ist er hauptsächlich als House und Techno DJ aktiv. Und was machst du für Musik? Ich decke verschiedene Bereiche ab, hauptsächlich House und Dance, manchmal mag ich auch Pop. Ich habe nie eine Musikschule besucht wie mein Bruder. Ich lernte alles von ihm. Hast du zuhause ein Studio eingerichtet? In meiner Wohnung hier in Minden habe ich mich fankyzine __ 23


musikalisch ein wenig ausgestattet. Ich habe zwei Studio-Lautsprecher, ein Midi-Keyboard und ein Logic-Programm. Dazu kommen noch verschiedene andere Programme, Samples und Sounds. Wenn ich Zeit habe, widme ich mich der Musik. Das ist in der laufenden Handball-Saison vermutlich schwierig? Ja, aber wenn wir einmal am Tag trainieren, setze ich mich in meiner Freizeit schon manchmal hin. Kann man irgendwo Musik von dir hören? Einmal habe ich einen Remix einer kroatischen Single gemacht. Die Sängerin ist sehr bekannt und war mit dem Lied auch beim Eurovision Song Contest. Das war vor vier, fünf Jahren. Auf Facebook sah ich einen Remix-Songcontest. Ich entschloss mich, am Wettbewerb teilzunehmen. Mein Track wurde für die Veröffentlichung auf einer CD ausgewählt. Lief das unter deinem richtigen Namen oder hast du einen Künstlernamen? Mein DJ Name lautet Bilbo. Mein Bruder nennt sich Bilboni. Das bot sich bei unserem Nachnamen Bilbija einfach an. Spielst du Instrumente, Gitarre oder so? Nein, nur Keyboard, aber nicht überragend gut. Wenn ich Musik mache, nutze ich wie erwähnt ein Logic-Programm. Ich kann langsam Akkorde spielen, auch ohne Musikunterricht. Für House und Dance Music ist generell eine gute Vorstellungskraft wichtig. Singst du auch? Ich singe gerne für mich selbst, doch ich mache das nicht öffentlich. Manche Leute sagen, mein Gesang sei ganz in Ordnung. Sind eure Eltern denn musikalisch? Nein, eigentlich sind nur wir zwei in der Familie musikalisch aktiv. So lernte mein Bruder damals auf der Musikschule zum Beispiel das Akkordeon spielen. Welche Musik hörst du privat? Neben Techno, House und Dance höre ich alles mögliche, was meine Ohren akzeptieren. Heavy Metal mag ich beispielsweise nicht. Was wärst du geworden, wenn du keine Handball-Laufbahn eingeschlagen hättest? Wahrscheinlich Pilot. Ich hatte immer Interesse am Fliegen. Oder natürlich DJ, das wäre noch besser, 24 __ fankyzine

aber das ist nicht einfach. In dem Bereich gibt es sehr viel Konkurrenz. Beim Handball läuft häufig Musik. Wenn du DJ in der Kampa-Halle wärst ... Ich würde alles wechseln. Das habe ich Klaus Smolareck (inzwischen Moderator, Anm. d. R.) bereits gesagt. Ich mag schon die Musik beim Einlaufen nicht, weil so viele Mannschaften die gleiche Musik haben. Ich würde gerne House, ein bisschen Latino Musik hören. Was würde bei dir als DJ in folgenden Situationen gespielt werden: Beim Einlaufen House mit Latino, vielleicht etwas von Gregor Salto. Das wäre ein bisschen energischer, wenn auch nicht für jeden Geschmack geeignet. Beim Siebenmeter Die Musik beim Siebenmeter ist in Ordnung. Bei der Wischmoppause Es muss immer eine energische Musik sein, damit wir Spieler in einem Hoch bleiben. Unsere Leistung muss intensiv sein. Beim Tor Wenn ich das entscheiden könnte, würde das so funktionieren: Wir haben viele Spieler aus verschiedenen Ländern in der Mannschaft. Manche kommen aus Schweden, andere aus Norwegen, Dänemark, Serbien, Slowenien ... Wenn nun ein norwegischer Spieler ein Tor macht, soll er vorab ein Lied aus seiner Heimat nennen, das dann gespielt werden kann. Beim Sieg Man muss natürlich immer gucken, dass man etwas nimmt, das für alle Leute gut ist. Wenn du mich persönlich fragst, wäre es wohl etwas aus dem House Bereich, das glücklich klingt (stimmt ein Beispiel an, Anm. d. R.). Wen hättest du gerne mal als Showact in der Halbzeitpause, wenn du weltweit die freie Wahl hättest? Bruno Mars. Ich glaube, er ist für Shows gut geeignet. Wird denn im Mannschaftsbus gesungen? Ja, vor allem hinten im Bus, wo ich sitze. Aleks Svitlica singt auch gut und ganz gerne. Dalibor Doder macht manchmal mit. Einmal verfasste ich einen Text auf serbisch. Dann kam Aleks zu mir und sang ihn. Für das erste Mal war er ganz gut. Erst war er nervös und traute sich nicht. Nach zwei Bieren ging es aber.


© Angela Metge

House mit Latino, vielleicht etwas von Gregor Salto. Das wäre ein bisschen energischer, wenn auch nicht für jeden Geschmack geeignet. fankyzine __ 25


Auf welchen Musik-Events warst du zuletzt? Ich war vor einem Monat in Madrid auf einem Konzert von Alejandro Sanz. Es war leider das letzte Konzert im Estadio Vicente Calderón vor dem Abriss. Das Stadion hat sehr viel Geschichte. Beim Konzert waren, glaube ich, 60.000 Leute anwesend. Ich hatte drei Stunden lang Gänsehaut. Es war unglaublich. Das war wirklich schön. Im Mai war ich zum zweiten Mal bei der N-JOY Starshow in Hannover mit Clean Bandit und vielen mehr. Gehst du auch auf Konzerte hier in der Region? Wenn ich Zeit habe, mache ich das. Vor ungefähr vier Jahren hatte ich Tickets für Alicia Keys. Wir hatten mittwochs immer morgens Training und abends frei. Ich entschied mich daher, die Karten zu kaufen und abends zum Konzert zu fahren. Genau zwei Tage vor dem Konzert verkündete der Trainer, dass wir ausnahmsweise abends trainieren. Deshalb blieb ich in Minden und verpasste Alicia Keys. Hier in der Gegend gibt es auch einige Künstler der House- und Techno-Szene. Ja, in Köln. Auch hier in Minden. Gestern fand beispielsweise das Amphimelodie Open Air an der Weser statt. © Angela Metge

Du meinst jetzt nicht DJ Bobo oder so etwas? Nein, auf keinen Fall. Okay. Die letzten drei, vier Jahre reise ich übrigens immer nach Ibiza, aber nicht nur zum Party machen. Die Insel ist richtig schön. Ich fühle mich dort wie zuhause. In diesem Jahr war ich bereits zweimal dort und sah mir Konzerte von David Guetta, Martin Garrix und mehreren anderen DJs an. Würdest du gerne mal öffentlich auflegen? Ja, aber mir fehlen bislang Vocals. Ich kann das zuhause nicht umsetzen. Wenn eine Sängerin oder ein Sänger Interesse hat, kann sie oder er mir Vocals schicken, und ich probiere gerne, etwas daraus zu machen. Es wäre nur gut, wenn der Gesang in den Bereich 120 bis 125 BPM passt. Das Tempo 125 BPM wäre super. Mit welcher Sängerin würdest du gerne auftreten, wenn du die freie Auswahl hättest? Aus Deutschland sind mir nicht viele Musikerinnen, die singen, bekannt. Ich weiß, dass es Helene Fischer gibt, aber mit ihr möchte ich keine House Music umsetzen. International würde mir Ariana Grande gefallen. Würdest du gerne mal auf Ibiza auflegen? Das wäre für mein Bruder und mich ein absoluter Traum. Er hat schon ein paar Angebote bekommen. Angebote für Ibiza? Er ist wirklich sehr gut. Bislang hatte er nur Konzerte in Slowenien. Letzte Woche erhielt er eine Anfrage einer Agentur, ob er für zwei Monate durch ganz Europa auf Tour gehen möchte. Sie sprechen noch über Details. Gibt es abschließend etwas, dass du gerne erwähnen würdest? Mein Bruder ist Schuld an meiner Leidenschaft für Musik. Dank ihm schlief ich vermutlich 20 Prozent weniger in meinem Leben. Als er in meiner Jugend Handball in Slowenien spielte, war sein Verein eine Stunde von unserer Heimat entfernt. Dadurch kam er erst gegen Mitternacht nach Hause. Wir teilten uns ein Zimmer. Ich schlief bereits, weil ich um sechs aufstehen musste, um in die Schule zu gehen. Er nahm seine Kopfhörer, um laut Musik zu hören. Dadurch konnte ich nicht schlafen. Aber ich war nicht sauer, weil mir seine Musik so gut gefiel. Bis heute schickt er mir seine Musik zu, um mein Feedback zu erhalten. Ich bin sein bester Kritiker. instagram.com/nenadbilbija

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Nostalgiekultur Lilly & The Good Fellas Genre: Rock’n’Roll, Rockabilly Mitglieder: Steffi Spilker (Gesang), Stephan Spilker (Schlagzeug), Stephan Bork (Gitarre), Dietmar Rooch (Bass) Heimatstadt: Minden Interview am 26. Juli im Walis Café, Minden Seit wann machst du Musik? Im Alter von 14 Jahren fing ich in einer Reggae und Dub Big Band an. Ein Mitglied der Band, das dem Jazz sehr zugetan war, fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, sowas zu singen. Es würde gut passen. Er schenkte mir zwei CDs von Ella Fitzgerald und Billie Holiday und meinte, ich solle sie mir mal anhören Ich übte den Stil, er gefiel mir gut. So traten wir damit auch auf. Über die 40er Jahre Musik kam ich mehr oder

weniger zu den 50ern und zum Rock’n’Roll. In der Rockabilly Szene bin ich seit meinem 16. Lebensjahr. Ich lernte die Tanzschritte, besuchte die Partys. Lilly & The Good Fellas gibt es seit Mai 2015. Wie habt ihr euch als Band gefunden? Wir kannten uns alle schon vorher. Die Band ist aus meinem Faible für Rockabilly gewachsen. Mein Mann hatte davor mit dem Genre nichts am Hut. Ich habe ihn dafür begeistert. Dann fragte ich ihn, ob wir nicht gemeinsam eine Band starten wollen. Die anderen waren mehr oder weniger dem Rock’n’Roll zugetan. Sie kamen eher aus anderen Musikrichtungen, waren der Idee gegenüber aber grundsätzlich aufgeschlossen und hatten da Bock drauf. Es war anfangs auch nur ein Just-For-Fun-Projekt. Wir trafen uns und probierten aus, wie wir zusammen klingen. Wer hat sich den Namen ausgedacht? Das waren wir gemeinsam. Die Lilly gab es schon bei einer anderen Rock’n’Roll Band, die ich vorher hatte. fankyzine __ 27


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Die Band hieß Broncolilly. Wir hatten keine Lust, uns irgendetwas Kompliziertes mit „And the ...“ zu überlegen. Und The Good Fellas bedeutet ja so etwas wie die guten Kumpel, Freunde oder so. Das klang für uns ganz gut. Dein Mann ist mit dir Bandmitglied bei Lilly & The Good Fellas und bei Rock Shit Hot am Start. Wie ist es, mit dem Partner gemeinsam und getrennt in Bands aktiv zu sein? Das ist besonders schön, würde ich sagen. Schreibt ihr eigene Texte? Wir covern nur und schreiben nichts selbst. Ich weiß nicht, wo da die Hürde ist. Es ist sicherlich auch ein großer zeitlicher Faktor. Ich denke, es geht vielen Leuten so. Musikalisch Aktive müssen sich irgendwann entscheiden, nur noch das eine oder das andere zu leben. Ist das jetzt mein Hobby oder will ich das hauptberuflich machen? Kann ich mich damit über Wasser halten? Singst du auch auf deutsch? Ich weiß gar nicht, warum ich nicht auf deutsch singe. Ich kann mich nicht daran erinnern, das jemals getan zu haben. Es hat sich nicht ergeben. Ich glaube, ich kann es nicht transportieren, weil es meine Muttersprache ist.

di ist überall, ob in Bielefeld oder Las Vegas. Es gibt einen Pool von bestimmten DJs der Szene, die sehr gefragt sind. Wenn man auf eine Party fährt, ist es in erster Linie wichtig, wer auflegt, weil die Leute tanzen wollen. Manche wollen lieber Rockabilly tanzen, andere bevorzugen Paartänze, Jive oder Swing. Für die Partys werden stets Räumlichkeiten mit richtigem Tanzsaal, am besten mit nostalgischem Flair, gesucht. Ein ganz spezielles Pflaster. Hättest du gerne in der Zeit gelebt, in der Rockabilly entstand? Ja und nein. Heutzutage erschafft man sich diese Märchenwelt von damals. Ich weiß nicht, ob man da wirklich leben wollen würde. Das hätte schließlich noch andere Komponenten neben der Musik. Ich kenne mich bei Rockabilly nicht aus, hab aber bei Musikern sofort Männer mit gegelten Haaren und den entsprechenden Klamotten vor Augen. Lilly & The Good Fellas machen Female Fronted Rockabilly. Ist das eine Rarität? Mittlerweile gibt es immer mehr Frauen in der Szene. Generell ist der Gesang noch von Männern dominiert. Das ist aber okay. Es entspricht der damaligen Zeit. Beim Rockabilly werden nicht nur eigene Songs gespielt, es werden auch Lieder von damals gecovert. Das bedeutet, dass Männer Männerstücke singen. Es war gar nicht so einfach für mich, zur Anfangszeit mit meiner ersten Band Stücke für Frauen zu finden, die so richtig zu 100 Prozent in diesen Rockabilly Bereich passten. Viele Songs gingen eher in eine kommerziellere Richtung.

Märchenwelt von damals

Spielst du Instrumente? Ich kann alles ein bisschen spielen, aber ich habe nicht die Disziplin, mich für irgendetwas hinzusetzen. Das gebe ich offen zu. Darauf habe ich keinen Bock. Was das Singen angeht, bin ich in den letzten Jahren total selbstkritisch geworden. Früher ging es mir nur um den Spaß. Mittlerweile bin ich sehr überprüfend bei dem, was ich mache und was ich noch machen will. Wenn ich jetzt beispielsweise bei der Rockabilly Band merken würde, dass die Luft raus ist, würde ich das auch einfach lassen, an den Nagel hängen. Vielleicht weiter Rockabilly singen, aber in einer anderen Form. Oder was weiß ich: Ich ziehe wieder los und mache für ein halbes Jahr nur Jazz und Swing Musik, weil ich das gerade brauche oder schön finde.

Wo war euer erster Auftritt? Im Stellwerk Bielefeld auf einer Rockabilly Party, organisiert von DJ Heidi. Das klingt jetzt lustig, aber DJ Heidi ist international eine Wahnsinnsgröße. Mit ihr musst du dich mal unterhalten. Sie hat die Mitte 50 überschritten und veranstaltet große Partys. DJ Hei-

Gibt es international nennenswerte Unterschiede zum deutschen Rockabilly? Generell ist die Rockabilly Szene weltweit aktiv. Es gibt deutschen Rockabilly, den es in den 50er Jahren schon gab. Ich denke, dass in Amerika viele Bands in die Country Richtung gehen, weil sie geschichtlich in der Western Musik ihre Tradition und ihren Ursprung haben. Sie gehen vom Western Swing aus. Gibt es hier in der Region eine ausgeprägte Rockabilly-Szene? In ganz Deutschland gibt es eine ausgeprägte Szene. Hat die Szene Nachwuchsprobleme? Das glaube ich nicht. Ich denke, es werden nur weniger Leute, die sich für die Ursprünge interessieren. Die Wenigsten wissen, dass Elvis schon von alten fankyzine __ 29


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Western Swing- und Country-Künstlern coverte. Daher ist der Draht zu früher nicht mehr so stark. Du bist die Erste, die mich wegen Nachwuchsproblemen fragt. Das spricht schon Bände. Nach fünfzehn Jahren treffe ich noch immer die selben Leute bei Veranstaltungen. Ein Grundgerüst an Menschen bleibt. Kinder, die einst mit ihren Eltern kamen, sind inzwischen 20 oder 30 Jahre alt und hopsen da mit ihrem Nachwuchs rum. Es ist wie ein Lebensstil. Menschen, die diese Leidenschaft aktiv betreiben, planen ihren Jahresurlaub nach den Weekendern. Das sind Festivals, die über drei, vier Tage oder eine Woche gehen. Es wird viel getanzt, es gibt Konzerte. Für mich ist diese Zeit vorbei, weil das normale Leben mich eingeholt hat. Früher fuhr ich unglaublich weit, um das alles mitzunehmen.

heutzutage Fan von elektronischer Musik bin, habe ich mit dieser Technik überhaupt nichts am Hut. Die alte Musik fasziniert mich einfach. Zur Rockabilly Szene gehört nicht nur die Musik, sondern auch das Tanzen. Das ist total wichtig. Generell jeder, der da reinkommt, sieht das komplette Paket und findet es toll. Sie empfinden das als Zeitreise und unglaublich unterhaltsam. Jeder neue weibliche Gast möchte die Tanzschritte lernen. Auf den Veranstaltungen wird auch Rock’n’Roll, Jive und Swing Musik gespielt. Drumherum gibt es viel zu erleben. Neben dem Tanzen gehört authentische Kleidung dazu. Dafür gibt es eine große Szene, die Original Kleidung verkauft oder nachschneidert. Ich bin schon auf Modenschauen mit meiner eigenen oder geliehenen 40er und 50er Jahre Kleidung gelaufen. Was man natürlich auch nicht vergessen darf, ist die Autokultur. Einige Partys sind mit Präsentationen von 50er Jahre Autos verbunden. Das Komplettpaket der Nostalgiekultur findet dort statt. Es hängt viel Zeit und Geld dran. Die einen entwickeln die Leidenschaft für Autos, die anderen für Kleidung und Frisuren. Frauen können auf größeren Rockabilly Events ihre Haare mit Lockenwicklern, Blümchen und allem Pipapo machen lassen. Als Mann kannst du dir die Haare schneiden lassen. An Ort und Stelle ist es möglich, dich komplett umzumodeln, wenn du das möchtest. Bei mir ist das nach und nach passiert.

Ein Grundgerüst an Menschen bleibt.

Wo würdest du gerne mal auftreten? Mit einer Rockabilly Band würde ich mich letztlich doch für Amerika entscheiden. Das wäre ganz spannend. Ich habe aber keine bestimmte Location vor Augen. Bist du an anderen Bandprojekten beteiligt? Ich bin immer irgendwo beteiligt. Wenn ich selber schreiben würde beziehungsweise könnte, würde ich vielleicht auch andere Musik machen. Letztes Jahr hatte ich mal wieder einen Auftritt als Jazz-Duo, wo wir wirklich alte Jazz-Standards aus den 40er Jahren spielten. Diese musikalische Offenheit würde ich nie abreißen lassen. Grundsätzlich bin ich für alles zu haben und höre selbst nicht nur 40er, 50er Jahre Musik, sondern noch viele andere Sachen. Wie erfährt man von euren Auftritten? Das läuft über die Rockabilly Szene. Es gibt eine ex­ treme Flyerkultur. Egal, wo du hingehst, gibt es einen Tisch mit Flyern für die nächsten Veranstaltungen. Diese werden natürlich auch auf Facebook gepostet. Man ist musiktechnisch immer nur so aktiv, wie es das andere Leben hergibt. Ich lebe ja nicht davon. Wieso bist du von Rockabilly so begeistert? Ich mag generell das Flair von alter, handgemachter Musik. Das hat für mich noch mehr Seele als Dinge, die heute produziert werden. Dementsprechend kommt die Musik dann rüber. Es gab nur ein Aufnahme- und ein Raummikro. Heutzutage gibt es Bands, die mit den Original-Geräten aufnehmen, um den Sound von damals zu erzeugen. Wenn ich

Wenn Optik in eurer Szene eine so große Rolle spielt: Habt ihr ein Musikvideo? Nein, das werden wir vermutlich nie machen. Gibt es Musiker, die du am meisten magst? Mir persönlich gefallen besonders die alten Sängerinnen wie Ella Fitzgerald, Billie Holiday und Sarah Vaughan. Aus dieser Country-Western-Ecke mag ich Hank Williams, Johnny Horton, Carl Perkins und die Carter Family. Ich bevorzuge ganz alte Schinken, so 30er, 40er Jahre. Das ist meine eigentliche Gesangskultur. Wünschst du dir was für die regionale Szene? Ich bin damit nicht unzufrieden und würde niemandem was diktieren. Ich freue mich immer über Veranstalter und Locations, die etwas anschieben wollen. Wenn man nicht so weit fahren muss, ist das toll. facebook.com/lillyandthegoodfellas fankyzine __ 31


Underdogs Kimberly Genre: Deutsch Pop Heimatstadt: Hartum

Oliver Schmidt Genre: Rock, Pop, Punk Heimatstadt: Bückeburg Interview am 7. September 2017 in der Music Factory Minden, frei nach Andy Warhols Interview Magazin, in dem sich Stars gegenseitig befragen

ALBUM

Olly: Kimberly, du hast bislang zwei Alben veröffentlicht. Wie unterscheiden sie sich vom Songwriting und vom Aufbau? Kimberly: Mit jedem Album sollte man sich steigern. Ich finde persönlich, das ist mir mit „Ich schreibe meine Geschichte selbst“ gelungen. Ich bin zufrieden und mag das Album lieber als das Erste. Es fiel mir leichter, die Songs zu schreiben. Ich traue mich zu singen, was ich denke, und grübel nicht mehr lange darüber nach. Olly: Für alle, die Kimberly noch nicht kennen: Wie ist dein Musikstil? Kimberly: Im Großen und Ganzen fröhlich. Die Leute sollen zu meiner Musik feiern, Party machen, glücklich sein, mitsingen. Ich möchte sie aufmuntern und nicht unbedingt nachdenklich und traurig stimmen. Ich habe zwar auf dem Album ein paar Songs, die ein bisschen trauriger sind, aber sie sind nicht unbedingt meine Favoriten. Kimberly: Dein erstes Album kommt jetzt raus. Wie viele Songs werden drauf sein und wie heißt es? Olly: Das Album heißt „Normal kann jeder“, und es werden circa zwölf Songs drauf sein. Kimberly: Und die Songs hast du alle selbst geschrieben? Olly: Genau. Es dreht sich zum größten Teil um die 32 __ fankyzine


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Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren gesammelt habe und wie ich die Welt so sehe. Kimberly: Und wie würdest du den Musikstil beschreiben? Olly: Auf jeden Fall eher rockig, poppig und punkig. Das Album geht recht nach vorne, hat oft sehr treibende Beats. Es sind selten Songs dabei, die unter 130 BPM liegen. Kimberly: Ich durfte das Album eben Probehören. Es macht Spaß. Ich kann es jetzt schon allen empfehlen. Olly: Ich befinde mich mitten in den Arbeiten. Die Hälfte ist im Kasten. Wir wollten es an Halloween veröffentlichen, aber das ist ein Dienstag und ein Feiertag. Daher beschlossen wir, den Release in die erste Novemberwoche zu ziehen.

LIVE

Olly: Für jemanden, der Kimberly noch nie live gesehen hat: Wie beschreibst du ihm, was du auf der Bühne machst? Kimberly: Ein Grund, weswegen ich nie ein Instrument richtig gelernt habe, ist einfach, dass ich auf der Bühne nicht an ein Instrument gefesselt sein möchte, sondern mich frei bewegen will. Ich will tanzen, das Publikum animieren, mit einbinden. Ich möchte, dass sie mitmachen. Meine Freiheit auf der Bühne nutze ich, um gute Laune zu verbreiten. Ich versuche es jedenfalls. Kimberly: Olly, oh Gott, deine Live-Performance: Wie würdest du sie beschreiben? Olly: Die Meisten sehen bei mir eigentlich nur, dass ich krasse Sachen mit Blut und so mache. Das hat aber alles einen Hintergrund. Ich mache das nicht ohne Hintergedanken. Klar ist es ein Schockeffekt, wenn ich mir beispielsweise Blut auf die Brust spritze. Dadurch bringe ich die Leute aber dazu, hinzugucken und bei mir zu bleiben. Natürlich gehe ich zusätzlich gerne ins Publikum, spreche die Leute persönlich an, nutze allerlei Equipment, um meine Show zu verfeinern. Problematisch finde ich Konzerte von Bands, wo jemand 45 Minuten lang mit der Gitarre auf dem Barhocker sitzt. Da kann ich mir genauso gut eine CD anhören. Live muss einfach etwas passieren. Energie muss rüberkommen. Für mich ist es eine Art Theaterstück, das ich aufführe. Kimberly: Wurdest du schon dumm angemacht, wenn du jemanden aus dem Publikum angesungen oder bemalt hast? Olly: In letzter Zeit nicht, ich hatte aber mal bei der Osterrocknacht 2010 das Vergnügen. Bei einem Song 34 __ fankyzine

jonglierte ich mit Zitronen. Damals bekam derjenige, der die Olly-Zitrone fing, ein Komplett-Paket mit CD und T-Shirt meiner damaligen Band. Ich warf sie ins Publikum, und einer bekam die Zitrone ab. Das ist halt das Problem, wenn man mit dem Rücken zu mir steht. Wenn ich singe, muss man schon aufpassen. Derjenige kam nach vorne und spuckte mich auf der Bühne während dem Song immer wieder an. Richtig heftig. Ich überlegte, wie ich reagiere, ob ich ihn wild beschimpfe. Doch ich ließ mich weiter anspucken, er traf mich nur bis zum Bauch. Irgendwann verrieb ich die Spucke, fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht und sagte dem Kerl: „Ich steh drauf, Baby!“ Das war das einzig Logische, was ich auf der Bühne machen konnte und was zu meiner Rolle passte. Darauf ist er abgehauen. In letzter Zeit wissen die Leute, worauf sie sich bei meinen Konzerten einlassen. Da kann mal ein Kunstblutfleck im Gesicht oder ein bisschen Konfetti in der Hose landen. Bei Kleidung passe ich schon auf. Die Reaktion der Leute ist natürlich von Konzert zu Konzert unterschiedlich. Neulich war ich in Bremen, mit denen konnte ich alles machen. Das Publikum findet mich witzig, gerade weil ich mich selbst auf der Bühne nicht so ernst nehme. Ein bisschen ernster geht es bei mir nur manchmal zu, beispielsweise beim CSD. Eine Symbolik, die ich da verwende, ist das rosane Dreieck, das ich mir über den Oberkörper ziehe. In Tschetschenien werden gerade so viele homosexuelle Männer verfolgt und in Konzentrationslager geworfen. Symbolisch trägt man nun diesen rosanen Winkel, den es bereits im dritten Reich gab. Und darauf tackere ich mir die Regenbogenflagge. Der CSD ist nicht nur Saufisaufi, er ist ein politisches Event, eine Demonstration für die gleichen Rechte.

SCHÖNHEIT

Olly: Wie wichtig ist für dich Schönheit in Bezug auf Liveauftritte und als Kunstfigur Kimberly? Kimberly: Wenn ich durch das Publikum laufe, sollte ich als Sängerin mit meinem Äußeren schon herausstechen. Ob es jetzt schön sein soll? Auf jeden Fall auffällig. Klar, Aussehen ist mir wichtig, aber ich weiß auch, dass ich auf der Bühne nach dem dritten Lied durchgeschwitzt bin, meine Haare verwuschelt sind. Wenn ich mit glatten Haaren auf die Bühne gehe, komme ich mit Locken wieder runter. Deswegen ist mir mein Aussehen auf der Bühne nur am Anfang wichtig, zum Ende hin ist es mir, ehrlich gesagt, egal. Kimberly: Haben all deine Tattoos eine Bedeutung oder hast du sie nur, weil du sie schön findest? Olly: Ich habe meine Tattoos, weil ich sie schön finde. Sie haben aber auch alle eine Bedeutung. Die rechte


Seite ist meine gute Hälfte, die linke Seite die schlechte. So ziehe ich das seit 2001 durch. Kimberly: Das wusste ich gar nicht. Olly: Das geht bei der Schminke weiter. Ich lackiere mein Nägel nur auf der einen, der guten Seite. Das ist Teil der Maske. Kimberly: Ist mir nie aufgefallen. Olly: Ich fing damit an, dass die gute Hälfte die Seite mit dem schwarzen Auge ist, wo man mit der hellen Kontaktlinse gerade durchsieht. Und die mit dem Ritz sollte eigentlich die schlechte Seite sein. Die Mitte meines Körpers ist sowohl als auch. Gut oder schlecht. Da habe ich zum Beispiel hinten in der Mitte die optische Täuschung „True False“ tätowiert, wo der Schriftzug „False“ das Wort „True“ enthält. Kimberly: Und was ist dein schlechtestes und dein beste Tattoo von der Bedeutung her? Olly: Jetzt geht es aber ins Detail. Eins der Besten ist mein Vampir. Das ist für mich gleichbedeutend mit „Fearless Boys“: Jeden Tag Party, niemals sterben, niemals älter werden. Das ist nach wie vor mein Lebensmotto. Kimberly: Das ist jetzt die positive Seite? Olly: Genau. Ansonsten ist das Mikrofon gut. Das Dynamitbündel für die explosive Persönlichkeit auf der Bühne. Auf der bösen Seite habe ich beispielsweise meinen Lieblings-Wrestler. Im Wrestling gibt es ja immer die Guten und die Schlechten. Er ist halt der Ultra-Bösewicht. Er kann nur durch Betrügereien und fiese Tricks gewinnen. Das Voodoopuppen-Tattoo finde ich ganz, ganz wichtig. Kimberly: Ja krass, ich habe diese ganzen Tattoos nie wirklich wahrgenommen. Olly: Die meisten denken bei der Voodoopuppe, sie sei eine Jugendsünde. Nein, ich wollte sie wirklich so abgefuckt haben. Sie verkörpert meine böse Seite. Sie hat ein Regenbogenherz. Leute fragen mich, wen ich damit abstechen möchte. Vielleicht bin ich selbst diese Puppe, kann ja sein. Generell liegt Schönheit im Auge des Betrachters. fankyzine __ 35

Kimberly: Auf jeden Fall. Keiner ist hässlich. Olly: Daher haben wir den Song „Die Schöne und der Freak“ wegen diesen krassen Gegensätzen als Duett umgesetzt. Dieser Widerling, dieses ganz Böse mit einem hübschen Mädel. Gegensätze, die sich irgendwie anziehen. Man erwartet eigentlich nicht, dass wir harmonieren, aber tun es irgendwie doch. Kimberly: (singt) Wahre Schönheit kommt von innen

© Daniel Kuhne


© Daniel Kuhne

(lacht, Anspielung auf Kimberlys gleichnamiges Lied, Anm. d. R.). Olly: Bei mir ist es das genaue Gegenteil von Schönheit, diese hässliche Fratze und alles, was ein bisschen eklig ist. Das will ich darstellen. Bei einem Konzert auf dem Veltheimer Schützenfest kam in der Pause ein Vater auf mich zu und fragte, ob jetzt noch etwas käme, wo er sein Kind wegnehmen müsse. Die Show sei mit Kettensäge, dem Blut und dem Tackern ganz schön krass gewesen. Kimberly: Um die Uhrzeit müssen kleine Kinder auch nicht mehr auf so einer Veranstaltung sein. Oder? Olly: Ja, es waren viele kleine Kinder da. Ich sprach eins an und fragte, ob es Angst vor mir habe. Es verneinte und meinte, ich sei cool. Die unterschiedlichen Reaktionen liegen einerseits einfach an der Erziehung und andererseits muss nicht immer alles aus grünen Wiesen und Sonnenblumen bestehen. Es ist meine Art Kunst, und Kunst ist relativ. Sie kann auch schockieren. Wo wir vorhin über die Serie „Tote Mädchen lügen nicht“ sprachen: Damals 36 __ fankyzine

in der Schule, wo diese ganzen Sportlertypen total krass waren und alle Mädchen auf sie standen, war ich dieser Underdog, dieser Außenseiter. Kimberly: Ich war auch immer eher die Außenseiterin, aber ich wollte auch nie dazugehören, ich will sein, wie ich bin. Olly: Ich bin mit meiner Kunst gleichbedeutend für die Leute, denen Mut gemacht werden kann. Ganz einfach. Wenn sie sich anders oder blöd fühlen, bezeichne ich sie scherzhaft als Freak. Kimberly: Jeder, der anders ist und sein Ding durchzieht, wird schnell als Freak abgestempelt.

STUDIO

Olly: Wie war es damals für dich, das erste Mal hier im Studio Songs aufzunehmen? Kimberly: Ich guckte mir vorab auf YouTube Videos an, wie man sich im Studio verhält und lernte so, dass man eine Handlänge zum Mikro einhält. Ich war auf jeden Fall mega aufgeregt. Ich weiß noch, dass ich mich richtig aufstylte und meine Mutter meinte, dass man das im Tonstudio eh nicht sieht,


und es egal sei, wie ich aussehe. Ich fand aber, dass ich selbstbewusster singe, wenn ich mich wohlfühle. Es war richtig cool, und ich wusste direkt, dass das mein Ding ist. Kimberly: Warst du beim allerersten Mal im Studio alleine oder hattest du schon deine Band? Olly: Beim ersten Mal hatte ich meine Band bereits. Das Album wurde in Hannover aufgenommen. Ich war bei der Aufnahme dennoch alleine in der Kabine. Jetzt bin ich zum zweiten Mal für das Album im Studio, und es ist viel chilliger. Es muss eine Atmosphäre herrschen, in der man sich wohlfühlt. Das hatte ich beim ersten Mal nicht. Wir verbrachten fünf Tage im Studio, pennten auch dort, ich verstand mich nicht gut mit dem Aufnahmetypen, weil er mich sehr in eine Rolle drängte, in die ich nicht wollte. Dank ihm wusste ich am Ende gar nicht mehr, wie ich singen sollte. Hier bin ich frei. Ich fühlte mich gestern so wohl, dass ich erstmal wie im heimischen Wohnzimmer meine Schuhe auszog und auf Socken durch das Studio ging. Das hat Bock gemacht. Kimberly: Dann steht man nicht steif vor dem Mikro, sondern geht richtig mit. Olly: Ja genau. Natürlich nicht so ausgelassen wie auf der Bühne, aber es ist einfach cooler, wenn man vor demjenigen, der aufnimmt, ein bisschen aus sich rausgehen kann. Kimberly: Oder mal einen schiefen Ton riskiert. Olly: Je wohler man sich fühlt, desto besser wird das Endergebnis. Kimberly: Das glaube ich auch.

CASTING

Olly: City Talent ist zwar auch eine Art Casting, ich sehe es aber nicht so, weil es sich dabei wirklich um den Künstler dreht und nicht um irgendwelche Einschaltquoten. Das DSDS Casting hat mich persönlich auf jeden Fall weitergebracht. Wenn ich die Chance hätte, würde ich auf jeden Fall nochmal zu so einer Show gehen. Ich weiß zu 100 Prozent, dass ich bei so einer Sendung wie The Voice niemals reinpassen würde. Bei mir passiert viel über das Visuelle, und stimmlich bin ich einfach nicht gut genug. Das sind richtig krasse Sänger, finde ich. Für die neue Staffel DSDS bin ich leider zu alt. Kimberly: Sie haben die Altersgrenze jetzt wieder auf 30 runtergesetzt. Olly: Und ich bin schon 37. Die Präsenz bei DSDS hat mir echt viel gebracht. Ich finde es sehr cool, wenn die Leute einen als den krassen Freak erkennen. Ich nahm teil, um in den Köpfen zu bleiben. Wenn ich die Wahl zwischen Dieter oder Costa (DJ Inzölmi La-

belchef, Anm. d. R.) habe, würde ich auf jeden Fall das City Talent wählen, weil es um die Künstler und nicht um irgendwelche Marken und Prozentanteile geht. Kimberly: Bei mir wüsste ich es nicht. Ich nahm bereits an so vielen Vorcastings teil, wo man noch nicht zur richtigen Jury kommt. Sei es das Supertalent, DSDS, The Voice, ... Bisher hat es noch nicht geklappt. Ich habe aber auch Angst, dass ich eine Teilnahme bereue und einfach abgestempelt werde. Ein richtig schwieriges Thema.

SUPPORT

Olly: Support ist kein Mord. Kimberly: Ja, das stimmt. Das sagt er immer auf der Bühne. Verspürst du einen Support von Leuten aus deiner Umgebung oder denkst du, da geht noch mehr? Olly: Meine Arbeitskolleginnen sind immer vor Ort. Sie waren sogar in der Box (Musikbox Minden, Anm. d. R.) beim Dance Contest, obwohl ich ihnen im Vorfeld sagte, dass ich dort als Rahmenprogramm nur zwei Songs performe. Meine Mädels machen fleißig Fotos. Sie müssen alles als Erinnerung festhalten. Wenn wir uns das in zwanzig Jahren angucken und in Erinnerungen schwelgen, ist das auf jeden Fall cool. In größeren Städten sind auch Leute, die einen im Fernsehen sahen und zu denen ich noch Kontakt habe. Kimberly: Meine Eltern wollten für die zwei Lieder in der Box auch mit, sie sind immer dabei. Bei Freunden ist das schwieriger. Als alles losging, waren sie eigentlich noch dabei. Das wurde aber immer weniger. Sie haben nie irgendetwas von mir geteilt oder mir gesagt, dass sie etwas toll finden. Ich erhalte von ihnen nicht ansatzweise Unterstützung. Das finde ich schon echt traurig. Ob die da eifersüchtig sind, ob sie es scheiße finden – keine Ahnung. Aber dafür habe ich meine Familie, und sie unterstützen mich zu 100 Prozent. Olly: Bei mir ist dafür meine Familie nicht so präsent, allerdings war mein Bruder tatsächlich beim Konzert in der Schraub-Bar. Kimberly: Es ist bei vielen Künstlern so, dass sich die Eltern nichts anschauen. Immer, wenn ich sie danach frage, antworten sie, dass sich ihre Eltern ihre Auftritte nie anschauen. Ich kenne es nicht anders. Olly: Manche Leute aus dem Umfeld wissen gar nicht, wie viel Arbeit an einem Auftritt hängt. Und das macht man alles neben dem normalen Job. Teilweise bin ich echt schon durchgedreht und dachte, dass ich das alles nicht schaffe. Man fuchst sich dann halt wieder so rein. Man kämpft dafür. fankyzine __ 37


MUSIKGESCHMACK

Olly: Kimberly, was hörst du eigentlich privat so für Musik? Kimberly: Ich höre hauptsächlich deutsche Musik von Newcomern, die hoffentlich bald durchstarten. Sie haben auf jeden Fall alle Potenzial. Ich höre Künstler wie Lotte, die oft mit Max Giesinger unterwegs ist, oder Jonas Monar. Elif höre ich richtig gerne. Und meine absolute Lieblingsband ist Ich kann fliegen aus Hannover. Ich finde, dass Ollis Musik ein bisschen in deren Richtung geht, deshalb gefällt mir seine Musik so gut. Olly: Mit denen habe ich sogar schon gespielt. Kimberly: Sie sind ein Grund, weswegen ich zur deutschen Musik gekommen bin. Zum Singen kam ich durch Yvonne Catterfeld, aber richtig zur deutschen Musik kam ich durch Ich kann fliegen. Sie waren meine Inspiration. Englische Sachen höre ich fast gar nicht mehr. Es gibt zwar ein paar coole englische Lieder. Sie berühren mich irgendwie nicht mehr so sehr. Ich höre inzwischen gerne Schlager, hauptsächlich fröhliche Musik. Ich stimme mich nicht extra traurig durch Musik, setz mich hin und heul wegen ihr rum. Olly: Wenn ich fröhlich bin, möchte ich keine des­ truktive Musik hören und umgekehrt. Wenn ich traurig bin, möchte ich sowas hören. Kimberly: Nein, dann mache ich extra fröhliche Musik an, weil Musik einfach so die Gefühle beeinflusst. Olly: Ich höre privat eher die rockige Schiene, bin musikalisch aber 2006 hängen geblieben. Mit neuen Bands wie Kraftklub kann ich ehrlich gesagt nicht viel anfangen. In meiner Jugend wuchs ich mit Musik von Marilyn Manson auf. Hole mit Kurt Cobains Witwe Courtney Love mochte ich, weil sie sehr provozierte. Limp Bizkit bevorzugte ich in meiner Skaterphase. Papa Roach sowieso. Fleetwood Mac und Singer-Songwriter wie Heather Nova sind auch super. Alanis Morissette höre ich immer wieder mal. Ansonsten ein bisschen krassere Sachen wie The Used, die ein paar Screamo Anteile haben, was aber nicht nur Gebrüll ist, sondern auch Parts mit Gesang und Melodie hat. Das finde ich wichtig. Mit hartem Metal kann ich überhaupt nichts anfangen. Kimberly: Wie heißt diese ganz schlimme Musik? Was singen die noch? Deutsch? 38 __ fankyzine

fankyzine: Rammstein? Kimberly: Ja. Das ist das Schrecklichste, was ich jemals auf dieser Welt gehört habe. Olly: (singt) Ich hab keine Lust, ich hab keine Lust. Kimberly: Magst du sie? Olly: Ich habe sie ein paar Mal live gesehen, weil sie eine geile Bühnenshow haben, aber ich kann mit der Musik nicht viel anfangen. Kimberly: DJ Bobo hat eine übelst geile Live Show, ihn habe ich schon dreimal gesehen. Olly: 90er mag ich auch sehr gerne. Kimberly: Ja, ich auch. Olly: Und 80er, aber nicht nur den üblichen Radiokram, sondern auch mal Pat Benatar. Ich hatte mal den Tick, dass ich jede Band, die ich mochte, live sehen wollte. Ich war ein ziemlich heftiger Konzert- und Festivalgänger und hab jetzt alles gesehen, was ich sehen wollte. Von den Live Shows habe ich mir einiges abgeguckt. Kimberly: Ich hole mir viele Live DVDs. Man guckt sich schon ein bisschen was ab. Ich glaube, das passiert automatisch. Olly: Manchmal war bei den Konzerten ein Geheimtipp dabei. Gossip sah ich mit 150 Leuten in Hannover, als die noch kein Schwein kannte. Dann gelang ihnen der große Durchbruch mit Heavy Cross. Das fand ich cool. So klein sieht man sie so schnell nicht mehr. fankyzine: Krass, dass du alle Bands, die du mal sehen wolltest, schon live gesehen hast. Olly: Ich war von 1998 bis 2010 jährlich auf dem Hurricane Festival, bei Rock am Ring total oft und dann schaute ich mir immer wieder Einzelkonzerte an. Kimberly: Wenn ich alle Musiker, die ich mag, live angucken würde, wäre ich niemals fertig. Olly: Ich war einmal bei The Dome und bei der Bravo Super Show. Die Comet Verleihung in Köln nahm ich immer mit. Kimberly: Echt? Wie geil! Olly: Dadurch sah ich Kylie Minogue und Fergy von den Black Eyed Peas. Kimberly: Den Kiddy Contest wollte ich früher unbedingt mitmachen. Aber damals konnte ich noch keine Songs schreiben. Olly: Einst war ich ein ganz großer Bro’Sis Fan. Da stand ich dann im Alter von 20 Jahren mit meinem Marilyn Manson Shirt zwischen den ganzen 14-jähri-


gen Kiddies. Ich verfolgte die Casting Show mit einer Freundin. Ich liebe Casting Shows sowieso, ich glotze das alles. Die Band hat sich aus den Sechs, die wir cool fanden – Indira, Hila, Faiz, Shaham, Ross und Giovanni – gegründet. Da beschlossen wir, Bro’Sis häufiger live zu erleben.

ZUKUNFT

Olly: Wie wird es musiktechnisch bei dir weitergehen? Wirst du eventuell alles irgendwann hinschmeißen und einem biederen, spießigen Job nachgehen? Kimberly: Boah, im Leben nicht. Wenn ich was mache, dann mache ich es richtig. Ich könnte mir niemals vorstellen, dass ich aufgebe. Obwohl ... wenn ich bedenke, was ich letztens gesagt habe ... Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich 16 zu werden, um an DSDS teilzunehmen. Ich wollte schon immer Dieters Meinung hören. Wenn ich von dem hören würde, dass ich nicht singen kann, würde ich wahrscheinlich schon ein bisschen anfangen zu zweifeln. Olly: Echt? Seine Meinung zählt so viel? Krass. Kimberly: Ja. fankyzine: Tokio Hotel haben es doch auch ohne Dieter geschafft. Olly: Der kleine Bill war damals aber bei Star Search. Kimberly: Wenn ich vor Dieter stehen und er mir sagen würde: „Mädchen, was du da machst, ...“ Dann wäre ich am Boden zerstört. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass er mir das sagen würde. Olly: Was glaubst du, was ich für einen Schiss hatte? Und er sagte zu mir: „Hast du gut gesungen.“ Und ich so „Whoa!“ Kimberly: Allen, die einen schlechten Kommentar abgeben, würde ich es beweisen, mich von denen nicht kleinmachen zu lassen. Es motiviert mich, es ihnen richtig zu zeigen. Kimberly: Könntest du dir denn vorstellen aufzuhören? Olly: Nee, im Moment nicht. Nach den vier Jahren Pause habe ich viel Energie in die Musik gesteckt. Die Band trennte sich damals. Ich machte musikalisch gar nichts mehr. Dann kam das City Talent noch vor DSDS. Ich brezelte mich wieder auf wie

zu Bandzeiten und ging einfach hin. Ich hab wieder Blut geleckt und so Bock drauf, wie ein kleines Kind über die Bühne zu hüpfen. Das ist ein perfekter Ausgleich zu meinem Job. Das ist das, was ich machen will. Express yourself with music! Mein Spruch dazu stammt aus der Rocky Horror Picture Show: Don’t dream it, be it. Damit halte ich es. Das klingt jetzt schleimig, aber ich bin Costa tausendmal dankbar, dass er mich hier aufgenommen hat, dass ich hier die Chance habe, was aufzubauen, die CD zu machen und dass ich die ganzen Auftritte an Land kriege. Alleine hätte ich das nicht geschafft. Kimberly: Wenn man sein ganzes Leben lang Musik gemacht hat ... Weißt du, wie leer dein Leben auf einmal ist, wenn du keine Musik mehr hast? Olly: Die vier Jahre ohne Musik waren komisch. Kimberly: Das kann ich mir im Leben nicht vorstellen. Vier Jahre! Olly: Ich suchte damals nach anderen Bands. Aber mir war stets bewusst, dass in einer Band noch mehr Arbeit steckt. Man muss sich vor allem mit den Leuten verstehen. Das kann heftig sein. Alleine ist es einfach einfacher. Kimberly: Auf jeden Fall. Ich finde es echt schwer mit einer Band: erstmal die richtigen Leute finden und sich dann noch gut verstehen. Die typischen Musiker waren schon immer anders als ich. Olly: Ja natürlich, Singer-Songwriter nehmen sich sehr ernst. In meinem Alter kommt das Problem hinzu, dass ich mich frage, ob ich mich noch mit 50 schminken möchte. Man entwickelt sich weiter. Die biologische Uhr. Kimberly: Weil du nicht aussiehst wie 37, ist das erst einmal kein Thema, glaube ich. Sonst kannst du dein Alter überschminken. Olly: Ich verhalte mich nicht wie 37. Ich bin manchmal unbedarft und ein bisschen naiv. Kimberly: Naiv bist du wirklich manchmal. Olly: Für mich ist es okay. Ich sehe mich selbst manchmal als 22-Jährigen. Ab und zu hole ich Sachen nach, die mir damals entgingen. facebook.com/kimberlyoffiziell instagram.com/kimberlyoffiziell facebook.com/ollyvanoil instagram.com/ollyschmidt fankyzine __ 39


Rap als Ventil

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ACO MC

tig zu differenzieren, ob man ein Problem mit dem Geschlecht oder mit der Musik einer Künstlerin hat.

Genre: Rap Heimatstadt: Bielefeld Du bist vom HipHop Tanz zum Rap gekommen und hast zunächst auf englisch gerappt. Wie schnell fiel die Entscheidung, zur deutschen Sprache zu wechseln? Auf Englisch rappte ich zunächst nur, weil ich amerikanischen Rap hörte und ich mich an diesem Modell orientierte. Schon ziemlich früh fragte mich jemand, warum ich nicht auf Deutsch rappen würde, da ich in dieser Sprache doch sicherer sei und somit mehr Möglichkeiten hätte, mich auszudrücken. Von allen Texten, die ich je bis heute geschrieben habe, sind deshalb weniger als ein Prozent auf Englisch. Wer waren zu Beginn deine Vorbilder? Eines meiner großen Vorbilder war damals Eminem. Ich fand ihn als Typen einfach unheimlich cool und seine Musik hat mich beeindruckt, weil die Texte gut zu verstehen waren. Die Songs waren eingängig und trotzdem abwechslungsreich. Später bin ich dann zu Deutschrap übergegangen. Das war zu den Zeiten von Aggro Berlin. Musstest du als Frau in der Branche Kritik einstecken oder hat man dich eher mit Samthandschuhen behandelt? Das war beziehungsweise ist unterschiedlich. Überwiegend fühle ich mich eher bevorzugt behandelt, weil ich oft als „Special“ verkauft werde – eine Rapperin ist eben immer noch selten. Dass es so weit gekommen ist, war allerdings auch viel Arbeit. Wenn meine Musik nicht Anklang finden würde,

Du arbeitest oft mit dem Produzenten Mosayk zusammen. Wieso funktioniert eure Zusammenarbeit so gut? Mosayk war einer der frühen Supporter meiner Musik. Ohne seine Unterstützung wäre ich gar nicht erst so weit gekommen. Durch die lange Zusammenarbeit haben wir den Vorteil, mittlerweile gut aufeinander abgestimmt zu sein. Er kennt meinen Geschmack sehr genau. Außerdem schätze ich den offenen Umgang zwischen uns. Wir können Kritik und Lob gleichermaßen äußern. So kommen wir voran! Für mich ist er einer der wichtigsten, vermutlich der wichtigste Unterstützer. Du bist offensichtlich sehr heimatverbunden und lokal vernetzt. Würdest du wegziehen, wenn ein Label dir einen fetten Vertrag anbieten würde? Haha, ja? Heimatverbunden :D? Kommt das so rüber? Das war mir gar nicht so bewusst. Ich denke, das liegt daran, dass ich beruflich ständig unterwegs bin und es umso mehr schätze, Zeit zu Hause zu haben. Außerdem war es immer mein Ziel, Menschen in dieser Region mit meiner Musik zu erreichen. Entsprechend vernetzt man sich hier natürlich. Höhere Ziele hatte und habe ich nicht. Deshalb muss ich zum ersten Mal über eine solche Frage nachdenken ... Hm, keine Ahnung ... kommt darauf an, wie meine Lebensumstände zu solch einem Zeitpunkt wären. Wie lauten deine liebsten eigenen Textzeilen? Eine schöne Frage! Puh, wenn ich mich festlegen müsste, wahrscheinlich diese Passage aus „Tage ziehen ins Land“:

Leute nerven ständig, wissen alles besser, kennen dich nicht// aber wissen dennoch immer, was für dich das Beste ist. Lächerlich. // Haltet’s Maul. Stell dir nur einmal vor, du wärest ich und halt es aus.// Da biste raus, schaffste nicht, kannste nicht, brauchste nicht// Ich sag dir, was die Wahrheit ist: Du traust dich nicht (…)// hätte man mich erst gar nicht auf dem Schirm. In anderen Fällen wird mir manchmal mit einer Antihaltung begegnet. Insbesondere im Vorfeld! Vorurteile lassen grüßen ... Wenn ich dann loslege, kann ich meist auch die Skeptiker überzeugen. Trotzdem ist es nicht jedermanns Sache. Ich finde nur wich-

Ich mag es nicht, wenn Menschen vorschnell urteilen. Oder wenn Menschen ungefragt ihre Meinung kundtun. Generell nicht, und speziell über mich nicht. Was ich tue und was ich erlebt habe, machen mich zu der, die ich bin. Jemand, der da nicht drinsteckt, sollte sich mit Kommentaren über mich zufankyzine __ 43


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rückhalten. Empathie ist eine Tugend, die leider zu wenige Menschen innehaben. Deine Texte wirken sehr intim und realitätsnah im Vergleich zu manchen Machwerken deiner männlichen Kollegen. Fällt es dir schwer, dein Seelenleben auf der Bühne preiszugeben? Nein, das fällt mir gar nicht schwer. Im Gegenteil Rap ist für mich ein Ventil und gerade auf der Bühne kann ich richtig Gas geben und Emotionen freilassen. Ich finde das heilsam.

Welcher Auftritt ist dir besonders in Erinnerung geblieben? Noch so eine coole Frage. Jeder Auftritt hat natürlich seine Besonderheiten und ich bin selbst überrascht, wie oft ich jetzt schon etwas präsentieren durfte. Also da gibt es viele, an die mich gern erinnere. Eine Besonderheit war mein Auftritt beim BeatBuffet. Ich war an dem Tag wirklich krank! Ich hatte Fieber, bekam kaum Luft und eigentlich keine Stimme. Hinzu kam, dass ich nicht nur die „Treibstoff“ EP releasen wollte, sondern auch, dass AzudemSK Mainact war, der zu meinen favorisierten Rappern zählt und ich entsprechend aufgeregt war. Eine super Kombi – haha. Umso dankbarer war ich meinem Körper, dass er zur Stagetime passend funktioniert hat und ich mein Programm geschafft habe! Für mich bis heute ein kleines Wunder. Du engagierst dich in der Jugendarbeit, zum Beispiel mit den „Girls can rap“ Workshops. Warum muss man deiner Ansicht nach Mädchen explizit an Rap ranführen? In der Jugendarbeit allgemein engagiere ich mich, weil ich es wichtig finde, den Kontakt zu jüngeren Menschen zu bewahren und mit ihnen in den Austausch zu gehen. Beide Seiten profitieren davon. Außerdem erhoffe ich mir, nachfolgende Generationen für Rap begeistern zu können, weil ich sehe, dass immer weniger junge Leute nachrücken und ich den Erhalt der lokalen Szene sichern möchte. Im speziellen Mädchen zu fördern, ist nicht meine persönliche Intention, sondern allein die Initiative entsprechender Projekte und ihrer Träger. Du bist in diesem Jahr beim zweiten Beatpole Live Stream aufgetreten. Fühlt es sich für dich gut an, quasi vor der ganzen Welt aufzutreten,

Beatpole

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ist das Online Musik Magazin von Kanal 21, dem Bielefelder Bürgerfernsehen. Konzept und Umsetzung stammen von den Azubis des Senders, was man der professionellen Machart nicht anmerkt. Ziel ist es, der lokalen Musikszene eine Bühne zu geben und sie damit zu fördern. Bislang ging man dreimal auf Facebook live. Moderator war stets der Bielefelder Rapper Mohtheshow, der mit seiner lockeren und sympathischen Art überzeugte. Im Gegensatz zu den anderen Musikformaten von Kanal 21 konzentriert sich das Team mit wechselnden MCs, DJs, Tänzern und einem Beatboxer ausschließlich auf Elemente des HipHop. Für Interviews nach den Auftritten der Gäste steht eine heimelige Couch bereit. Es herrscht Wohnzimmerfeeling mit einem Schuss Coolness. Zuschauer haben die Wahl, die Veranstaltung live vor Ort, von Zuhause, unterwegs oder zu jedem


ohne die Zuschauer zu sehen, oder bevorzugst du es, dein Publikum vor Ort zu haben? Haha vor der ganzen Welt – so fühlte es sich in dem kleinen Studio gar nicht an! Also ich habe mir definitiv Gedanken darüber gemacht, wie man die Stimmung möglichst medial übertragen kann und mein Set entsprechend zusammengestellt. Die Zuschauer vor Ort waren aber ganz klar ein entscheidender Faktor. Von der Crowd bekommt man immer Energie und wenn die fehlt, fällt es schwer, Gas zu geben. Demnach mag ich es auch lieber, mein Publikum zu sehen und wahrzunehmen. Es ist ja wie ein Dialog, den man miteinander eingeht, ein Wechselspiel zwischen der Crowd und dem MC. Eins meiner Lieblingsvideos von dir ist „Setz dich“, gedreht im Schweinestall. Im Track geht es um Kerle, die einen beim Ausgehen angraben. Wie war der Dreh mit den Schweinen? Das freut mich, vielen Dank. Das war ein netter Dreh. Sehr angenehm, unkompliziert und leicht umsetzbar. Hinzu kommt dass der Song humorvoll ist, so dass wir diese Leichtigkeit auch gut rüberbringen konnten. Das merkt man dem Video an. Die Schweine waren ganz umgänglich. Wir haben sie zeitweise mit Futter gelockt, damit sie nicht immer aus dem Bild laufen. Im vergangenen Jahr bist du bei „Oper meets Rap“ im Theater Bielefeld aufgetreten, was eine richtig geniale Aktion war. Welchen Moment wirst du aus der Zeit nie vergessen? Du hast mich wirklich gut verfolgt in den letzten Monaten – hehe. Oh ja, da gab es etwas ganz am Anfang: Das war bei der ersten Probe gemeinsam mit dem Orchester, dem Chor, den Solisten und Rappern. Eine Solistin war krank. In dem Raum saßen

bestimmt 50 Leute oder mehr, und die Oberhand über alles hatte der musikalische Leiter Pawel. Er managte die gesamte Situation, wusste sämtliche Einsätze und Passagen aller beteiligten Musiker, ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen, griff bei Störungen direkt durch und ersetzte sogar spontan – während des Dirigierens – die französischsprachigen Gesangspassagen der fehlenden Sängerin. Das Gesamtergebnis war für mich persönlich pure Gänsehaut. Ich bin heute noch von seiner Arbeit beeindruckt, wenn ich daran denke. Wann gibt es was Neues von dir? Was erwartet die Hörer? Beschreitest du neue Wege? Wenn alles klappt, kommt noch dieses Jahr etwas Neues. Da ich viele Projekte habe – Workshops, Auftritte, Moderation und vieles mehr – kommt es allein auf die noch freien Zeitfenster an. Sofern es klappt, wird der Sound durch freche bis lässige Texte und raue Beats gekennzeichnet sein – zumindest nach jetzigem Stand. Was würdest du mit einer Millionen Euro anfangen, wenn du sie in die heimische Musikszene stecken müsstest? Da müsste ich natürlich länger drüber nachdenken, wenn es real wäre. Ad hoc würde ich sagen, dass ich ein Label gründen würde. Ich hätte Lust, Nachwuchstalente zu fördern und die vielen Aktivitäten, die es hier gibt, zu bündeln. Ich habe Spaß am Organisieren und denke daher, dass mir sowas liegen könnte.

facebook.com/AcoMC.Rap youtube.com/user/acomcrap acomc.bandcamp.com

beliebigen Zeitpunkt als Wiederholung zu verfolgen. Zudem kann man während der Show mit Kommentaren interagieren und somit Teil der Sendung werden. Live Streams wie Beatpole sind ein sehr ehrliches Format, da nichts wiederholt und ausgebessert werden kann. Quasi fakefreie Zone. Für eine gute Stimmung vor der Kamera ist es natürlich wichtig, dass ein gut gelauntes Publikum vor Ort ist, das bei den Showacts ordentlich mitgeht. Kommende Beatpole Sendetermine erfährt man via Facebook: facebook.com/BeatpoleBielefeld. Bisherige Künstler / 18.02.2017: Cut Spencer, Stiftberg, Sendo MC, John Mulker / 20.05.2017: Frank Solo, Dhélé Agbetou + DansArt, DJ Mosayk, Aco MC / 16.09.2017: Mr. Jawbone, Fab Kush, DJ Trixta, BeatBoxMaZn, Clishé MC, DJ Mosayk

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Von Gütersloh nach Heidelberg – Eine musikalische Reise FAB KUSH und MR. JAWBONE Genre: HipHop Heimatstadt: Gütersloh Als die beiden Gütersloher Musiker FAB KUSH und MR. JAWBONE sich ganz spontan entschieden, an einem OnlineRap-Wettbewerb der Hip-Hop Legenden CORA E und DJ DEF CUT teilzunehmen, konnte keiner ahnen, was da auf sie zukommen würde. Der Hauptpreis – ein Studio-Wochenende mit AufnahmeMöglichkeit im Heidelberger CARPORT STUDIO – war Anreiz genug, um sich voll ins Zeug zu legen. Aufgabe war es, eine volle Strophe mit Chorus zu schreiben und parallel dazu ein Musikvideo zu drehen ... all das in nur 48 Stunden! Waren Fabian Kusch und André Perl doch schon

Impressionen aus dem Carport Studio Fotos: PR

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Impressionen aus dem Carport Studio

Foto: PR

sehr spät, um ihren Beitrag einzureichen. So wurde am ersten Tag fleißig geschrieben und abends im heimischen Tonstudio aufgenommen. Am zweiten Tag wurde das Video in Eigenregie an der Weberei in Gütersloh abgedreht. Die Musiker schafften es sogar noch, mit Statisten und Kostümen Akzente zu setzen. In der Folgenacht wurde dann das Material am Computer geschnitten und verschickt, so dass das Projekt „Tatort Carport“ noch pünktlich bei CORA und DJ DEF CUT ankam. Was folgte war eine zweiwöchige OnlineAbstimmung über die studio-eigene Internetseite und eine groß angelegte Social-Media-Kampagne, um möglichst viele Hörer zu erreichen. Am Ende konnten die beiden Familienväter aus Gütersloh und Rietberg mit 444 Stimmen und mehr als 41 Prozent der Wähler den Contest für sich entscheiden! Vom 13. bis 15. Oktober 2017 zieht es die Gewinner jetzt nach Heidelberg ins legendäre CARPORT STUDIO, wo schon Künstler wie Toni L, Stieber Twins, Seyed oder zum Beispiel Kollegah aufgenommen haben. Unterstützt von einer kleinen Gruppe kreativer Köpfe reist der Mob knapp 800 km und hat viel vor. Es wird einen Roadtrip-Film geben, eine große Graffiti-Aktion an der Heidelberger Hall of Fame ist geplant plus drei weitere Musikvideos sollen vor Ort entstehen. Ihr dürft also gespannt sein, was da auf Euch zukommt. Ostwestfalen trifft Baden-Württemberg ... unter Garantie eine „magische Verbindung“! (pr) Die ganze Story samt Video folgt online gegen Dezember. mr-jawbone.com carport-studio.de facebook.com/Farben2016

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© Fotokross by Arndt von Koenigsmarck

Zeit und Liebe investieren Chezah

in eine Hundehütte? Chezah: 42.

Genre: Cosplay Heimatstadt: Bielefeld

Nikolas: Ganz klar, die dritte Ableitung der e-Funktion über K. Adrian: Ist das nicht Integralrechnung? Nikolas: Selbstverständlich. Adrian: Ja, ich habe eine 1- geschrieben. Chezah: Ich hatte eine 5.

Interview beim Comicstammtisch am 13. September, Kanal 21 Bielefeld Nikolas: Wenn die erste Ableitung einer Funktion die Steigung beschreibt, wie bestimmt man denn dann, bitteschön, die Maxima und Minima? Chezah: 42. HaChri: Wie viele Pfannkuchen passen eigentlich 48 __ fankyzine

Klaus: Als du mit Cosplay angefangen hast: War dir schon bewusst, dass es eine komplette Szene dazu gibt? Oder hast du einfach zu irgendeiner IP, die du kanntest, was gemacht, das du cool fandest?


Chezah: Mir war schon klar, dass es eine Szene dazu gibt. Aber dass sie so den Bach runtergehen kann, hätte ich nicht gedacht. Nikolas: Wenn du sagst, die Cosplay Szene geht den Bach runter: Was ist denn da gerade los? Was würdest du gerne ändern? Chezah: Ich will kein Patreon und keine anderen Geldeinnahmequellen für Leute, die nur Arsch und Titten zeigen ... Brüste und Hintern. Klaus: Versuchen wir, das Ganze in einer vernünftigeren Frage zu formulieren: Die Cosplay-Szene ist sicherlich sehr divers. Was würdest du sagen, sind die schönsten Elemente? Chezah: Leute, die sich bei ihren Cosplays Mühe geben und das ganze Thema Ernst nehmen. Was heißt Ernst nehmen? Die wirklich Spaß dran haben und nicht nur Geld verdienen wollen. Cosplayer, die sich einfach Mühe geben, Zeit und Liebe investieren. Klaus: Und was ist das Negativste an der Cosplay-Szene? Chezah: Leute, die sich keine Mühe geben. Die einfache eine Perücke nehmen, die den Haaren des Characters ähnelt, einen Bikini anziehen und behaupten, das sei das Bikini-Outfit von dem und dem Charakter. Das macht es kaputt. Klaus: Und diese Leute kriegen ungerechterweise hohe Followerzahlen und Geld? Chezah: Ja. Klaus: Wie viele Follower muss man haben, um irgendwie halbwegs ein Einkommen davon finanzieren zu können? Gibt es da irgendwelche Richtlinien? Chezah: Richtlinien jetzt nicht. Klaus: Die Top-Leute der Industrie: Wie viele Follower haben diese auf den verschiedenen Kanälen? Chezah: 2 Millionen. Marco: Wie funktioniert das eigentlich mit Einnahmen über Social Media? Chezah: Sie verkaufen ihre Prints. Damit fängt es halt an. Und jetzt mit Patreon bieten sie „Behind the Shoot“ Videos und ähnliches an. Die Supporter, die beispielsweise 25 Dollar im Monat aufwärts zahlen, kriegen komplette Videos zu sehen. Nikolas: Wenn ich das richtig verstehe, wird nicht nur das Kostüm verkauft, es gibt auch noch eine ganze Menge Merchandise drum herum. Chezah: Genau, viele verkaufen zum Beispiel T-Shirts. Nikolas: Gibt es da Sachen, die du gerne mal machen würdest? Dinge, die für dich vertretbar sind, beispielsweise ein Artbook oder „Behind the Scenes“ Videos? Chezah: Ja, ich weiß aber nicht, ob ich für Letzteres Geld nehmen würde. Wenn, dann würde ich halt Prints verkaufen. HaChri: Hast du eigentlich keine Angst, dass du irgendwie als #§$!-Vorlage endest? fankyzine __ 49


Chezah: Ich glaube, das ist schon passiert. Nikolas: Ich lese die Kommentare unter Chezahs Cosplay-Bildern. Chezah: Das sind ja nur die Sachen, die öffentlich sind. Und ich kriege sogar komische Nachrichten mit Dick Pics, Fotos von männlichen Genitalien. Marco: Hast du schon überlegt, das als Cosplay umzusetzen? Dick in the Box? Nikolas: Kommen wir mal wieder zu den schöneren Sachen: Welche Themen cosplayst du gerne? Was würdest du in Zukunft gerne machen? Chezah: Ich möchte mehr Rüstungen umsetzen und darin besser werden. Klaus: Hast du einen Supplier, der die ganzen Materialien stellt? Chezah: Ich werde jetzt nicht irgendwie gesponsert oder arbeite mit irgendwelchen Partnern. Marco: Wie viel Zeit investierst du in die einzelnen Kostümen, in den Red Mag zum Beispiel? Chezah: Der Redmage ging eigentlich relativ schnell, dafür dass es das erste Projekt war, wofür ich wirklich nähte. Davor habe ich wirklich noch nie genäht. Ich benötigte sieben Wochen für das Kostüm. Marco: Und wie viel Geld hast du investiert? Chezah: Zählen die Materialien, die ich schon hatte, dazu oder nur die Materialien, die ich neu kaufte? Nikolas: Roundabout. Was meinst du? Chezah: Ungefähr 100 Euro. Marco: Nur? Chezah: Das Fabric war nicht teuer, war runtergesetzt auf drei Euro. Marco: Und wie teuer war deine Aranea von Final Fantasy? Chezah: Mit Perücke und den Schuhen: 200? 250? Marco: Wie lang hast du daran gesessen? Chezah: So vier, fünf Monate mit Pausen. Beim Redmage habe ich fast jeden Tag daran gearbeitet. Nikolas: Wenn du sagst, du hast beim Redmage zum ersten Mal genäht. Mit was für Materialien arbeitest du eigentlich? Chezah: Mit Stoff. Nikolas: Seide? Marco: Krepppapier? Chezah: Ich kenn mich mit Stoff überhaupt nicht aus. Ansonsten arbeite ich mit Thermoplast. Schreib da noch irgendwo Brüste hin! Boobs, Boobs, Boobs. Nikolas: Was war das Freizügigste, was du je ge50 __ fankyzine

cosplayt hast? Chezah: Rikku. Das würde ich auch nicht mehr machen. Das war eine Ausnahme. Nikolas: Und wenn jetzt ein schmieriger Produzent kommt, der dir eine Karriere anbietet, wenn du mehr Haut zeigst. Würdest du das machen? Chezah: Nein. Ja, tut mir leid. Klaus: Peinlich genug, dass dir diese Fragen gestellt werden. Mir als Comiczeichner werden solche Fragen nicht gestellt. Als Comiczeichner ist es völlig egal, wie ich aussehe. Ich bin froh, dass das so ist. Andrea: Timm hat sich leider bei seinen Patienten angesteckt. Nikolas: Chezah, wie nah kommt Timm eigentlich seinen Patienten? Chezah: Sehr nah, gefährlich nah. Andrea: Jedenfalls schickte er mir diverse Fragen für dich, unter anderem zum Thema Patreon. Adrian: Ich nehme an, deine Meinung hat sich in den letzten Wochen und Monaten nicht verändert. Chezah: Nein. Klaus: Ich habe gar nicht mitbekommen, was ihre Meinung zu Patreon war. Thomas: Was ist Patreon? Andrea: Timm fragt, was du von dem Trend hältst, den überwiegend Frauen, verfolgen, sich sehr freizügig zu geben und sexy Fotos über Patreon zu verkaufen. Wäre da für dich eine Grenze? Chezah: Ich finde es einfach nicht gut. Nikolas: Aber wäre Patreon nicht generell etwas für dich, um damit Geld zu verdienen? Chezah: Ja, das schon. Aber ich würde mich nicht ausziehen, um dafür Geld zu bekommen. Nikolas: Da stellt sich mir doch die Frage, ob du auf Patreon nur Geld verdienen kannst, wenn du dich ausziehst? Chezah: Sex sells. Oder du bist berühmt genug, dass die Leute sagen, okay, egal was du machst, ich unterstütze dich. Aber da musst du erstmal hinkommen. Dann kannst du Patreon starten. Klaus: Ich habe mal gehört, dass man ungefähr 20.000 Follower braucht, bis man bei Patreon durchstarten kann oder sollte. Das war allerdings jemand aus dem Illustrationsbereich, und er meinte die Follower bei Facebook, Instagram, Twitter zusammengenommen. Wenn 20.000 Leute deine Sachen regelmäßig angucken, lohnt es sich, ein Patreon oder ein Kickstarter zu starten. Vorher hat das keinen Sinn.


© Fotokross by Arndt von Koenigsmarck

Chezah: Ich glaube, bei Cosplayern sind das noch ein bisschen mehr. Ich meine, das fängt bei 50.000 an. Ab da lohnt es sich. Adrian: Wenn man zu früh startet, kann das auch voll nach hinten losgehen. Chezah: Ich kenne jemanden mit 5000 Followern auf Facebook und Instagram, und er musste seinen Patreon wieder einstellen. Lief halt nicht. Nikolas: Gibt es denn Vorbilder für dich? Chezah: Ja, Kamui Cosplay. Das ist eine deutsche Cosplayerin, die mit ihrem Freund zusammen arbeitet. Sie machen gemeinsam Rüstungen und Tutorials. Sie hat Bücher, die man sich kaufen kann. Manche Menschen denken, dass sie in ihren Videos arrogant

rüberkommt, aber sie ist total nett. Ich sprach persönlich mit ihr. Nikolas: Gibt es Kanäle, auf denen wir dir folgen können? Chezah: Ich gebe ja nicht wie andere berühmte Leute meinen echten Namen bekannt. Bei Facebook findet man mich unter Chezah, bei Instagram genauso, nur mit doppelt e und doppelt a: Cheezaah. Das sind mitunter die aktivsten Kanäle. Einen Store für Prints habe ich noch nicht, würde ich aber über die sozialen Netzwerke bekanntgeben. facebook.com/chezahcosplay instagram.com/cheezaah fankyzine __ 51


Überall am Bomben

© Doreen Schöttker 52 __ fankyzine


Jusse Genre: Tattoo’n’Art bei Halunken Bielefeld Heimatstadt: Minden Interview am 5. Juli 2017 im Plan B, Bielefeld Tätowierer gehören irgendwie zur Musik dazu. Das ist schon ein Zusammenspiel. Klar gibt es Leute, die überhaupt nicht tätowiert sind, aber in den meisten Kreisen sind Bandmitglieder zugehackt. Du tätowierst seit Anfang 2011. Kannst du noch zählen, wie viele Menschen du schon verschönert hast? Oh Gott, nee. Ich hab mal probiert, das grob zu überschlagen, aber es ist einfach gar nicht möglich. Das liegt unter anderem an den verrückten Intervallen. Bei Tattoo Family Eisenhauer gab es montags einen Walk In Day mit fünf bis zehn Terminen pro Tätowierer. Regulär habe ich am Tag ein bis drei Kunden. Wenn ich am Wochenende auf einer Convention bin, knüppel ich auch wie verrückt. War das Tätowieren dein erster Berufswunsch? Nee, meine erste Wahl war es nicht, aber trotzdem der absolute Traumjob. Ich bin gelernte Gestaltungstechnische Assistentin. Zur Ausbildung gehörte ganz viel Kunst und Photoshop mit einem sehr starken Bezug zu Printmedien. Ich merkte relativ schnell, dass das nicht mein Fall war. Tätowierer waren für mich bis dahin unantastbar. Mein erstes Tattoo erhielt ich vor zwölf Jahren von einem Tätowierer. Meine Stammtätowiererin war für mich damals ein totaler Rockstar. Sie war die Tochter eines Tätowierers und kam so in die Branche. Ich hatte keine Ahnung, dass man in den Beruf überhaupt irgendwie reinkommen kann. Du hast dein Handwerk bei Tattoo Family Eisenhauer in Minden erlernt. Ja, aber es ist keine staatlich anerkannte Ausbildung. Ich stellte meine Arbeitsmappe zusammen und ging in verschiedene Studios, um da eventuell genommen zu werden. Wie schnell darf man Menschen tätowieren? Bei Eisenhauer durfte ich relativ schnell an die Nadel, natürlich immer nur unter Aufsicht. Du fängst auch mit einfachen Dingen an. Meine erste Kundin kannte ich. Sie kam zu uns mit richtig verkackten, schwarzen Schmetterlingen von ihrem Exfreund auf dem Ober-

schenkel. Meine Chefin zog für das neue Tattoo die Linien, und ich durfte ausfüllen. Ich wurde step by step und ganz entspannt rangeführt. Unser Azubi bei den Halunken ist seit einem halben Jahr da und fing erst vor kurzem mit dem Tätowieren an. Hat es anfangs Überwindung gekostet, auf Menschen zu arbeiten? Total. Das erste Tattoo stach ich auf mir. Das ist die krasseste Überwindung überhaupt. Umso länger man dran sitzt, desto besser läuft es. Bei den ersten fremden Kunden, die zahlten, musste ich vorher ein paar Mal tief durchatmen. Gibt es bei Tätowierern sowas wie Lampenfieber? Es ist immer wieder eine Herausforderung. Zur Arbeit gehört für mich persönlich nicht nur das reine Tätowieren, sondern auch der menschliche Kontakt. Das ist fast noch wichtiger. Du hängst stundenlang zusammen und wenn du dir unsympathisch bist, ist es sowohl für Tätowierer als auch für Kunden echt kacke. Vor dem Stechen habe ich also kein Lampenfieber, aber vor dem Menschen, weil man sich so nahe kommt. Ich mache ja meine Termine per E-Mail und weiß nicht, wer auftaucht. Ich kann dir eigentlich zu 100 Prozent sagen, dass ich keine bescheuerten Kunden habe. Die sind eigentlich durchweg cool. In all den Stunden, in denen man aufeinander hängt, wird man superprivat. Das war in der Zeit, als ich von zuhause aus tätowierte, noch extremer. Die Leute öffnen sich unglaublich. Ich behandle das natürlich mit Respekt, das ist für mich wie eine Schweigepflicht. Du bist als Tätowiererin offensichtlich sehr erfolgreich, hast einen vollen Terminkalender, trittst auf Cons auf, hast eine breite Fanbase und das gerade mal mit 28. Ich tätowiere seit 2011. Angesichts dessen muss ich sagen, dass die Reichweite nicht so groß ist. Wenn ich andere Tätowierer sehe, die auf Instagram 20.000 Follower aufwärts haben, sind meine 2000 Follower nicht so viel. Dennoch habe ich immer zu tun. Ich brauche keine Massen, die mir folgen, solange man mir in der Sache vertraut. Hast du als Tätowiererin Ziele oder kann es so weitergehen? Ich liebe es, im Studio zu arbeiten. Wir haben dort alle Freiheiten, können Guest Spots machen, haben flexible Arbeitszeiten. So, wie es jetzt ist, gefällt es mir zu 100 Prozent. Es wäre natürlich echt ein Traum, wenn man irgendwann, vielleicht in einem Jahr, auf Tour gehen könnte. fankyzine __ 53


© Doreen Schöttker

Hast du einen bestimmten Ort vor Augen? Nein, die Welt ist so riesengroß. Dank unserem Job ist es kein Problem, das kleine Köfferchen zu packen und alles Nötige dabei zu haben. Die einzigen Probleme sind Einfuhrgenehmigungs-Geschichten bei den Farben und Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen. Gibt es Dinge, bei denen du dich weigerst, sie zu tätowieren, den Namen von Partnern zum Beispiel? Generell geht natürlich alles Rechtspolitische nicht. Für mich muss man da ganz klar ein Statement setzen und seinen Standpunkt vertreten. Der Name des Partners ist so eine Sache. Neulich stach ich beispielsweise ein Tattoo zum 30. Hochzeitstag. Sie ließen sich als Partnertattoo Miss Piggy und Kermit stechen. Sowas finde ich cool. Der Name des Partners bei frisch Verliebten Anfang 20 ist speziell. Davon sollte jeder gute Tätowierer eigentlich abraten. Vielleicht bietet sich als Alternative eine Symbolik an, die man im Zweifel auch mit etwas anderem verbindet. Ich tätowiere außerdem keine superrealistischen Motive, weil ich mich da einfach nicht rantraue. Die Leu54 __ fankyzine

te wissen und sehen, was ich so mache. Ein Porträt von Oma, Opa, Papa, Mama würde ich einfach nicht machen, weil ich weiß, dass es dafür Leute gibt, die das einfach tausendmal besser können. Hast du in der Branche als Frau mit Vorurteilen zu kämpfen? Das Gespräch hatten wir gerade auf einer Convention am Wochenende. Es gibt tatsächlich immer noch wesentlich weniger Frauen als Männer, die tätowieren. Generell gibt es keine Vorurteile, wenn du dich mit deiner Arbeit behauptet hast. Zu Beginn bist du aber immer erst einmal so ein Mäuschen. Das Gefühl habe ich schon. Bei uns im Studio werden die Frauen genauso akzeptiert wie die Männer. Kunden, die mich im Studio als Frau nicht vernünftig behandeln, können direkt wieder gehen. Oder ich verweise sie auf andere Tätowierer, weil ich keine Lust habe, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das sehe ich dann nicht ein. Ich bin zwar Dienstleister, aber ich muss mich nicht verkaufen. Wie hast du deinen charakteristischen Sketch-


Style entwickelt? Der sieht krass aus. Das hat sich einfach entwickelt. Bei Eisenhauer habe ich von Schriftzügen bis Blumen alles gemacht. Gerade der Walk in Day führte zu vielen typischen Motiven wie Blumenranken, Sternchen und so. Mittlerweile werden die Kunden offener, und das lässt mir mehr Freiraum. Ich habe Bock, immer mehr Sachen auszuprobieren. Ich bleibe gerne in meinem aktuellen Stil, versuche aber, mich weiterzuentwickeln. Auf der Tattoo Convention in Dortmund hatte ich so viel Zulauf, weil ich einfach einen anderen als den traditionellen Stil – dicke Linien, schwarze Schatten und Farbe rein – anbot. Das war schön. Weil mein Stil leichter wirkt, habe ich natürlich viele weibliche Kundinnen, was ich gut finde.

Meine Vorbilder sind, glaube ich, meine Dudes aus dem Studio, weil jeder auf seiner Art und Weise im Stil standfest und dennoch auf dem Boden geblieben ist.

Hast du andere Tätowierer als Vorbilder? Das ist superschwierig zu sagen, weil man sich individuell entwickelt. Es gibt natürlich immer Leute, an denen man sich orientiert. Meine Vorbilder sind, glaube ich, meine Dudes aus dem Studio, weil jeder auf seiner Art und Weise im Stil standfest und dennoch auf dem Boden geblieben ist. Es gibt Tätowierer, die echt abgehoben sind. Das ist bei ihnen nicht der Fall. An welcher Tätowierung hast du bislang am längsten gesessen? Am Wochenende setzte ich auf einer Convention in ca. sieben Stunden einen kompletten Arm im Star Wars Stil um. Die längste Sitzung dauerte zwischen acht und neun Stunden. Der Kunde kam vom Bodensee. Er hatte Verwandtschaft in Möllbergen und hatte über einen Kollegen von mir gehört. Deshalb reiste er extra an, und ich musste die Arbeit in einer Sitzung durchziehen. In diesen acht Stunden machten wir zwei Zigarettenpausen für ihn. Irgendwann fingen bei mir die Buchstaben an zu tanzen, weshalb ich ebenfalls eine Auszeit benötigte. Nach so langer Zeit lässt die Konzentration echt nach. Da sollte man als Tätowierer seine Grenzen kennen und ehrlich sein. Auf deinem Instagram-Account gibt es, glaube ich, hauptsächlich tätowierte Arme zu sehen. Gibt es sowas wie Lieblingskörperteile für dich zum Tätowieren? Ich tätowiere komischerweise total gerne Füße. In letzter Zeit werden sie relativ selten angefragt. Sie lassen sich so schön tätowieren. Für den Kunden ist es vom Schmerzfaktor her ziemlich schlimm. Dadurch ist es für mich eine echte Herausforderung. Doch Füße stehen zum Arbeiten einfach vernünftig auf der Liege. Wenn die Menschen entspannt sind,

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Es ist so krass, dass sich Leute dir anvertrauen.

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lässt sich entspannt tätowieren. Der Unterarm geht zum Beispiel auch supergut. Ab und zu postest du auf Facebook Wanna Dos. Würdest du gerne mal jemanden komplett von Kopf bis Fuß tätowieren, zum Beispiel mit Katzen? Katzen sind schon super. Auf so eine Geschichte hätte ich auf jeden Fall Bock. Wenn man sich vornimmt, die ganze Front oder den ganzen Rücken mit Po und Bein zu tätowieren, muss ein wirklich cooles Design stehen, damit alles harmoniert. Ich würde da nicht einzelne kleine Motive draufpacken, sondern ein großes Design, wo jede Körperform vernünftig betont wird, beispielsweise der Schwung der Taille richtig schön ausgenutzt wird. Aber so ein Auftrag kam noch nicht auf dich zu? Nein. Die größten Sachen, die ich umsetze, sind auf Rücken. Beine haben eher kleine Motive. Man wird von Tätowierung zu Tätowierung empfindlicher. Ich kenne das von mir. Mein Maximum sind zwei Stunden, dann liege ich weinend auf der Liege und krümme mich vor Schmerzen. Man denkt, es wird easier, doch das ist überhaupt nicht der Fall. Würdest du gerne mal eine bestimmte Person tätowieren, einen Promi zum Beispiel? Zu meinen Kunden gehören tatsächlich ein paar prominentere Leute. Generell finde ich es schön, wenn ich meine Eltern tätowiere. Wir haben täglich Kontakt, aber zur Terminvergabe schreiben sie mich wie alle anderen Kunden wegen Tätowierungen per E-Mail an. Sie sind meine anspruchsvollsten und meine Herzkunden. Es ist total süß, dass sie für immer was von mir auf sich tragen. Du engagierst dich für den guten Zweck, hast Aktionen für Kinder, Flüchtlinge, Tiere und Jugendkultur (Papagei) unterstützt. 2015 hattest du

sogar deine eigene Charity-Aktion. Damals war die Flüchtlingswelle gerade ganz krass. Die Charity Aktion ging auf meine Kappe, aber ich hatte Hilfe von ganz vielen supertollen Leuten, mobilisierte Kunden als Köche, die vor Ort grillten. Wir hatten einen kleinen Parkplatz in Minden, den die Stadt freundlicherweise absperrte. MaZn (BeatBox MaZn) und Juri (Panorama) traten mit fünf Bands auf. Und © privat parallel tätowierte ich den ganzen Tag oben in meinem alten Studio zuhause. Dabei ist echt gut was rumgekommen. Das Halunken Team setzt auch Charity-Aktionen um, beispielsweise für eine Tierschutz-Organisation auf Bali. Bei so vielen Tätowierern wie bei uns im Studio kommt bei einem Walk in Day ordentlich Geld zusammen. Möchtest du abschließend noch etwas erwähnen? Mein Freund wohnt in Berlin, und ich nutze zum Pendeln die Mitfahrzentrale. Auf dem Rückweg nach Minden nahm ich jemanden mit, der superviele Leute und Kunden von mir kannte. Wir blieben in Kontakt, und neulich schrieb er was total Schönes: „Bist wie ein Graffiti-Künstler, überall am Bomben. Schon krass zu wissen, dass da haufenweise Menschen mit deiner Arbeit rumlaufen.“ Das ist cool formuliert, weil es im Prinzip auch stimmt. Menschen sind unsere laufenden Leinwände. Es ist so krass, dass sich Leute dir anvertrauen. Sie haben das ihr Leben lang auf sich. Es ist schön, wenn deine Arbeit geschätzt wird. facebook.com/JusseTatt2 facebook.com/HalunkenBielefeld instagram.com/jussses instagram.com/halunken_tattoo Prints und Produkte mit dem Artwork von Jusse sind unter anderem bei Käpt’n Eta in Minden erhältlich. facebook.com/kaeptneta fankyzine __ 57


© ClipSkills 58 __ fankyzine


Ziemlich real Caleydo Genre: Folk, Pop, Indie Mitglieder: Katrin (Vocals), Steffi (Vocals, Gitarre, Harp) Heimatstadt: Bielefeld Interview am 26. September in The Good Hood, Bielefeld Ihr seid von über 100 Bands erst die zweite reine Frauenband, die ich interviewe. Wie habt ihr euch als Duo gefunden? Steffi: Wir lernten uns im Studium kennen. Ich mache schon ziemlich lange Musik, spiele Gitarre und singe. Ich suchte jemanden, mit dem ich zusammen Musik machen kann. Auf einer WG-Party erfuhr ich durch Zufall, dass Katrin auch singt. Eine Bekannte forderte uns dann auf, uns aus Spaß etwas vorzusingen. Das machten wir dann auch. Ich hörte Katrins Stimme und war sofort begeistert. Katrin: Es kam dann relativ schnell zur Gründung der Band. Wir trafen uns regelmäßig und sangen zunächst Coversongs. Steffi spielte mir dann ihre eigenen Songs vor und ich war sofort hingerissen. Wir arbeiteten dann erst einmal zusammen an ihren Stücken. Und etwas später komponierten und schrieben wir dann gemeinsam Songs. So ging das mit uns los. Ihr schreibt also generell gemeinsam Lieder? Katrin: Das ist unterschiedlich. Manchmal hat Steffi eine Songidee, Melodie oder einen Text und von mir kommt was dazu. Oder ich habe eine Songidee ... Steffi: Und Katrin singt das ein, schickt es mir, und ich überlege, was ich dazu auf der Gitarre spielen kann. Katrin: Ich beherrsche leider kein Instrument, da bin ich in meinen Möglichkeiten eingeschränkt. Steffi: Dann sitzen wir zusammen bei einem Glas Wein, überlegen was wir noch verändern können und probieren verschiedene Sachen aus. Ist Caleydo eure erste beziehungsweise einzige Band? Steffi: Ich mache mit meiner Family manchmal gemeinsam Musik. Mit einem Gitarristen hatte ich eine

kleinere Band, aber das hat sich irgendwie ausei­ nandergelebt. Ansonsten gibt es nur uns Beide. Bei etwas größeren Auftritten haben wir zwei Musiker dabei, die an der Cajon und am Bass mitmachen. Das geht dann ein bisschen mehr ab auf der Bühne. Katrin: Ich habe früher schon mal in der Schule zum Abschluss oder auf einer Familienfeier gesungen. Aber das kann man nicht als Banderfahrung bezeichnen. Eigene Songs hatte ich vor Caleydo nicht wirklich. Wie lautet eure liebste eigene Songzeile? Katrin: Bislang haben wir nur ein einziges deutsches Lied. Da mag ich sehr gern die Zeile „Das Schlechte daran ist das Gute darin.“ Welches Lied ich vom Text insgesamt sehr schön finde, ist „Over“, aber das singt Steffi, daher kann ich den Text nicht ganz auswendig. Steffi: Wir haben so viele Songs, so viel Text. Was greift man auf? Was besonders traurig oder besonders positiv ist? Katrin: Vielleicht etwas, das man sehr schön findet. Steffi: Mir gefällt „There’s no time for illusions, no time to rest.“ Wie seid ihr auf euren Namen gekommen? Steffi: Mein Schwager ist Grieche. Er hat uns bei der Namensfindung geholfen. Katrin: Das war nicht so leicht. Steffi: „Caleydo“ haben wir von dem griechischen Wort „Kelaido“ (κελαηδω) abgeleitet. Es steht für melodisches Zwitschern der Vögel, klangvoll etc. Katrin: Das fanden wir passend, weil wir zwei Mädels sind, die ein bisschen rumzwitschern (lacht). Steffi: Es wird eigentlich mit K geschrieben, aber mit dem Buchstaben C war’s irgendwie cooler. Katrin: Und der Name hat einen Bezug zum Kaleidoskop, zu einem großen Farbspektrum, weil wir uns selbst nicht fest einer Musikrichtung zuordnen wollen, viele unterschiedliche Stile ausprobieren möchten. Steffi: Meistens werden wir auf der Bühne falsch angekündigt. Alle sprechen uns wie das „Kaleido“ im Wort Kaleidoskop aus und nicht Caleydo. Was sind eure musikalischen Einflüsse? Steffi: Auf jeden Fall Country Künstler wie Johnny Cash, aber auch Sachen aus dem Genre Folk und fankyzine __ 59


Indie. Dann mögen wir zweistimmige Sachen, die sehr melodisch sind, beispielsweise First Aid Kit. Sie sind super und haben uns echt beeinflusst. Katrin: Des Weiteren gefällt mir Kate Nash. Ich versuche, auch mehr mit Sprechgesang zu arbeiten, was mir leider nicht so gut gelingt wie ihr. Sie geht sehr cool mit Sprache um. Steffi: Für mich zählt noch Bob Dylan zu meinen Einflüssen, seine Musik hat mir schon immer gefallen. Außerdem spielt er auch Mundharmonika.

Steffi: Das stimmt. Es klappt auch nicht jedes Mal, bei den Aufnahmen on point 100 Prozent abzuliefern. Man ist nicht immer in der richtigen Stimmung. Katrin: Vor allem beim Singen finde ich das extrem. Da macht die Stimmung wirklich unheimlich viel aus. Steffi: Wir sind beide keine Berufsmusikerinnen. Das Ganze ist unser Hobby. Manchmal klappt eine Aufnahme sofort, quasi ein One Take Wonder. Beim anderen Mal benötigt man 17 Anläufe, bis es gut ist. Das kann deprimierend sein.

Fühlt ihr euch neben Kate Nash und First Aid Kit generell von älterer Musik angesprochen? Steffi: Ja, zum Beispiel stehen wir auf die Musik von Simon & Garfunkel und den Rolling Stones. Aber nicht ausschließlich. Katrin: Wir covern auch gerne mal neue Sachen und probieren andere Stile aus.

Was erwartet die Hörer? Steffi: Das Album besteht aus Songs, die wir in den letzten zwei Jahren geschrieben haben. Es werden wahrscheinlich 15 Stück, eins davon auf Deutsch. Katrin: Von der Stimmung her wird es eher melancholisch. Wir arbeiteten einige Dinge auf, die in der Vergangenheit passiert sind.

Wie sind innerhalb eurer Band die Aufgaben verteilt? Katrin: Häufiger übernehme ich die Hauptstimme, Steffi dann die Zweitstimme, die sie super beherrscht. Steffi: Katrins Stimme finde ich schöner, deswegen ist es auch ok, dass sie öfter mal die Hauptstimme hat (lacht). Oder ich übernehme die Hauptstimme, wir sind da sehr demokratisch. Bei gewissen Liedern muss ich mich mehr auf die Gitarre konzentrieren. Wir sprechen uns ab, probieren verschiedene Möglichkeiten aus und einigen uns immer irgendwie. Katrin: Drumherum kümmere ich mich ein wenig um unsere Internetpräsenz, betreue Instagram und Facebook. Steffi: Ich beantworte E-Mails und stelle Anfragen. Katrin kümmert sich um die Bühnenoutfits und ums Make-up. Bald kommt Glitzer (lacht).

Wird es demnach ein autobiografisches Album? Steffi: Wir schreiben über Liebe, Liebeskummer, Veränderungen. Das sind natürlich alles Sachen, die einen irgendwann mal beschäftigt haben, sonst kann man keinen Song schreiben. Katrin: Manchmal erzählen wir eine kleine Geschichte, die sich an der Realität orientiert. Da fügen wir aber Fiktives hinzu. Steffi: Ja beispielsweise Geschehnisse, die einen nicht unbedingt selbst betreffen. Das können auch Ereignisse sein, die Leuten aus dem Freundeskreis oder der Familie passiert sind.

Auf Facebook war etwas von eurem ersten Album zu lesen. Gibt es dazu Neuigkeiten? Steffi: Wir sind dran. Vergangene Woche habe ich den letzten Song auf Gitarre eingespielt. Ansonsten sind fast alle Lieder eingesungen. Es fehlt zum Beispiel die Cajon, die mein Mann für uns eintrommelt. Unser Bassist ist gleichzeitig für die Aufnahme des Albums zuständig. Er ist ein Kumpel von uns und nimmt unser Album bei sich zuhause im Wohnzimmer auf. Außerdem ist er unsere dritte Stimme. Er hat also ziemlich viel zu tun. Hauptsächlich muss das Album noch abgemischt werden. Wir hoffen, dass es nur noch ein, zwei Monate bis zur Veröffentlichung dauert. Katrin: Das Album aufzunehmen, war auch ein langer Prozess. 60 __ fankyzine

Hat das Album schon einen Namen? Steffi: So weit sind wir noch nicht. Katrin: Wir sprechen häufiger darüber, sind aber bis jetzt zu keinem endgültigen Entschluss gekommen. Es ist echt schwierig, für 15 Songs einen Übertitel zu finden. Steffi: Vielleicht nehmen wir den Namen eines Songs als Albumtitel. Wie wird das Album veröffentlicht? Steffi: Auf jeden Fall auf CD. Wir finden es cool, was in der Hand zu haben. Über einen digitalen Release müssen wir noch nachdenken, wo und wie das ablaufen soll. Es ist bei Live-Auftritten immer schade, wenn die Leute uns nach unserer Musik fragen und wir nichts dabei haben. Auf Facebook haben wir bis jetzt nur Mitschnitte unserer Konzerte, die Freunde aufgenommen haben. Ein richtiges Video zu einem Song wäre schön. Aktuell ist das Zukunftsmusik. Katrin: Das Album hört sich übrigens so an, wie wir live spielen. Wir mischen keine künstlichen Effekte


Katrin (links) und Steffi sind Caleydo. © ClipSkills rein. Man soll nicht das Gefühl haben, dass wir uns auf dem Album völlig anders anhören als auf der Bühne. Es soll schon ziemlich real sein (lacht). Welchen Auftritt werdet ihr nie vergessen? Katrin: Da gibt es eigentlich mehrere. Zu den Negativbeispielen gehört unser erster größerer Auftritt. Steffi: Ich leide ganz furchtbar unter Lampenfieber. Wenn ich abends auftrete, geht es mir schon morgens körperlich schlecht (lacht). Wir traten damals auf einer FH-Veranstaltung auf. Auf der Bühne machte ich das Capo drauf, spielte den ersten Griff, und es klang total schief. Ich behauptete, die Gitarre hätte sich verstimmt, nahm das Capo ab, stimmte die Gitarre neu, setzte es wieder auf und merkte erst dann, dass ich das G im falschen Bund gegriffen hatte. Das ist einer der Grundgriffe auf der Gitarre. Ich war so perplex, dass ich am liebsten im Erdboden versunken wäre. Das Publikum bekam davon nichts mit. Sie lobten mich später, dass ich bei den Technikproblemen gut reagiert hätte (lacht).

Katrin: Das war zudem ein schwieriges Publikum. Wir sind ja beide an der FH Bielefeld, und der Auftritt fand auf einer Absolventenfeier statt. Die Zuschauer saßen im großen Audimax und warteten die ganze Zeit nur auf ihre Zeugnisse und ihre Feier. Was ich ziemlich cool fand, war unser zweiter Auftritt als Band im Plan B. Da traten wir als Support von Nadine Fingerhut auf. An dem Abend klappte alles supergut, obwohl wir noch nicht so lange zusammen spielten. Die Atmosphäre war total toll, das Publikum war super. Steffi: Wir haben einen kleinen Fanclub aus Freunden und Familie, der zu jedem Auftritt kommt. Es macht echt Spaß, wenn man die Bühne betritt und die Freunde schon jubeln. Ein großer Teil kann sogar unsere Lieder mitsingen. An die Nacht der Klänge im vergangenen Jahr erinnere ich mich auch gerne. Dort hatten wir zwei Auftritte. Ich fühlte mich mal wieder körperlich schlecht (lacht). Katrin: Ich leiste dann ein bisschen Motivationshilfe. Steffi: Katrin spielt dann meine Mutti, beruhigt fankyzine __ 61


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mich, sagt, dass alles gut wird. Beim zweiten Auftritt bei der Nacht der Klänge dachte ich wirklich, ich müsste mich übergeben. Als wir dann spielten, blieben viele Leute, die unterwegs waren, stehen, setzten sich vor die Bühne. Andere standen hinten im Raum. Sie hörten uns aufmerksam zu, freuten sich über unsere Musik, sahen voll glücklich aus. Es war sehr schön, dass immer mehr Leute uns zuhörten. Katrin: Ein tolles Gefühl. Das ist einer der Gründe, warum wir Musik machen. Wir wollen, dass die Menschen ein bisschen begeistert sind und kurz mal zwei Mädels zuhören, die etwas säuseln. Steffi: Dank unserer Musik sind wir in der Lage, etwas an andere weiterzugeben. Das bedeutet uns viel. Wir sind oft voll happy, wenn wir zu zweit zusammensitzen. Das wollen wir gerne weitergeben. Selbst wenn nur drei Leute im Publikum stehen, die uns im Anschluss sagen, dass sie unsere Musik toll finden, reicht uns das schon als Dank. Wo würdet ihr gerne mal in der Region auf der Bühne stehen? Steffi: Ich würde gerne in der Blues Bar auftreten. Bislang sah ich dort nur coole Konzerte, und ich kann mir gut vorstellen, dort unsere CD Release Party zu feiern. Ich mag das Ambiente total gerne. Katrin: Kleine Locations sind uns wichtig. Den Bunker kann ich mir gut vorstellen. Steffi: Wir sind keine Menschen für eine riesige Bühne. Auftritte in einer ruhigen Atmosphäre wie bei einem Wohnzimmerkonzert oder in einer schummerigen Bar sind eher nach unserem Geschmack. 62 __ fankyzine

Was kann man als nächstes von euch erwarten? Steffi: Wir wollen eine CD Release Party machen. Und nächstes Jahr starten wir wieder mit Auftritten, wenn es konzerttechnisch wieder nach draußen geht. Katrin: Darüber hinaus würden wir sehr gerne erneut im Plan B auftreten. Liegt euch zum Abschluss ein Thema am Herzen? Steffi: Es ist voll schön, zusammen Musik zu machen! Katrin: Es ist echt cool. Durch die Musik wurden wir erst zu richtig guten Freunden. Anfangs kannte man sich nicht richtig, studierte nur zusammen. Mittlerweile haben wir uns voll gut kennengelernt. Ich glaube, das würde als Band in dieser ZweierKonstellation nicht funktionieren, wenn wir nicht so gut befreundet wären. Man muss sich auch mal zurücknehmen können. Steffi: Kritik austeilen oder einstecken können. Katrin: Oder über die Fehler der anderen Person lachen, wenn sie etwas verkackt (lacht). Steffi: Nur nicht auf der Bühne! Katrin: Das stimmt! Steffi: Ich sage immer, dass ich zehn Jahre darauf gewartet habe, dass wir uns kennenlernen, um gemeinsam die Band zu machen (lacht). Ich hatte es vorher mit anderen Leuten probiert, aber es hat nie so richtig gepasst. Schon nach der ersten Probe mit Katrin war mir klar, dass wir das machen müssen! facebook.com/Caleydo.band instagram.com/caleydo_band


© Anne Pellmann

Primetime failure Home  Die vier Jungs von Primetime Failure aus Bielefeld stehen für astreinen Gute-Laune-Pop-Punk. Beim Hören ihrer Debüt-EP „Home“ bekommt man wahnsinnig große Lust, die Band live abzufeiern. Acht englischsprachige Tracks, die von Anfang an Vollgas geben und somit blitzschnell an einem vorbeirasen, klingen wie eine einzige Lobeshymne an die 90er. Dies wird von ihrem abschließenden Song „Stuck In The 90s“ nochmals unterstrichen. Für Hörer, die wie Jan (Gesang, Gitarre), Tobi (Bass, Gesang), Daniel (Drums) und Tobi (Gitarre) das 30. Lebensjahr überschritten haben und mit Bands wie The Offspring und Blink-182 aufwuchsen, sind Primetime Failure ein absolutes Muss, um mal wieder in Erinnerungen zu schwelgen. Authentischeren Skate-Punk bekommt man in diesen Breitengraden nicht so einfach zu hören. Eine Gelegenheit bietet sich bei der INTRUDER – Reunion Show am 17. November in Paderborn sowie beim IFAN Musik-Festival am 14. April 2018 in Warendorf, wo sie unter anderem mit Itchy auf der Bühen stehen. Die EP „Home“ erscheint auf hellblauem Vinyl und ist auf 300 Stück limitiert. (aw) facebook.com/Primetimefailure Stiftberg Roh Aber Durch Die pöbelnden Punchline­ maschinen sind wieder da! Mit „Roh Aber Durch“ liefern die Bielefelder BattlerapLegenden endlich die Scheibe, auf die ihre Fans so lange gewartet haben. Die sechs Track EP wurde komplett von Jabba The Cut produziert, die Cuts stammen aus der Nadel des altehrwürdigen DJ-Luden Fellbaum. Geht hart aufs Schnüss und gut ins Ohr. Roh. Aber Durch. Aber Scheiße. Die Zeichnungen hat REMS aus Bielefeld angefertigt und Fabe aka ClipSkills hat’s zusammengepuzzled. Erhältlich bei den Stiftbergs, VINYL DIGITAL, HHV oder im BlueSite Record Shop in Bielefeld! (pr) facebook.com/Stiftberg

Raydikal Ray Rayinkarnation Raydikal Ray ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Mindener HipHop Szene: Sei es als eine Hälfte des Duos Ray’n’Raw oder auch als Mitglied des HipHop Kollektivs kimusaver („Passe dich nicht an, wenn deine Seele dabei stirbt“). Nun knapp neun Jahre nach seinem ersten Album „Es kommt, wie es kommen muss“ erscheint sein zweites Soloalbum „Rayinkarnation“ auf CD mit einigen seiner persönlichsten Tracks und vielen Features wie zum Beispiel kapo, raw, Chris Brauer und vielen mehr. Eine recht vielseitige Scheibe, welche das Motto verfolgt „Wenn man fällt, heißt es: aufstehen, weiterlaufen.“ (pr) facebook .com/Rayalist fankyzine __ 63


Offene Worte der Jury Stephanie Champion Genre: Soul, R’n’B, Pop Heimatstadt: Bielefeld Interview am 1. August im Café Moccaklatsch Bielefeld Was war dein letztes Konzert als Gast? Das war, glaube ich, eine Vorführung von meinem Schwiegervater, der in einem Chor singt, in der Zionskirche in Bethel. Mein letztes Popkonzert war Simply Red in Dortmund vor zwei, drei Jahren. Ein bisschen untypisch für mein Alter, aber mit der Musik bin ich aufgewachsen. Was war dein letztes Konzert als Sängerin? Das war wohl das Sommerfest in Rahden mit einem halbstündigen Programm. Wer sind deine Vorbilder? Ich brachte mir das Singen selbst bei, sang Lieder nach. Dazu gehörten auch viele Songs, die meine Eltern damals hörten. Das fing sehr früh an. Michael Jackson hatte einen großen Einfluss. Ein richtiges Vorbild habe ich nicht. Ich probierte Lieder einiger Sänger durch, übernahm hier und da etwas, das mir gefiel. So hat sich das entwickelt. Ich habe mir nie bewusst einen Künstler angehört, weil er beispielsweise das Vibrato toll macht. Spielst du Instrumente? Ich brachte mir vor Jahren ein paar Akkorde auf der Gitarre bei, hab meine Kenntnisse jedoch verfallen lassen. Ich würde sehr gerne Gitarre spielen, genauso wie Klavier. Bisher hatte ich nicht die Muse und die Zeit dafür. Sich selbst zu unterrichten, ist doch sehr schwierig. Wie war dein erster Auftritt vor Publikum? Wie alt warst du damals? Mein erster Auftritt war in der zweiten Klasse mit dem Kinderchor. Das habe ich noch sehr gut in Erinnerung. Wir sangen „Alle Vögel sind schon da“. Ich musste die zweite Stimme singen, weil meine Lehrerin mir das zutraute. Wir waren auf einem Frühlingsfest in Verl, wo ich ursprünglich herkomme. Sie drückte mir das Mikro in die Hand, und das war der 64 __ fankyzine

Start. Es ging weiter mit AGs, Rock- und Pop-AGs in der Realschule, kleine Konzerte, Big Band im Gymnasium. Ich nutzte quasi jede Gelegenheit, um was zu machen. Warst du neben den Schulprojekten in einer Band? Nein, das hat sich leider nie ergeben. Für den Abiball gründeten wir eine kleine Band, um dort auftreten zu können. Wir probten ein paar Wochen. Das machte sehr viel Spaß, hat sich im Anschluss aber wieder verlaufen. Wie hieß die Band? Wir hatten noch nicht einmal einen Namen. Damals hatte ich parallel ein Projekt mit einem Mitschüler, der ein sehr talentierter Musiker ist. Wir traten gemeinsam auf Hochzeiten auf. Er spielte Klavier, ich sang dazu. Er hatte das absolute Gehör. Man musste ihm nur einen Song vorspielen, und er konnte ihn nachspielen. Brauchte ich einen Song tiefer oder höher, hat er das sofort transponiert. Das war toll. Als ich für meine Ausbildung ins Sauerland zog und mich auf das Lernen konzentrierte, ist der Kontakt eingeschlafen. Wie das so ist. Meine Musik war immer ein Hobby. War das schwer? Ja, ich wohnte in einem ganz kleinen Ort, da war nichts, nur diese Schule. Die Hälfte der Einwohner bestand gefühlt aus den Leuten, die dort zur Schule gingen. Der Rest war älter. Privat hörte ich nie auf zu singen. Ich feilte weiter an meiner Stimme. Es fehlte nur der professionelle Rahmen. Danach fand ich eine Arbeitsstelle, zog mit meinem Mann zusammen. Es war einfach zu viel privat los, als dass ich mich darauf konzentriert hätte. Und dann kam das City Talent. Das war das Größte, was ich in dem Rahmen bisher erlebt habe. Wie bist du auf den Talentwettbewerb aufmerksam geworden? Lustigerweise als ich mit meinen Kolleginnen bei McDonald’s war: Da hing ein Plakat vom City Talent. Das offene Casting in Bielefeld fand zwei, drei Tage später statt. Der Gedanke, teilzunehmen, ließ mich nicht mehr los. Ich schaute im Netz nach, rief den Veranstalter an, um mich über das nötige Equipment


© City Talent PR fankyzine __ 65


und den Ablauf des Castings zu erkundigen. Von meinem Chorleiter erhielt ich den Tipp, ein Playback mitzunehmen, weil es vom Sound her voller wirkt als Akustik. Dann ging ich einfach hin. Ich entschied mich für Songs, die ich vor Jahren auf Hochzeiten sang und noch im Kopf hatte. Eigentlich trat ich nur aus Jux an. Ich dachte, sie nehmen mich eh nicht, weil sie auch auf Tänzer aus waren. Dann ging es aber doch ganz schön ab, was mich überraschte. Du hast bislang hauptsächlich musikalische Erfahrungen in Schulbands, Big Bands und Gospelchören gesammelt. Wie war es, beim City Talent alleine aufzutreten? Ich sang bereits häufiger auf Hochzeiten und Geburtstagen solo. Von daher war es keine ungewohnte Situation. Wenn man solo im Chor singt, hat man natürlich einen Rückhalt. In der Big Band war ich die Einzige am Mikrofon. Man ist als Sängerin auch mit anderen Musikern auf der Bühne auf sich gestellt. Mit Instrumenten ist es manchmal sogar schwieriger als mit einem Playback. Das Playback ist immer gleich. Bei Bands ist Platz für Improvisation, was natürlich schön sein kann. Bei der Big Band wusste ich nie, wie laut es wird und wie ich mich anpassen muss. Bei Schülerbands hatte ich oft das Gefühl, dass jeder die lauteste Gitarre wollte, gegen die ich anschreien musste. Als Solokünstlerin bei den City Talent Shows auf der Bühne zu stehen, war schon sehr aufregend. Bei der Finalshow ließ man sich auf all meine Wünsche bezüglich Playback, Monitor etc. ein. Da konnte ich mich selbst hören, war entspannter. Das war schon toll.

Also würdest du die Teilnahme beim City Talent generell weiterempfehlen? Doch. Man muss sich halt darauf einstellen, dass es jede Menge Termine sind, wenn man bis ins Finale kommt. Ich fuhr jedes Mal eine Stunde nach Minden und wieder zurück. Das ging teilweise unter der Woche bis 11 Uhr abends. Am nächsten Tag musste ich wieder arbeiten. Die Wochenenden waren zum Teil voll. Ich hatte das Glück, dass Mitfinalist Oliver Schmidt mich bei ihm übernachten ließ. Es entwickelte sich dadurch eine Freundschaft. Wir verstanden uns von Anfang an gut. Ich glaube, ich würde nicht noch einmal teilnehmen, um ehrlich zu sein. Es bedeutete sehr viel Stress. Wenn ich in Minden wohnen würde, würde ich darüber nachdenken. Es soll ja eine vierte Staffel geben. Käme für dich die Teilnahme bei DSDS oder einer ähnlichen TV-Casting-Show infrage? Bei DSDS speziell nicht. Ich weiß genau, dass ich nicht der Typ bin, den sie haben wollen. Ich entspreche einfach nicht dem üblichen Material, würde kein Schlager singen. Ich möchte mich nicht in eine Richtung drängen lassen, die sie dort gerne einschlagen. Bei The Voice würde mich schon interessieren, wie weit ich komme. Andererseits strebe ich keine Karriere als Popstar an, der die großen Hallen füllt. Ich mag meinen normalen Job sehr gerne und empfinde die Musik als prima Hobby. Für mich ist es eine willkommene Abwechslung und eine tolle Sache, die Menschen zu berühren, was geben zu können. Da sehe ich mich eher. Neulich überlegte ich, dass ich gerne in einer Band spielen würde, und sei es eine Coverband, die auf Stadtfesten auftritt. Es ist eine schöne Erfahrung, man lernt neue Freunde kennen, trifft sich regelmäßig, erlebt was gemeinsam. Ich ging zum City Talent, um mal eine professionelle Meinung zu erhalten. Eltern und Freunde sind immer sehr nett. Die Jury bestand für mich aus fremden Personen, die mir offen ihre Meinung sagen konnten. Das brachte mich auf jeden Fall gesanglich weiter. Ich nahm zusätzlich zwei, drei Gesangstunden bei Benni (Juror Benjamin Sazewa, Anm. d. R.), um mehr Tricks zu kennen. Das half sehr. Fernsehen wäre, glaube ich, nicht meins. Mir ist zudem mein Privatleben wichtiger als eine Musikkarriere. Ich singe jedoch sehr gerne auf Hochzeiten oder Taufen. Menschen durch meinen Gesang einen schönen Tag zu bereiten, ist einfach ein tolles Gefühl.

Menschen mit Musik berühren

Eine Show fand in der Halbzeitpause von einem Bundesligaspiel der Handballmannschaft GWD Minden in der Kampa-Halle statt. Dort hat man das Publikum vor und hinter sich. Wie hast du diese Situation erlebt? Es war riesig. Die Akustik war echt schwierig, weil die Boxen so weit entfernt stehen. Dadurch entsteht eine Verzögerung, die man aber selbst nicht hört. Ein bisschen tricky. Beim Soundcheck hatten wir nicht viel Zeit. So durften wir In-Ears ausprobieren, wo man nur sich selbst und die Musik hört. Das klappte ganz gut, weil man dann die Echtzeit hatte. Ich musste mir überlegen, wie ich mit dem Publikum zu beiden Seite interagiere. Daher drehte ich mich ab und zu um. Es war schon ungewohnt. Normalerweise befinden sich hinter einem weitere Musiker oder eben nichts. 66 __ fankyzine


Schreibst du eigene Songs? Als ich mit 15, 16 versuchte, mir Gitarre spielen beizubringen, fing ich auch an, Songs zu schreiben. Das machte mir Spaß, aber die Texte darf ich heute nicht mehr lesen. Als Teenager verarbeitete ich auf diese Weise meine Gefühle. Aktuell habe ich einen neuen Song fertig. Allerdings ist er nur in meinem Kopf, weil ich leider keine Möglichkeit habe, ihn zu vertonen. Vielleicht ergibt sich ja eines Tages eine Band für mich, wo ich den Song umsetzen kann.

eine Art Minitraum Du bist mit einem Feature auf der EP des jungen R’n’B Sängers Joshua Nichols vertreten. Wie kam es dazu? Costa (City Talent Gründer Costa Makrogiannis, Anm. d. R.) fragte mich, ob ich auf die Zusammenarbeit Lust hätte. Joshua schickte mir seine Vorstellungen zum Song. Es war schon immer eine Art Mini­traum von mir, auf einem Album zu erscheinen, auch wenn es ausschließlich online verfügbar ist. Es war eine tolle Chance. Wir machten einen Termin für das Studio. Ich kam an, Joshua spielte mir seinen Track vor und fragte, wo mein Text sei. Darauf hatte mich keiner vorbereitet. Wir schafften es tatsächlich in nur drei Stunden, dass ich meinen Part schreibe, einsinge und wir einen gemeinsamen Refrain entwickeln und aufnehmen. Joshua ist sehr nett, umgänglich, ein toller Musiker. Die Arbeit machte mir Spaß. Singst du noch bei Gospel Unlimited-Bielefeld? Wegen des City Talents hatte ich keine Zeit mehr für die Proben. Ich schaue, ob ich wieder anfange. Chor finde ich auf jeden Fall toll. Es ist eine ganz andere Erfahrung, ob man vierstimmig oder als Solistin singt.

Stephanie Champion singt beim City Talent Finale 2017. Es ist nicht vergleichbar. Ich suche eigentlich immer eine Möglichkeit, Musik zu machen. Was steht als nächstes auf deinem Programm? Als Musikerin möchte ich weiter an eigenen Songs schreiben. Covern finde ich auch immer toll, wenn man sein eigenes Ding reinbringen kann. Eigene Songs haben wohl mehr Zukunft. Und vielleicht lerne ich doch noch irgendwann, ein Instrument zu spielen. facebook.com/SaengerinChampion fankyzine __ 67


Bushido des Death Metal Mir zur Feier Genre: lyrischer Death Metal Mitglieder: Mara Bach (Gesang & Geschrei), Daniel Vorkamp (Gitarren), Leo Brömser (Bass), René Meistrell (Schlagwerk) Heimatstadt: Bielefeld, Gütersloh, Marburg Interview am 30. September in der Tonstation, Bielefeld Was war euer letztes Konzert als Gast? Leo: Ich war auf dem Holter Meeting für eine Band, die meine Freundin unbedingt sehen wollte: Itchy Poopzkid. Inzwischen heißen sie nur noch Itchy. Sie haben supergute Nummern, ihre neuen Stücke fand ich gar nicht schlecht. René: Ich war bei Paradise Lost, aber das ist schon wieder über ein Jahr her. Daniel: Bei Shitshifter. Lokale Bands zählen natürlich auch. Leo: Wir waren alle zusammen auf dem X Rockfest vor ... Mara: Vier Jahren! Leo: Aber dort waren wir mal gemeinsam. René: Fiese Einstiegsfrage. Da kann man nur verlieren. Mir zur Feier gibt es seit 2011? Mara: Es geht direkt schwierig weiter. René: Wir haben noch nicht einmal die erste Frage richtig beantwortet. Mara: Der Impuls zur Gründung der Band war schon 2008. Leo kam mit einem Kumpel auf mich zu und fragte, ob wir nicht eine Band gründen wollen. Vorher war ich Schlagzeugerin in einer Band, die sich gerade aufgelöst hatte. Ich sollte bei euch auch das Schlagzeug übernehmen, oder? Leo: Nee, es war direkt klar, dass du schreien willst. Mara: Stimmt und meine andere Bedingung war, dass wir Texte von Rilke verwenden. (lacht) Leo: Damals hat sie für uns gekocht. Da war das Thema eigentlich schon durch. Liebe auf den ersten Blick. 68 __ fankyzine

Von links: Daniel, Mara, Leo und René sind Mir zur Feier. © Felix Neukirch Mara: René und Daniel kamen erst 2011 dazu, kurz bevor ich von Bielefeld nach Marburg zog. Von 2011 bis 2014 hatten wir sehr viele Besetzungswechsel an der zweiten Gitarre. Irgendwann beschlossen wir, zu viert zu bleiben. Das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. René: In dieser Konstellation haben wir unseren Sound gefunden. Jetzt würde sich eine zweite Gitarre fremd oder unpassend anfühlen. Mara: Irgendwann wird es auch schwer, jemand Neues in das Bandgefüge zu integrieren. René: So eine Band ist ja ein soziales Gefüge. Jeder hat seine Rolle.


Das Konzept war von Anfang an klar. Mara: Ich sage immer, dass ich eine Beziehung mit drei Kerlen habe. (lacht) Als Mara die Idee zum Rilke-Bandkonzept hatte: Habt ihr das gleich akzeptiert oder musste erst

Überzeugungsarbeit geleistet werden? Leo: Das Konzept war von Anfang an klar. Mara: Und nicht verhandelbar. Leo: Anders hätte die Band gar nicht zusammengefunden. Mara: Ich entdeckte mit 15 Rilke für mich und empfand dies als Offenbarung. Sein Werk ist seit 1972 urheberrechtsfrei. Die Idee, die Texte zu nehmen und härter zu vertonen, ließ mich nicht los. Es gibt das relativ bekannte Rilke Projekt von Schönherz & Fleer, auf deren CD-Reihe Rilkes Gedichte von Schauspielern und Sängern eingesprochen oder gesungen werden. Udo Lindenberg und Nina Hagen haben da fankyzine __ 69


zum Beispiel schon mitgemacht. Ich fand das Projekt prinzipiell ganz cool. Als ich mich mehr mit Rilkes Werk auseinandersetzte, war ich allerdings genervt, dass hauptsächlich immer nur die schönen, gefälligen und teilweise kitschigen Texte interpretiert wurden, so die, die was fürs Herz sind. Das macht letztendlich nur einen Bruchteil seines Werkes aus. Meistens geht es bei ihm wirklich zur Sache. Mich ärgerte es, dass dies ausgespart wurde. In einem Artikel über euch in der OWL am Sonntag war zu lesen, dass ihr anfangs für euer Konzept in der Metalszene Kritik einstecken musstet. René: Es gab Reviews, die uns als „ambitioniertes Deutschkursprojekt“ bezeichneten. In der Metalszene ist es einfach nicht üblich, sowas zu machen. Dabei ist es absolut naheliegend, wenn man sich Rilkes Texte durchliest. Sie behandeln ähnliche Themen wie Songs von anderen Bands des Genres. Wir versuchten, die Kritik nicht so ernst zu nehmen und unseren Weg weiterzugehen. Inzwischen kommen solche Sprüche nicht mehr. Ich glaube, wir haben uns einen Namen gemacht und eine Nische gefunden. Wir wollen nicht dieses Deutsch-MetalDing durchziehen. Es geht uns nicht um die neue deutsch Härte wie bei Rammstein. Als nicht klassische Death Metal Band befinden wir uns zwischen den Stühlen. Das ist manchmal ein Vor-, manchmal ein Nachteil. Aber es ist auf jeden Fall das, was wir machen wollen. Mara: Auf der anderen Seite haben wir schon häufiger die Erfahrung gemacht, dass wir Leute erreichen, die primär nicht unsere Musik hören, aber dieses Konzept total spannend finden. Folgende Geschichte ist ganz niedlich: Wir veranstalteten bei unserer ersten EP auf Facebook ein kleines Gewinnspiel, wo wir einen Vers aus einem Rilke-Gedicht posteten. Wer als Erstes mit dem Folgevers antwortete, gewann ein T-Shirt oder so. Ein junger Typ googelte vermutlich die Antwort und postete den zweiten Vers auf unserer Seite. Dann schrieb sein Vater bei Facebook drunter: „Das hätte ich mir nie träumen lassen, dass mein Sohn mal Rilke zitiert.“ Das war natürlich süß, aber irgendwie auch echt schade. Rilke ist einer der großartigsten, deutschsprachigen Lyriker. Die Begeisterung für die Thematik wird einem heutzutage in der Schule hart ausgetrieben. Zusammengefasst gibt es entweder die Leute, die unsere Musik mögen,

sich allerdings mit Rilke noch nicht befassten, oder das Gegenteil. Eure EP „Ein Streifen Wirklichkeit“ ist nur digital erhältlich. Dafür habt ihr den Download-Code mit Extras – Plakat mit Lyrics, Aufkleber, Patch – vertrieben. Haben klassische Tonträger für euch ausgedient? René: Wir machten bei unserer ersten EP die Erfahrung, dass wir vom Medium CD einfach wenig verkauften. Als wir die EP zum Promoten und Verbreiten weitergeben wollten, war das Format auch nicht gefragt. Wir überlegten uns, Arbeit in ein schönes Digitalpaket zu stecken, anstatt uns die Mühe mit einer CDPressung zu machen. Vinyl wäre das Medium, das uns reizen würde. Mara: Die Leute sind, was Musik angeht, total übersättigt. Das betrifft auch die Wertigkeit. Für 4,99 Euro im Monat bekommen sie beispielsweise alles auf Spotify. Bei YouTube müssen sie überhaupt nichts zahlen. Man gibt noch nicht einmal mehr Geld für Künstler aus, die man wirklich toll findet. In meiner Jugend war die Schwelle, die CD einer coolen Band auf einem kleinen Festival zu kaufen, einfach viel niedriger als heutzutage. Damals bestand die Gefahr, dass du sie nie mehr hörst. Jetzt ist es kein Problem mehr. René: Während des Konzerts gibt man den Namen der Band bei Spotify ein und ist versorgt.

Vinyl wäre das Medium, das uns reizen würde.

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Wie lang habt ihr an der zweiten EP gearbeitet? Mara: Grob ein Jahr, wobei man das schwer festlegen kann. Wir haben uns in diesem Zeitraum nicht ununterbrochen mit Songs der EP beschäftigt. René: Weil wir im Studio aber nur drei Tage Zeit hatten, um das Ding so sauber wie möglich im Kasten zu haben, arbeiteten wir fast ein Vierteljahr vorher dann ausschließlich an den fünf Songs. Wir setzten einen recht aufwendigen Vorproduktionsprozess um, für den wir alle Spuren und Instrumente einzeln aufnahmen. Mara: Man darf nicht unterschätzen, was für einen Unterschied es ausmacht, wenn man im Studio alles einzeln einspielt. Bei der Probe guckt man sich an, sieht Einsätze. Im Studio hat man die Parts der anderen nur auf dem Kopfhörer. René: Bei unserer ersten EP nahmen wir – grob formuliert – am ersten Tag Bass und Schlagzeug auf,


am zweiten die Gitarre, am dritten den Gesang. Es ist halt scheiße, wenn man am ersten Tag Bass und Schlagzeug aufnimmt und am zweiten Tag merkt, dass die Gitarre nicht drüber passt. Daniel: Ganz am Anfang hatten wir mal überlegt, dass wir die EP wie Shitshifter live einspielen, weil wir im selben Studio (Tonmeisterei Oldenburg, Anm. d. R.) wie sie waren. Wir stellten dann aber ziemlich schnell fest, dass das für unsere Art von Musik nicht möglich ist. Mara: Zumal bei meinem Gesang zwei verschiedene Setups im Studio benötigt werden. Das Shouten und der cleane Gesang müssen unterschiedlich eingepegelt werden. Ich brauche zwei verschiedene Mikros. Man muss generell den Spagat zwischen Studio und Live-Auftritten hinbekommen. Im Studio kannst du alles machen. Daniel hätte fünf verschiedene Gitarren arrangieren können. Bei mir hätte man stellenweise zig Clean- und Shoutspuren übereinander legen können. Live lässt sich das aber nicht reproduzieren. Daniel: Wir wollten es möglichst so aufnehmen, wie wir live klingen. René: Inzwischen ist es durch die vielen technischen und zum Teil günstigen Möglichkeiten relativ einfach, eine annehmbar gute Produktion mit überschaubarem Aufwand hinzukriegen. Dann trifft genau das ein, was Daniel sagte. Ich finde es total

enttäuschend, wenn ich eine Aufnahme cool finde, und die Band live nichts mehr von dem Feuer rüberbringen kann. Mara: Man muss auch beachten, in welchen Kreisen wir uns bewegen. Wir spielen häufig in Locations, wo man nicht seinen eigenen Soundmann, 1A Akustik, tolle Abnahme-Mikros und so weiter hat. René: Es lohnt sich zu gucken, was soundmäßig funktioniert. Wir lernten viele Bands kennen, die versuchten, die Breite und den Pegel ihrer Aufnahmen live rüberzukriegen. Das funktionierte nicht. Ich will nicht zu technisch werden, aber Gitarre und Bass können sich gegenseitig total eliminieren, weil sie die gleiche Frequenz abdecken. Bei Konzerten wurden wir häufig darauf angesprochen, dass wir mit Abstand den besten und klarsten Sound hatten. Gleichzeitig spielen wir nur zwei Songs als Soundcheck, müssen nur Nuancen verändern, um uns dem Raum anzupassen, und das war’s. Mara: Der Witz ist, dass bei unserem Soundcheck die Leute erst einmal doof gucken. Wenn Daniel allein seine Gitarre spielt, klingt sie relativ hoch und nicht mega wuchtig. Zusammen mit dem Bass funktioniert sie dann sehr gut. Das ist der Unterschied zu Bands, in der jeder für sich einen Monstersound hat. Alle zusammen klingen nur noch nach Brei. In den letzten zwei Jahren haben wir auf jeden Fall sehr viele Hausaufgaben gemacht. © Daniel Rast

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lichkeiten, sich live vor Am 1. April seid ihr Publikum zu präsentiebeim 1. Livestream von ren, weiter ein. Früher Deafground Records hast du deine Aufnahmit And there will be men mit dem Kassettenblood aufgetreten. rekorder gemacht, die Könnt ihr euch vorhalt mega ranzig waren. stellen, häufiger so zu Dann gab es einen groperformen? MIR ZUR FEIER // DEATH METAL // BIELEFELD ßen Sprung, wenn du Leo: Ich finde, der MIRZURFEIER.DE einen Plattendeal beLivestream war eine kamst. Dieser Mittelbau witzige, neue Erfahrung. von Leuten, die zwar Wir wussten nicht, was keinen Plattenvertrag uns erwartet. Der Raum haben, aber gute eigene war sehr klein, aber Sachen am Start haben, es war eigentlich ganz ist inzwischen riesig. schön. Über Facebook René: Gleichzeitig werliefen Kommentare ein, den Veranstalter und wir wurden interviewt. © Artwork Felix Neukirch Orte immer weniger, wo René: Der Vorteil ist kleinere Bands auftreten natürlich, dass man auf können. Erst neulich wurde uns ein Gig abgesagt, diesem Weg sicherlich mehr Leute erreicht als mit weil der Veranstalter im Vorverkauf nicht genügend einem gewöhnlichen Konzert. Selbstverständlich Karten verkaufen konnte. Das passiert nicht nur ist live ohne Publikum nicht live, sowohl für den uns. Veranstalter wollen auf Nummer sicher gehen. Zuschauer als auch für die Band. Wenn wir einen Vernünftige Live Gigs zu erhalten, ist schwer geworneuen Song vor Publikum ausprobieren, sehen wir den. gleich, ob er funktioniert. Mara: Bei dem genannten Konzert waren wir SupMara: Zu wissen, dass schräg über mir die Kamera port, nicht Hauptact. Dahinter steckte eine Bookingfür den Livestream war, das Publikum vor Ort sich Agentur mit einer richtigen Promo. Wenn selbst sie aber woanders befand, war ziemlich schräg. Auf es nicht mehr hinkriegen, ... Alter! gut Glück mit einer Kamera zu kommunizieren, ist schwierig. Ihr tretet doch relativ häufig auf? Daniel: Du wusstest noch nicht einmal, welche der Mara: Dass du als Band an den Punkt kommst, wo Kameras im Raum gerade überträgt. du dich über zu viele Auftritte beschwerst, ist eher Mara: Insbesondere als Frontfrau/-mann hast du ja unwahrscheinlich. Gemessen an unserer Akquidiesen kommunikativen Aspekt. Generell würde ich se, ist der Ertrag sehr frustrierend. Wir halten uns schon sagen, dass der Livestream eine coole Sache schon seit ein paar Jährchen. Viele brechen schnelist. Durch Facebook, YouTube und so hast du heutler weg. Für einen Kasten Bier auf irgendeinem 30. zutage viel mehr Leute, die einen vielleicht schon Geburtstag spielen wir nicht mehr. gehört, gesehen haben, cool finden, aber quer durch René: Dafür steckt zu viel Zeit drin. Deutschland, Europa, weltweit verstreut sind. Auf Mara: Und stumpf zu viel Geld. Wir stehen mit ein der anderen Seite ist diese Entwicklung problemapaar Tausend Euro auf der Bühne. Das sorgt bei uns tisch. Wir erleben negative Auswirkungen in Juimmer wieder für Diskussionsstoff. Für den guten gendclubs und ähnlichen Einrichtungen. Immer weZweck aufzutreten, ist etwas anderes. Ein Kulturzenniger Leute bewegen am Wochenende ihren Arsch trum in Minden, dem sie das Gebäude abkloppten, hoch, um auf ein Konzert zu gehen, unabhängig dafragte uns, ob wir nicht auf ihrem Solikonzert ohne von, ob eine Größe spielt. Dieses Verhalten hat vielGage spielen möchten. Wir traten in der Vergangenleicht auch etwas mit der bereits genannten Überheit bereits zweimal bei ihnen auf, und es war jedes sättigung zu tun. Gleichzeitig haben Bands durch Mal super nett. Sowas machen wir natürlich! technische Gegebenheiten viel mehr Möglichkeiten, René: Es gibt Beispiele von guten Clubs, die keine sich selbst zu promoten. Es entsteht ein krasses Ungroße Gage stellen. Dafür besorgen sie uns aber gleichgewicht. Immer mehr Bands haben gutes Maeinen Schlafplatz und machen Essen. Sie kümterial, gute Videos, gute Aufnahmen. Das ist völlig mern sich einfach um ihre Künstler. Dann kommt am Explodieren. Zur selben Zeit brechen die Mög-

„Ein jeder Engel ist schrecklich.“ Rilke, 1912

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man gerne zum Spielen. Es herrscht eine familiäre Atmos­phäre. Daniel: Bei unserem Releasekonzert fragten die anderen Bands des Abends auch nicht groß nach Gage. Mara: Es herrscht zum Teil eine fehlende Wertschätzung nach dem Motto „Wenn ihr nicht für einen Kasten Bier spielen wollt, dann geht wieder. Hier stehen mindestens sechzig andere Bands in der Schlange, die sich für weniger verkaufen.“ Das ist so ein bisschen das Praktikantending. Irgendwann erreicht man den Punkt, wo man sich nicht mehr alles gefallen lässt. René: Das Gleiche gilt für Contests. Mit der Teilnahme haben wir lange gehadert. Bei einer Jury aus vier Leuten gaben uns zwei immer die volle Punktzahl, weil sie uns total geil fanden. Die anderen Beiden hielten uns für alberne Kacke. Das war auf Dauer extrem frustrierend. Man hängt einfach in der Mitte fest. Dann gibt es noch so Geschichten, wo Slots durch Likes auf Facebook vergeben werden. Mara: Wohlgemerkt, ohne dass ein Song bewertet wird. Man bewirbt sich, bekommt einen Facebook Flyer mit seinem Foto und die Band mit den meisten Likes auf diesem Foto bekommt den Auftritt. Und du denkst dir: „Was ist denn hier los?“ René: Da fehlt die eben erwähnte familiäre Atmosphäre. Man merkt, dass ein Produkt verkauft werden soll. Teilweise gibt es Veranstaltungen, wo man noch nicht einmal über seine eigenen Klamotten spielen darf. Es ist was anderes, wenn man sich mit einer Band abspricht, Equipment zu teilen. Bei einem Bandcontest stellen sie ein Schlagzeug hin, an dem man nichts verändern darf, und muss darüber spielen. Du hast zehn Minuten Umbaupause. Wenn du länger brauchst, geht das von deiner Zeit ab, die du spielen darfst. Mara: Es gab Wasser im Backstage. Alles andere musste man zahlen. Leo: Ich wollte einfach nur eine Cola trinken. (lacht) Mara: Hinzu kam eine Mindest-Ticketabnahme. Irgendwann fragt man sich schon, ob man im falschen Film ist. René: Und das ist ein Bandcontest – wir nennen jetzt keinen Namen –, der deutschlandweit aktiv und wirklich renommiert ist. Und dafür zahlt man noch Antrittsgeld. Mara: Gerade über diese Facebook-Likes-Geschichte merkst du sehr, dass viele Veranstalter knallhart auf

die Zahlen achten. Es ist irgendwo verständlich. Ihnen geht der Arsch auf Grundeis. Sie gucken, welche Bands vermutlich die meisten Zuschauer bringen. Ob hinterher das Programm und die Bands irgendwie zusammenpassen, um einen in sich stimmigen Abend zu gestalten, ist letztendlich scheißegal. Mit einer Schülerband, die ihre ganze Stufe vorbeischleppt, können wir von der Menge her nicht mithalten. Leo: Freunde gehen arbeiten, unter anderem im Schichtdienst. Da kann man nicht mehr so viele Leute aktivieren. Mara: Das ist halt absurd. Meine Band als 16-Jährige war auch grottig. Das ist okay, das ist normal. Aber wenn so welche die ganze Stufe mitbringen und sie ihre Kreuze machen, gibt die Jury der Schülerband den Slot auf dem Festival, und du denkst dir: „Leute! Die haben nur Coverstücke gespielt. Die können letztendlich auf dem Festival gar nicht spielen wegen GEMA.“ Bei dem Thema geschehen schon sehr schräge Sachen. René: Und das ist auch kein schöner Konzertabend. Leute kommen für ihre Band und gehen wieder. Erst sind 50 Leute da und plötzlich sind nur noch fünf anwesend, nachdem die erste Band ihre 20 Minuten spielte. Das ist ein System, wo wir uns rausgezogen haben. Es macht für uns keinen Sinn. Bekommt ihr Liebesbriefe oder Fanpost? Leo: Eigentlich nicht. Mara: Tatsächlich wurde ich aber heute morgen vor dem Forum angesprochen. Ein Typ wollte wissen, ob ich die Sängerin von Mir zur Feier bin. Als weibliche Shouterin fällt man natürlich auf. Daniel: Die meisten denken, bei uns schreit ein Mann. Mara: Man shoutet halt mit seiner Lunge und nicht mit seinem Genital. Daniel: Ich bin an einer Schule tätig. Da haben mittlerweile einige Schüler mitgekriegt, dass ich in einer Band bin. Teilweise sprechen sie mich nur noch mit Bandnamen an. Oder kommen mit entsprechenden T-Shirts in die Schule, um eine bessere Note zu kriegen.

Die meisten denken, bei uns schreit ein Mann.

Das Theater Bielefeld organisierte mit Opernsängern und lokalen HipHop-Vertretern die Veranstaltung „Oper meets Rap“. Könnt ihr euch sowas wie „Oper meets Metal“ vorstellen? Mara: Die Bielefelder Philharmoniker haben auf fankyzine __ 73


jeden Fall mal was mit Xandria gemacht. Das war jetzt nicht Oper, sondern Klassik meets Rock. Tatsächlich war mein Ursprungstraum mal, Musik auf Dirigat zu studieren. Fast wäre ich in der Klassik kleben geblieben. Nun habe ich halt als Shouterin in einer Metalband den B-Weg gewählt. (lacht) Wir wären für sowas auf jeden Fall offen. Gibt es einen Auftritt, den ihr nie vergessen werdet? René: Jeden. Jeder ist einzigartig. Ich kann mich auch an jedes Fangesicht erinnern. (lacht) Gibt es umgekehrt einen Auftritt, den ihr lieber vergessen würdet? Mara: Der zeitlich begrenzte Auftritt beim Contest war schon sehr absurd. Daniel: Regional hatten wir recht viele Auftritte. Schön ist es, wenn wir weiter weg fahren und vor Leuten spielen, die uns noch nicht kennen und die man dann live überzeugen kann. Wenn die richtig abgehen, sind das super Konzerte. Eine totale Enttäuschung haben wir außerhalb unserer Region noch nie erlebt. Mara: Ein Konzert im Stricker war finster. Ich glaube, an dem Abend gab es eine Konkurrenzveranstaltung. Kennst du so Konzerte, wo Leute einfach nur da stehen? An dem besagten Abend spielten vier Bands, das Publikum zeigte bei allen keine Reaktion. Leo: Hatten wir nicht mega Spaß auf der Bühne? Mara: Ja, das war dann dieses: „Wollt ihr Zugabe? Es ist uns egal! Wir spielen halt.“ René: „Wenn ihr nichts sagt, spielen wir weiter.“ Mara: „Und noch einen!“ Leo: Wir haben das eigentlich sehr humorvoll genommen. Daniel: Generell macht es uns einfach total Spaß, live zu spielen. Wenn das dann mit den Zuschauern zusammenpasst ... René: Ob vor fünf oder fünftausend ... Mara: Unseren EP-Release im Nr. z. P. fand ich schon special. Es war einfach echt schön, auf die Bühne zu kommen, und die Leute freuten sich direkt auf einen. Die Stimmung war super. René: Die Geschichte organisierten wir komplett selbst. Das war natürlich extrem viel Arbeit und im Vorfeld echt anstrengend. Wir traten mit drei ande74 __ fankyzine

ren Bands auf, mit denen wir befreundet sind und die wir einfach dabei haben wollten. Das hat total gepasst. Jede Band brachte ein paar Fans mit und wurde abgefeiert. Wenn man dann sein Baby, an dem man ein Jahr arbeitete, erfolgreich präsentiert, ist das einfach toll. Klar hatten wir vorher Schiss, ob genügend Leute kommen. Als die 100er Grenze gerissen war, war alles darüber hinaus Bonus. Wart ihr schon im Ausland? René: Bisher noch nicht. Mara: Wir werden uns wohl für ein Female Metal Festival in Holland bewerben. Leo: Dort gibt es auf jeden Fall eine gute Metalszene. Mara: Zudem liegt Holland für uns deutlich näher als Süddeutschland. Wir hätten neulich unter der Woche einen Gig in Nürnberg spielen können. Da sind alltägliche Grenzen erreicht, wenn man nicht Berufsmusiker ist. Für so einen Auftritt muss man die Hin- und Rückfahrt für vier Mann plus Equipment und Übernachtung berechnen. Da bewegt man sich nicht in dem Bereich eines Zwannis. Richtiges Ausland bereist man nicht nur für einen Gig. Wenn das Full Length Album kommt, an dem wir gerade schwer arbeiten, vielleicht. Das wollen wir kommendes Jahr aufnehmen. Wollt ihr abschließend noch etwas erwähnen? Daniel: Wir haben die Hoffnung, dass es weitergeht. (lacht) Mara: Es ist nicht unser Ziel, in den nächsten Jahren auf dem Level weiterzumachen. Wir wollen als nächstes ein Album aufnehmen. Mittlerweile ist so viel Herzblut, Zeit und Geld hineingeflossen. Wir können sagen, dass Mir zur Feier inzwischen ein ziemlich cooles Ding geworden ist. Wir sind alle keine 16 mehr und glauben nicht ernsthaft, in zehn Jahren als Rockstars von der Musik leben zu können. Das ist Quatsch. Aber wir wollen die Band schon weiter in die Professionalität bringen und uns weiter aus dem eigenen Dunstkreis heraus bewegen. René: Wir wollen die Bushido des Death Metal werden. (Alle lachen) Giganfragen: mirzurfeiermusic@googlemail.com mirzurfeier.de


© Danny Kötter

Operation Cherrytree Scum and Honey  Zwar werden sich zu der Musik von Operation Cherrytree keine Moshpits bilden, die Füße still zu halten, fällt dennoch schwer. Und obwohl sich der Großteil der zwölf Songs im Midtempo bewegt, gibt es Abwechslung satt. Beschreiben könnte man den Stil der Alternative Rocker als melancholisch aggressiv. Oder aggressiv melancholisch? Sucht euch was aus. Es geht rockig, wütend und etwas bluesig zur Sache. Einmal fühlte ich mich sogar ganz, ganz kurz an Sepulturas Album „Roots“ erinnert. Allerdings mit einem starken Blueseinschlag. Und das ist nur eine der Überraschungen auf dem Debütalbum „Scum and Honey“ von Operation Cherrytree. (tw) facebook.com/Operationcherrytree Shitshifter Pyre Entsprechend ihres Albumtitels fackeln Shitshifter auf „Pyre“ nicht lange, alles abzufackeln. Was mir an der Musik der Jungs immer ganz besonders gut gefällt, ist, dass sie sich wie ein geordnetes Chaos anhört. Trotz aller Härte und den Growls gibt es immer wieder Überraschungen wie das Outro von „Gaze and Decay“ oder die vielen Melodien, die man zu Beginn der meisten Songs gar nicht erwartet, wenn die Band in einer Sekunde von 0 auf 180 geht. Bei jedem Durchgang ihrer Alben wundere ich mich, dass die Bandmitglieder eigentlich keinen Death Metal hören, denn schließlich beherrschen sie den Stil ausgezeichnet. Andererseits ist es vielleicht die fehlende Beeinflussung, ob nun bewusst oder unbewusst, die den Ideenreichtum von Shitshifter ausmacht. Hoffen wir, dass es von dem Trio noch viel zu hören geben wird. (tw) facebook.com/shitshifter

Noizgate Records BRUTAL VISION VOL. 3 Mit Samplern ist das immer so eine Sache. Nicht alles wird jedem gefallen, trotzdem soll für jeden etwas dabei sein. „Brutal Vision Vol. 3“ steht vor den gleichen Herausforderungen wie andere Sampler. Es gibt Höhen und Tiefen, was es schwer macht, ein Urteil zu fällen. Die erste CD fällt stark Metalcore lastig aus und obwohl es auch andere Stilrichtungen zu hören gibt – Death Metal, Hardcore und etwas, das sich Modern Death Pop nennt –, stellt sich irgendwann eine gewisse Eintönigkeit ein, die am Ende noch mal kurz verfliegt. Die zweite Scheibe bietet hingegen weitaus mehr Abwechslung: Alternative Rock, Punk, deutscher Death Metal etc. Wieder das gleiche Problem, dass nicht jeder alles mögen wird, aber die bunte Mischung aus unterschiedlichen Stilen überzeugt mich deutlich mehr. Eines muss man solchen Samplern aber immer zugute halten: Sie bieten Bands die Möglichkeit, gehört zu werden und nicht in der Masse unterzugehen. Und Fans unterschiedlicher Stilrichtungen werden ganz bestimmt ein paar Neuentdeckungen machen. Ich, für meinen Teil, werde ein paar Bands ganz bestimmt im Auge behalten. (tw) facebook.com/noizgaterecordsofficial fankyzine __ 75


© www.photo-experience.de 76 __ fankyzine


Liebeslied an Petershagen Ramona Timm

du dich bewusst gegen einen Künstlernamen entschieden? Nein, was das angeht, bin ich leider nur unkreativ. :-)

Genre: Akustik Pop Heimatstadt: Minden Deine erste EP „Between my lines“ ist drei Jahre alt. Wann gibt es für deine Hörer Nachschub? Momentan arbeite ich viel an eigenen deutschen Liedern, da die nächste CD definitiv deutschsprachig sein soll. Eine genaue Zeitplanung habe ich da aber nicht; ich will auch nichts übers Knie brechen, sondern letztendlich auch 100%ig zufrieden mit dem Endergebnis sein. Es soll dann aber auf jeden Fall ein ganzes Album werden. Du schreibst über dich, dass die Gitarre dein ständiger Begleiter ist. Wie bist du zur Gitarre gekommen? Ich habe vor ungefähr sieben Jahren in einer Schülerband gesungen und zu der Zeit auch meine ersten eigenen Texte geschrieben. Daraus dann ein ganzes Lied zu machen, fällt mir leichter, wenn ich mich dabei selbst gleich ein bisschen musikalisch begleiten kann. Außerdem konnten mir damals praktischerweise die Gitarristen aus der Band ein paar Grundlagen beibringen.

Warst du je in einer Band beziehungsweise würde es dir gefallen, in einer Band zu sein? Die Schülerband, in der ich war, zerschlug sich nach dem Schulabschluss. Vor ungefähr einem Jahr war ich mal bei ein paar Proben einer Coverband dabei, stellte dann zu dem Zeitpunkt aber fest, dass ich zeitlich meine eigene Musik und die Bandauftritte nur schwer unter einen Hut bringen kann. Das Herzblut lag dann einfach ganz klar in der eigenen Musik. Ich könnte mir aber gut vorstellen, in einer Band eigene Songs zu schreiben. Komponierst du Lieder lieber auf deutsch oder englisch? Mittlerweile viel lieber auf deutsch. Man kann – zumindest dem deutschen Publikum – viel näher bringen, was man zu sagen hat. Andererseits macht man sich dadurch auch mehr „nackt“, und kann sich nicht mehr hinter der Fremdsprache verstecken. Dafür finde ich die englische Sprache manchmal viel melodischer. Es hat wohl beides so seine Vor- und Nachteile.

Das Herzblut lag dann einfach ganz klar in der eigenen Musik.

Beherrschst du noch mehr Instrumente? Angefangen hat’s ganz klischeehaft in der Grundschule mit der Blockflöte. Als ich da herausgewachsen war, fing ich an, Altsaxophon zu spielen; ich war dann auch einige Jahre in einem Musikzug aktiv. Letztendlich hat’s mich dann aber irgendwann einfach mehr in eine andere Musikrichtung gezogen. Wer sind deine musikalischen Vorbilder? Ich bin absoluter Fan von Silbermond. Die Texte haben Tiefgang, sind authentisch und live haben die Vier einfach unglaublich was drauf. Ansonsten stehe ich auch sehr auf Olli Schulz, der ist so schön frei raus. Du trittst unter deinem echten Namen auf. Hast

Auf welche deiner Songtexte bist du besonders stolz? Schwierige Frage. Spontan fällt mir dazu „Liebeslied an Petershagen“ ein. Das ist für mich selbst einfach was ganz Besonderes. Auch wenn ich mittlerweile Mindenerin bin, hab’ ich meine Heimat sehr gern und bin froh, genau dort und genau so aufgewachsen zu sein. Du trittst häufig auf Familienfesten und für den guten Zweck auf, zum Beispiel auf Kanzlers Weide in Minden. Welche Auftritte sind dir besonders in Erinnerung geblieben? Ganz „besonders“ war die Stimmung letztes Jahr bei der Earth Hour am Mindener Dom. Das war abends im März, es war ziemlich kalt und um 20.30 Uhr fankyzine __ 77


Auftritt hat er mich viel gefördert, mich zum Beispiel mit Autoren oder anderen Veranstaltern zusammengebracht. Vor kurzem warst du bei den Hainklängen in Löhne auf der Bühne. Möchtest du generell häufiger außerhalb deiner Heimatstadt Minden spielen? Wo würdest du gerne mal auftreten? Ich bin da eigentlich offen für alles. Ein kleiner großer Traum wäre ein Auftritt bei den Hamburger Küchensessions. Ist zwar nicht vor riesen Live-Publikum, aber ich finde einfach die Aufmachung super: handgemachte Musik, schön gemütlich in der Küche mit netten Leuten aufgenommen. Du begleitest Lesungen akustisch. Mit welchem Autoren/welcher Autorin würdest du gerne mal auf der Bühne stehen, wenn du die freie Auswahl hättest? Das würde zwar vom Stil her nicht passen, aber ich verschlinge alle Bücher von Simon Beckett. Dann müsste ich vielleicht vorher noch ein paar Thriller-Texte schreiben. :-)

© www.photo-experience.de wurden dann alle Lichter ausgeschaltet. Die Musik ganz ohne Verstärker, die Leute standen alle eingemummelt in ihren Winterjacken im Halbkreis und waren ganz still. Das war superschön, fast ein bisschen magisch. Du trittst auch oft auf Events der Ameise auf. Wieso arbeitest du so gerne mit dem Veranstalter Mehdi Mazlumsaki zusammen? Bei Mehdi hat 2013 alles für mich angefangen. In Minden hingen Plakate für den ersten Songslam im Hamburger Hof. Ich war vorher total unsicher, ob ich überhaupt teilnehmen soll und fragte erstmal nur per E-Mail an, wie viele Texte man denn bräuchte etc. – da kam von Mehdi prompt zurück: „Bist angemeldet, freu mich auf dich!“. Nach dem ersten 78 __ fankyzine

Termine 5.11.17 Lesung 0 Manfred Piepiorka (Pivittskrug, Hille-Rothenuffeln) 18.11.17 Kultureintopf (Zum Stillen Winkel, Bohnhorst) 01.12.17 Winterleuchten (Lebenshilfe Lübbecke) 23.12.17 Lichtblicke (Hamburger Hof Ameise Kulturhügel, Minden) soundcloud.com/ramona-singer-songwriter ramonatimm.bandcamp.com facebook.com/ramona.singer.songwriter


Ab sofort online: fankyzine Special #1: Musiker Guide

Titel-Artwork: Leon Che PÜhler – Instagram.com/illyonkas

Ein fankyzine Best-of bisheriger Ausgaben + jede Menge Bonusmaterial

fankyzine.tumblr.com/ausgaben


Unabhängiges Magazin Ausgabe 6 Regionale Musikszene

Š Lilly & The Good Fellas by Sabrina Droste


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