DAS MAGAZIN DER MESSE MÜNCHEN 02 2018
D I E HEI MAT VON MORGEN Über die Zukunf t der Städte – und wie wir uns jet zt vorbereiten können A LLES M USS FLI ESSEN
D a m i t d i e En e r g i e w e n d e g e l i n g t , b r a u c h t e s n i c h t n u r Ö ko - S t r o m , s o n d e r n a u c h s m a r t e N e t z e. E i n D o r f i n B aye r n g e h t vo r a n
DER KO N T I N ENT DER ZUKUNF T
Die Soziologin Auma Obama im Inter view über Globalisierung, u n t e r s c h i e d l i c h e We l t e n u n d g e m e i n s a m e C h a n c e n
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Connecting Global Competence
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN UND LESER
» Die Zahl der Aussteller und Besucher steigt bei uns seit Jahren kontinuierlich an. «
Foto: Andreas Pohlmann
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ie Messe München lebt. Und wie! Immer wieder fragen uns Journalisten, warum es im Zeitalter des Internets eigentlich noch Messen gibt. Die Frage kommt uns bekannt vor: Vor über 20 Jahren hatte es geheißen, es braucht bald keine großen Messegelände mehr, weil dann alles im Internet zu sehen ist. Nun, es ist jetzt 20 Jahre her, dass die Messe München von der Innenstadt an den Stadtrand in Riem gezogen ist. Die Antwort lautet heute: Seit Jahren steigt bei uns die Zahl der Aussteller und Besucher kontinuierlich an. So stark, dass wir seit dem Umzug 1998 sechs neue, hoch moderne Hallen mit zusammen 60.000 Qua dratmetern Ausstellungsfläche gebaut haben. Die beiden letzten haben wir mit einem neuen Konferenzbereich im Dezember eröffnet. Dies ist die Vollendung der neuen Messe München. Das war schon ein großer Augenblick. Es war damals eine mutige und weitsichtige Entscheidung unserer Gesellschafter, den
Neubau auf dem alten Flughafengelände zu genehmigen. München würde heute als Messe standort keine Rolle mehr spielen. Dafür gehören wir jetzt zu den Top Ten unter den bedeutendsten Messegesellschaften der Welt. Heute braucht es angesichts des gewaltigen Wachstums weltweit noch wagemutigere Entscheidungen. Millionenstädte von gigantischem Ausmaß entstehen. Wie damit umgehen? Wie wollen wir künftig leben? Dieser Frage geht die Titelgeschichte unseres neuen Messe München Magazins nach. In einem sehr offenen Interview erzählt darin auch die Soziologin Auma Obama, ob die
Welt wirklich zusammenwächst. Und wie immer erfahren Sie spannende Interna von den Machern der Messe München.
K L AU S D I T T R I C H Vo r s i t z e n d e r d e r G e s c h ä f t s f ü h r u n g der Messe München
MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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S TA N D A R D S
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Editorial
30 20 Jahre Messe München in Zahlen
M E G AT R E N D S
MENSCHEN
6 IN KÜRZE
20 DIE STIMMV E R S TÄ R K E R I N
Von virtuellen Models, automatisierten Supermärkten, sichereren Computern und ultraschallschnellen Reisen
38 Messe- Highlights 40 Macher- Meldungen 42 Bauma weltweit
8 DIE ZUKUNFT D E R S TÄ D T E
Noch mehr Messe München Magazin u n t e r w w w. m e s s e - m u e n c h e n . d e entdecken und erleben
Saubere Luft, Straßen ohne Stau und dazu auch noch bezahlbare Wohnungen – so stellen sich Stadtplaner die City von morgen vor. Eine Geschichte über urbane Utopien, an denen heute schon gebaut wird
Wo dieses Symbol auftaucht, finden Sie auf der Internetseite der Messe München unter der Rubrik „Magazin“ weitere Online-Inhalte Wo dieses Symbol auftaucht, finden Sie spannendes Bewegtbild im YouTube-Kanal der Messe München
MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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In Kenia geboren, in Deutschland studiert, in der Welt zu Hause – Auma Obama spricht im Interview über Globalisierung, Isolationismus und darüber, wie sie es schafft, trotz aller Schwierigkeiten Optimistin zu bleiben
26 REICH DER SONNE Sonne, Wasser, Wind – Öko-Strom nur zu erzeugen reicht noch lange nicht aus, um die Energiewende zu meistern. Ein bayerisches Dorf macht vor, wie es geht: grün und dezentral
Fotos: Hufton + Crow/VIEW, Robert Brembeck, Siemens AG, München/Berlin, Dirk Bruniecki (2), Bakaspictures, Mauritius Images
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DAS MAGAZIN DER MESSE MÜNCHEN 02 2018
MACHER
MUSEMENT
32 HARTE ARBEIT
44 I N T E R N AT I O N A L IN SZENE
Jennifer Hader, Personalchefin der Messe München, über die neue Arbeitswelt, den Wohlfühlfaktor im Büro und den harten Wettbewerb um die besten Köpfe
35 M I T TA K T G E F Ü H L Rolf Tischer sorgt als Chef-Logistiker hinter den Kulissen für den perfekten Ablauf jeder noch so komplizierten Veranstaltung
36 PERFEK TE WELLE Edwin Tan, CEO der Messe Muenchen Shanghai, über Wachstum ohne Grenzen
Steckerlfisch in München oder doch lieber die beste Schokolade von ganz Moskau? Die Mitarbeiter der Messe München verraten ihre Insider-Tipps für die spannendsten Städte der Welt
IMPRESSUM Herausgeber Messe München GmbH, Aleksandra Solda-Zaccaro, Executive Director MarCom (V. i. S. d. P.), Messegelände, 81823 München, Deutschland, Telefon: +49 (0)89 94 92 07 30, messe-muenchen.de/magazin Projektleitung Anita Kellermann Projektmanagement Ina Bethlehem Redaktion Katarina Barić, Michael Moorstedt, Victoria Sussens, Willi Bock, Petra Kratzert, Stephanie Schuler Editorial Consultant Stefan Schmortte Art Direction Cordula Ann Rettenmaier, Patrick Reinhardt Grafik Ngoc Le-Tümmers, Annalena Rebele Bildredaktion & Artbuying Irene Wittmann Schlussredaktion Lektorat Süd, www.lektorat-sued.de Verlag TERRITORY Content to Results GmbH, Winzererstraße 47d, 80797 München, Tel. +49 (0)89 54 34 96 21 10, www.territory.de Objektleitung Christian Brunschede Editorial Director Stefan Tillmann Anzeigen G+J Electronic Media Sales GmbH, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Director Brand Sales Jan-Eric Korte, Telefon: +49 (0)40 37 03 53 10, E-Mail: info@ gujmedia.de Es gilt die gültige Preisliste, Infos hierzu unter www. gujmedia.de Anzeigenpreisliste Nr. 1 vom 1.1.2017 Anzeigeninformationen www.gujmedia.de Herstellung Gruner + Jahr GmbH & Co KG, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Leitung Heiko Belitz, Telefon +49 (0)40 37 03-0, E-Mail: info@gujmedia.de Lithografie Royal Media, München Druck Gotteswinter + Aumaier GmbH Rechte Dieses M agazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge, Abbildungen, Entwürfe und Pläne sowie Darstellungen von Ideen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung einschließlich Nachdrucks ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers strafbar. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial übernehmen Redaktion und Verlag keine Haftung. Kontakt presse@ messe-muenchen.de Titelfoto: ©Adrian Smith + Gordon Gill Architecture/Jeddah Economic Company; Design Architects of the project: Adrian Smith and Gordon Gill and Design Firm for the project: Adrian Smith + Gordon Gill Architecture
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M E G AT R E N D S
MARKETING
HANDEL
MOBILFUNK
ZU SCHÖN, UM WAHR ZU SEIN
TA N T E E M M A S ERBEN
G E N E R AT I O N GIGABIT
EINFLUSSREICH Influencer- Marketing bleibt ein spannendes Feld. Neue Ent wicklungen werden gewiss ein Thema auf der nächsten Internet World Expo. Die Messe findet am 12. und 13. Mär z 2019 statt .
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nline-Unternehmen wie Amazon oder Alibaba setzen wieder auf den Laden um die Ecke. Eine Neuerung, die man aus der digitalen Sphäre übernommen hat: Es gibt kein Verkaufspersonal und keine Kassen. Mittels Videoüberwachung und kontaktlosen Bezahlens entsteht so das Einkaufserlebnis von morgen. Am Eingang scannen die Kunden einen QR-Code mit ihrem Smartphone ein. Danach packen sie die gewünschten Produkte zusammen und verlassen das Geschäft. Eine künstliche Intelligenz erkennt die entnommenen Waren und setzt sie auf die digitale Rechnung des Kunden. Amazon betreibt bereits drei solcher Läden in den USA, bald sollen es 3.000 sein. Der chinesische Online-Gigant Alibaba hat seinerseits ein Pop-up-Café in Hangzhou, China, eröffnet, das ähnlich funktioniert. Und auch in Deutschland gibt es das Konzept schon. Die Firma Würth hat in Vöhringen eine Filiale eröffnet, die den Kunden rund um die Uhr offensteht. Tagsüber berät sie noch das Personal. Die Nachtschicht übernimmt die smarte Technik.
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s gibt wohl kaum eine Auktion, die sehnlicher erwartet wird. Die für das Frühjahr 2019 geplante Versteigerung der Lizenzen für das mobile Echtzeit-Internet 5G weckt große Hoffnungen. Der Staat verspricht sich Einnahmen in Milliardenhöhe, die Wirtschaft neue Geschäftsmodelle und die Verbraucher ein endlich flächendeckendes Breitband-Internet. Bis 2020 soll die fünfte Generation des Mobilfunks marktreif sein, im Jahr 2025 dann 99 Prozent aller Haushalte mit dem Netz erreicht werden. Die neuen Frequenzen ermöglichen Übertragungsraten von bis zu 20 Gigabit pro Sekunde – mehr als 20-mal so schnell wie bislang im LTE-Standard – bei einem zugleich wesentlich geringeren Energieverbrauch. 5G soll aber nicht nur noch schnelleren Internet-Downloads dienen. Da künftig Maschinen beinahe in Echtzeit miteinander kommunizieren können, werden laut Experten auch neue Technologien wie autonome Autos oder das Internet der Dinge durch den superschnellen Mobilfunk ihren endgültigen Durchbruch erleben.
Fotos: Balmain, Amazon PR, Getty Images, SpaceX Hyperloop
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nfluencer sind deshalb so erfolgreich, weil sie echt sind. Anders als bei Schauspielern oder Models können sich die Fans mit dem Blogger von nebenan identifizieren. Nun wächst eine neue Generation von Influencern heran, die ebenso authentisch, nur eben nicht echt ist. Sie heißen Shudu, Margot (oben im Bild) oder Miquela Sousa und sind Avatare mit eigener Social-Media-Präsenz. Diese virtuellen Influencer haben zum Teil über eine Million Follower auf Instagram. Luxusmarken wie Balmain, Prada oder Chanel haben Shudu und ihre Kolleginnen bereits für Kampagnen engagiert. Zumindest auf dem Bildschirm sind die virtuellen Influencer kaum von echten Menschen zu unterscheiden. Diese Ähnlichkeit hat auch an anderer Stelle Zukunft: im digitalen Kundendienst.
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COMMAND CONTROL
VERKEHR
VERTR AUENSSACHE CYBERSICHERHEIT
SCHNELLER ALS DER SCHALL
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s ist das beherrschende Thema unserer digitalen Gegenwart und Zukunft: Wie sich vor Angriffen im Netz schützen? Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto mehr Aufmerksamkeit müssen Unternehmen dem Sicherheitsaspekt widmen. Was früher ein reines IT-Thema war, muss heute auf höchster Führungsebene gesteuert werden. Kein Unternehmen kann diese Herausforderung alleine stemmen: Die Firmen verlangen nach Unterstützung, perfekt und sicher, und nach echten Lösungen. Denn die Cybersicherheit ist auch für die Wirtschaft ein entscheidender Faktor. Nach einer Studie im Auftrag der „Command Control“ befürchten 66 Prozent der deutschen Unternehmen einen Vertrauensverlust ihrer Kunden, wenn es zu Zwischenfällen kommt und die Sicherheit im Netz nicht gewährleistet ist. 52 Prozent aller Unternehmen sehen es als Chance an, mithilfe von Cybersicherheit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und dadurch als vertrauenswürdige Partner wahrgenommen und weiterempfohlen zu werden. 82 Prozent aller mit digitaler Sicherheit befassten Fach- und Führungskräfte halten es für eine absolute Pflichtaufgabe, ihre Schutzmaßnahmen auszuweiten, um neue Risiken der digitalen Welt besser abwehren zu können. Vor diesem Hintergrund hat die Messe München mit ihrem neuen Format „Command Control“ für dieses wichtige Thema eine große und internationale Bühne entwickelt. 75 Top-Speaker, renommierte Cyberexperten und eine eigene Ausstellungsfläche für Cyber security-Start-ups gehörten im September zum Programm der ersten Command Control München: eine zentrale, branchenübergreifende Cybersecurity-Dialogplattform für Entscheider und eine interaktive Plattform zum Austausch von Wissen und Best Practices. Die Premiere kam hervorragend an. Geschäftsführer, CEOs, CISOs, CIOs, Datenschutzbeauftragte und Risikomanager diskutierten mit den Experten darüber, wie eine sichere Digitalisierung gelingen kann. Im Mittelpunkt der knapp 100 Vorträge, Diskussionsrunden und Workshops standen neben Strategien zur Abwehr von Bedrohungen insbesondere die Chancen, die das Thema Unternehmen bietet. Die Command Control ist als jährliche Veranstaltung angelegt. Die zweite Auflage ist für das Frühjahr 2020 geplant.
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on München nach Berlin in nur 30 Minuten. Elon Musks Vision des Hyperloops könnte das möglich machen. Der Tesla-Gründer träumt davon, Überschallzüge in Form von Kapseln durch unterirdische Röhren zu schießen. Dank des Vakuums in diesen Tunneln könnten die Kapseln Geschwindigkeiten von über 1.200 km/h erreichen. Während Musks Ideenwettbewerb dazu noch läuft, entsteht bereits eine Teststrecke der Firma Hyperloop TT in Toulouse, Frankreich. Auch Konkurrent Virgin ist schon weiter. Das Unternehmen will bis 2020 ein eigenes Forschungszentrum in Spanien errichten. Solche Hyperloops könnten nicht nur das Reisen komfortabler gestalten oder verstopfte Straßen in Metropolen freilegen. Sie würden unsere Wahrnehmung von Distanz völlig verändern. Ähnlich wie die Dampflokomotive vor fast 200 Jahren.
N A S E VO R N Die bisher schnellste Kapsel in Elon Musks Hyperloop-Wettbewerb haben Studierende der TU München gebaut . Ihr Protot yp erreichte im dritten Durchgang 467 km/h.
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M E G AT R E N D S
DIE ZUKUNFT DER STÄDTE
VO N S T E FA N S C H M O R T T E
Ver net z t, ef f izient und smar t: So stellen sic h St adtplaner die C i t y d e r Z u k u n f t v o r. W i e s i e d i e U r b a n i s i e r u n g i n d i e r i c h t i g e n B a h n e n l e n k e n w o l l e n . E i n e R e i s e i n d i e W e l t v o n m o r g e n
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iese Immobilien-Offerte dürfte für Furore sorgen. 180 Quadratmeter, rundum verglast, in absoluter Top-Lage. Mit unverbaubarer Sicht auf die Skyline der City und den schneebedeckten Fujiyama in mehr als 100 Kilometern Entfernung. Ein Appartement der Superlative, einzigartig in der Welt. Nur schwindelfrei sollten seine Bewohner sein. Denn das Traumdomizil liegt recht weit oben. In der Beletage des Sky Mile Tower, 1.600 Meter vom Erdgeschoss entfernt und gebaut auf den Wogen des Meeres. Zu seinen Füßen: eine perfekte Infrastruktur aus Shoppingcentern, Restaurants und Stränden für die Naherholung. Rundum ökologisch ist der neue Senkrechtstarter konzeptioniert, ein Hochhaus so grün wie Waldmeister. Statt das Wasser energieaufwendig in die obersten Etagen zu pumpen, zapft die Fassade die umliegenden Wolken an und speichert das aufbereitete Regenwasser auf verschiedenen Höhen im Turm. Zugegeben, das klingt nicht gerade preiswert. Und das wird es wohl auch nicht,
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sollte der Entwurf der amerikanischen Architekturbüros Kohn Pedersen Fox und Leslie E. Robertson tatsächlich Gestalt annehmen. Ein neuer Wolkenkratzer in der Bucht von Tokio, doppelt so hoch wie der Burj Khalifa in Dubai, der mit seinen knapp 830 Metern als gegenwärtiger Rekordhalter im Hochhausbau dagegen wie ein Liliputaner wirkt. Noch ist nicht entschieden, ob dieser filigrane Koloss aus Stahl und Beton jemals gebaut wird. Aber um eine bloße Spinnerei handelt es sich dabei trotzdem nicht. Unter dem Titel „Next Tokyo 2045“ hat Japans Regierung Architekten weltweit dazu aufgerufen, sich Gedanken über die weitere Entwicklung ihrer Hauptstadt zu machen. Und der Sky Mile Tower ist einer der Vorschläge dafür. Denn Nippons Megacity am Rande des Pazifiks kämpft mit den gleichen Problemen wie die Städte auch andernorts: Wohnungsnot, verstopfte Straßen, Smog und Lärm bei weiterhin ungehemmtem Zuzug. „Next Tokyo“ ist deshalb „Next Überall“ – eine planerische Herausforderung für die
29%
55 %
1950
2018
68% 2050
DIE VERSTÄDTERUNG DER WELT Mit wachsender Weltbevölkerung bleibt ein Trend stabil: Immer mehr Menschen leben in Städten, aktuell sind es mehr als die Hälfte bei 7,6 Milliarden Menschen, Mitte des Jahrhunderts werden es zwei Drittel sein. (Deutsche Stiftung Weltbevölkerung)
HOCH HINAUS Das Leben verlagert sich in die Höhe – wie hier in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. Im Hintergrund sieht man die zwei Türme der Petronas Towers, die mit 452 Metern zwischen 1998 und 2004 als höchste Gebäude der Welt galten.
33,8
km
NEUE WEGE
lang soll das Streckennetz der Seilbahn in La Paz am Ende werden. Boliviens Hauptstadt kämpft so gegen den Verkehrs kollaps an – immerhin 3.600 bis 4.100 Meter über dem Meeres spiegel. Sechs von elf Linien sind bereits in Betrieb.
ÜBER DEN DINGEN SCHWEBEN 3000 Passagiere transportieren die Gondeln pro Stunde. Die Fahrtzeit von La Paz ins benachbarte El Alto reduziert sich für sie von einer Stunde auf zehn Minuten.
M E G AT R E N D S
» Häuser müssen künftig wie Kraftwerke f u n k t i o n i e r e n , a l s o m e h r E n e r g i e e r z e u g e n , als sie selbst verbrauchen. « P H I L I P L E I S T N E R , P R O F E S S O R A N D E R U N I V E R S I TÄT S T U T TG A R T
rasant wachsenden Metropolen in Indien, Afrika und Südamerika sowieso, aber auch in Westeuropa, wo Städte wie Paris, London oder München längst an ihre Belastungsgrenzen stoßen. „Wir stehen am Beginn einer neuen Stufe der Urbanisierung“, sagt Christian Rauch, Geschäftsleiter im Frankfurter Büro des Zukunftsinstituts. „Entgegen den früheren Erwartungen vieler Demografen ist die Landflucht selbst in den hoch entwickelten Ländern ungebrochen. Die Städte sind der Lebensraum der Zukunft.“
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nd was für einer. Groß sind die neuen Dimensionen, größer als jemals zuvor. Vor allem in China, wo gerade die monumentalste Stadt der Welt entsteht. Jing-Jin-Ji heißt das Projekt – mit der 22-Millionen-Region Peking als einer Art Stadtzentrum in der Mitte, eingerahmt von der Hafenmetropole Tianjin im Süden und der Provinz Hebei im Norden. Auf einer Fläche, mehr als doppelt so groß wie Bayern, soll die Region jetzt zum modernen Metropolis verschmelzen – mit Platz für 130 Millionen Einwohner. Es ist ein epochaler Wandel, der sich hier gerade anbahnt. Nachdem die Menschen über Jahrtausende hinweg mehrheitlich auf dem Land lebten, ist mehr als die Hälfte von ihnen heute in Städten zu Hause. Und damit hat die größte Völkerwanderung aller Zeiten ihr Ziel noch lange nicht erreicht. Laut Prognosen der Vereinten Nationen werden bis zum Jahr 2050 fast 70 Prozent der Erdenbürger in städtischen Gebieten leben – insgesamt 6,5 Milliarden. Doch können die Metropolen diesen Ansturm überhaupt bewältigen? Baulich, logistisch und auch ökologisch? Bringen die neuen Satelliten-Siedlungen für die bestehenden Zentren die erhoffte Entlastung? Oder droht die Infrastruktur irgendwann zu kollabieren? Und vor allem: Wie lebenswert ist das neue Metropolis eigentlich? Wird es für seine Bewohner attraktiv sein? Oder, im besten Fall, sogar noch attraktiver als die Stadt von heute?
„Das kreative Potenzial dafür ist auf jeden Fall vorhanden. Auf unseren Veranstaltungen präsentieren Aussteller aus dem In- und Ausland enorm viele Lösungsmöglichkeiten, wie wir unsere Städte lebenswerter machen können“, sagt Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München und verantwortlich für die Bau, die als Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme die internationalen Experten der Branche zusammenbringt und mit der Mehrheitsübernahme der Fenestration Bau China seit zwei Jahren nun auch im Reich der Mitte präsent ist – auf dem wichtigsten Baumarkt der Welt. Längst nicht jede Stadt in China taugt als Vorbild moderner Planung und Entwicklung, nur weil dort in kürzester Zeit Milliarden neue Quadratmeter entstanden sind. Aber viel entscheidender als die Bausünden von gestern sind die Entwürfe für die lebenswerte City von morgen. „Wir müssen das System Stadt völlig neu denken“, sagt Philip Leistner, Professor an der Universität Stuttgart und Leiter des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik. „Unsere Vorstellung geht beispielsweise dahin, dass Häuser künftig wie Kraftwerke funktionieren, also mehr Energie erzeugen, als sie selbst verbrauchen. Das ist vielleicht nicht für jedes einzelne Gebäude möglich, aber für ein Gebäudeensemble auf jeden Fall.“ „Morgenstadt“ nennt sich die Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft, in der sich Institute unterschiedlicher Fachrichtungen zusammengeschlossen haben, um mit Partnern aus Industrie und Kommunen konkrete Vorschläge für die lebenswerte City der Zukunft zu erarbeiten. Manches davon liest sich wie ein Wünsch-dir-was-Konzert der Urbanisierung: Elektroautos rollen geräuschlos durch die Straßen, und multifunktionale Fassaden filtern Lärm und Schadstoffe aus der Luft. Auf den Dächern der Häuser wachsen die Radieschen, und in den Kellern steht die Hochleistungsbatterie für den benötigten Strom am nächsten Tag.
Aber zuvor, das wissen die Wissenschaftler sehr genau, sind noch ein paar Probleme anderer Art zu lösen, weltweit und auch in Deutschland. Allein in der Region München, prognostiziert eine Studie der Allianz, fehlen bis zum Jahr 2030 rund 160.000 Wohnungen. Im Rhein-Main-Gebiet summiert sich das Defizit auf eine ähnliche Größenordnung. Und in Berlin taxieren die Forscher den Mangel sogar noch etwas höher. Andere Studien kommen zu leicht anderen Zahlen, aber ihre Botschaft ist die gleiche: Es fehlt an Platz, ganz eklatant sogar. „Ohne qualifizierte Nachverdichtung werden wir dieses Problem nicht in den Griff bekommen“, sagt Thomas Auer, Professor an der Technischen Universität München (TUM) und Leiter des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie und klimagerechtes Bauen. „Wir müssen unsere Städte sehr viel polyzentrischer entwickeln. Was wir nicht brauchen, sind neue Schlafstädte, sondern echte Unterzentren, in denen das Leben pulsiert.“
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achverdichtung ist die zentrale Vokabel, wenn es um die Lösung der aktuellen Wohnungsnot geht. „Die Menschen haben noch immer ein viel zu negatives Bild davon, weil sie an die Bausünden der 60er-Jahre denken“, sagt Auer. „Aber Vibrance, also diese Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Unterhaltung, ist es doch, die eine Stadt erst wirklich lebenswert macht. Und außerdem ist Nachverdichtung auch ökologisch sehr viel klüger, als wenn die Menschen aus ihren Schlafstädten am Morgen mit dem Auto in die Stadt pendeln. Der ökologische Fußabdruck eines Städters, bezogen auf Wohnen, Mobilität und die bauliche Infrastruktur, liegt nur etwa bei der Hälfte von dem eines Landbewohners.“ Dass Nachverdichtung kein Nachteil sein muss, beweisen jede Menge positiver Beispiele. In Hannover etwa heißt eines der Vorzeigeobjekte „Wohnkrone“, realisiert vom Architektenbüro Cityförster. Aufgestockt
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BAU 2019
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Reinhard Pfeiffer, stell
„DAR AUF KÖNNEN SIE BAUEN“
vertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München
Smar t , vernet zt und digital – auch die Welt der Architek tur v e r ä n d e r t s i c h i m m e r r a s a n t e r. W a s A u s s t e l l e r u n d B e s u c h e r v o n d e r B a u 2 0 19 e r w a r t e n d ü r f e n
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etzt wächst zusammen, was perfekt zusammenpasst. Zwar hat die Messe München ihre neuen Ausstellungshallen C5 und C6 schon im Mai 2018 in Betrieb genommen, aber erst im Januar wird sie unter Einbindung des erweiterten Flächenangebots hier erstmals auch die Bau 2019 präsentieren – die Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme. Bau trifft auf Neubau sozusagen. „Wir sind bis auf den letzten Platz ausgebucht. In allen 18 Hallen, auf einer Fläche von 200.000 Quadratmetern“, sagt Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München und verantwortlich für den wichtigsten Treff der Branche. 2.200 Aussteller erwartet er und auch einen neuen Rekord auf Publikumsseite. Pfeiffer: „Wir rechnen mit 260.000 Besuchern, rund vier Prozent mehr als 2017.“ Mehr Ausstellungsfläche, das bedeutet natürlich auch mehr Raum für neue, zukunftsträchtige Themen. „Wir haben in Halle C2 jetzt einen neuen Ausstellungsbereich konzeptioniert, der sich auf die Bereiche Licht und Smart Building fokussiert“, sagt Pfeiffer. „Denn auch das Licht spielt eine immer größere Rolle im Gesamtkonzept eines weitestgehend automatisierten Gebäudes, in dem künftig alle Geräte miteinander vernetzt sein werden. Alles smart und digital, angepasst auf die individuellen Gewohnheiten der Nutzer, die in ihren Autos ja auch keine Hebel mehr bewegen müssen, um ihren Sitz richtig einzustellen.“ Smartness und Digitalisierung sind wichtige Schlagwörter, wenn es um die Zukunft der Branche geht – auch bezogen auf den Bauprozess selbst. Das sogenannte Building Information Modeling, kurz BIM genannt, wird deshalb nicht nur im Ausstellungsbereich, sondern auch im Vortragsprogramm große Beachtung fin-
den. „Dieses Tool vereinfacht das Planen enorm“, sagt Pfeiffer. „Es ermöglicht für alle am Bau Beteiligten eine transparente Kontrolle über den gesamten Prozess, vom Entwurf bis zur Baustelle. Auf digitale Prozesse müssen sich alle einstellen – vom Planer bis zum Handwerker.“ Wie werden wir morgen leben, wohnen und arbeiten? Wie können Grundrisse so flexibel gestaltet werden, dass sie sich an die unterschiedlichen Anforderungen im Laufe einer Biografie problemlos anpassen lassen? „Auf alle diese Fragen geben unsere Aussteller Antworten“, sagt Pfeiffer. „Übrigens nicht nur in München, sondern auch auf der Fenestration Bau China, die wir nach der Mehrheitsübernahme im Jahr 2017 nun zum zweiten Mal Ende Oktober 2018 in Peking ausgerichtet haben. Ebenfalls unter neuer Rekordbeteiligung.“ Neben neuen Werkstoffen, multifunktionalen Fassaden oder energieeffizienten Lösungen steht auf der Bau 2019 noch ein weiteres Thema ganz weit oben auf der Agenda: Vereinfachung durch Vorfertigung und modulare Bauweise. „Auf der Baustelle muss künftig vieles nur noch wie ein Puzzle zusammengefügt werden“, sagt Pfeiffer. „Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern erhöht auch die Genauigkeit und Qualität eines Bauwerks.“ Insgesamt betrachtet, ist die Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme heute ein Seismograf und auch ein Taktgeber dafür, wie die Branche die Zukunft gestalten will. Pfeiffer: „Auf unserer Messe erhalten Aussteller und Besucher eben noch sehr viel mehr als nur die Steine, auf die sie morgen bauen.“
Die Bau weist den Weg in die Zukunf t. Unter anderem mit Sonderschauen zum Thema Nachhaltigkeit und Smar t L i v i n g . 14 . b i s 19 . J a n u a r 2 0 19 , M e s s e M ü n c h e n , w w w. b a u - m u e n c h e n . c o m
Infografik: Till Nows/gutentag-hamburg.de | Porträt: Grafilu
auf ein Parkhaus aus den 60er-Jahren, sind dort zwölf moderne Penthouse-Wohnungen entstanden – mit großzügigen Grün- und Terrassenflächen auf dem Dach, gelegen mitten in der City und dennoch so ruhig wie ein Domizil auf dem Dorf. „Würden wir die ungenutzten Flächen in unseren Städten effektiver nutzen, als eine Art Siedlungsebene 2.0. sozusagen, ließe sich die Wohnungsnot drastisch verringern“, sagt Nils Nolting, geschäftsführender Partner bei Cityförster in Hannover. Ruhende Reserven gibt es jede Menge, auch auf den Flachbauten der Supermärkte. Einige Handelsketten haben darauf bereits reagiert und führen neben Brot und Butter seit Neuestem ein für ihre Branche eher ungewöhnliches Produkt: Wohnungen. Aldi Nord will in Berlin rund 2.000 neue Appartements bauen – im Erdgeschoss der Supermarkt, darüber die Wohn- und Schlafzimmer der Nachbarn. Und Konkurrent Lidl hat in der Hamburger Holstenstraße gerade 1.300 Quadratmeter Ladenfläche in einem Gebäude bezogen, das zugleich als Hotel dient. Mit 300 Zimmern, verteilt auf fünf Stockwerke über den Regalfluchten des Discounters. Solche Hybrid-Nutzungen von Immobilien sind in hoch verdichteten Zentren wie Tokio längst gang und gäbe. Mit bis zu 15.000 Einwohnern pro Quadratkilometer (zum Vergleich: München kommt auf knapp 4.700) bleibt den Architekten in Japans Hauptstadt auch gar nichts anderes übrig. Mit sogenannten Tiny Houses nutzen sie selbst kleinste Baulücken aus, um für die Bewohner auf einem Minimum an Grundfläche ein Maximum an Platz zu schaffen. Sehr viel einfacher haben es in dieser Hinsicht Länder, in denen der große Masterplan noch möglich ist und riesige Wohnareale ähnlich wie im Computerspiel „SimCity“ quasi aus dem Nichts entstehen können. „Eine Stadt von Grund auf neu zu bauen ist natürlich leichter, weil die vorgegebene Grundstruktur fehlt“, sagt Anil Menon, Global President für Smart+Connected Communities beim US-Technologiekonzern Cisco. Das Energie-Einsparpotenzial einer solchen Stadt beziffert er bei kluger Vernetzung auf
DI E V ERMESSUNG DER STÄDTE
D I E SENK R ECHTSTA RTER Die aktuell fünf höchsten Häuser der Welt (fertiggestellt und geplant) in Metern Quelle: eigene Recherche
S eh r g ro ß we rd e n si e, ä l t e r vo n g a n z all ein e, un d au c h g r ün so ll en si e
1.007 m Jeddah Tower
828 m Burj Khalifa
Dschidda Saudi-Arabien (Fertigstellung für 2019 geplant)
Dubai Ver. Arab. Emirate
632 m Shanghai Tower
601 m Mekka Royal Clock Tower
555 m Lotte World Tower
Shanghai China
Mekka Saudi-Arabien
Seoul Südkorea
we rd en , wenn e s n ac h d en Vo r st ellun g en d e r St ä d t e p l a n e r g eht . A b e r w i e st e ll t si c h di e Si t u a t i o n in d en M et ro p o l en e i g e nt li c h h eu t e d a r ? W i e d i e St ä d t e wel t wei t wac h sen un d wo di e hö c h st en Wo lke nk r a t z e r in d en Hi m m e l r ag en. Ein p a a r au sg ewä hl t e St ä d t e au s Si c ht d e r St a t i st ike r
M ETRO PO LEN FÜR M I LLI O NEN Die größten Ballungszentren der Welt in Mio. Einwohner 2014 bis 2030:
H A LLO, N ACHBA R
Bevölkerungsdichte in ausgewählten Städten Deutschlands in Einwohnern pro Quadratkilometer
Quelle: Vereinte Nationen
STRO M FR ESSER
Quelle: Wikipedia, Statista
Die fünf energiehungrigsten Städte Verbrauchsangaben in Terawattstunden
München 4. 6 6 8
18,6 / 20,0 New York-Newark
25,0 / 36,1 Delhi
19,5 / 27,7 Peking
37,8 / 37,2 Tokio
Quelle: FAS
Tokio 678
Moskau 5 5 6 20,1 / 20,0 Osaka
23,0 / 30,1 Shanghai
20,7 / 27,8 Mumbai
Köln 2 . 619
2014 / 2030
Quelle: eigene Recherche
Göteborg 314
Sydney 236
Los Angeles 52 2 Prag 2 21 Z u m Ve r g l e i c h Berlin 75
Schwerin 742
Rom 16 6
Bern 132
Hamburg 114
LE BEN I M STA DTPA R K Stadtmauer
70 0 0 v. Chr. Jericho, Westjordanland
Straßennet z
3 0 0 0 v. Chr. Harappa, Pakistan
Wasser versorgung
N ÄCHSTE STATI O N H AUP TBA HNHO F Obwohl die Metro im chinesischen Shenzhen erst 2004 in Betrieb genommen wurde, steht sie mit einem Streckennetz von 285 Kilometern (Stand: Ende 2016) schon auf Platz 10. Bis 2025 soll das Netz auf mehr als 1.000 Kilometer wachsen. In London, 1863 noch dampfbetrieben in Betrieb genommen und damit die älteste U-Bahn der Welt, befördert die „Tube“ heute bis zu fünf Millionen Passagiere täglich. Die sechs größten U-Bahn-Netze der Welt. Angaben in Kilometern Quelle: ingenieur.de
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Leipzig 1. 8 8 2
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Bratislava 333
Stut tgar t 3 . 0 0 8
18,4 / 24,5 Kairo 20,8 / 23,9 Mexiko-Stadt
Auckland 3 57
New Yor k 78 4
Berlin 3 . 9 4 8
312 v. Chr. Rom, Italien
Hochhäuser
300 Hermopolis Magna, Ägypten
Straßenlaterne 16 67 Paris, Frankreich
U- Bahn
18 63 London, England
Int . Flughafen 1920 London, England
Die grünsten Städte weltweit nach qm Grünfläche pro Einwohner Quelle: Statista
Shanghai
588 km
Peking
574 km
London
402 km
New York
380 km
Moskau
346 km
Seoul
330 km
M E G AT R E N D S
» Der ökologische Fußabdruck eines Städters, b e z o g e n a u f W o h n e n u n d M o b i l i t ä t , l i e g t n u r e t w a bei der Hälfte von dem eines Landbewohners. « T H O M A S A U E R , P R O F E S S O R A N D E R T E C H N I S C H E N U N I V E R S I TÄT M Ü N C H E N
1. 2. 3. 4. 5.
30 bis 40 Prozent. Ziemlich viel und deshalb auch ein tauglicher Hebel zur Erreichung der Klimaschutzziele, weil die Städte weltweit zwar nur zwei Prozent der Erdoberfläche bedecken, aber 80 Prozent aller Treibhausgase verursachen. Menon: „Wer von null anfängt, kann von Grund auf alles optimal gestalten.“ Und seinen Wünschen so freien Lauf lassen wie etwa Mohammed bin Salman, der Kronprinz Saudi-Arabiens. „Neom“ hat er seine Stadt der Träume genannt, abgeleitet aus dem griechischen „neo“ für neu und dem arabischen Wort für Zukunft, „mustaqbal“. Entstehen soll seine Future-Metropole (Investitionsvolumen bis 2030: 500 Milliarden US-Dollar) im Nordwesten des Landes, auf einem Areal von 26.500 Quadratkilometern. Supermärkte soll es dort nicht mehr geben, weil den Bewohnern alles nach Hause geliefert wird. Und auch ansonsten präsentiert sich Neom ziemlich smart. Als ein Ort künstlicher Intelligenz, der seinen Energiebedarf zu hundert Prozent aus Wind und Sonne deckt und in dem alle Dienstleistungs- und Industrieprozesse weitgehend automatisiert sind. Geplant hat das Vorhaben ein Deutscher: Klaus Kleinfeld, ehemaliger SiemensChef und zuvor an der Spitze des US-Aluminiumkonzerns Alcoa tätig. Erst kürzlich hat er seinen 1.000 Seiten umfassenden Detailplan für die Errichtung Neoms an den Kronprinzen übergeben. Nun soll die konkrete Bauphase beginnen, zwar nicht mehr unter ihm selbst als bisherigem CEO des Projekts, aber als Mitglied des Boards und persönlicher Berater des Herrscherhauses, der über den Baufortschritt wacht. Was genau in Kleinfelds Detailplan steht, ist bislang nicht bekannt. Aber es dürfte sich vieles darin wiederfinden, was andernorts schon ein Stück weit Realität geworden ist. Beispielsweise im südkoreanischen Songdo, rund 50 Kilometer vom Regierungssitz Seoul entfernt. Geplant von dem US-Generalunternehmer Gale International unter Einbindung des Technologiepartners
Kopenhagen
Utrecht Amsterdam Straßburg Malmö
VORRADLER In den vergangenen zehn Jahren investierte Kopenhagen 150 Millionen Euro in neue Radwege. Ein Ranking, das die Fahrradf reundlichkeit einer Stadt misst, heißt entsprechend Copenhagenize-Index. (Copenhagenize Design Company)
Cisco, ist hier seit 2005 der Prototyp einer smarten City entstanden.
R
und 100.000 Menschen leben heute in Songdo, 600.000 sollen es mal werden. Die Türen öffnen sich per Fingerabdruck, und über die Kinder auf dem Spielplatz wachen die Eltern via Bildschirm von ihrer Wohnung aus. Kameras und Sensoren sind in der Stadt allgegenwärtig, damit sich Ressourcen effektiv einsparen lassen. Wo wird gerade wie viel Strom benötigt? Wo läuft der Verkehr störungsfrei? Und wo sollten die Ampeln auf Grün schalten, damit es weitergeht? In dem städtischen Kontrollzentrum, einer Art Kommandobrücke, wie sie sich Captain James T. Kirk an Bord seines Raumschiffs nicht besser hätte wünschen können, laufen alle Daten zusammen. Damit die Stadt so perfekt durch Raum und Zeit gleitet wie einst die Enterprise in der gleichnamigen ScienceFiction-Serie. Selbst die Müllabfuhr ist in der Stadt verzichtbar geworden, weil der Müll über ein pneumatisch betriebenes Entsorgungssystem aus den Wohnungen abtransportiert wird. „Um ein Formel-1-Rennen zu gewinnen, brauchte man vor zehn bis 15 Jahren nur einen guten Fahrer und ein gutes Auto“, sagt Carlo Ratti, ein italienischer Architekt und Ingenieur mit Lehrauftrag am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge/ USA. „Heutzutage ist für den Sieg darüber hinaus ein telemetrisches System erforderlich, das über Sensoren am Auto Tausende von Parametern misst und sie drahtlos an die Computer übermittelt, die sie auswerten.“ Bei unseren Städten, sagt Ratti, sei es ganz genau dasselbe. „Wir müssen sie ein bisschen so steuern wie einen Formel-1-Wagen.“ Das ist die kühne Vision, aber so dermaßen smart, wie es sich die Experten am MIT Senseable City Lab vorstellen, funktioniert das Leben an den meisten Orten dieser Welt noch nicht. Fast 75 Prozent der Bestandsbauten in Deutschland wurden vor
1979 errichtet, noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Diese Altbauten verursachen 95 Prozent des Energieverbrauchs in den Gebäuden. Und deshalb muss erst einmal dieses Problem gelöst werden, bevor sich im zweiten Schritt dann die Frage diskutieren lässt, wie die Städte sehr viel smarter aufgestellt werden können. Das sogenannte Lastmanagement, die Flexibilisierung des Energiebedarfs auf Verbraucherseite, könnte ein Weg sein, um diesem Ziel etwas näherzukommen. „Momentan schalten wir unsere Windräder ab, wenn sie zu viel Energie erzeugen. Aber warum sollten wir diese Überschüsse nicht ganz gezielt dafür einsetzen, über Wärmepumpen innerhalb eines Smart Grid zu einer effektiveren Bewirtschaftung unserer Gebäude zu kommen?“, sagt TUM-Professor Thomas Auer. Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat er sich mit genau dieser Frage beschäftigt. „Ganz vereinfacht ausgedrückt“, sagt Auer, „ist dabei herausgekommen, dass wir über eine Kopplung des Gebäudebestandes mit dem Stromnetz und der Nutzung unserer Häuser als thermische Speicher über ein gewaltiges Potenzial verfügen, um unsere Klimaschutzziele auch wirklich zu erreichen.“ Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Trendwende gelingen könnte. Denn auch eines der wohl gravierendsten Probleme innerstädtischen Zusammenlebens haben die Wissenschaftler längst ins Visier genommen: den lähmenden Individualverkehr. Immerhin 102 Stunden im Schnitt verbringen die Autofahrer von Los Angeles aktuell jährlich im Stau. In Moskau sind es laut Verkehrsanalyse des US-Unternehmens Inrix 91 Stunden und in München, der Stauhauptstadt Deutschlands, 51 Stunden. Umdenken ist deshalb angesagt, beispielsweise: • i n Kopenhagen. 150 Millionen Euro hat die Verwaltung in den vergangenen zehn Jahren in Fahrradwege investiert, um die Stadt leiser und sauberer zu machen. Heute pendelt die Hälfte der Bevölkerung
LEISETRETER Die Hälfte der Kopenhagener pendelt mit dem Fahrrad zur Arbeit. 400 Kilometer
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lang sind die Radwege, manche so breit wie eine Landstraße. MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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TRADITION UND MODERNE Shanghai ist der Maßstab, wenn es um Moderne geht. Und doch pflegen die Bewohner Traditionen wie Tai Chi – morgens auf dem Dach.
5
Shanghai: 22.315.474 Peking: 11.716.620 Tianjin: 11.090.314 Guangzhou: 11.071.424 Shenzhen: 10.358.381
GROSSE UNBEKANNTE China hat bereits fünf Metropolen mit mehr als zehn Millionen Ein wohnern (Stadtgebiet). An manche Namen muss sich der Rest der Welt erst gewöhnen. (Worldatlas.com)
KUNST UND KULTUR Die chinesischen Bürokraten setzen bei einigen Städten Schwerpunkte. Harbin im Nordwesten des Landes ist ein neues Kulturzentrum mit einem aufwendigen Opernbau.
M E G AT R E N D S
INTERVIEW
„ W I R M Ü S S E N D I E S TA D T N E U D E N K E N “
DER BAUEXPERTE:
B a u p h y s i k- P r o f e s s o r P h i l i p L e i s t n e r ü b e r d i e S t a d t d e r Z u k u n f t , Fa s s a d e n ,
Professor an der Universität
d i e S m o g f r e s s e n – u n d n e r v e n d e Tr o l l e y s a u f d e m Ko p f s t e i n p f l a s t e r
Stuttgart und leitet dort das Insti
Philip Leistner, 54, lehrt als
tut für Akustik und Bauphysik.
M M | Was ist Ihre Vision von der Stadt der Zukunft? LEISTNER | Ganz allgemein formuliert, ist das für mich eine Stadt mit hoher Lebensund Umweltqualität, also ein Ort, an dem wir uns gerne aufhalten.
Welche Rolle spielt die Energieeffizienz? Für die Gesamtgesellschaft ist es unerlässlich, dass wir unsere Städte energieeffizient umbauen. Wir dürfen dabei allerdings nicht vergessen, dass wir in Deutschland einen Bestand von etwa 40 Millionen Wohnungen haben und jährlich nur etwa 200.000 neue hinzukommen. Also müssen wir erst einmal den A ltbestand sanieren? Das ist keine Frage des Entweder-oder. Wenn wir die Chance haben, neu zu bauen, müssen wir ressourcenschonend vorgehen. Und gleichzeitig müssen wir die energieeffiziente Sanierung steigern. Ideal wären Gebäude, die wie Kraftwerke funktionieren, also mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Natürlich hinkt die Baupraxis der Forschung noch immer hinterher. Aber wir können viel dafür tun, dass die Lücke zwischen dem, was technisch möglich ist, und dem, was wir in der Praxis realisieren, immer kleiner wird. Apropos Lücke. Schmälert Nachverdichtung nicht zwangsläufig die Lebensqualität in unseren Städten? Nachverdichtung und Lebensqualität müssen kein Widerspruch sein. München zählt in Deutschland die meisten Einwohner pro Quadratkilometer. Trotzdem belegt die Stadt regelmäßig einen Spitzenplatz unter den lebenswertesten Metropolen der Welt. Auch beim Thema Nachverdichtung kommt es also auf das Wie an. Wenn vorhandene Gebäude sinn- und maßvoll erhöht werden, muss Nachverdichtung kein Nachteil sein.
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Songdo in Südkorea gilt als Vorbild einer smarten City. Was können wir von dieser Stadt lernen? Dass sich Effizienzgewinne in ganz erheblichem Umfang realisieren lassen. Es gibt im Übrigen auch hier in Deutschland sehr gute Beispiele dafür, etwa die FertighausWelt in Wuppertal, die wir vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik wissenschaftlich begleitet und evaluiert haben. Die Effizienzhaus-Plus-Gebäude dort sind untereinander vernetzt und geben ihre überschüssige, regenerativ gewonnene Energie an die Nachbarhäuser ab. Mit dem Effekt, dass der Strombezug aus dem öffentlichen Netz im Quartier um rund 20 Prozent gesunken ist. Eines Ihrer aktuellen Projekte heißt BUOLUS. Was verbirgt sich dahinter? Es geht dabei um die bauphysikalische Gestaltung urbaner Oberflächen. Und damit meine ich jetzt natürlich nicht nur den Farbanstrich auf der Fassade ... ... sondern? Die Flächen in der Stadt generell und praktisch. Nehmen wir einen Klassiker: die Bewirtschaftung der Gehwege. Das kostet die Kommunen jedes Jahr sehr viel Geld. Wir fragen uns daher, wie Pflastersteine beschaffen sein müssten, die nicht nur sicher sind, sondern sich auch kostengünstig reinigen lassen. Viele dieser urbanen Oberflächen sind bisher lediglich auf die Erfüllung einzelner Zwecke ausgerichtet. Sie könnten aber genauso gut mehrere Funktionen erfüllen. Fassaden etwa, die nicht nur wärmedämmend sind, sondern darüber hinaus auch Smog neutralisieren oder Lärm schlucken. Das Leben in der Stadt ist naturgemäß etwas lauter als das Leben auf dem Dorf. Sind wir zu empfindlich? Ich würde eher sagen, wir sind anspruchsvoller geworden. In Venedig wollte die
Verwaltung zeitweise sogar mal Rollkoffer mit Plastikrädern verbieten, weil die so laut über das historische Kopfsteinpflaster rumpeln. Jemand, der früher vor dem Hochofen stand, mit 110 Dezibel in den Ohren, hätte das wohl nur wie ein Fliegensummen wahrgenommen. Und der Autoverkehr auf den Straßen? Die Motoren sind deutlich leiser geworden. Nur wurde dieser Effekt in der Vergangenheit durch die stetig steigende Verkehrsmenge immer wieder aufgefressen. Flüsterasphalt, bislang nur auf Autobahnen oder Bundesstraßen eingesetzt, könnte hier ein Teil der Lösung sein. Lässt sich auch der Bauprozess selbst optimieren? Auf jeden Fall. Das Building Information Modeling, kurz BIM genannt, schafft eine enorme Transparenz über den gesamten Prozess. Baudebakel wie am Berliner Flughafen oder am Stuttgarter Hauptbahnhof ließen sich damit womöglich vermeiden. Die Intelligenz und die Reaktionsfähigkeit von Gebäuden sind ein weiteres Thema. Was passiert im Schadensfall? Oder noch besser, wie können wir Schäden vorbeugen? Etwa mit Sensoren an den Wasserleitungen, die vor möglichen Leckagen warnen. Und ganz am Ende stellt sich natürlich auch noch die Frage, was mit einem Gebäude geschieht, wenn seine Lebenszeit abgelaufen ist. Nicht nur Handys, Waschmaschinen oder Autos müssen recycelbar sein, sondern auch unsere Häuser. ■
D i e Fr a u n h o f e r - A l l i a n z B a u i s t a u f d e r B a u 2 0 19 i n H a l l e C 2 v e r t r e t e n , a m Stand 528.
18,9
DAS DACH DER NEUEN WELT 56 Leonard Street heißt der neue Blickfang in New York, den Herzog & de Meuron 2016 fertig
m2
stellten. Er ist 250 Meter hoch.
EINE FRAGE DES PREISES
Für 300.000 Euro erhalten Immobilienkäufer in New York so viel Wohnraum ...
die in Großstädten wie in Tokio Baulücken füllen – und doch oft erstklassiges Design bieten
Mexiko- Stadt 104,9
Tokio 33,7
München 22,4
Zürich 17,8
Tiny Houses nennen Ar chitekten schmale Häuser,
London 15,1
BODENSTÄNDIG
Hongkong 9,2
... in anderen Städten variiert die Anzahl e rheblich (Angaben in Quadratmetern, Kurs: 1,17 US-Dollar je Euro, Numbeo).
9,5
%
SMART HOUSES
Schätzungen von Siemens zufolge wird 2019 fast jede zehnte Wohn einheit weltweit smart sein. Das heißt, ausgestattet mit Geräten, die untereinander über Sensoren kommunizieren.
EINE SMARTE LÖSUNG Beim Huangshan Mountain Village versuchten die Architekten, technisch bestens ausgestattete Wohnkomplexe möglichst sanft in die Landschaft zu integrieren.
M E G AT R E N D S
» Lieber eine wilde Mischung von Jungen und Alten im Quartier als eine saubere Sortierung im Altenheim. «
Fotos: Getty Images (3), Iwan Baan (2), Zhao Xiangyong/VCG, Jeremie Souteyrat/laif, Fernando Guerra | FG+SG; Philip Leistner: privat
T H O M A S J O C H E R , P R O F E S S O R D E R U N I V E R S I TÄT S T U T TG A R T
mit dem Bike zu Arbeit, auf knapp 400 Kilometern Radwegen, manche so breit wie Landstraßen. „Copenhagenize“ rühmen Stadtplaner das Pedal-Modell der Dänen. Soll heißen: „Macht es wie in Kopenhagen. Setzt euch aufs Rad.“ • In Madrid sind die Umbauarbeiten bereits in vollem Gange. Auf der Gran Vía, der sechsspurigen Prachtstraße, die durchs Zentrum führt, wird es künftig nur noch eine Spur für Autos in jede Richtung geben, die zweite und dritte ist dann für Busse, Taxis und Fahrräder reserviert. Damit der lästige „boina“, wie die Hauptstädter ihre „Baskenmütze“ aus Smog nennen, sich zumindest ein bisschen verflüchtigt. • U nd in Vilnius, der Hauptstadt Litauens, ist eine App am Start, die Busse, Citybikes und Carsharing-Autos auf das Beste miteinander verbindet. „Trafi“ heißt der Dienst, der den Nutzern via Smartphone alle Daten über die jeweils verfügbaren Verkehrsmittel in ihrer unmittelbaren Nähe anzeigt. Einmal tippen, und das Busticket ist bezahlt, noch einmal tippen, und das wenige Schritte von der Haltestelle entfernte Auto ist entriegelt. Ein eigenes Auto braucht es in Vilnius nicht mehr, um bequem durch die Stadt zu kommen. Nur müssen alle Beteiligten ihre Daten dafür austauschen: Carsharing-Anbieter, Citybike-Verleiher und auch die Verkehrsbetriebe. Povilas Poderskis, der Direktor der Stadtverwaltung, sieht darin kein Problem. „Die Daten, die solche Apps liefern, unterstützen uns bei der Verkehrsplanung“, sagt er. Die Trafi-Karte zeigt ihm, welche seiner Busse gerade im Stau stehen oder ob eine Haltestelle verlegt werden sollte. Was in der Folge auch neue Freiräume für die Stadt eröffnet. Mit weniger Verkehr, dafür mit umso mehr Raum für neue Wohnhäuser oder Parks. Aber warum eigentlich nur Parks und nicht auch Gemüsegärten? Warum sollten die
Menschen in den Metropolen ihre Lebensmittel nur aus dem Umland beziehen? Könnten sie ihre Tomaten und Kartoffeln nicht auch selbst züchten? Ohne CO2-Emissionen, ausgestoßen von den ungezählten Lkw-Kolonnen, die jeden Tag in die Städte rollen? In Berlin verfolgen die Start-up-Gründer Christian Echternacht und Nicolas Leschke mit ihrer Firma ECF (Eco Friendly Farming) ein solches Konzept: Fischaufzucht, kombiniert mit Gemüseanbau, Aquaponik genannt. Hier wachsen Barsch und Basilikum in trauter Nähe, weil die Pflanzen mit dem nährstoffreichen Wasser aus der Fischaufzucht optimal gedüngt werden können. „Ein intelligentes Kreislaufsystem, das den Wasserverbrauch gegenüber traditionellen Anbaumethoden in der Landwirtschaft um bis zu 90 Prozent verringert“, sagt Leschke. Von „Urban Farming“ und „Zero Carbon Food“ sprechen die Experten in diesem Zusammenhang. Eine Idee, die auf den US-Wissenschaftler Dickson Despommier zurückgeht, der seinem Buch „The vertical farm“ bereits 2010 die Vision einer Stadt beschwor, die sich mit „Gewächshochhäusern“ ganz alleine ernährt. Nur ganz so einfach dürfte das in der Praxis nicht werden. Allein in Berlin bräuchte man mehr als die gesamte Stadtfläche, um die Bewohner adäquat zu versorgen. Dennoch: Als symbiotische Teillösung ist das Konzept hochinteressant. Symbiose bezeichnet in der Biologie das Zusammenleben von Organismen verschiedener Arten – zum Vorteil und Nutzen aller Beteiligten. Und genau darum geht es auch im urbanen Lebensraum. „Eine zukunftsweisende Stadtentwicklung muss Konzepte entwickeln, die eine funktionale Integration ganz unterschiedlicher Lebensbereiche zulassen“, sagt Zukunftsforscher Christian Rauch. „Wohnen und Arbeiten, Konsum und Kinder, Freizeit und natürlich auch die Betreuung der älteren Mitbürger.“ Alt ist wichtig in der Zukunftsgesellschaft. Bereits heute ist gut jeder vierte
Bundesbürger über 60. In 30 Jahren wird der Anteil dieser Generation schon bei 38 Prozent liegen, was Stadtplanung und Wohnungsbau vor neue Herausforderungen stellt. „Wir bauen noch immer die falschen Wohnungen“, sagt Architekturprofessor Thomas Jocher, langjähriger Direktor am Institut für Wohnen und Entwerfen der Universität Stuttgart. „Das alte Modell von zwei Kindern, drei Zimmern und vier Rädern hat ausgedient. Was wir künftig brauchen, sind Neubauten, die ready sind. Mit einer Art Airbag für das Alter. Also etwa mit Türen, die breit genug für den Rollstuhl sind.“ Symbiotisch ist auch dieser Ansatz. „Ready to go“ oder eben „ready for slow go“. Denn barrierefreie Zugänge kommen in der Stadt der Zukunft nicht nur den Älteren zugute, sondern auch den Müttern und Vätern, die ihren Kinderwagen von der Haustür zum obersten Geschoss hieven müssen. Wie sich die Architekten das Zusammenleben von Jung und Alt unter dem Dach des Sky Mile Tower in Tokio vorstellen, lässt sich aus ihren Plänen noch nicht herauslesen. Eine Annehmlichkeit allerdings haben sie in ihrem Entwurf schon berücksichtigt: den Lift nach oben. Der soll laut ihrem Entwurf von thyssenkrupp Elevator kommen. Mit einer Technik, die es ermöglicht, dass gleich mehrere Kabinen in einem Schacht hin- und herfahren, nicht nur vertikal, sondern auch horizontal. Und vor allem sehr viel schneller als bisherige Aufzugssysteme. Das löst zwar nicht das allergrößte Problem in den Städten der Gegenwart, aber doch ein durchaus gravierendes. „Pro Jahr“, das hat Andreas Schierenbeck in seiner Funktion als Vorstandschef von thyssenkrupp Elevator mal vorgerechnet, warten allein die „Büroangestellten in New York City zusammen 16,6 Jahre auf einen Aufzug. Weitere 5,9 Jahre verbringen sie in den Kabinen.“ Aber in der Stadt der Zukunft gehört ja vielleicht auch dieses Ärgernis schon sehr bald der Vergangenheit an. ■
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MENSCHEN
ZU H AUSE I N V I E L E N W E LT E N I N T E R V I E W: M I C H A E L M O O R S T E DT U N D S T E FA N T I L L M A N N FOTOS: ROBERT BREMBECK
Sie arbeitet mit armen Kindern in Kenia und trifft sich am nächsten Ta g m i t d e n M ä c h t i g e n . D i e S o z i o l o g i n A u m a O b a m a b e w e g t s i c h i n b e i d e n W e l t e n s i c h e r . E i n G e s p r ä c h ü b e r u n t e r s c h i e d l i c h e V o r aussetzungen, gemeinsame Chancen und über die Frage, ob die Welt w i r k l i c h z u s a m m e n w ä c h s t – u n d f a l l s j a , w i e
Frau Obama, Sie leben in sehr verschiedenen Realitäten. Mit Ihrer Stiftung in Kenia arbeiten Sie mit armen Kindern. Auf der anderen Seite reisen Sie um die Welt, treffen sich mit der Elite des Global Village. Wie schaffen Sie das persönlich? Wie lange brauchen Sie immer, um wirklich anzukommen in der jeweils anderen Welt? A U M A O B A M A | Eigentlich bin ich sogar in drei Welten zu Hause. Da ist die internationale Arbeit, dann bin ich in Nairobi, einer Großstadt, und dann auch bei meinen Hilfsprojekten, bei den Menschen. Der Wechsel fällt mir leicht, vielleicht deswegen, weil ich sehr lange in Deutschland und Europa gelebt habe und das kenne. Nairobi ist mein Zuhause, dort bin ich aufgewachsen. Ich kenne mich aus und kann mich auch zurückziehen. Ich arbeite zwar, aber hauptsächlich am Schreibtisch. Auf dem Land, in Alego, ist da einfach die Leidenschaft, da sind die Kinder und Familien, mit denen wir arbeiten. Mitmachen, selbst anpacken, das gefällt mir sehr gut. Das gibt mir Sinn und zeigt mir, warum ich diese Arbeit mache. MM |
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M M | Das Versprechen der Globalisierung war immer, dass diese Welten zusammenwachsen – bestätigt sich das Ihrer Erfahrung nach? O B A M A | Ich glaube schon. Allein schon wegen des Internets. Die Menschen wissen viel mehr voneinander. Egal, ob dieses Wissen dann auch richtig ist – sie haben den Zugang. Und dieser Zugang, den hatten wir vorher nie. Es ist eine wichtige Gelegenheit und eine Möglichkeit, unterschiedliche Menschen und Welten kennenzulernen, ohne dass man seinen Schreibtisch, sein Zuhause verlässt. Deswegen ist die Welt enger und kleiner geworden. M M | Sie haben einmal gesagt, dass das Internet zugleich Fluch und Segen sei, weil es bei jungen Menschen falsche Erwartungen wecke. Inwiefern? O B A M A | In unserem Projekt haben wir seit Juli dieses Jahres ein Computerlabor mit Internetzugang. Aber wir haben mit der Arbeit dort noch nicht angefangen. Weil ich glaube, dass die Jugendlichen erst lernen müssen, mit diesen vielen Informationen umzugehen. Damit sie die Relation verstehen
zwischen dem, was sie im Netz sehen, und ihrem eigenen Leben in einer Hütte, in der es kein fließendes Wasser gibt. Instagram ist nicht der Alltag. Leute schminken sich, verstellen sich, sehen wunderschön aus. Aber das ist nicht die Realität. Es ist gefährlich, wenn man anfängt zu denken, ah, dieses Leben kann ich auch haben. Man muss immer bodenständig bleiben und sich fragen, was man zu Hause hat. Worauf man aufbauen kann, um sein Leben zu verbessern. M M | Wie ist es andersherum? Wie zeitgemäß ist das Bild von Afrika, das Ihnen in Deutschland oder im Westen begegnet? Immerhin gibt es inzwischen eine vitale Start-up-Szene in Kenia oder Nigeria und anderen Ländern in Afrika, vor allem im Bereich Fintech. O B A M A | Interessanterweise scheint sich in den Köpfen der Menschen nicht sehr viel entwickelt zu haben. Als ich aufgewachsen bin, wusste ich viel mehr von Europa oder den USA, als die Europäer und die Amerikaner von uns wussten. Wir haben das in der Schule gelernt. Als ich dann nach Deutschland gekommen bin, habe ich erfahren, dass die Menschen gar nichts über uns wussten. Bei den Fragen, die mir gestellt wurden, habe ich immer gedacht: Die Leute lesen nicht, die haben keine Ahnung von diesem Riesenkontinent.
DIE OPTIMISTIN A u m a O b a m a , J a h r g a n g 19 6 0 , w u c h s in Nairobi, Kenia, auf. Mit Deutschland verbindet die Halbschwester des ehemaligen US- Präsidenten eine lange G e s c h i c h t e . 19 8 0 k a m s i e a l s S t u d e n t i n
Das Wissen kommt nicht automatisch. Genau. Und trotz Internet ist es eigentlich immer noch so. Ich sage immer, Professor Google sagt dir nur das, was du fragst. Wenn du nichts wissen willst, wirst du nichts erfahren. Und deshalb begegnen meiner Tochter, die gerade jetzt nach Europa kommt, die gleichen Fragen, die schon mir vor fast 40 Jahren gestellt worden sind. MM |
nach Heidelberg, später promovier te
OBAMA |
sie in Bayreuth. Neben der Arbeit für
M M | Dabei gäbe es ja sehr viele positive Sachen zu erfahren. Statistiken in Sachen Lebenserwartung, Alphabetisierung, Säuglings- und Kindersterblichkeit entwickeln sich allesamt positiv. Wie ist Ihr Bild von der Zukunft? Sind Sie optimistisch? O B A M A | Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen. Ich muss optimistisch sein, sonst hätte es keinen Sinn. Für mich sind sie das Potenzial, das wir haben, um unsere Welt besser zu gestalten. Ich versuche, diesen jungen Leuten Werte mitzuteilen, ihnen beizubringen, dass sie auch eine Verantwortung haben. Das betrifft die Nahrungsproduktion genauso wie den Umweltschutz. Wir alle sind voneinander abhängig, die Kinder müssen das so
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lokalen Ressourcen erreichen? Wo werden wird nicht abhängig von externen Kräften und Geldern?
ihre Stiftung ist sie eine viel gefragte Speakerin und Exper tin in Sachen Nachhaltigkeit und Menschenrechte.
früh wie möglich erfahren. Und das schaffen wir nur, wenn wir ihnen zeigen, dass es diese Welt wert ist. M M | Momentan investiert gerade China sehr viel in Ihrer Heimat Kenia und in Afrika im Allgemeinen. Milliardensummen werden in Infrastruktur, Bahnstrecken und Containerhäfen gesteckt. Darf Entwicklungshilfe ein Geschäft sein? O B A M A | Nichts ist umsonst. Wir werden verschuldet, tauschen alte Abhängigkeiten gegen neue Abhängigkeiten. Und wir müssen wissen, ob wir sie uns leisten können. Das ist eben das Problem. Nicht jeder Kredit ist ein guter Kredit. Die Menschen in Afrika müssen sich die Frage nach der Nachhaltigkeit stellen. In meiner Arbeit geht es dagegen um Hilfe zur Selbsthilfe. Was können wir mit unseren
M M | Doch Investitionen sind nötig – die afrikanische Bevölkerung wird sich bis 2050 verdoppeln. O B A M A | Man kann nicht sagen, dass es zu viele Menschen gibt. Wir haben nur zu viele junge Menschen, die keine Perspektive haben. Aber sobald sie die haben, ist dieser Kontinent die Zukunft der Welt. Hier gibt es noch sauberes Wasser, saubere Luft und saubere Erde. Deswegen ist es dringend nötig, dass wir alle den afrikanischen Kontinent als Hoffnung, als Möglichkeit, als Potenzial ansehen und nicht als Problem. Ohne jetzt politisch korrekt zu sein, liegt das eigentliche Problem in Europa. Hier gibt es keinen Platz für die Menschen. Das Wasser ist nicht mehr sauber. Der Boden ist durch die Agrarwirtschaft buchstäblich zu Tode gewirtschaftet worden.
Ist der Westen also das falsche Vorbild? Ja. Aber es geht nicht darum, dass man sagt, oh, Europa schlecht, Afrika gut, es geht nur darum, alle Teile der Erde, die noch gesund sind, gesund zu erhalten. MM |
OBAMA |
M M | Sie sind in Kenia als Tochter e ines Regierungsbeamten aufgewachsen. Haben Sie selbst Armut erlebt?
MENSCHEN
N A C H H A LT I G K E I T
„ M I T D E R N AT U R K A N N N I C H T V E R H A N D E LT WERDEN“ Klassische Entwicklungshilfe wird ersetzt durch Hilfe zur Selbsthilfe. Europas größter Umwelt- und Te c h n i k p r e i s , d i e G r e e nTe c A w a r d s , g i n g i n d i e s e m Jahr auch an Auma Obama
LERNZEIT Im neuen Ausbildungszentrum im kenianischen Kogelo stehen den Jugendlichen eine Bibliothek, ein Berufsbildungszentrum und Sportplätze zur
Fotos: by Dario Suppan Photography (2)
Verfügung.
E
ine der drängendsten Fragen der Gegenwart lautet: Wie schafft man es, ökonomische und ökologische Entwicklung miteinander zu vereinbaren? Auma Obama hat darauf eine Antwort gefunden. Ihre Stiftung Sauti Kuu (dt.: Starke Stimmen) eröffnet Kindern und Jugendlichen im ländlichen Kenia Chancen auf eine bessere Zukunft. Die Menschen lernen, lokale Ressourcen zu nutzen und gleichzeitig auf chemische Pestizide zu verzichten. Klassische Entwicklungshilfe wird ersetzt durch Hilfe zur Selbsthilfe. Inzwischen sind Solar- und Biogasanlagen ebenso entstanden wie ein Getreidespeicher oder ein Ausbildungszentrum mit Bibliothek und Sportanlagen. Im Rahmen der weltweit größten Umwelttechnologiemesse Ifat wurde Auma Obama für ihr Engagement im vergangenen Mai der mit 10.000 Euro dotierte GreenTec Award in der Kategorie „Environmental Leadership“ verliehen.
MAHNENDE WORTE Damit die Welt besser wird, müssen wir alle mit anpacken, sagte Auma Obama bei ihrer Dankesrede: „Wir müssen unser Verhalten ändern. Das ist nicht nur ein Anspruch, sondern eine Pflicht.“
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» D i e Ta t s a c h e , d a s s man kein fließendes Wasser und keinen Strom hat, bedeutet noch lange nicht, dass man arm ist. « AUMA OBAMA
O B A M A | Die Frage ist, wie man Armut definiert. Und genau da setzt meine Arbeit an. Die Tatsache, dass man kein fließendes Wasser und keinen Strom hat, heißt noch lange nicht, dass man arm ist. Ich bin auf dem Land geboren und bei meiner Großmutter aufgewachsen, bis ich in die Stadt ging. Da hatten wir kein fließendes Wasser und keinen Strom, aber ich habe glücklich gelebt. Ich musste nie Hunger leiden, unser Wasser haben wir vom Fluss geholt. Das Problem ist, dass ich heute mit Kindern und Jugendlichen arbeite, die genauso leben, wie ich früher gelebt habe, und die jetzt denken, dass sie arm sind, weil die klassische Entwicklungshilfe sie so definiert. Und alle sagen: Ich kann mir nicht helfen, ich bin nur ein Opfer.
Aber wer ist dann arm? Wirklich arm sind die Menschen erst, wenn sie weggehen in die Stadt und dort in den Slums landen. Wie schrecklich. Auf dem Land hätten sie alles, was sie brauchen, doch sie lassen es zurück und suchen Reichtum und Glück in den Städten und landen stattdessen in wirklicher Armut. Es ist tatsächlich eine Frage der Perspektive. MM |
OBAMA |
Inwiefern? In Europa sehnen sich viele Menschen nach einem Urlaub ohne Strom und fließendes Wasser. Da sitzt man dann in einer schwedischen Blockhütte mit einem MM |
OBAMA |
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Plumpsklo und zahlt teures Geld dafür, sich selbst wiederzufinden. Und bei uns wollen alle davon weg, und wir denken, wir sind arm. Jeder sollte sich fragen: Moment mal, was macht mich glücklich? Die Hauptsache für mich dabei ist, dass wir unsere Welt nicht kaputtmachen und dass wir merken, dass vieles, von dem wir denken, es sei Fortschritt oder Wohlstand, eigentlich das ist, was uns zerstört. M M | Sie haben mal gesagt, dass Sie sehr früh wussten, wo Sie hinwollen im Leben. Können Sie beschreiben, wann das war und was Sie für eine Vorstellung hatten? O B A M A | Wenn ich zurückdenke, wusste ich schon mit acht Jahren vor allem, wo ich nicht hinwollte. Ich bin unter Jungs aufgewachsen, auch mein Vater war eine sehr starke Persönlichkeit. Und ich habe immer gehört: Als Mädchen darfst du dieses und jenes nicht machen. Oder: Als Mädchen musst du dieses und jenes machen. Mein älterer Bruder ist nur zwei Jahre älter als ich. Ich stand immer mit ihm in Konkurrenz und hörte, dass er darf und ich nicht. Das hat mich gestört, dagegen habe ich gekämpft. Damals wusste ich schon, dass ich nicht nur über mein Geschlecht definiert werden will. Ich musste mir einen Raum schaffen, wo ich als Erstes als Mensch definiert werde. Und nicht ignoriert werde, weil ich als Frau spreche. Auch deshalb heißt meine Stiftung „Sauti Kuu“, starke Stimmen.
M M | Inwiefern unterscheiden sich die Träume der Kinder, die Sie tagtäglich in Ihrer Arbeit erleben, von den Träumen Ihrer Generation damals? O B A M A | Wir haben in der Stiftung etwas geschaffen, das es früher nicht gab. Einen Ort, an dem die Kinder Sport machen können, wo sie lernen können, kreativ sein dürfen durch Theater, Musik und Gedichte. Sie lernen, zu reden, ihre Stimme zu nutzen, sich zu unterhalten, zu debattieren. Sie lernen handwerk liche Fertigkeiten, bekommen gezeigt, wie man das Land bebauen kann. Es ist mehr als ein Jugendzentrum, man setzt sich miteinander auseinander, fragt sich: Warum bin ich da, was ist meine Verantwortung, und was muss ich tun, um ein Leben als Erwachsener erfolgreich zu bestreiten?
Also alles bestens? Wir hatten früher aber eine bessere Schulbildung. Wir wurden viel mehr gefordert, sollten ehrgeizig sein und auch streben. Heutzutage ist Streber unter jungen Leuten ein Schimpfwort. Doch das Leben ist eine Konkurrenzsituation. Die Kinder und Jugendlichen müssen das wissen. Aber ich habe das Gefühl, dass in den Schulsystemen vieles vernachlässigt wird, zum Beispiel Soft Skills, Werte, politisches Engagement, Sport, Kreativität. Vieles, was zu der Erziehung eines jungen Menschen gehört, wird einfach weggestrichen. MM |
OBAMA |
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M M | In Ihrer Doktorarbeit haben Sie die Auffassung von Arbeit in Deutschland und in Kenia verglichen – inwiefern unterscheidet die sich konkret? O B A M A | Ich habe mich vor allem für Arbeitsethik interessiert. Die ist hier in Deutschland natürlich sehr stark ausgeprägt. Die Leute definieren sich viel stärker über ihren Job. Wenn man keine Stelle hat, ist man nichts. Die Gesellschaft betrachtet einen als Versager. Man sucht und sucht eine Arbeit. Und das Selbstbewusstsein wird kleiner und kleiner. In Afrika definiert man sich nicht über die Arbeit, sondern über die Familie oder das Ansehen in der Gesellschaft. Das heißt, man kann arbeitslos sein und trotzdem stolz umherlaufen, ohne das Gefühl zu haben, man habe versagt. Man ist dann vielleicht statt dessen stolz auf seine Söhne oder seine Frau.
Klingt doch recht sympathisch, oder? O B A M A | Die Dissertation ist ja nun schon ein paar Jahre her, und damals habe ich das auch so gesehen: Oh, wir haben den menschlicheren Weg. Aber so entstehen Abhängigkeiten, und damit schließt sich auch der Kreis für meine eigene Arbeit. Weil das gar nicht als problematisch empfunden wird. Es kann zum Beispiel sein, dass ich arbeite, ein Kind habe und gutes Geld verdiene, aber meine Schwester, die fünf Kinder hat und arbeitslos ist, kann ohne Probleme von mir verlangen, das Schulgeld für ihre Kinder zu bezahlen. Und sie ist noch mal schwanger und kriegt ihr sechstes Kind. So wird der Stellenwert der Familie zum Nachteil, weil er benutzt wird, um andere auszubeuten. Mit den Jahren habe ich gemerkt, dass wir da nicht steckenbleiben dürfen. Wir brauchen mehr Verantwortungsgefühl und Pflichtgefühl. MM |
M M | Was würden Sie sagen, wenn Kinder, die in Ihrer Stiftung aufwachsen, nun nach Europa gehen wollen? Wären Sie enttäuscht? O B A M A | Ich würde sie jedenfalls nicht davon abhalten. Schließlich bin ich ja selbst nach Europa gegangen. Ich brauchte einen Ort, wo ich mich als Mensch entfalten konnte. Ich fühlte mich eingeschränkt und limitiert in dem, was ich machen konnte. Ich war ein Mädchen, eine Frau. Unsere Projekte sind auf dem Land. Also sagen unsere Kinder und Jugendlichen, dass sie in die Stadt gehen wollen. Wir können nicht mehr tun, als ihnen zu zeigen, was sie in der Stadt haben können und
was sie alles hinter sich lassen. Denn meistens landen sie in den Slums. Was sagen Sie dann konkret? Ich sage ihnen, geht, aber seid vorbereitet. Auf Englisch sagt man: Go equipped. Ich würde niemals nein sagen. Ich würde nur sagen, sei dafür bereit. Ihr könnt gehen, aber nicht flüchten. Dann landet ihr auf der Straße und habt nichts, und ihr könnt nicht zurück, weil ihr euch schämt, weil ihr sagen müsst: Ich war in Europa, und ich habe nichts aus meinem Leben gemacht. Doch die meisten flüchten. Und das darf man nicht. Es gibt hier einen Schatz an Möglichkeiten, man kann daraus so viel machen. Man muss nur einen Schritt nach dem anderen tun. Dann ist dieser Weg keine Flucht, sondern eine Alternative. MM |
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M M | Sie sind noch immer sehr häufig in Deutschland. Wie nehmen Sie die Stimmung im Land wahr? O B A M A | Problematisch, problematisch. Es ist menschlich kälter geworden. Aber ich glaube nicht, dass das die Mehrheit der Deutschen ist. Deutschland ist so divers inzwischen, so vielfältig, ein echter Melting Pot. Ein Deutscher ist nicht mehr nur blond und blauäugig. M M | Hinter dem Erstarken von rechts steckt auch eine Kritik an der Globalisierung. Isolationismus ist eine globale Entwicklung. O B A M A | Genau. Hier wird viel mit Emotionen und Angst gearbeitet. Die Menschen denken, die Leute, die in das Land kom-
GIPFELGESPRÄCH IM MÜNCHEN PALACE Komfortabel für die Redakteure: Das Interview absolviert Auma Obama selbstverständlich in fließendem Deutsch.
men, wollen ihnen etwas wegnehmen. Aber wenn man sich genauer informiert, erfährt man, dass die meisten Flüchtlinge auf ihrem Herkunftskontinent bleiben. Zum Beispiel in Kenia. Wir haben wesentlich mehr Flüchtlinge bei uns als in Deutschland. Allein im Flüchtlingslager Kakuma leben fast 200.000 Menschen. Seit drei Generationen. Teilweise werden sie integriert, und teilweise kapseln sie sich ab. Probleme und Ängste durch Migra tion hat man in Europa nicht exklusiv. Wie kommt man gegen die Angst an? Die Diskussion findet nicht auf einer sachlichen Ebene statt, es wird absichtlich mit sehr vielen Emotionen gearbeitet. Ich hielt neulich einen Vortrag über Diversität und die Bedeutung von Migration. Da habe ich gesagt, wenn man die Situation wirklich richtig anpacken will, sollte man sich einfach mal eine deutsche Straße mit deutschen Menschen vorstellen und sich denken, alles, was in diesem Bild fremd ist, sei nicht vorhanden. Dann würden alle nackt rumlaufen, und die Straßen wären grau. Es ist so simpel. Auch der, der für ein urdeutsches Land demonstriert und sagt, er will keine Ausländer, trägt Levi’s Jeans, und die Levi’s werden in Afrika hergestellt. Die Welt ist nicht mehr homogen. Sie war es auch n iemals. Nur kommen die Menschen heutzutage nicht mehr drumherum, diese ■ Tatsache zu akzeptieren. MM |
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» Wir müssen den afrikanischen Kontinent als Potenzial sehen und nicht als Problem. « AUMA OBAMA
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REICH DER SONNE VON MICHAEL MOORSTEDT
Geht es um die Energiewende, sprechen alle immer nur von der Stromerzeugung. Genauso wichtig aber ist, wie der Strom dorthin kommt, wo man ihn braucht. Ohne schlaue Netze, das Smart Grid, wird das Vor haben nicht gelingen. In einem kleinen Dor f hat die Zukunft schon begonnen
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ildpoldsried im Oberallgäu. Heimat von knapp 2.500 Menschen und noch mehr Kühen. Hier liegen saftige Weiden, die Heuernte wird gerade eingebracht. Nicht weit entfernt steht eine verwitterte Burgruine, und in der Ferne türmen sich schon die ersten Alpengipfel auf. Touristen verschlägt es jedoch nicht wegen der Idylle in die Provinz. „Jedes Jahr kommen über 100 Besuchergruppen aus der ganzen Welt zu uns, vor allem aus Afrika, Südamerika und Asien“, sagt Bürgermeister Arno Zengerle. „Die Menschen wollen sehen, was auf diesem Gebiet alles möglich ist.“ „Dieses Gebiet“, das bedeutet in Wildpoldsried Stromerzeugung. Der kleine Ort ist international bekannt als „Energiedorf “, produziert beinahe achtmal so viel erneuerbaren Strom, wie er selbst verbraucht, und heimst Nachhaltigkeitspreise in Serie ein. Man lebe vielleicht nicht im Silicon Valley, sagt man hier, aber immerhin im „Energy Valley“. Zengerle ist dafür verantwortlich, dass aus einem strukturschwachen Ort in Bayerisch-Schwaben, zwei Stunden Autofahrt von München entfernt, innerhalb von knapp 20 Jahren ein Energiewende-Vorzeigeprojekt wurde. Hier ragen nicht nur die Zwiebeltürm-
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chen der Kirchen in die Höhe – auf so gut wie jeder Scheune sind Solarzellen installiert, und auf einer Anhöhe, nicht weit vom Dorf entfernt, stehen elf mächtige Windräder, deren Flügel bei der schwachen Brise heute träge rotieren. Außerdem gibt es noch zwei kleine Wasserkraftwerke und vier Biogasanlagen. Alles gut also? Energiewende gemeistert? Nicht ganz. Denn was dem CO2 -Haushalt guttut, ist ein Alptraum für Netzbetreiber. Die Energie mag zwar sauber sein, sie ist aber auch abhängig von Sonne und Wind und deshalb unberechenbar. Die örtlichen Netze kommen wegen des vielen Öko-Stroms regelmäßig an ihre Grenzen, der Strom verpufft. Es braucht also nicht nur saubere Energie, sondern auch ein smartes Netz, das sogenannte Smart Grid. Der schlaue Strom wird von oberster Stelle gefordert. „Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir moderne und gut ausgebaute Netze“, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier, als er eine Woche lang den Zustand der Leitungen im Land begutachtete. „Die Stromnetze sind dabei das HerzKreislauf-System unserer Stromversorgung. Diese muss vom Windrad in der Nordsee bis zur Ladesäule in Bayern zuverlässig funktio-
SAUBERE SACHE Der kleine Ort Wildpoldsried erzeugt achtmal mehr Öko-Strom, wie er selbst verbraucht.
HANDARBEIT Gefertigt werden die Solarbatterien vor Ort. Mehr als eine Million Exemplare will man in den nächsten Jahren
nieren.“ Das ist leichter gesagt als getan. Vom Hochspannungsübertragungsnetz bis zur normalen Leitung, die in der Wohnung der Endverbraucher ankommt, laufen Stromkabel mit einer Länge von mehr als 1,8 Millionen Kilometern durch Deutschland. Diese gigantische Maschine fit für die Zukunft zu machen ist eine der wichtigsten Aufgaben, um die Energiewende zu meistern. Bis zum Jahr 2030 sind allein in Deutschland Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den Netzausbau vorgesehen. Auch in diesem Bereich ist das kleine Wildpoldsried Vorreiter. Hochschulen aus ganz Deutschland und Großkonzerne wie Siemens erproben hier neue Technologien. Das hiesige Energie-Start-up Sonnen produziert dagegen Eigenheim-Akkus, die überschüssigen Strom speichern und diesen in Zeiten von wenig Wind und Sonne, im Fachjargon Dunkelflaute genannt, wieder ins Netz abgeben. In der Branche ist die Firma Weltmarktführer. Giganten aus der alten Energiewelt wie Shell oder General Electric investieren Millionensummen, und von der Elite-Universität MIT wurde Sonnen zu einem der 50 innovativsten Unternehmen weltweit gekürt. Es ist ein strahlender Herbsttag. Auf den Dächern funkeln die Photovoltaik-Anlagen. Die hochmoderne Firmenzentrale von Sonnen fügt sich in die dörfliche Umgebung etwa so gut ein wie ein Ufo. Auf dem Gelände herrscht routinierte Betriebsamkeit, gerade wird wieder eine Containerladung Batterien rausgeschickt. In einem lichtdurchfluteten Konferenzraum sitzt Co-Geschäftsführer Jean-Baptiste Cornefert und erklärt das Konzept. „Die Zukunft der Energiewelt ist grün und dezentral.“ In der Gegenwart müssen sich Stromerzeuger und Netzbetreiber dagegen noch mit Phänomenen wie Lastverschiebungen und Angebotsspitzen auseinandersetzen. Zwar gibt es im Norden leistungsstarke Windparks, aber
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gleichzeitig auch wenig Energiebedarf. An Tagen mit starkem Wind kann die Leitung nicht die gesamte Energie aufnehmen. Der Netzbetreiber muss die Windräder abriegeln, und der saubere Strom aus dem Norden verpufft, während im Süden Großkraftwerke aufwendig hochgefahren werden, um die fehlende Leistung zu übernehmen. In Fachkreisen nennt man das Redispatch, und man sieht Cornefert schon beim Aussprechen des Wortes an, dass er das Prinzip für reichlich unelegant hält. Deutschlandweit verursachte die energiewirtschaftliche Holzhammermethode allein im letzten Jahr Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro. Das Unternehmen arbeitet deshalb an einer eigenen Gemeinschaft von MikroStromerzeugern, die mit ihrer selbst produzierten Energie handeln können. „Statt einen 800-Megawatt-Kohleblock je nach Bedarf teuer runter- und wieder hochzufahren, könnten in Zukunft Tausende Haushalte ihren überschüssigen Strom ins Netz einspeisen oder von dort aufnehmen“, sagt Cornefert. Prosumer nennt er die Sonnen-Kunden. Ein Schach-
telwort aus Produzent und Konsument. In einem Pilotprojekt mit dem Hochspannungsnetzbetreiber Tennet testet das Unternehmen schon heute, wie man die Versorgung auch bei schwankender Stromproduktion gewährleisten kann. Dank der eingesetzten Blockchain-Technologie lässt sich genau nachvollziehen, wer von wem wie viel Strom bezieht und wohin die eigene Energie geschickt wird. Was kann Deutschland, was kann die Welt lernen von den Wildpoldsriedern? Kann im Großen gelingen, was im Kleinen schon funktioniert? Jetzt geht es darum, das System zu vergrößern, so Cornefert. Allein in Deutschland sieht er in den nächsten Jahren Potenzial für 1,4 Millionen Batterien. In Südaustralien rüstet Sonnen dagegen schon heute 40.000 Haushalte mit intelligenten Stromspeichern für Energie aus Solaranlagen aus. Die Akkus werden dann zu einem virtuellen 150-Megawatt-Kraftwerk zusammengeschlossen. Im US-Bundesstaat Arizona hilft man gleich beim Neubau einer ganzen Stadt. Eine Gemeinde der Zukunft, in der alle Bewohner ihre Energie selbst erzeugen und speichern. ■
Fotos: Siemens AG, München/Berlin, Sonnen GmbH, Getty Images
verkaufen.
ADVERTORIAL
D I G I TA L E I N N O VAT I O N E N DER MESSE MÜNCHEN Die Messe München ent wickelt verschiedene digitale Lösungen für Unternehmen. Dank TrustedTargeting et wa f inden diese genau die richtigen Kunden, wie Chief Digital Of f icer Dr. Markus Dirr erklär t. Zum Angebot gehören auch „Vir tual Ser vices“ – für imposante Produktpräsentationen
M M | Herr Dr. Dirr, was sind die Kernherausforderungen für Wachstum im B2B-Geschäft? DR. MARKUS D I R R | Entscheidungsprozesse werden immer komplizierter und wirken von außen DR. MARKUS DIRR Chief Digital Officer (CDO) häufig intransparent. Die Kernfrage vor der Messe München allem im B2B-Bereich ist: Wie bleibe ich im Kopf des Kunden relevant? Was muss ich tun, damit er an mich denkt, wenn er vor der Anschaffung eines Produkts steht? Das eigene Leistungsportfolio und die eigene Marke müssen fest im Kundenkopf verankert sein. Eine bekannte Herausforderung. Neu sind unsere digitalen Antworten darauf. M M | Wie bleiben Sie beim Kunden in Erinnerung? Alle unsere Produkte haben das Ziel, die Sichtbarkeit unserer Kunden durch digitale Kommunikationskanäle zu steigern. Über TrustedTargeting lassen sich OnlineMarketing-Kampagnen starten, welche die Werbebotschaft unserer Kunden passgenau zu B2B-Interessenten bringen. Ein Beispiel: Warum etwa wirbt ein Hersteller von Fertigungsanlagen nicht auf Webseiten wie Zeit.de? Weil er viel zu hohe Streuverluste hätte. Doch nutzen auch Entscheider im Fertigungsbereich solche Webseiten. Mit TrustedTargeting bekommt nur dieser Entscheider auf Zeit.de die Werbebotschaft dargestellt.
Die Technologie ist etabliert, das Geschäftsmodell das der großen Digitalunternehmen. Der Unterschied liegt in der Datenbasis. Und hier haben wir einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil durch die im Rahmen unseres Messegeschäfts erhobenen Daten. Mitunter die besten Ergebnisse haben wir übrigens, wenn wir unsere (anonymisierten und datenschutzkonformen) Daten im Zusammenspiel mit Facebook nutzen. Hier übertrifft die Passgenauigkeit unserer B2B-Daten die Datenqualität von Facebook im entsprechenden Segment. TrustedTargeting ermöglicht die kosteneffiziente Nutzung der FacebookReichweite für das B2B-Marketing. Wobei die Nutzung von großen Datenmengen auch kritisch gesehen wird. Stichwort: Datenschutz … Bei der Erhebung der Daten halten wir uns an
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die Vorgaben des Datenschutzes, deshalb auch der Name: Trusted Targeting. Dieses Qualitätsmerkmal ist uns sehr wichtig. Das gibt uns einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Amerikanern, die es mit dem Datenschutz mitunter nicht so genau nehmen. M M | Was finden Sie persönlich spannend an TrustedTargeting? Ich finde es am spannendsten, dass wir beliebige Werbeflächen zu B2B-Werbeflächen veredeln. B2B-Entscheider sind heute oft sehr stark abgeschirmt, und man muss sich sehr aufwendig positionieren, um wahrgenommen zu werden. TrustedTargeting kürzt diesen Weg ab und geht direkt auf das Endgerät des B2B-Entscheiders. ■
Nähere Informationen zu TrustedTargeting: www.trustedtargeting.com
V IR T UAL SERVICES Die Messe München bietet ihren Kunden neuer-
Eine von der Wirklichkeit kaum zu unterschei
dings „Virtual Services“ und damit die Möglich-
dende Computersimulation macht’s möglich:
keit, ihre Produkte in 4.0 am Messestand auf neue
AR erweitert die Realität um digitale Wow-Effekte.
und beeindruckende Weise zu präsentieren: Dabei
VR erzeugt eine individuelle interaktive Welt.
werden die innovativen Technologien Augmen-
In jedem Fall: ein außergewöhnliches Produkt-
ted Reality (Erweiterte Realität, AR) und Virtual
erlebnis mithilfe von Tablet, Smartphone oder
Reality (Virtuelle Realität, VR) sowie 3D für eine
VR-/AR-Brille.
Live-Vorführung genutzt. Das ist von Vorteil, wenn Produkte noch nicht fertig produziert sind oder
Weitere Informationen zu „Virtual Services“:
eine besondere Dimension haben.
www.messe-muenchen-virtual.com/de
TÄUSCHEND ECHT Produktpräsentation ohne Produkt: Das Haus (l.) wird noch gebaut, der Bagger (r.) steht nicht
Sind dies nicht bereits existierende Technologien? Was ist das Besondere? Wir sehen uns nicht als Technologie-Innovator, sondern als B2B-Zielgruppeninnovator. MM |
vor Ort. Trotzdem können beide auf einem Tablet bis ins Detail betrachtet werden – die „Virtual Services“ der Messe München machen es möglich.
20 JAHRE MESSE MÜNCHEN IN RIEM
185 Gastveranstaltungen hatte die Messe München GmbH 2017. Hinzu kamen 36 eigene Veranstaltungen im In- und Ausland.
Was vor 20 Jahren begann, wurde 2018 vollendet – in kür zerer Zeit und zu geringeren Kosten als in den 90er Jahren geplant. Die „neue“ Messe München ist heute ein Global Player und in München-Riem zu Hause. Eine Erfolgsgeschichte
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Umsatz erwirtschaftete die Messe München 2017.
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Aussteller waren es 2017 – auch ohne Bauma.
Elektro-Ladestationen wurden aufgebaut, 25 weitere sind geplant.
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ICM
Das ICM bietet Platz für bis zu 6.000 Personen. Durch die Anbindung an die Hallen können Großkongresse mit rund 30.000 Besuchern ausgerichtet werden.
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0 0 5 . 2 Taxis fahren am Tag von der und zur Messe.
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Fast die Hälfe der Führungspositionen wird heute von Frauen besetzt.
Die Besucherzahlen schwanken je nach Messejahr, Tendenz steigend. Insgesamt kamen bereits rund 42 Mio. Besucher nach München, 2,0 Mio. pro Jahr im Schnitt.
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Mit den Hallen C5 und C6 wächst die Zahl auf 18. Insgesamt hat die Messe München nun 200.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche.
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Mitarbeiter der Messe München nutzen pro Jahr 1.120 Flüge, um internationale Standorte zu besuchen.
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Auf einer großen begrünten Dachfläche wächst Schnittlauch.
Zur Zeit der Messe Bauma wird neben allen Hallenflächen auch das gesamte Freigelände von 414.000 Quadratmetern genutzt. Die Bauma ist damit die größte Messe der Welt.
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21 Prozent des gesamten Geländes sind grün. Mit insgesamt 220.000 Quadratmetern Grünflächen hat die Messe München das grünste Messegelände der Welt.
2.500 Bäume
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70.000 Sträucher
Die Zahl der Mitarbeiter in der Messe München GmbH stieg 2017 auf 721. Unter ihnen: 40 Azubis und 29 Nationalitäten.
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Infografik: Till Nows/gutentag-hamburg.de
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Die Photovoltaik-Anlage auf den Dächern unterstützt die Stromversorgung auf dem Gelände. Die Nutzung von Sonnenenergie vermeidet jedes Jahr den Ausstoß von rund 1.600 Tonnen Kohlendioxid. Unsere neuen Hallen C5 und C6 sowie das neue Messe München Conference Center Nord werden ausschließlich über Fernwärme geheizt, die aus Geothermie gewonnen wird.
Der Effekt, den die Messe München auf die Region hat, ist enorm. Im Bauma-Jahr liegt die Umwegrentabilität sogar bei 3,6 Mrd. Euro.
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0 0 0 . 16 Die U-Bahn-Linie wurde eigens für den neuen Messestandort Riem gebaut. Heute sind zur Bauma pro Stunde 16.000 Sitzplätze belegt. MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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»ES IST BESONDERS, FÜR UNS ZU A R B E I T E N « VO N C H R I S T I A N FO C K E N U N D S T E FA N T I L L M A N N FOTOS: DIRK BRUNIECKI
Wa s z e i c h n e t d i e M e s s e M ü n c h e n a l s A r b e i t g e b e r a u s? »V i e l e s «, s a g t J e n n i f e r H a d e r, d i e n a c h e i n e r L a u f b a h n i m U n t e r n e h m e n mit nur 31 Jahren Personalchef in wurde
M M | Frau Hader, Sie sind vor 16 Jahren als Auszubildende bei der Messe München eingestiegen. Was hat sich seit damals geändert? J E N N I F E R H A D E R | Wahnsinnig viel! Wir sind unglaublich gewachsen, wir haben neue Hallen gebaut, innovative Messen entwickelt und haben international expandiert. Die Anzahl unserer Mitarbeiter ist von 573 auf 1.095 weltweit gestiegen. Aber die Messe München hat sich nicht nur quantitativ verändert. Es gab einen echten Kulturwandel.
Inwiefern? setzen stärker auf Mitarbeiterbeteiligung und forcieren den interkulturellen Austausch. Schließlich arbeiten über 300 Kollegen im Ausland, vor allem in China und Indien. Durch unser Employee Exchange Program unterstützen wir den Austausch. Darüber hinaus sind ganz neue Berufsbilder entstanden. Heute haben wir Digitalexperten an Bord, deren Jobs es vor 16 Jahren noch gar nicht gab.
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HADER | Wir
echtes Start-up-Feeling in einem etablierten, internationalen Unternehmen: Sie haben die Chance, Produktideen in hoher Eigenverantwortung auf der grünen Wiese zu realisieren, und h aben unglaubliche Gestaltungsspielräume in einem High-Speed-Wachstumsumfeld. M M | Bei so vielen Jobprofilen in verschiedensten Bereichen: Wie schaffen Sie da eine Corporate Identity? H A D E R | Es ist etwas Besonderes, für die Messe München zu arbeiten. Dieses Gefühl versuchen wir jedem zu geben. Wir sehen uns als starkes Team, das seine Ziele erreicht, wenn es gemeinsam an einem Strang zieht. Für den Spaß, den viele an der Arbeit haben, spricht auch die hohe Zustimmung bei der Mitarbeiterbefragung 2017. Danach identifizieren sich 85 Prozent der Kollegen stark mit der Messe München als Arbeitgeber. Aber natürlich reichen ein gutes Gefühl und Spaß am Ende nicht. Es geht auch um konkrete Benefits.
Zum Beispiel? Das fängt im Kleinen an, beim Bike-Leasing, beim Zuschuss für unsere Kantine oder beim Sommer- und Weihnachtsfest. Aber die Hard Facts müssen stimmen. Und die stimmen: Wir haben ein faires und transparentes Vergütungssystem, wurden in
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Experten, die überall gesucht werden. Warum sollten sie gerade zur Messe München kommen? H A D E R | Bei uns gibt es das „Beste aus beiden Welten“. Unsere derzeit 14 Mitarbeiter im noch jungen Digitalbereich erleben ein MM |
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GEHT VORAN Jennifer Hader sorgt als Personalchefin dafür, dass die Messe München als
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Arbeitgeber noch attraktiver wird.
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2015 mit dem „Deutschen Preis für Betriebliche Altersvorsorge“ ausgezeichnet. Auch in den Bereichen Weiterbildung und Gesundheit machen wir sehr viel. Für interne oder externe Seminare kann sich prinzipiell jeder anmelden. Und demnächst eröffnen wir sogar ein eigenes Gesundheitsstudio.
» Im ReverseMentoringProgramm sagt die Jugend, was Sache ist. «
M M | Alle reden von New Work, einem neuen Verhältnis von Arbeit zu Freizeit. Inwiefern werden Sie dem gerecht? H A D E R | New Work ist eines von vier strategischen HR-Kernzielen. Unter New Work verstehen wir zum einen die Gesundheit und das Wohlfühlen am Arbeitsplatz, aber auch Ansätze für agiles Arbeiten und flexible Arbeitszeitmodelle. Da passiert jede Menge. So schließen wir in Kürze eine Betriebsvereinbarung zu mobilem Arbeiten ab, um mehr Flexibilität zu ermöglichen. Unsere Büros werden moderner und offener gestaltet. Wir erproben intensiv, wie wir besser zusammenarbeiten und kommunizieren – und welche Tools uns dabei helfen. Und nicht zuletzt bieten wir auch einen Kinderbetreuungszuschuss, ein Eltern-Kind-Büro und bezahlen einen externen Familienservice, wenn Mitarbeiter diesen brauchen. M M | Was sind denn die drei anderen strategischen HR-Kernziele? H A D E R | People Development, Arbeit geberattraktivität und strategische Perso nalplanung. Beim letzten Punkt geht es zum Beispiel darum, dass wir unseren Personalbedarf in enger Abstimmung mit den Fachbereichen vorausschauend planen, um nicht kurzfristig in Aktionismus zu verfallen. Bei der Personalentwicklung setzen wir den Fokus unter anderem auf attraktive Entwicklungswege für Experten und Führungskräfte. Hier bietet etwa unser neues Konzept zur Potenzialträgerentwicklung neue Chancen. Darüber hinaus arbeiten wir kontinuierlich an unserem internen Trainingsprogramm und passen uns damit den aktuellen Herausforderungen f lexibel an. Und wir möchten deutschlandweit noch stärker als Top-Arbeitgeber wahrgenommen werden. Bewerber können sich seit Anfang 2018 auf unserer neuen Karrierewebsite informieren. Dort finden sie Statements von Mitarbeitern, die wir unverändert übernommen haben.
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Weil Sie glauben, dass Unternehmenswerte für Mitarbeiter wichtig sind? H A D E R | Ja, sie sind ihnen und uns wichtig. Und sie haben nachweislich einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Deshalb haben unsere Mitarbeiter unsere fünf Unternehmenswerte mitentwickelt: Vertrauen, Teamgeist, Einsatzfreude, Verantwortung und Innovationskraft. Diese Teilhabe ist uns sehr wichtig.
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J e n n i f e r H a d e r, 32 , b e g a n n 2 0 02 i h r e Au s b i l d u n g b e i d e r M e s s e M ü n c h e n u n d ke n n t d a m i t d a s U n t e r n e h m e n i n a l l s e i n e n Fa c e t t e n . N a c h z a h l r e i c h e n We i t e r b i l d u n g e n i s t s i e s e i t A n f a n g 2 018 E xe c u t i ve D i r e c t o r H u m a n Re so u r c e s u n d d a m i t ve r a n t wo r t l i c h f ü r d i e w e l t w e i t 1. 0 9 5 M i t a r b e i t e r d e r M e s s e M ü n c h e n .
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M M | Wo kommt die Teilhabe noch zum Tragen? H A D E R | Zum Beispiel bei den Führungsgrundsätzen. Auch sie wurden von den Kollegen mitentwickelt. Die Grundsätze greifen die Werte auf. Sie geben Orientierung, ermutigen zur Verantwortung, zur Veränderung, fördern Vielfalt und stärken die Achtung voreinander. Jeder Grundsatz hat einen Paten in der Geschäftsführung. M M | Werte und Führungsgrundsätze müssen aber auch gelebt werden ... H A D E R | Genau. Das bringt mich zum sechsten Führungsgrundsatz, der heißt: Position beziehen und Feedback geben. Auch dazu kamen aus der Belegschaft viele Ideen, wie wir die Führungsgrundsätze leben und kontrollieren können. Im Rahmen unserer HR-Tools werden wir künftig ein LeadershipFeedback einführen. M M | Ihre Digital Natives sagen Ihren Top-Führungskräften ja heute schon, was im Netz so passiert ... H A D E R | Ja, im Reverse-Mentoring-Programm sagt die Jugend, was Sache ist. Alle Geschäftsführer und Bereichsleiter haben einen jungen Mentor. Sie treffen sich regelmäßig und tauschen sich aus. Dann berichtet der Digital Native von neuen Trends im Netz, auf Social-Media-Kanälen und bei Apps. Meine Mentorin macht mich zum Beispiel auch auf skurrile HR-Formate aufmerksam. Und ich frage sie umgekehrt, was sie von unseren HR-Ideen hält. M M | Mit 32 Jahren sind Sie ja selbst fast noch ein Digital Native. Wie wurden Sie so jung Personalchefin? H A D E R | Mit Fleiß, Ehrgeiz und einer großen Leidenschaft für das Thema HR – all das war wichtig. Ich habe mein Studium und aufbauende Entwicklungsprogramme parallel zu einer 40-Stunden-Woche absolviert – da muss man dranbleiben. Die Messe München hat mich dabei immer gefördert. Und nicht nur mich: Bei der Messe München gibt es viele tolle Erfolgsgeschichten. M M | Und wie schaffen Sie persönlich den Ausgleich zwischen Job und Privatleben? H A D E R | Das fällt mir eigentlich leicht. Wenn ich abends auf meine Vespa steige, kann ich sehr gut abschalten. Und das Wochenende ist mir heilig. Es klingt vielleicht altmodisch, aber auch das ist ein Teil von New Work: auch mal nicht zu arbeiten. ■
DER LOGISTIGENT V O N P E T R A K R AT Z E R T | F O T O : D I R K B R U N I E C K I
Jährlich stellen mehr als 35.000 Unternehmen auf der Messe München aus, und über zwei Millionen Besucher strömen auf das Gelände. Da braucht es als Kopf im Messeser vice einen Logistik-Profi mit der Qualität eines Dirigenten: einen Logistigenten
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ir machen perfekte Messen“, sagt Rolf Tischer. „Das ist, was unsere Kunden erwarten.“ Tischer schaut konzentriert auf den Tisch und zeigt dann nahtlos ein gewinnendes Lächeln. Man nimmt ihm diesen hohen Anspruch ab. „Ich habe schon immer den Impuls, helfen zu wollen“, erklärt er seinen Antrieb für den Job. Messeservice – das sind die Mitarbeiter, die eine Messe praktisch möglich machen. Perfekt heißt da für Rolf Tischer: Alle Aussteller haben die technischen Stand-Anschlüsse, die sie brauchen. Die Gastronomie kann auf dem gesamten Gelände ohne große Wartezeiten liefern, was der Kunde will. Die Ticketbuchung und das Einlass-System funktionieren – neuerdings auch mit mobilem Ticketing. Die Telefon-Hotline hilft bei allen Informationslücken, die Messehostessen sind perfekt gebrieft und erteilen freundlich die gewünschte Auskunft. Und am wichtigsten: Es kommt nicht zum Verkehrskollaps – weder während einer Messe noch davor oder danach zu Auf- und Abbauzeiten. Tischer braucht gute Nerven. Und die hat er. Weil er weiß, wie er sie schonen kann. „Es gibt keinen Stress, solange du einen Plan hast“, sagt er. Der Plan basiert vor allem auch auf Kommunikation: „Wenn wir im Vorfeld mit unseren Kunden sprechen und sie gut beraten, dann haben wir während des Aufbaus weniger Probleme.“ 614.000 Quadratmeter Ausstellungs fläche zählt die künftige Bauma 2019. Sie ist
DIE ÄRMEL HOCHKREMPELN Messen wie die Bauma sind so komplex wie eine kleine Stadt. Rolf Tischer sorgt für einen perfekten Ablauf.
die größte Messe der Welt. Als die Messe München nach ihrer Eröffnung in Riem 1998 in der ersten Zeit noch keinen U-BahnAnschluss hatte, gab es Schlagzeilen wie „Bauma = Stauma“. Seitdem hat sich viel verändert, vor allem dank des Verkehrs- und Sicherheitskonzeptes, das das Team von Rolf Tischer mit den Behörden erarbeitet hat. Der Lkw-Verkehr ist immer eine große Herausforderung. „Unsere Ladehöfe waren zeitweise überfüllt, und es bildeten sich auf den Straßen lange Schlangen“, erinnert sich Tischer. Manch ein Fahrer musste eine extra Nacht vor den Toren der Messe München verbringen. Für die Bauma 2019 entwickelte Tischer mit erfahrenen Spediteuren eine ausgefeilte Just-in-time-Lieferung. So regelt Auf- und Abbau ein webbasiertes LogistikLeitsystem mit Zeitfenstermanagement. Das heißt: termingenaue Planung des Lieferverkehrs im Vorfeld und nach der Messe. Jeder mit einem Fahrzeug über 7,5 Tonnen, der auf das Gelände will, muss sich anmelden und
bekommt ein Zeitfenster genannt, das in Echtzeit auch angepasst werden kann. „Davon profitieren die Aussteller, sie können ganz genau planen, ebenso wie die externen Speditionen, denen wir Auskunft geben können, wo sich ihr Fahrzeug aktuell befindet, und die Nachbarschaft, die nicht mehr unter den durch den Auf- und Abbauverkehr blockierten Straßen leidet“, so Tischer. Es ist kein Alltagsjob, den Rolf Tischer hat, es ist eine dynamische Aufgabe für einen Gestalter. Die größte Herausforderung ist die Bauma: „Wir bauen hier alle drei Jahre eine kleine Stadt“. Sagt es – und strahlt über das ganze Gesicht. ■
MESSE- URGESTEIN S e i t 2 0 17 l e i t e t R o l f T i s c h e r d e n Zentralbereich Messeser vice, seit 27 Jahren arbeitet er bei der Messe München.
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AUF DER WELLE DES WACHSTUMS SCHWIMMEN VON VICKI SUSSENS FOTO: BAK ASPICTURES
2018 war ein Spit zenjahr für die Messe Muenchen Shanghai. Die Besucherzahlen steigen in allen wichtigen Branchen. D e r C E O E d w i n Ta n s p r i c h t d a r ü b e r, w a s d i e s c h n e l l l e b i g e chinesische Eventbranche so spannend macht
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hina gehört zu den am schnellsten wachsenden Märkten der Welt mit einem großen Bedarf an Spitzentechnologie, und Edwin Tan ist genau der richtige Mann für diesen Markt. Im März 2017 hat er als CEO bei der Messe Muenchen Shanghai angefan gen. „Um die Volksrepublik China kommt aufgrund ihres riesigen Verbrauchermarkts kein weltweit tätiges Unternehmen herum“, sagt er. Tan hat viele Jahre damit verbracht, internationale Strategien in der chinesischen Eventbranche umzusetzen. Seitdem ist die chinesische Messe zu dem herangereift, was er die „wahre Definition einer Messe“ nennt: eine Handelsplattform. „Früher haben westliche Firmen nur an chinesischen Messen teilgenommen, um zu verkaufen. Heute wollen sie auch kaufen.“ Eine weitere Veränderung bestehe darin, dass ausländische Aussteller ihre Vertriebsnetze weiterent wickeln, um Zugang zu weniger bedeutenden Teilen Chinas zu erhalten. Tan erwartet einen großen Wandel: „Gegenwärtig stellen die Messen in China eine Erweiterung der Messe München dar. Aber China überholt in vielen Bereichen gerade andere Länder, sodass wir in naher Zukunft mit ,Mutter‘-Ausstellungen in China rechnen können.“
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Unterdessen vergrößert sich durch die Präsenz der Messe München in China die Fläche in der bayerischen Landeshaupt stadt aufgrund der wachsenden chinesischen Beteiligung. „Noch wichtiger ist, dass wir dafür gesorgt haben, dass wichtige Käufer gruppen nach München reisen. Zudem haben chinesische Regierungsvertreter über unsere Geschäftsstelle in Shanghai mehrere Reisen zur Förderung des Handels unternommen.“
A
ll dies macht die chinesische Event branche sehr spannend für Tan, der beim Vorantreiben neuer Initiativen aufblüht. Nun treibt er eine ehrgeizige Wachstumsstrategie für die Messe München in China voran. Das ist nur logisch: Die Volksrepublik ist die größte Geschäftsregion der Messe München. Sie ist außerdem das einzige Land, in dem die Messe München – gemeinsam mit drei Partnern – ein weiteres Messegelände betreibt: das Shanghai New International Expo Centre (SNIEC). Es ist das erfolgreichste Messegelände der Welt. Der Gang nach China vor mehr als 15 Jahren war ein wesentlicher Bestandteil der Internationalisierungsstrategie des Münchner Unternehmens und zahlt sich aus. „Mit den staatlichen Initiativen zur Ankurbelung der
Wirtschaft werden Ausstellungen als Plattform für Ideenaustausch, Handel, Beschaffung und Partnerschaften auch weiterhin erfolgreich sein.“ „Made in China 2025“ verwandelt das Reich der Mitte schon jetzt in eine Produk tionsmacht, „Internet Plus“ zielt darauf ab, die sich verlangsamende Konjunktur durch Digitalisierung wieder zu stimulieren, und die Billionen Dollar teure „Neue Seidenstraße“ belebt die Handelsrouten von China nach Europa neu und versetzt die Logistikbranche in Euphorie. „Diese Maßnahmen, in Verbindung mit einer stabilen chinesischen Währung, dem Schutz der geistigen Eigentumsrechte und
E R FO LG R E I C H E R A B L E G E R
D E R WAC H S T U M S E X P E R T E
M e s se M u e n c h e n Sh a n g h a i i s t d i e g r ö ß t e
E d w i n Ta n w e c h s e l t e i m M ä r z 2 0 17 a l s
To c h t e r g e s e l l s c h a f t d e r M e s s e M ü n c h e n
CEO zur Messe München. Zuletzt war er
und der einzige Standor t, an dem sie –
a l s P r ä s i d e n t vo n W a n d a S t u d i o s t ä t i g ,
gemeinsam mit zwei deutschen Messege-
e i n e r To c h t e r g e s e l l s c h a f t d e r W a n d a -
sellschaf ten und der Shanghai Lujiazui
Gruppe, die zu den größten Immobilien-
Exhibition Development Company – ein
unternehmen Chinas zählt . Unter seiner
weiteres Ausstellungsgelände betreibt:
Fü h r u n g e r z i e l t e d e r i n t e r n a t i o n a l e
das Shanghai New International Expo
Messeveranstalter Reed Exhibitions
C e n t r e (S N I E C) .
Greater China Rekordumsät ze.
einem starken Rechtsrahmen, fördern den Handel und verleihen unseren Messen mehr Zugkraft“, berichtet Tan. Tatsächlich erweist sich 2018 als Spitzen jahr für die Messe Muenchen Shanghai, denn in allen wichtigen Bereichen boomt die Indus trie. So haben etwa strengere Umweltrichtli nien einen enormen Bedarf an hochwertigen Umwelttechnologien und -lösungen generiert. Dies resultiert in den Spitzenzahlen der von der Messe München veranstalteten IE expo China 2018, die einen Anstieg um 21 Prozent bei den Besuchern und um 28 Prozent bei der Ausstel lungsfläche verzeichnete und rekordverdächtige 400 Begleitveranstaltungen umfasste. Auch die Laserindustrie gedeiht dank des Fokus von „Made in China“ auf die intelli gente Fertigung. Dies hat zu einer steigenden Nachfrage nach optischer und photonischer Technologie geführt, was sich in dem Rekord von 55.872 Besuchern der Laser World of Photonics China 2018 widerspiegelt. Um auf der Welle des Booms mitzu schwimmen, ist die Messe München laut Tan dank ihrer fundierten Branchenkenntnisse in einigen der dynamischsten Märkte – Automa tisierungstechnik, Elektronik, Gebäudebau, Sport, Umwelt, Baustoffe und Transportlogis tik – gut aufgestellt. „Das bedeutet, dass wir die neuesten Trends kennen und vorhersagen können, in welche Richtung sich chinesische Unternehmen entwickeln“, sagt Tan. Derzeit belegt die Messe München in China, bezogen auf die jährliche Quadratme terzahl, Platz sieben, innerhalb der nächsten zehn Jahre will Tan die Top Fünf erreichen. Das Wachstum soll durch die Ausweitung der Aktivitäten auf verschiedene Teile Chinas und Asiens erzielt werden. Gleichzeitig werden weitere Konferenzen und Messen hinzukom men. Neu eingeführt werden etwa LEAP, eine umfassende Messe zu den Themen Elektro nikfertigung und automatisierte Fabrik im Oktober 2018 in Shenzhen, Labtechnica, eine Labortechnikmesse in Shanghai im November 2019, und Machine Vision – neue Veranstal tungen im Jahr 2019 in Peking und Shenzhen. In der Zwischenzeit treibt Tan die Digi talisierung voran: „Im letzten Jahr haben wir eine Software eingeführt, um den Vertrieb zu verbessern. Außerdem sind wir zurzeit dabei, Software zur Optimierung des Besucherma nagements fertigzustellen.“ Auf die Frage, worauf gerade sein Hauptaugenmerk liegt, ant wortet er mit einem leisen, zufriedenen Lachen: „Auf allem, was ich gerade genannt habe!“ ■
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MACHER
MESSE HIGHLIGHTS ERNSTE TÖNE
COMMAND CONTROL
Larry Clinton, Präsident
Ende September fand die Premiere für ein neues
des Branchenverban-
Messeformat in München statt, und die dreitägige
des Internet Security
C y b e r s e c u r i t y - Ve r a n s t a l t u n g C o m m a n d C o n t r o l
Alliance (links), und der
w a r e i n vo l l e r E r f o l g . D i e k n a p p 8 0 0 h o c h r a n g i g e n
Computerviren-Experte
Te i l n e h m e r w a r e n s i c h n i c h t n u r f a c h l i c h e i n i g ,
Eugene Kaspersky
n ä m l i c h d a r i n , d a s s I T- S i c h e r h e i t e n d l i c h C h e f s a c h e
(oben) warnen davor,
werden müsse, sondern auch bei ihrer Bewer tung
IT-Sicherheit zu vernach-
d e r Ve r a n s t a l t u n g s e l b s t : 8 7 P r o z e n t d e r B e s u c h e r
lässigen. Viele Firmen
bewer teten die Command Control als ausgezeichnet,
wüssten noch immer
sehr gut oder gut . Eine zweite Auflage ist bereits für
nicht, was sie tun sollen,
das Jahr 2020 geplant.
so Kaspersky.
BITS & PRETZELS Fü n f J a h r e n a c h d e m e r s t e n E v e n t z ä h l t d i e B i t s & P r e t z e l s zu einer festen Größe unter den Digital Conventions, auf denen Gründer ihre Ideen präsentieren. Seit diesem Jahr ist die M esse München mit einem Anteil von zehn Prozent an der Bits & Pret zels beteiligt . Das Unternehmen förder t S t a r t - u p s s e i t j e h e r. D i e n e u e P a r t n e r s c h a f t u n t e r s t r e i c h t dieses Engagement und wer tet München als Hub für die internationale Gründungsszene auf.
KLISCHEE UND WIRKLICHKEIT Die Gründer von Bits & Pretzels halten sich an den alten Lehrsatz von Laptop und Lederhosen. Messe München-CEO Klaus Dittrich (l.) verkündet den Deal stilgerecht.
NATÜRLICH NETZWERKEN 40 Frauen in Führungspositionen erlebten im Juli einen inspirierenden Ausflug ins Chiemgau.
F R AU E N V E R B I N D E N D i e M a c h e r i n n e n d e r I n i t i a t i v e Fr a u e n v e r b i n d e n d e r M e s s e M ü n c h e n z e i g t e n a u f i h r e m s o m m e r l i c h e n S u m m i t Ta l k , w i e m a n d a s A n g e n e h m e m i t d e m N ü t z l i c h e n v e r k n ü p f t . B e i d e r Ve r a n staltung am Samerberg unterhielten sich die Entscheiderinnen u n t e r a n d e r e m ü b e r T h e m e n w i e D i v e r s i t y, N e w W o r k , R e v e r s e M e n t o r i n g , S o c i a l M e d i a , N e t w o r k i n g s o w i e d i e Ve r e i n b a r k e i t vo n Fa m i l i e u n d B e r u f . N a c h v i e l e n e r n s t e n G e s p r ä c h e n u n d e i ner straf fen Wanderung war es Zeit , bei einer Einführung in die W i l d k r ä u t e r k u n d e u n d vo r a l l e m b e i e i n e r h e r r l i c h h e r z h a f t e n Brotzeitplatte auf der Käser Alm zu entspannen.
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EXPO REAL M eh r a l s 2 .0 0 0 Au s st e ll e r, ü b e r 4 0.0 0 0 B e su c h e r – Eu ro p a s g rö ßt e M e s se f ü r I m m o b ili e n un d I nve st i t i o n e n f a n d i m O k to b e r in M ün c h e n m i t e in e r n eu e n Re ko rd b et e ili g un g st a t t . D i e u r b a n e En t w i c klun g wa r e in z e n t r a l e s Th e m a , vo r a ll e m sp i e l t e b e z a hl b a r e s Wo hn e n e in e g ro ß e Ro ll e un d d i e Fr ag e, w i e St ä d t e t rot z Verd i c h t un g l e b e n swe r t b l e i b e n kö nn e n . E b e n f a ll s i m Fo ku s: d e r d i g i t a l e Au f b r u c h d e r I m m o b ili e nw i r t sc h a f t . I m Re a l E st a t e I nn ova t i o n Fo r u m ve r n et z t e n si c h St a r t- up s un d et a b li e r t e Un t e r n eh m e n , u m d i e d i g i t a l e Tr a n s fo r m a t i o n in d e r B r a n c h e vo r a n z u t r e i b e n .
AUFMERKSAM ZUGEHÖRT Im Real Estate Innovation Forum zeigte Chris Boos auf, wie KI kreative Freiräume für den Menschen schafft.
ELECTRONICA S m a r t e H ä u s e r, d i g i t a l e M e d i z i n , v e r n e t z t e A u t o s – k e i n A s p e k t d e s m o d e r n e n L e b e n s ko m m t n o c h o h n e E l e k t r o n i k u n d Schaltkreise aus. Auf der Weltleitmesse Electronica traf sich d i e B r a n c h e i m N o v e m b e r v i e r Ta g e l a n g , u m z u b e s p r e c h e n , in welche Richtung die Entwicklung geht.
MIA SAN DIGITAL ISPO DIGITIZE
Auch absolute
A u c h vo r d e r S p o r t w e l t m a c h t d i e D i g i t a -
Spitzensportler wie
lisierung nicht halt. Das Hauptthema der
die Fußballer des
Ve r a n s t a l t u n g i s t d i e D i g i t a l i s i e r u n g i n
FC Bayern München
der Spor tar tikelindustrie und im Spor t-
werden permanent
fachhandel.
vermessen, um ihre beste Leistung
VORDENKER Jeremy Rifkin, einer der großen Intellektuellen der USA, sprach
abrufen zu können.
in der Eröffnungsrede der Electronica über die Zukunft der Weltwirtschaft.
KRACHEN LASSEN Hart arbeiten, härter feiern:
2 5 JA H R E M O C
Bei der Party für eine 25-jährige
Wo f r üh e r m a l e in Ba hn - B et r i e b s g e l ä n d e
Erfolgsgeschichte darf man
stand, finden seit 25 Jahren jährlich
auch schon mal ein bisschen
r u n d 12 0 Ve r a n s t a l t u n g e n a u f 3 0 . 0 0 0
albern werden.
Q u a d r a t m e t e r n Fl ä c h e s t a t t . Z u m J u b i l ä u m d e s Ve r a n s t a l t u n g s - u n d O r d e rcenters MOC gratulier ten unter anderem M e s s e - V i z e c h e f R e i n h a r d P f e i f f e r (l i n k s) u n d d e r Ko l l e g e M a r k u s G e i s e n b e r g e r, Geschäf tsführer der Messe Leipzig.
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MACHER
ROBOTER
HALLENERÖFFNUNG
MENSCH ODER MASCHINE?
V O N R I E M A N D I E W E LT S P I T Z E : DIE MESSE MÜNCHEN IST VOLLENDET
W
A
ie denken Menschen über denkende Roboter? Wie ähnlich dürfen sie dem Menschen werden? Dem ist eine weltweite Studie in Europa, Asien und den USA im Auftrag der Weltleitmesse Electronica nachgegangen. Die Ergebnisse: 81 Prozent der Verbraucher wünschen sich, dass „elektronische Geräte der Zukunft“ das Leben vereinfachen. Zunehmend wird allerdings auch kritisch diskutiert, was künstliche Intelligenz und Robotik zukünftig dürfen und was nicht. 71 Prozent sind der Meinung, dass elektronische Geräte dem Menschen nur assistieren sollen und auf keinen Fall sein Denken ersetzen dürfen. Der Roboter mit künstlicher Intelligenz solle nicht „menschenähnlich“ werden und müsse eindeutig als eine Maschine erkennbar bleiben. Dagegen bewerten 72 Prozent der Befragten positiv, dass Roboter künstliche Intelligenz einsetzen, um selbstständig zu lernen und auf Situationen zu reagieren. Ebenso viele wünschen sich vom Roboter Entscheidungshilfen. Dagegen ist die Meinung geteilt, ob er in der Lage sein soll, menschliche Gefühle zu erkennen und darauf zu reagieren: In Europa ist rund jeder Zweite dafür – in China aber 85 Prozent.
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ls vor 20 Jahren die Messe München von der Theresienhöhe in der Innenstadt auf das neue Messegelände in Riem zog, da wurde erst ein Teil des großen Gesamtplans realisiert: 1998 waren es zum Neubeginn zwölf Hallen mit zusammen 140.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Dazu das ICM – Internationales Congress Center München – das erste seiner Art in München. Es zieht heute Kongresse mit bis zu 30.000 Teilnehmern an. Geplant waren von Anfang an insgesamt 18 Hallen. Nacheinander wurden dann die sechs weiteren gebaut. Der Bau der ersten beiden Hallen wurde unmittelbar nach der Eröffnung begonnen. Zur Fußball-WM in Deutschland 2006 wurden die beiden nächsten fertig. Sie hatten das Medienzentrum der Fußball-WM beherbergt. Jetzt feiern wir im Dezember, 20 Jahre nach dem Umzug, die Eröffnung der beiden letzten Hallen und damit die Vollendung der Neuen Messe München (siehe auch Seiten 30 und 31). Die Messe München hat alle sechs Hallen vollständig aus eigener Kraft finanziert, ohne Zuschüsse ihrer Gesellschafter. Zum Neubau gehört das Conference Center Nord – eine ideale Ergänzung des großen ICM. Hier finden kleinere Kongresse und Konferenzen statt. Damit verfügt die Messe über 18 Hallen mit 200.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und 414.000 Quadratmetern Freifl äche. Hier ist mit der Weltleitmesse Bauma die größte Messe der Welt möglich. Mit dem neuen Messegelände in Riem begann der Aufstieg zu einer der bedeutendsten Messegesellschaften der Welt. Auch 20 Jahre nach der Eröffnung besitzt die Messe München immer noch eines der effektivsten und modernsten Messegelände überhaupt. Es wird von Ausstellern und Besuchern hochgeschätzt, und die Stadt wird darum vielfach beneidet. Auch weil es am Stadtrand über eine ideale Verkehrsanbindung mit zwei eigenen U-Bahnhöfen, einer Autobahn und der Anbindung an einen internationalen Großflugh afen verfügt. Die Messe München ist seitdem ein viel gefragter Berater für den Bau neuer Messegelände – ob in Indien oder in der Türkei. Und München war das Vorbild für das zur Jahrtausendwende in China eröffnete Shanghai New International Expo Centre (SNIEC), das heute das am besten ausgelastete Messegelände der Welt ist.
Foto: Getty Images (1)
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D I G I TA L E A B FA L LW I R T S C H A F T
OUTDOOR
REVERSE MENTORING
WASTE AND THE CITY
VON MARKEN UND PRODUKTEN
CHEFS WERDEN SCHÜLER
Ü
N
L
berquellende Mülltonnen am Straßenrand? Könnten bald der Vergangenheit angehören. Denn eine intelligente Abfallwirtschaft ist in der Smart City der Zukunft enorm wichtig. Auch darum geht es bei der Umwelttechnologiemesse Ifat, die sich mit neuen Technologien zur Abfallbeseitigung, -aufbereitung und -wiederverwertung beschäftigt. So können etwa Sensoren den Füllstand von Abfalltonnen übermitteln, was Müllmännern unnötige Fahrten erspart. Firmen könnten die Müllabfuhr per App bestellen, dieser On-Demand-Service ist günstiger und effizienter als die bisherige Praxis. Die Stadt von morgen wird auch in der Lage sein, Müll komplett verschwinden zu lassen. Zumindest von der Oberfläche: Die Müllentsorgung wird dabei durch Unterflursysteme unter die Erde verlegt. Das spart wertvollen Platz, der in den rasant wachsenden Städten knapper und teurer wird. Ein futuristischer Stadtteil wird im kanadischen Toronto geplant: Bei dem Pilotprojekt sollen sich Müllroboter unterirdisch um die Abfallentsorgung kümmern. Allerdings: Ob sich das wirtschaftlich rechnet, ist noch unklar.
ach 25 Jahren ist sie wieder in München angekommen und gibt sich gleich einen zugkräftigen Namen: OutDoor by Ispo. Das ist die Liaison von zwei starken Marken. Rund 900 Aussteller werden zur Premiere vom 30. Juni bis 3. Juli 2019 bei der Messe München erwartet. Sie werden bis zu neun Hallen füllen – das sind bis zu 90.000 Quadratmeter. Die OutDoor by Ispo wird eine eigenständige Messe neben der Ispo Munich. Es ist der Wunsch der Branche und der European Outdoor Group, den Outdoor-Kern zu bewahren und zu stärken. Daher kommen auch die Bereiche Running, Wassersport, Urban Outdoor und Bike dazu. Die neue Messe wird auch digitaler: Die Messe München besitzt den erfolgreichen digitalen Kanal ispo.com, eine internationale News-Plattform für die Branche. Die erste OutDoor by Ispo wird einen Bereich „Core Outdoor“ haben: Bergsport, Wandern, Trekking, Bouldern, Camping oder Reisen. Dann gibt es „OutDoor+“ mit Tourismus, Urban Outdoor, Mountainbike, Surfen oder SUP bis hin zu Yoga und Ernährung. Die „X-Industry“ wendet sich an Technologie- und Logistikunternehmen.
ernen von den Jungen – diese Idee steckt hinter „Reverse Mentoring“, dem neuen Mentorenprogramm der Messe München. Dabei sind es die jungen Mitarbeiter, die erfahrene Manager in Sachen Digitalisierung coachen. Was ungewöhnlich ist, denn sonst verläuft der Lernprozess in der Arbeitswelt meist in umgekehrter Richtung. Doch wenn es um das Internet, soziale Netzwerke oder Apps geht, haben die Jungen die Nase vorn. Daher der Name: Reverse Mentoring. Von diesem Vorsprung des Nachwuchses will die Geschäftsführung der Messe München profitieren: Es reicht nicht, über Digitalisierung und soziale Medien nur zu reden, dies muss auch im Berufsalltag gelebt werden. Das gilt gleichermaßen für den CEO. Der Messechef ist eine von 20 Führungskräften, die mit jeweils einem jungen Mitarbeiter ein Team bilden. Und bei dieser Zusammenarbeit lernen, wie sie die Möglichkeiten der digitalen Welt optimal nutzen können. Im Gegenzug geben die Manager der Messe den jungen Mitarbeitern wertvolle Karrieretipps. Eine klassische Win-win-Situation also. Und so sorgt das Reverse-Mentoring-Programm für Aufmerksamkeit weit über die Messe hinaus.
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DIE BAUMA W E LT W E I T Die Messe München gehört mit über 50 eigenen Fachmessen zu den weltweit führenden Messeveranstaltern. Darunter sind zehn Weltleitmessen – die Nummer Eins in ihren Branchen. Die Sc hwer punk te sind Veranst altungen f ü r I nv e s t i t i o n s g ü t e r, Ko n s u m g ü t e r u n d N e u e Te c h n o l o g i e n . Z u s a m m e n m i t i h r e n To c h t e r g e s e l l s c h a f t e n o r g a n i s i e r t s i e Fachmessen in China, Indien, Brasilien, Russland, der Türkei, Südafrika, Nigeria, Vietnam und im Iran. Viele Fachmessen sind mehr als 50 Jahre auf dem Markt. Ein Zeichen, wie stark sie und die Messe München sind.
Mit seinen Leitmessen geht das Unternehmen auf die wichtigsten Wachstumsmärkte der Welt und gründet dort Spin-off s. Das stärkt umgekehrt auch die Veranstaltung am Heimatstandort. Diese weltweite Messefamilie wird in Clustern zusammengefasst: die Baumaschinenmessen, die Elektronikmessen, die Sport artikelmessen, die Umwelttechnologiemessen, die Transport-Logistik-Veranstaltungen oder die Messen aus dem Bereich der Getränketechnologie. Beispiel Bauma: Die „Muttermesse“ in München ist mit 614.000 Quadratmetern die größte Messe der Welt. Sie wird im Drei-Jahres-Rhythmus veranstaltet. Die nächste fi ndet vom 8. bis 14. April 2019 statt. Die Bauma China gibt es seit 2002. Sie hat sich in Shanghai nach nur zehn Jahren zur zweitgrößten Veranstaltung in unserem Portfolio entwickelt. 2011 folgte die Bauma India (erst in Mumbai, jetzt in Delhi), 2013 die Bauma Conexpo Africa in Johannesburg. Mit der Bauma CTT Russia kaufte die Messe München Ende 2015 die größte Baumaschinenmesse in Russland und Osteuropa. Und 2017 kam die M&T Expo in São Paulo dazu: Im Rahmen einer langfristig angelegten Kooperation mit dem brasilianischen Verband für Bau- und BergbauTechnologie, Sobratema, wurde das Unternehmen Partner der zweitgrößten Messe in Südamerika und gründete dazu eine eigene Tochterfi rma.
bauma 8.–14. April 2019 Das Original. Die größte Messe der Welt, Innovationstreiber und Erfolgsmotor zugleich.
Partner von M&T Expo 2021 Die Baumaschinenmesse fand 2018 erstmals unter Regie der Messe München statt.
São Paulo
D i e Te r m i n e a l l e r w e i t e r e n M e s s e n finden Sie im Beileger
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bauma CTT RUSSIA 4.–7. Juni 2019 Die bauma CTT Russia blickt auf eine 20-jährige Geschichte zurück. Sie ist die größte Baumaschinenmesse in Russland und Osteuropa. 2015 hat die Messe München sie gekauft.
Moskau bauma CHINA 2020
München
Der chinesische Ableger in Shanghai ist die größte deutsche Auslandsmesse. Sie war 2002 der erste Spin-Off
Delhi
der Bauma. Die Teilnehmer kommen aus 149 Ländern.
Shanghai
bauma CONEXPO INDIA 2020 Im Vergleich zur letzten Veranstaltung stieg die gebuchte Fläche in Delhi um 30 Prozent.
Johannesburg
Foto: Getty Images
bauma CONEXPO AFRICA 2021 Seit 2013 ist die Messe die größte Baumaschinenmesse auf dem afrikanischen Kontinent. Seit 2015 findet sie alle drei Jahre statt. MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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MUSEMENT
TIME-OUT D i e M e s s e M ü n c h e n i s t i n d e r g a n z e n W e l t z u H a u s e . H i e r g e b e n M i t a r b e i t e r a u s a l l e n Te i l e n der Erde ihre persönlichen Tipps, was man einmal erlebt haben muss.
MÜ N C HEN ENTDECKEN M IT SONJA BONIFER 1
Sonja Bonifer Leitung Stabsabteilung Auslandsmanagement und M&A, München
2
3
S e i t S e p t e mb e r 2 0 18 l e i t e t S o n j a B o n i f e r d i e Stabsabteilung Auslandsmana gement und M&A bei der Messe München.
1 | Geheimtipp
Seit 1850 thront die Bavaria über der Theresienwiese. Über 60 Stufen gelangt man in den Kopf der Patronin des Freistaats und genießt einen beeindruckenden Ausblick.
2 | M e i n L i e b l i n g s produkt
Steckerlfisch ist eine Spezialität aus dem Alpenvorland. Forellen, Renken oder Saiblinge werden auf Holzstöcke gespießt und über glühender Holzkohle gegrillt . E i n B l i c k i n d e n H i m m e l , u n d m a n f r a g t s i c h , wo d a s Fl u g z e u g ü b e r e i n e m wo h l h i n f l i e g t . D i e A p p „f l i g h tr a d a r 2 4“ ve r r ä t e s a n h a n d vo n Ec h t z e i t-Tr a c k i n g .
1 | B A V A R I A Theresienhöhe 16 | 80339 München | Deutschland 2 | S T E C K E R L F I S C H Gutshof Menterschwaige | Menterschwaigstraße 4 | 81545 München | Deutschand | www.menterschwaige.de 3 | APP „FLIGHTR ADAR24“
MESSE MÜNCHEN MAGAZIN
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Fotos: Getty Images (2), privat
3 | M e i n e A p p Empfehlung
WIR KÖNNTEN UNS INZWISCHEN AUCH MESSE MÜNCHEN SHANGHAI SÃO PAULO MUMBAI JOHANNESBURG ISTANBUL MOSKAU HONGKONG SINGAPUR TOKIO AUCKLAND SKOPJE SARAJEVO BELGRAD BUENOS AIRES DUBAI MINSK WARSCHAU BOGOTÀ TIRANA ALGIER MAILAND TUNIS RAMBOUILLET STANMORE MISSISAUGA TEL AVIV LONDON LA PAZ SOFIA ATHEN SANTIAGO DE CHILE KIEW BAKU AMMAN TALINN HELSINKI TEHERAN ACCRA HANOI HAARLEM ZAGREB RIGA BEIRUT SEOUL BARCELONA VILNIUS LAGOS MAKATI CITY CASABLANCA KUALA LUMPUR BUKAREST ROSBACH TAIPEH MEXICO STADT KAIRO ULAN BATOR WINTERTHUR KARACHI LIMA JAKARTA STOCKHOLM BRNO LJUBLJANA BEIJING BANGKOK CARACAS BUDAPEST NEW YORK RIAD BIRKERØD PORTO WIEN NENNEN. Wie Sie von unserem weltweiten Wachstum profitieren können, erfahren Sie unter: messe-muenchen.de
Connecting Global Competence
MUSEMENT
MOSKAU ENTDECKEN MIT SERGEY ALEXANDROV 1
Sergey Alexandrov Geschäftsführer Messe Muenchen Rus, Moskau
2
3
Sergey A lexandrov leitet als neuer Geschäftsführer das russische To c h t e r u n t e r nehmen Messe Muenchen Rus.
1 | Geheimtipp
N u r e i n e n S t e i nw u r f vo n K r e m l u n d Ro t e m Pl a t z e n t f e r n t , i s t 2 017 e i n n e u e r S t a d t p a r k e r ö f f n e t wo r d e n: d e r Z a r ya d ye Pa r k – e i n s e h r sc h ö n e s Beispiel für natürliche Stadtplanung.
2 | M e i n L i e b l i n g s produkt
D i e Ru s s e n s i n d b e ka n n t f ü r i h r e kö s t l i c h e S c h o ko l a d e . I c h e m p f e h l e h i e r A l e n ka , s i e i s t m e i n e Li e b l i n g s sc h o ko l a d e .
3 | M e i n e A p p Empfehlung
M e i n e E m p f e h l u n g i s t d i e M e s s e n g e r- A p p „Te l e g r a m“. S i e w u r d e vo n d e m j u n g e n Ru s s e n Pave l D u r ov
» Ich möchte mich lieber nicht mit den Klischees russischer Produkte beschäftigen. Russland selbst ist ein Produkt, das viele noch nicht wirklich in all seiner Vielfalt kennen. « S E R G E Y A L E X A N D R O V, G E S C H Ä F T S F Ü H R E R M E S S E M U E N C H E N R U S
1 | Z A R Y A D Y E P A R K Var varka str. | Moskau | Russland | 109012 2 | ALENK A- SCHOKOL ADE 3 | A P P „T E L E G R A M “
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Fotos: Pietro Sutera, Mauritius Images (3)
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