Marc Keiterling Auto Bild Klassik Artikel

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FOTO: G. LUKAS

‡ FAHRKULTUR Klassiker unter Tage

¤ Rund 120 Quadrat­ kilometer umfasst das Grubennetz im Verbundbergwerk Werra, wo die K+S Aktien­ gesellschaft Kalisalz abbaut. Die Länge der befahrbaren Strecken variiert, nicht mehr genutzte Bereiche werden durch Wälle abgesperrt

OLDTIMER IM BERGWERK

Salz über Kopf 156 www.autobild-klassik.de | Nr. 12/2018

Wenn im Herbst Salz gestreut wird, bleiben Oldies drinnen. Doch es gibt tief unter uns Autos, die seit Jahrzehnten auf nichts anderem fahren

er Mercedes ist richtig alt, Baureihe G von 1986. Über Tage könnte er längst ein H-Kennzeichen tragen. Aber hier unten ist er als Gebrauchsgegenstand im Einsatz: mehr als eine halbe Million Kilometer hat er auf der

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Uhr – und ist von oben und vor allem von unten verkrustet mit Salz. Oldie-Fans werden jetzt nervös. 1,5 Millionen Tonnen Natriumchlorid verteilen Streuwagen in einem durchschnittlichen Winter auf deutschen Straßen, und für ¤ www.autobild-klassik.de | Nr. 12/2018 157


Klassiker-Fahrer ist die Salz-Saison meist tabu, weil sie bei alten Autos schon nach wenigen Jahren fast unvermeidbar Rost zur Folge hat. Doch der ist kein Thema hier auf etwa 740 Metern unter normal Null in der Kaligrube Hattorf-Wintershall an der Werra, wo der K + S-Konzern Salz abbaut. Hier fahren Klassiker unbehelligt durch endlose Gänge und Stollen, die oben, unten und an den Seiten aus nichts bestehen als Salz, Salz, Salz. Allein fünf Mercedes-G-Modelle sind im Einsatz, dazu kommen 80 Arbeitsmaschinen mit teilweise drei Jahrzehnten und mehr auf dem Buckel. Noch historischer wird es in den sogenannten Alten Männern: aufgegebenen Stollen, in denen Autos oft vor Jahrzehnten für immer abgestellt wurden (Seite 161). Die Lösung: Weil die Luftfeuchtigkeit tief unter Tage nur zwischen 20 und 30 Prozent liegt, kann das Salz dem Blech nichts anhaben. Es fehlt am Wasser für den Korrosionsprozess. Welche Bedeutung das hat, erklärt Grubenmaschineningenieur Sebastian Hühne mit einem einfachen Bild. Er ist im Verbundbergwerk Werra für die Beschaffung zuständig und sagt: „Nicht mehr benötigte Maschinen werden heute anders als früher nach ihrer y In der Hauptwerkstatt werden alle Kraftfahrzeuge gewartet. Sie misst etwa 18 000 Quadratmeter

FOTOS: G. LUKAS (7), AUTO BILD SYNDICATION

‡ FAHRKULTUR Klassiker unter Tage

Kfz­Lehrlings­Ausbildung, 700 Meter unter der Erde. Dazu der Gruß der Bergleute: Glück auf!

Magazin­Ausgeber Florian Bäumel hat Ersatz­ teile im Wert von 8,5 Millionen Euro im Lager

Ausmusterung wieder über Tage gebracht. Je nach Wetterlage verfärben sie sich in Minuten. Bei feuchter Witterung kann man dem Oxidationsprozess regelrecht zuschauen.“ Doch im beeindruckenden Grubennetz unter Tage sind die Klassiker geschützt. Über 120 Quadratkilometer erstreckt sich das Areal. Allein die Hauptwerkstatt für sämtliche Fahrzeuge misst mehr als 18 000 Quadratmeter. Im Magazin lagern rund 15 000 Teile in einem Gesamtwert von 8,5 Millionen Euro. Und hier arbeiten Fachleute. Seit Ende der 70er-Jahre wird in der „Kfz-Lehrlingsausbildung Glück-Auf“ unter Tage ausgebildet. Selbst die Hauptuntersuchung für die Autos findet dort statt: Die Prüfer fahren dafür in den Schacht ein. „Auch auf die Abgaswerte müssen wir achten“, sagt Sebastian Hühne. Eine Altersgrenze für die Autos gibt es übrigens

nicht. „Erst wenn der Reparaturaufwand unwirtschaftlich ist, mustern wir aus.“ Als zuverlässigen Kumpel – und darauf kommt es im Bergbau schon immer sehr an – schätzen die Männer aus der Grube traditionell den Mercedes G. Der wurde stets zweitürig geordert mit kurzem, langem und sehr langem Radstand. Alle fahren ohne Kabine und mit Klappscheibe herum. Im Laufe der Zeit wurden Überrollbügel und umlaufende Rohrrahmen, Gurte und Feuerlöscher nachgerüstet. Weil unter Tage 50 km/h Höchstgeschwindigkeit gelten, sind die großen Gänge im Getriebe gesperrt. So kann auch bei längeren Fahrten durch gefühlt endlose und meist unbeleuchtete Tunnel keiner das Tempolimit überschreiten. So ziemlich jedes Auto hat sein spezielles Einsatzprofil. Dafür sind individuelle Aufbauten nötig, etwa ¤

w Die Radlader kommen in Einzelteilen nach unten, ein Vierteljahr dauert anschließend der Zusammenbau. 30 Tonnen Salz passen in die Schaufel Ablagerungen des Kalisalzes setzen sich überall fest. Bei unter 30 Prozent Luft­ feuchtigkeit ist das unbedenklich

„Der Salzstaub dringt überall durch. Es ist vorgekommen, dass bei Starkregen und Gewitterluft verschiedene Bauteile an den Autos blitzschnell korrodierten.“ Sebastian Hühne, Grubenmaschineningenieur

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w Der Betrieb unter Tage ist streng reguliert. Damit niemand zu schnell fährt, sind sogar die großen Gänge gesperrt


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Hubarbeitsbühnen und Kräne, „Firstradaraufbauten“ (zur Kontrolle der „Firste“ genannten Decken mit einem Radargerät), Streckenlüfter oder Grubenwehreinrichtungen für die Feuerwehr unter Tage. Die verfügt noch über einen besonderen Oldtimer, einen über Tage ausgemusterten Mercedes-„Hochlang“Krankenwagen der Baureihe W 123. Sogar Mercedes G mit 1,5-Kubikmeter-Wassertank gibt es, um unter anderem Wege mit Wasser zu benetzen. Das wird allerdings so schnell vom Salz gebunden, dass es nicht reicht, um den Korrosionsprozess in Gang zu setzen. Dabei kann das durch Unachtsamkeit sogar unter Tage passieren. „Der Salzstaub dringt überall durch, er benetzt auch Kombiinstrumente oder Steuergeräte von innen“, sagt Hühne, „es ist vorgekommen, dass bei Starkregen und Gewitterluft elektrische Bauteile an Autos interne Kurzschlüsse aufwiesen und nicht mehr nutzbar waren, die zu nah am Schacht abgestellt worden waren.“ ¤

DIE ALTEN AUTOS AUS DEM ALTEN MANN ¤ EIN „ALTER MANN“ ist in der Sprache des Bergmanns ein abgebauter und verlassener Hohlraum oder ein abgesperrter Grubenbau. Vor dem Inkraftreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, demzufolge ausgemusterte Technik wieder nach oben über Tage gehoben werden muss, ließ man Maschinen oder Fahrzeuge nach Ablassen der Betriebsmittel einfach in den „alten Männern“ zurück. Diese nicht mehr genutzten Bereiche werden durch Wälle abgesperrt und damit unbefahrbar. In den insgesamt neun deutschen Salzbergwerken der K+S Aktiengesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft esco stehen geschätzt mehr als 100 Autos. VW T1 Bulli als Krankenwagen mit den kleinen Blinkern bis Baujahr 1963 etwa, VW 181 und Hanomag-Transporter. Bevor einer träumt: Diese „Salzleichen“ sind unwiederbringlich verloren, der Aufwand einer Bergung wäre unvertretbar hoch. Auch würden sie nach der Bergung und bei normaler Luftfeuchtigkeit ohnehin binnen weniger Tage zerfallen; sie bis in alle Hohlräume vom Salz zu befreien ist unmöglich.

Der T1­Bulli diente bis zur Ausmusterung jahrzehntelang unter Tage als Krankenwagen

Neben dem Mercedes G­Modell waren früher auch VW 181 im Einsatz

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FOTOS: HERSTELLER (2), G. LUKAS, AUTO BILD SYNDICATION

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Kfz­Mechaniker Philipp Kuliberda hat sich an seinen tief liegenden Arbeitsplatz ebenso gewöhnt wie an die Salzschichten. Helm ist unter Tage stets Pflicht


‡ FAHRKULTUR Klassiker unter Tage

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Der Mercedes­Krankenwagen, Baureihe W 123, wurde gebraucht angeschafft. Er parkt für den Bedarfsfall bei der Grubenwehr

Zum Schacht nach oben mit seiner Frischluft bleiben die Autos deshalb möglichst auf Distanz – außer an ihrem Tag 1: Zwar kommen schon seit 2001 keine neuen G-Modelle mehr an. Beim aktuellen Listenpreis von knapp 90 000 Euro wäre das viel zu teuer. Doch es gibt Ersatz. „Wir sind zum Beispiel mit dem Mitsubishi deutlich günstiger unterwegs“, sagt Hühne. Zuletzt wurden Modelle wie der Jeep Wrangler JK oder der Mitsubishi L 200 Club Cap angeschafft, für den reinen Personentransport die kleinen JimnyGeländewagen von Suzuki. Und die müssen auf dem Weg in die Tiefe durch den Transportschacht. „Dafür werden sie an das Windenseil gehängt und Front voraus gut 700 Meter unter die Erdoberfläche befördert“, erklärt Hühne. Klar, dass man das Fahrzeug in diesem Fall nicht an den Abschlepphaken nehmen kann. „Wir schreiben dem Hersteller für diese Anfahrt ein paar spezielle Anforderungen ins Lastenheft. Geliefert

werden zum Beispiel U-Profile mit integrierter Trägerplatte oder Klappösen, die eine vierfache Bruchsicherheit des Fahrzeuggewichts aufweisen müssen.“ Damit geht es hinab für die Autos, für die diese Reise allerdings anders als für die Klassiker keine Fahrt ohne Wiederkehr wird. Schließlich dürfen

sie seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nicht mehr einfach abgestellt werden. Ein Fall für die Schrottpresse sind sie dann allerdings trotzdem. An der frischen Luft werden sie eines Tages schneller verrotten als es ein Klassiker im Wintereinsatz jemals könnte. Marc Keiterling

Vor der Einfahrt wird eine Marke hinterlassen. Sie zeigt an, wer im Bunker ist

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¤ DIE GIGANTISCHEN ABRAUMHALDEN über Tage werk Merkers erklärt das Abbauunternehmen K + S kennt jeder, der aufmerksam durch Hessen fährt. Sie kennzeichnen die Lage der Salzbergwerke. Besucher können dort tief unter der Erde auch selbst erleben, was es heißt, Bergmann zu sein. Im Erlebnisberg-

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Geschichte, Entwicklung und Tradition der Kaligewinnung. Die Kristallgrotte ist zudem ein Naturwunder mit Salzkristallen von bis zu einem Meter Kantenlänge. Infos unter www.erlebnisbergwerk.de Ich bestelle bzw. verschenke 6 x AUTO BILD KLASSIK zum Preis von zzt. 4,40 € pro Heft (12 Hefte/Jahr) ab der nächsterreichbaren Ausgabe. Bei Bankeinzug lese ich bzw. der Beschenkte zusätzlich 1 Hefte GRATIS! Der Versand der Prämie erfolgt nach Zahlungseingang des Bezugspreises. Nach Ablauf der 6 Ausgaben kann ich jederzeit kündigen und erhalte zu viel gezahltes Geld zurück. Das Angebot gilt nur in Deutschland und solange der Vorrat reicht. Ich kann der Nutzung meiner Daten zu Werbezwecken jederzeit beim Verlag widersprechen. AUTO BILD KLASSIK erscheint in der Axel Springer Auto Verlag GmbH, Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg, vertreten durch www.autobild-klassik.de | Nr. 12/2018 163 die Geschäftsführer Frank Mahlberg und Christian Nienhaus, Amtsgericht Hamburg, HRB 138282. Alle Informationen über Ihr gesetzliches Widerrufsrecht und die Widerrufsbelehrung finden Sie unter: lesershop24.de/widerruf/ axel-springer-auto-verlag


‡ FAHRKULTUR GARTENFUND

FOTOS: G. LUKAS (2)

Deutschlands grünster Diesel

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25 Jahre wuchs dieser Mercedes 300 D langsam ein. Dann nagelte er auf Schlüsseldreh selbst aus seinem Grab – und nahm ein paar Bäumchen und jede Menge Efeu mit auf große Fahrt

Der fährt nie wieder, denkt man bei diesem Anblick. Der „BaumBenz“ stand 25 Jahre und wuchs dabei langsam ein

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‡ FAHRKULTUR GARTENFUND a Vorsicht beim Schließen der Kofferraumklappe

y Auch in den schmalsten Ritzen lässt sich prima wurzeln

u blöd, dass ihr von der Zeitung keinen Sound transportieren könnt!“ Siggi Oberschewen hat eben noch vorgeglüht. Nach dem Dreh des Zündschlüssels springt der 300 D nun willig an. Vertrautes Nageln, gleichmäßig, wohlig klingend. Das ist Deutschlands grünster Diesel: In Teilen von der Natur erobert, abgewrackt aussehend, doch das Herz pocht! Kräftig, unüberhörbar. Dieser Motor ist ein Manifest. Gerichtet an alle, die den Sargdeckel über Rudolf Diesels Erfindung festklopfen wollen. Seht her, hört her: So was schaffe nur ich! Knapp 19 000 Exemplare der Mercedes-MittelklasseBaureihe 123, gebaut zwischen 1976 und 1986, tragen ein HKennzeichen, er ist das zweitbeliebteste Auto mit historischer Zulassung in Deutschland. Dieser coloradobeige gehört nicht dazu. Er ist zwar auch ein Kulturgut, aber nicht nach den strengen H-Maßstäben.

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FOTOS: G. LUKAS (4)

Heckenschere? Nix da! Das Efeu wird vor Fahrtantritt zur Seite geschoben

Sein jetziger Eigentümer, eben Siggi Oberschewen, erklärt, wie das Auto zu dem wurde, was es heute ist: „Der Vorbesitzer wollte das Auto vor 25 Jahren verkaufen. Auf seine Annonce hin liefen dann nach seiner Erzählung aber nur Typen auf, die entweder nix bezahlen wollten oder ihm schlicht nicht passten. Also parkte er den Benz auf seinem Grundstück unter einen Baum. Ende Gelände!“ Im Frühling 2017 fuhr Siggi mit Sohn Tim dort vor. Die Oberschewens wollten dem Mann einen DKW Munga abkaufen. Vor Ort fielen ihm vier Mercedes-Türen ins Auge. Ja, das Auto dazu gebe es noch, stehe eingewachsen da hinten, sagt der DKW-Mann.

„So’n Diesel ist doch unzerstörbar, hier kann kein Vergaser und keine Einspritzanlage Zicken machen.“ Siggi Oberschewen, Besitzer

w Guten Appetit: Walnüsse, vom Eichhörnchen ausgeknabbert

„Ich sah die zugewachsene Karre und erkundigte mich nach einem Preis. Schwein gehabt, ich war ihm offenbar sympathischer als die Kameraden Anfang der 90er.“ Zwei Kisten Bier waren zu investieren, das Geschäft besiegelt. „So’n Diesel ist doch unzerstörbar, hier kann kein Vergaser und keine Einspritzanlage Zicken machen. Der läuft immer, dachte ich mir. Also hab ich eine frische Batterie reingestellt, die Vorkammern mit frischem Diesel geflutet und dann: mal gucken“, grinst der Käufer. Sein Vertrauen in den Fünfzylinder-Reihenmotor wurde nicht enttäuscht. Nach einigen Sekunden Orgelei lief der „Oel-Motor 617“. „Und schnell total rund. Ich musste voll aufs Gas treten, um mit den platten Reifen aus den tiefen Standkuhlen rauszukommen. Aber er fuhr komplett aus eigener Kraft aus seinem grünen Grab raus.“ Die Bremsen nicht fest, das Getriebe schaltet – kaum zu fassen. ¤ www.autobild-klassik.de | Nr. 2/2018 41


‡ FAHRKULTUR GARTENFUND So etwas haben die Kinder in der Bochumer Walderlebnisschule noch nie gesehen: unberührte Natur auf Blech

a Innen im Mercedes ist es trocken, dort leben die Spinnen y Doppelte Navigation: Blick durch den Baum und übern Stern

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„Für das Frühjahr empfehle ich einen organischen Flüssigdünger, ein bisschen Nährboden ist vorhanden.“ Gregor Keller, Gärtner

einigen Schneckenspuren blickdicht ist. Fahren geht vor allem mit Kopf links raus. Was genau aber wächst auf dem grünen Diesel? Diese Frage soll Gregor Keller beantworten, der in Datteln einen Betrieb namens „Garten- und Kräutermagie“ betreibt. „Das Bäumchen ist ein Holunder. Bei dem Gewächs direkt daneben handelt es sich um eine Vogelbeere. Im Eck auf der Fahrerseite wächst eine wilde Geranie. Die trägt lila-blasse Blüten“, sagt Keller nach Ansicht des Lüftungsgitters. Für jedermann erkennbar sind die Brennnesseln, die in vielen Ritzen der Karosserie wachsen. „Holunder und Vogelbeere werfen jeden Herbst ihr Laub ab. Für das Frühjahr empfehle ich einen organischen Flüssigdünger“, sagt der Fachmann. Können die Pflanzen an diesem ungewöhnlichen Ort auch auf Sicht gedeihen? „Klar! Der Nährboden ist vorhanden, wenn auch ¤

Henry, Sophia und Marc (v. l.) können es kaum glauben: Ist ja echt alles echt. Tom (vorn) guckt genau hin

s Frisches Öl, neuer Keilriemen – läuft!

a Beim Trailern schützt ein Speißfass das Holunderbäumchen

FOTOS: G. LUKAS (8)

Was die Limousine mitnahm, sind mehrere Gewächse. Die auffallendsten wachsen aus dem Lüftungsgitter unterhalb der Windschutzscheibe. Aber auch in der Dichtung des Kofferraums sowie unter den Zierleisten hat sich blühende Natur einen Platz gesichert. Efeu schlängelt sich durch den Innenraum. „Nach dem Verladen habe ich überlegt, wie ich vor allem das Bäumchen während der Heimfahrt vorm Abknicken durch Fahrtwind schützen kann. Mit einem Speißfass, durch Gurte festgezurrt, geht’s“, sagt Siggi. Man muss kein Schrauber wie die Oberschewens sein, um zu erkennen, dass eine Restaurierung des Mercedes nicht infrage kommt. Sie beschlossen jedenfalls, den „Baum-Benz“ so zu erhalten, wie sie ihn gefunden hatten. Zu diesem Zweck wurde neben der heimischen Halle in Bochum eine „Nasszelle“ geschaffen. Zwischen mehreren Bäumen planierten Vater

und Sohn eine Stellfläche. Der Boden wird bei Bedarf gewässert, um die Pflanzen auf dem Auto kümmert sich Tochter Angelina mit der Gießkanne. „Ich habe einen Ölwechsel gemacht, ein neuer Keilriemen kam drauf, und andere Reifen mussten her. Das war’s. Dann schafften wir das Auto erst mal zu einem Oldtimertreffen. Da war aber mal richtig großes Hallo. Der Anblick alleine war für die meisten Besucher schon ein Knaller. Als wir dann den Motor starteten und über den Platz gefahren sind, sind die Leute fast durchgedreht“, sagt Siggi. Dem Veranstalter blieb übrigens fast das Herz stehen, weil die grünspanbelegte Windschutzscheibe abgesehen von

w Okay, dem Efeu hier fehlt ein bisschen Nährboden. Er ist längst trocken


‡ FAHRKULTUR GARTENFUND Siggis Tochter Angelina ist die Chefin der „Nasszelle“. Wird es dem Benz zu trocken, kommt die Gießkanne zum Einsatz

a Heilende Kräfte: Brennnesseln wachsen seitlich am Auto

a Bodenloser Blödsinn? Beachtliches Biotop? Ansichtssache!

s Der Duft des Waldbodens: Laub liefert Humus – an Dichtung

nur mit wenig Substanz. Der Holunder gehört zu den Pioniergehölzen, die haben nur geringe Standortansprüche. Wichtig ist es, ordentlich zu wässern.“ Mobile Bäume, das ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Wie finden die Kinder aus der Bochumer Walderlebnisschule den „Baum-Benz“? Werner Zalisz führt Kleine und Große ehrenamtlich durch das „Berghofer Holz“. Der 78-Jährige hat vieles in der Natur gesehen. Der grünste Diesel ist jedoch auch für ihn Neuland. „So ein Fahrzeug ist ein ungewöhnlicher Standort. Wenn sich aber natürliche

FOTOS: G. LUKAS (7)

„Der Motor muss außerordentlich vibrationsfrei laufen. Das Spinnennetz hält sogar Walnüsse.“ Werner Zalisz, Besucherführer Walderlebnisschule

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Ablagerungen auf einer Fläche sammeln und anschließend Baumsamen dorthin fallen, kann eine entsprechend hohe Feuchtigkeit für das Wachstum sorgen“, erklärt er seiner Besuchergruppe. Die staunt vor allem darüber, dass die „schrottige Karre“ überhaupt noch fährt. „Der Motor muss sogar außerordentlich vibrationsfrei laufen“, schlussfolgert Zalisz und lenkt die Aufmerksamkeit auf zwei Walnüsse, die – nur von einem Spinnennetz gehalten – uneingeklemmt neben dem Federbein liegen. Das nächste Eichhörnchen wird’s zu schätzen wissen. Was bringt die Zukunft dem grünsten Diesel Deutschlands? „Vielleicht ein Werbepaket von Mercedes? Die müssten sich doch die Finger nach diesem Stern lecken! Mehr Beweis für technische Zuverlässigkeit geht doch wohl nicht“, sagt sein Besitzer. Weitere Besuche auf Treffen sollen in jedem Fall folgen. „30 Jahre schafft der noch“, sagt Siggi. Da widerspricht sein Sohn Tim ihm dann allerdings doch. „Die Hinterachse hängt nur noch an Fäden. Die wird uns irgendwann rausfliegen.“ Marc Keiterling

w Man kann ja mal nachschlagen im Buch „Bäume und Sträucher“: Fachmann Gregor Keller sichert sich ab

w Siggi Oberschewen (auf dem Fahrersitz) und Sohn Tim wollen mit ihrem „Baum-Benz“ 2018 einige Klassiker-Treffen besuchen www.autobild-klassik.de | Nr. 2/2018 45


‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

Die acht heißesten

CAPRI 1968 begann Ford mit dem Bau eines hübschen, zunächst harmlosen Coupés. Zum 50-Jährigen bringen wir die Modelle zusammen, die aus ihm einen echten Sportwagen gemacht haben „Capri – das Auto, das Sie sich schon immer gewünscht haben“ – mit diesem Werbeslogan versah Ford vor einem halben Jahrhundert ein Coupé, das scharf aussah, aber erst

mal nicht so fuhr. Die lange Motorhaube und die beinahe JaguarE-Type-artigen Proportionen suggerierten eine Kraft, die keiner der 50 bis 108 PS starken Motoren hatte.

WERKSTURBO Baujahr 1982

RS-RENNVERSION Baujahr 1973 2.8 INJECTION Baujahr 1983

PERANA V8 Baujahr 1973

Aber der Ford Capri lockte Sportwagenfans, weswegen Tuner und Werk bald nach Produktionsbeginn im November 1968 begannen, heiße Versionen nachzuschieben. ¤

TURBO MAY Baujahr 1977

MAKO V8 Baujahr 1978

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ZAKSPEED TURBO Baujahr 1980

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FOTO: C. BITTMANN

RS-STRASSENVERSION Baujahr 1970


‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

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wosechser Err Ess. Wer an Capri denkt, hat schnell das Kürzel RS für „Rallye Sport“ im Sinn. 1970 ist das Entstehungsjahr des aus heutiger Sicht legendärsten Capri. Ford greift dabei in den hauseigenen Baukasten, zieht den Motor der 26M-Limousine heraus und bringt ihn auf Trab: Eine andere Kurbelwelle mit einem um 2,2 Millimeter längeren Hub, daran angepasste Pleuel und Kolben und die mechanische, über Zahnriemen angetriebene Kugelfischer-Einspritzanlage wandern ebenso unter die langgezogene Haube wie ein Fächerkrümmer. Drunter steckt eine HochleistungsAuspuffanlage mit zwei durchgehenden Rohren. Nur wenige Exemplare werden in Leichtbauweise mit Türen, Motorhaube, Kofferraumklappe sowie Seitenund Heckscheiben aus Kunststoff gefertigt. Doch auch die zivile Ganzstahlversion kommt auf Diät. Zum Produktionsstart gibt es aus Gewichtsgründen keine Stoßstangen (später kleine Stoßstangenecken) und auch keine Verzierungen wie die LufteinlassAttrappen vor den Hinterrädern. 150 PS gibt Ford an, die Streuung nach oben ist dabei gewaltig. Kaum ein Exemplar,

FORD CAPRI I RS STRASSENVERSION

Motorhaube und Seele

TIEFSCHWARZ das nicht an die zehn Pferdchen mehr galoppieren lässt. Das wirkt sich auch auf die Spitze aus: Das Mustergutachten des TÜV bremst den Capri vor 48 Jahren bei 200 Sachen aus, real bewegt sich die Nadel allerdings weiter. Das maximale Drehmoment von 225 Newtonmetern liegt dabei bereits bei 3500 Umdrehungen an. Ein maximaler Spaß für Hobby-Rennfahrer. ¤

Platz da – jetzt komme ich: Der Verzicht auf Stoßstangen bringt Rennsportatmosphäre auf die Straße

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FOTOS: C. BITTMANN (5)

Auch die Straßenversion des RS ist ein Sportwagen. Die Seitenneigung bei hohem Tempo mag uns heute spektakulär vorkommen, ist damals aber völlig normal. Mit dem stark geschüsselten Lenkrad lässt sich der Capri tief in die Kurven zwingen, die Sitze mit stark konturierten Seitenflanken halten die Insassen. An das RS-Logo am Heck müsste man ein Schloss hängen – Vorsicht vor den Souvenir-Jägern!

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‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

FORD CAPRI I PERANA V8

Ein großer Motor macht

ANGST An diesem Perana zeigt sich, dass Ford-Veredler Basil Green auch im letzten PeranaProduktionsjahr 1973 den „Ur-Einser“ und nicht das Faceliftmodell „Capri ’73“ mit veränderten Scheinwerfern, Rücklichtern und Cockpit nutzt. Der Achtzylinder aus dem Ford Mustang wird von einem Holley-Einfachvergaser mit vier Zerstäubern versorgt. Die weißen Blinker sind am Kap üblich. Sämtliche Perana sind rechtsgelenkt

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FORD CAPRI I RS RENNVERSION

er Perana mag brachial sein, aber bei der RS Rennversion wird’s richtig heftig. Der Motor brüllt, dass die Ohren wegfliegen; man hört diesen Gruppe2-Renner lange, bevor man ihn sieht. Die mit Ford verbandelte Motorenschmiede Cosworth stellt 1967 einen der erfolgreichsten Rennmotoren der Formel 1 vor; Kürzel DFV, 262 Grand-Prix-Rennen, 155 Siege. Erfahrungen aus der DFVEntwicklung fließen ab Anfang der 70er in die Entwicklung des RS-Triebwerks ein. Auf Basis eines Dreiliter-Essex-V6 entsteht 1973 ein Kraftwerk mit 415 PS: zwei Leichtmetall-Zylinderköpfe mit je zwei oben liegenden, per Zahnriemen angetriebenen Nockenwellen und vier direkt betätigten Ventilen pro Brennraum, verstärkte Lager, Trockensumpfschmierung mit Öl-Entschäumungs-Zentrifuge, Einspritzanlage und elektronische Zündung. Jetzt muss die Leistung nur noch auf den Asphalt gebracht werden, und dafür ist kein Aufwand zu groß. Der Motor wird drei Zentimeter nach hinten versetzt, und die Kühler für Öl und Wasser montiert man im Heck. Dazu kommt ein Entenbürzel-Heckspoiler. Das alles soll möglichst viel Gewicht auf die Antriebsachse hinten bringen. 280 Sachen rennt dieser Capri mit der am längsten übersetzten Achse bei über 8000 Umdrehungen pro Minute – und hält das auch aus. Vollgasfest ist er bis über die 9000er-Marke hinaus. ¤

Damit drehte Lauda seine

RUNDEN

FOTOS: C. BITTMANN (8)

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iese rare Rakete findet nur auf Umwegen auf den Kontinent. Einen Capri-Achtzylinder will Ford of Europe seinen Kunden weder in Großbritannien noch auf dem Festland anbieten. Einer macht es, am anderen Ende der Welt: Basil Green Motors aus dem südafrikanischen Edenvale vor den Toren Johannesburgs möppt seit 1967 verschiedene britische Ford-Modelle auf, die in diesem Zuge den Beinamen Perana erhalten. Nach Cortina und Escort nimmt sich Mr. Green 1970 in Kooperation mit der Ford Motor Company of South Africa den Capri vor. Basis ist die britische Dreiliter-Version mit dem Essex-V6. Der wird durch den 302-cubic-inch-V8 vom Typ Windsor aus dem Mustang ersetzt. Mit dem Dampf aus 4,9 Liter Hubraum wäre die originale Hinterachse überfordert, weswegen Basil Green jene aus dem australischen Falcon einbaut. 281 DIN-PS, ein Sprint von 0 auf 100 in 6,7 Sekunden und eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 230 km/h sind heute mehr denn je Grund für Adrenalinschübe. Trotz innenbelüfteter vorderer Scheibenbremsen und Sperrdifferenzial wirkt der Perana nervös, läuft jeder Rille in der Fahrbahn nach und zuckt beim Beschleunigen mit dem Heck. Die Karosse wirkt geradezu fragil im Vergleich zur rohen Kraft des Motors. Da geht man mit der Rarität lieber vorsichtig um: Zwischen 1970 und 1973 werden etwa 300 bis 550 PeranaCapri gebaut – die genaue Stückzahl ist unbekannt.

Vor diesen Armaturen hocken Jochen Mass, Jackie Stewart, Niki Lauda und viele andere: Mit der Rennsportversion des RS lockt Ford in den frühen 70ern die Piloten-Oberklasse. Gestartet wird der von Cosworth optimierte V6 mit Warmlaufkerzen, um den Motor auf Betriebstemperatur zu bringen. Dieses Gruppe-2-Modell für die Saison 1974 in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft gehört heute zur Sammlung von Ford in Köln

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‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

FORD CAPRI II TURBO MAY

Mehr Kraft für

NORMALOS G

ut 150 PS werden dem leistungsorientierten Capri-Fahrer ab 1970 maximal angeboten. Wer das unzureichend findet, kann eine ganz spezielle Wahl treffen. „Deutschlands billigste PS“ liefert der Schweizer TuningPionier Michael May. Er pusht den 2,3-Liter von 108 auf 180 PS. Beim 2,6-Liter werden aus 125 stolze 207 PS. 13 123,82 Mark kostet der

Aus Garantiegründen ist der Ladedruck auf 0,4 Bar begrenzt. Findige Schrauber umgehen das. Die Garantie ist ja abgelaufen

2.3-Turbo-May bei seiner Präsentation, jede Pferdestärke also gerade 73 Mark. Bestellt werden kann er direkt im Ford-Autohaus, und zwar grundsätzlich 14 Jahre lang vom zweiten bis zum letzten Capri-Baujahr. Noch 1984 – im letzten Produktionsjahr für Deutschland – entstehen Capri III mit May-Kit. Wer seinem Capri erst später, etwa als Zweitbesitzer, Dampf machen will, kann das bei einem der größten Ford-Händler, der Stuttgarter Schwabengarage, in Auftrag geben. Ein solcher Fall ist dieser Capri II von 1974, der erst drei Jahre später im Schwäbischen aufgeladen wird. Er kombiniert die Luxus-Ausstattungsvariante Ghia mit Vinyldach, einem Schiebedach und dem Leistungsschub. Im Fahrbetrieb erwacht der Turbo bei etwa 1900 Umdrehungen und sorgt nach der bekannten Gedenksekunde für einen spürbaren Tritt ins Kreuz. Das macht noch heute Spaß. Dabei werden Drehzahl (5800 Umdrehungen) und Ladedruck (0,4 Bar) damals bei May begrenzt, um keine Risiken bei der Haltbarkeit einzugehen. 4500 Menschen bereitet May damals das Vergnügen. Wer heute die Gelegenheit bekommt, sollte sie nutzen. ¤

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FOTOS: C. BITTMANN (7)

Die Insignien des Schweizer Dampfmachers Michael May auf dem Heck, dem auffälligen Luftfiltergehäuse und in der Ladedruckanzeige zeigen: Hier wird Druck gemacht. Konkret steigt die Leistung des 2,3-Liter-V6 von 108 auf 180 PS


‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

G

erd Knözinger ist Ingenieur und Fahrwerksspezialist der Ford-Rennabteilung, bevor er 1975 V8-Power in den Capri pflanzt. Dabei bedient sich Knözinger für seinen Mako exakt des gleichen Motors wie Basil Green (Seite 64), kommt allerdings zu einem anderen Fahrerlebnis. Im Vergleich zum vergleichsweise zerbrechlich erscheinenden Perana wirkt der Mako heute nicht übermotorisiert. Hat man sich mit der schwergängigen, hydraulisch betätigten EinscheibenKupplung arrangiert, geht es bei grolligem Sound nach vorn wie an der Schnur gezogen. Über 240 km/h sind drin, da können 1978 nicht viele mithalten. Knözingers Kanone ist damals ganz offiziell über FordHaupthändler beziehbar. Während einige Quellen von 33 insgesamt gebauten MakoCapri II und 17 Capri III berichten, spricht er selbst einmal von maximal 36 Autos insgesamt. Unser Fotomodell jedenfalls wird vom Autohaus

W. Creutzner in Erftstadt bei Köln am 26. Mai 1978 für 35 012,96 Mark ausgeliefert. Gemeinsam ist allen MakoCapri der konzerneigene 302-cubic-inch-V8, der damals aber schon aus dem Ersatzteilregal kommt, weil er nicht mehr neu gebaut wird. Abgesehen davon ist jeder Mako aber ein Unikat. Als Getriebe kommen ZF-5-Gang oder Mustang-4-Gang zum Einsatz, letztere verschieden übersetzt. Die Hinterachse vom Mustang II weist Übersetzungen von 2,79:1 oder 3,00:1 auf. Es gibt Doppel-RegisterFallstrom- von Solex oder verschiedene Holley-Vergaser. ¤

FORD CAPRI III MAKO V8

Der erste beherrschbare

V8

Der V8 ermöglicht erstklassige Fahrleistungen, ist aber gleichzeitig robust und auch in Europa leicht zu warten

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FOTOS: C. BITTMANN (5)

Ex-Ford-Mann Gerd Knözinger will 1975 ein Auto mit den Fahrleistungen eines Supersportwagens hinstellen, das ohne komplizierte Technik auskommt und für halbwegs normal verdienende Menschen bezahlbar ist. Den Namen Mako borgt er sich bei einer Haiart, die mit dem Weißen Hai verwandt ist. Ein stilisiertes Abbild findet sich auf der Nabenabdeckung des Lenkrads wieder

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‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

FORD CAPRI III ZAKSPEED TURBO

Mit Unterdruck gegen

PORSCHE D

ieses Auto rast in den Jahren 1980 und 1981 den Konkurrenten in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft davon. Der ZakspeedTurbo-Capri ist speziell 1981 das Maß aller Dinge in beiden Divisionen des Wettbewerbs, dabei haben die konkurrierenden Porsche 935 200 PS mehr unter der Haube. Der Grund liegt in der Aerodynamik. Fords Renninge-

Ein Schacht unter dem Heck kanalisiert den Fahrtwind, der das Auto auf den Boden saugt

nieur und Aerodynamik-Tüftler Thomas Ammerschläger entwickelt ab 1977 den „Ground Effect“ für das Auto: Der Boden des Zakspeed wird wie ein umgedrehter Flugzeugflügel geformt – die gleichen physikalischen Gesetze, die ein Flugzeug zum Fliegen bringen, pressen das Auto auf den Asphalt. Das ist neu in dieser Fahrzeugklasse. „Der Abtrieb war so stark, dass er bei einer Geschwindigkeit von 250 Kilometern pro Stunde über Kopf an der Decke fahren könnte. Oder wahlweise eine Wand hinauf“, erklärt Ammerschläger. Und so liefert sich Manfred Winkelhock in der großen Division bis 4000 Kubikzentimeter bei über 300 km/h sehenswerte Duelle mit Bob Wollek im Porsche, ohne ihn allerdings niederzuringen. Der Triumphzug bleibt Klaus Ludwig in der kleinen Division vorbehalten. Mit zehn Siegen in 13 Rennen gewinnt er 1981 die Meisterschaft. Den Fahreindruck von damals können wir heute leider nicht mehr wiedergeben. Zwar existieren noch zwei einsatzfähige Autos, aber unser Fotomodell ist ein optisch perfektes Präsen ta tionsauto aus der FordSammlung, dessen Motor nicht startet. ¤

FOTOS: C. BITTMANN (4), B. GRIESHABER

1978 erteilt der Ford-Vorstand seinem Renningenieur Thomas Ammerschläger (links) den Auftrag zur Entwicklung eines Turbo-Capri in Zusammenarbeit mit Erich Zakowski. Während die Autos der Konkurrenz noch auf Basis der Rohkarosse des Serienautos aufgebaut werden, fertigt Zakspeed einen eigenen Rohrrahmen für den Turbo

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‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri

A

FORD CAPRI III WERKSTURBO

FOTOS: C. BITTMANN (8)

Von der Rennstrecke in die

GARAGE Unter der verbreiterten Karosserie des Werksturbos verbergen sich ein deutlich verändertes Fahrwerk und Reifen, die mehr Platz brauchen. Der Turbolader ist auf der Beifahrerseite neben dem eigentlich braven 2,8-Liter-V6-Motor aus dem Granada eingebaut. Innen helfen bei sportlicher Fahrt die hochwertig bezogenen Recaro-Sportsitze und das vierspeichige RS-Lenkrad

64 www.autobild-klassik.de | Nr. 2/2018

ls sich 1980 der große Rennsporterfolg des Zakspeed-TurboCapri abzeichnet, denkt Ford auch an den Image-Transfer. Höchste Zeit, dem immer noch gefragten Turbo May (Seite 58) etwas aus der hauseigenen Produktion gegenüberzustellen. Eigenes Haus heißt in diesem Fall: Niederzissen. Die Rennsportler von Zakspeed, langjährige Partner der Kölner, erhalten Rohkarossen und 2,8-Liter-Vergasermotoren aus dem Granada. Mittels eines Garrett-Turboladers werden dem Triebwerk bei milden 0,4 Bar Ladedruck 188 PS entlockt. Dazu verpasst Zakspeed dem auffälligsten aller SerienCapri einen fetten Frontspoiler, einen hoch aufragenden Heckflügel und verbreiterte Kotflügel, um Reifen der Dimension 235/70 13 unterzubringen. Das Fahrwerk mit BilsteinGasdruckstoßdämpfern, härteren Federn und neu abgestimmten Querstabilisatoren an beiden Achsen ist straffer als bei den schwächeren Modellen. Außerdem wird ein Sperrdifferenzial mit auf Wunsch bis zu 75 Prozent Sperrwirkung eingebaut, um sportliches Kurvenfahren mit dem Fuß auf dem Gas zu erleichtern. Weil noch heute viele Werksturbos existieren, gibt es immer wieder Gerüchte, Zakspeed hätte in den Jahren 1981 und 1982 mehr als die offiziell genannten 200 Exemplare gefertigt. Ford und Zakspeed bestreiten das. Deren Erklärung lautet stattdessen: Mit Ende der CapriProduktion wurden gerade Turbos schon früh von Fans in die Garage gestellt. ¤


‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri digkeit von 210 km/h erfordert keine größere Anstrengung. Der Sound ist stark, aber nicht störend. Das Fahrwerk mit der strafferen Federung durch die hintere Einblattfeder wird der Leistung gerecht, das Bremsdruckregelventil gegen Überbremsen der Hinterachse fordern wir nicht heraus. Bei der Präsentation ist der 2.8 Injection ein Preisschlager: Für 25 950 Mark gibt es zu jener Zeit kein weiteres Auto, das über 200 km/h schnell ist. Im Preis enthalten sind Recaro-Sitze, Alus und Servolenkung. Ein Treffer! Die hohe Nachfrage sorgt im ersten Produktionsjahr für Wartezeiten. Trotzdem: Als fünf Jahre später die Produktion endet, bleibt der Capri ohne Nachfolger. ¤

CAPRI III 2.8 INJECTION

Der Alleskönner macht das

LICHT AUS

Lediglich die InjectionStreifen, der Schriftzug und die „Käseloch“-Alus machen den 2.8i als solchen erkennbar. Als einziger Capri erhält er die Bosch K-Jetronic. Mit dem Werksturbo teilt er sich die Fahrwerksspezifikationen. Von dem trennen ihn zwar 28 PS, aber nur fünf km/h Spitze FOTOS: C. BITTMANN (4), WWW.IMCDB.ORG (2), AUTO BILD SYNDICATION, GETTY IMAGES, MARC KEITERLING

1

981 lässt Ford FORD gleich zwei potente CapriSportler los. Während der Werksturbo (Seite 64) 1982 wieder ausläuft, bleibt der 2.8 Injection unter verschiedenen Bezeichnungen bis zum Ende der Produktion im Programm. Der „Zwoachter“ soll unterschiedliche Erwartungen erfüllen: als Sportler in die Fußstapfen des RS treten und gleichzeitig als Auto für eine breite Kundenschicht die Absatzzahlen des Capri wieder anheben. Eingepflanzt wird ihm die Einspritzer-Variante aus dem Granada mit 160 PS. Das ergibt bis heute ein unspektakuläres, schnelles Auto. Innerhalb von acht Sekunden ist die 100er-Marke geschafft, die werksseitig angegebene Höchstgeschwin-

TECHNISCHE DATEN

AUCH IM FILM EIN ECHTER ACTIONHELD

Motor Gemischaufbereitung

TURBO MAY

MAKO V8

ZAKSPEED TURBO

V6 – vorn längs

V8 – vorn längs

V6 – vorn längs

V6 – vorn längs

V8 – vorn längs

R4 – vorn längs

V6 – vorn längs

V6 – vorn längs

Einspritzung

Vergaser

Einspritzung

Vergaser

Vergaser

Einspritzung

Vergaser

Einspritzung

WERKSTURBO 2.8 INJECTION

12/1

16/1

24/4

12/1

16/1

16/2

12/1

12/1

Stirnräder

Steuerkette

Zahnriemen

Stirnräder

Steuerkette

Zahnriemen

Stirnräder

Stirnräder

2637 cm³

4943 cm³

3412 cm³

2294 cm³

4943 cm³

1745 cm³

2772 cm³

2772 cm³

Bohrung x Hub

90,0 x 69,0 mm

110,7 x 91,2 mm

100 x 72,4 mm

90,0 x 60,01 mm

101,6 x 76,2 mm

87,40 x 72,75 mm

93,0 x 68,5 mm

93,0 x 68,5 mm

Leistung

110 (150) / 5800

203 (276) / 5800

305 (415) / 8500

132 (180) / 5800

184 (250) / 5800

412 (600) / 9000

138 (188) / 5500

118 (160 ) / 5700

max. Drehmoment

228 / 3500

393 / 4300

k. A.

230 / 5500

373 / 4300

482 / 6800

285 / 4500

225 / 4300

200 km/h (offiziell)

231 km/h

280 km/h

205 km/h

242 km/h

300 km/h

215 km/h

210 km/h

Getriebe

Viergang-Schaltgetriebe

Viergang-Schaltgetriebe

Antrieb

Hinterrad

Hinterrad

Hinterrad

Hinterrad

Hinterrad

Scheiben/Trommel

Scheiben/Trommel

Scheiben/Scheiben

Scheiben/Trommel

185/70 V13

275/60-16 vorn 350/65-16 hinten

215/50 R13 vorn 235/50 R13 hinten

Höchstgeschwindigkeit

Testwagenbereifung

Die Profis (1977– 81) Geheimagenten, Polizei und Militär sollen zusammen England sicherer machen. Schneller wie robuster Dienstwagen: der Capri.

RSRENNVERSION

Nockenwellenantrieb

Bremsen/vorn/hinten

Die Geliebte des Anderen (1970) Serge (rechts) ist ein seriöser Charmeur, der im den Charakter unterstreichenden Auto seinen verschollenen Bruder sucht.

PERANA V8

Ventile/Nockenwellen

Hubraum

Der Capri ist in den 70ern das Auto der Wahl für alle professionellen Agenten und Hobbydetektive

RS-STRASSENVERSION

205/60 R13

Fünfgang-Schaltgetriebe Fünfgang-Schaltgetriebe Fünfgang-Schaltgetriebe Fünfgang-Schaltgetriebe Fünfgang-Schaltgetriebe Fünfgang-Schaltgetriebe Hinterrad

Hinterrad

Hinterrad

Scheiben/Trommel

Scheiben/Scheiben

Scheiben/Trommel

Scheiben/Trommel

205/50 ZR15 vorn 225/50 ZR15 hinten

23,5 x 11,5-16 vorn 27,5 x 12,5-19 hinten

235/60 VR13

205/60 R13

Verbrauch (Werksangabe)

17,0 l

15,7 l

k. A.

13,2 l

20,9 l

k. A.

14,5 l

14,5

Tankinhalt/Kraftstoffsorte

58 l / S

58 l / S

120 l / S

58 l / S

58 l / S

110 l / S

58 l / S

58 l / S

zulässiges Gesamtgewicht Neupreis (Präsentationsjahr)

1375 kg

1472 kg

1040 kg

1460 kg

1650 kg

850 kg

1510 kg

1550 kg

15 800 D-Mark

4400 Südafrik. Rand

k. A.

ca. 23 500 D-Mark*

33 200 D-Mark

k. A.

33 300 D-Mark

28 600 D-Mark

191 Euro

191 Euro

k. A.

191 Euro

191 Euro

k. A.

191 Euro

191 Euro

416,96 Euro

k. A.

k. A.

285,16 Euro

364,74 Euro

k. A.

378,88 Euro

292,67 Euro

KOSTEN Steuern pro Jahr Versicherung (OCC-Beispiel)

* Testauto nachgerüstet

66 www.autobild-klassik.de | Nr. 2/2018

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WERKSTURBO

PLUS/MINUS Ford bezeichnete ihn als „Capri 78“, allgemein setzte sich schnell der Begriff Capri III durch. Viele sehen in ihm die Vollendung des etwas unglücklich dreinschauenden Zweiers. Die weiter heruntergezogene Motorhaube sorgte dabei zusätzlich für eine Verringerung der Auftriebskräfte an der Vorderachse. Der Steinschlagschutz wurde verbessert. Bei der qualitativ besten Capri-Baureihe müssen wie bei allen anderen vor einem Kauf (mindestens) diese Punkte geprüft werden: Lampenkästen (nicht beim Einser), Kotflügel (original verschweißt), Stehbleche, A-Säulen, Schweller, Bodengruppe, Radkästen und -läufe. Gern jaulen die Hinterachsdifferenziale, die Buchsen der Querlenker an der Vorderachse sind oft verschlissen, die Lenkzwischenwellen ausgeschlagen.

DER ZWEIER hatte die geringste Stückzahl aufzuweisen

10 9 6 4 4 n. m. n. m. n. m. n. m. n. m. 10 10 10 10 73

8 6 7 6 8 8 8 8 7 7 7 6 6 6 8 6 8 8 7 7 8 6 7 4 7 7 8 3 104 88

1 1 9 n. m. n. m. 1 n. m. n. m. n. m. n. m. n. m. 1 1 14

7 5 7 7 6 8 7 7 6 7 5 5 6 83

740

270

450

480

530

530–705

215

420

Radstand 2559/Länge 4439

Radstand 2559/Länge 4288

ABMESSUNGEN

ABMESSUNGEN

ABMESSUNGEN

INNENBREITE VORN 1325 mm • SPURWEITE 1346/1320 • BREITE 1645 REIFEN 165 SR 13 • SITZPLÄTZE 4

INNENBREITE VORN 1310 mm • SPURWEITE 1353/1384 • BREITE 1698 REIFEN 185/70 SR 13 • SITZPLÄTZE 4

INNENBREITE VORN 1310 mm • SPURWEITE 1372/1403 • BREITE 1698 REIFEN 185/70 HR 13 • SITZPLÄTZE 4

Platz, Variabilität Alltagstauglichkeit Sicherheit Fahrleistungen Verbrauch, Reichweite Sitzkomfort, Sicht Federungskomfort Innengeräuschwerte Marktpreis Preisprognose Unterhaltskosten Ersatzteilversorgung Reparaturfreundlichkeit Zwischenergebnis

10 4 10 4 10 5 10 7 10 5 10 6 10 5 10 4 10 6 10 8 10 4 10 4 10 4 130 66

Gesamtergebnis

270 172 149 148 168 182 87 187 181

4 1 7 2 1 4 5 6 6 7 10 6 3 1 5 6 3 7 5 2 6 5 2 6 5 n. m. 5 6 n. m. 6 2 n. m. 4 2 1 6 3 1 6 55 28 74

7 5 6 9 2 8 7 6 7 7 3 2 4 73

7 8 7 7 7 8 7 7 7 6 8 7 7 93

* n. m. = nicht messbar

FAZIT DER HAI FRISST ALLE. Die acht heißen Capri sind Fahrzeuge verschiedensten Charakters. Der RS in der Rennversion erfordert den Profi-Fahrer, der zivile Bruder ist eine fahrbare Legende. Ein graziles Auto wie der Perana wirkt mit V8Power eher überfordert. Die Zusatzkraft des Turbo May ist reizvoll, der Zakspeed war leider nicht fahrbereit, aber man weiß auch so, wie anstrengend er ist. Obwohl der Werksturbo nach Punkten gewinnt: Mein Sieger heißt Mako V8. Der nach einem Hai benannte Capri kombiniert dezenten Auftritt mit höllischem, aber beherrschbarem Fahrspaß!

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FOTOS: C. BITTMANN (4), AUTO BILD SYNDICATION

✛ ✁✂✄☎✆✝ 2559/ ✏✞✟✠✡ ☛☞✌✍

525

✙✎✑✒1030

650

895

457

490–665

690

415

695

575

830

265

900–1050 750

541

601

900

470

450–740

ERSATZTEILE Der Händler Tilo Rögelein aus Erligheim (www.capri-teile.com) hat ungezählte Capris verwertet und ist in Sachen gebrauchte Bleche und Technik ein guter Ansprechpartner. Die Firma Motomobil (www.motomobil.com) in der Nähe von München hat ein umfangreiches Lieferprogramm; angeboten werden Nachproduktionen und überholte Altteile. Ab und an gibt es auch mal originale Neuteile, bei Redaktionsschluss etwa einen 90-PS-V6Motor für 3082 Euro. Vorderachs-Querlenker komplett für alle Baureihen gibt es für 49 Euro pro Seite. Eine Heckklappe ist mit 660 Euro ausgezeichnet, ein Repro-Kotflügel kostet 177 Euro.

1323

ERSATZTEILE Der Zierrat für die seitlichen Sicken? Die Gummileisten der Chromstoßstangen? Kotflügel? Viel Glück bei der Suche! Die nur beim Capri II zu findenden Teile sind heute kaum noch beschaffbar. Der rührige Capri-Club Deutschland (www.capri-club-deutschland.de), der seit Jahren einen eigenen Vertriebskanal betreibt und sein Angebot stetig um weitere Nachfertigungen aus den verschiedensten Baugruppen und allen Baujahren erweitert, kann bei diesen drei Teilen aktuell auch nicht helfen. Eine Neuauflage der besagten Gummileisten ist allerdings in Planung. Ansonsten weiß man beim CCD, wo noch Teile lagern könnten. Immerhin passt vieles vom Nachfolger – mit mehr oder weniger großem Anpassungsbedarf.

Capri III sind am häufigsten im Markt vertreten und trotzdem nicht billig. Unter 5000 Euro gibt der Markt in erster Linie Scheunenfunde her. Marktbeobachter Classic Data sieht den ausgereiften 2.8i im Zustand 2 bei 14 300 Euro, auch höhere Preise sind aber aktenkundig. Raritäten wie der Werksturbo werden sowieso meist in der Capri-Szene weitergereicht. Zakspeed-Rennwagen sind nicht erhältlich.

670

ERSATZTEILE Hier für alle drei Baureihen erwähnt: An Ford braucht man sich in Sachen Capri kaum zu wenden. Für die frühen Modelle verglühte viel im 1977 abgebrannten Ford-Teilelager in Köln, für die späten gibt es auch nichts. Die Szene hilft sich also selbst. Die größten Sorgen bereitet das Thema Blech. In England werden immer mal wieder Karosserieteile nachgefertigt, die Passgenauigkeit etwa bei Kotflügeln ist jedoch zuweilen grausam. Ebenfalls düster ist die Lage bei der Innenausstattung, da muss im Regelfall der Sattler zaubern. Wenn es um Technik geht, lohnt der Blick zum Markenkollegen: Manches fand sich auch in Taunus und Co. Der schwierigste Fall sind die spezifischen Teile des nur kurz produzierten Capri 73.

MARKTLAGE

805

Mit vier Jahren hat der Capri II die geringste Produktionsdauer aller Baureihen und dementsprechend auch die kleinsten Stückzahlen. Doch selten heißt nicht zwingend teuer, jedenfalls nicht bei den Basismodellen: Die Preise für Autos mit fälligen Restarbeiten beginnen bei etwa 5500 Euro (1,6 Liter). Für den 1975 laut Werbung nur auf Wunsch hergestellten „Schwarz-Gold“ in „John-Player-Optik” ist knapp der vierfache Betrag fällig.

1357

Capri I mit kleinen Motoren gibt es zu vertretbaren Preisen ab 8000 Euro. Die heißen Modelle sind aber rar und teuer. RS-Straßenversionen sind vereinzelt und kaum unter 50 000 Euro zu finden. Wichtig: Ein originaler RS trägt den Motorcode Q. Es gibt viele nachträgliche Umbauten mit Teilen aus dem RS-Programm und hochgejazzten Motoren. Einen Perana-V8 zu ergattern wäre ein Sechser im Lotto. Gruppe-2-RS sind nicht verfügbar.

1330

MARKTLAGE

820–1125

Wie sie uns anmachen

Was sie können

MARKTLAGE

575

Der Ur-Capri markiert eine neue Ära in der Geschichte von Ford Europa, fast vergleichbar mit dem riesigen Erfolg des Mustang beim Verkaufsstart in den USA. Ab 6993 Mark war ein sportlich auftretendes Coupé mit Platz für vier Personen zu haben. Das konnte 1969 sonst niemand bieten. Ein Volltreffer; bis zum Produktionsstopp im Dezember 1973 – ab Spätsommer 1972 als modifizierter Capri 73 – wurden mehr als eine Million der populären Coupés verkauft. Die weitgehend simple Technik der Großserie und die robusten V4- und V6-Motoren sind noch heute beherrschbar. Problematisch wurden mit den Jahren aber die Karosserien, die sich als rostanfällig erwiesen und den Capri-I-Bestand dezimierten.

DER DREIER war der Solideste

930

PLUS/MINUS

Autor Marc Keiterling ist Fan des Ford Capri

625

DER EINSER wurde im Herbst 1972 überarbeitet

max. Punkte

Vielseitigkeit und Wirtschaftlichkeit, das waren die Verbesserungen des Capri II, als er 1974 präsentiert wurde. Eine weit aufschwingende Heckklappe ließ nun ein leichtes Beladen des Gepäckraums zu, der Kofferraum konnte durch umklappbare Rücksitzlehnen vergrößert werden. Der Luftwiderstand wurde verringert. Alles sehr vernünftig, doch wer stellt beim Oldie die Vernunft voran? Auch seine Optik – besonders die klobigen Scheinwerfer-Blöcke – war schnell ziemlich out. Das konnten auch die sportlich auftretenden S-Modelle, unter anderem mit mattschwarzen Stoßstangen versehen, nicht verhindern. Schon in den frühen 1980erJahren wurde vielen Exemplaren die Optik des Nachfolgers verpasst. Das macht den Capri II heute zu einer seltenen Erscheinung.

2.8 INJECTION

ZAKSPEED TURBO

Auffälligkeit 10 8 7 10 7 7 Außendesign 10 8 6 9 6 8 Innendesign 10 7 7 6 7 8 Anfassqualität 10 7 7 5 6 7 Verarbeitung 10 6 6 5 7 7 Motorsound 10 8 9 10 7 9 Fahrgeräusche 10 7 7 8 6 7 Motorcharakteristik 10 8 7 10 7 7 Lenkung 10 6 5 8 7 7 Fahrspaß 10 8 7 9 8 9 Sympathiefaktor 10 10 7 10 7 8 Ausgefallenheit 10 7 8 10 6 9 technisches Niveau 10 7 5 10 7 8 historische Bedeutung 10 9 6 10 6 8 Zwischenergebnis 140 106 94 120 94 109

PLUS/MINUS

TURBO MAY

MAKO V8

CAPRI III (1978–1986)

RS-RENNVERSION

CAPRI II (1974–1977)

PERANA V8

CAPRI I (1969–1973)

RS-STRASSENVERSION

‡ AUTOS 50 Jahre Ford Capri


AUTOBiografie

TEILE-PUZZLE Im Frühjahr 1985 ist der Ro 80 komplett – fehlen nur noch Lackierung und Montage. Heinrich Afflerbach investiert seinen Jahresurlaub und ungezählte Nächte. Am Jahresende ist er Autobauer

80 www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017

FOTOS: G.V. STERNENFELS (2)

‡ MENSCHEN Heinrich Afflerbach

„ICH BAUTE DEN LETZTEN RO 80“

1985: Erstes komplettes Produktionsjahr der Mercedes-Baureihe 124, Opels letzter Rekord biegt auf die Zielgerade ein, der Ford Granada rollt auf ebendieser aus. Und Heinrich Afflerbach erlangt die Allgemeine Betriebserlaubis für einen Ro 80. Wie bitte?

D

er NSU Ro 80 wurde zwischen 1967 und 1977 genau 37 406-mal gebaut. Acht Jahre später, 1985, entstand das 37 407. Exemplar. Wie kann das sein? Die Antwort findet sich nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, in Neckarsulm, sondern im Siegerland. Hersteller war

Heinrich Afflerbach aus Kreuztal-Eichen, ein im doppelten Sinne einmaliger Autoproduzent: Er ist Erbauer und Besitzer des weltweit einzigen „Afflerbach“, so steht es offiziell im Brief. Seine Triebfeder? Wut! Und natürlich die Leidenschaft für NSU. „1975 hatte ich einen Ro 80 gekauft – nicht mein erster NSU, ich war ¤ www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017 81


‡ MENSCHEN

WANKELHISTORIE

Mazda Cosmo Sport Felix Wankel Mit der Festlegung 1932 entwickelt die Dreh- 1954 des Bewegungskolben-Maschine DKM 32. ablaufs lernt der Wankel-

NSU-Ingenieur 1958 H.-D. Paschke konzipiert den Kreiskolben-

Sie hat bereits Ähnlichkeit mit dem späteren Wankelmotor. Die Technische Entwicklungsstelle (TES) wird in Lindau eingerichtet.

Wankelmotor (KKM). Mit dem NSU Prinz wird erstmals ein Auto per Wankelmotor angetrieben.

1951

motor das Laufen. Die DKM 54 (die Zahl steht für das Entstehungsjahr) absolviert Tests in der NSU-Versuchsabteilung.

1957

1960

Vorstellung des NSU 1963 Wankel-Spider mit Einscheibenmotor auf der IAA.

Cosmo Sport das erste Serienmodell mit Zweischeibenmotor auf den Mazda zeigt auf der Tokyo Markt. NSU zieht mit dem Motor Show einen Versuchswa- Ro 80 im Oktober nach. gen mit Zweischeibenmotor. NSU und Citroën gründen Mazda bringt die gemeinsame Tochter im Mai mit dem Comotor in Luxemburg.

Mercedes präsentiert Mercedes zeigt den 1969 den C 111-I mit Drei1970 C 111-II mit Vierscheischeibenmotor auf der IAA in ben-Wankel auf dem Genfer

1967

Frankfurt. 267 Exemplare des Citroën M35 entstehen, die zu Erprobungszwecken des Einscheiben-Wankelmotors an ausgewählte Kunden gehen.

Mercedes C 111-1

FOTOS: G.V. STERNENFELS (3), HERSTELLER (3), A. EMMERLING, G. VON STERNENFELS

WANKEL-HERBERGE Zwei Prinz, zwei Ro 80, ein WankelSpider – und ein Reservemotor: das NSU-Reservat des Heinrich Afflerbach

ROHKAROSSE Fünf Jahre nach Produktionsende wartete das letzte Blechkleid in Neckarsulm noch auf einen Käufer. Afflerbach schlug zu

SPÄTGEBURT 1985 fertiggestellt, erst 1992 zugelassen: Afflerbach ließ sich Zeit mit der Anmeldung

schon länger Fan der Marke“, erzählt der 74-Jährige, in dessen fein sortierter Halle neben zehn Zweirädern des Herstellers unter anderem auch ein Wankel-Spider und zwei Prinz parken. Als sich im Spätherbst 1976 das nahende Ende des Ro 80 abzeichnete, äußerte Afflerbach in zwei Briefen an den Volkswagen-Konzern sein Unverständnis. VW hatte durch seine Tochter Auto Union GmbH (Audi) seit der Fusion 1969 das Sagen bei NSU. Auf seine Zeilen, aus denen eine riesige Enttäuschung herauszulesen ist, folgten besänftigende Antworten aus Wolfsburg, verbunden mit dem Hinweis auf das attraktive Alternativangebot namens Audi 100. „Wütend war ich. Eine solche Designikone sterben zu lassen – unfassbar!“, braust Afflerbach auch mehr als 40 Jahre später noch auf. „Für mich war es unbe-

82 www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017

greiflich, dass man den wundervollen Wankelmotor nicht weiter verfeinert hat. Daraus entstand einige Jahre später eine wahnsinnige Motivation.“ Der Wankelmotor – wundervoll? Ja, dazu steht Afflerbach, obwohl auch er die Schattenseiten kennenlernen musste. So drehfreudig und vibrationsarm das turbinenartig surrende Triebwerk war: In seinen ersten Jahren brachte es auch die Kunden zum Rotieren. „Bei meinem Ro 80 ging es 1978 mit dem Kompressionsverlust los. Zwei Jahre später kam ein Austauschmotor rein.“ Der Kunde als Testfahrer einer 1967 noch nicht standfesten Technologie – das ruinierte den Ruf der futuristisch gezeichneten Limousine so nachhaltig, dass es in zehn Jahren nur zu den gut 37 400 Exemplaren reichte. Afflerbach sagt: „Ich weiß, es ist nicht logisch zu erklären. ¤

ÜBERZEUGUNGSTÄTER Afflerbach kennt die Schwächen (und erlebte sie selbst), findet das Wankel-Prinzip aber dennoch „wundervoll“

Salon. Keine Serienfertigung. Mazda hat mit Cosmo Sport, R100, R130, RX-2, RX-3 und RX-4 sechs Wankel-Modelle im Programm.

1972


‡ MENSCHEN

Mazda RX-2

beginnt die Produktion des GS Birotor mit einer Weiterentwicklung des Ro-80-Motors. Nach Einstellung des Modells

im Oktober 1975 versucht das Unternehmen, alle Exemplare zurückzukaufen, um keine Ersatzteile mehr vorhalten zu müssen. Nach nur 37 450 Exemplaren endet nach zehn Jahren

1977

Citroën Birotor

Bauzeit die Fertigung des NSU Ro 80. Mazda baut im selben Jahr rund 50 000 Wankelmotor-Fahrzeuge. Mazda produziert mit dem Oberklasse-Coupé Eunos

Eunos Cosmo

1990

Cosmo (ausschließlich in Japan verkauft) das erste Serienauto mit DreischeibenWankelmotor. Das BiturboTriebwerk leistet 300 PS. Mit dem 787B gewinnt Mazda das 24-Stunden-Rennen von

1991

Mazda 787

Le Mans. Volker Weidler, Johnny Herbert und Bertrand Gachot schaffen auf den 4923 gefahrenen Kilometern einen Schnitt von über 205 km/h. Es ist der einzige Gesamtsieg eines Fahrzeugs mit Wankelmotor. In vier Generationen baute Mazda seit 1978 den RX-7,

2002

FOTOS: G.V. STERNENFELS (3), HERSTELLER (2), F. MEYER, G. VON STERNENFELS, IMAGO

Bei Comotor, 1973 nun im Alleinbesitz von Citroën,

BRIEF UND SIEGEL Die Zulassungsdokumente weisen Afflerbach als Hersteller aus. Dieser Ro 80 ist somit offiziell kein NSU!

LANGE LISTE Handschriftlich führte Heinrich Afflerbach seinen Teilebedarf bis zur kleinsten Schraube auf

DER ANDERE NSU Trotz VW-Logo passt der K70 in Afflerbachs Garage. Er ist eine 100-prozentige Neckarsulmer Entwicklung 84 www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017

SPÄTES MODELL Frühe Ro 80 hatten noch eine anfällige Doppelzündung mit zwei Zündkerzen pro Kammer

Doch zu dieser Zeit – Anfang der 80er – kam mir der Gedanke: Ich baue mir selbst einen Ro 80!“ An der Teile-Theke des örtlichen VAGHändlers Walter Knebel wurde Afflerbach 1982 mit einer ungewöhnlichen Frage vorstellig: Kann Neckarsulm noch eine Rohkarosse liefern? „Verrückter Wunsch“, schmunzelt der NSU-Fan heute. „Doch statt mich mitleidig anzulächeln, kam tatsächlich die Antwort: ,Eine allerletzte Karosse ist noch zu haben.‘ Für 8000 Mark habe ich ohne zu zögern zugegriffen.“ Rohkarosse. Im Klartext heißt das: nur die Hülle. Keine Türen, keine Haube, keine Kofferraumklappe. Fahrwerk, Motor, Getriebe, Elektrik, sämtliche Anbauteile, Innenausstattung: alles nicht dabei. Zur Einordnung: Im letzten Produktionsjahr des Ro 80 standen 23 620 Mark auf der

Rechnung – für ein komplettes Auto. Es braucht daher keine besondere Fantasie, um sich vorzustellen, dass der allerletzte Ro 80 nach seiner Fertigstellung um einiges teurer kam. „Keine weiteren Zahlen!“, winkt Afflerbach ab. „Nur eins verrate ich dazu noch: Die ersten 8000 hatte ich bei der Bank aufgenommen. Der Banker, ein Bekannter, sagte nur zu mir: ,Heinrich, lass die Finger davon. So viel Geld und doch nur eine leere Hülle!‘“ Doch nun gab es kein Zurück mehr. In den folgenden gut zwei Jahren stand der Automobilhersteller in spe im zweiwöchigen Rhythmus mit handgeschriebenen Teilelisten vor dem VAG-Tresen. Bis zur kleinsten Schraube stammt alles aus dem Audi-NSU-Regal, der „Afflerbach“ besteht aus fabrikneuen Originalteilen. Gebrauchtware? „Nein. Keine Kompromisse!“ Lediglich das Gestühl ¤ www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017 85


‡ MENSCHEN Kompaktvan hat einen quer eingebauten, wasserstoffbetriebenen Wankel-, einen Elektromotor und einen Nickel-Metallhydrid-Akku an Bord. Kurzes Leben für den Mazda

Mazda Furai

2008

Furai. Das Konzeptfahrzeug mit 455-PS-Dreischeibenmotor geht bei einer Fahrt für das BBC-Automagazin „Top Gear“ in Flammen auf. Auf dem Genfer Autosalon zeigt

2010

Audi A1 e-tron

DER RO 80 WIRD 50 GEWINNEN SIE! ≥ Ein neues Buch über den Ro 80 ist im Delius Klasing Verlag erschienen (Autor: Klaus Arth, 112 S.). AUTO BILD KLASSIK verlost zehn Exemplare. Schicken Sie dazu bitte eine Mail mit dem Stichwort „Ro-80-Buch“ an klassik@ autobild.de. Einsendeschluss ist der 9. Juli 2017.*

* Die Gewinner werden unter allen Teilnehmern per Los ermittelt. Mitarbeiter der Axel Springer SE, Axel Springer Auto Verlag GmbH und der Delius Klasing Verlag GmbH sowie deren Angehörige dürfen nicht teilnehmen. Die Gewinner werden schriftlich oder telefonisch benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Eine Barauszahlung ist nicht möglich.

‡ Heinrich Afflerbach baute den letzten Ro 80. Das älteste erhaltene Exemplar der Wankel-Limousine wurde – noch von Hand – am Donnerstag, 19. Oktober 1967, in der Farbe Saguntoblau gefertigt. Dabei handelt es sich um die laufende Nummer 11. Dieser Wagen wird dabei sein, wenn der Ro 80 Club International seinen Fünfzigsten feiert. Die Jubiläumsveranstaltung findet vom 30. September bis 3. Oktober in Neckarsulm statt. Am ehemaligen Produktionsstandort wird der „Ro 80 Club Film“ des Berliner Filmemachers Frerk Jòn Lintz Premiere feiern. Mittendrin, am Sonntag, 1. Oktober, bildet das Schloss Solitude bei Stuttgart die Event-Bühne fürs Jubiläumstreffen. Ein vertrauter Rahmen: Dort war der Ro 80 am 21. August 1967 vorgestellt worden. Weitere Infos unter www.ro80club.org

spendete ein Schlachtauto, Afflerbach ließ es mit weißem Leder beziehen. Anfang 1985 war der viele Seiten lange Einkaufszettel abgearbeitet. Zusätzlich hatte die Familie Afflerbach mehrfach passende Geschenke unter den Tannenbaum gelegt oder auch zum Geburtstag überreicht, darunter die Außenspiegel und den Aschenbecher. Nach der Lackierung – Afflerbach entschied sich für die Mercedes-Farbe „Classicweiß“ – baute er mit ausgeprägtem handwerklichem Geschick bis zum Herbst sein Puzzle selbst zusammen. Einzige Hilfen: der vorhandene Ro 80 als Referenzauto und ein Werkstatthandbuch. Bei der Zuteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis staunten sie in der kleinen siegerländischen TÜV-Vertretung, bevor sie dem Wankel-Fan die Schlagzahlen in die Hand drückten. „Ich habe

86 www.autobild-klassik.de | Nr. 8/2017

Audi das Elektrofahrzeug A1 e-tron, bei dem ein Einscheiben-Wankelmotor als Reichweitenverlängerer dient. endet die Produktion des Mazda-RX-7-Nachfolgers RX-8. Den Export nach Europa hatten die Japaner schon ein Jahr zuvor eingestellt.

Aufstieg Der sportliche Heinrich 1943 Afflerbach wird 1964 zum Kleinkraft- 1971 NSU TT auf in Kreuztal geboren. rad NSU Quick 50. Prinz-Basis löst den Ein acht Jahre Mit dem 1200er ab. 1961 altes Moped 1969 NSU 1200c Ein VW – kauft Heinrich 1973 „aber nur, vom Typ Quickly wird sein erstes Afflerbach eine Woche weil der K 70 aus-

2012

nicht lang überlegt, sondern die Fahrgestellnummer 087 100 1080 eingeschlagen, die der letzten von 1977 folgt.“ Afflerbachs Ro 80 ist damit offiziell der allerletzte. Der vorletzte rollte vom Band direkt ins Deutsche Museum. Bis zur Zulassung vergingen dann aber noch weitere sieben Jahre. „Ich fand es reizvoll, einen Ro 80 mit null Kilometern zu besitzen. Ich saß oft davor, habe ihn intensiv betrachtet und mich daran erfreut. Und zum Fahren hatte ich ja einen.“ Am 1. Januar 1993 wurde dann allerdings die Abgasnorm „Euro 1“ für die Typgenehmigung neuer Fahrzeuge wirksam. „Bei diesen verschärften Vorschriften hätte ich das Auto sicher nie mehr zugelassen bekommen. Also bekam er zehn Jahre nach Kauf der Rohkarosse im Herbst 1992 seine erste Anmeldung.“ Marc Keiterling

FOTOS: HERSTELLER (3), G.V. STERNENFELS (2), A. HARDER, U. SONNTAG

im Herbst läuft nach insgesamt 811 634 Exemplaren die Modellreihe aus. Auf der Tokyo Motor Show wird die verbesserte Variante des Mazda Premacy Hydrogen RE Hybrid gezeigt. Der

2007

VITA

Mazda RX-7

OPA UND ENKEL Dass sein Großvater ein einmaliger Autobauer ist, findet auch der siebenjährige Johannes klasse

Mazda RX-8

Fahrzeug Marke NSU.

vor seiner Hochzeit den ersten Neuwagen.

schließlich von NSU entwickelt wurde.“


‡ MENSCHEN Genau hingeschaut: Bei diesem Austin 12/4 aus dem Jahre 1936 nimmt Robert Stump mittels Fäden Maß. Sie helfen bei der Bestimmung der Proportionen. Für das Anziehen einer Freiform mittels des Ziehmessers ist Feingefühl gefragt

DER HOLZWURM Wo Herzblut pulsiert, werden rationale Erwägungen beiseitegespült: Robert Stump ist 32 Jahre alt und Stellmacher. Warum lernt ein junger Mann einen beinahe toten Beruf und beschäftigt sich mit Autokarosserien, die schon Mitte der 1930er-Jahre „altes Eisen“ waren?

D

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setzten die zahlreich existierenden Karosseriebaubetriebe oft Aufbauten, die den individuellen Wünschen der Kundschaft folgten. Das Gerüst bestand bis Ende der 1920er-

Jahre aus Holz, das mit Blech, Kunstleder oder Leder verkleidet wurde. Danach entwickelte der US-amerikanische Autozulieferer The Budd Company die ¤

FOTOS: M. GLOGER (2)

ie erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war die goldene Zeit der Karosseriebaukunst. Auf die von den Automobilwerken gelieferten Fahrgestelle

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‡ MENSCHEN

Das Cockpit eines Austin 12/4: Mit dem Profilkamm wird die Kontur eines nicht zu rettenden Altteils millimetergenau abgegriffen, um sie aufzeichnen zu können. Danach beginnt der Neubau

Messschieber mit Uhr, Bleistift, Abgreifzirkel und Lineal gehören zum Handwerkszeug. Die Zeichnung darunter zeigt einen 1934er Aston Martin Le Mans Ulster

erste Ganzstahlkarosserie. Doch bis weit in die 1930erJahre blieb Holz bei vielen Herstellern der Werkstoff der Wahl. „Eine Symbiose, wie ich sie liebe!“, ruft Robert, schiebt seine Cordkappe nach hinten und betrachtet das gerade von ihm zu bearbeitende Rahmenholz eines Austin 12/4 von 1936. „Hier kann der technikbegeisterte Holzwurm seine beiden Leidenschaften unter einen Hut kriegen: individuelle Arbeit im Schreinerhandwerk und

Oldtimer-Freak.“ Das mit den Leidenschaften ist vielleicht kein Zufall. „Man darf ja nicht alles den Vorfahren anlasten – doch wenn der Uropa Holzbildhauer war und der Opa als Kfz-Sachverständiger arbeitete, bist du auch familiär klar vorbelastet“, sagt Stump. Er ist gelernter Schreiner. Standard ist nicht sein Bestreben: „Ich finde es spannend, die Einzellösung zu finden. Das brauchst du auch, wenn es um die Rekonstruktion von Holzaufbauten geht.“

Mal sind es bröselnde Fragmente oder verfaulte Reste, oft aber auch komplett nackte Fahrgestelle, die auf den Hof der Sinnersdorfer Mühle am Stadtrand von Köln transportiert werden. Hier arbeitet Stump mit Werk zeugen, die teilweise so alt sind wie die Fahrgestelle, denen er eine neue Grundlage fürs Blech schafft. Dabei gilt die Devise: Retten, was zu retten ist. „So viel Originalsubstanz wie möglich bleibt erhalten und wird ausgebes-

sert. Oft sind dabei Sünden aus der Vergangenheit zu beseitigen. Wenn da mit Kunstharzklebern, Blechschrauben oder Distanzscheiben hantiert wurde, fällt das ganze ,Kunstwerk‘ nach dem Entfernen auch mal wie ein Kartenhaus zusammen.“ In diesen Fällen – oder wenn eh nichts mehr vorhanden ist – gesellen sich aktuelle Techniken zu Hobel, Beitel und Co. „Ich sichte dann Zeichnungen und Fotomaterial zu dem entsprechenden Fahrzeug. Gibt es Bildmaterial, wird dies vergrößert, ¤

VITA

1985 geboren in Köln 2003 selbstständige Arbeit 2015 Ausbildungsbeginn zum Restaurator im Tischlerhandwerk FOTOS: M. GLOGER (6)

2016 Projektarbeit zum Restaurator: Holzausstattung einer Mercedes Heckflosse Einstellung des Schiffshobels auf die Kontur

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2017 Abschluss der Ausbildung

Wagner ist ein anderer Begriff für Stellmacher

Die 15 Holzschichten am Heckbogen eines Aston Martin Le Mans Ulster werden unter Druck verleimt

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‡ MENSCHEN

Das Holzstück (o.) ist zwar zerstört, aber ein wertvolles Muster. Die Spanplatten (r.) sind Schablonen, nach denen später die Rahmenteile gefertigt werden. Das Raster auf dem Ausdruck dahinter dient zur Bestimmung der Proportionen

Robert trägt seine Zunftbekleidung mit Stolz – wenn die Zeit fehlt, auch mal im Supermarkt. Sein Glück: So fiel er dort vor knapp fünf Jahren Tanja Pinkale auf, die heute seine Lebensgefährtin ist. Ihr Beruf: Steinmetzin

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mal seine Hände im Spiel: werk ist dem Feld des Ka Formenbau für Gießereistü- rosseriebauers angegliedert cke wie Trittbleche oder Tank- worden, der mit Holz natürdeckel gehört auch zu seinen lich normalerweise nichts zu Aufgaben. schaffen hat. Um seine ZuSeit etwa sieben Jahren ist kunft mit einer HandwerksRobert Stump als Holzwurm kunst aus der Vergangenheit tätig, einen Meisterbrief kann sichern zu können, hat Stump er sich trotz seiner Erfahrung sich als „Restaurator im Handnicht mehr verdienen. werk“ fortgebildet. „Ich weiß, dass Der Beruf stirbt aus. Kennen Sie eine Handwerkliche der Kundenkreis Geschichte über einen Techniken und übersichtlich aussterbenden Auto-Beruf? handwerklibleibt. Reich ches Wissen werd ich sidrohen vercher nicht. AUTO BILD KLASSIK loren zu geDafür bin Brieffach 55 10, 20350 Hamburg hen, das Geich aber total Fax: 0 18 05-01 52 96 E-Mail: klassik@autobild.de Stichwort: Aussterbende Auto-Berufe

Schreiben Sie uns:

zufrieden“, sagt er. In guter Gesellschaft befindet er sich auch. Neben Stumps Werkstatt arbeitet ein weiterer Holzkünstler: Claudio Tescari hat sich einen Namen mit Lenkrad-Instandsetzungen und dem Furnieren von Innenraum-Auskleidungen gemacht. Zwei Männer, deren Leidenschaft für Holz wie in Stein gemeißelt scheint – apropos: Roberts Lebensgefährtin Tanja Pinkale hat eine ähnliche Lebensaufgabe gefunden. Sie ist Steinmetzin und restauriert am Kölner Dom. Marc Keiterling

FOTOS: M. GLOGER (4), PRIVAT

am Computer mit einem Programm zur Bildentzerrung bearbeitet und geplottet. Anschließend kommt ein Raster auf den Ausdruck zur Bestimmung der Proportionen“, erklärt Stump. Die zu verwendenden Hölzer? „In England haben sie damals in erster Linie mit Esche gearbeitet, in Deutschland war’s vor allem Buche. Die Esche ist optimal, sie hat extrem lange Fasern und kann mit dieser Eigenschaft Verwindungen sehr gut aufnehmen.“ Auch wenn das Endprodukt nicht aus Holz ist, hat Stump übrigens manch-

Hofnachbarn: Claudio Tescari hat seine Werkstatt neben Stump. Dort setzt er Lenkräder instand und furniert Innenräume

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REPORTAGE

So haben wir den Capri präpariert: Dieses Zündkabel ist im Kern blockiert, lässt keinen Stromdurchfluss mehr zu

Hilfe, Der Autoschlosser von gestern heißt heute Mechatroniker. Diagnosestecker und Laptop gehören zu seinen wichtigsten Werkzeugen. Wie hilflos sind moderne Pannenhelfer, wenn ihnen mal ein Klassiker unterkommt? AUTO BILD KLASSIK hat es mit einem Ford Capri getestet

Es ist der vierte Hauptsatz der Thermodynamik, im Volksmund „Murphys Gesetz“: Was schief gehen kann, geht schief. Der Klassiker bleibt genau dann liegen, wenn das Werkzeug gerade mal nicht im Auto liegt, sondern zu Hause neben der Tasche mit den Ersatzteilen. Und entweder ist ausgerechnet dann der Handy-Akku leer und kein Ladekabel in Sicht, oder der Pannenhelfer kennt sich nicht aus. Wie gut kennen sie sich denn aus mit Klassikern, die Engel in Gelb, Rot, Grau oder Orange? Das hängt sehr davon ab, wer gerade Einsatz hat, ein unerfahrener Mechatroniker oder ein alter Hase, ein einfallsloser Abschlepper oder ein diagnosestarker Tüftler. Was dem Oldiefahrer am Tag seiner Panne passiert, lässt

sich also nicht verallgemeinern – aber wie ist die Tendenz: Gibt es überhaupt fähige Pannenhelfer, die das Auto an der Straße wieder flottmachen können? Wird man nur noch nach Hause geschleppt? Oder endet der Ausflug an einer verschlossenen Werkstatt, kilometerweit von der Heimat entfernt? Das wollen wir herausfinden. Mit einem Ford Capri, Baujahr 1984. Wir simulieren einen Defekt, den ein fähiger Helfer finden und sofort beheben kann: ein funktionsloses Zündkabel. Das kann nach fast 30 Jahren durchaus mal den Geist aufgeben – und sollte in einem gut sortierten Pannenhelfer-Fahrzeug zu finden sein. Um die Arbeit der sechs alarmierten Pannenhelfer verglei-

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Panne! Immer der gleiche Ablauf: Wir halten, stellen das Warndreieck auf, und rufen die Notrufnummer an – die Zeit läuft

chen zu können, wählen wir identische Bedingungen, aber verschiedene Pannenorte – um nicht enttarnt zu werden. Immer steht der blaue Capri am Samstagoder Sonntagnachmittag am Straßenrand. Die Entfernung zum Heimatort liegt zwischen 35

Welche Erfahrungen haben Sie bei Pannen gemacht?

Schreiben Sie uns: AUTO BILD KLASSIK Brieffach 3910, 20350 Hamburg Fax: 0 18 05-01 52 96 E-Mail: klassik@autobild.de Stichwort: Oldie-Pannen

und 50 Kilometern. Nie zickt der Ford mitten in der Stadt, nie in der völligen Einöde, sondern immer in der Nähe eines Dorfs im Westen der Republik. Wir rufen Klubs an, bei denen wir zuvor Einzelmitgliedschaften zum Basistarif abgeschlossen haben: ADAC, AvD, ACE, Bruderhilfe (BAVC), Automobilclub Verkehr (ACV) und Mobil in Deutschland. Zwischen 31 und 59 Euro haben wir dafür bezahlt. Nicht viel Geld, zugegeben. Abschleppen ist teuer. Unbezahlbar aber wäre ein Pannenhelfer, der auch Oldies flottmachen kann. Und da zeigt unser Test mit dem alten Capri: Die Aussichten sind trübe. Marc Keiterling

August 2012 · Nr. 8 | www.autobild-klassik.de 77

Fotos: F. stange (3), Marc Keiterling

Die stellen wir auf die Probe: vier altbekannte Automobilklubs, dazu „Mobil in Deutschland“ und den Verein Bruderhilfe Automobil- und Verkehrssicherheitsclub


REPORTAGE

AVD

jetzt kann ich nichts machen. Ich schleppe zur nächstgelegenen Werkstatt ab.“ Der AvD-Versicherungsschutz greift nur, wenn der Pannenort mehr als 50 Kilometer Luftlinie vom ständigen Wohnsitz des Mitglieds entfernt liegt. Vor einer Bosch-Vertretung im nächsten Ort endet der Ausflug ins Münsterland. Der AvD ist schnell vor Ort, findet aber den Fehler nicht und lässt den Havaristen in der Provinz allein zurück.

falsch geflaggt: ACE angerufen, ein Abschlepper im AvD-Look rückt an. Das Unternehmen arbeitet für beide Klubs, der ACEWagen ist zu diesem Zeitpunkt woanders im Einsatz Eines ist nach der recherche für diesen Artikel amtlich: Der Abschlepphaken des Capri ist intakt. hier wird wieder mal die haltbarkeit demonstriert

Keine echte hilfe: Eine Dreiviertelstunde arbeitet der helfer vergeblich am Capri. „hier und jetzt kann ich leider nichts für Sie tun“, sagt der nette Mann vom AvD

AVD Ort Distanz Heimatadresse Wartezeit Arbeitszeit Gesamt Ergebnis Endzeit UrTEIL

Rhede 45 Kilometer 20 Minuten 45 Minuten 65 Minuten Abschleppen in die nächste Werkstatt 75 Minuten MANgELhAfT

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Beste Zeit im Test, Ergebnis nicht zufriedenstellend

ADAC

‡ Die Frau am ACV-Telefon verspricht rasche Hilfe. Wort gehalten, wenige Minuten später meldet sich der Chef eines Abschleppdienstes in der Nähe. Und dämpft die Erwartungen: „Vor Ort werden wir Ihnen kaum helfen können.“ Schnell ist auch sein Mitarbeiter da. Er tippt gleich auf die Zündanlage. Eine Messung ergibt: Strom vor Zündspule ja, Strom hinter Zündspule nein. Ergibt: Zündspule defekt. Vielleicht nur das Kabel? „Könnte sein, so etwas habe ich aber nicht dabei“, bedauert er. Der Capri wird auf die Ladefläche verfrachtet. „Was der ACV an Abschleppkosten übernimmt, reicht bis auf wenige Kilometer zu Ihnen nach Hause. Den Rest nimmt mein Chef auf seinen Deckel.“ Wenn ich nun in Hamburg wohnen würde? „Dann hätten wir versucht, Ihren Wagen bei uns im Betrieb irgendwie ans Laufen zu kriegen.“ Immerhin.

Endstation am ford-Autohaus in Datteln. Mindestens 90 Euro, schätzt der fahrer, würde der Transport nach hause kosten – weil die Panne zu nah am Wohnort geschah

Zuvor kontrolliert er die Spritzufuhr, grenzt das Problem auf den Bereich Zündung ein – gut. Der Verteiler ist unauffällig, bis auf eine nicht relevante Beschädigung der Kappe Am haken geht es zur Bosch-Werkstatt – die hat zu. Ende der reise, es sei denn, der Kunde zahlt den Weitetransport selbst. Zwei Nachfragen beim AvD bleiben unbeantwortet

ACV

‡ Fast anderthalb Stunden Wartezeit sind rum, da taucht im Außenspiegel endlich der gelbe ADAC-Straßenwachtwagen auf. Mit einer Zündkerze ohne Gewinde kontrolliert der Gelbe Engel den Zündfunken – nicht vorhanden. Vermuteter Urheber des Malheurs: Kondensator am Verteiler oder Zündspule. Das ADAC-Mobil ist mit Schubladen vollgestopft – jede Wette, dass irgendwo hier jener Draht liegt, der uns eine Weiterfahrt ermöglichen könnte. Die besorgt bis nach Hause aber der Abschlepper. Beinahe vier Stunden dauert der komplette Akt – gruselig.

Mobil

‡ Die Stimme am Telefon klingt sympathisch. „Ich schicke Ihnen einen Abschlepper. Das kläre ich jetzt und rufe nachher noch einmal an.“ Ein Abschlepper – also wenig Hoffnung auf Reparatur. Nach einer Viertelstunde klingelt Mobil wieder an: „In 20 Minuten ist Hilfe vor Ort. Alles Gute für Sie.“ Wirklich nett, aus den 20 Minuten werden allerdings annähernd anderthalb Stunden. Der junge Mann, dessen Firma auch eine Autoverwertung betreibt, kreist den Fehler schnell ein. „Klar, die Zündung, an der Kerze kommt nichts an.“ Den Capri am Haken, geht es nach Hause. Was, wenn’s nur das Zündkabel ist? „Dann wäre ich mit Ihnen auf unseren Platz gefahren. Da hätte ich aus einem Auto eins ausgebaut und Ihnen das Ding geschenkt“, so der Helfer. Verflixt, es war das Kabel. Der Mann hätte satt Punkte machen können.

Keine wirksame Pannenhilfe an der Straße – dafür aber die Broschüren mit den Themen „rabatte“ und „freunde werben“. Im Werbetext heißt es: „Wir hoffen, dass Sie mit unserer hilfe zufrieden waren.“ Oben: die umgebaute Zündkerze für die Diagnose

ACE Ort Distanz Heimatadresse Wartezeit Arbeitszeit Gesamt Ergebnis Endzeit UrTEIL

Waltrop 41 Kilometer 50 Minuten 15 Minuten 65 Minuten Abschleppen in die nächste Werkstatt 110 Minuten MANgELhAfT

‡ In 45 Minuten ist die Hilfe vor Ort, verspricht die Dame am Telefon. Versprechen gehalten. Es kommt ein Abschlepper, erstaunlicherweise mit einem AvDLogo. „Wir haben aber auch ein Auto mit dem ACE-Logo“, so der Fahrer. Erste Maßnahme: eine Prise „Start Rapid“ in den Luftfilter. Dann wird der in die Benzinleitung eingebaute Kraftstofffilter begutachtet. Der ist sauber und mit Super plus gefüllt. „Es könnte der Vertei-

ler sein, so etwas habe ich aber nicht dabei.“ Und: „Die Zündkabel sehen noch gut aus, ein Defekt ist hier selten.“ Aha, Aussehen ist gleich Funktion? Wir sind weniger als 50 Kilometer Luftlinie von meiner Heimatadresse entfernt, und ich bin Basismitglied – deshalb bringt der ACE mein Auto nur bis zur nächsten Ford-Werkstatt. Für ein Taxi nach Hause würde er mir eine Pauschale von bis zu 30 Euro zahlen.

Was lange währt, wird endlich – auch nichts. Erst nach langer Wartezeit trifft die hilfe ein. Erstaunlicherweise kann der helfer am Zündspulen-Eingang keine Spannung feststellen, hier kommt jedoch definitiv Strom an. Ein Zündkabel hätte es kostenlos vom Schrottplatz gegeben

Der fehler im Bereich der Zündanlage ist schnell geortet. Aber der helfer hat nicht mal ein simples Stromkabel dabei. Zu den wenigen Dingen an Bord gehören Draht („Tür öffnen bei Schlüssel drin, Sie wissen schon“) und ein paar Sicherungen. huckepack geht’s nach hause ACV Ort Distanz Heimatadresse Wartezeit Arbeitszeit Gesamt Ergebnis Endzeit UrTEIL

Rayen 35 Kilometer 30 Minuten 20 Minuten 50 Minuten Abschleppen zur Heimatadresse 100 Minuten AUSrEIChEND

ADAC Ort Distanz Heimatadresse Wartezeit Arbeitszeit Gesamtzeit Ergebnis Endzeit UrTEIL

Velbert 43 Kilometer 85 Minuten 15 Minuten 100 Minuten Abschleppen zur Heimatadresse 220 Minuten AUSrEIChEND

MOBIL Ort Essen (Stadtrand) Distanz Heimatadresse 41 Kilometer Wartezeit 85 Minuten Arbeitszeit 15 Minuten Gesamt 100 Minuten Abschleppen zur Ergebnis Heimatadresse Endzeit 160 Minuten UrTEIL AUSrEIChEND

August 2012 · Nr. 8 | www.autobild-klassik.de 79

Fotos: Marc Keiterling (11), F. stange (4)

‡ Es fängt verheißungsvoll an. Gerade 20 Minuten sind seit dem Anruf bei der AvD-Notrufnummer vergangen, da rollt schon das Hilfsfahrzeug an. „Wir haben vom AvD die Richtlinie, in 20 Minuten vor Ort zu sein“, sagt der freundliche Mann in Rot. Er überprüft den Benzinschlauch, kontrolliert die Stromzufuhr an einer Zündkerze. Schließlich der Tipp: defekte Zündspule. Aha. Und nun? „Hier und

ACE


Das bieten die Pannenhelfer

REPORTAGE

bAVC

‡ Das Telefonat beginnt lustig: „Baujahr?“ „1984.“ „Nein, nicht Ihr Geburtsdatum!“ Es kommt kein Abschlepper, sondern ein Servicemobil. Pannenhelfer Georg Hüting lächelt: „Ein altes Auto, da kann man noch was machen.“ Spontan vermutet er als Ursache des Defekts die Zündanlage. Rasch sind die Kontakte ausgebaut, die Stirn des Fachmanns zeigt Runzeln: „Die haben schon eine Nase.“ Sorgfältig glättet er

BAVC Ort Distanz Heimatadresse Wartezeit Arbeitszeit Gesamt Fotos: F. stange (5)

Ergebnis Endzeit UrTEIL

Rhede 45 Kilometer 75 Minuten 30 Minuten 110 Minuten Weiterfahrt möglich 110 Minuten SEhr gUT

die Stelle mit einer kleinen Feile. Wieder eingebaut, das Coupé bleibt bockig. „Zündkabel durchmessen!“ Ergebnis: Hier geht nichts durch. „Habe ich nicht dabei, jetzt müssen wir improvisieren. Das ist bei den Oldies ja möglich.“ Hüting kramt ein Standard-Stromkabel aus einer Schublade und schneidet es zurecht. Die blanken Enden in die Kabelstecker gefriemelt und angeschlossen – der Capri springt an.

Der Mann hat es drauf, und das passende Material hat er auch dabei. georg hüting von der firma AMf aus hamminkeln bekommt den ford wieder zum Laufen. Mit einem Standard-Stromkabel. „fassen Sie das nicht an, sonst funkt’s. Bitte schnellstens ein neues Zündkabel einbauen“, erklärt er abschließend. Zuvor hat er noch die Kontakte überholt. „Wenn Sie liegen bleiben, stehen wir auf“, lautet der Slogan des hauses AMf. Scheint ja zu stimmen

Wichtig: Vergleichen Sie die Leistungen. Manche Klubs gewähren Pannenhilfe nur für ein einziges fahrzeug, das auch auf das Mitglied zugelassen sein muss. ‡ BAVC-Bruderhilfe Automobil- und Verkehrssicherheitsclub (BAVC) Mobilschutz Basis 31 Euro/Jahr. Abgeschleppt wird nur bis zu der Werkstatt, die dem Pannenort am nächsten liegt, oder zu einem gewünschten Ort in gleicher Entfernung. ‡ Automobilclub von Deutschland (AvD) Einzelmitgliedschaft 59 Euro/Jahr. Liegt der Pannenort weniger als 50 Kilometer Luftlinie vom Wohnsitz des AvD-Mitglieds entfernt, wird nur bis zu der Werkstatt abgeschleppt, die dem Pannenort am nächsten liegt. ‡ Automobilclub Verkehr (ACV) Regelmitgliedschaft 59,76 Euro/Jahr. Beim Abschleppen trägt der ACV beziehungsweise die Versicherung DEVK die Kosten bis zu 155 Euro. ‡ Allgemeiner Deutscher Automobilclub (ADAC) Mitgliedschaft 44,50 Euro/Jahr. Es wird nur bis zu der geeigneten Werkstatt/Fachwerkstatt abgeschleppt, die dem Pannenort am nächsten liegt. Der ADAC übernimmt die Kosten dafür bis zu 200 Euro. ‡ Automobilclub Europa (ACE) Mitgliedschaft 59,70 jährlich. Abgeschleppt wird nur bis zu der geeigneten Markenwerkstatt, die dem Pannenort am nächsten liegt. Der ACE übernimmt die Kosten dafür bis 75 Kilometer Fahrt im Inland. ‡ Mobil in Deutschland Basis-Mitgliedschaft 24 Euro jährlich. Abgeschleppt wird bis zum Wohnsitz. Basis-Mitgliedschaft gilt für Deutschland, nur für das Mitglied und ein einziges Auto, das auf diese Person privat zugelassen ist. Ein Zweit- oder Dritt-Oldtimer ist von der Pannenhilfe ausgenommen.

Von wegen Pannenhelfer: Die meisten sind nur abschlepper ‡ Glück für den BAVC: Sein Pannenhelfer war in unserer Stichprobe der wahre Engel. Hätte er den Ford nicht flottbekommen, wäre der BAVC direkt in die Kategorie „Durchgefallen“ gerutscht, denn auch nach seinen Regeln wird das Auto nur bis zur nächsten Werkstatt transportiert. Genereller Eindruck: Kommt ein Ab-

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schleppwagen, wird auch geschleppt. Einfache Lösung – weil der Honorarsatz zwischen Dienstleister und Autoklub feststeht. Neben den Durchfallern enttäuschte vor allem der „gelbe Engel“. Nur 15 Minuten Fehlersuche, keine Soforthilfe, obwohl der ADAC-Wagen prall gefüllt war. Chance vertan. Marc Keiterling


‡ REPORTAGE Kultsendung „Formel Eins“

FOREVER

YOUNG Die Musiksendung „Formel Eins“ prägte das Lebensgefühl der 80er. Markenzeichen war ein alter Studebaker. Mehr als drei Jahrzehnte später bringt AUTO BILD KLASSIK Maskottchen und Moderatoren wieder zusammen

So adrett sagt Peter Illmann selten die Stars an, meist trägt er lässige Outfits. Moderatorin und Regisseur: Stefanie Tücking und Michael Bentele besprechen die nächste Einstellung im Studio Wiedervereinigung in München: „Formel Eins“-Regisseur Michael Bentele sowie die Moderatoren Peter Illmann und Stefanie Tücking posieren mit dem aufgehübschten Studebaker

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‡ REPORTAGE Kultsendung „Formel Eins“

Paul Rutherford und Holly Johnson (Frankie Goes To Hollywood) erhalten für „Relax“ das Seitenfenster

„Isetta-Pflücken“ sorgte für Ärger Autoschrott als Preis für Nummer-eins-Hits, doch kein Künstler traute sich zu meckern

Steffi und Peter schieben das „Formel Eins“-Maskottchen ins rechte Licht. Michael führt – wie damals –Regie

S

chulterpolster, hochtoupierte Haare und Karottenjeans, Synthi-Pop und Neue Deutsche Welle: Das waren die 80er. Kurios eigentlich, dass ausgerechnet ein Oldtimer aus den 50er-Jahren zum Markenzeichen einer Fernsehsendung wird, die wie keine zweite das Lebensgefühl dieses Jahrzehnts verkörpert. Wie das kam, erzählt der Erfinder des „Formel Eins“-Gesichts beim Ortstermin in den Bavaria-Filmstudios in München. Alles beginnt 1982 mit einer Postkarte, abgeschickt in den USA. Michael Bentele, frischgebackener Absolvent der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film, hat gera-

de die Anfrage zur Regiearbeit für ein in Deutschland völlig neuartiges TV-Format erhalten. „Formel Eins“ steht in den Startlöchern, der damals 26 Jahre alte Jungregisseur ist auf der Suche nach Ideen für die passende Kulisse. „Schrottig sollte es sein, kein Hochglanz-Fernsehen. Da musste als Symbol ein altes Auto her. Die Postkarte mit einem zerfallenen Studebaker Champion hat alle überzeugt. Tolle Schnauze, eine grandiose Kiste!“ Die Abbildung wird zur Vorlage für den ZeichentrickfilmTrailer. Zum Start der Show am 5. April 1983 gibt es noch keinen echten Wagen. „Schnell

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war klar: So ein Ding muss im Original her“, erzählt Bentele. „Die Kollegen aus der Requisite machten sich auf die Suche.“ Das bedeutete damals: Kleinanzeigenteile von Zeitungen und Automagazinen durchforsten, tage-, wochenlang. „Kaum noch vorstellbar, so eine Suche ohne Internet“, wirft Stefanie Tücking ein, die als Nachfolgerin von Peter Illmann und Ingolf Lück 1986 und 1987 insgesamt 80 „Formel Eins“-Folgen moderierte. Gleich um die Ecke der Bavaria-Studios wird das Team tatsächlich fündig. Michael Bentele: „Es war total irre! Der

Studebaker, ein 1950er, stand in einer Garage mit zugemauerter Einfahrt in München-Bogenhausen. Keiner wusste, was dieser Quatsch sollte. Die Besatzungskennzeichen der Amis waren noch am Auto, und das Ding sprang sogar an. 2000 Mark war der Preis.“ Peter Illmann, der „Formel Eins“ bis 1984 präsentierte, hat noch genau vor Augen, wie der Studebaker damals aussah. „Er war nicht pink, es war ein eher schlammiges Dunkelgrün. Das trug er auch bei meinen ersten Moderationen noch. Die Farbe knallte aber nicht so richtig, wirkte eher matt.“ Da sich das „Formel Eins“Auto von der sonstigen Deko abheben soll, ist Umspritzen

angesagt, passend zur Farbe des Schriftzugs und zum Vorspann. In Pink wird der Wagen schließlich zum prägnanten Aushängeschild der Sendung. Die ersten Folgen sind für den vom Radio geholten Moderator Peter Illmann nicht die reine Freude: „Ich kam zum Fernsehen und dachte an Glamour, Glanz, Gold“, sagt er. Von wegen! „Stattdessen haben sich mich in einen braunen Overall gesteckt. Passend zu unserer Schrott-O-Drom genannten Deko sah ich darin aus wie ein Autoverwerter.“ „Alle vier Moderatoren, von Peter über Ingolf Lück und Stefanie Tücking bis zu Kai Böcking, und zahlreiche ¤

‡ Der Spitzenreiter der deutschen Charts bekommt bei„ Formel Eins“ bis Folge 36 einen ganz speziellen Preis. „Wir beschlossen, eine Isetta zu zerlegen und der jeweiligen Nummer eins ein Teil des Autos mit entsprechender Beschriftung zu überreichen“, erklärt Michael Bentele. Von den Zuschauern gab es daraufhin böse Briefe – „wie man so einen schönen Oldtimer kaputt machen könne und so“. Bis zum Moderator dringt der Publikumsprotest jedoch nicht durch. „Auch von den Künstlern hat keiner gemeckert, das haben sie sich nicht getraut, weil die Sendung dafür in Deutschland zu wichtig war“, erinnert sich Peter Illmann. „Aber blöd geguckt haben schon einige, wenn sie für eine Nummer eins keine Goldstatue, sondern ein olles Autoteil bekamen.“ Als Rod Stewart mit „Baby Jane“ einen Erfolg landet, jettet Illmann zur Preisübergabe nach Tel Aviv. „Dort habe ich ihm den rechten Scheinwerfer der Isetta in die Hand gedrückt. Dass er den noch hat, glaube ich kaum.“ Wer was bekommt, entscheidet die Redaktion. Modern Talking erhielt – nicht zuletzt wegen der im gesamten Team verhassten Musik – einen Stoßdämpfer. Den wickelt Dieter Bohlen auf dem Heimweg in seine Jacke ein, das Teil ist aber noch mit Öl gefüllt. Schöne Bescherung. Kajagoogoo sind da schlauer – sie lassen sich ihre Trophäe mit der Post schicken. Die Gefahr der Verschmutzung ist beim rechten Scheinwerfer allerdings gering.

Die Fronttür stellt die Flying Pickets vor Transportprobleme

„Wenn wir eine Nummer musikalisch ,na ja‘ fanden, gab’s richtigen Schrott. Laid Back erhielt für das grausame ,Sunshine Reggae‘ den Auspuff“, grinst Bentele. Ganz aus dem Häuschen waren die Flying Pickets. Sie mussten die Fronttür der Isetta vor dem Studio in den Kleinwagen der Managerin quetschen. In München lassen wollten die Briten ihre Auszeichnung aber auf keinen Fall. „Die Pflück-Isetta war ja längst Geschich- Depeche Mode bekommt für „People te, als ich 1986 anfing“, sagt Stefanie. Are People“ den rechten Kotflügel „Aber mit ’ner anderen Isetta aus dem Fundus gab es auch in meiner Zeit eine wilde Geschichte.“ Die vier Bandmitglieder von The Cure hatten sich in den Kopf gesetzt, in voller Besetzung den MiniBMW zu entern. Da die Tür zugeschweißt war, sind sie da rein, wo vorher mal die Scheibe war. „Kaum zu glauben, die haben das tatsächlich geschafft. Nur raus war schwierig. Die drei hatten sich dadrin hübsch verknotet.“ Das Zerpflücken startet mit Die beiden letzten Teile der Urdem Scheinwerfer. Per Post geht das Ding an Kajagoogoo Isetta bleiben „in der Familie“. Regisseur Bentele bekommt zur 37. Die vorletzte Trophäe bleibt Folge den Tacho. Das Fahrgestell im Haus: Bentele hält Tacho schenkt das Team Illmann zu und angeschweißten Koldessen letzter Sendung ben bis heute in Ehren im Dezember 1984. „Nicht transportabel, das Teil, ich hab es stehen lassen“, gibt er heute zu.

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‡ REPORTAGE Kultsendung „Formel Eins“

Tote Hosen kriegen den Bagheera nicht klein ‡ Der Regisseur steht im Regelfall nicht vor der Kamera. Es sei denn, er spielt sich mal selbst, so wie Michael Bentele im 1985 angelaufenen „Formel Eins Film“. Sein Auto wird in dem Streifen ein Opfer der Band „Die Toten Hosen“. Die in der Story im Studio mehrfach abgewiesene Rockgruppe will mit einer Gewalt-Promoaktion die Presse auf sich aufmerksam machen. Zielscheibe: ein Matra-Simca Bagheera, von dem die Jungs nicht wissen, dass er dem Regisseur gehört. Mit Vorschlaghämmern bewaffnet, stürzen sich die „Hosen“ auf das Coupé und dreschen darauf ein – mit zunächst dürftigen Ergebnissen, wie sich Bentele lachend erinnert: „Die Produktion hatte sich ein außergewöhnliches Auto ausgesucht, aber total außer Acht gelassen, dass dieser Wagen keine Blechkarosserie hat. Mit Beulenreinschlagen und Abknicken war da wenig, der Kunststoff zeigte sich enorm widerstandsfähig. Dadurch gelang die Zerstörung für die Kamera nicht effektvoll genug. Letztlich musste mit einer Flex und mehreren Einstellungen nachgeholfen werden, um den Matra kleinzukriegen.“ Bevor nun jemand auf den Gedanken kommt, sich über die Zerstörung des Bagheera zu echauffieren – Einmal-Schauspieler Bentele liefert für besorgte Klassiker-Enthusiasten die Beruhigungspille: „Das Exemplar aus dem Film war so gerade noch fahrfähig und ist vor dem Dreh ordentlich aufgehübscht worden. Ganz sicher kein Sammlerzustand.“

Frische Farbe für den Studebaker, „Formel Eins“-Trio happy. Benteles gelbe Jacke ist das Original aus dem Film (unten)

Künstler haben wir vor, neben oder auf dem Wagen in Szene gesetzt“, erinnert sich Regisseur Bentele – unter ihnen auch richtige Weltstars, in einer Sendung mit Stefanie Tücking zum Beispiel US-Schauspieler Michael Douglas, der sich in einer stuntartigen Szene beim Interview mit der Moderatorin vom Kotflügel stürzt. „Er kam damals ins Studio, trug einen strahlend weißen Leinenanzug. Eher schüchtern wurde ihm die Frage gestellt, ob er mit mir eine Szene als Autoschrauber im Overall machen würde. Da war er sofort dabei, total unkompliziert“, berichtet Stefanie. Zunächst einmal musste jedoch die Kulisse herangeschafft werden. Im Winter 1982/83 grasen die Requisiteure dazu diverse Schrottplätze ab. Was irgendwie entfernt an einen Ami erinnert, etwa der Ford P7, und erkennbar nicht der damals aktuellen Produktion entspricht, wird abtransportiert. Bentele: „Manchmal waren es auch nur noch Teile, attraktive Frontpartien etwa oder ein aufgeschnittener Fiat 126, den wir später wie eine Couch inszeniert haben. Aus Vorderwagen wurden sechs Meter hohe Türme zusammengeschweißt, die drehbar waren.“ Absolute Sahnestücke: fünf Coca-Cola-Transporter. Es ist aber nicht nur Abfall, der ins rechte Bild gesetzt wird. Auch hochwertige Oldtimer werden immer wieder ausgeliehen, etwa von Hans Kleissl, heute eine Top-Adresse für die Restaurierung von MercedesFlügeltürern.

Wo rohe Kräfte sinnlos walten: Die filmreife Zerstörung des Bagheera glückte nicht auf Anhieb

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‡ REPORTAGE Kultsendung „Formel Eins“

Vier Moderatoren und vier Titelmelodien gab es: Da kein Plattenspieler zur Hand ist, summen sich Michael, Steffi und Peter gegenseitig was vor

Mit inzwischen über 50 nach wie vor auf Sendung: „Formel Eins“-Macher Peter Illmann, Ingolf Lück, Stefanie Tücking und Kai Böcking (v. l.)

Die Moderatoren – das machen sie heute Stefanie ging zum Radio, doch der Rest des „Formel Eins“-Teams blieb dem Fernsehen treu ‡ Vier Moderatoren hielten bei „ForIngolf Lück (56) ist mit dem mel Eins“ von 1983 bis 1990 das SteuBühnenprogramm „Ach, er in der Hand. Bis 1988 lief die Sendung Lück mich doch“, einer Bilanz in den dritten Programmen, danach im aus 30 Jahren Showbiz, auf Ersten. Zwischen Peter Illmann (67 SenTour und moderiert im WDRdungen von April 1983 bis Dezember Fernsehen die Sendung „21 Dinge“. 1984) und Stefanie Tücking (80 AusgaStefanie Tücking (52) ist, ben von Januar 1986 bis Dezember wie sie selbst sagt, „Journa1987) präsentierte Ingolf Lück 1985 in listin geworden“. Beim Ra40 Sendungen Stars und Videos. Auf Tüdiosender SWR3 ist sie wocking folgte Kai Böcking (120 Sendunchenweise mit einer tagesgen, Januar 1988 bis Dezember 1990). aktuellen Sendung zur Mittagszeit zu hören. Außerdem gibt es „abends noch Er machte schließlich das Licht aus. ab und an eine Musiksendung, damit Peter Illmann (55) ist heu- ich nicht ganz aus der Übung komme“. te als VeranstaltungsmodeKai Böcking (50) ist als Morator unterwegs. 2013 spielderator und Produzent seit te er in der Gesellschaftssanunmehr 25 Jahren im Ferntire „König von Deutschsehgeschäft tätig. Aktuell land“ an der Seite von Veronica Ferres moderiert er eine Reiseund Olli Dittrich (Drehbuch und Regie: kolumne unter dem Titel „Kai reist“ für David Dietl). Ab 11. Oktober ist Illmann Kabel eins und Sat.1 Gold. Außerdem mit einer „Best Of Formel Eins“-Staffel produziert er eine Kunst-Dokureihe für bei RTL Nitro (Empfang über Astra- n-tv ART. Seine Sendung „Rrumms“ auf Satellit) auf Sendung. Bis zum 13. De- Kabel eins floppte 2013 und wurde nach zember laufen zehn Folgen. nur zwei Folgen eingestellt.

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Die Bavaria Filmstadt

Auf die teuren Leihgaben aufzupassen ist nicht immer leicht. US-Sängerin Cyndi Lauper etwa muss während der Aufzeichnung regelrecht ausgebremst werden. „Sie war mit ,Girls Just Want To Have Fun‘ bei uns, ihrem ersten großen Hit“, erzählt Peter Illmann. „Ein totaler Wirbelwind, die hat

das ganze Studio gerockt. Nur mit Mühe war sie davon abzubringen, ihren Tanz auf der Motorhaube eines angemieteten Triumph fortzusetzen.“ In buchstäblich letzter Sekunde geht der Regieassistent dazwischen. Da die Rockröhre aber partout nicht auf die wilde Einlage verzichten will, wird

der schmucke TR 3 durch einen schrottigen Karmann Ghia aus dem eigenen Fundus ersetzt. „Den konnte man anschließend in die Tonne treten“, lacht Peter Illmann. Zurück zum Studebaker. Nach dem Ende von „Formel

Eins“ geht es mit dem pink lackierten Ami aufwärts, jedoch nur im übertragenen Sinn. Er wird außen an der Halle 10, wo die Sendungen entstanden, in luftiger Höhe aufgehängt. Dem Wetter schutzlos ausgelie fert, gammelt er: Rost nagt am

Blech und unterwandert den Chrom, der Innenraum wird zum Feuchtbiotop. Bald geht das Siechtum in einer Ecke des riesigen Bavaria-Geländes weiter. Wäre ein Altmetallhändler vorbeigeschneit, dann wäre es das wohl gewesen. Doch als im vergangenen Jahr das 30. Jubiläum der ¤

‡ Die Bavaria Filmstadt im Süden Münchens schreibt seit 1919 Kinound TV-Geschichte. Alfred Hitchcock, Billy Wilder, Ingmar Bergman, Orson Welles, Stanley Kubrick, Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Wolfgang Petersen und viele andere weltbekannte Regisseure haben hier ihre Filme inszeniert. Im „Hollywood an der Isar“ entstehen aber nicht nur Kinohits wie „Das Boot“, „Die unendliche Geschichte“, „Das Parfüm“, „Der Baader-Meinhof-Komplex“, „Wickie und die starken Männer“ oder „Tarzan“, sondern auch Fernsehproduktionen wie „Sturm der Liebe“ und „Die Rosenheim-Cops“. Die täglichen Filmstadt-Touren sind eine der Top-Attraktionen für München-Besucher. Infos unter www. filmstadt.de

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‡ REPORTAGE

Alles auf Anfang: Diese Postkarte liefert 1982 die Idee für das Markenzeichen der Sendung „Wann machen wir mal wieder was zusammen?“ Die Stimmung beim „Formel Eins“-Klassentreffen ist hitverdächtig

Was Steffi in der echten Formel 1 erlebte und warum Peters Kadett keine Kurven mochte ‡ „Formel Eins“ – zumindest für Stefanie war das nicht bloß die gleichnamige Fernsehsendung. „Ich war 1986 beim letzten Grand Prix in Brands Hatch und auch in Estoril“, erzählt die Moderatorin. Ihrem Freund Christian Danner brachte das kein Glück: „Immer, wenn ich da war, hat er verloren. Gewinnen konnte er mit seinen Kisten vermutlich sowieso nicht. Aber er wollte mich trotzdem nicht mehr sehen. Es gibt ein Foto, da sitze ich in seinem Boliden, das hat er mir so signiert: ,Liebe Steffi, bitte komm nie wieder‘. Das Bild hängt heute noch bei meinen Eltern in der Küche.“ Danner, heute RTL-Kommentator, holte in 36 Rennen insgesamt vier Punkte ... Die Formel-1-Cracks trifft Stefanie damals auch abseits der Rennpisten. Ein-

mal muss ihr „Babba“ (pfälzisch: Vater) richtig leiden. Ins Schleudern gebracht werden er und Stefanie vom fünffachen Grand-Prix-Sieger Clay Regazzoni. „Ein Promi-Kartrennen außerhalb von Zürich. Ich stand mit meinem Vater vorm Hotel und kannte den Weg zur Strecke nicht. Da sprach uns Regazzoni an, ob wir uns an ihn ranhängen wollten. Er rutschte aus seinem Rollstuhl in einen dicken Mercedes – und ab ging’s.“ Tempolimits kümmern Regazzoni nicht, mit 120 rast er durch die Innenstadt. Vater Tücking flucht: „Der is enn Nationalheld. Aber mir nemme se de Labbe ab.“ Am Ende waren Schwitzflecken bis zum Knie zu verzeichnen. Stefanies Debüt als Rallye-Kopilotin ist reine Berechnung. „Jürgen Schramek hat

Steffi mit Christian Danner und Brigitte Nielsen, Saab-Fahrer Bentele, Peter und sein getunter GSi. Beim Kartrennen mit Clay Regazzoni (rechts im Bild), Fritzinger hat den Tiger, aber nicht im Tank

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Arabella-Hochhauses in München statt. Alles seriös, auch wenn es merkwürdig klingt. 32 000 Mark habe ich in bar zwischen den parkenden Autos bezahlt.“ Benteles Saab ist ein US-Modell, ExDiplomatenfahrzeug, hat Klimaanlage, Zentralverriegelung und mittlerweile 170 000 Meilen auf dem Zähler. „Hinten in der Mitte befindet sich die dritte Bremsleuchte, für die war 1991 noch eine Sondergenehmigung nötig“, erinnert sich der Regisseur. Heute pendelt Bentele mit seinem alten Schweden zwischen München und Köln – eher gemütlich. „Ich fahre maximal 130, schneller brauche ich nicht.“ Oder er sitzt am Steuer eines 97er Ford Transit, wenn er mit seiner Band, den Cajun Roosters, zu Konzertauftritten durch die Lande tourt. Die Combo spielt traditionelle Cajun- und Zydeco-Musik, wie sie im Südwesten des US-Staats Louisiana populär ist. Benteles aktuelle Fernseh-Regiearbeiten: „Aktenzeichen XY ungelöst“ (ZDF) und „Heimatsound“ (BR).

GEWINNSPIEL

Blechgeschichten

mich Mitte der 80er als Beifahrerin ange- Steuer, weil die Autobahnen so verstopft heuert. Mit ihm bin ich erste Deutschland- sind. Da habe ich keine Lust drauf. PrinziRallyes gefahren. Der hat sich damals ge- piell fahre ich aber gern“, erzählt der Modacht, ’ne Beifahrerin mit Publicity kann derator. „Eines meiner ersten Autos war für die Sponsorensuche nicht schaden.“ ein Renault R5 Alpine, ein wahrer Flitzer. Klaus Fritzinger, Fußballer und Rennfah- Bei Opel in Rüsselsheim haben sie für mich rer aus Kaiserslautern in den späten 80ern eiund Jugendfreund von nen Kadett E GSi optiSteffis Vater, war spämiert. Der war noch etter der gleichen Meiwas tiefer als normal. nung. „Das mit dem Wenn ich schnelle Kurven fuhr, schrappten Vorlesen des Aufschriebs hatte ich ja bedie Vorderräder in den reits drauf. Mit FritzinKotflügeln.“ ger bin ich die HimalaRegisseur Michael Benya-Rallye gefahren. tele wechselt etwa zur Zwei Monate Indien, „Formel Eins“ trifft Formel 1: gleichen Zeit die Autoein großes Abenteuer! Stefanie mit Stefan Johanns- marke. Nach einem Fiat 1990 sind wir bei der son (links) und René Arnoux 127 und zwei Ritmo fand Rallye Monte Carlo geer es Anfang der 90er an startet, leider kam mit technischen Pro- der Zeit, sich neu zu orientieren. Schon blemen das Aus.“ seit 1991 hält er seinem Saab 900, Farbe Schnelles Autofahren liebt auch Peter Ill- „Rosenquarz“, die Treue. „Das Auto habe mann. Mittlerweile nimmt der 55-Jährige ich über einen Re-Import-Händler in Ulm allerdings lieber die Bahn. „Ich setze mich erstanden. Der hatte es aus Dänemark, in Deutschland eigentlich kaum noch ans die Übergabe fand in der Tiefgarage des

Musiksendung ansteht, erinnert sich die Bavaria wieder an das Autowrack. Der Studebaker wird mit einfachen Mitteln ein wenig aufgehübscht, das stumpfe Pink erneuert, das ermattete Chrom silbern gestrichen. Keine Restaurierung im klassischen Sinne, aber wenigstens als Erinnerungsstück wird das „Formel Eins“-Auto wieder erkennbar. Auch in die Filmstadt-Besuchertouren wird der

Studebaker wieder eingebunden – was Peter Illmann, Stefanie Tücking und Erfinder Michael Bentele beim Wie dersehen mit dem „Champ“ sehr freut. „Es ist eine coole Kiste, die für eine absolute Kultsendung der 80er steht. Mir war gar nicht klar, dass das Auto hier in den letzten Jahrzehnten derart gelitten hat“, sagt Stefanie

Tücking und schiebt den Studebaker für eine weitere Aufnahme mit dem Kollegen Illmann eigenhändig in Position. „Bedauerlich, dass man es so weit hat kommen lassen“, findet Michael Bentele. „Aber auch richtig klasse, dass sie sich jetzt besonnen und ,meinen‘ Wagen wieder aufgehübscht haben.“ Marc Keiterling

Hammerharte Fanpakete zu gewinnen ‡ „Formel Eins“-Fans, aufgepasst: Wir verlosen fünf hammerharte Pakete, bestehend aus jeweils zwei CD- und DVD-Boxen für die echten 80er-Freaks. Auf der CD-Box „So Eighties“ findet sich der komplette Soundtrack des „Formel Eins“-Films, dazu gibt es rare Aufnahmen aller Titelmelodien der Sendung. Die CD-Box „60 Nr. 1 Hits“ eignet sich optimal für die nächste 80er Party. Die DVD-Box „The Best Of Formel Eins“ enthält die Langfassung der sehenswerten Dokumentation von 2013 zum 30. Geburtstag der Sendung. Auf „30 Jahre Formel Eins“ gibt es sieben Stunden Musikvideos. So können Sie gewinnen: Schreiben Sie uns, was Sie mit der Sendung „Formel Eins“ verbinden. Wer war Ihr Lieblings-Moderator und warum? Haben Sie einen Lieblingssong über die Show entdeckt oder mal ein Autogramm von Peter oder Steffi ergattert? Unter allen Einsendern, die ihre Postadresse angeben, verlosen wir die fünf Pakete. Einsendeschluss ist der 15. November 2014 (Datum des Poststempels). Schicken Sie

entweder eine Postkarte an AUTO BILD KLASSIK, Stichwort „Formel Eins“, Brieffach 39 10, 20 350 Hamburg – oder mailen Sie mit der Betreffzeile „Formel Eins“ an klassik@autobild.de. Viel Glück! Mitarbeiter der Axel Springer SE, der Axel Springer Auto Verlag GmbH und der Bavaria Media GmbH sowie jeweils deren Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Teilnahmeberechtigt ist nur, wer in der Bundesrepublik Deutschland lebt. Eine Barauszahlung ist nicht möglich, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Zeitreise in die 80er mit dem „Formel Eins“Fanpaket

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REPORT TaTorT-kulT

ich bin haferkamp Der geradlinigste Tatort-Kommissar fuhr das kantigste Auto:

30 Jahre nach Dienstschluss fährt Marc Keiterling im blauen Tatort-Audi durch Essen

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Fotos: A. Perkovic, dPA Picture-AlliAnce

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REPORT TaTorT-kulT

Tatort Wache Vom Kleindarsteller zum Hauptkommissar: Polizist Uwe Klein spielte in der Folge „Ein Schuss zu viel“ (1979) auf Zeche Bonifacius mit, später noch einmal bei Schimanski – und heute für AUTO BILD KLASSIK vorm Essener Präsidium

margarethenhöhe

Tatort Marktplatz Wie Haferkamps Assistent Willy Kreutzer in „Treffpunkt Friedhof“ (rechts) parkt heute Reporter Marc Keiterling am Platz vorm Gasthaus zur Margarethenhöhe. Haferkamp fuhr von 1975 an blaue 80er – zunächst diesen B1 übersah Regisseur Hajo Gies, dass in einer Szene statt E-MJ 957 noch das originale Kennzeichen IN-NC 80 unter der Chromstoßstange hing. Mit unauffällig nachgemachtem Nummernschild und einem täuschend ähnlichen Audi 80 B2

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in Monacoblau trete ich den Polizeidienst an. Dieses 1982er Exemplar gehört André Reinbold (23) aus Hügelsheim am Oberrhein. Er kaufte es 2005 aus erster Hand. Der damals 71-jährige Vorbesitzer hatte es liebevoll gepflegt. So strahlt der Audi 80 CL

noch immer im satten Erstlack, die graublauen Polster wie unbenutzt, der Tacho zeigt knapp 83 000 Kilometer an. Hoffentlich muss ich keine flüchtigen Gangster verfolgen – der 1300er-Motor und das 3+e-Schaltgetriebe mit Spargang wären keine großen Hilfen. Ganz zivil rolle ich zum Stadtteil Margarethenhöhe. Als ich den Audi oberhalb des Marktplatzes eingeparkt habe, murmle ich: „Ich bin sicher, Sie sind die Mörderin. Ich habe zwar geschossen, doch Sie haben sich der mittelbaren Täterschaft schuldig gemacht.“ Das sagte Oberkommissar Haferkamp 1975 in „Treffpunkt Friedhof“ zur raffinierten Ellen Schaßler (Krista Keller). Traudel Vogel aus EssenMargarethenhöhe kennt diesen Satz auch. „Die Szene wurde im Wohnzimmer von Frau Lafleur gedreht, Hoher Weg 17“, weiß sie. „Eine alte Bekannte von mir. Nicht einmal ein Honorar haben die vom Fernsehen ihr damals bezahlt.“ Für Brigitte Scharnhorst, die Frau Vogel begleitet, ein Stichwort. Sie deutet auf einen malerischen Laubengang oberhalb des Platzes: „Dort haben sie bei einer anderen Folge gedreht. Die Schauspielerin bürstete in der Szene vor der Tür ein Sakko aus. Da ist Geld geflossen – weiß ich ganz genau!“ Der Streifen hieß „Drei Schlingen“ (1977), Schauspielerin Else Quecke verkörperte Frau Küppers. Margarethenhöhe – eine wunderschöne Gartenstadt, benannt nach der Stifterin Margarethe Krupp. An so idyllischen Ecken des Kohlenpotts wurden TatortKrimis gedreht. Rauchende Schlote, drehende Seilscheiben am Förderturm einer Zeche, glühender Stahl? Das war selten zu sehen. Einer der Gründe: Die vom Westdeutschen Rundfunk beauftragte Produktionsfirma Bavaria saß in München, ließ aus Kostengründen viele Szenen in Bayern drehen. Auch das Arbeitermilieu kam nicht oft vor. Meistens ermittelte Haferkamp in gutbürgerlichen Kreisen oder der feinen Gesellschaft. Nur in zwei der 20 Folgen schnupperte Haferkamp dicke Pott-Luft: Die Episode „Fortuna III“ (1976) spiegelt die Stimmung des wirtschaftlichen Niedergangs im Ruhrgebiet wider, an Schauplätzen zwischen stillgelegter Zeche, Fußballplatz und Platz- .

bergwerk carl funke

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polizeipräsidium

Fotos: WDR (4), A. PeRkovic (3)

Sang- und klanglos schmiss er damals hin. In seiner Rolle nicht erschossen, nicht versetzt, nicht in den Ruhestand gegangen. Grußlos weg. Schauspieler Hansjörg Felmy hatte 1980 die Nase voll. Von den Drehbüchern, von jüngeren Regisseuren, die Haferkamp nur noch als mürrischen und zuweilen cholerisch polternden Beamten darstellten. Felmy lehnte zwei Drehbücher ab – und Schluss. Der Essener Tatort-Kommissar Heinz Haferkamp war Geschichte. „Schönes Wochenende“ hieß die Folge, die letzte Klappe fiel mit dem Zuschlagen einer Wagentür auf einem grauen Parkplatz. Mich interessierte das damals nicht. Ich war elf, hatte in Sachen TV eher „Pfiff“, die „Disco“ und den „Schüler-Express“ auf dem Zettel. Das Interesse erwachte, als ich etwa 1982 meinen ersten Haferkamp sah und mir klar wurde, dass hier in Essen gespielt wurde. In Essen, meiner Stadt! Nicht wie sonst immer in München, Hamburg, Berlin. Fand ich super. An Haferkamp blieb ich kleben. Bis heute. Liegt es nur an Essen? Wieso kann ich heute einzelne Sätze und sogar Dialoge zitieren? Warum haben sich manche Szenen so intensiv auf meiner Festplatte eingebrannt? Gut 30 Jahre nach Haferkamps Dienstende gehe ich auf Spurensuche. Oder besser: Ich fahre. Der Dienstwagen will so sorgfältig ausgesucht sein wie eine Dienstwaffe. Die Ermittlungen haben ergeben: Oberkommissar Heinz Haferkamp, sein treuer Assistent Willy Kreutzer (Willy Semmelrogge) und Kaslik (Ulrich von Dobschütz), anfangs der dritte Mann im Kommissariat 1, wechselten in den ersten Episoden munter die Fabrikate. Von Folge fünf an („Die Abrechnung“) fuhren Haferkamp und Kreutzer stets mit einem hellblauen, viertürigen Audi 80 zum Tatort. Das Kennzeichen blieb gleich (E–MJ 957), aber das Modell war immer das gerade aktuelle – erst der B1, ab der Folge „Spätlese“ das B1-Zwischenmodell mit eckigen Scheinwerfern, und ab dem 1979er Film „Ein Schuß zuviel“ (dem 100. Tatort insgesamt) wurde der B2 eingesetzt. Aus heutiger Sicht ziemlich durchsichtiges Product-Placement. Vor allem in der Folge „Der Feinkosthändler“ (Erstausstrahlung 10. September 1978) – da

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Tatort Zeche Vom Arbeitsplatz zum Freizeitparadies: 1977, als „Drei Schlingen“ gedreht wurde, standen die Bauten der Zeche Carl Funke noch (rechts). Heute sprießen rund um den Förderturm Bäume und Gras (oben)

Tatort Straße Sofa-Ermittlern fiel 1977 in der Episode „Spätlese“ sofort auf: Haferkamp hat ein neues Auto. Wieder blauer Audi 80, wieder E-MJ 957, aber die modellgepflegte B1-Version mit eckigen Scheinwerfern xx. Monatx 20XX ∧ Nr. XX | www.autobild-klassik.de 131


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nachtleben

Im Film „Schönes Wochenende“ (1980) machte Felmy Feierabend: Noch eine Fahrt im Audi 80 B2 an Fachwerkhäusern und T2Transportern vorbei, dann quittierte Haferkamp für immer den Dienst

Fotos: HeRstelleR (5), A. PeRkovic, WDR, PictuRe-AlliAnce / DPA, PictuRe-AlliAnce / obs

REPORT TaTorT-kulT

Sein letzter Tatort

id ze oli hten P n ic che re rkli Meist i w Auch ims Auto. li e b t e

wart-Kneipe mit Kohlenkeller. Den Fußballplatz der Sportfreunde Katernberg gibt es noch. Doch die Kneipe ist dicht, Kohle fördert hier keiner mehr, das Bergwerk Pörtingsiepen ist restlos verschwunden. Ein Oberhausener Hochofen mit glühendem Stahl ist im Erstlingswerk „Acht Jahre später“ (1974) zu sehen: Haferkamp und Berufsverbrecher Brossberg (Rel-

ja Basic) liefern sich eine Verfolgungsjagd zu Fuß, in der die Rollen zwischen Jäger und Gejagtem auf brillante Art wechseln, im Stahlwerk der Thyssen Niederrhein AG. Heute steht dort das Centro – ein Einkaufszentrum. Als Kulissen waren die Zeche Pörtingsiepen und das Bergwerk Carl Funke gut genug, obwohl sie schon 1973 stillgelegt worden waren. Ich lenke den Audi .

Tatort-DVDs zu gewinnen! ‡ Gewinnen sie eine von zehn dvds mit dem Haferkamptatort „spätlese“ von 1977 im Wert von je etwa 10 euro (rechts) – oder gleich zwölf tatorte aus vier Jahrzehnten (unten) mit vielen extras im Gesamtwert von rund 100 euro! sie müssen nur diese Preisfrage richtig beantworten: Wer nannte eine tatort-episode „Banditenfilm aus Montevideo mit Bordelleinlage“?

Die richtige antwort bitte an

AUTO BILD KLASSIK Fax: 0 40-3 47-2 41 76 e-Mail: klassik@autobild.de stichwort: tatort ihre Postadresse bitte nicht vergessen.

: Teilnahmeschlussuhr 24 , 11 3. Februar 20

Teilnahme ab 12 Jahren. Mitarbeiter der Axel Springer AG und der AS Auto Verlag GmbH sowie deren Angehörige sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Bei mehreren richtigen Einsendungen entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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INTERVIEW Willy semmelrogge starb 1984, Hansjörg Felmy 2007. der darsteller des Haferkamp-Assistenten kaslik strotzt auch mit 70 Jahren noch vor Gesundheit. schauspieler und Zeitzeuge ULRICH VON DOBSCHÜTZ im verhör. In den ersten drei Folgen hatten Haferkamp und Kreutzer noch den Kollegen Kaslik an ihrer Seite. Dann war schon Schluss. Warum? von Dobschütz: ich war mit der rolle sehr schnell unzufrieden, weil kaslik hinter Haferkamp und kreutzer sehr eindeutig nur die dritte Geige spielte. ich hatte andere Angebote und habe die Produktionsfirma Bavaria vor die Wahl gestellt: entweder eine gleichberechtigte rolle oder tschüss! es gab damals einen ziemlichen knatsch. Haferkamp wird noch heute verehrt. Wie erklären Sie sich das? (denkt länger nach) ich glaube, weil der Haferkamp verschiedenste Zuschauer für sich einnehmen konnte. er war eigentlich ein ermittler alter schule, korrekt und in seiner Ansprache zuweilen militärisch knapp. Auf der anderen seite arbeitete er mit list und tricks, übertrat da auch gern die vorschriften. so ein

bisschen wie ein kleiner 68er im strengen Anzug. Hansjörg hat sich bei der Zeichnung der Figur Haferkamp stark eingebracht, ihm lag die Psychologie sehr am Herzen. Auch das Privatleben des Haferkamp – mit ex-Frau ingrid und dem innigen verhältnis der beiden Figuren – wurde nach Felmys vorschlägen gezeichnet. Hansjörg Felmy lehnte 1980 zwei Drehbücher ab, zankte sich öffentlich mit dem Sender und dem Produzenten. War er ein schwieriger Typ? Überhaupt nicht. er hatte eine hohe erwartung an sich und seine kollegen. ich kann mir lebhaft vorstellen, dass er schlechte Bücher den Autoren um die ohren haute. recht hat er gehabt! Mögen Sie alte Autos? eines ohne ende: Wenn ich heute eine ds von citroën sehe, packt es mich. ich hatte vier dieser göttlichen Wagen. Wenn ich ein wenig mehr Zeit hätte…


Tatort Tresen

REPORT TaTorT-kulT

Der berühmte Frikadellenmonolog Amtlich karg: drei Kippschalter, Zeituhr statt Drehzahlmesser

TECHNISCHE DATEN Audi 80 1.3 CL, Baujahr 1982 Vierzylinder, vorn quer• zwei Ventile pro Zylinder, eine oben liegende Nockenwelle • Hubraum 1296 cmÍ • Leistung 44 kW (60 PS) bei 5600/min • max. Drehmoment 100 Nm bei 3500/min • Vorderradantrieb • 3+E-Schaltgetriebe • Reifen 165 SR 13 • L/B/H 4383/ 1682/1365 mm • Leergewicht 950 kg • Zuladung 460 kg • DIN-Verbrauch 6,6 Liter Normal • CO2 156 g/km • Spitze 150 km/h • 0–100 km/h 15,5 s

Neupreis 1982: 17 135 Mark Leuchtreklamen, Neonlicht, vorbeihuschende Menschen, Großstadtgetriebe in der hereinbrechenden Nacht. Wo steckt der Schurke, in welchem Laden ist er abgetaucht? Langsam rollt die monacoblaue Limousine die Rüttenscheider Straße – Essens Kneipenmeile

elanchoaus M heute g n s bis chu Mis ort-Fan e i t . D Ta sen en es find –

Im Ruhrgeb i lie und Hä et ist Ha rte p ferk asst am gut p u ins nv Re erg vie r

Konzern-Motor: EA 827 in seiner sanften Form – 60 PS reichten

Fotos: HeRstelleR (5), WDR (4), A. PeRkovic (3), PResseFoto kRAuFmAnn & kRAuFmAnn, DPA

Richtung Förderturm von Schacht 1 auf Carl Funke, genau wie Haferkamp, als er 1979 in „Ein Schuß zuviel“ Knast-Ausbrecher Tomi Selzer (Thomas Ahrens) bis hierhin jagte. Ach ja, gleich gegenüber am anderen Ufer des Baldeneysees wurde der New Yorker MafiaRechtsanwalt Whitman (Günther Stoll) 1976 im Fall „Zwei Leben“ mit einem Kleinkalibergewehr direkt zu Al Capone befördert. Ich fahre zum Polizeipräsidium im Stadtteil Holsterhausen. Und denke dabei über den Beamten Haferkamp nach. „Es kommt wesentlich darauf an, nicht nur das Richtige zu wollen, sondern es auf die richtige Art durchzusetzen.“ Schon diese Ansprache des Haftrichters in „Acht Jahre später“ zeigte, dass der prinzipiell so korrekte Beamte Haferkamp auch anders konnte. Anrufe unter falschem Namen, fingierte Erpressung, ein Toter im Krankenzimmer, der noch einmal aussagen könnte: Er zog alle Register. Uwe Klein, Erster Polizeihauptkommissar, spielte 1979 einmal einen Streifenbullen, durfte dabei sogar einen Satz an den Kommissar richten. „Seinerzeit war das sehr unbürokratisch“, erzählt er. „Das Fernsehen dreht auf Zeche Bonifacius, hieß es, die brauchen noch Polizei-Statisten. Wir sind hin, stiegen aus und standen direkt vor der Linse. Es wurden zwei Takes gemacht, ich sprach einen Satz, fertig war die Sache.“ In einem Schimanski-Tatort stand Klein später wieder vor der Kamera. „Mein Kollege Jochen Stock hat die Fernsehleute damals intensiv beraten und oft mitgespielt. Zwischen ihm und Hansjörg Felmy entwickelte sich eine echte Freundschaft, die beiden Herren haben sich bis zuletzt gegenseitig geschrieben“, erklärt Klein. Bis zuletzt – beide starben 2007.

Gourmet-Restaurants wie das „Haferkamp“ mied Haferkamp. Er ernährte sich in erster Linie von Frikadellen. Ihnen widmete er in der Episode „Treffpunkt Friedhof“ eine Liebeserklärung

restaurant haferkamp

– entlang. Jetzt gilt es, Informanten und Pappenheimer abzuklappern. Mit Retrosakko, Seitenscheitel und Audi 80 falle ich heute mehr auf als damals mein Vorbild. Aber Respekt verdiene ich mir hier nicht damit. An einem Samstagabend in der Großstadt dominieren 30

Jahre später ganz andere Kaliber. Stärkung muss her. Würdiges Ende meiner Dienstfahrt: das Restaurant Haferkamp, vor dem Felmy einst bei einem Pressetermin werbewirksam posierte. Die Karte von Inhaberin Zora Galic eignet sich durchaus für Fein-

schmecker. Sie schaut mich mit einem Anflug von Mitleid an, als ich vom Sinn meines Ausflugs berichte und sogleich anfrage, ob ich auch eine Frikadelle bekommen könnte. „Haben wir leider nicht. Aber ich stelle Ihnen gern einen Teller, Senf und das Bier

zur Verfügung. Bräuchten Sie nur noch den Klops.“ Gut, dass ich heute Morgen eine originale Wegzehrung eingepackt habe. Der beliebteste Tatort-Kommissar ermittelte ganz in der Nähe: Horst Schimanski aus Duisburg belegte nach einer Emnid-Umfra-

ge im Auftrag der BILD am SONNTAG den ersten Platz, vor dem Team Leitmayr/Batic aus München. Enorm: Nach nur 20 Folgen und fast drei Jahrzehnte nach seinem letzten Einsatz ist Heinz Haferkamp immer noch der drittbeliebteste Ermittler.

Über den gebratenen kloß aus Hackfleisch hielt Heinz seiner noch immer sehr geliebten ex-Frau ingrid (karin eickelbaum) am kneipentresen diesen vortrag, nachdem er schon vier verdrückt hatte: „Also, ich will das mal erklären. ein steak braten, das kann wirklich jeder. Aber eine Frikadelle – dafür braucht man erfahrung! eine Frikadelle darf außen nicht verkrustet sein und auch nicht zu hell. schlechte Frikadellen sind matschig oder knochenhart, wenn man sie anfasst. die meisten sind auch viel zu groß, sind weich und lappig wie ein Pfannkuchen. sie muss klein sein und fast rund. ein bisschen abgeflacht, außen kross und innen gerade eben noch durch. so wie die!“ Frau Haferkamp hatte zwar zuvor erklärt, dass sich in Frikadellen auch schon mal Bindegewebe, Haut, Pansen, geriebene Hornhaut und sägemehl gefunden hätten – aber das ließ ihren mit gesundem Appetit kauenden ex nur kurz stocken. erstaunlich: nur in dieser Folge sprach er von der Frikadelle, sonst nannte er sie immer Bulette – im ruhrgebiet ein vollkommen fehlplatziertes Wort.

Für mich ist und bleibt er die Nummer eins. Und: Selten haben Kommissar und Auto so gut zueinander gepasst. Wie der Audi 80 so korrekt und geradlinig vor der Tür steht, möchte ich ihm am liebsten ein Stück von meiner Frikadelle abgeben. Marc keiterling

Tatort-Kommissare und ihre Dienstwagen

Trimmels Ford

Kressins sportwagen

Finkes Opels

Veigls bmW

schimmis citroën

stoevers audi

schenks alte amis

Koppers Fiat

borowskis VW

lannerts Porsche

Mit seinem Ford Taunus 17M P3 fegte der brummige Kommissar Paul Trimmel (Walter Richter) 1970 konspirativ nach Leipzig. Einmalige Bilder im ersten Tatort

Zollfahnder und Frauenheld Kressin (Sieghardt Rupp) schwor in den 70ern auf coole Cabrios, um Mädels aufzureißen. Egal ob MG B, TR4 oder Porsche 356 (Foto)

Norddeutsche Nüchternheit: Der Kieler Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) fuhr zeitund dienstgradgemäß Ford 17M P7b, später Rekord C, D und E

Für den Urbayern Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer) kam natürlich nur BMW infrage. Über die Jahre diente er sich vom Null-Zwo zum 525 (Reihe E12) hoch

Horst Schimanski (Götz George) und CX – das roch nach ProductPlacement, denn der avantgardistische Citroën passte nicht wirklich zum Duisburger Polizei-Proll

Der Audi 100 C3 (später C4) des Duos Stoever und Brockmöller (Manfred Krug/Charles Brauer) hatte kein Autoradio. So mussten die Herren eben selbst singen

Der Kölner Freddy Schenk (Dietmar Bär) würzt seinen Dienstalltag gern mit US-Klassikern, zum Beispiel mit einem 58er Ford Fairlane (ohne H-Kennzeichen)

Wer in Ludwigshafen die extrem seltene Fiat-130-Limousine sieht, weiß: Mario Kopper (Andreas Hoppe) ist nicht weit, der SWR dreht einen Lena-Odenthal-Krimi

Kieler Kommissar mit Klapperkiste: Klaus Borowski (Axel Milberg) findet moderne Autos fade und schwört auf seinen mattroten Passat Variant 32B

Wenn’s schnell gehen muss, nimmt der Stuttgarter Kommissar Thorsten Lannert (Richy Müller) statt Dienstwagen lieber seinen braunen 1974er 911 Targa

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AutoBiografie Erivan Haub (re.) gab seine ausgemusterten Fortbewegungsmittel nicht gern wieder her. Stattdessen wurden viele der Autos weggestellt – eine ideale Basis für eine stattliche Sammlung und ein Museum

Dieser Auto Union 1000 S de Luxe weckte bei Haub junior die OldtimerLeidenschaft. Mit dem Zweitakter fährt er sonntags gern zur Kirche

Die TengelmAnn-STory

Des Kaisers alte autos

Eine märchenhafte Familien- und Firmengeschichte in Blech: Rund 30 Fahrzeuge sind im „Technikum“ auf dem Firmengelände der TengelmannUnternehmensgruppe versammelt. Der Konzern betreibt unter anderem auch die Supermarktkette „Kaiser’s“

Wer viel Platz hat, kann viel aufheben. Erivan Haub, zwischen 1969 und 2000 Inhaber und Geschäftsführer der TengelmannGruppe, hat diese Chance genutzt. Unter anderem ließ Haub mehr als 20 Autos nach ihrer Ausmusterung in verschiedenen Hallen der Unternehmenszentrale in Mülheim an der Ruhr einlagern – darunter die eigene Dienst-S-Klasse, den Karmann Ghia der Chefsekretärin, den Schneewittchensarg seines Vaters, den Mercedes seiner Mut-

Einen Pierce-Arrow A 43 Roadster fuhr KarlErivans Großvater Erich in den 30er-Jahren, Sohn Erivan hockte auf dem Schwiegermuttersitz

ter mit dem auffallenden roten Dach, Lastesel aus dem Fuhrpark. „In mehreren Gebäuden haben wir Fahrzeuge gefunden. Mein Vater war nie ein Freund des Wegwerfens, und so sammelten sich die nicht mehr benötigten Wagen an“, erklärt Sohn Karl-Erivan Haub. Er ließ die alten Schätze entstauben, kaufte später gezielt hinzu und brachte seine persönliche Note ein. Mit dem Ergebnis, dass in einer früheren Lagerhalle für Obst und Gemüse jetzt eine

kunterbunte Raritäten-Mischung anzutreffen ist. Inklusive eines alten Klapprads des kleinen Karl-Erivan. Seine Leidenschaft für Oldtimer ist noch frisch: „Ich bin erst in den letzten fünf Jahren auf den Geschmack gekommen. Auch wenn es jetzt angesichts unseres ,Technikums‘ nicht so aussieht: Mir geht es weniger ums Sammeln, mehr ums Fahren. Meinen Auto Union benutze ich zum Beispiel sonntags für die Strecke zur Kirche.“ .

Der VW T1 wurde originalgetreu rekonstruiert – so trat Tengelmann in den 60ern auf. Mit dem Schneewittchensarg erledigte Opa Erich seine Einkäufe

Sohn Karl-Erivan Haub ließ die Klassiker entstauben und eine Halle für sie herrichten

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Fotos: A. Perkovic (4), Hersteller (2)

PORTRÄT


PORTRÄT

HiSTorie ≥ 1867 Die Keimzelle des Unternehmens ist die gründung der Firma Wilhelm Schmitz-Scholl, später bekannt unter dem namen „Wissoll“ ≥ 1912 Produktionsbeginn in der neu erbauten Kakao- und Schokoladenfabrik in mülheim an der ruhr ≥ 1953 eröffnung des ersten TengelmannSelbstbedienungsgeschäfts in münchen ≥ 1968 Der Umsatz erreicht in diesem Jahr erstmals eine milliarde mark ≥ 1969 erivan Haub übernimmt nach Karl Schmitz-Scholls Tod das Unternehmen ≥ 1971 Übernahme der „Kaiser’s Kaffeegeschäft Ag“ ≥ 1972 mit dem Slogan „Prima leben und sparen“ startet der markendiscounter „Plus“

Schon seit 1912 ist Tengelmann im Mülheimer Stadtteil Speldorf präsent 70 www.autobild-klassik.de | Nr. 5 · Mai 2013

≥ 1985 Beteiligung an den „oBi Bau- und Heimwerkermärkten“ ≥ 1994 gründung des Textildiscounters „KiK“ ≥ 2000 erivan Haub überträgt die operative Verantwortung an seine Söhne Karl-erivan und Christian ≥ 2001 Verschmelzung von „Kaiser’s Kaffee-geschäft Ag“ und „emil Tengelmann gmbH“ zur „Kaiser’s Tengelmann Ag“ ≥ 2011 Die Unternehmensgruppe Tengelmann verfügt in europa über niederlassungen in 15 ländern, ein netz von 4256 Filialen mit 83 437 Beschäftigten und erzielt in diesem geschäftsjahr einen Umsatz von 10,78 milliarden euro ≥ 2013 erivan Haub tritt als Aufsichtsratsvorsitzender zurück

Dann haben Fahrer und Dienstlimousine Freizeit, Haub holt lieber seinen 1000 S de Luxe aus der Garage. Den Reiz beschreibt er so: „Ich hatte mal einen Audi als Dienstwagen. Diese vier Ringe blieben mir im Gedächtnis. Als ich das Auto im Internet sah, war ich sofort fasziniert. Und ich merke, dass ein solches Auto Freude bei den Betrachtern hervorruft, wenn ich damit unterwegs bin. So was erlebt man mit einem Neuwagen nie.“ Haub hat auch ein Herz für die Kleinen: „Ich liebe zum Beispiel die Isetta. Einfach genial, dieses Raumkonzept für zwei Personen. Sie passt auch deshalb prima hierher, weil mein Großvater Erich ebenfalls ein von Renzo Rivolta konstruiertes Auto besaß.“ Allerdings spielte der rassige Iso Grifo in einer ganz anderen Liga. Noch ein Kleiner, der aus drei Teileträgern entstand, findet sich in der Sammlung: Mit einem weißen Fiat 500 warb Tengelmann einst für die Aktion „Schützt unsere Umwelt“. Einige Mercedes-Sterne funkeln hier, zwei W 116 aus den 70ern fallen besonders auf. KarlErivans Großmutter Elisabeth bestellte 1972 eine S-Klasse mit rotem Dach. Die dazugehörende Anekdote: Die Dame, aus der Mülheimer Unternehmerfamilie Schmitz-Scholl stammend – den ursprünglichen Eigentümern Tengelmanns –, wollte sich auf diese Weise die Suche nach ihrem Auto auf Parkplätzen erleichtern. „Bei einem roten Dach muss ich nicht lange Ausschau halten“, soll sie die individuelle Farbwahl begründet haben. Ganz und gar nicht amüsant ist die Geschichte des 350 SEL mit der Erstzulassung 28. November 1977. Am Ende des „Deutschen Herbstes“ wollte Erivan Haub auf Nummer sicher gehen. „Mein Vater stand auf der Liste möglicher Entführungsopfer der Rote Armee Fraktion (RAF) weit oben. Daher wurden verschiedene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Dazu zählte auch die Anschaffung dieses gepanzerten Wagens“, sagt Karl-Erivan Haub. Die Panzerung ist an den Türen deutlich zu erkennen, die Scheiben wirken unzerstörbar und lassen sich nicht versenken. Eine Gegensprechanlage ermöglicht die Verständigung mit der Außenwelt.

Der heute 79-jährige Chef-Fahrer Josef Pohlmann chauffierte Haub in dieser Trutzburg auf Rädern durch die Lande. „Er musste sich beim Fahren stark konzentrieren, weil das Panzerglas verzerrend auf die Sicht wirkte. „Man ist schnell regelrecht seekrank geworden“, zitiert Haub den langjährigen Fahrer. Um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten, wurden regelmäßig die ChefLimousinen gewechselt, die außerdem in verschiedenen Städten angemeldet waren. Bei der RAF war die S-Klasse W 116 nämlich das Symbol fürs verhasste Establishment. Im Gegensatz zu den meisten anderen Autos der Haub’schen Sammlung wurde der gepanzerte Mercedes nicht aufgearbeitet und ist auch künftig nicht für den Fahrbetrieb vorgesehen. Dieser wird im „Technikum“ nach einem exakten Bewegungsplan organisiert. Mehrere Fahrer – unter ihnen auch der ehemalige ChefChauffeur Pohlmann – sorgen dafür, dass die zahlreichen Exponate mindestens einmal pro Monat bewegt werden. Zugekauft wurden unter anderem zwei Vorkriegs-Veteranen, Fortbewegungsmittel des Großvaters in den 1930er-Jahren. „Wir haben alte Fotos gesichtet, und mein Vater bemerkte dabei einmal: ,Wäre es nicht schön, wenn wir eines dieser Autos besorgen könnten‘“, erinnert sich KarlErivan Haub. „Wir haben dann einen Oldtimer-Spezialisten beauftragt, die Typen zu identifizieren und Beschaffungsmöglichkeiten auszuloten. Und wir sind fündig geworden.“ Bis 1936 bewegte Erich Haub einen Bugatti Type 40, auch ein Pierce-Arrow A 43 Roadster wurde in den 30ern angeschafft. In dessen Schwiegermuttersitz hockte dann Sohn Erivan. Er war schier aus dem Häuschen, als er vom Filius Karl-Erivan mit dem eigens beschafften und aufwendig restaurierten Ami zu Hause abgeholt wurde. Geregelte Öffnungszeiten für das „Technikum“ gibt es übrigens nicht. Geplant sind Tage der offenen Tür, auch als Start- oder Zielpunkt für Oldtimer-Ausfahrten ist es geeignet. Und vielleicht kommt ja noch das eine oder andere Exponat dazu. Platz wäre genug. Marc Keiterling

Kontraste: Der Wissoll-Käfer teilt sich die Ausstellungshalle mit dem Lincoln Continental Town Car des Seniorchefs Fotos: A. Perkovic (9), Hersteller

Ein Faible für Konstruktionen von Renzo Rivolta: Der heutige Chef liebt die Isetta, sein Opa fuhr einen Iso Grifo

Oma Elisabeth wünschte sich einen W 116 mit rotem Dach. Der silberne 350 SEL von 1977 ist gepanzert: Erivan Haub musste sich gegen den RAFTerror schützen. Das ThunderbirdCabrio (unten) ist einer der Lieblinge

des heutigen Chefs. Im Iso Grifo (u. re.) liegen noch die Handschuhe des Großvaters. Mit dem Rad (inklusive Motorgeräusch-Soundimitator) kurvte der kleine Karl-Erivan als Kind übers Firmengelände Aufwendige Broschüren informieren über die Geschichte jedes einzelnen Exponats

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PORTRÄT ROLLO FUHRMANN

Auto- ie Biograf

Die Welt, wie sie ihm gefällt

ZAPPA ODER FUHRMANN? Nein, das ist nicht das US-Musikgenie Frank Zappa aus Baltimore, sondern der Ostfriese Rolf Fuhrmann anno 1972. Ein Jahr zuvor hat er sich sein Auto gebaut

„Den fahre ich noch, wenn ich 50 bin!“ Klare Kante eines 21-jährigen Studenten – formuliert 1971, nachdem er sich sein Auto selbst gebaut hat. TV-Fußball-Fachmann Rolf Fuhrmann hat sein Ziel längst hinter sich gelassen. Aktuelle Ansage: „Den fahre ich, bis ich nicht mehr reinkomme!“

ROLF UND SEINE FREUNDE Den Wohnmobil-Ausbau des Mercedes hat Fuhrmann in Eigenregie hin-gezimmert. Mit dem Buggy Marke Eigenbau umrundete er gut zehnmal den Erdball. Rechnerisch

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PORTRÄT ROLLO FUHRMANN Ein zeitgenössischer Autotest der Zeitschrift „Hobby – das Magazin der Technik“ vermerkt 1968: „Der Rand der Karosserie ist hochgezogen, weshalb beleibten Interessenten vor dem Kauf eine Punkte-Diät empfohlen sei.“ Das beschriebene Auto: ein HAZ Buggy, hergestellt vom Hamburger Auto-Exporteur und Zubehör-Händler Rudolf Kühn. Der Besitzer: Reporter Rolf Fuhrmann, den alle Welt „Rollo“ ruft und der im August seinen 65. Geburtstag feiert. Gertenschlank übrigens. Zwei Individualisten aus der Hansestadt.

Ortstermin am Elbufer, unweit der Werft Blohm & Voss. Dort werden die GFK-KunststoffKarosserien ab 1968 im Auftrag Kühns hergestellt. Denn die Schiffbauer bringen mehrjährige Erfahrung in Sachen PolyesterVerarbeitung durch den Bau der Kunststoffjolle „Conger“ mit. „Ich will mich mit meinem Leben vollkommen identifizieren können. Wie bei Pippi Langstrumpf: ‚Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt‘! Natürlich nicht auf Kosten anderer. Das gilt für alle Bereiche: Wie ich wohne, die Partnerschaft, meine Arbeit,

meine Freizeit, die Autos.“ Rolf Fuhrmann lebt eben seinen Traum. Und sein Traumauto ist handgemacht. Bundesweit bekannt ist der Fußball-Fachmann des Senders „Sky“ auch über den Kreis der Anhänger dieses Sports hinaus. Spätestens seit 2001. Am 19. Mai dieses Jahres wird der FC Schalke 04 zum „Meister der Herzen“, Fuhrmann – wie er selbst sagt – zum „Reporter der Schmerzen“ (siehe Kasten „Der Meister-Macher“). „Trotz des immer größer werdenden Altersunterschieds zu den Spielern: Mir macht es

IM SURFEN BESSER Der Fußballreporter im Kreis seiner Thekenmannschaft aus der ostfriesischen Heimat und auf dem Brett: „Surfen kann ich besser!“

DAS WG-ZIMMER Mit zwei netten Damen lebt „Rollo“ in einer Hamburger Wohngemeinschaft. Rund 800 Langspielplatten, Old-SchoolStereogeräte mit Mischpult, Glotze – schöner Wohnen. Oder, Jungs?

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KLITSCHKO-GRUSS Nicht nur beim Fußball, auch am Ring ist der Reporter oft im Einsatz gewesen. „Lieber Rollo, alles Gute zum 60. Keep on Rockin’ and Rolling“, schrieb ihm Vitali Klitschko

immer noch Spaß, weil die Jungs offenbar gern zu mir kommen“, sagt Fuhrmann. Renteneintrittsalter? „Ey Alter, abwarten und Tee trinken!“ Geboren ist er im ostfriesischen Aurich und schon als „Lütter“ ein Bastelfreund. „Als Jugendlicher habe ich mit einem Freund eine Disco im Kellergeschoss einer Jugendherberge bei uns im Ort angeleiert. Die gesamte Technik haben wir selbst zusammengefummelt.“ Die Bemalung der Wände, mit den Köpfen etwa von Jimi Hendrix oder Janis Joplin, wird allerdings fremdvergeben – an Otto Waalkes, der dafür 150 Mark einstreicht. Ende der 60er geht es nach Hamburg. Studium von Deutsch („Damit ich als Ostfriese die Sprache lerne“) und Geographie („Damit ich weiß, wo ich bin“), Wehrersatzdienst, zusätzlich ein Job als Kurierfahrer. „Auf einer dieser Fahrten sah ich dann erstmals einen solchen Buggy. In der gleichen Sekunde war mir klar: So ein Ding muss her. Allerdings nicht in Gelb, wie der, den ich da gesehen hatte.“ Fuhrmanns Lieblingsfarbe: Schwarz. Im Kleinanzeigenteil des Hamburger Abendblatts ist im November 1971 der unvollständige Grundbausatz eines HAZ inseriert. Er stammt aus einer Insolvenzmasse. Kostenpunkt: 600 Mark. Ein Schnäppchen, denn das offizielle Angebot des „Autohauses R. Kühn KG“ lautet damals: „Buggy Grundbausatz, 19-teilig, mit Bauanleitung und Prüfbericht, unverpackt ab Hamburg, DM 4110.“ In der Werbung heißt es dazu: „Auf jedes um 370 Millimeter gekürzte VW-Käfer-Fahrgestell ist die Karosse leicht und unkompliziert in circa 120 Arbeitsstunden zu montieren.“ In der Garage des Deutschen Roten Kreuzes – dort leistet Fuhrmann seinen Ersatzdienst – wird das Fahrzeug komplettiert: .

Der „MeisterMacher“ ‡ Am 19. Mai 2001 wird der „Meister der Herzen“ geboren. Und Fuhrmann ist seither der „Reporter der Schmerzen“. Jedenfalls für die Fans des FC Schalke 04. Allerletztes Bundesligaspiel

im Parkstadion. S04 besiegt Unterhaching mit 5:3. Pünktlicher Abpfiff. In Hamburg ist der HSV gerade mit 1:0 gegen Bayern München in Führung gegangen. Schalke damit Deutscher Meister. Fuhrmann schnappt sich den Teammanager Andreas Müller zum Interview. Hektik, grenzenlose Euphorie, in Hamburg müsste Schluss sein, der Reporter ist ohne Verbindung zum Ü-Wagen. „Da sagte ich zu Müller: In Hamburg ist wohl Schluss, Schalke ist Meister! Dann kamen plötzlich Live-Bilder, Bayern machte noch den Ausgleich. Es war unfassbar, abgrundtiefe Trauer. Heute frage ich in einer solchen Situation lieber zweimal nach.“

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PORTRÄT ROLLO FUHRMANN

EINSTEIGEN, BITTE! Nichts für beleibtere Zeitgenossen ist der Einstieg in den Buggy. Rollo: „Rechtes Bein rein. Dann den Hintern auf den Sitz. Linkes Bein hinterher. Und drin.“ Der Schwur: „Den fahre ich, bis ich nicht mehr reinkomme!“

WIEDERHOLUNG Schon vor zig Jahren waren der Sportreporter und sein SelbstbauAuto ein Thema: „SPORT BILD oder AUTO BILD? Weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall BILD“

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„Ich habe vom Schrottplatz ein Käfer-Fahrgestell geholt, das um exakt 37,5 Zentimeter gekürzt werden musste. Ein paar Millimeter mehr als in der Reklame. Der Motor ist ein flacher Boxer aus dem VW Typ 3, mit 54 PS und Solex-Doppelvergaser. Der kam auch vom Schrott.“ Auf Bundbolzenachsen rollt der Wagen, vorn Fünfloch-, hinten Vierlochfelgen. Aktuelle Reifendimension: 195er vorn und 255er hinten. Die Stoßstangen, der aus Edelstahl bestehende Dachrahmen, die Staukästen an beiden Seiten und die Außenspiegel sind Marke Eigenbau. Das Cabrio-Dach samt Seitenteilen kommt nach Fuhrmanns eigenem Entwurf vom Sattler. „Rollo“ werkelt mit Begeisterung, ohne zunächst einen Plan zu haben: „Am Anfang hatte ich von einem Auto überhaupt keine Ahnung. Heute kenne ich beim Buggy jede Schraube mit Vornamen. Grundsätzlich hatte ich an Bastelei immer mehr Spaß, als an einem fertigen Teil. Egal, um was auch immer es sich handelte.“ Nach eigenen Angaben hat Fuhrmann in 43 Jahren kaum zu fassende 460 000 Kilometer mit dem Buggy abgespult. Inzwischen tun der dritte Motor, das zweite Getriebe und ein runderneuertes Fahrgestell ihren Dienst. „Rein rechnerisch sind das bis 2013 knapp 11 000 Kilometer im Jahr – das kommt doch schnell zusammen! Ich bin oft im Sommer runter nach Südeuropa gerauscht“, erklärt Fuhrmann. Normal für einen Mann, für den normal ist, was viele andere bemerkenswert finden. Im Alter eines Beinahe-Rentners in einer WG leben? Völlig normal. Die Lebensgefährtin wohnt in Bremen? Ja, logisch! Die TV-Talkrunde „Markus Lanz“ (siehe „Der Talkshow-Gast“) mokiert sich darüber. „Die haben es einfach nicht verstanden, wollten es nicht verstehen. Meine Freundin ist unter der Woche voll im Beruf, sie ist abends froh, wenn sie ihre Ruhe hat. Ich habe wochentags außerhalb von Champions League oder Europa League eher viel Freizeit

und liebe es, in Hamburg zu leben.“ Darüber hinaus sei eine WG eine „wunderbare Sache, die dazu beiträgt, das eigene Sozialverhalten stets wach zu halten“. Von einer solchen Wohngemeinschaft – mit zwei Mitbewohnerinnen im Alter von 30 und 40 Jahren – träumen viele Kerle. Auch von einer Bude, wo 800 LPs, zwei Plattenspieler mit Mischpult und ein Tonband neben einem Schreibtisch und einer Lümmelecke den Mittelpunkt des Lebens bilden. Normal – oder doch ein Freak? „Von mir aus Freak. Aber total normal.“ Außergewöhnlich ist auch der zweite Wagen Fuhrmanns. Den Mercedes-Transporter 208 D, Baujahr 1994, erstand er 1997. Vorheriger Besitzer war der Hermes-Versand. „Mein zweiter Benz dieser Bauart. Ich hatte schon 1984 einen gekauft und in kompletter Eigenarbeit einen Wohnmobil-Ausbau gemacht. Die Kiste war Mitte der 90er fertig, den Ausbau habe ich vor 17 Jahren in diesen übernommen. Das ist mein Alltagsauto, sehr praktisch. Er ist für mich gefühlt

Der Talkshow-Gast ‡ In der Sendung „Markus Lanz“ vom 3. April 2013 soll es eigentlich um Fußball gehen. Doch dann plaudert Fuhrmann aus seinem Leben, berichtet auch von seinem WG-Dasein. Mit einer Erzieherin und einer Lehrerin teile er sich eine Wohnung in Hamburg, die Damen 29 und 39 Jahre alt. Seine Freundin wohne in Bremen: „Es läuft wunderbar“. Comedian Oliver Pocher gibt Gas: „Bis Bremen komms’te doch gar nicht mit deinem selbstgebauten Auto.“ Lanz erkundigt sich, wann sich das Paar denn mal sehe. „Wenn ich in Wolfsburg bin oder in Hannover...“ Weiter kommt Fuhrmann nicht. Moderator Lanz kringelt sich mit einem Lachkrampf auf seinem Stuhl, das Publikum johlt. Rollo schaut verständnislos umher, greift sich an den Kopf und stöhnt: „Das ist doch ganz einfach“. Lanz lacht Tränen, Pocher fasst zusammen: „Du wohnst mit einer 29-Jährigen und einer 39-Jährigen in Hamburg und deine Freundin ist in Bremen. Was soll man da denken?“ Die Antwort: „Das ist doch ganz normal!“

nicht größer als eine heutige Mercedes E-Klasse und passt in die meisten Parklücken. Und im Notfall has’te immer einen Platz zum Schlafen dabei.“ Deshalb steht „Rollo“ auf seinen Allzweck-Diesel. „Wenn ich in den Stadien Hamburg, Bremen, Hannover oder Wolfsburg eingeteilt bin, fahre ich auch mal im eigenen Auto. Mal mit dem Buggy,

mal mit dem Wohnmobil. Da fällt man schon auf.“ Wenden wir uns zum Schluss nochmal dem eingangs zitierten Autotest des Jahres 1968 zu: „Ich komme mir vor wie ein Filmstar. An den Straßen, durch die ich fahre, bleiben die Menschen stehen und winken mir zu. Mädchen und Jungen, Männer und Frauen stürmen auf mich ein und

stellen mir Fragen. Die Fragen beziehen sich auf das kleine ulkige Auto, mit dem ich fahre“. So beschreibt es einst Hans H. Werner in „Hobby“. „Rollo“ Fuhrmann kann da nur grinsen: „Filmstar? Nee. Aber sonst hat das Bestand, kann ich so bestätigen!“ Spricht’s und rasselt in seinem Buggy lässig winkend von dannen. Marc Keiterling

VIEL MEHR GEHT NICHT Ein strahlend sonniger Tag, das Surfbrett auf dem Buggy, der Weg führt zum Wasser. Ganz in Schwarz – Rollos Lieblingsfarbe

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‡ REPORTAGE Schräge Restaurierungen

… und 5 weitere coole Freunde

Nur am Boden zu werkeln – mir zu öde! Ich geh’ gern mal in die Luft. Beim Oldie acht Meter, im Job auch zehnmal so hoch. Stephan Mey, Hausmeister und nebenberuflicher Arbeitsbühnenfahrer

S. 170

S. 172 Eingefahren ist der Steiger 2,95 Meter hoch, ausgefahren ungefähr acht Meter

VW T2 Ruthmann Steiger V80

Mein Freund,

S. 174

FOTOS: G. LUKAS (2), H. ALMONAT (2), A. PERKOVIC, B. GRIESHABER, M. GLOGER, PRIVAT

DER KRAN Einen Camping-Bulli restaurieren? Ziemlich konventionell. Stephan Mey nahm lieber das Modell mit Arbeitsbühne, das ihn bis in acht Meter Höhe fahren kann

G

lück auf, Glück auf, der Steiger kommt“ – so beginnt die erste Strophe des Steigerlieds, in dem eine Aufsichtsperson im Bergbau besungen wird. Im Bergbau gibt’s im Ruhrpott heute zwar fast nichts mehr zu beaufsichtigen, aber einen Steiger in Aktion gibt es trotzdem. Er arbeitet nur in umgekehrter Richtung: Statt nach „unter Tage“ geht es in die Höhe. Aus dem Heck des VW T2 mit der Pritsche dringt der klassische Sound des Boxermotors. Der Bulli fährt jedoch we168 www.autobild-klassik.de | Nr. 4 · April 2016

der vorwärts noch rückwärts, schon allein deshalb nicht, weil er gerade von den vier seitlich ausgefahrenen Stützen getragen wird. Der Vierzylinder im Heck dreht sich jetzt nur im Dienste der zusätzlich angebrachten Riemenscheibe. Die verbindet mit einem Keilriemen eine im Motorraum untergebrachte Hydraulikpumpe. Einst der Beginn eines schnöden Arbeitsprozesses in erhöhter Position, heute stets ein aufsehenerregender Akt, wenn Stephan Mey den Ruthmann Steiger vom Typ V 80 nach oben diri- ¤

Haben Sie auch einen schrägen Klassiker restauriert?

Schreiben Sie uns: AUTO BILD KLASSIK Brieffach 39 10, 20350 Hamburg Fax: 0 18 05-01 52 96 E-Mail: klassik@autobild.de Stichwort: Schräge Restaurierungen

S. 176

S. 177

Ab 1949 half die Diema-Allradbahn im Steilhang bei der Weinlese. Heute kutschiert sie Touristen

In den 20ern machte der Büssing-Bus der Straßenbahn Konkurrenz, heute fährt er außer Konkurrenz Nach einem Atomkrieg hätten die Fahrer des DOK-Reifendozers aufräumen sollen. Heute ist er Technik-Denkmal Der Triebwagen VT 106 fuhr von 1952 bis 2004 jeden Tag. Einmal restauriert, macht er bestimmt die 100 Jahre voll Im GAZ 66 wurde früher gefunkt, heute wird darin geschlafen. Über die friedliche Nachnutzung eines Militärlasters

rung Vor der Restaurie Der Bulli war bei seiner Außerdienststellung nur 36 000 Kilometer gelaufen und war in gutem Zustand. Ein paar Risse und etwas Rost gab es aber schon www.autobild-klassik.de | Nr. 4 · April 2016 169


‡ REPORTAGE Schräge Restaurierungen

Feldbahnlok Diema DS12S

Die Kabine steht 60 Zentimeter über das Heck heraus, dank der auffälligen Lackierung kein Problem

Winzers Weinberg-Express 40 Jahre lang kraxelte diese kleine Feldbahnlok durch 80 Hektar steilste Weinberglagen. Heute schiebt sie ruhigen Dienst als Touristenattraktion

giert. Die Bühne am Ausleger erreicht eine Hubhöhe von acht Metern. Sein Schwenkbereich beträgt 180 Grad. Die Firma Ruthmann rüstete den VW auf Kundenbestellung mit dem Steiger aus, womit das Fahrzeug zur „Selbstfahrenden Arbeitsmaschine“ wurde. Gemäß Zulassungsverordnung war er damit steuerbefreit, weil „nach seiner Bauart und der besonderen, mit dem Fahrzeug

M

fest verbundenen Einrichtung zur Verrichtung von Arbeiten, jedoch nicht zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmt und geeignet“. Viel befördern, das steht fest, musste dieser Kollege jedenfalls nicht. Im Kreis Ingolstadt tat er seinen Dienst und wurde in erster Linie auf dem Firmengelände eines einzigen Betriebes eingesetzt. Bis zu seiner Außerdienststellung im Jahr 2011 kamen dabei gerade einmal schlappe 36 000 Kilometer zusammen. Mey entdeckte den VW vor fünf Jahren in einem sehr ordentlichen Zustand. Nicht nur dass der Steiger stieg, auch die Karosserie war für einen 37 Jahre alten „Malocher“ kaum abgearbeitet. Okay, die Endspitzen und die Kniestücke im Einstieg waren mürbe und mussten ersetzt werden. Dazu kamen einige, durch die Steigertätigkeit entstandene, Karosserie-Risse. Aber sonst hatte Mey buchstäblich „SteigerGlück“. Marc Keiterling

Die Diema knattert mit kernigem Treckersound übers Gleis, der Motor ist ein alter Deutz-Zweizylinder. Das Rad unten ist übrigens kein Lenkrad, sondern regelt das Fahrtempo

Wir betreiben eine kleine Bahn mit großer Geschichte. Hansjörg Opfermann, Feldbahnfreunde Serrig

Technische Daten

„Glück auf, Glück auf“: Der Steiger kommt im Ruhrgebiet heute über Tage 170 www.autobild-klassik.de | Nr. 4 · April 2016

FOTOS: M. GLOGER (5), G. LUKAS (2)

VW T2 Ruthmann Steiger V 80 Vierzylinder-Boxer, hi. längs • 2 Ventile pro Zyl. • Hubraum 1584 cmÍ • Leistung 37 kW (50 PS) bei 4000 U/min • Hinterradantrieb • L/B/H 5060 (plus 600 Überhang Kabine)/2180/2950 (in Ruhestellung) mm • Zul. Gewicht 2300 kg • Spitze k. A. • Baujahr 1974, Bauzeitraum 1967–1979

Die Feldbahnfreunde eilten 2001 zur Rettung, als die Staatliche Weinbaudomäne Serrig aufgelöst wurde und den traurigen Resten der Bahn die Verschrottung drohte. Heute läuft der Betrieb wieder

an kann einen Weinberg auch mit der Eisenbahn bewirtschaften. Manchmal geht’s gar nicht anders, wie bei der Staatlichen Weinbaudomäne Serrig: „Zu den besten Zeiten so um 1970 war der ganze Steilhang bewirtschaftet. Eine enorme Fläche, am Schluss fast 80 Hektar Wingert! Damit das überhaupt zu bewältigen war, haben die schon bei der Gründung 1902 eine Feldbahn geplant. Pferde wollte man nicht, Traktoren gab’s nicht, also nahm man Lokomotiven.“ Das berichtet Hansjörg Opfermann von den Feldbahnfreunden Serrig, die das mobile Erbe der Domäne gerettet haben. Zwei Loks, allerlei Wagen, viel Gleis – alles war rostig, ausgeschlagen, verbeult. So hämmerten die Feldbahnfreunde Gleise in Form, richteten Wagen, arbeiteten Kupplungen auf. Die Loks waren weniger mitgenommen, ein Zeugnis für die Qualität bei der Diepholzer Maschinenfabrik Diema. Die Mechanik einer DS12S ist simpel: Beide Achsen sind angetrieben, es gibt zwei Gänge, dazu ein Wendegetriebe für die Fahrtrichtung, alles auf Haltbarkeit ausgelegt. Für den Motor

Technische Daten Diema DS12S Zweizylinder-Dieselmotor Typ Deutz F2L912, luftgekühlt • Hubraum 1885 cmÍ Leistung 16 kW (22 PS) bei 2500/min Zweigang-Wendegetriebe • Allradantrieb L/B/H 2470/1000/1380 mm • Gewicht 2500 kg • Spitze 12 km/h • Baujahr 1949, ausgemustert 1991 • Stückzahl 316

gibt es sogar noch Ersatzteile. Die Lok mag aussehen wie für Lego Duplo gebaut, aber sie ist hochspezialisiert: wendig, steigfähig und sehr genügsam, was die Qualität der Gleisverlegung angeht. Diese Diema DS12S ist gewissermaßen der Offroader unter den Lokomotiven. Und tatsächlich, mit ihren 12 km/h Spitze zaubert die kleine Lok ein echtes Abenteuer-Feeling. auf ihre betagten Gleise.

Regelmäßig ein Tropfen Öl, einmal lackieren – eine Feldbahnlok ist ein dankbares Restaurierungsprojekt

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‡ PORTRÄT Peter Hick

AutoBiografie

THE UNKNOWN STUNTMAN Peter Hick war in den 80ern Deutschlands wohl meistbeschäftigter Stuntman. Trotzdem blieb er bis heute einigermaßen unbekannt – ein „Unknown Stuntman“, wie er in der Fernsehserie „Ein Colt für alle Fälle“ besungen wurde

F

Vier Dinge, die untrennbar zusammengehören: Hick, Störtebeker, Nissan, Zigarette. Hier parkt sein aktuelles Auto in der Kulisse der Ralswieker Naturbühne: ein GT-R (575 PS, 315 km/h Spitze)

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ür einen, dem es nie ums Kaputtmachen ging, hat Peter Hick ganz schön viel Schrott produziert: Wenn in der „Schwarzwaldklinik“ ein Auto in die Schlucht stürzte, es in „Das Erbe der Guldenburgs“ krachte, sich in „Ein Fall für zwei“ Fahrzeuge überschlugen oder im „Tatort“ einer über die Motorhaube flog, hatte er meist seine Hände im Spiel. Wer in den 80erJahren ferngesehen hat, kennt vermutlich Hicks Arbeit – aber er kennt wohl kaum Peter Hick. Der ist nämlich ganz anders, als man anhand seiner Arbeit denken könnte. Ein verrückter Draufgänger? Nein, ein kühler Planer, der die Bilder produziert hat, die die Filmund Fernsehbranche haben wollte, und zwar mit Köpfchen und technischem Verstand. Die Entwicklung seiner Stunts ist auch im Rückblick beeindruckend.

Zum Beispiel die Sache mit der Fernbedienung: Selten kommt es vor, dass Stuntleute selbst Teil der Story sind. In der US-Serie „Ein Colt für alle Fälle“ war das so – und bei Harry Poser. Der sollte einen BMW in Richtung Abgrund lenken. Den Poser spielte Manfred Zapatka für die 13. Folge der „Schwarzwaldklinik“. Für Zapatka übernahm in dieser Szene im Sommer 1985 Peter Hick. „Es war eine meiner aufwendigsten Arbeiten – obwohl ich gar nicht im Fahrzeug saß“, sagt Hick. Was das Drehbuch vorsah, hätte im Innenraum nämlich niemand überlebt. Peter Hick erhielt das Skript vier Monate vor dem Dreh mit der Bitte, einen Absturz zu realisieren: „Ein Anschieben des Autos oder es einfach abschüssig rollen zu lassen, ging aufgrund der gewünschten Kameraposition nicht. Das Ding musste per Fernbedienung fahren. So was hatte es meines Wissens noch nicht gegeben.“ ¤

FOTOS: WILFRIED GÖBEL (6), H. ALMONAT

BMW 5er ZERSTÖRT

„Bauknecht bewegt BMW“: Eine Waschmaschinen-Riemenscheibe ersetzt das Lenkrad, im Fußraum wird die selbst gebaute Apparatur eingeschweißt. Peter Hick steuert die Fuhre mit dem Dummy per Fernbedienung. Das Feuer wird mittels Pyrotechnik entfacht. „Ich habe das vor dem Dreh in einer Kiesgrube getestet. Um mich an das Handling zu gewöhnen, ließ ich den BMW dort kreisen und bin Achten gefahren.“ www.autobild-klassik.de | Nr. 5 · Mai 2016 79


PORSCHE 911

‡ PORTRÄT Peter Hick

ZERLEGT

Das Ende dieses Elfers ist nie im Fernsehen zu sehen. „Das war ein sogenannter Pilotfilm zu einer geplanten Krimiserie mit Jan Fedder. Realisiert wurde das danach vom Sender nicht.“

Viermal überschlägt sich der Granada. Eine Rampe vor der Streukiste lässt die Limousine abfliegen.

Dr. Elena Bach (Heidelinde Weis) verunglückt in dieser Szene der siebten „Schwarzwaldklinik“-Folge tödlich.

VITA 1946 geboren am 2. Mai in Kryry (deutsch Kriegern), heute Tschechien. Vertreibung nach Thüringen

1970 Double für Winfried Glatzeder im DDR-Film „Zeit der Störche“

1975 Versuchte Republikflucht, ein Jahr und zehn Monate Haft

„Zur vorherigen Berechnung der Stunts nutzte ich unter anderem ein Computerprogramm von Airbus.“

1976 Freikauf aus DDR-Haft durch die BRD 1977 Neubeginn als Stuntman. Mehr als 1000 Film-

„Drei Vorserienmodelle des 300ZX hat mir Nissan gegeben. Eine Entlastung für das Budget der Produktion.“

und Fernsehproduktionen im In- und Ausland

1987 Übernahme der Intendanz der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg

1989 Gewinn der Stunt-WM in Toulouse 1991 Übernahme der verfallenen Naturbühne in Ralswiek auf Rügen

1994 Auszeichnung als „Manager des Jahres/Aufschwung Ost“ durch das Wirtschaftsmagazin „Forbes“

FORD GRANADA ZERFETZT

NISSAN 300ZX

FOTOS: MARC KEITERLING (10), PRIVAT (4), H. ALMONAT

am Bande

Auf eine Funkfernsteuerung wie beim Modellbau fällt die Wahl, die Komponenten zur Ansteuerung von Lenkung, Bremse und Gas des 5er BMW mit Automatik kann natürlich kein Modellbauer liefern: „Gehste mal zum Schrotter und lässt dich inspirieren“, dachte sich Hick. Durch eine große WaschmaschinenRiemenscheibe ersetzte er dann das Lenkrad. Die wurde mittels eines Keilriemens mit einer kleineren Riemenscheibe

verbunden, die wiederum durch einen von drei Stellmotoren bewegt wurde. Die anderen steuerten Gas- und Bremspedal. Alles war verbunden mit dem Empfangsteil, der gesamte selbst konstruierte Aufbau im Bereich des Fußraums eingeschweißt. Alles funktionierte nach Plan, der nicht mehr ganz taufrische 5er-BMW

,, Ich war kein Draufgänger. In diesem Beruf kommt es auf technisches Verständnis und Köpfchen an.

,,

„Damit waren Parameter wie Rampenhöhe, Flughöhe und -weite bestimmbar. Kaputt? Nur Kiste und Auto!“

2001 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes der Baureihe E12 zerschellte wie gewünscht. Im gleichen Jahr wurde für „Ein Fall für zwei“ ein fabrikneuer Opel Senator auf Geheiß des Werks verschrottet. „Noch ein Auftrag, bei dem ich nicht im Wagen saß. Der Opel wurde in der Szene verfolgt, kam von der Straße ab und stürzte 40 Meter im freien Fall in einen Steinbruch. Auch da hättest du auf dem Fahrersitz null Überlebenschance gehabt.“ Peter Hick skizziert noch einmal die Stunt-Anordnung für zwei Fahrzeuge: Zwei Betonfundamente waren damals zu gießen, eines am Abhang mit einer Umlenkrolle, das zweite trug einen Seilanker. An der Schleppöse des Senator wurde ein Stahlseil mit einem in Fahrtrichtung offenen Ring angebracht. Mit einem in Ge-

genrichtung fahrenden Geländewagen, hinten mit einer Umlenkrolle in Richtung des Seilankers versehen, wurde der Senator versenkt. Das fand nicht nur Beifall: „Ein Kollege von der Technik besaß den gleichen Typ. Allerdings mit 150 000 Kilometern auf der Uhr. Auf seine Bitte hin habe ich bei Opel angerufen, um denen einen Tausch schmackhaft zu machen. Aber die bestanden darauf, dass ich den Neuwagen zerlege. Sehr zum Ärger des Technikkollegen.“ „Product Placement“, also Werbeplatzierung, für seinen Partner Nissan betrieb Peter Hick zu dieser Zeit intensiv. Drei 300ZX aus der Vorserie des Japan-Sportlers bekam er 1984 hingestellt. Auftrag: vor möglichst viele Kameras, bis Jahresende 1985 auf ¤

ZERTRÜMMERT

„Zurück nach Japan gingen Fahrgestellnummer, Motornummer und Fotos vom Pressen auf dem Schrottplatz.“

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„Best for Cars“

‡ PORTRÄT Peter Hick

Die Spezialversicherung für besondere Fahrzeuge. „Ein Fall für zwei“ ist in der Folge 40 mit dem Titel „Todestag“ wieder ein Fall für einen: Peter Hick.

MERCEDES /8 ZERBRÖSELT

In der Realität geraten Fahrzeuge auch bei Unfällen eher selten in Brand oder explodieren. Im Film kommt das aber gut. Im mittleren oberen Foto ist der eingeschweißte Überrollkäfig zu erahnen, der im Bewegtbild nicht auffällt.

OPEL SENATOR ZERSCHROTTET

„Ich war oft bei ,Ein Fall für zwei‘. Matula-Darsteller Claus Theo Gärtner wäre manchmal gern selbst gefahren.“

Für AUTO BILD KLASSIK skizziert Hick die Stunt-Anordnung des Senator-Absturzes. „Ich zog den Opel mit einem Geländewagen und mittels eines Stahlseils an die Kante.“

Geburt 1946 in Böhmen, Jugend in der DDR, 1970 Double für Winfried Glatzeder im Film „Zeit der Störche“. Kaskadeur beim volkseigenen Filmstudio DEFA, versuchte Republikflucht 1975 über das bulgarische Rhodopengebirge, Stasi-Haft. Freikauf durch die BRD, Neuanfang, Stunt-Weltmeister 1989. Seit 1993 ist Hick Intendant der Störtebeker Festspiele auf Rügen. Dieses Leben – das muss der Stunt seines Lebens sein. Marc Keiterling

Highlights: ■ ■ ■

Störtebeker Festspiele 2016

■ ■

„Auf Leben und Tod“ ‡ Seit mehr als 20 Jahren werden auf der Naturbühne von Ralswiek auf der Insel Rügen unter der Intendanz von Peter Hick die Abenteuer des legendären Seeräubers Klaus Störtebeker aufgeführt. In diesem Jahr heißt das Stück „Auf Leben und Tod“, es ist vom 18. Juni bis 3. September zu sehen. Mehr als 150 Mitwirkende, 30 Pferde, vier Schiffe, waghalsige Stunts und Spezialeffekte sind zu erleben. Mehr Infos unter www.stoertebeker.de

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Wertgutachten bei PKW erst ab 40.000 €. Oldtimertarif für PKW ab Fahrzeugalter 20 Jahre möglich. Grobe Fahrlässigkeit ist mitversichert. Fahrer ab 18 Jahre möglich. Allgefahrendeckung für Oldtimer (PremiumSchutz) möglich.

Interessiert? FOTOS: MARC KEITERLING (5), PRIVAT (4), H. ALMONAT, HERSTELLER

40 Meter stürzt der fabrikneue Senator im freien Fall in einen Steinbruch. Am Steuer: keiner. Am Seil: Hick.

jeden Fall verschrotten. „Für das jeweilige Produktionsbudget war das super. Die bekamen tolle Autos und mussten nichts investieren“, erklärt Hick. Eines der drei Exemplare fand in Folge sieben der „Schwarzwaldklinik“ sein Ende, mit Hick selbst am Steuer. Der wird demnächst 70 Jahre alt, und natürlich stellt sich da die Frage, was der Stunt seines Lebens war. Der hat mit BMW, Opel oder Nissan allerdings nichts zu tun, sondern mit Ost und West und Piraten. Das Drehbuch:

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‡ RATGEBER 07-Zulassung

Wer prüft den Zustand?

Sieben Fragen zum

‡ Fahrzeuge, die auf 07 laufen, sind von der HUPflicht befreit. Aber was passiert, wenn ich einen Unfall verursache und keinerlei Unterlagen habe, die belegen, dass ich die Technik instand gehalten habe? Rainer Christian Rudolf von der Wüstenrot & Württembergischen empfiehlt, freiwillig zu TÜV oder DEKRA, GTÜ oder KÜS zu fahren. Die Klassik-Versicherungssparte des ADAC ist da anderer Meinung: „Die HU ist immer nur eine Momentaufnahme und beschränkt sich auf eine Sicht- und Funktionsprüfung. Sie ist aber keine Garantie, dass dieser Zustand auch die nächsten zwei Jahre weiterbesteht“, gibt ADAC-Klassik-Sprecher KayOliver Langendorff zu bedenken.

Mythen, Sagen, Halbgares – über das rote Wechselkennzeichen für Klassiker wird viel gesagt, aber selten die Wahrheit. Hier sind die Fakten

A

ls vor 22 Jahren die schadstoffabhängige Besteuerung von Kraftfahrzeugen beschlossen wurde, drohte vielen Oldtimern aufgrund massiv steigender Kosten das Aus. Rettung: 1994 wurde das rote OldtimerWechselkennzeichen eingeführt, das hinter der Ortskennung immer mit den Ziffern „07“ weitergeht. AUTO BILD KLASSIK beantwortet die häufigsten Fragen.

Für wen ist ein 07er interessant? ‡ Vor allem für Menschen, die mehrere Oldtimer haben, aber immer nur einen zur Zeit fahren. Die „07“ ist eine Art Wechselkennzeichen: Es dürfen

nicht zwei Fahrzeuge gleichzeitig mit derselben Nummer unterwegs sein.

Was passiert, wenn ich mich nicht an die Einschränkungen halte?

Ist es nicht ein prima Ersatz fürs H-Kennzeichen? ‡ Nein. Mit einer H-Nummer darf man immer und überall fahren, bei „07“ ist die Nutzung streng beschränkt. Es dürfen nur Oldtimertreffen, -ausfahrten und -rallyes angesteuert und bestritten werden. Außerdem erlaubt sind „Probe- und Prüfungsfahrten sowie Fahrten zum Zwecke der Reparatur und Wartung“. Zum Nachweis ist ein Fahrtenbuch zu führen. ‡ Rechtsanwalt Götz Knoop (siehe Interview) warnt: „Wer zum Beispiel angibt, ‚zum Tanken‘ zu fahren, riskiert bereits

Die Teilnahme an Veranstaltungen wie einer Oldtimerausfahrt dient der „Förderung des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes“ – erlaubt

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Vorsicht: Mit 07-Nummer nur zum Tanken zu fahren, ist illegal – wenn man gleich noch den Ölstand kontrolliert, ist es eine genehmigte „Fahrt zum Zwecke der Wartung“ ein Bußgeld. Das Auftanken ist mit einer Fahrt zur ‚Reparatur und Wartung‘ nicht gedeckt. Zulässig wäre die Fahrt jedoch, wenn gleichzeitig Kühlwasser oder Ölstand überprüft werden würden.“ ‡ Außerhalb der Nutzung dürfen die Fahrzeuge nicht im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt werden. Die Zulassungsbezirke können einen Nachweis über privaten Parkraum verlangen. Die Fahrt in die Umweltzonen ist frei. ‡ Fahrten ins Ausland mit „07“ sind keine gute Idee: Manche Länder erkennen das Kennzeichen nicht an, dort wäre man illegal und ohne Versicherungsschutz unterwegs. In anderen Ländern ist fraglich, wie der örtliche Polizist mit einem roten deutschen Kennzeichen umgeht. Der kann das Auto sogar stilllegen. Mit H-Kennzeichen gibt es keine Probleme.

‡ Wer erwischt wird, ohne dass etwas passiert ist, muss ein Bußgeld von 10 bis 50 Euro zahlen. Unter verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten droht selbst einem „Ersttäter“ der Entzug des Kennzeichens, weil dessen persönliche Eignung infrage gestellt werden kann. Die Behörden könnten sogar wegen Steuerhinterziehung ermitteln. Wer nach einem Unfall nicht plausibel erklären kann, warum er mit „07“-Nummer am Unfallort unterwegs war, riskiert, dass der Richter ihm eine Mitschuld anlastet – dann hat die eigene Versicherung Gelegenheit, den am Fremdfahrzeug entstandenen Schaden zurückzufordern. Schließlich besteht die Gefahr, auf Kasko-Schäden am eigenen Fahrzeug komplett sitzen zu bleiben.

Für welche Fahrzeuge gibt es ein 07er? ‡ Grundsätzlich für alle – Autos, Lastwagen, Traktoren, Motorräder – ab einem Alter von 30 Jahren. ‡ Die ersten 13 Jahre gab es „07“-Kennzeichen auch für Youngtimer ab 20, aber 2007 wurde die Altersuntergrenze auf 30 angehoben.

Wie komme ich an ein 07er-Kennzeichen? ‡ Per Antrag bei der Kfz-Zulassungsstelle, mit polizeilichem Führungszeugnis. Für jedes Fahrzeug wird ein Oldtimergutachten gemäß § 23 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) benötigt. ‡ Die Zulassungsstelle gibt dann entweder ein rotes Fahrzeugscheinheft oder für jedes Gefährt einen roten Fahrzeugschein aus. Diese Unterlagen müssen mitgeführt werden. Es gibt Zulassungsstellen, die auf Wunsch mehrere Kennzeichen abstempeln (auch kleinere fürs Motorrad), sodass das Umstecken der Schilder entfällt.

Welche praktischen Probleme können auftauchen? ‡ Die Kfz-Briefe der eingetragenen Fahrzeuge verfallen nach sieben Jahren, da die 07er-Nummer nicht als Zulassung im eigentlichen Sinn gilt. ‡ Erst seit 2007 sind die Kriterien des Wechselkennzeichens bundesweit in den §§ 16 und 17 der Fahrzeug-ZulassungsVerordnung (FZV) festgeschrieben. Das hält einige Länder oder sogar einzelne Zulassungsbezirke allerdings nicht davon ab, die Anforderungen nach eigenen Vorstellungen zu ergänzen. Versicherungsex-

perte Ljubo Jovanov von OCC berichtet von Fällen, in denen der Zulassungsbeamte regelmäßige Hauptuntersuchungen fordert. Laut Anwalt Knoop fehlt für so eine Forderung aber die rechtliche Grundlage. Sein Tipp: Schriftlich einen Antrag auf „unbefristete, auflagenfreie 07-Zulassung“ stellen.

Wer sich ein 07erKennzeichen ans Auto schraubt, darf nur eingeschränkt unterwegs sein, etwa zur Reparatur und Wartung. „Bewegungsfahrten“ sind allerdings möglich. Diese begründen sich mit der Vermeidung von Standschäden. Der Staat schafft den

Wie viel kostet die 07-Zulassung? ‡ Für die Kfz-Steuer wird einmal jährlich nur die am höchsten besteuerte Fahrzeugkategorie einer Sammlung berechnet (bei Pkw 191 Euro). ‡ Die Gebührenordnung lässt den Behörden überraschend viel Interpretationsspielraum. Neben den Gebühren für die Zuteilung, die in Einzelfällen schon einmal 200 Euro überstiegen haben, entstehen Kosten für Fahrzeugscheinheft beziehungsweise die Fahrzeugscheine und fürs Fahrtenbuch. Da langen manche Zulassungsstellen schamlos zu. Marc Keiterling

Präzedenzfall. Es gibt für Behördenfahrzeuge, die überwiegend stehen (etwa für den Katastrophenschutz), schriftliche Vorschriften für Bewegungsfahrten zur Vermeidung von Standschäden. Über eine HU auf freiwilliger Basis gehen die Meinungen stark auseinander (siehe oben rechts)

Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihrer Zulassungsstelle im Zusammenhang mit dem 07er-Kennzeichen gemacht?

Schreiben Sie uns: AUTO BILD KLASSIK; Brieffach 39 10, 20350 Hamburg; Fax: 0 18 05-01 52 96; E-Mail: klassik@autobild.de Stichwort: 07er-Kennzeichen

Kurzinterview Verkehrsrechtsanwalt und DEUVET-Vizepräsident Götz Knoop gibt Tipps für Besitzer von „07er“-Oldies

„Lieber freiwillig zur HU“ AUTO BILD KLASSIK: Wer überwacht Funktionsfähigkeit und Sicherheit von Autos mit 07er-Kennzeichen? Götz Knoop: Da gibt es keine Unterschiede zu anders zugelassenen Fahrzeugen. Jeder Fahrer hat für die Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs selbst zu sorgen, egal ob es sich um ein Alltagsauto handelt oder einen Oldtimer mit Sammlungskennzeichen. Auch eine frische Hauptuntersuchung (HU) ist kein Freibrief dafür, zwei Jahre lang zu fahren und sich um nichts mehr zu kümmern. Es dürfen nur verkehrssichere Fahrzeuge bewegt werden, da spielt die Kennzeichenart keine Rolle. Ist es sinnvoll, mit Fahrzeugen, die mit 07erWechselkennzeichen bewegt werden, freiwillig zur HU zu fahren? Ja. Wer zum Beispiel im Falle eines Unfalls in Verdacht gerät, mit einem verkehrsunsicheren Fahrzeug unterwegs gewesen zu sein, kann diesen Vorwurf zumeist entschärfen, indem er einen HU-Bericht vorlegt, welcher innerhalb der zweijährigen Frist erstellt wurde und dem Fahrzeug Mängelfreiheit bescheinigt. Nun widersprechen Sie sich, Sie sagten doch gerade, die Pflicht zur Verkehrssicherheit bestehe immer, auch zwischen den HU-Terminen. Nein, es ist kein Widerspruch. Die meisten Mängel an Fahrzeugen entstehen nicht von heute auf morgen, sondern schleichend. Daher hat beispielsweise ein ein Jahr alter HU-Bericht sehr wohl eine Aussagekraft, ob beispielsweise Bremsleitungen altersbedingt porös geworden sein können.

FOTOS: PRIVAT (2), M. HEIMBACH

07er-Kennzeichen


‡ 1. BUDENTOUR präsentiert von AUTO BILD KLASSIK

Kiosk 126

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im/Ruhr

Kirchstraße 126, 45478 Mülhe

Fünf aus 50: Wir haben die Buden auf unserer Tour von West nach Ost nummeriert. Wo sie liegen, ist unten in der Karte zu sehen

Lidia Cömert hat viele Stammkunden. Frank Neumann ist aber erstmals da ‡ Eine Budentour ganz tief im deutschen Westen fängt man konsequenterweise an der westlichsten Bude der Tour an, und die steht im Mülheimer Stadtteil Saarn. Im Kiosk 126, vormals Trinkhalle Lange, schmeißt Lidia Cömert seit vier Jahren mit ihrem Mann den Laden. Der hat ungefähr die Größe einer Standardgarage und trotzdem ein Riesensortiment: ’nen heißen Kakao, ’nen „Kleinen Feigling“ und die BILD natürlich, aber auch ein Stück Butter und ’nen Liter Milch. „Und wenn mal wirklich was nicht da ist, besorgen wir das eben. Die kommen dann am nächsten Tag wieder und gehen nicht zum Discounter“, sagt Lidia. An jedem Werktag öffnet sie um fünf Uhr morgens das Verkaufsfenster. „Die meisten sind

Fährsse mit

anne Bude

AUTO BILD KLASSIK ist der Medienpartner der 1. Budentour, an der vom 23. bis zum 25. September Old- und Youngtimer teilnehmen

Geselligkeit zwischen Lakritz, Flaschenbier und BILD-Zeitung gehört zur Ruhr-Identität. Mit Klassikern auf „Budentour“ zu fünf Orten, an denen der Pott einst kochte konsum abzubringen. Heute sind sie unkonventionelle Stadtteil-Treffpunkte und lokale (Not-)Versorgung. Hier verschwinden Gegensätze. Die Bude vereint Arm und Reich, Malocher und Manager, Schalke und Borussia. Nun setzt die Region dieser Kultur mit dem „Jahr der Trinkhalle“ ein Denk-

5

Her ten

mal. Die Büdchen stehen 2016 im Mittelpunkt vieler Events und werden kulturell bespielt. Höhepunkte sind der „Tag der Trinkhalle“ am 20. August – und die 1. „Budentour“ vom 23. bis 25. September, präsentiert von AUTO BILD KLASSIK. Vorab haben wir fünf der 50 Buden der Tour angesteuert.

G ladbeck Dinslaken

Kiosk Wrangelplatz

C astrop-Rauxel

Herne Bottrop

2

Oberhausen

E S SEN

DORTMUND GELSENKIRCHEN BOCHUM

Trinkhalle Tölle

Witten

Mülheim an der Ruhr

DUISBURG

Bude 3 BergmannBrauerei

q Kiosk 126 w Bred Kiosk

Herdecke

Hattingen

Wetter (Ruhr)

S prockhövel

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Velber t Gevelsberg

Ratingen

78 www.autobild-klassik.de | Nr. 6 · Juni 2016

www.autobild-klassik.de | Nr. 6 · Juni 2016 79 Brecker feld

Mettmann

DÜS SELDORF

Perfekte Pause, auch für die Feuerwehr-Jungs, wenn sie noch im Bulli säßen

Ennepetal Wülfar th

Meerbusch

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FOTOS: M. GLOGER (4)

K

iosk“ sagt hier niemand. „Trinkhalle“ heißt es an der Ruhr, oder noch besser: „Fährsse mit anne Bude.“ Nicht als Frage, sondern als Aussage. Ursprünglich waren die Trinkhallen als Verkaufsstellen für Mineralwasser gedacht, um die Arbeiter vom Alkohol-

Stammkunden, man kennt sich gut. Einige treffen sich hier jeden Tag zum Kaffee bei Lidia, ich weiß, wer mit viel Zucker oder schwarz trinkt.“ Journalist Frank Neumann hat am 126er-Kiosk geparkt, mit einem 116er-S-KlasseBenz in schreiendem CayenneOrange mit piniengrüner Innenausstattung – diese Kombination lieferte Mercedes nur fünfmal aus. Mit der Funktion der Bude als bis heute unverzichtbarem Treffpunkt „umme Ecke“ ist Neumann vertraut: „Wer was aus der Nachbarschaft wissen möchte, wer allein ist und auch mal seine Sorgen loswerden will, einfach ein ‚Quätschchen‘ sucht, der steuert seine Bude an. Das ist eine gewachsene Geschichte, die bis heute Bestand hat.“

WUPPERTAL


‡ 1. BUDENTOUR präsentiert von AUTO BILD KLASSIK

BredKi ‡ Die ersten Trinkhallen entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung. In anderen Teilen Deutschlands sind Kioske schlicht Nahversorger, im Ruhrgebiet sind sie aber mehr: ein Ort der Kommunikation, egal ob im Malocherviertel oder dort, wo die Reichen logieren. Entlang der Ruhr, die dieser Region den Namen gab, geht’s zur Essener Nobeladresse Bredeney. Hier wohnen die, die richtig was auf der Tasche haben, und auch hier geht man „anne Bude“. Frei stehende Erfrischungshallen mit Dachstuhl, wie an der Bredeneyer Straße 168 inmitten einer Straßenbahnwendeschleife, sind selten geworden. Beate Keiterling ist eine Zugezogene und damit in bester Gesellschaft. Hier war schon immer Einwanderungsland. Für Kohle und Stahl wurden einst viele Arbeiter gebraucht. „In meiner Heimat, in der Nähe von Trier, gab es solche Hallen überhaupt nicht“, erzählt Manta-B-Besitzerin Beate dem Kioskbesitzer Heinz Heuer. Der übernahm das Geschäft vor 13 Jahren. Heuer: „Die ersten zwei Jahre habe ich die Krise gekriegt, so schlecht lief die Nummer, weil das vorher ab-

Essen

gewirtschaftet war. Inzwischen haben wir hier Kunden, die melden sich sogar ab, wenn sie in den Urlaub fahren, damit sie nicht vermisst werden.“ Heinz kloppt dabei ordentlich Sprüche, denen auch seine Promi-Besucher nicht entkommen. Regelmäßig schauen unter anderem Brauereibesitzer Claus Stauder oder der frühere Fußballnationalspieler Matthias Herget vorbei. „Du brauchst ein Feeling dafür, wer was verpacken kann. Aber im Allgemeinen sind wir hier im Pott ja bekannt geraderaus. Egal ob man aus der Villa oder aus der Siedlung kommt“, erklärt Heuer. Sprüche, kriegt die auch Beate zu hören? Vor 25 Jahren zementierten schließlich zwei im und ums Ruhrgebiet angesiedelte Kinofilme den Ruf des Rüsselsheimer Rochens als Proll-Schleuder. „Manta, der Film“ und vor allem „Manta, Manta“ mit Til Schweiger in einem quietschbunten BreitbauExemplar lassen einige MantaFreunde bis heute kochen. Beate ist völlig entspannt: „Ich richte mich nach meinem Geschmack und nicht danach, was andere vielleicht denken. Ich habe übrigens noch keine plumpen Sachen gehört. Eher im Gegenteil.“

FOTOS: M. GLOGER (4), HERSTELLER

Bredeneyer Straße 168, 45133

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Auch dieser Straßenbahntyp ist längst ein Oldtimer: In der Schleife Bredeney trifft Budenbesitzer Heinz Heuer Manta-Fahrerin Beate Keiterling. Der StadtbahnwagenTyp M des Herstellers Duewag wurde zwischen 1975 und 1999 gebaut

So melden Sie sich zur Budentour an

Der 82er GT/E trägt Rundum-Zierrat aus Plastik in Wagenfarbe. Rundinstrumente und dunkle Alus gehören sich für ein sportliches Coupé 80 www.autobild-klassik.de | Nr. 6 · Juni 2016

‡ Die 1. Budentour verbindet zwei wichtige Themenkreise der Kultur- und Industriegeschichte im Ruhrgebiet: einerseits die Bude als typisches, regionales Wahrzeichen, andererseits historische Fahrzeuge, die für den Faktor Mobilität stehen und den Wandel der Region stark beeinflusst haben. Teilnehmen können Pkw, Kleintransporter und Mopeds (diese mit besonderer Streckenführung) der Baujahre von 1950 bis 1990. Ein Team, bestehend aus zwei Personen, zahlt 689 Euro. Anmeldung und alle weiteren Informationen: www.oldtimer-budentour.de

„Eine Fahrt ins Grüne!“ Die Tour wird sämtliche Facetten des Ruhrgebiets zeigen, auch „Schimanski-Schmuddelecken“

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‡ 1. BUDENTOUR präsentiert von AUTO BILD KLASSIK

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Nur fürs Foto kann Rekord-D-Fahrer Matthias Meyer direkt unter dem Dach der Bergmann-Bude parken. Im Normalfall drängen sich hier die Freunde des Gerstensafts

Das Flachdachhaus mit Verkaufsschalter wurde 1976 gebaut und ist zwei Jahre älter als Roland Jakubczyks GTI aus der ersten Serie. Ihm wurde das Auto kurz nach dem Kauf 1981 im Italienurlaub geklaut, doch die Carabinieri fahndeten schnell und erfolgreich

i e r e u a r B n n a m g r e Bude B

Trinkhalle Tölle

Kunterbunt wie das Teilnehmerfeld einer Oldtimer-Veranstaltung: Die gemischten Tütchen sind ein Buden-Muss. Besitzerin Manuela Tölle hilft Birgit Nafe und Roland Jakubczyk bei der Auswahl

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Gelsenkirchen

‡ Kurs Nordost, es geht von Essens Höhen nach unten auf knapp 50 Meter über Normalnull: Gelsenkirchen, Stadtteil Ückendorf. Manuela und Dieter Tölle haben einen kurzen Weg zur Arbeit. Sie wohnen direkt neben ihrem Gewerbe in der Bergmannstraße. Seit 22 Jahren betreibt das Ehepaar den Handel in dem Haus. Das treibt zuweilen seltsame Blüten. „Wenn wir mal nicht aufhaben – was eigentlich nur Weihnachten vorkommt – klingelt’s auch schon an der Tür“, sagt Manuela und zeigt mit einem Lachen: auch nicht so schlimm. Ihr Familienbetrieb bleibt in der Familie, aktuell wird Schwiegertochter Tatjana angelernt. „Wat Leckeres für die Zuckerschnute!“ – Nicht nur

Kinder lieben die gemischten Tütchen, die man sich selbst zusammenstellen kann: für’n Zehner saure Stäbchen, fünf Colaflaschen, für 20 Lakritzschnecken und für den Rest Happy Cherries. Die Tüte – so bunt wie die Budentour. Birgit Nafe lässt sich den Inhalt ihrer Tüte schmecken. Lebensgefährte Roland Jakubczyk hat seinen vor fünf Jahren perfekt restaurierten Golf GTI neben der Bude geparkt. Roland und sein 1978 gebauter 110-PS-Renner - es ist immer noch das aufregende erste Mal. „Der war 1981 mein erster eigener Wagen. Mehr als 200 000 Kilometer haben wir runtergeschrubbt, zeitweise war’s mein Winterauto“, berichtet der KfzSachverständige. Zum Glück ist die Budentour im Sommer.

‡ Das große, bunte Angebot kann die nächste Haltestelle nicht bieten, dafür eine Menge Stil. Grafiker Matthias Meyer ist gerade vorgefahren und belädt das großzügige Gepäckabteil seines Opel Rekord D Caravan: zwei Fässchen, ein paar Sixpacks – am Hohen Wall 36 in Dortmund hat die kleine Bergmann-Brauerei ihren Hausausschank in einem schicken Gebäude aus den 1950erJahren eingerichtet. Dortmund galt einst als die „Stadt des Bieres“; neben seinem Ruf als Stahl- und Kohle-Metropole, versteht sich. Wie die Schwerindustrie ver„Kleiner Wochenendeinkauf“: sieben schwanden allerdings auch vieSorten Bergmann gibt es. Eine heißt „1972“ - in diesem Jahr machte le eigenständige Bierbrauer von der Bildfläche. Einiges die ursprüngliche Brauerei wurde „Pudding-Pils“: Radedicht, und der Opel lief vom Band FOTOS: M. GLOGER (8)

Bergmannstraße 160, 45886

nd

Hoher Wall 36, 44137 Dortmu

berger, eine Konzerntochter der Nachtisch-Experten von Dr. Oetker, übernahm ab 2002 sieben Traditionsmarken. Bei Bergmann drehten sie 1972, im Produktionsjahr von Matthias’ Rekord, den Hahn zu. Tatkräftigen Freunden des Gerstensafts ist es zu verdanken, dass vor neun Jahren wieder eine Produktion in Dortmund aufgenommen wurde. Hauptvertriebspunkt ist die Bude, wo Oliver Mühlmann und rund ein Dutzend Aushilfen einschenken oder die insgesamt sieben Sorten in der Flasche reichen. An lauen Sommerabenden stehen und sitzen sie hier in Klammerblues-Nähe, beim Feierabendbier wird der Wall zum Wallfahrtsort.

„Die 70er im Ruhrgebiet. Die Zeit von Kohle und Stahl. Bier hatte Charakter und löschte den unbändigen Durst. Der ehrliche Lohn nach harter Arbeit.“ (Reklame Bergmann)

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‡ 1. BUDENTOUR präsentiert von AUTO BILD KLASSIK

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Das Kinderkarussell für die Großen. Das Büdchen in der Kolonie Kirdorf steht unter Denkmalschutz

z t a l p l e g n a r W k s Kio

Kurzinterview

99 Dortmund

zer Straße, 443 Wrangelstraße, Ecke Königgrät

Wrangelplatz, DortmundEving, Kolonie Kirdorf. Ein verwaistes Büdchen befindet sich inmitten einer Gartenstadt, die zwischen 1912 und 1913 für die Kumpel der Zeche Minister Stein errichtet wurde. Das kleine Gebäude war einst Trafohäuschen im Dienste des früheren Bergwerks, bevor es zum

Alfa, Audi und R4 – in der Farbe vereint vor leider verschlossenen Läden 84 www.autobild-klassik.de | Nr. 6 · Juni 2016

Büdchen umgebaut wurde, das inzwischen auch wieder leer steht. Axel Biermann, Geschäftsführer der Ruhrtourismus GmbH, erklärt das hier am Wrangelplatz sichtbare Problem im größeren Zusammenhang und formuliert einen Wunsch: „Durch die rund um die Uhr geöffneten Tankstellen und das erweiterte Ladenschlussgesetz mit gelockerten Öffnungszeiten ist der wirtschaftliche Druck groß. Es ist zu wünschen, dass möglichst viele dieser ‚Marktplätze der örtlichen Neuigkeiten‘ erhalten bleiben.“ Auch dazu dient das „Jahr der Trinkhalle“, mit dem die kulturelle Bedeutung der Büdchen deutlich gemacht werden soll. Wer übrigens Lust auf die Bude im Allgemeinen und auf die am Dortmunder Wrangelplatz im Besonderen bekommen hat: Für 7000 Euro ist sie zu kaufen. Marc Keiterling

Dirk Stürmer (44), 1. Kioskclub 06

„Ums Phänomen kümmern“ Was bezweckt der Verein? Ziel ist es, den Bautypus des Kiosks, der mit der Entwicklung der Städte zu Großstädten und der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verbunden ist, zu erforschen, zu dokumentieren und die Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Wir kümmern uns um dieses sozialkulturelle Phänomen. In welcher Form? Wir laden zu wissenschaftlichen Betrachtungen in Form von Vorträgen ein, es gibt kulturelle Veranstaltungen, und wir unternehmen geführte Budentouren, vorzugsweise zu Fuß, wo wir verschiedene Trinkhallen eines Quartiers etwa hinsichtlich der Architektur unter die Lupe nehmen. Zu Fuß, weil es auch das eine oder andere Bierchen gibt? (lacht) Alles kann, nichts muss.

FOTOS: M. GLOGER (3)

‡ Wenn man etwas braucht: Die Bude in der Nachbarschaft hat es von frühmorgens bis oft spätabends – immer vorausgesetzt, sie ist noch in Betrieb. Denn zur Bude gehört leider auch das Budensterben, und deshalb steht am Ende dieser Buden-Kul-tour der Denkmalschutz.


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