MNHA |De Mena, Murillo, Zurbarán (Ausstellungstexte)

Page 1

ES D R E N T E S I H E C M S I K N C A O P S BAR

AU SST EL LU N GSTE X TE

EXPERIMENTELLE KU N STG E S C H I C H TE GE FASSTE H OL ZS KU L P TU R D E S S PA N I S C H E N BA R O C K IN DE R W ER KSTATT D ES P E D R O D E M E N A Y M E D R A N O


Alonso CANO (1601-1667), Die Unbefleckte Empfängnis, c. 16651666, Huile sur toile, Collection privée, © MNHA/ Tom Lucas

Bartolomé ESTEBAN MURILLO (1617-1682), Mater Dolorosa, 17 e siècle, Huile sur toile, Collection privée, © MNHA/Tom Lucas

B AR O CKE KUNST IM D IE NST DE R GEGEN RE FO RM ATIO N

U N BE F L EC KT E E M PF Ä N G N I S

Diese Ausstellung ist der Kunst des sogenannten Goldenen Zeitalters Spaniens im 17. Jahrhundert, des Siglo de Oro, gewidmet. Es ist dies in Europa eine sehr unruhige Zeit. In den Niederlanden wütete der nicht enden wollende Aufstand der nördlichen Provinzen, in Mitteleuropa der Dreißigjährige Krieg. Die Ursachen dafür sind vielfältig: religiöse Gegensätze zwischen Katholiken, Calvinisten und Lutheranern, aber auch Interessenkonflikte und Machtkämpfe zwischen europäischen Herrschern.

Die häufigen Darstellungen der Unbefleckten Empfängnis in der spanischen Kunst der Gegenreformation zeugen vom Wunsch, die Marienverehrung gegen den protestantischen Zweifel zu verteidigen. Es ging dabei vor allem darum, die Glaubensüberzeugung, dass die Mutter Gottes frei von der Erbsünde empfangen wurde, zu verteidigen. Diese auf dem Konzil von Trient (1545-1563) bestätigte Lehre wurde allerdings erst 1854 zum katholischen Dogma erhoben. Die Darstellungen in den Gemälden Alonso Canos halten sich genau an die Vorgaben des Malers und Kunstkritikers Francisco Pacheco: „schön, jugendlich, liebenswert, mit perfekter Nasen- und Mundpartie, mit geröteten Wangen und wunderschönem langen Haar, gehüllt in eine weiße Tunika und einen blauen Mantel, mit Sternen gekrönt, ...“. Eine vollendete dreidimensionale Umsetzung dieser Vorgaben finden wir in der Skulptur Pedro de Menas. Das gleiche Sujet findet sich auf dem Schild des Erzengels Michael in einem eindrucksvollen Gemälde Bernardo Germán Llorentes, wobei die Darstellung ein Werk Murillos zitiert.

Spanien, das als unentwegter Beschützer des katholischen Glaubens auftritt, scheut weder Mühe noch Kosten, um Europa von der protestantischen „Infektion“ zu befreien. Im Kontext der Gegenreformation kommt es dabei zu einem bis dahin nicht dagewesenen Aufschwung religiöser Kunst als Instrument von Lehre und Frömmigkeit. Durch eine möglichst realistische und dramatische Darstellung katholischer Glaubensinhalte soll sie die Seele berühren, Anteilnahme wecken und die Inhalte biblischer Erzählungen gemäß der von Rom genehmigten Lehre veranschaulichen. Die hyperrealistischen Skulpturen Pedro de Menas scheinen fast zu atmen, Francisco de Zurbarán schafft mit Hell-Dunkel-Wirkungen eine mystische Atmosphäre, Murillo versucht, durch eine sanfte Linienführung und subtile Farbtöne die Seele des Betrachters zu berühren so verschieden diese Ansätze auch sein mögen, so verfolgen sie doch alle das Ziel, starke Gefühle auszulösen, um so den Glauben zu stärken.


Pedro DE MENA Y MEDRANO (1628-1688), Jungfrau und Kind, c. 1680, Collection privée, © Dominique Provost

Pedro DE MENA Y MEDRANO, (1628-1688), Mater Dolorosa, c. 1680, Collection privée, © Dominique Provost

ECCE HO M O U ND M ATE R DOLO ROSA War die Identifizierung des Gläubigen mit den Leiden Christi und seiner Mutter bereits ein zentraler Bestandteil spanischer Spiritualität im ausgehenden Mittelalter, so gewann sie im Kontext der Gegenreformation zusätzlich an Bedeutung. De Mena schuf mehrere Büsten des leidenden Christus und der trauernden Maria, wobei diese, wie hier, oft als Paar konzipiert waren. Form und Größe dieser Werke deuten darauf hin, dass sie für einen kleinen Raum – z.B. eine Privatkapelle – bestimmt waren, wo man sie genau betrachten und um sie herumgehen konnte. Der beklemmende Hyperrealismus dieser Skulpturen sollte dabei zu einer tieferen Betrachtung führen, ja den Betrachter regelrecht erschaudern lassen. Murillo bietet eine ergreifende Darstellung der Mater Dolorosa, der um ihren Sohn trauernden Mutter, deren lebensnaher Ausdruck die Empathie des Betrachters weckt.

BI L D H AU E R E I I M G O L D E N EN Z E I TA LT E R S PA N I E N S : H Y PE R R E A L I ST I S C H E WERKE, DIE DIE SEELE BE R Ü H R E N S O L L E N Während die großen Namen der Malerei des Siglo de Oro seit langem allgemein anerkannt sind, ist die Kunstwelt erst vor kurzem auf die außerordentliche Qualität der spanischen Bildhauerkunst dieser Zeit aufmerksam geworden. Die religiöse Kunst im Spanien des 17. Jahrhunderts zeichnet sich durch ein enges Zusammenwirken und einen intensiven Austausch zwischen Malerei und Bildhauerei aus. Beide Disziplinen befruchten sich gegenseitig und lassen so einen bis dahin nie dagewesenen Realismus entstehen. Die äußerst realitätsnahen polychromierten Skulpturen berühren uns noch heute durch ihren Hyperrealismus. Manche dieser in Kathedralen, Kirchen und Klöstern verehrten Skulpturen wurden bei Prozessionen großen Mengen von Gläubigen gezeigt, bei denen sie starke Gefühle inbrünstiger Frömmigkeit auslösten. Auch wenn die Kunstwerke aus theologischer Sicht auf keinen Fall mit den dargestellten Heiligen gleichgesetzt werden durften, konnte die religiöse Begeisterung der Gläubigen doch dazu führen, dass die Grenzen zwischen Realität und Darstellung verschwammen. Sehen heißt glauben: die Kraft, die von diesen Werken ausgeht, spüren wir noch mehrere Jahrhunderte nach deren Entstehung, sie wecken immer noch unsere Empathie, ob wir wollen oder nicht.


Pedro DE MENA Y MEDRANO (1628-1688), Der junge Christus der Passion, c. 1670 - 1674, Collection privée, © Dominique Provost

JESUS UND J O H ANNE S D E R T ÄUF E R A LS KIND E R Solche Statuen von Kindern ohne ihre Mutter waren vor allem bei weiblichen Ordensgemeinschaften beliebt. Auch wenn die heiligen Knaben aufgrund ihrer unerschrockenen Haltung, ihrer aristokratischen Würde und ihrer Attribute unverwundbar erscheinen, löst die Betrachtung dieser Statuen bei Gläubigen doch Gefühle von Dankbarkeit und mütterlicher Liebe aus. In den hyperrealistischen Darstellungen Juan de Martínez Montanés‘ und Pedro de Menas scheinen die Kinder Teil der wirklichen Welt des Betrachters zu sein. Die Gestik ihrer Hände leitet einen stummen Dialog ein und fordert unbedingte Aufmerksamkeit.

MURIEL PRIEUR


E X P E R I MENTELLE KUN STG ESCHICHTE G EFASST E HO L ZS KU L P T U R DE S S PA N I S CH E N B ARO CK IN DE R W E RKSTAT T D ES P ED RO D E ME N A Y ME DR ANO

GE FASSTE H O LZS KULP TU RE N Die spanische Skulptur der Barockzeit stellt hauptsächlich religiöse Themen in gefasstem Holz dar. Die Bildhauer entwerfen Werke, die stark durch die Gegenreform geprägt sind. Die Farbe wird in der Regel von einem anderen Berufsstand aufgebracht, der der Gilde der Maler angehört. Dieser konzentriert sich auf Fassung und Vergoldung, produziert aber manchmal auch Gemälde. Francisco Pacheco erläutert im dritten Teil seines Werkes Die Kunst der Malerei (1649) Techniken, die nicht nur auf Leinwand oder Tafelholzträger, sondern auch auf Plastiken angewandt werden. Er verfasst somit ein technisches Handbuch, welches die gängigen Methoden und Materialien des 17. Jahrhunderts beschreibt. Die verwendeten Techniken sind oft komplex und vielschichtig. Eine Besonderheit der spanischen Barockfassung ist die Technik des Estofado, mit der prächtige Imitationen von Textilien auf einem Goldgrund ausgeführt werden. Pedro de Mena gehört, unter dem Einfluss von Alonso Cano, der Generation von Bildhauern an, die erstmals die Gestaltung vom Entwurf bis hin zum endgültigen Auftragen der Farbe übernehmen. Die Fassung wird vom Bildhauer selbst oder unter seiner Aufsicht aufgetragen. Beruhend auf Pachecos Lehren, von Cano übermittelt, legt de Mena seinen anfänglichen Stil der glänzenden goldlastigen Fassung ab und wendet dezentere Maltechniken an. Um den Realismus der Werke zu verstärken, verwendet er zusätzliche Materialien wie z.B. Wimpern aus echten Haaren, Fingernägel aus Horn oder Klöppelspitze. Im Laufe der Jahre wurden viele Skulpturen übermalt. Daher ist heute die originale Polychromie oft unter mehr oder weniger geschickt ausgeführten Neufassungen verborgen. Letztere beabsichtigten in der Regel eine Anpassung an den zeitgenössischen Geschmack. Leider ging dabei häufig das Konzept der ursprünglichen Farbfassung verloren, welche die dreidimensionale Form komplettieren sollte.

T RÄG E R 1. Kiefern- und Zedernholz, Nägel für die Montage 2. Hohlmeißel zum Schnitzen 3. Glasaugen, Seil, Elfenbein etc. zur Nachahmung individueller Merkmale G RU NDIE RU NG 4. Tierleim und Kalziumsulfat (Gesso oder Bologna-Kreide) für die Herstellung 5. Rundbürste und Flachpinsel zum Auftragen 6. Schachtelhalm und Sepiaknochen zum Schleifen FASS U NG 7. Bolus, Blattgold, Vergoldungsmesser und -kissen, Achatstein für die Polimentvergoldung 8. Pigmente (wie Bleiweiß, Smalte, Zinnoberrot, Karmin, Erde) und Bindemittel (wie Leinöl, Ei, Tierleim, Harze) für die Farben und Lasuren 9. Horn, Haare, Perlmutt, etc. zur Nachahmung einzelner Merkmale

FASS U N G ST EC H N I K E N G RU NDIE RU NG Sie dient als Puffer zwischen dem Träger und der Farbschicht. Diese glatte, weiße Grundschicht ist der Haftgrund für alle weiteren Fassungstechniken. 1. Blankes Holz 2. Vorleimung mit Tierleim zum Versiegeln 3. Gesso aus Tierleim und Kalziumsulfat 4. Glätten durch Schaben und Schleifen 5. Versiegelung mit Tierleim (Proteine) 6. Versiegelung mit einer Imprimatur auf Ölbasis B LAT T VE RG O LDU NG De Mena verwendet Blattgold fast ausschließlich als Untergrund. Es wird auf ein rotes Poliment aufgetragen, das direkt auf der weißen Grundierung liegt. 1. Mehrere Schichten Poliment (armenischer Bolus mit Tierleim) 2. Rotes Poliment, mit Achatstein poliert 3. Blattgold auf unpoliertem, rotem Poliment 4. Blattgold auf poliertem, rotem Poliment 5. Poliertes Blattgold auf unpoliertem, rotem Poliment 6. Silberblatt auf rotem Poliment 7. Poliertes Silberblatt auf rotem Poliment 8. Silberblatt auf rotem Poliment mit (gelbem) Goldlack überzogen, um Blattgold zu imitieren 9. Poliertes Silberblatt auf rotem Poliment, mit (gelbem) Goldlack überzogen, um Blattgold zu imitieren


D ECKEN D E FA RB E N Die Art und Weise eine Schicht aufzutragen, beeinflusst stark das Erscheinungsbild der Oberfläche. Auch das gewählte Bindemittel, bei gleichem Pigment, wird die Oberflächenerscheinung wie auch den Farbton ändern. Mit Bleiweiß: 1. Leinölfarbe, mit einem Pinsel aufgetragen 2. Leinölfarbe, gestupft 3. Leinölfarbe, mit einem Fächerpinsel geglättet 4. Leinölfarbe, mit einer Lammblase poliert 5. Leinölfarbe, mit Kieselerde verdickt und einem Kamm bearbeitet 6. Impasto-Malerei mit Leinölfarbe, auf eine mit einem Fächerpinsel geglättete Ölgrundierung aufgetragen 7. Eitempera 8. Leimtempera Mit echtem Ultramarinblau: 9. Leimtempera 10. Eitempera L ASUREN Eine Lasur ist eine transparente Farbe, die auf eine deckende Farbe oder einen Metallgrund aufgetragen wird. Die gleiche Lasur (Karmin gemischt mit der gleichen Menge eines Harzölbindemittels) wurde auf verschiedenen Untergründen verwendet, um zu zeigen, wie sich die Unterschicht auf den Farbton auswirkt: 1. Auf weißer Ölbasis 2. Auf poliertem Silberblatt 3. Auf poliertem Blattgold 4. Auf roter Ölbasis SG RA F F I TO Es handelt sich um die Grundtechnik des Estofado, der Darstellung von Textilien auf Goldgrund, Hauptmerkmal der spanischen Fassungen. Eine deckende Farbe wird auf Goldgrund aufgetragen und anschließend ein Motiv ausgeritzt, um das Gold wieder freizulegen. Die traditionellen Motive von Sgraffiti sind: 1. Feine parallele Linien 2. Schuppen 3. Kleine Kreise 4. Kleine Punkte ESTO FA D O Estofado ist der Oberbegriff für Dekore, die auf einem Goldgrund liegen. Abhängig

von den verwendeten Materialien und den dargestellten Mustern gibt es unzählige Variationen. Es ist die bevorzugte Methode, um Brokate nachzuahmen, wobei das Sgraffito als Grundtechnik verwendet wird. 1. Polierter Goldgrund 2. Deckfarbe 3. Muster in Deckfarbe 4. Ritzen von Linien in die Farbschichten, um das Gold sichtbar zu machen FILIG RANE MOT IVE Diese Art von Muster wird freihändig mit einem sehr feinen Pinsel aufgetragen. Das Ergebnis ist ein filigranes Muster in Farbe oder Goldpulver. Je nach gewünschtem Ergebnis kann das Dekor mit verschiedenen Bindemitteln, Deckfarben oder einer Lasur hergestellt werden. Es wurde verwendet, um Bordüren, Gold- und Schwarzstickerei sowie Spitze, oder Estofado-ähnliche Dekore ohne Goldgrund darzustellen. Im letzteren Fall wurde das goldene Muster mit Goldpulver auf einem farbigen Hintergrund aufgezeichnet. 1. Goldbordüre mit Goldpulver auf deckendem blauen Hintergrund 2. Rotes Motiv auf roter Lasur auf poliertem Goldgrund

DER TRÄGER Obwohl es im Goldenen Zeitalter der Spanischen Kunst auch gegossene Metallplastiken sowie Skulpturen aus anderen Trägermaterialien gibt, ist Holz der meistgenutzte Werkstoff. Pedro de Mena verarbeitet bevorzugt Pinien- und Zedernholz. Der Träger ist aus etlichen Holzstücken zusammengesetzt und flach verklebt, um das Werkstück zu bilden. Die Holzverbindungen können durch Dübel oder geschmiedete Nägel verstärkt sein. Manche Skulpturen haben einen hohlen Kern, um Material zu sparen. Die Verbindungen sind gegen die Maserung angelegt, um dem Arbeiten des Holzes entgegenzuwirken und Risse zu vermeiden. Köpfe und Hände können separat geschnitzt und in die Körper eingefügt sein. Oft sind die Gesichter als Maske gearbeitet oder die Köpfe ausgehöhlt, um Glasaugen von hinten einzusetzen und den Blick zu verstärken. Materialien anderer Natur steigern den Realismus der Figuren: z.B. Zähne aus Elfenbein, Gürtel aus Seil oder Tauwerk aus Korbweide.


M OTIVE INKA RN AT Unter dem Einfluss von Alonso Cano wendet sich Pedro de Mena vom dem, in der Werkstatt seines Vaters erlernten, polierten Inkarnat ab. Er beginnt, in dem von Francisco Pacheco bevorzugten matten Stil zu arbeiten. Dieses realistischere Inkarnat erfordert einen besser vorbereiteten Träger. POLI ERT E S I N KA R NAT NAC H F RAN C I SCO PACH E CO Ein poliertes Inkarnat wird mit sonnenverdickter Ölfarbe erreicht. Um eine glatte und glänzende Oberfläche zu erzielen, wird der noch frische Farbauftrag poliert. Dies geschieht mit wassergetränktem Handschuhleder oder der feuchten Blase eines Lammes. Das Leder oder die Blase wird in einer wiederholten Bewegung über einen dünnen Wasserfilm geführt, wodurch die Farbe geglättet und das Bindemittel an seiner Oberfläche angereichert wird. Dieses Exsudat trocknet zu einer emailliert wirkenden Schicht, die kleinere Fehler verbergen soll. M ATT E S I N KA RNAT NAC H F RAN C I SCO PACH E CO Mattes Inkarnat wird auf einen gut verarbeiteten Träger mit perfekt geglätteter Oberfläche aufgetragen. Der Aufbau besteht aus mehreren Schichten Ölfarbe, mit Zwischentrocknung. Details wie Adern liegen zwischen zwei Inkarnatschichten. Farbunterschiede der verschiedenen Hautpartien werden dabei Nass in Nass abgestuft. Bei Bedarf kann die Arbeit retuschiert werden. Trocken, erscheint sie matt und realistischer als ein poliertes Inkarnat. NAC HA HM UN G VO N DAMAST U ND STR UKT URI E RT E N T E X T I L IE N REKON ST RUKT I O N DE R K L E I DU N G E I NE R M ATE R D OLOROSA Die Darstellungen der Schmerzensmuttergottes von Pedro de Mena sind fast alle mit einem roten Seiden- oder Damast-Gewand mit oder ohne Muster dargestellt. Sie tragen einen weißen Schleier aus strukturiertem Rips-Gewebe und einen, an Samt erinnernden, mattblauen Mantel, der manchmal mit einer goldenen Bordüre verziert ist. Smalte, ein mit Kobalt gefärbtes und zerriebenes Glas, ist das am häufigsten verwendete Pigment für Mäntel. Die samtige Oberfläche stammt

vom Bindemittel, hier Kaninchenleim. De Mena mischte das blaue Pigment oft mit Bleiweiß, um einen helleren Farbton zu erzielen. Der Schleier hat ein erhabenes Motiv. Zusätze wie Kieselsäure oder Sand verdicken die Ölfarbe. Die Bearbeitung mit einem Kamm verleiht ihr mehr oder weniger regelmäßiges Streifenmuster. Dieses Resultat kann auch freihändig erzielt werden, indem kleine Striche aufgetragen werden, wie der Künstler es bei den Mönchskutten tut. Das Gewand der Muttergottes war meist aus Goldgrund mit roter Lasur. Die größeren Arbeiten - Figuren mit Armen - haben zudem ein filigranes Motiv. Ton in Ton gearbeitet, lässt es den Stoff naturgetreuer erscheinen. Die gleiche Technik, aber ohne Motiv, wurde oft für den Mantel der Schmerzensmanndarstellung benutzt. NACH AH MU NG VO N B RO KAT U ND G O LDB O RDÜ RE RE KO NST RU KT IO N DE R K LE IDU NG E INE R U NB E FLE CKT E N E MPFÄNG NIS Pedro de Mena erlernte die Technik des Estofado in der Werkstatt seines Vaters, setzte sie aber unter dem Einfluss von Alonso Cano immer weniger ein. Er hob sie für die Gewänder der Unbefleckten Empfängnis sowie für wichtige kirchliche Bestellungen auf. Der Mantel ist in einem matten, mit Hautleim gebundenen Blau gehalten. Das Pigment, echtes Ultramarin, wird aus zermahlenem Lapislazuli, einem Halbedelstein, hergestellt. Es war bis ins 19. Jahrhundert, als es dann künstlich hergestellt wurde, extrem teuer. Die goldenen Besätze werden freihändig hinzugefügt. Das filigrane Muster besteht aus zwei Ockertönen mit Akzenten aus echtem Goldpuder. Der Rock illustriert die typische spanische Estofado-Technik. Eine weiße Deckfarbe aus Tempera liegt auf einem Goldgrund. Das Blumenmuster in Ocker ruht obendrüber. Nach dem Trocknen werden feine, parallele Linien mit einem Holzstäbchen eingeritzt, um das Gold freizulegen. Diese glänzenden Striche erwecken die Arbeit zum Leben und ahmen die eingewebten Metallfäden des Brokats nach.


DE MENA, MURILLO, ZURBARÁN MEISTER DES SPANISCHEN BAROCK 24.1 - 18.10.2020

KURATOREN Michel Polfer, Malgorzata Nowara, Muriel Prieur, Ruud Priem GRAFISCHE GESTALTUNG A Designers’ Collective FOTOGRAF Dominique Provost Art Photography, Bruges DANKSAGUNG Sint-Janshospitaal, Musea Brugge Das MNHA dankt allen Leihgebern, die ungenannt bleiben möchten. Die Ausstellung wird vom Nationalmuseum für Geschichte und Kunst in Zusammenarbeit mit dem Sint-Janshospitaal, Musea Brugge organisiert.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.