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EntstEhung und ExistEnZ dEr mährisch-KroatischEn gEmEindEn in mährEn im KontExt dEr tschEchisch-südsLawischEn bEZiEhungEn
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Frauenkragen, Flachstichstickerei aus Seide und Wolle. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. V 500
Frauenkragen, eingefasst mit weißer Klöppelspitze, Flachstichstickerei mit Baumwollfaden. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 49928
Frauenkragen, eingefasst mit schwarzer Maschinenspitze, Flachstichstickerei mit Seide und Wolle. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 8742 Frauenkragen, Flachstichstickerei mit Seide. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. V 512
Frauenkragen, eingefasst mit schwarzer Klöppelspitze, Flachstichstickerei mit Baumwollfaden. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19.Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 5310
Frauenkragen, eingefasst mit schwarzer Maschinenspitze, Flachstichstickerei mit Baumwollfaden. Fröllersdorf, 30er Jahre des 20.Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 15454 und einzelne Motive.17 Weiße Lochstickerei, die an den Kragen allmählich die traditionelle bunte ersetzte, notiert Klvaňa.18
Die škuofija, eine Festhaube für Frauen mit gesticktem Boden, der durch eine silberne oder goldene Borte hervorgehoben wurde, erwähnen fast alle zitierten Quellen. Aus einer Notiz von B. Dudík geht hervor, dass sie bereits in den70er Jahren des 19. Jahrhunderts nur noch selten zu sehen war.19 Eine genaue Beschreibung hat uns A. Malec durch einen Gewährsmann zur Jahrhundertwende hinterlassen.20 Er gibt an, dass die škuofija zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur in Neuprerau verwendet wurde, wenn der Braut die Haube aufgesetzt wurde. Das Tuch, über die Haube gebunden, wird mit langen Enden beschrieben, aus feinem Material, schwarz und weiß bestickt.21 Statt einer Haube bedeckten die Mädchen und Frauen wenig später den Kopf mit einem Tuch. Meistens wird ein Seidentuch angeführt, das unter dem Kinn zusammengebunden wurde, aber auch im Nacken, so trugen es die Mädchen. A. Malec berichtet über die Art des Bindens, wie sie vor allem aus späteren Jahren bekannt ist – das Binden zweier Tücher aufeinander.22 Das untere Tuch aus Leinen, das im Nacken gebunden wurde (der sog. „Haná-Typ“), das obere aus Seide oder Tibet, das man unter dem Kinn band.
Die Winterbekleidung war, was die Zusammensetzung betraf, derjenigen der Männer
Kopftuch, rotes Seidengewebe mit per Metallfaden eingewebten Blumen, Rand eingefasst mit Wollfransen. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 50998
Kopftuch, schwarzer Seidenatlas mit eingewebten Blüten, Rand eingefasst mit Wollfransen. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts, EÚ MZM, Inv.-Nr. 51373
<Marie Ribarek, 25 Jahre alt, Neuprerau (Nový Přerov) Nr.49. Foto: Autor unbekannt, kolorierte Fotografie, 1897. EÚ MZM, F 3327/a
17 MALEC, Alois. Kroj moravských Hrvátů [Die Tracht der mährischen Kroaten], S. 20. 18 KLVAŇA, Josef. Die Volkstracht der Slowaken in Mähren. Časopis Moravského muzea zemského. 1907, Jg. 7, S. 92. 19 DUDÍK, Beda. Catalog der nationalen Hausindustrie und der Volkstrachten in Maehren: Welt-Ausstellung 1873 in Wien, S. 22. 20 MALEC, Alois. Kroj moravských Hrvátů [Die Tracht der mährischen Kroaten], S. 419–416. 21 Z. B. WOLNY, Gregor T. Die Markgrafschaft Mähren: topographisch, statistisch und historisch geschildert. 2. Ausg. Brünn: K. Winiker, 1836, S. 286. 22 MALEC, Alois. Kroj moravských Hrvátů [Die Tracht der mährischen Kroaten], S. 28.
Bluse, Raglanschnitt, Flachstichstickerei mit Baumwollfaden, Ärmel eingefasst mit schmaler Klöppelspitze. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19.Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 8779. Detail der Stickerei
Bluse, Raglanschnitt, Stickerei mit Baumwollfaden, Ärmel eingefasst mit schwarzer Maschinenspitze. Fröllersdorf, 20er–30er Jahre des 20. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 15453 Wintermantel für Frauen, schwarzer Samt mit feiner Stickerei, Rand eingefasst mit Pelzimitation. Fröllersdorf, 20er–30er Jahre des 20. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 15939
Band, unter dem Hals zu binden, zur Tracht für Frauen gehörend, Seidengewebe, Rand eingefasst mit Borte. Fröllersdorf, 20er–30erJahre des 20. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 15455 Detail eines Damengürtels, Seidengewebe, mit Pailletten, Bujons und Bändern benäht. Fröllersdorf, 20er–30er Jahre des 20. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 49404
Detail eines Damengürtels, Seidengewebe, Ränder rosafarben eingefasst, mit Pailletten, Bujons und Bändern benäht. Fröllersdorf, 20er–30er Jahre des 20. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 50924 Eltern mit erwachsenen Kindern in Winter- und Sommerkleidung. Neuprerau (Nový Přerov), 1894. Foto: Josef Klvaňa. EÚ MZM FA1313
ähnlich. Beliebt war ein weißer Mantel aus Tuch, der bis zur Taille reichte, und bevor Pelze eingeführt wurden, trugen auch die Frauen als Feststück ihrer Kleidung die „šuba“. Šembera zufolge war diese violett, nach einem Zeitzeugen, den A. Malec anführt, braun, d. h. eichenfarben. Zu den abgelegten Teilen gehörte Ende des 19. Jahrhunderts die dúžička hále – ein langer Mantel aus blauem Tuch mit geradem Schnitt. Dieser soll im Kleiderschrank keiner Kroatin gefehlt haben. Einen kurzen Pelz, der im Unterschied zum weißen der Männer braun war, erwähnt bereits A. W. Šembera, er wurde also schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts getragen.
Zur Festtagskleidung der Frauen trug man hohe Lederstiefel.
Bei der Festtagskleidung für Frauen lassen sich verschiedene Veränderungen beobachten, die die damalige Literatur ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichnet. Die Haube škuofija wird zu einem bloßen Symbol bei der Zeremonie, wenn der Braut die Haube aufgesetzt wird, die typische Kopfbedeckung für Groß und Klein waren zwei gebundene Tücher. Man trug keine dúžičke hále und Festmäntel mehr. A. Malec bietet eine praktische Erklärung: „Solange die Frauen und Mädchen nur drei einfarbige Röcke trugen, damit sie schlank waren, wurden dúžička hále und šuba hübsch auf der Tracht getragen.“ 23 Die ursprünglich schlanke Silhouette der Kroatin erhielt durch die größere Anzahl an gestärkten Unterröcken eine andere Form und ein anderes Aussehen, deshalb kamen sehr schnell kurze Pelze in Mode. Ende des 19. Jahrhunderts weichen der neuen Mode der kacabajka (Kurzjacken) und jupka (Jüpchen) auch die weißen Mäntel aus Tuch.24 Zu den Entwicklungsveränderungen der kroatischen Stickereien im Laufe dieses Zeitraums siehe auch M. Ludvíková.25 Eine interessante Erkenntnis ist eine Notiz von B. Dudík vom Beginn der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts zu den Kroatinnen, die keine Tracht trugen, sondern städtische „deutsche“ lange Kleider.26 Ähnliches berichtet von einigen Frauen in Fröllersdorf auch G. Kuten.27 J. Klvaňa erwähnt ebenso Kinder, die „deutsche“ Kleidchen trügen.28 Die angeführten Aussagen zeugen vom Aufkommen von Modestilen, die bereits ab den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Einheitlichkeit der traditionellen kroatischen Tracht aufzubrechen begannen.
23 Ebenda, S. 404. 24 HERBEN, Jan. Tři chorvátské osady na Moravě [Drei kroatische Siedlungen in Mähren], S. 20, KLVAŇA, Josef. Moravští Chorváti, S. 849. 25 LUDVÍKOVÁ, Miroslava. Výšivka na plátně u jihomoravských Charvátů z drnholeckého panství [Leinenstickerei bei den südmährischen
Kroaten aus dem Dominium Dürnholz]. 26 DUDÍK, Beda. Catalog der nationalen Hausindustrie und der Volkstrachten in Maehren: Welt-Ausstellung 1873 in Wien, s. 24. 27 KUTEN, Gjuro. Tri dana medju moravskými Hrvati, s. 153. 28 KLVAŇA, Josef. Moravští Chorváti [Die mährischen Kroaten], S. 842.
Damenmieder, Seidenatlas mit eingewebten Blüten, eingefasst mit einem gelben, fein zusammenfalteten gesteppten Band. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 12816. Ansicht von vorn und von hinten
Damenmieder, rotes Seidengewebe mit eingewebten Blüten, eingefasst mit einem fein zusammengefalteten gesteppten Band. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.- Nr. 8740. Ansicht von vorn und von hinten
Damenmieder, Seidengewebe mit eingewebten Blüten, eingefasst mit zusammengefaltetem Band. Fröllersdorf, letztes Viertel des 19. Jahrhunderts. EÚ MZM, Inv.-Nr. 13540. Ansicht von vorn und von hinten Lediges Paar aus dem Dominium Dürnholz (Drnholec). Wilhelm Horn, 1836, kolorierte Lithografie. In: Mährens ausgezeichnete Volkstrachten, Brünn, 1837. EÚ MZM, Inv.-Nr. 373/1-33
Die Tracht der südmährischen Kroaten belegen nicht nur schriftliche, sondern (wenngleich in bescheidenem Umfang) auch ikonografische und recht bald auch fotografische Quellen. Bei einer Analyse einiger älterer Bildbelege muss jedoch auch an die Möglichkeit einer Fehlinterpretation gedacht werden, denn die Bezeichnung Kroaten muss nicht immer die direkten Träger einer kroatischen Tracht bezeichnet haben. Ein typisches und bekanntes Beispiel sind drei Lithografien aus dem Gebiet Podluží von W. Horn, auf denen die Bezeichnung Croaten bzw. Kroaten zu finden ist.29 Nur eine Lithografie aus dem Dominium Drnholec zeigt ein kroatisches Paar in Tracht aus dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Das Hemd des Mannes ist nicht bestickt, auch wenn es sich um einen ledigen jungen Mann handelt,30 den kegelförmigen Hut ziert eine Pfauenfeder,31 die Hosenbeine sind rot-violett, die Stiefel hebt eine violette Quaste hervor. Das Mädchen trägt eine Haube, eine Bluse mit besticktem Kragen, das weit geöffnete Mieder wird mit Bändern geschnürt, der Rock reicht bis zu den Knöcheln. Interessant ist die Schürze, die wahrscheinlich aus zwei roten bedruckten Tüchern zusammengenäht wurde.32 Nicht fehlen darf bei dem Mädchen das Seidenband, das unter dem Hals gebunden ist, ein verziertes Detail, das zwar von den älteren Autoren nicht erwähnt wird, es bleibt jedoch für die gesamte Nutzungsdauer Teil der Festtracht.33 Zwei jüngere Zeichnungen (die Signatur ist nicht leserlich), die Gruppen von Männern, Frauen und Kindern aus Guttenfeld zeigen, wurden in der Zeitschrift Světozor veröffentlicht.34 Die Frauen und Mädchen tragen dort reich geschmückte Röcke, die nur bis kurz unter die Knie reichen, einige tragen bereits Kurzjacken. Die Schürze der älteren Frau ist dunkel, die des Mädchens weiß, beide sind reich bestickt. Die Köpfe der Mädchen und Frauen sind jeweils mit zwei gebundenen Tüchern bedeckt. Die Männer tragen bestickte Hosen, einen niedrigen runden Hut, einen Mantel aus Tuch – also eine Abbildung, die ganz mit den schriftlichen Quellen der damaligen Zeit übereinstimmt.
In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts tauchen die ersten fotografischen Dokumente zu den mährischen Kroaten auf (und werden veröffentlicht). Zu den ältesten gehören beispielsweise die Fotografien von J. Klvaňa, die er in seinem Nachlass dem František-Museum (heute Mährisches Landesmuseum) in Brno vermacht hat: Es handelt sich um fünf Positive von Kroaten aus Neuprerau, die 1894 gemacht wurden. Sie zeigen, wie die Tracht von Kindern, jungen und alten Leuten, von Männern und Frauen getragen wurde, sie erfassen Sommer- und Winterkleidung, oft auch als Abbildung von vorn und von hinten. Drei davon wurden in den Zeitschriften Světozor, Český lid und in der Publikation Moravské Slovensko abgedruckt.35
29 Darauf macht beispielsweise in seinem Beitrag Richard Jeřábek aufmerksam (JEŘÁBEK, Richard: Zur Frage des Einflusses der kroatischen Kolonisierung auf die Volkskultur in Südmähren. Zprávy oblastního muzea jihovýchodní Moravy v Gottwaldově [Berichte des Gebietsmuseums Südöstmährens in Gottwaldov]. 1966, S. 11) 30 Hier bestätigt sich die Vermutung von M. Ludvíková, siehe LUDVÍKOVÁ, Miroslava. Leinenstickerei bei den südmährischen Kroaten aus dem Dominium Dürnholz. 31 ŠEMBERA, Alois W. Osady chorwatské v Morawě [Kroatische Siedlungen in Mähren], S. 2. 32 So wurde sie von keiner späteren Beschreibung erfasst, J. Klvaňa verwechselte den Druck irrtümlich mit einer Stickerei – siehe M.
Ludvíková. 33 Anzuzweifeln sind auch die Zeichnungen von F. Kalivoda und ebenfalls die bekannte Zeichnung von J. Mánes mit der Beschreibung „Kroatische Tracht in Mähren“, die in die Publikation Heimatkundliche tschechoslawische Ausstellung in Prag 1895 Aufnahme fand, S. 16. 34 Světozor, 1882, S. 585. 35 Im Fotoarchiv des EÚ MZM sind Klvaňas Fotografien unter den Inventarnummern FA 1315–1317 erfasst.
Familie in Festtagstracht. Neuprerau (Nový Přerov), 1894. Foto: Josef Klvaňa. EÚ MZM, FA 1312
Im Fotoarchiv des Ethnografischen Instituts des Mährischen Landesmuseums (im Weiteren nur EÚ MZM) befinden sich auch sechs Platten von Glasnegativen, die an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert angefertigt wurden.36 Die umfangreiche Sammlung an Fotografien von Einwohnern mit ihren Trachtbestandteilen aus Guttenfeld ist in den Beitrag von Alois Malec aus dem Jahre 1900 aufgenommen worden. Die wenig bekannten kolorierten Fotografien eines Mädchens und eines jungen Mannes aus Neuprerau in zeremonieller Tracht enthält das Album Darstellung des mährischen Volkes und der mährischen Trachten, angefertigt im Jahre 1899 auf Initiative der Mitarbeiter des Kuratoriums des František-Museums (heute Mährisches Landesmuseum).37 Diese kolorierten Aufnahmen sind wertvolles ikonografisches Material und vermitteln dank der Farbe ein fast zeitgenössisches Bild der kroatischen Festtracht. Die kolorierten Fotografien zeigen die ältere Variante der zeremoniellen Tracht, das Mädchen trägt die Haube škuofija, eine dunkle, reich bestickte Schürze, bestickt sind ebenfalls die Ärmel der Bluse, um die Hüfte ist ein Band geschlungen. Die Mädchen und Frauen auf den anderen Gruppen- und Familienfotos sind festlich gekleidet, sie tragen bereits Tücher auf dem Kopf, einfarbige oder bedruckte Schürzen ohne Stickereien, auch die Ärmel sind alle unbestickt. Einige Frauen tragen den Mantel kacabajka.
Jan Jurdič, 21 Jahre alt, Neuprerau (Nový Přerov) Nr. 18. Foto: Autor unbekannt, kolorierte Fotografie, 1897. EÚ MZM, F 3326 Marie Ribarek, 25 Jahre alt, Neuprerau (Nový Přerov) Nr. 49. Foto: Autor unbekannt, kolorierte Fotografie, 1897. EÚ MZM, F 3327/c
36 Unter der Inv.-Nr. Č. FA 2823-2828. 37 Ihre schwarzweißen Reproduktionen wurden verwendet in dem Buch MILČETIĆ, Ivan. O hrvatskim naseobinama v Moravskoj, Donjoj Austrii i Zapadnoj Ugrskoj, S. 32, 35. Familie in Tracht, Mädchen im Vordergrund in Kirmesskleidung. Neuprerau (Nový Přerov), 1894. Foto: Josef Klvaňa. Museum der Mährischen Slowakei in Uherské Hradiště, Inv.-Nr. 2294
Die nicht veröffentlichten gläsernen Platten aus den Jahren 1906–1910 in einer Anzahl von 22 Stück (FA 13.025-13.046), überwiegend von kroatischen Frauen in Festkleidung, sind das Werk des jungen František Pospíšil (Angestellter des Mährischen Landesmuseums in der Funktion des Kurators, anschließend war er dort in den Jahren 1920-1945 Abteilungsleiter). Eine Kollektion an Negativen, insgesamt 42 Stück (FA 28292871), entstand in den Jahren 1932 und 1934 mit dem Fotoapparat von Antonín Blažek in Fröllersdorf, die Aktion initiierte František Pospíšil. Die aus dem Jahre 1934 wurden bei den Festlichkeiten zum 350. Jahrestag der Ankunft der Kroaten in Mähren in Neuprerau und in Fröllersdorf angefertigt.
Dreizehn Fotografien, diesmal aus den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts, sind ein Beweis dafür, dass einige Kroatinnen auch nach der Übersiedlung nach Nordmähren nicht auf ihre Kleidung verzichten wollten. Sie wurden von Josef Dostál in Huzová und in Lipina in den Jahren 1956 und 1957 aufgenommen. In die Sammlungen des EÚ MZM gelangten sie als Bestandteil einer umfangreichen Akquisition im Jahre 1987.
Ein wesentlicher Neuzuwachs des hiesigen Fotoarchivs ist ein Ensemble, das 2002 erworben werden konnte. Von einer geliehenen Kollektion an Positiven – deren Autor der Wiener Maler Othmar Ruzicka (1877–1962) ist und die 101 außergewöhnliche Aufnahmen aus dem Leben der Gemeinde Fröllersdorf am Beginn des 20. Jahrhunderts umfasst – wurden für das EÚ MZM vom Brünner Fotografen Miroslav Myška hochwertige Reproduktionen hergestellt. Das Ensemble von Othmar Ruzicka ist umso wertvoller, da es den wichtigen Umbruchszeitraum vom Beginn des 20. Jahrhunderts einfängt und auch – weil es neben der Dokumentation der Feiertags- und Festtagstracht von Erwachsenen und Kindern - eine bis dahin fehlende wertvolle Informationsquelle über die Alltags- und Arbeitskleidung der kroatischen Bevölkerung in den böhmischen Ländern am Beginn des 20. Jahrhunderts darstellt.
Nur wenige kroatische Textilien aus der Zeit ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts befinden sich in Museumssammlungen, einige konnten überhaupt nicht erworben und schon gar nicht erhalten werden. In den Fonds des EÚ MZM ist die Situation ähnlich. Am stärksten vertreten ist Frauenkleidung, deutlich weniger repräsentiert sind Kleidungsstücke von Männern, Kinderkleidung fehlt völlig. Ein umfangreiches Ensemble bilden bestickte Kragen für Frauen (insgesamt 63 Stück), diese bilden eine zusammenhängende Entwicklungslinie, von den ältesten erhaltenen Typen, bestickt mit schwarzer Wolle oder Seide, mit
Hochzeit von Franc Vašák und Anna Jurdičová. Fröllersdorf, 20er–30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Vereinigung von Bürgern kroatischer Nationalität in der Tschechischen Republik (SOCHN)
Familie Schneider, Mutter in traditioneller Tracht. Fröllersdorf, um 1931. SOCHN allmählichen Veränderungen des Ornaments, der Komposition und der Farbzusammensetzung, bis hin zu Kragen mit Lochstickerei vom Ende des 19. Jahrhunderts.38
Die restlichen Sammlungstextilien bestehen aus neunzehn bestickten Schürzen repräsentiert, wobei siebzehn von ihnen aus schwarzem farbigen oder dunklen Leinen und zwei aus weißem Leinen gefertigt wurden, zwei Blusen mit roter und oranger Stickerei an den Ärmeln, zwei Seidenröcken, drei Brokatmiedern und zwei Hauben, die škuofija genannt werden. Trachtenbestandteile für Männer sind nur in Form von vier bestickten Hemden und zehn Brokatwesten vertreten. Zu den ganz außergewöhnlichen Akquisitionen aus diesem Zeitraum gehören jeweils eine komplette Tracht für Frauen und Männer. Für das Museum wurden diese im Jahre 1897 in Guttenfeld erworben.39 Wenngleich die Sammlung kroatischer Textilien aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die sich im EÚ MZM befindet, nicht repräsentativ ist, stellt sie doch wichtiges Material dar, das die schriftlichen Berichte, Zeichnungen und Fotografien aus der damaligen Zeit bestätigt und belegt.
Die kroatische Tracht in der Form, wie sie Quellen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erfasst haben und museale Sammlungen belegen, weist im Vergleich mit der älteren Zeit keine wesentlichen Veränderungen auf und bleibt bis zum Beginn des ersten Weltkrieges praktisch unverändert. Der Krieg stellt vor allem wegen der schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen einen gewissen Einschnitt dar. Dies bestätigen auch Menschen, von denen dazu Informationen vorliegen. Bedřich Sič (geboren 1919 in Fröllersdorf) erinnert sich an seinen Vater, der an Feiertagen Hosen aus Tuch mit Schnürung und bestickte Hemden trug. Für die Feldarbeit kleidete er sich in breite Hosen aus grobem Leinen. Josef Regen (geboren 1903 in Fröllersdorf) führt an, in den Vorkriegsjahren seien die jungen Männer nur bei festlichen Anlässen in Tracht gegangen (so wie es beispielsweise bei Kirchweih und Musterung der Fall war), viele aber auch beim sonntäglichen Kirchgang. Mädchen und Frauen, die ihre Tracht in unveränderter Form trugen, waren (bis auf Ausnahmen) eine absolute Selbstverständlichkeit. Zu einer Wende in der Art, sich zu kleiden, kommt es im Laufe des Ersten Weltkrieges und vor allem in den Jahren danach. Eine grundlegende Veränderung durchlief besonders die Kleidung der Männer. Die Tracht wurde in relativ kurzer Zeit durch städtische Kleidung ersetzt. Es ist festzustellen, dass sie auch bei Anlässen wie beispielsweise einer Hochzeit nicht mehr konsequent auftaucht.
Die Informationen von Zeitzeugen werden durch Fotografien aus der damaligen Zeit ergänzt. Auf einer von ihnen, die auf einer Hochzeit in Fröllersdorf im Jahre 1919 angefertigt wurde, trägt ein einziger alter Mann Tracht. Auf einer Momentaufnahme einer Kirchweihfeier aus dem Jahre 1920 in derselben Gemeinde tragen die Kirchweihburschen durchweg alle städtische Kleidung, lediglich eine Blume am Hut und ein Band mit ei-
38 Eine detaillierte Analyse siehe LUDVÍKOVÁ, Miroslava. Leinenstickerei bei den südmährischen Kroaten aus dem Dominium Dürnholz. 39 Fotografien dieser kompletten Trachten wurden in das Album „Darstellung des mährischen Volkes und der mährischen Trachten“ aufgenommen. Ledige Mädchen in Festkleidung (Marie und Magdalena Schallamoun). Fröllersdorf, 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. SOCHN Ehepaar Schneider. Fröllersdorf, Ende der 30-er Jahre des 20. Jahrhunderts. SOCHN
Familie von Jan Schallamoun, überwiegend in städtischer Kleidung. Fröllersdorf, um 1932. SOCHN
nem langen Ende am Sakkoaufschlag verweisen darauf, dass sie Kirchweihburschen sind. Interessant ist allerdings die Kleidung des Bräutigams– ein langer, dunkler, anliegender Obermantel von städtischem Schnitt mit einem Samtkragen. Er ersetzte den bekannten traditionellen Mantel aus feinem blauen Tuch, der früher bei Zeremonien getragen wurde.
Den Aussagen der Befragten ist auch zu entnehmen, dass die Beschaffung von Männertrachten sehr kostspielig war – der hohe Preis des Tuchs, aus dem die meisten Teile genäht wurden, die kostspielige Anfertigung in Schneidereien und die Not nach dem Krieg, wo gutes Material Mangelware war, führten dazu, dass Männer billige Konfektion zu tragen begannen.40 Eine neue Tracht legte sich im Grunde niemand mehr zu. Trotzdem gab es in der Zwischenkriegszeit Ereignisse, bei denen die Männer wieder in Tracht erschienen. So nahm beispielsweise an der Trachtenausstellung 1925 in Brno eine zahlenstarke Trachtengruppe aus Guttenfeld teil. 1934 kamen bei der Jubiläumsfeier der mährischen Kroaten, die in allen drei Gemeinden stattfand, Dutzende junge und ältere Männer in traditioneller Festtagskleidung zusammen, bei den Feierlichkeiten des republikanischen Nachwuchses in Prag im Jahre 1937 führte die Jugend aus Neuprerau und Fröllersdorf auf dem Strahov-Hügel mit viel Erfolg eine kroatische Hochzeit auf. Vor allem für die Exkursion nach Prag wurden damals in ganz Fröllersdorf Trachtenbestandteile für Männer zusammengetragen. Aus einer Fotodokumentation,41 die zwei dieser bedeutenden Ereignisse zeigt, ist ersichtlich, dass in den dreißiger Jahren in den Familien noch komplette Männertrachten oder Teile davon aufbewahrt wurden, einschließlich Obermäntel, Pelerinen und Pelze.
40 Der letzte Schneider, der kroatische Tracht nähte und stickte (mit Ausnahme des Hemds, das die Frauen fertigten), war Jiří Pevner, geboren 1870 in Fröllersdorf. Nach Aussagen von Zeitzeugen kostete eine echte Männertracht vor dem Ersten Weltkrieg so viel wie der
Kauf einer Kuh. 41 Im Fotoarchiv des EÚ MZM befindet sich ein Ensemble von Fotografien (unter der Nr. FA 2829-2863), die 1932 in Fröllersdorf angefertigt wurden, und Fotografien (unter der Nr. FA 2864-2871), die ebenda auf einer Jubiläumsfeier auf Anregung von František
Pospíšil entstanden, der damals Leiter der heimatkundlichen Abteilung des MZM war. Die Aufnahmen zeigen junge Kroatinnen und
Kroaten auf dem Treffen der republikanischen Jugend in Prag im Jahre 1937, veröffentlicht wurden sie von B. Sič in seiner Arbeit (SIČ,
Bedřich. Spominanje na rodni kraj. Brno: Vereinigung der Bürger kroatischer Nationalität in der Tschechischen Republik, 1993).
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1.-4. Ledige Mädchen in Kirmesstracht. Fröllersdorf, 1932. Foto: Antonín Blažek. RMM. EÚ MZM, FA 2837-40
5. Senioren in traditioneller Winterkleidung – Kragenmantel, pelz, Kurzpelz. Fröllersdorf, 1932. Foto: Antonín Blažek. RMM. EÚ MZM, FA 2849
6. Lediger junger Mann in Festtracht. Fröllersdorf, 1932. Foto: Antonín Blažek. RMM. EÚ MZM, FA 2843
7. Gruppe von Männern, Frauen und Mädchen in traditioneller Winter- und Sommerkleidung. Fröllersdorf, 1932. Foto: Antonín Blažek. RMM. EÚ MZM, FA 2855
Im Unterschied zu den Männern trugen die meisten Kroatinnen auch über die Zwischenkriegsjahre hinweg Tracht, viele sogar noch länger. Die Tracht für Frauen war nicht so kostenintensiv wie die für Männer, und ein weiterer Vorteil bestand darin, dass sie die Frauen zumeist selbst in Heimarbeit nähten. Die Festtagskleidung für Frauen wurde vereinfacht, somit war die Fertigung nicht so anspruchsvoll. Doch auch dies konnte nicht verhindern, dass sich allmählich die städtische Mode durchsetzte, mal in geringerem und mal in höherem Maße. Insbesondere in Guttenfeld legten die Frauen die Tracht recht schnell ab,42 anders als in Neuprerau und Fröllersdorf, wo sich der städtische Stil, sich zu kleiden, eher vereinzelt durchsetzte. Kleine Mädchen gingen noch in den dreißiger Jahren in traditionellen Röckchen und Jüpchen zur Schule,43 Ledige und Verheiratete legten jeden Sonntag beim Kirchgang Tracht an, und einige Frauen legten weder Alltags- noch Festtagstracht ab, sie blieben ihr auch nach der gewaltsamen Aussiedlung im Jahre 1949 fernab ihrer Heimat treu.
Für den gesamten Zeitraum, d. h. ab dem Ende des Ersten Weltkriegs, gibt es eine ganze Reihe von professionellen Fotografien, Amateurfotos und auch Familienfotos, die dabei behilflich sind, den Stand und die Stellung der kroatischen Tracht in den entsprechenden Jahren zu dokumentieren. Viele befinden sich im Fotoarchiv des EÚ MZM (siehe oben), auch gelingt es immer wieder, Neuzugänge zu erwerben. Am bedeutsamsten ist
42 Guttenfeld hatte angesichts seiner Lage viel mehr Kontakte zu Nikolsburg (Mikulov) und übernahm daher leichter und schneller städtische
Elemente. 43 Siehe Schulfoto aus den Jahren 1929 und 1933 in Fröllersdorf, reproduziert in der Arbeit von B. Sič (SIČ, Bedřich. Spominanje na rodni kraj). Gruppenfoto von Männern und Frauen in Festtracht. Guttenfeld (Dobré Pole), 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. SOCHN
Junge Leute in Kirmesstracht auf der Kiritof. Guttenfeld (Dobré Pole), 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. SOCHN
die Kollektion von Negativen, die auf Anregung des Mährischen Landesmuseums am 29.5.1932 und am 16.9.1934 in Fröllersdorf und Neuprerau angefertigt wurden. Dem Fotografen Antonín Blažek ist es gelungen, die ursprüngliche Absicht zu erfüllen. Unter der Leitung von František Pospíšil (Leiter der damaligen heimatkundlichen Abteilung des Mährischen Landesmuseums) fotografierte er nicht nur die Tracht der Kroaten einschließlich wertvoller Detailaufnahmen, sondern dokumentierte auch nicht mehr getragene Stücke traditioneller Kleidung, sowohl für Männer als auch für Frauen. Es ist nur zu bedauern, dass es den Museumsmitarbeitern bei dieser einzigartigen Gelegenheit nicht gelungen ist, Neugänge zu erwerben.
Die Fotografien und Aussagen von Zeitzeugen vermitteln ein Bild von der Kleidung der Kroatinnen in den ersten Nachkriegsjahren: alte Frauen trugen fast ausnahmslos Tracht oder Teile davon in unveränderter Form. Bei der mittleren und teilweise jungen Generation hielt sich die Tracht ebenfalls, wenngleich mit gewissen Merkmalen einer Vereinfachung. Im Laufe der Jahre kamen jedoch ganz gesetzmäßig Frauen und Mädchen hinzu, die städtische, sog. deutsche Kleidung bevorzugten. Meistens wurde eine neue Tracht anlässlich einer Hochzeit oder auch zur Kirchweih angeschafft. Oft wurden alte Stücke von der Mutter oder Großmutter mit neuen komplettiert. Die Kirchweihkleidung von Mädchen und Kirchweihmädchen (Sg. starešica / Pl. starešice) änderte sich fast gar nicht. Die Blusen, die nur durch eine schwarze Spitze, die den Rand der Ärmel säumte, oder auch einen Streifen einer einfachen schwarzen Stickerei hervorgehoben wurden, blieben gleich. Die Mieder waren immer noch weit geöffnet. Mieder mit Schnürung allerdings wurden kaum noch genäht, vielmehr erb-