Mozart. Klassiker! Klassiker?
Magazin 2015
Im Fokus Was heißt hier Klassik?
Im Gespräch Diana Damrau/Toshio Hosokawa
Im Überblick Das Mozartfest 2015
© Rainer Greubel
© Schmelz Fotodesign
Intendantin Evelyn Meining
Liebe Musikfreunde,
Genaues Hinsehen und Hinhören lohnt sich. Ist Klassik drin, wo Klassik draufsteht? Was heißt Klassik in Bezug auf Mozart? Und was bedeutet dieser Rang des »Klassischen« für Komponisten, Interpreten, Wissenschaftler und Medienprofis, die sich auf Mozart einlassen? Zu Antworten regen über 60 Konzerte und Veranstaltungen in hochkarätigen Besetzungen von Kammermusik, Sinfonik, Vokalmusik und Weltmusik an. Im Jahr 2014 sind wir einen großen Schritt gegangen. Das Mozartfest mit seiner inzwischen schon fast 100-jährigen Geschichte hat eine inhaltliche Neupositionierung gewagt. Erstmals wurde Mozarts Musik konsequent mit Musik der Gegenwart konfrontiert. Diesen Kurs führen wir fort. Das und die vielen Facetten des Programms mit den stimmungsvollen »Nachtmusiken« im Hofgarten, »Bruckner im Dom«, Mozart am Golfplatz und in Weinkellern prägen das Mozartfest 2015. Unser Artiste étoile heißt Renaud Capuçon. Er sorgt dafür, dass die Violine und die Familie der Streichinstrumente im Mittelpunkt vieler Konzerte stehen. Im MozartLabor, das schon im zweiten Jahr als feste Größe nicht mehr wegzudenken ist, diskutieren und arbeiten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kulturmanagement, Musik- und Medienpraxis. »Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt«, hat Arnold Schönberg von sich gesagt. Mit Blick auf die große Tradition des Mozartfestes fühlen wir uns diesem Satz verpflichtet: Wir laden Sie ein, Mozart im Licht der Gegenwart neu zu hören und zu erleben. Ihre Evelyn Meining und das Mozartfest-Team
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© Oliver Lang
»Was heißt hier Klassik?«, fragt das Mozartfest 2015. Das entscheidende Wörtchen im Motto ist das »hier«. Der umgangssprachliche Ton ist kein Zufall, die Frage durchaus ernst gemeint. Was heißt denn hier und heute Klassik, in unserer Konsumwelt, die »Klassik« gerne als verkaufsförderndes Etikett verwendet?
» Denn was sind Klassiker
anderes als die erhabensten der uns überlieferten menschlichen
Gedanken.«
HENRY DAVID THOREAU (1817–1862)
» Bey Anhörung Mozartischer Musik « Was heißt hier Klassik?
K
eine Frage: Wir brauchen sie, unsere »Klassiker«! Sie geben beruhigende Normen vor, Werte und Wertmaßstäbe. Wir brauchen sie als Richtschnur, um Ordnung zu halten und zu urteilen. Sie sind in unserem Leben präsent, gelten als zeitlos, sind Herzstücke unserer Kultur. Aber ist es so einfach? Geradezu inflationär wird der Begriff »Klassik« verwendet. Jeder Lebensbereich kennt seine »Klassiker«. Wir gieren nach ihrem Glanz. Wir adeln als »klassisch«, was immer uns in den Sinn kommt. Es gibt sogar den Begriff der »größten Klassiker«, um manches aus den inzwischen angesammelten Heerscharen der gewöhnlichen hervorzuheben. Ergebnis: Je häufiger das Prädikat »klassisch« verliehen wird, desto schwieriger wird der Umgang damit, desto unschärfer ist die Angelegenheit. Immer ungeeigneter wird der Begriff »Klassik«, um Orientierung zu geben. Ein echtes Klassik-Dilemma! Das Mozartfest nimmt die Verwirrung um diesen schillernden Begriff zum Anlass, um zu fragen, was hier und heute »Klassik« heißt. Wie dehnbar ist der Begriff? Dient er nur noch Marketingzwecken? Oder steckt im verschwenderischen Gebrauch vielleicht sogar eine Sehnsucht nach wahren Werten? »MOZART. KLASSIKER! KLASSIKER?«
Selbstverständlich steht Mozart im Mittelpunkt, denn sein Status als »Klassiker« ist unbestritten. Oder etwa nicht? »Mozart. Klassiker! Klassiker?«, stellt
der Mozartforscher Prof. Dr. Ulrich Konrad in den Raum und ist überzeugt: »Könnte man Mozart heute fragen, was ihn zum Klassiker, also zum mustergültigen musikalischen Vorbild macht und zur zeitlosen Künstlergestalt erhebe, so würde der sein Gegenüber ratlos anschauen – es wäre ihm vermutlich gleichgültig.« Mozart hat ganz gewiss nicht in dem Bewusstsein komponiert, ein Klassiker zu sein. Er forderte und überforderte seine Hörer. Seine Musik empfand man als übertrieben, übersteigert, überladen. Zu viele Kontraste, geschmacklos direkt im Ausdruck, zu radikal düster, befand die Kritik. Das Mozartfest befragt die Werke des Wiener Klassikers vor diesem Hintergrund und versucht, sie mit ihrer Zeit, der Nachwelt und dem Hier und Jetzt zu konfrontieren. Was heißt Klassik in Bezug auf Mozart? Und was bedeutet dieser Rang des »Klassischen« für Komponisten, Interpreten, Wissenschaftler und Medienprofis, die sich auf Mozart einlassen? In über 60 Konzerten und Veranstaltungen ganz unterschiedlicher Couleur regt das Mozartfest an, individuelle Antworten zu finden. KLASSIK IM AUGE DES BETRACHTERS
Um das Überzeitliche und das Menschliche als vielbeschworene Merkmale der »Klassik« geht es gleich zu Beginn: Wenn am 22. und 23. Mai der Artiste étoile
Renaud Capuçon gemeinsam mit dem Mahler Chamber Orchestra das Mozartfest eröffnet, steht Pēteris Vasks' Violinkonzert »Fernes Licht« neben Werken Wolfgang Amadé Mozarts. Freude, Trauer und Hoffnung bezeichnet Vasks als wichtige Kräfte seines Violinkonzertes. Mit eindringlicher Emotionalität gibt es eine Ahnung davon, dass Klassik Grunddimensionen des menschlichen Lebens berühren kann. Der japanische Komponist Toshio Hosokawa erkennt in Mozart eine der »Quellen westlicher Musik« und lädt mit seinen Kompositionen ein, den Blick aus einer anderen Welt auf die europäische Klassik zu richten. Das Kansai Philharmonic Orchestra stellt Hosokawas Klavierkonzert »Lotus under the moonlight – Hommage à Mozart« vor. Der Monteverdichor Würzburg und die Akademie für Alte Musik Berlin kombinieren Hosokawas »Drei Engel-Lieder« mit Mozarts Requiem: eine fast mystische Verschränkung zweier Werke von spiritueller Kraft. Neben der Trias der sogenannten Wiener Klassik – Haydn, Mozart, Beethoven – kommen auch bemerkenswerte Zeitgenossen zu Gehör. Mozarts Freund und Verleger Franz Anton Hoffmeister ist mit seinem Oboenkonzert C-Dur vertreten. Albrecht Mayer wird es am 28. Mai spielen, bevor er im gleichen Konzert die Orchesterfassung des ihm gewidmeten »Concerto BACH« von Enjott Schneider uraufführt. Den Spagat zwischen der Wiener Klassik und traditioneller venezolanischer Musik wagen die Bolívar Soloists in ihrem Konzert am 29. Mai gemeinsam mit dem jungen Mozartspezialisten Michail Lifits am Klavier. Orchesterwerke der skandinavischen (Spät-)Romantik bringt die Amsterdam Sinfonietta nach Würzburg und hat außerdem den Pianisten Rafał Blechacz zu Mozarts Klavierkonzert KV 488 eingeladen. Blechacz ist nach Krystian Zimerman erst der zweite polnische
Gewinner des bedeutenden Warschauer ChopinWettbewerbs. Vor allem emotionale Tiefe sei notwendig, betont Blechacz, der eine verblüffend natürliche und transparente Herangehensweise auch bei Mozart entwickelt hat. Diana Damrau und Helmut Deutsch spüren dem »Klassischen« im Kunstlied nach und haben für ihren Liederabend am 8. Juni neben Schubert und Strauss eine Auswahl aus Mozarts Liedern getroffen. Dem originalen Klang der »Klassik« ist die Lautten Compagney (Berlin) auf der Spur: Mit dem RIAS-Kammerchor präsentiert sie eine konzertante »Zauberflöte« auf Originalinstrumenten (19. und 20. Juni). Die jungen Gesangsolisten wurden exklusiv für diese Produktion ausgewählt. Ein Wiedersehen gibt es am 23. Juni: Jörg Widmann, der als Artiste étoile 2014 Würzburg im Sturm eroberte, stellt in einem Kammermusikkonzert mit dem Apollon Musagète Quartett Mozart und Max Reger gegenüber. »Das größte musikalische Wunder, das die Welt gesehen, war Mozart«, schwärmte Reger. An der Schwelle zur Moderne trat er in den Dialog mit Barock und Wiener Klassik. AUF DIE PROBE GESTELLT
»Die Meisterstücke der Römer und Griechen gefallen bey fortgesetzter Lektüre und je reifer der Geschmack wird, immer mehr und mehr«, versicherte 1798 der erste Mozart-Biograf Franz Xaver Niemetschek und fügte an: »das nemliche widerfährt dem Kenner und Nichtkenner bey der Anhörung Mozartischer Musik.« Die häufige Wiederholung der »tiefgedachten Schönheiten« darin, sei der »wahre Probirstein des klassischen Werthes.« Das Mozartfest 2015 lädt ein, klassische Werke und Werte auf die Probe zu stellen – und diesseits und jenseits von »Klassik« und »Klassischem« mit den Ohren auf Entdeckungsreise zu gehen.
MozartLabor 31. Mai bis 2. Juni 2015 Das MozartLabor geht in die zweite Runde und lädt ein zum Experiment am lebenden Herzen der Klassik. Wissenschaftler, Musiker, Studierende, Medienschaffende, Kulturmanager, Stipendiaten und Musikproduzenten treffen sich zum interdisziplinären Dialog mit und über Mozart. Die Roundtables, Interviews und Podien des MozartLabors beleuchten u. a. die Verwendung des Klassik-Begriffs im modernen Musikbetrieb, untersuchen den Interpretationswandel klassischer Kompositionen und blicken auf die außereuropäische Rezeption von Klassik. Offene Proben laden ein, die Erarbeitung einer Werkinterpretation live mitzuerleben. Als Mitglieder des Forschungsteams beteiligen sich der Geiger Renaud Capuçon, der Mozartforscher Prof. Dr. Ulrich Konrad, der Dirigent Reinhard Goebel, die Komponisten Toshio Hosokawa und Prof. Dr. h. c. Wolfgang Rihm, die Musikmanager Dr. Winrich Hopp und Matthias Schulz, der Videokünstler Michael Wende, der Journalist Dr. Harald Eggebrecht, der Journalist und Theaterwissenschaftler Prof. Dr. C. Bernd Sucher an der praktischen und öffentlichen Arbeit des Labors. In Kooperation mit Institut für Musikforschung der Universität Würzburg, Zentrum für Mediendidaktik der Universität Würzburg, Bayerische Theaterakademie August Everding, Institut LernRadio / HfM Karlsruhe Ort »Himmelspforten« Exerzitienhaus der Diözese Würzburg Mainaustr. 42, 97082 Würzburg
Artiste étoile – Renaud Capuçon RENAUD CAPUÇON BEIM MOZARTFEST 22. Mai 19 Uhr, Residenz, Kaisersaal
Mahler Chamber Orchestra Renaud Capuçon Violine und Leitung
Weitere Informationen zu Programm und Teilnahmemöglichkeit unter: Mozartfest Würzburg, Rückermainstraße 2 97070 Würzburg, Tel. 09 31 / 37 23 36 www.mozartfest.de, info@mozartfest.de
© Henning Schacht / berlinpressphoto.de
23. Mai 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal
»Diese Musik hat mir den Schlüssel zum Musikmachen überhaupt gegeben«, offenbart der französische Stargeiger, Violinprofessor und Festivalleiter Renaud Capuçon über seine Beziehung zu Mozart. In der Saison 2015 hat das Mozartfest Würzburg ihn zu seinem Artiste étoile gewählt. Gerne folgt er der Einladung und gestaltet gemeinsam mit herausragenden künstlerischen Partnern fünf exklusive Konzerte. Darüber hinaus arbeitet er im MozartLabor in einer öffentlichen Probe mit Kammermusikstipendiaten und berichtet in einem Podiumsgespräch über sein persönliches Verhältnis zum Begriff »Klassik«.
Mahler Chamber Orchestra Renaud Capuçon Violine und Leitung 31. Mai 11 Uhr, Exerzitienhaus Himmelspforten
Renaud Capuçon Violine Gérard Caussé Viola Edgar Moreau Violoncello
Einscannen und anschauen: Filmdokumentation über das MozartLabor
31. Mai bis 2. Juni
Renaud Capuçon im MozartLabor 12. Juni 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal
Bamberger Symphoniker Renaud Capuçon Violine Lahav Shani Leitung 13. Juni 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal
Bamberger Symphoniker Renaud Capuçon Violine Lahav Shani Leitung
» ... eine einmalige Chance, Anfragen an
Mozart zu stellen.« nmz
Weitere Informationen, ein Interview sowie eine Videobotschaft Renaud Capuçons mit kurzen Erläuterungen zu seinen Programmen: www.mozartfest.de/ programm/artiste-etoile-2015
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© Rebecca Fay Erato
Damrau und Mozart – gesucht und gefunden Eine noble, doch von ihren Gefühlen zerrissene, sinnliche Frau: Diana Damrau wurde hochgelobt für ihre Konstanze in der Frankfurter Inszenierung Christof Loys und unterstrich nicht zuletzt eindrücklich, eine der bedeutendsten Mozartinterpretinnen der Zeit zu sein. Mit Mozart und der Barbarina aus »Le nozze di Figaro« feierte Damrau ihr Bühnendebüt in Würzburg. Der internationale Durchbruch gelang ihr, als sie 2004 zur Wiedereröffnung der renovierten Mailänder Scala in Salieris »L’Europa riconosciuta« debütierte. Seither singt sie von Salzburg bis New York auf den Bühnen der Welt und wird vor allem in den großen Rollen des Belcanto und zahlreicher StraussOpern gefeiert. Und selbstverständlich bilden die anspruchsvollen Frauenpartien Mozarts von Königin der Nacht bis Donna Anna wichtige Meilensteine ihrer Karriere. Ob in klanglicher oder gestalterischer Dimension: Durch sie erfahren die Figuren regelmäßig wegweisende Impulse. Der »Figaro«-Susanna fügt Damrau in diesem Jahr auch die Contessa d’Almaviva hinzu. In Liederabenden und Konzerten stellt die Sopranistin immer wieder Mozart in den Fokus und bricht eine Lanze für sein nicht selten, doch völlig zu Unrecht unterschätztes Liedschaffen.
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atürlichkeit, Offenheit und Authentizität – es ist die seltene Kombination dieser Gaben, die Diana Damrau neben einer umwerfenden Stimme auszeichnet und als weltweit gefragte Mozartsängerin prädestiniert. Leichtigkeit und ein traumwandlerisches Einfühlungsvermögen sind darüber hinaus ihr künstlerisches Kapital, um sich verblüffend wandlungsfähig jede Rolle, jedes Lied zu eigen zu machen, sich hineinzudenken und darin aufzugehen. Am 8. Juni 2015 gibt Diana Damrau ihr Liederabend-Debüt beim Mozartfest. Intendantin Evelyn Meining sprach mit der Sopranistin über ihre enge Verbindung zu Würzburg, Strauss’ »Vier letzte Lieder« sowie die Bedeutung von Familie und Heimat. Frau Damrau, Würzburg freut sich auf Sie! Was bedeutet Ihnen die Rückkehr in diese Stadt? Würzburg ist für mich immer ein Stück Heimat geblieben. Ich freue mich sehr, wieder einmal zurückzukommen, Freunde und Kollegen zu treffen und die Würzburger Zeit Revue passieren zu lassen. Alles ist mir noch so präsent, als wäre es gestern gewesen. Acht prägende Jahre habe ich hier gelebt, mein Studium an der Musikhochschule absolviert, mein Bühnendebüt am damaligen »Würzburger Stadttheater« als Barbarina in einer Mozartfest-Produktion von »Le nozze di Figaro« gesungen und lehrreiche, wertvolle, erste Berufsjahre erlebt. Darüber hinaus habe ich auch noch den Kulturpreis der Stadt in Empfang nehmen dürfen, was mich sehr stolz macht. Mit Helmut Deutsch haben Sie speziell für das Mozartfest 2015 ein Programm vorbereitet, das den Bogen vom Mozart’schen Kunstlied bis zu Richard Strauss spannt. Die »Vier letzten Lieder« sind im Original für großes Orchester geschrieben und schöpfen eine reiche instrumentale Farbpalette aus. Worin besteht der Reiz der Klavierfassung, die ja zunehmend gesungen wird? Diese opulenten Lieder zu singen, ist schon für sich ein großer Reiz. Die Klavierfassung bleibt natürlich durchsichtiger als die Klangmacht eines großen Orchesters. So kann ich mehr mit den Farben meiner Stimme spielen. Der Pianist hat alle Hände voll zu tun, um die Farben des Orchesters in seine Interpretation aufzunehmen. Das wird alles sehr spannend.
» Als wäre es gestern gewesen « Würzburger Wiedersehen mit Diana Damrau Wir »zappen« quasi zwischen München, New York, London, Wien und Mailand. Wenn Sie im Juni 2015 nach Würzburg kommen, haben Sie eine Saison hinter sich, die Sie mit großen Partien, Rollendebüts, Konzerten und Plattenaufnahmen um den Globus geführt hat. Daneben die wechselnden Zeitund Klimazonen und die Kinder! Wie kann eine Frau, der allabendlich Höchstleistungen abverlangt werden, das durchstehen? Das Rezept ist vielleicht, dass man sich, seinen Körper und seine Stimme kennt und einschätzen kann. Maßgeblich sind vor allem Neugier, Freude, Lernbereitschaft, der perfekte Partner und die perfekten Kinder. Wir machen auch alles gemeinsam und planen natürlich gemeinsam – und das lange im Voraus, aber mit Flexibilität. Unsere Kinder sprechen bereits drei Sprachen und freuen sich aufs gemeinsame Entdecken der Welt und der Bühnen. Weil sie noch klein sind, können wir uns im Moment noch so einen bunten Kalender erlauben. Diese Spielzeit begann mit der Aufnahme meiner neuen CD »Fiamma del Belcanto« in Turin, dann gab es eine damit verbundene Tournee mit Operngalas sowie Liederabende mit Harfe in Deutschland, Österreich, Italien, Spanien und den Niederlanden. Dann ein Meyerbeer-Konzert in Rom. Es folgten Bizets »Perlenfischer« im Theater an der Wien, die »Lucia di Lammermoor« an der Bayerischen Staatsoper und Mailand, dann die »Manon« von Massenet an der Metropolitan Opera. Das Musikbusiness hat seine eigenen Gesetze, die nicht immer zum Vorteil der Künstler wirken. Können Sie sich aussuchen, was Sie singen möchten? Welche Partien sind noch unerfüllte Träume? Das ist das einzig große Privileg: Ich kann mir aussuchen, was und manchmal auch mit wem ich was wann machen will. So kann ich mich schützen und weiterentwickeln. Momentan darf ich alle meine Traumpartien im Belcanto und französischen Repertoire singen und vertiefen: Violetta, Lucia, Elvira, Manon, die Frauen in »Contes d’Hoffmann«. Es stehen meine Rollendebüts der »Figaro«-Gräfin und der Juliette von Gounod ins Haus.
In den letzten Jahren hat sich Ihre Karriere rasant entwickelt. Sie singen an allen großen Bühnen der Welt. Sie leben in Hotels und aus Koffern. Und Sie haben Familie! Wie schaffen Sie das? Organisation, Liebe, Verständnis und Freude und Organisation und nochmal Organisation ...
Haben Sie Menschen, die Sie in Ihrem Sinne und in Ihrem Interesse gut beraten? Ja, die habe ich Gott sei Dank. Was meine Stimme angeht, muss ich in erster Linie in mich hineinfühlen und ausprobieren – und gnadenlos sein.
Was ist Heimat für Sie? Meine Familie! Da mein Mann und ich ja immer wieder an denselben Häusern in denselben Städten auftreten und dort mindestens je zwei Monate am Stück verbringen, haben wir mehrere Lebenszentren mit den damit verbundenen Freunden, Kontakten und der entsprechenden Infrastruktur.
DIANA DAMRAU BEIM MOZARTFEST 8. Juni 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal
Diana Damrau Sopran Helmut Deutsch Klavier
Strauss: »Vier letzte Lieder« sowie ausgewählte Lieder von Mozart, Schubert und Strauss
»Der Himmelsmusik lauschen« Toshio Hosokawa beim Mozartfest
ie ist vielleicht die schönste europäische Musik überhaupt«, sagt Toshio Hosokawa auf die Frage, was Mozart für ihn bedeutet. 2015 ist der renommierte japanische Komponist zu Gast beim Mozartfest und stellt seine Musik in den spannungsvollen Dialog mit Mozart. Im Gespräch erzählt er von seinem Verhältnis zur europäischen Klassik und dem Akt des Komponierens.
rung für Mozarts Musik (und der westlichen Musik) musikalischen Ausdruck verleihen.«
© Christopher Peter
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Wenn Hosokawa seine »Drei Engel-Lieder« mit Mozarts Requiem verknüpft, ist es, als füge sich, was zusammengehört. »Der Text meiner ›Drei Engel-Lieder‹ erzählt von Engeln, die enttäuscht und erzürnt über die menschliche Welt sind«, erläutert Hosokawa und sagt, dass das Requiem für ihn klinge, als sei Zwei innere Ohren habe er. Das eine sei von klein auf geschult, es nicht von Mozart, sondern von einer höheren westliche Musik genauso zu hören wie jeder Europäer. Das Existenz komponiert. »Zorn und Trauer tönen darin, als würden sie tief aus andere Ohr jedoch einer jenseitigen Welt höre nicht nur die widerhallen.« Mit dem reine Musik, sondern Konzertstück »Elegy« lausche viel tiefer » UNTER DEN EUROPÄISCHEN MUSIKEN, EINE DER SCHÖNSTEN « TOSHIO HOSOKAWA für Violine und Klavier hinein in die Klänge, hat Hosokawa dem in die Natur, in den Kosmos. Dieses Hören habe sich entwickelt, als er während Mozartfest eine neue Komposition gewidmet. Die Bamberger des Kompositionsstudiums in Berlin und Freiburg auf seine Symphoniker und Renaud Capuçon werden das Werk urauffüheigenen Wurzeln stieß, betont Hosokawa immer wieder: »Ich ren, das ebenfalls von Trauer und ihrer kosmischen Resonanz begann, japanische Musik zu studieren – und ich begann, sie erzählt. Beim MozartLabor wird Hosokawa mit Stipendiaten zu lieben. Diese Art Musik zu hören, kann das Mozart-Ohr sein Quartett »Stunden-Blumen« für Klarinette, Violine, Violonnicht verstehen.« Heute ist es für ihn selbstverständlich, zwi- cello und Klavier erarbeiten und lässt sich dabei direkt über die schen den Kulturen zu wandeln und in seinen Werken Brücken Schulter schauen. Toshio Hosokawa ist ein stiller, ein nachdenkvon Asien nach Westeuropa zu schlagen. Längst hat er sich in licher, ein sich selbst bewusster Mensch. Durch Musik und beiden Welten etabliert – doch ist ihm über die Jahre immer Gespräch wird er im Mozartfest und -Labor eine beeindruckende bewusster geworden, dass sich vor allem sein Verständnis vom Gedankenwelt offenbaren, die einlädt, anders zu hören. Akt des Komponierens grundlegend vom westeuropäischen unterscheidet: »Komponisten sind für mich das Medium, das der Musik des Himmels lauscht«, sagt Hosokawa. »Sie sind kei- TOSHIO HOSOKAWA BEIM MOZARTFEST ne Konstrukteure, sondern Menschen, die etwas empfangen.« 2. Juni 20 Uhr, Residenz, Fürstensaal Diese Idee ist aufschlussreich für Hosokawas musikalische Stipendiatenkonzert des MozartLabors Herangehensweise und Auffassung, und, so Hosokawa, vielleicht auch auf Mozart anwendbar. 4. Juni 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal In fünf Konzerten und als Dozent des MozartLabors stellt sich Hosokawa beim Mozartfest 2015 dem Dialog mit dem Genius loci. Aus Japan folgt dazu das Kansai Philharmonic Orchestra der Einladung nach Würzburg und interpretiert unter der Leitung von Augustin Dumay gemeinsam mit der Pianistin Etsuko Hirose Hosokawas Klavierkonzert »Lotus under the moonlight«. »Hommage à Mozart« nennt der Komponist im Untertitel sein Werk aus dem Mozartjahr 2006. Er knüpft darin eine enge Verbindung zu Mozarts 23. Klavierkonzert. Es sei seit seiner Kindheit eines seiner Lieblingswerke innerhalb der europäischen Musik, berichtet Hosokawa. In seinem eigenen Konzert träume in mondheller Nacht eine Lotosblume im Knospenstadium den Augenblick ihres Aufblühens: »Diesem Traum möchte ich als bescheidenen Ausdruck meiner Vereh-
Zur Person Geboren 1955 in Hiroshima erste Kompositionsstudien in Tokio 1976 bis 1986 Kompositionsstudium in Berlin und Freiburg bei Isang Yun und Klaus Huber 1980 erste Teilnahme an den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt ab 1990 regelmäßig Dozent in Darmstadt 1989 bis 1998 Künstlerischer Direktor des International Contemporary Music Seminar und Festival in Yamagushi seit 1998 ständiger Composer in Residence des Tokyo Symphony Orchestra seit 2001 musikalischer Leiter des Takefu International Music Festivals in Fukuj seit 2001 Mitglied der Akademie der Künste Berlin seit 2004 ständiger Gastprofessor am Tokyo College of Music
Kansai Philharmonic Orchestra Etsuko Hirose Klavier Augustin Dumay Violine und Leitung 11. Juni 20 Uhr, Neubaukirche
Monteverdichor Würzburg Akademie für Alte Musik Berlin
Einscannen und anschauen:
12. Juni und 13. Juni 20 Uhr Residenz, Kaisersaal
Bamberger Symphoniker Renaud Capuçon Violine, Lahav Shani Leitung
Der Dirigent Matthias Beckert zur Aufführung des MozartRequiems am 11. Juni 2015
31. Mai bis 2. Juni
Toshio Hosokawa im MozartLabor
Advokaten der lebendigen Vergangenheit Der Palazzetto Bru Zane Mitten in Venedig schlägt das Herz der vernachlässigten Musik Frankreichs. Das klingt paradox? Ist es aber nicht! Denn im venezianischen Palazzetto Bru Zane hat eine herausragende Stiftungsinitiative ihre Heimstatt gefunden: Das »Centre de musique romantique française« hat es sich zur Aufgabe gemacht, einen Beitrag zur Wiederentdeckung französischer Musikschätze des 19. Jahrhunderts zu leisten. Regelmäßig unterstützt die Stiftung Bru Konzert- und Opernproduktionen weltweit, die mit wissenschaftlichem Anspruch und künst-
lerischem Ehrgeiz dem Gedanken Rechnung tragen, dass auch die Musikgeschichte vergangener Epochen ein lebendiger Prozess bleiben muss: Eine Sichtweise, die das Mozartfest teilt. 2015 sind der Palazzetto Bru Zane und das Mozartfest Würzburg erstmals Kooperationspartner und begeben sich gemeinsam auf die Suche nach dem Nachhall der Wiener Klassik in der französischen Romantik, nach Kompositionen, die ein Wiederhören wert sind, und nach gegenseitiger Inspiration. Als Botschafter des Palazzetto Bru Zane stellt das Ensemble um den
französischen Pianisten Jean-Efflam Bavouzet in seinem Programm Mozarts Quintett KV 452 ein Werk gegenüber, das zwischen den Zeiten changiert. Albéric Magnard etwa lässt in seiner hochromantischen Tonspra-
che Einflüsse seiner Zeitgenossen von Fauré bis Ravel spüren und ist dennoch dem Formgefühl der Wiener Klassik verpflichtet. Die Stiftung Bru unterstützt die Aufführung des Quartetts op. 8 von Albéric Magnard.
PALAZZETTO BRU ZANE BEIM MOZARTFEST 17. Juni 20 Uhr, Residenz, Kaisersaal, Konzerteinführung um 19.15 Uhr mit Michael Eriskat, Consultant Artistique des Palazzetto Bru Zane
Jean-Efflam Bavouzet Klavier, Michel Moragues Flöte Olivier Doise Oboe, Nicolas Baldeyrou Klarinette Jean-François Duquesnoy Fagott, Hervé Joulain Horn
Mozart: Quintett Es-Dur KV 452, Magnard: Quintett d-Moll op. 8, Poulenc: Sextett op. 100
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Was heißt hier » hier « ?
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in kleines Wort, ein feines Wort. Ein eindeutiges Wort? Nein, ein vieldeutiges! Das Wort »hier«. Es ist Teil der Frage »Was heißt hier Klassik?« und birgt eine enorme Bedeutung in sich. »Hier« kann überall sein. Es gibt ein hier, das hier ist, und eines, das dort ist. Aber ist hier wie dort? Bezogen auf den Begriff »Klassik« haben sich Stipendiaten des MozartLabors 2015 gemeinsam mit Dr. Hansjörg Ewert (Institut für Musikforschung der Universität Würzburg) die reizvolle Frage gestellt »Was heißt hier ›hier‹?« und in der Beantwortung den Blick auf einige historisch bedeutsame Schauplätze gelenkt.
Eine Topographie des Klassischen Weimar 1794 – Klassik zu viert PD-old/www.wga.hu/The Oath of the Horatii
Europa in Aufruhr! Die Französische Revolution hat alte Ordnungen beseitigt und trägt eine neue kriegerisch über den Rhein nach Deutschland. Im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach bleibt man von Kampfeshandlungen zwar unberührt. Aber eine andere Suche nach Ordnung begegnet der Unordnung der Welt: Die in der Residenzstadt Weimar versammelten Literaten und Philosophen – Goethe, Schiller, Wieland und Herder – sind um ästhetische Klarheit bemüht. Die Literaturgeschichte macht daraus die Epoche der Weimarer Klassik. Eine reglementierte, an antiken Vorbildern orientierte Sprache wird den Klassikern ein Mittel zum Ausgleich zwischen Verstand und Gefühl. Doch keine 20 km Luftlinie entfernt schreibt zur gleichen Zeit eine ganz andere Bewegung Literaturgeschichte: In Jena, dem Zentrum der Frühromantik, flüchtet man sich vor den Wirren der Zeit in ein verklärtes Mittelalter ... (HS)
Paris 1785 – ein Bild macht Epoche
Wien 1782 – Wiener Klassik für jedermann »Nun wird diesen Sommer im Augarten alle Sonntage Musique seyn.« Mozart ist zufrieden mit dem Werk seines ersten Wiener Jahres. Gemeinsam mit dem Impresario Philipp Jakob Martin hat er eine eigene Konzertreihe ins Leben gerufen. »12 Concerte im Augarten« und »4 grosse Nachtmusique auf den schönsten Plätzen in der Stadt« sind das Ergebnis ihrer Bemühungen um die Etablierung öffentlicher Konzerte in Wien, der musikalischsten Metropole der Zeit. Die Musik wird einer breiteren Hörerschaft zugänglich gemacht. Der Grundstein für das bürgerliche Konzertwesen ist gelegt, und die Öffentlichkeit wird zum stetigen Begleiter kompositorischer Entwicklungen. Was sich in den Spielplänen hält, was zum Repertoire und »klassisch« wird, entscheidet die Öffentlichkeit mit. (TW)
© Oliver Lang
Würzburg 1779 – ein »klassisches« Barockschloss
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60 Jahre hat es gedauert, doch jetzt ist der letzte Abschnitt des Innenausbaus bewältigt: Die Würzburger Residenz erstrahlt in prachtvollem Glanz und ist neue Heimstatt der Fürstbischöfe. Das Barockschloss wird weit über die Stadtgrenzen hinaus zum klassischen Beispiel für architektonische Originalität, Geschlossenheit und vollkommene Raumkunst. Mitverantwortlich für die ideale Schöpfung sind der Mode der Zeit entsprechend vor allem Italiener, allen voran Tiepolo mit seinen berühmten Deckenfresken. Doch auch musikalisch gibt ein Italiener in Würzburg den Ton an: Giovanni Benedetto Platti kommt 1722 von Padua nach Franken und macht für mehr als 40 Jahre den Spätbarock zur »Würzburger Klassik«. Und Würzburgs Klassik im 21. Jahrhundert? – Mozart! Von Mozart-Konzerten im Kaisersaal schwärmte schon Hermann Zilcher, Gründer und langjähriger Leiter des Mozartfests: »Ich brauchte manche Ornamentik mit dem Dirigentenstab nur nachzuzeichnen und eine innige Vermählung zwischen Ton, Architektur und Farbe fand statt.« (CM)
Tokio 2015 – europäischasiatisches Spannungsfeld Klassik in Japan? Für Toshio Hosokawa ist es zu Beginn seiner musikalischen Ausbildung eine überwiegend europäische Angelegenheit. Doch als er in Deutschland Komposition studiert, wird ihm vor allem eines bewusst: seine Wurzeln. Heute schöpft er nicht nur aus westlich-klassischem Repertoire wie Streichquartett oder Oper, sondern ebenso aus dem japanisch-traditionellen wie dem höfischen Gagaku oder dem Nō-Theater. Zwischen Mozart, auf den er sich im Klavierkonzert »Lotus under the moonlight« hörbar bezieht, und dem ästhetischen Empfinden seiner Heimat sieht Hosokawa eine starke Verbindung: »In unserer japanischen Ästhetik gibt es ein Wort ›Monono Aware‹. Es bedeutet in etwa ›das Herzzerreißende der Dinge‹. Es bezeichnet jenes Gefühl von Traurigkeit, das der Vergänglichkeit der Dinge nachhängt und sich doch damit abfindet. Wenn ich Musik von Mozart höre, fühle ich dieses ›Monono Aware‹.« (DR) PD-Art/Wikimedia Commons/ Hirozumi Sumiyoshi: Rikka
1784 hatte er es auf einer Romreise vollendet, jetzt war es im Salon de Paris für jedermann zu sehen: das Ölbild »Der Schwur der Horatier« des französischen Malers Jacques-Louis David. Was für ein Stilbruch! Nicht allein der thematische Rückgriff auf die Antike zeichnet das Gemälde aus, sondern die nüchterne Darstellung der Inhalte, die klaren Konturen und die kühlen Farben. Und das in einer Zeit, in der die Gestaltungsprinzipien der Barockmalerei noch nicht passé sind! Eine Erzählung des römischen Geschichtsschreibers Livius liegt dem Bild zugrunde: Zu sehen sind drei Horatier, die sich für einen gerechten Kampf und das Gemeinwohl Roms opfern. Ein Thema, das im vorrevolutionären Paris den Nerv der Zeit trifft! So wird das Bild zum Vorzeige-Kunstwerk des aufblühenden Klassizismus – zum klassizistischen Klassiker. (DG)
Stipendiaten des MozartLabors 2015: Dominik Greguletz, Cathrin Mauer, David Rauh, Holger Slowik und Tim Wendhack
© Oliver Lang
» Kultur kann ein Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen sein « Würzburgs Kulturreferent Muchtar Al Ghusain im Gespräch ozart und Würzburg – eine fabelhafte Verbindung, davon ist der Kulturpolitiker, -manager und Musiker Muchtar Al Ghusain überzeugt. Seit 2006 zeichnet er für die Leitung des Kultur-, Schulund Sportreferats der Stadt Würzburg verantwortlich. Mit Sachverstand und Umsicht begleitet Al Ghusain die programmatische Neuausrichtung des Mozartfestes, dem er im Gespräch Auskunft gibt über seinen persönlichen Bezug zur Wiener Klassik, seine Sicht auf eine gelungene kulturelle Partnerschaft und die Freiheit von Kunst. Herr Al Ghusain, was heißt hier Klassik? Als studierter Musiker verbinde ich mit dem Begriff Klassik zunächst einen eng begrenzten Zeitraum etwa von 1750–1820, und nochmals verengt die Wiener Klassik mit Haydn, Mozart, Beethoven. Ihre Werke sind von zeitloser Schönheit, in der ganzen Welt bekannt und werden täglich und millionenfach gespielt. Auch für mich zählt diese Musik seit meiner Kindheit zu den wichtigen Dingen meines Lebens. Es gibt aber auch Menschen, die das alles nicht kennen oder langweilig finden. Das provokative Motto des Mozartfestes »Was heißt hier Klassik?« will diese scheinbar selbstverständlichen und allgemeingültigen Zuschreibungen hinterfragen und die Menschen wieder neugierig machen. Das Mozartfest blickt auf eine fast 100-jährige Geschichte. Es zählt zu den ältesten europäischen Klassikfestivals. Wie gelingt einer Stadt der Größe Würzburgs der Umgang mit einem historischem Erbe – wie kann es für gewachsene Strukturen, Brauchtümer, Kulturveranstaltungen gelingen? Lange Traditionen und kultureller Reichtum machen eine Stadt selbstbewusst und stolz. Damit wächst auch die Gefahr von Überheblichkeit und Unbeweglichkeit. Daher müssen wir alte Traditionen immer wieder neu beleben, sie mit Neuem konfrontieren und dürfen uns nicht auf früheren Erfolgen ausruhen. Das erfordert Neugier und Wachsamkeit. Kultur kann ein Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen sein, sie weckt unsere Sinne, sie schärft den Verstand und sie kann Wege aufzeigen. Man muss es ihr zutrauen und auf Inspirationen und Impulse hoffen. Was erwartet die Stadt Würzburg von »ihrem« Festival? Was kann das Mozartfest von Würzburg erwarten? Ein Festival ist ein Ausnahmezustand: »Alle Antennen auf Empfang!« Ein Konzert des Mozartfestes kann uns
Zur Person Geboren 1963 in Kuwait, lebt seit 1970 in Gerbrunn und Würzburg ab 1984 Musikstudium mit Hauptfach Klavier an der Hochschule für Musik
aus dem Alltag herausführen und Erfahrungen ermöglichen, die es sonst nicht gibt. Ein Festival wie das Mozartfest muss uns zeigen, was es heißt, exzellent zu sein. Mittelmaß reicht nicht. Das gelingt nicht immer – Künstler sind auch nur Menschen. Aber der unbedingte Wille, Außergewöhnliches zu leisten, zeichnet das Festival und die hier auftretenden Künstler und Orchester aus. Das Festival wiederum darf erwarten, dass man ihm viel zutraut, es darf Zuverlässigkeit und es darf Freiheit erwarten. Was für ein großartiges Grundgesetz haben wir 1949 bekommen, das bereits im Artikel 5 die Freiheit der Kunst garantiert! Was bedeutet es für eine Stadt, in Kunst und Kultur zu investieren? Wie lässt sich diese Investition rechtfertigen, wenn jeder von »knappen Kassen« spricht? Und wie gehen Sie mit dem Spagat um, in den Erhalt und die Entwicklung von Kulturgütern zu investieren und gleichzeitig an einer Stadtentwicklung für die Zukunft zu arbeiten? Kunst und Kultur gehören zum Menschsein von Beginn an dazu. Und das erst einmal unabhängig von Geld und persönlichen Vorlieben. »Knappe Kassen« ist ein abgenutzter Begriff. Sie hat es immer gegeben und diese Vokabel dient regelmäßig zur Abwehr von neuen Ideen und Wünschen. Tatsächlich ist Deutschland eines der reichsten Länder der Erde und das, obwohl wir auch im internationalen Maßstab durchaus viel Geld für Kultur »verschwenden«. Aber Geld allein macht nicht glücklich – Kultur braucht mehr als Geld. Sie braucht Menschen mit Hunger auf Kunst und Kultur, mit Visionen und Änderungsbereitschaft. Und bei aller Konkurrenz um Zuschüsse und Aufmerksamkeit: Es darf auch mal etwas zu Ende gehen, damit wieder Neues entstehen kann. Wie vernetzt denken Sie in Bezug auf das Mozartfest? Kaum eine Marke ist so international wie »Mozart«. Ein magischer Begriff, ein Zauberwort. Ein Wort, das Türen öffnet, das durchweg positiv besetzt ist und das selbst schon fast Musik ist. Damit kann das Mozartfest zum Botschafter unserer Stadt, unserer Region, unseres Landes werden. Kaum eine Institution, die nicht gerne mit unserem Mozartfest in Verbindung gebracht werden möchte: Schulen und Hochschulen, Kirchen und Unternehmen, Künstler und Orchester. Das gibt auch dem Festival die Möglichkeit, die gesellschaftliche Wirklichkeit hinein zu lassen und sich mit ihr zu verbinden. Damit bekommt das Mozartfest Relevanz und Bedeutung.
Wie passen Mozart und Würzburg zusammen? Sehr gut! Das hat ja der Gründer Hermann Zilcher bereits 1921 erkannt, und es gibt keinen Grund, das heute anders zu sehen. Aber mal ehrlich: Welche Stadt würde nicht gut zu Mozart passen? Dieser Mensch und seine Kunst sind so universell und von so vollendeter Schönheit – Mozart schmückt noch das kleinste Dorf.
© M. Ehlers | www.ehlers-media.com
M
Einem bedeutenden »Klassiker« alljährlich eine Heimstätte zu geben: Einerseits eine Herausforderung, eine Verantwortung für die künstlerische Leitung. Andererseits ein Wettbewerb – etwa im Hinblick auf andere große »Mozart-Städte« ... Gut, man kann es auch so sehen: Mozart verpflichtet. Keine Schlamperei, kein Mittelmaß. Haltung! Als Musiker nehme ich Mozart sehr ernst, seine Musik: eine »heilige Kunst«. Mozartkitsch als Trallala in alten Kostümen zur Umsatzsteigerung auf Messen und in Kaufhäusern ödet mich an. Ich möchte Geist und Aufgewecktheit und auch eine intellektuelle Herausforderung. So können wir auch locker bestehen im Wettbewerb der Qualitätsfestivals. Was liegt Ihnen für Würzburg besonders am Herzen? Was ist Ihre Vision von Würzburg, Ihre Vision von der Partnerschaft mit dem Mozartfest? Was mir für das Mozartfest wichtig ist, gilt auch für meine Heimatstadt Würzburg: Ich wünsche mir eine Stadt, die stetig Neues hervorbringt, die neugierig, heiter und gelassen ist, dabei aber ihre Verantwortung für die Menschen hier und die Welt nicht vergisst und den Menschen ein gutes Zuhause bietet. Wenn das Mozartfest der Stadt dabei hilft, dann kann und soll diese Partnerschaft noch viele Jahre bestehen.
Würzburg sowie Aufbaustudium Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg
ab 2000 Referatsteilleiter am Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur Hannover
ab 1994 Leiter der Städtischen Musikschule sowie ab 1998 des Städtischen Kulturbüros in Schwäbisch Gmünd
seit 2006 Kultur-, Schul- und Sportreferent in Würzburg. Neben zahlreichen Funktionen (2. Vorsitzender Stadtkultur
Bayern e. V., Sprecherrat Kulturpolitische Gesellschaft Bayern u. a.) pflegt Muchtar Al Ghusain weiterhin seine Leidenschaft für Musik, führt den Unterbezirk der SPD Würzburg und arbeitet im Kirchenvorstand der evangelischen Auferstehungskirche auf der Keesburg mit.
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Mozartfest 2015 Fr 22. 5. Residenz, Kaisersaal
Mahler Chamber Orchestra Renaud Capuçon Violine und Leitung Werke von Bach, Mozart, Vasks
Sa 23. 5. Innenstadt
Mozarttag
Sa 23. 5. Residenz, Kaisersaal
Mahler Chamber Orchestra Renaud Capuçon Violine und Leitung Werke von Bach, Mozart, Vasks
So 24. 5. Residenz, Fürstensaal
Festival der ARD-Preisträger Werke von Mozart, Haydn, Kodály, Fauré
Mo 25. 5. Residenz, Fürstensaal
Alexander Krichel Klavier Werke von Mozart, Chopin, Rachmaninow
Mi 27. 5. Residenz, Kaisersaal
Kit Armstrong Klavier – Werke von Mozart, Liszt
Do 28. 5. Residenz, Kaisersaal
Philharmonisches Orchester Würzburg Albrecht Mayer Oboe, Enrico Calesso Leitung Werke von Hoffmeister, Schneider, Mozart
Do 28. 5.
Exerzitienhaus Himmelspforten
Fr 29. 5. Residenz, Kaisersaal
*
So 14. 6. So 14. 6. So 14. 6.
Mi 17. 6. Do 18. 6.
Serenade Himmelspforten – Bell’arte Salzburg Werke von Mozart, Bach, Froberger u. a.
Do 18. 6.
Bolívar Soloists, Michail Lifits Klavier Werke von Mozart, Romero, Oscher u. a.
Fr 19. 6.
Fr 29. 5. Bürgerspital, Kelterhalle Faltenradio Sa 30. 5. Käppele
Sebastian Hess Barockvioloncello Axel Wolf Laute und Theorbe Werke von Platti, Vivaldi, Mozart
Sa 30. 5. Residenz, Kaisersaal
Concertgebouw Kamerorkest Amsterdam Tjeerd Top Violine Borika van den Booren Violine und Leitung Werke von Mendelssohn, Mozart, Tschaikowski
Sa 20. 6. Sa 20. 6. So 21. 6. So 21. 6.
Sa 30. 5. Bürgerspital, Kelterhalle Joscho Stephan Trio So 31. 5.
Exerzitienhaus Himmelspforten
MozartLabor – »Was heißt hier Klassik?«
Di
2. 6. Residenz, Fürstensaal
Stipendiatenkonzert des MozartLabors Werke von Pleyel, Beethoven, Hosokawa, Mozart
Mi
3. 6.
Mi
Staatlicher Hofkeller, Vinothek
3. 6. Residenz, Kaisersaal
Fr
5. 6. Residenz, Kaisersaal
Residenz-Gala mit Diner Werke von Grieg, Mozart, Arban
Sa 6. 6. Residenz, Kaisersaal
Residenz-Gala mit Diner Werke von Grieg, Mozart, Arban
Mainfranken Theater, Foyer-Café
Mi 24. 6.
Amsterdam Sinfonietta, Rafał Blechacz Klavier Candida Thompson Violine und Leitung Werke von Sibelius, Mozart, Grieg
Do 4. 6. Residenz, Kaisersaal
7. 6.
Di 23. 6.
»Allzeit mein Magen« – Benedikt Faust
Kansai Philharmonic Orchestra Etsuko Hirose Klavier Augustin Dumay Violine und Leitung Werke von Mozart, Hosokawa, Ravel, Brahms u. a.
So
So 21. 6.
Renaud Capuçon Violine, Gérard Caussé Viola Edgar Moreau Violoncello Werke von Mozart, Dutilleux
So 31. 5. Exerzitienhaus – Di 2. 6. Himmelspforten
Einführungsmatinee – »Alessandro nell‘indie«
So
7. 6. Residenz, Fürstensaal
Duo Viennese Werke von Haydn, Mozart, Rossini u. a.
So
7. 6. Würzburger Hofbräu
VerQuer
So
Schloss Veitshöchheim, 7.6. Hofgarten
Serenade Veitshöchheim – WorldBrass Werke von Farnaby, Mozart, Ellington u. a.
Mo
8. 6. Residenz, Kaisersaal
Diana Damrau Sopran, Helmut Deutsch Klavier Werke von Mozart, Schubert, Strauss
Harriet Krijgh Violoncello, Magda Amara Klavier Werke von Beethoven, Brahms, Mendelssohn u. a. Festgottesdienst – Schola und St. Stephan Camerata St. Stephan Residenz, Ovalsaal Familienkonzert – Imri und der falsche Maestro Philharmonisches Orchester Würzburg Aniello Desiderio Gitarre Residenz, Hofgarten Sebastian Beckedorf Leitung Werke von Mozart, Giuliani, Rodrigo, Beethoven J.-E. Bavouzet Klavier, F. Delépine Flöte O. Doise Oboe, N. Baldeyrou Klarinette Residenz, Kaisersaal J. Hardy Fagott, H. Joulain Horn Werke von Mozart, Magnard, Poulenc Hofkirche / Hof-Gala mit Diner Werke von Mozart, Bach, Mendelssohn u. a. Residenzweinkeller Venice Baroque Orchestra Residenz, Kaisersaal Giuliano Carmignola Violine Werke von Galuppi, Tartini, Mozart, Vivaldi RIAS Kammerchor, Lautten Compagney u. a. Residenz, Kaisersaal Mozart »Die Zauberflöte« KV 620 (konzertante Aufführung) RIAS Kammerchor, Lautten Compagney u. a. Residenz, Kaisersaal Mozart »Die Zauberflöte« KV 620 (konzertante Aufführung) Mainfranken Theater Opernpremiere – »Alessandro nell‘indie« Alinde Quartett, Luise Aschenbrenner Horn Residenz, Fürstensaal Werke von Mozart, Dutilleux, Schubert Familienkonzert – »Die Entführung aus Residenz, Ovalsaal dem Serail« Münchener Kammerorchester, Stefan Dohr Horn Residenz, Hofgarten Diana Tishchenko Violine und Leitung Werke von Bach, Mozart, Schreker Apollon Musagète Quartett Residenz, Kaisersaal Jörg Widmann Klarinette Werke von Reger, Widmann, Mozart Staatlicher Hofweinkeller, »Allzeit ein wenig exterieur« – Dr. Damiana Gräfin von Schönborn-Wiesentheid Vinothek
So 14. 6. Residenz, Fürstensaal
*
Do 25. 6. Residenzweinkeller
Duo »As time goes by«
Do 25. 6. Kiliansdom
Bamberger Symphoniker, Jonathan Nott Leitung Werke von Ligeti, Bach, Bruckner
Fr 26. 6. Residenzweinkeller
Duo »As time goes by«
Fr 26. 6. Residenz, Kaisersaal
Kammerorcherster des Bayerischen Rundfunks Frank Peter Zimmermann Violine Antoine Tamestit Viola, Radoslaw Szulc Leitung Werke von Mozart, Haydn
Sa 27. 6. Rosenbachpark u. HfM
Sommermusik
Kammerorcherster des Bayerischen Rundfunks Frank Peter Zimmermann Violine Antoine Tamestit Viola, Radoslaw Szulc Leitung Werke von Mozart, Haydn Arcanto Quartett Sa 27. 6. Augustinerkirche Werke von Schubert, Mozart, Schumann Pontifikalamt – Würzburger Domchor, So 28. 6. Kiliansdom Mitglieder des Philh. Orch. Würzburg Jupiternacht, Philh. Orch. Würzburg So 28. 6. Vogel Convention Center Dominik Horwitz Moderation u. a. – Werke von Sibelius, Brel, Mozart
*
Sa 27. 6. Residenz, Kaisersaal
verfügbar
Restkarten
ausverkauft
*
* Eintritt frei
Mi 10. 6. Golf Club Würzburg
Mozart am Grün – La Piccola Banda, Lutz Koppetsch Werke von Mozart, Corelli, Brahms u. a.
Do 11. 6. Residenz, Weinkeller
Friedrich-Wilhelm Junge Rezitation und Gesang Michael Fuchs Klavier »Der Hase im Rausch« – Verquere Geschichten, heitere Lieder
Dass einige Konzerte als ausverkauft gekennzeichnet sind, ist der Erfolg des Vorverkaufs, der bereits im Januar 2015 begonnen hat. Wenn auch Sie direkt bei Programmveröffentlichung über die Veranstaltungen informiert werden möchten, teilen Sie uns Ihre Adresse mit, und wir halten Sie in Zukunft gerne über das Mozartfest Würzburg auf dem Laufenden.
Do 11. 6. Neubaukirche
Monteverdichor Würzburg Akademie für Alte Musik Berlin Mozart: Requiem d-Moll KV 626 Hosokawa: »Drei Engel-Lieder«
Kartenverkauf
Fr 12. 6. Residenz, Weinkeller
Friedrich-Wilhelm Junge Rezitation und Gesang Michael Fuchs Klavier »Der Hase im Rausch« – Verquere Geschichten, heitere Lieder
Fr 12. 6. Residenz, Kaisersaal
Bamberger Symphoniker Renaud Capuçon Violine, Lahav Shani Leitung Werke von Mozart, Hosokawa, Mendelssohn, Beethoven
Sa 13. 6.
Kloster Bronnbach, Josephsaal
Familienkonzert: Imri und der falsche Maestro
Sa 13. 6. Weingut Meintzinger
Nessi Tausendschön
Sa 13. 6. Residenz, Kaisersaal
Bamberger Symphoniker Renaud Capuçon Violine, Lahav Shani Leitung, Werke von Mozart, Hosokawa, Mendelssohn, Beethoven
Sa 13. 6.
Kloster Bronnbach, Berhardsaal
Eva Mattes Rezitation, Lautten Compagney u. a. »Die Reise des Marco Polo oder Nichts über China!«
Konzerte mit dem Artiste étoile Renaud Capuçon
Rückermainstraße 2 97070 Würzburg Tel. +49 (0) 9 31 / 37 23 36 Fax +49 (0) 9 31 / 37 39 39 www.mozartfest.de info@mozartfest.de
Öffnungszeiten bis 21. Mai Mo, Di, Do 10–17 Uhr Mi, Fr 10–14 Uhr 22. Mai bis 27. Juni Mo bis Sa 10–14 Uhr
Während des Festivals sind außerhalb unserer Öffnungszeiten Karten in der Tourist Information im Falkenhaus (zzgl. Servicegebühr) erhältlich.
Impressum: Herausgeber: Mozartfest Würzburg, Rückermainstraße 2, 97070 Würzburg Intendantin: Evelyn Meining Geschäftsführerin: Karin Rawe Texte: Evelyn Meining, Ilona Schneider bzw. wie im Text angegeben Titelbild-Composing: Q, Wiesbaden Fotos: Thinkstock bzw. Einzelnachweise
Konzept und Umsetzung: MainKonzept Main-Post GmbH & Co. KG Berner Straße 2, 97084 Würzburg Grafik: Lisa Götz, Lektorat: R. Greubel Produktmanagement: Stefan Dietzer Stand: April 2015 Auflage: 160 000 (davon 22.000 als Beilage der neuen musikzeitung 05/2015)