Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
Landesinitiative Fachkräftesicherung – vorhandene Potentiale mobilisieren und nutzen!
I. Ziele
→ Bestehender regionaler bzw. sektoraler Fachkräftebedarf soll mit vorhandenen Potentialen an qualifizierten bzw. zu qualifizierenden Menschen geschlossen werden.
→ Das vorhandene Potential an derzeit nicht genutzten sowie mobilisierbaren Fachkräften soll identifiziert, aktiviert und einsetzbar gemacht werden.
→ Die Wirtschaftsbereiche, Branchen und Betriebe mit vorhandenem bzw. absehbarem Fachkräftemangel sollen aktiviert und als mitverantwortliche Akteure dieser Landesinitiative gewonnen werden.
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II. Potentiale identifizieren, mobilisieren und nutzen!
Die Potentiale für die Fachkräftesicherung sind in NRW vorhanden und müssen erschlossen bzw. genutzt werden. Im Einzelnen geht es darum: •
Beschäftigte in den Betríeben qualifizieren: Viele Beschäftigte wären bereit, sich weiter und höher zu qualifizieren, wenn berufliche Perspektiven und interessante Tätigkeitsfelder für sie erreichbar sind.
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Warteschleifen abbauen: Ca. 35.000 – 40.000 ausbildungsfähige Jugendliche befinden sich in – zumeist schulischen – Bildungsgängen, da sie keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden haben.
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Frauenerwerbsquote erhöhen: Gut ausgebildete Frauen verlieren zu häufig den (Wieder-)Anschluß ans Berufsleben nach der Elternzeit, weil die Rahmenbedingungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht stimmen.
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Arbeitslose integrieren: Viele Kurz- und Langzeitarbeitslose sind gut qualifiziert und hoch motiviert, eine neue Beschäftigung aufzunehmen. Mögliche Handicaps sind durch gute Einarbeitung und Begleitung abbaubar – viele erfolgreiche Beispiele belegen dies.
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Ausländer zu Inländern machen: Ca. 60.000 ausländische Studentinnen und Studenten an den Hochschulen in NRW sind ein bislang viel zu wenig ausgeschöpftes Reservoir.
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Beschäftigungspotentiale durch „Gute Arbeit“ erhöhen: Noch immer gehen zu viele ältere Beschäftigfte früher als nötig in den Ruhestand oder verlassen ihren Betrieb. Durch Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung, Arbeitszeitgestaltung und gesunde Arbeitsbedingungen kann die reale Beschäftigungsdauer deutlich gesteigert werden.
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Ausbildungs- und Studienabbrüche reduzieren: Konstant zwischen 20 – 30 % der Auszubildenden bzw. Studierenden brechen aus unterschiedlichen Gründen ihre Bildungsgänge ab. Durch präventive bzw. flankierende Maßnahmen lassen sich viele dieser Abbrüche vermeiden.
Fazit:
Statt über Zuwanderung zu diskutieren, setzen wir zuerst auf unsere vorhandenen, heimischen Potentiale. Die Fachkräfte, die wir brauchen, sind zu großen Teilen schon da, wir müssen sie allerdings fördern und erfolgreich integrieren.
III. Instrumente und Maßnahmen
Zur Erreichung der Ziele und wirksamen Umsetzung der Landesinitiative kann ein breites Spektrum vorhandener Instrumente und erfolgreich erprobter Maßnahmen genutzt werden. Diese werden insbesondere von Seiten der BA, den Jobcentern, der Landesregierung sowie dem Bund und den Tarifvertragsparteien vorgehalten. Hinzu treten betriebliche Ansätze und branchenbezogene Lösungswege.
4 Darüber hinaus stellt die Landesregierung für neuartige sowie nicht über vorhandene Förder- bzw. Finanzierungswege realisierbare Maßnahmen, die sich aus dem regionalen Handlungsplan nachvollziehbar ergeben, zusätzliche Mittel von insgesamt ca. 50 Mio € über die Laufzeit bis 2015 bereit.
Mit diesen Mitteln unterstützen wir die Regionen, ihren spezifischen Weg zu gehen. Denn: Fachkräftebedarfe sind regional unterschiedlich und benötigen ergänzend zur Regelförderung finanzielle Mittel z.B. für
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branchen- bzw. betriebsspezifische Analysen zur Erarbeitung von Anforderungsund Qualifikationsprofilen
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die Ansprache und Aktivierung von Beschäftigten, Frauen in Elternzeit, Schülern und Studierenden sowie Arbeitslosen
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die
Bereitstellung von materiellen
Anreizen
für Personen, die
in
den
Regelsystemen nicht förderbar sind
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der
ergänzende
Einsatz
kompetenter
Fachleute
bei
betriebsbezogenen
Qualifizierungsmaßnahmen
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die Erstellung von passgenauen Lehr- und Lernmaterialien
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die Überwindung von Mobilitätshemmnissen
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die Organisation von Jobbörsen und Veranstaltungen zur Personalgewinnung
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das Coachen von gefährdeten Auszubildenden bzw. Studenten
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die Verbreitung guter Praxisbeispiele und innovativer Projekte
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die Ermöglichung von Erfahrungsaustausch und Know-how-Transfer zwischen Betrieben und Akteuren.
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Hieraus wird klar: Diese Mittel des Landes sollen vorhandene Regelsysteme dort ergänzen, wo ggf. ihre Reichweite endet bzw. wo neue Instrumente erforderlich sind, um Fachkräftepotentiale zu mobilisieren. Gleichzeitig sollen sie unbürokratische Prozesse anstoßen, beschleunigen und z.T. dort ermöglichen, wo die bestehenden Systeme nicht bzw. nicht effektiv genug wirken.
IV. Beispiele
Beschäftigte in den Betrieben qualifizieren Betriebliche Fort- und Weiterbildung von Beschäftigten mit Zertifikat unter Nutzung von Bildungsprämie, Bildungsscheck und Programmen der BA
Warteschleifen abbauen Verstärkte Angebote von Praktika, Praxistagen und Betriebserkundungen für Schüler, Studenten und junge Absolventen Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, auch im Verbund mit anderen Betrieben, Trägern und Berufskollegs
Frauenerwerbsquote erhöhen Anmietung bzw. Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen im Verbund mit anderen Betrieben, Kommunen und Trägern Erarbeitung von neuen, flexiblen Arbeitszeitmodellen und Aufstockung von Teilzeitkontingenten Frühzeitige Ansprache und Vereinbarung mit Elternzeitlern bzw. Berufsrückkehrenden zur betrieblichen Wiedereingliederung
Arbeitslose integrieren Betriebliche Erprobung, Qualifizierung und Einarbeitung von motivierten Arbeitslosen
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Ausländer zu Inländern machen Gezielte Ansprache von angehenden bzw. erfolgreichen ausländischen Absolventen an Hochschulen Bündelung von Beratungs-, Kompetenzfeststellungs- und individuellen Weiterbildungsressourcen für Zugewanderte Werbung für unterschiedliche Berufsfelder mit Fachkräftebedarf in Kooperation mit Migrantenorganisationen
Beschäftigungspotentiale durch „Gute Arbeit“ erhöhen Verbesserung des Arbeitsumfeldes und Schaffung eines attraktiven Betriebsklimas durch präventiven Gesundheitsschutz, regelmäßige Personalentwicklungsgespräche, Weiterbildungsangebote, Transparenz sowie offene Kommunikation im Unternehmen Entwicklung von finanziellen und materiellen Anreizsystemen zur Gewinnung neuer Mitarbeiter/-innen bzw. Verhinderung von Fluktuation Bildung altersgemischter Teams und Tandems zur Sicherung von erfahrungsbasiertem Know-how und Kompetenz
Ausbildungs- und Studienabbrüche reduzieren Auf- bzw. Ausbau von Stütz- und Begleitmaßnahmen für von Abbruch gefährdete Auszubildende und Studenten Abschlussbezogene Qualifizierung von Berufs- und Studienabbrechern mit Arbeitsplatzgarantie
Selbstverständlich wird es in den Regionen noch viele weitere passende und erfolgreiche Beispiele geben, die zum Ziel führen. Diese werden im Rahmen der konkreten Umsetzung aufbereitet und im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit allen Beteiligten zugänglich gemacht.
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V. Umsetzung
Juni 2011:
Beschluss des Kabinetts und Verkündung durch Landesregierung (Federführung MAIS, Minister Schneider)
Juli/August 2011: Aufruf zur Aufstellung regionaler Handlungspläne
bis Sept. 2011:
Votum der regionalen Lenkungskreise/Gremien zum Handlungsplan
Oktober 2011:
Stellungnahme der GIB zu den Handlungsplänen Bewertung und Entscheidung über Handlungspläne durch MAIS in Abstimmung mit anderen Ressorts Aufforderung an die Region zur Antragstellung (Vorhaben, Netzwerktreiber, Verantwortliche etc.)
ab Nov. 2011:
Bewilligung der ersten Vorhaben durch Bezirksregierung
Januar 2012:
Start der begleitenden Evaluierung
Aug./Sept. 2013:
Einreichung fortgeschriebener Handlungspläne für zweite Förderphase 2014/2015