Mit sich selbst in Klausur Hornprofessor Jörg Brückner erlebte die Coronakrise auch als „geschenkte Zeit“ Seit dem Ausbruch des Coronavirus und der damit verbundenen Schließung unserer Hochschule hat sich viel verändert, aber zum Glück nicht nur zum Schlechten! Krisen decken oft auch freiwerdende Ressourcen auf und führen dadurch zu Veränderungen. Die wichtigste Frage für uns war: Wie können wir weiter unterrichten und unsere Studentinnen und Studenten durch diese schwierige Zeit begleiten? Wie können wir sie weiterhin fördern und Leistungen fordern – denn schließlich war es ja keine Ferienzeit. Die Lösung war der Unterricht über Video und geschickte Aufnahmen der Studierenden (die wir dann auswerteten). Doch wir waren diese Form der Arbeit ja nicht gewohnt und unser Equipment war in keiner Weise dafür ausreichend. Es mussten neue Mikrophone gekauft werden, denn die vorhandenen erwiesen sich für die Obertöne der Hörner als nicht geeignet. Es quietschte und knarrte, der Ton war fürchterlich hart, mehr ein Geräusch als ein Klang, die Einstellungen mal zu leise, mal zu laut und dazu kam noch die Übertragungsrate eines technischen Entwicklungslandes.
30
Liszt - Das Magazin der Hochschule | Sonderausgabe 2020
Trotz dieser für uns neuartigen Schwierigkeiten fanden wir zusammen und die Arbeit wurde von Tag zu Tag besser und ausgereifter. Oft konnte man allerdings nur an dem permanent mitklickenden Metronom erkennen, ob der Student schneller wurde oder die Temposchwankungen mal wieder durch die langsame Übertragungsrate erzeugt wurde. Eigentlich eine Katastrophe – und zugleich doch ein neuer Weg des Unterrichtens. Eine absolute Bereicherung für unsere Klasse waren die Meetings mit Kolleginnen und Kollegen aus führenden Orchestern, wie etwa Jens Plücker und Tobias Heimann vom NDR-Sinfonieorchester, Maria Teiwes von den Münchner Philharmonikern und Robert Teutsch vom Tonhalle Orchester Zürich. Mit 18 Studierenden aus ganz Europa auf einem Bildschirm zu kommunizieren war einfach wunderbar und wäre vor 20 Jahren noch unvorstellbar gewesen. Vor der Coronazeit unterrichtete ich die Hornklasse jeden Tag acht bis neun Stunden, dazu kamen Vorspiele und Probespieltrainings, oftmals auch am Wochenende. Nun nur noch drei bis vier Stunden pro Tag über Video zu unterrichten (mehr hielten die Oh-