Programmheft Kammermusiktage Mettlach 2019

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7. JULI bis 25. AUGUST 2019

PROGRAMM





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7. JULI bis 25. AUGUST 2019

Inhalt

Kammermusikfest Franziska Hölscher & Freunde

Vorworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Katja Riemann liest Der Karneval der Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

Rivinius Klavierquartett

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Grenzgänger I: Spark | Die klassische Band . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Bernd Glemser

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Simon Höfele / Kärt Ruubel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Landpartie und Konzert im Weinberg I Arcis Saxophon Quartett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Krzyżowa-Music zu Gast bei den ­Kammermusiktagen Mettlach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Hölscher / Kloeckner / Kosuge / Ammon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Grenzgänger II: Trautmann / Runge & Ammon . . . . . . . . . . . . . . 42 Hölscher / Mönkemeyer / Runge / Trautmann / Youn . . . . . 46 Landpartie und Konzert im Weinberg II Preisträger und Stipendiaten der ­

Deutschen Stiftung Musikleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Andrè Schuen / Daniel Heide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Quatuor Hermès . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Preisinformationen & Ermäßigungen

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Vorworte

Liebe Freunde der Kammermusik, liebes Publikum, sehr herzlich begrüße ich Sie zu den Kammermusiktagen Mettlach 2019, der 34. Ausgabe dieses traditionsreichen ­Festivals und meiner ersten als Künstlerische Leiterin. Bereits bei meinem ersten Auftritt in Mettlach vor ­einigen Jahren habe ich die stimmungsvolle Atmosphäre, den ­Austausch und die Begeisterung des Publikums und nicht zuletzt die unvergleichliche Lage dieser kleinen Stadt im Dreiländereck als einmalig erlebt. Es ist mir eine große Freude und Ehre, den Staffelstab von Festivalgründer Joachim Arnold zu übernehmen und die Kammermusiktage in den kommenden Jahren künstlerisch zu gestalten. In diesem Festspielsommer trifft die in ­Mettlach bewährte Tradition auf innovative Konzertformate und „­unerhörte“ Aufführungsorte: Neben der Alten Abtei ­Mettlach bespielen wir auch den ­spektakulären ­Zeltpalast in Merzig und gehen auf Landpartie in die ­benachbarten Winzerdörfer. Wir begrüßen viele geschätzte Freunde und prominente ­Kollegen: Große Persönlichkeiten wie die Schau­spielerin ­Katja Riemann, den Bratschisten Nils Mönkemeyer, den 6


­ ianisten William Youn und den Bariton Andrè Schuen, ­sowie P die „Stammgäste“ der Kammermusiktage, Bernd G ­ lemser und Gustav Rivinius. Ebenso werden einige „Rising Stars“ der Klassikszene wie der Trompeter Simon Höfele oder der Cellist Benedict Kloeckner auftreten. Unsere musikalischen „­Grenzgänger“ SPARK und das Duo R ­ unge & A ­ mmon loten die Grenzbereiche der klassischen Musik neu aus.

Erstmals werden wir in einer Podiumsdiskussion ein Thema der heute so aktuellen Kulturpolitik in Musik und Kunst behandeln: „Können Künstler unpolitisch sein?“ – Dieser spannenden Frage stellt sich der Historiker Lucian Hölscher zusammen mit jungen Künstlern des Festivals KrzyżowaMusic aus Kreisau und wandelt mit ihnen auf den Spuren des Kreisauer Kreises.

Grenzen überschreiten wir auch, wenn wir unsere ­Nachbarn aus Frankreich begrüßen oder zu Gast im benachbarten Luxemburg sind: Wir hören Musik von Rameau, Ravel oder Poulenc und wandern zum Weingut Henri Ruppert nach Luxemburg, bis das junge französische Spitzenensemble Quatuor Hermès das Festival mit einem rauschenden Finale beschließen wird.

Einen Blick in die Zukunft richten wir mit unserer Reihe „Next Generation“, in der junge Preisträger ­internationaler Wettbewerbe sich Ihnen vorstellen. Auch durch ­unsere ­Kooperationen mit der Hochschule für Musik Saar, der ­Deutschen Stiftung Musikleben und der Initiative „­Rhapsody in School“ bauen wir Brücken zur ­musikalischen Zukunft.

Gesprächskonzerte sollen helfen, Barrieren zu überwinden und Sie, liebes Publikum, in den Prozess des Musikmachens einzubeziehen. In unserer neuen Reihe „­Seitenwechsel“ portraitieren wir Künstler wie den ­Klarinettisten und ­Musikmanager Clemens Trautmann, der nach ­seinem ­Studium der Musik und des Rechts inzwischen als ­Präsident der ­Deutschen Grammophon tätig ist.

Freuen Sie sich mit mir auf die Zukunft der ­Kammermusiktage Mettlach! Herzlich Künstlerische Leiterin 7


Grußwort des Ministers für Bildung und Kultur Die Kammermusiktage Mettlach haben sich über Jahrzehnte hinweg zu e­ inem f­ esten und nicht mehr wegzudenkenden musikalischen Höhepunkt im ­saarländischen ­Kultursommer entwickelt. Die renommierte Konzertreihe mit ihrem traditionsreichen Aufführungsort, dem ­Refektorium der Alten Abtei, begibt sich 2019 mit der neuen künstlerischen Leitung auf innovative und spannende Wege zu neuen Konzertformaten und Spielstätten. ­Neben dem Zeltpalast als zusätzlichem Aufführungsort wird nun klassische Musik auch an ungewöhnlichen Orten, etwa in einem Weinberg und auf Weingütern der Umgebung, erlebbar. Dabei spannt sich der musikalische Bogen von Mozart bis Ligeti und im neuen Konzertformat „­Grenzgänger“ reicht der Blick auch über das Genre der klassischen Musik hinaus. Freuen Sie sich also auf ungewöhnliche und abwechslungsreiche Aufführungen an ­gewohnten aber auch neuen Spielorten. Ich bedanke mich recht herzlich bei den Organisatoren für ihr großes kulturelles ­Engagement und den Mut, neue Konzepte umzusetzen. Allen ­Aufführungen des ­Festivals wünsche ich viel Erfolg und den Besucherinnen und Besuchern ­unvergessliche ­musikalische Erlebnisse.

Ulrich Commerçon Minister für Bildung und Kultur 8


Verehrtes Publikum, Kunst soll relevant sein, unterhalten, sie reibt sich an Traditionen und provoziert mit Innovationen. Das Publikum? - Will möglichst viel Abwechslung und gleichzeitig immer das, was es schon kennt. Paradox. Und so ist Kunst immer auch ein Risiko.

Foto: © Benny Dutka

Die Gründung der Kammermusiktage Mettlach im Jahr 1986 war riskant. Ein paar 20-Jährige machen ein Festival? Kann ja nicht klappen. Es hat geklappt – weil wir keine Angst hatten. Am Anfang stand in der Zeitung: „Besser ­musiziert als organisiert.“ Äußere Form und perfekte Ver­ packung waren uns nicht wichtig. Auf den Inhalt kam es an, die Qualität der Musikerinnen und ­Musiker, die Freude am gemeinsamen Proben und Auftreten, die Geselligkeit. Wir hatten einen Mords-Spaß. Das Publikum durfte daran teilnehmen. So haben sich die Kammermusiktage durchgesetzt, haben eine eigene Tradition gegründet. Beim Künstlerischen Leiter haben 33 Jahre Kammer­musiktage Mettlach Spuren hinterlassen: über Jahre vorplanen, das Tagesgeschäft organisieren, um Geld kämpfen, Sponsoren finden, neue Musiker und Ensembles scouten, mit Agenturen streiten, Karten verkaufen, Künstler betreuen, die Presse überzeugen, Noten blättern, Wein ausschenken, mit dem Publikum diskutieren. Man muss nicht Steffi Graf sein und 22 Grand Slams gewonnen haben, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass das nicht ewig so weitergeht.

Eine große Freude, dass nun mit Franziska ­Hölscher als neuer Künstlerischer Leiterin der fällige Generationswechsel vollzogen wird. Sie nimmt bei ihrer Planung beherzt Risiken in Kauf, erfindet neue Formate, setzt sich vehement und charmant bei unseren Partnern für die ­Zukunft des Festivals ein. Die Musik & Theater Saar GmbH wird weiterhin Veranstalterin der Kammer­musik­ tage sein, und Franziska Hölscher kann sich darauf verlassen, dass die Kammer­musiktage die Juwelen des Festivals bleiben. Mein herzlicher Dank gilt Wendelin von Boch, der in den Anfangsjahren seine Hand über uns hielt, dem Kultusministerium, das unser wichtigster ­Förderer ist, und unseren Sponsoren und Partnern. Mein Dank gilt Ihnen. Bleiben Sie den ­Kammermusiktagen Mettlach treu. Demnächst werden wir eine Fördergesellschaft gründen. Seien Sie dabei! – Damit die Kammermusiktage einer der kulturellen Höhepunkte der Region bleiben. Herzlich

Joachim Arnold Geschäftsführer Musik & Theater Saar 9


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Matinée, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 7. Juli, 11 Uhr RIVINIUS KlavierQUARTETT Paul Rivinius  Klavier Siegfried Rivinius  Violine Benjamin Rivinius  Viola Gustav Rivinius Violoncello

Vincent d’Indy (1851-1931) Quartett a-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello op. 7 1. Allegro non troppo 2. Ballade. Andante moderato 3. Allegro vivo Detlev Glanert (*1960) Elysion für Klavier, Violine, Viola und Violoncello (2013) 1. Hinter dem Wind 2. Hortus conclusus 3. Freies Geleit – Pause – Johannes Brahms (1833-1897) Quartett Nr. 1 g-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello op. 25 1. Allegro 2. Intermezzo. Allegro ma non troppo 3. Andante con moto 4. Rondo alla Zingarese 11


Das Klavierquartett ist eine wahrlich geniale ­Formation. Streichtrio plus Klavier? Klaviertrio plus Viola? Streichquartett minus zweite ­V ioline plus ­Klavier? Eine Frage der Betrachtung. Die ­magische Anziehungskraft des ­Klavierquartetts ­erklärt sich wohl aus einer ihm eigenen phantastischen ­Möglichkeit: im Kopf der Zuhörer die ­perfekte ­Illusion eines ganzen Orchesters zu erzeugen. Der junge Vincent d’Indy zum Beispiel – unter dem ­Eindruck seiner Studien bei dem verehrten César Franck – lässt 1878 sein Klavierquartett ein Orchester simulieren. Es scheint einen Wettbewerb zu begleiten, wobei sich jedes Instrument um eine Stelle als Solist bewirbt, in einem noch zu komponierenden Solo-­ Konzert. (Soweit bekannt, hat keiner gewonnen.) Detlev Glanert schickt seinem verehrten Lehrer Hans-Werner Henze 2013 ein letztes Lebewohl ins ­Jenseits – aus dem wunderbarsten aller irdischen

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Gefilde, dem Elysion. Hinter dem Wind schöpft er aus dem Vollen, in seinem ganz privaten Garten, im Hortus Conclusus, tupft er ein Hologramm und grüßt zuletzt Ingeborg Bachmann, Henzes ­V ielgeliebte, in einer wortlosen Vertonung ihres Gedichts ­Freies ­Geleit. Dem jungen Vincent d’Indy gegenüber gibt er sich ­arrogant, seinen Hamburger Stadt-­Landsmann ­Daniel ­Glanert wird er posthum aufs Schönste ­inspirieren – ­Johannes Brahms. Die orchestrale ­Illusion des Klavierquartetts nutzt er geradezu phänomenal. Der Beweis: Arnold Schönberg ­höchstpersönlich ­arrangiert 1937 das g-Moll-­ Klavierquartett (aus 1861) für großes Orchester und ­bezeichnet das ­Ergebnis als Fünfte ­Symphonie von Brahms: Ich hatte nur diesen Klang auf das ­Orchester zu ­übertragen, schreibt er, und nichts ­anderes habe ich getan.


Das RIVINIUS KlavierQUARTETT wurde 1995 gegründet. Es besteht aus den vier Brüdern Paul Rivinius (Klavier), Siegfried Rivinius (Violine), Benjamin Rivinius (Viola) und Gustav Rivinius (Violoncello). Paul Rivinius studierte an den Musikhochschulen in Saarbrücken und Frankfurt Klavier und Horn. 1994 belegte er die Meisterklasse von Gerhard Oppitz an der Musikhochschule München, die er 1998 mit Auszeichnung abschloss. Bis 2010 unterrichtete er als Professor für Kammermusik an der Musikhochschule „Hanns Eisler“ in Berlin.

Benjamin Rivinius studierte Viola bei Hariolf Schlichtig an der Musikhochschule München. Nach Engagements als Solo-Bratscher bei der Camerata Salzburg und beim Berliner Sinfonie-Orchester ist er seit 2005 1. Solo-Bratscher der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Gustav Rivinius absolvierte seine Cellostudien bei Claus Kanngiesser, David Geringas, Zara Nelsova und Heinrich Schiff. 1990 erhielt er den 1. Preis und die Goldmedaille beim Internationalen Tschaikowsky-­Wettbewerb in Moskau. Seit 1998 unterrichtet Gustav Rivinius als Professor an der Musikhochschule des Saarlandes.

Siegfried Rivinius studierte zunächst bei Henri Lewkowicz an der Musikhochschule des Saarlandes und wechselte 1981 zu Ulf Hoelscher an die Musikhochschule Karlsruhe. Seit 1985 ist er als 1. Konzertmeister bei den Duisburger Philharmonikern (Orchester der Deutschen Oper am Rhein) engagiert.

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Soirée, Alte Abtei Mettlach Freitag, 12. Juli, 19 Uhr Grenzgänger I SPARK | Die klassische Band Andrea Ritter  Blockflöte Daniel Koschitzki  Blockflöte & Melodica Stefan Balazsovics  Violine Victor Plumettaz  Cello Christian Fritz Klavier

Foto: © Gregor Hohenberg

Moderation: Roland Kunz

19 Uhr | Auftakt & Gespräch Johann Sebastian Bach (1685-1750) Partita a-Moll für Flöte solo BWV 1013 Daniel Koschitzki, Blockflötist und Mitbegründer von SPARK, spricht über seinen Seitenwechsel vom klassischen Musiker zum musikalischen Grenzgänger. – Pause – 20 Uhr | On the Dancefloor SPARK spielt Werke von: Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Cole Porter (1891-1964) Max Reger (1873-1916) Maurice Ravel (1875-1937) ABBA

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Die Partita – in der einzigen erhaltenen Abschrift – ist mit Solo pour la flute überschrieben. Solo? Kaum zu glauben! Versenkt man sich in das musikalische Kleinod aus den Siebzehnzwanzigern, so füllen sich Räume, Gehörgänge und Köpfe auf wundersame Weise mit vollständigen Harmonien. Oben spielt die Melodie, zugleich klingen tiefe Töne nach. Man könnte schwören – es sind zwei Flöten. Mindestens. Kunstvolle akustische Täuschung, real und virtuell zugleich. Perfekter Auftakt zur pfiffigen Kunst von SPARK. Dem von Daniel Koschitzki gegründeten Ensemble gelingt nämlich, was Johann Sebastian in seinem allerersten Stück für Flöte glückt: maximale Musik mit minimalen Mitteln. Das Verbinden von Klassik und Moderne steckt schon in der ungewöhnlichen Formation – Stücke für zwei Flöten, Violine, Cello und Klavier gibt es

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nämlich nicht, im Gründungsjahr von SPARK 2007. Klassische Musik muss arrangiert werden und neue komponiert. Jedes Stück Musik wird den Instrumenten der erstklassig ausgebildeten Musiker quasi auf den Leib geschneidert. Klassisches klingt bei SPARK schon aus Prinzip modern, und im Modernen schwingt die Klassik mit. Auf eine Weise, die dem sehr nahe kommt, was einem bei SPARK so alles in den Sinn kommt: Zündende Funken, die überspringen, geschliffene Steine, die in tausend Facetten glitzern und inspirierende Getränke, die moussieren, sprudeln, überschäumen. All das zusammen macht die fünf jungen Musiker bei aller Unvorhörbarkeit einfach unverwechselbar. Nichts ist der klassischen Band fremder als ­herkömmliches Crossover. Statt allzu viel dazu­ gegeben bleibt SPARK nämlich stets: maximal modern minimal.


Spark denkt Klassik neu. Das Quintett stellt Bach, Vivaldi, Mozart & Co in einen frischen Kontext und schafft Anknüpfungsmomente mit den Klängen und dem Lebensgefühl der Gegenwart. Im Kern klassisch, nach außen eigenwillig, neugierig und unangepasst, schlagen die fünf Musiker ihr Ideenzelt auf einem ­offenen Feld zwischen Klassik, Minimal Music, ­Electro und Avantgarde auf. Lustvoll und lässig werden Stile gemixt und die ­zahlreichen Klang­variationen ausgelotet, die ihr reiches Instrumen­tarium aus über 40 verschiedenen Flöten, Violine, Viola, Violoncello, Melodica und Klavier zu bieten hat. Im Jahr 2011 mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet, hat sich die im Jahr 2007 gegründete Formation einen festen Platz an der Spitze der jungen kreativen Klassikszene erspielt. Mittlerweile ist das Quintett weltweit auf den renommiertesten Bühnen und Festivals zuhause – sei es in kammermusikalischen Auftritten zu fünft oder als ­Solistenensemble mit Orchester. Gemeinsam ­präsentieren sie eine leidenschaftliche Musik, die zündet.

Gemeinsam sind sie Spark. Zahlreiche bedeutende ­Konzertpodien ­zählen zu den bisherigen Stationen von Spark, ­darunter der Wiener Musik­verein, das ­Konzerthaus Berlin, die Kölner Philharmonie, die Alte Oper Frankfurt, der Münchner Gasteig, das ­Concertgebouw Amsterdam, das Barbican Centre London, das Gran Teatre del Liceu Barcelona und die National Concert Hall Taipei. Das Ensemble konzertierte unter anderem mit dem London Symphony Orchestra, dem WDR Funkhausorchester Köln und dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester, dem Nederlands Kamerorkest und dem Residentie Orkest Den Haag.

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Matinée, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 14. Juli, 11 Uhr Bernd Glemser  Klavier

Franz Schubert (1797-1828) Impromptu c-Moll D 899 Sonate B-Dur D 960 1. Molto moderato 2. Andante sostenuto 3. Scherzo. Allegro vivace con delicatezza 4. Allegro ma non troppo – Pause –

Foto: © photowerk

Alexander Skrjabin (1871-1915) Fantasie h-Moll op. 28 5 Préludes op. 16 Nr. 1 H-Dur Andante Nr. 2 gis-Moll Allegro Nr. 3 Ges-Dur Andante cantabile Nr. 4 es-Moll Lento Nr. 5 Fis-Dur Allegretto Frédéric Chopin (1810-1849) Sonate Nr. 2 b-Moll op. 35 1. Grave. Doppio movimento 2. Scherzo 3. Marche funèbre. Lento 4. Finale. Presto

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Beinahe wären Franz und Frédéric einander in Wien begegnet, im Verlag von Tobias Haslinger, der Schuberts letzte und Chopins erste Werke publiziert. Bloß um ein halbes Jahr haben sich die beiden verpasst. Was hätte der nur 13 Jahre ältere Franz wohl über Frédérics Musik gedacht? Was Alexander Skrjabin von seinem polnisch-­ französischen Kollegen hält, wissen wir aus seinem Beitrag zu Chopins 100. Geburtstag im Jahre 1910: Mit seinen Gaben hätte er der größte Komponist der Welt werden können. Aber unglücklicherweise war sein Intellekt seiner musikalischen Qualität nicht ebenbürtig. Er war außerdem durch seinen Nationalismus behindert. Er verstand es nicht, etwas Universelles zu schreiben, außerhalb des Nationalen. Jeder Künstler wird von der Umgebung geprägt, in die er hineingeboren wird, in der er aufwächst. Landschaft, Sprache und Kultur – wie sollte er sich

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dem entziehen? Kunst ist über das Individuelle hinaus von Zeit und Ort geprägt. Am Ende geht eines vollkommen im anderen auf. Was ist dem einen und was dem anderen zuzuschreiben? Nicht einmal der Künstler selbst könnte es mehr sagen. Schuberts Musik hat bei aller Heiterkeit immer etwas Melancholisches an sich, ganz besonders das Impromptu und die kurz vor seinem Tod ­geschriebene Sonate in B-Dur. Persönliches Schicksal – oder typisch Wien? Skrjabin kann die russische Herkunft kaum verleugnen, vor allem in der ­emotionsgeladenen h-Moll-Fantasie. Seine Cinq Préludes muten fast französisch an, erinnern an: Chopin. Und Chopin? Klingt der berühmteste Trauermarsch der Musikgeschichte, der dritte Satz seiner b-Moll Sonate, nicht sehr – universell?


Seine fulminante Karriere begann Bernd Glemser schon in jungen Jahren, denn noch während des Studiums gewann er bei den wichtigsten Wettbewerben eine Reihe von Preisen, 17 davon in Folge (u.a. Cortot, ARD, Rubinstein, Busoni, Sydney). Trotzdem ist er kein Medienstar und kein Glamourpianist geworden, denn Glemser konzentriert sich voll und ganz auf die Musik. Er ist der Sache verpflichtet, Oberflächlichkeiten haben keinen Raum und musikalisch geht er keine Kompromisse ein. Seine atemberaubende Virtuosität ist gepaart mit höchster poetischer Sensibilität und seine tiefgründigen I­ nterpretationen, individuell und fernab jeglicher Routine, bleiben einem lange im Gedächtnis.

Chailly, Myung-Whun Chung, Dmitrij Kitajenko, Andrés Orozco-Estrada, Wolfgang Sawallisch, Muhai Tang oder Franz Welser-Möst. Er hat in der Philharmonie Berlin und der Alten Oper Frankfurt gespielt, dem Leipziger Gewandhaus und dem Herkulessaal in München sowie der Royal Festival Hall in London und dem Musikverein in Wien. Noch während seiner eigenen Studienzeit hatte er in Saarbrücken seine erste Professur übernommen, und ist seit 1996 Professor für Klavier an der Hochschule für Musik in Würzburg. 2003 erfolgte die Verleihung des „Bundesverdienstkreuzes“ durch den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau. Im Sommer 2012 wurde Glemser mit dem Kulturpreis Bayern geehrt.

Bernd Glemser hat natürlich mit vielen bekannten Orchestern konzertiert, u.a. mit dem Philadelphia Orchestra, dem Gewandhausorchester, dem London Philharmonic Orchestra, dem Tonhalle-Orchester Zürich oder dem Orchester von Santa Cecilia Rom unter Dirigenten wie Herbert Blomstedt, Riccardo

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Matinée, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 21. Juli, 11 Uhr

Fotos: Simon Höfele – © Sebastian Heck  /  Kärt Ruubel – © Kaupo Kikkas

Simon Höfele  Trompete Kärt Ruubel  Klavier

Daniel Schnyder (*1961) Trumpet Sonata (aus Mythen) György Ligeti (1923-2006) Mysteries of the Macabre Maurice Ravel (1875-1937) Pavane pour une infante défunte G-Dur Philippe Gaubert (1879-1941) Cantabile et Scherzetto – Pause – Augustin Savard (1861-1942) Morceau de Concours Sergej Prokofjew (1891-1953) Toccata d-Moll op. 11

Mitschnitt durch

George Gershwin (1898-1937) Rhapsody in Blue (Bearbeitung: Timofei Dokshitser) Three Preludes (Bearbeitung: Frank Dupree und Simon Höfele) 23


Natürlich kann eine Trompete auch leise spielen. Sehr leise sogar. Wenn sie allerdings laut spielt, dann ist sie sehr laut. Sehr, sehr laut! Die wahnsinnige ­dynamische Bandbreite erfordert, das steht fest, einen ebenso starken wie wandelbaren Wider-Part. Kein Wunder, dass erst die Entwicklung des modernen Klaviers den Siegeszug der Trompete als kammer­musikalisches Recital-Instrument einleitet. Das moderne Klavier ergänzt den Trompetenklang, rundet ihn ab oder fordert ihn heraus, je nachdem. Drei Sopran-Arien aus Ligetis Oper Le Grand Macabre (1974) wandeln sich dank Elgar Howarth 1991 zu Mysteries of the Macabre. Da machen Trompete und Klavier wirklich alles Mögliche und auch scheinbar Unmögliche. Zum Beispiel hupen, zischen, pfeifen und – Zitate sprechen! Womöglich hört George Gershwin, während er am Klavier die Rhapsody in Blue und die Three Preludes komponiert, in der Wohnung nebenan jemanden 24

Trompete üben. Die späteren Arrangements mit Trompete nämlich klingen mindestens so original wie die Klavier-Originale. Ein Original schreibt beispielsweise Augustin Savard für das Wett-Trompeten 1903 am Conservatoire de Paris: das Morceau de Concours – virtuos, frech, lyrisch und verspielt. Und einem gewissen Philippe Gaubert, uns heute ziemlich unbekannt, glückt 1909 ein originaler Trompeten-Ohrwurm. Das Klavier? Spielt dabei eher eine Nebenrolle. Noch. Ein Jahrhundert später lässt Daniel Schnyder die beiden Instrumente in seiner Trumpet Sonata in einen Dialog treten. Sehr spannend. Ist das Klavier nun wahrhaft gleichberechtigt? Ravels Pavane und Prokofjews Toccata – spielt die fabelhafte Pianistin original, trompetenlos. Sicher ist sicher.


Der 24-jährige Simon Höfele ist einer der spannendsten Trompeter der jungen Generation: Er ist aktueller BBC Radio 3 New Generation Artist, seit der Spielzeit 2018/2019 Künstler in der Reihe „Junge Wilde“ des Konzerthaus Dortmund, SWR2 New Talent und Preisträger des Sonderpreises „U21“ des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD sowie des Deutschen Musik­wettbewerbs 2016. In der Saison 2019/20 wird er Rising Star der ECHO (European Concert Hall Organisation) sein, nominiert von der Kölner Philharmonie, dem Konzerthaus Dortmund und der Elbphilharmonie Hamburg.

Die estnische Pianistin Kärt Ruubel wurde in Tallinn geboren und lebt seit 2008 in Deutschland. Im Januar 2018 erschien ihre erste Solo-CD mit Werken von Händel, Fux, Froberger und Bach beim Label GENUIN Classics. Zudem ist Kärt eine leidenschaftliche Kammermusikerin. Im April 2018 debütierte sie mit ihrer Zwillingsschwester Triin (Violine) in der Philharmonie in Berlin. Zusammen gastierten sie bei renommierten Festivals wie den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, dem Usedomer Musikfestival und spielten unter anderem im Konzerthaus Berlin und der Royal Swedish Opera.

Als Solist spielte er bereits mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, dem BBC Philharmonic, BBC Scottish Symphony Orchestra, Ulster Orchestra, Shanghai Philharmonic, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Konzert­hausorchester Berlin, SWR Symphonieorchester, Beethoven Orchester Bonn, dem Mahler Chamber ­Orchestra, dem Münchener Kammerorchester, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen sowie im Bozar Brüssel, im Konzerthaus Berlin, beim Cheltenham Music Festival, MiTo Festival in Mailand und Turin, Schleswig-­ Holstein Musik Festival, Rheingau Musik Festival und bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern.

Als Solistin ist Kärt mit Orchestern wie der Norddeutschen Philharmonie Rostock, dem City of Pärnu ­Symphony Orchestra und dem Philharmonischen Orchester ­Vorpommern aufgetreten. Darüber hinaus dokumentieren Rundfunkaufnahmen für den NDR, BR und für BBC ihr künstlerisches Schaffen. Kärt Ruubel ist Gründungsmitglied des „neophon ensembles“, mit welchem sie sich intensiv und mit großer Hingabe der Musik der Gegenwart und der Interpretation der akustischen Vision der aktuellen Komponistengeneration widmet.

Seine aktuelle Aufnahme “Mysteries” (Genuin) wurde vom Preis der Deutschen Schallplattenkritik mit dem Vierteljahrespreis 2/2018 ausgezeichnet. 25


26 Foto: © Harald Hoffmann


Landpartie und Konzert im Weinberg I Weingut Schmitt-Weber und Weingut Henri Ruppert Sonntag, 28. Juli

Foto: © Weingut Henri Ruppert

Next Generation Arcis Saxophon Quartett

György Ligeti (1923-2006) 6 Bagatellen für Bläserquintett Joseph Haydn (1732-1809) Streichquartett f-Moll op. 20/5 1. Moderato 2. Menuet 3. Adagio - Segue fuga 4. Finale. Fuga a due soggetti

Claus Hierluksch  Sopran-Saxophon Ricarda Fuss  Alt-Saxophon Edoardo Zotti  Tenor-Saxophpon Jure Knez Bariton-Saxophon

– Pause –

10 Uhr | Treffpunkt am Parkplatz Panoramaweg Perl Wanderung zum Weingut Schmitt-­Weber. Kleine ­Weinprobe. Wanderung über die Mosel zum Weingut Henri Ruppert nach Schengen.

Béla Bartók (1881-1945) Rumänische Volkstänze

12 Uhr | Konzert im Saal des Weinguts Henri Ruppert (nummerierte Sitzplätze in der Reihenfolge der Bestellung) ca. 13:30 Uhr | Mittagessen mit luxemburgischen Spezialitäten auf der Terrasse. Im ­Anschluss Weinprobe mit Führung durch das Weingut.

Johann Sebastian Bach (1685-1750) Italienisches Konzert BWV 971 1. Allegro 2. Andante 3. Presto

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Capriccio e-Moll für Streichquartett op. 81/3 Andante con moto - Allegro fugato, assai vivace George Gershwin (1898-1937) Porgy and Bess Suite (Bearbeitungen: ASQ; Porgy and Bess Suite: Sylvain Dedenon)

Shuttleservice zum Ausgangspunkt (Parkplatz Panoramaweg Perl) wird angeboten.

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Anfang des 20. Jahrhunderts erobert das Saxophon im Sturm Amerika – als das Melodie-Instrument des Jazz. Sein Erfinder, der geniale belgische ­Instrumentenbauer und Klarinettist Adolphe Sax, erlebt es leider nicht mehr. In verrauchten Clubs hat er sein Instrument bestimmt weder gesehen noch gehört, sondern, ganz im Gegenteil, an der frischen Luft! Freilufttauglichkeit ist das erklärte Ziel seiner optimierten Klarinette – für die französische ­Militärmusik. Dort nämlich fehlt eindeutig ein ­profund klingendes Holzblasinstrument. Eines, das ganz aus Metall und nicht wetterfühlig ist und: Ein Instrument, das im Charakter seiner ­Stimme den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt als diese. So steht es im ­Patent-Antrag von 1848.

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Genauso sehr hat Sax bei seiner Erfindung klassische Musik seiner Zeit im Ohr. Der biegsame, wandelbare Klang und die große dynamische Palette prädestinieren das Instrument mit dem Schnabel und dem Schwanenhals geradezu für Kammermusik. ­Original-Kompositionen werden zu Sax‘ Zeit allerdings kaum geschrieben. Er war seiner Zeit einfach voraus. Doch zum Glück arrangiert sich das Saxophon mit Musik aller Epochen perfekt. Gershwins Porgy and Bess-Suite ist dafür ideal, ganz klar. Doch klassische Klavier-Musik von Ligeti und Bartók? Unglaublich, welche unerhörten Farben und Facetten ein Saxophon-Quartett zum Klingen bringt. Joseph Haydn – wäre er nicht fasziniert, eines seiner Sonnenquartette als Saxophon-Quartett zu hören? Und die saxophone Virtuosität in der Fuge seines Capriccio würde Felix Mendelssohn mit Sicherheit verblüffen.


Mit brennender Leidenschaft begeistern die vier jungen Musiker des Arcis Saxophon Quartetts aus München das Publikum und lassen durch ihre charismatische und authentische Bühnenpräsenz in dieser seltenen Formation der Kammermusik den Funken überspringen. 2013 erschien ihre erste CD „Arcis Saxophon Quartett spielt Enjott Schneider“ bei Ambiente Audio. 2017 folgte ihre CD „Rasch“ bei GENUIN. Das Jahr 2013 war geprägt von wichtigen internationalen Erfolgen: 1. Preise in ­München, Gioia del Colle (Italien), Moskau (­Russland), 3. Preis in Chieri (Italien). 2014 folgte ein 2. Preis in Berlin, 2015 ein 1. Preis in Magnitogorsk (Russland), 2016 ein 1. Preis in Berlin. Außerdem wurde das Ensemble mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2016 ausgezeichnet und ­erhielt ein Stipendium der Theodor-Rogler-­ Stiftung, ein Stipendium für Musik der Landeshauptstadt München sowie ein Stipendium der Erika und Georg Dietrich Stiftung. Das Ensemble gründete sich 2009 an der HMT München und studierte Kammermusik in der Klasse des

­ rtemis Quartetts Berlin und in München bei A Koryun Asatryan und Friedemann Berger. Seit 2015 ist es ein Ensemble der European Chamber Music Academy. Das Quartett erobert die Bühnen dieser Welt im Sturm: Nach dem internationalen Debüt im Großen Saal des Tschaikowsky Konservatoriums in Moskau und der Wigmore Hall in London folgte 2017 ein weiterer Meilenstein in ihrer Karriere: die Einladung in die Berliner Philharmonie.

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Fotos: Pablo Barragan – © Mario Marzo  /  Alexey Stadler – © Marie Staggat  /  Annika Treutler – © Neda Navaee

Après-Midi, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 4. August, 16 Uhr Krzyżowa-Music zu Gast bei den Kammermusiktagen Mettlach Eine Begegnung mit dem Kreisauer Kreis – Mit Lucian Hölscher im Gespräch Pablo Barragán  Klarinette Alexey Stadler  Violoncello Annika Treutler  Klavier Nach der ersten Konzerthälfte – Podiumsdiskussion: Können Künstler unpolitisch sein? Dieser spannenden Frage stellt sich der Historiker Dr. Lucian Hölscher, Professor emeritus der Ruhr-­Universität Bochum, zusammen mit jungen Künstlern und wandelt mit ihnen auf den Spuren des Kreisauer Kreises. Krzyżowa (Kreisau) steht wie kein anderer Ort für Widerstand, Austausch, Kultur und Europa. Hier findet jährlich Krzyżowa-Music statt, ein internationaler Musik-Workshop mit Festspielcharakter, unter der ­künstlerischen Leitung der Geigerin Viviane Hagner. Konzert in Kooperation mit

Gabriel Fauré (1845-1924) Trio d-Moll für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 120 1. Allegro ma non troppo 2. Andantino 3. Allegro vivo Francis Poulenc (1899-1963) Sonate für Klarinette und Klavier 1. Allegro tristamente 2. Romanza 3. Allegro con fuoco – Pause – Robert Schumann (1810-1856) Fantasiestücke für Klavier und Violoncello op. 73 1. Zart und mit Ausdruck 2. Lebhaft, leicht 3. Rasch und mit Feuer Johannes Brahms (1833-1897) Trio a-Moll für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 114 1. Allegro 2. Adagio 3. Andantino grazioso 4. Allegro 31


Von jedem späten Werk geht ein geheimnisvoller Zauber aus. Oder geheimnissen wir Rätselhaftigkeit hinein, weil wir rückblickend um die Endlichkeit des Schaffens wissen?

Klaviertrio. Satz Nr. 1 gleicht einer Flussfahrt, mit Schnellen da und dort. Satz Nr. 2 – ein Abschiedsgesang? Und Nr. 3: Am Ende kommt immer der Schluss, bis dahin tobt das Leben.

Francis Poulenc schreibt seine Klarinetten-Sonate ein halbes Jahr vor seinem Tod – sein vorletztes Werk. Es beginnt Allegro tristamente, mit einem fröhlich punktierten, nach oben strebenden Motiv. Die Romanza in g-Moll ist elegisch und lyrisch zugleich. Das Ende? Mitreißend lebensfroh, ja: ausgelassen. Die Uraufführung im April 1963 mit Benny Goodman und Leonard Bernstein erlebt der Komponist nicht mehr: Zwei Monate zuvor erliegt er (64) plötzlich einem Herzanfall.

Robert Schumann ist erst 39, als er sein op. 73 komponiert, dennoch gilt es als Spätwerk – alles relativ! Die eigentlich mit Nachtstücke betitelten Fantasiestücke in e-Moll für Klarinette oder Cello oder Viola und Klavier jedenfalls sind voller Anmut, Leichtigkeit und singender Lebensfreude.

So nimmt man Abschied, Stück für Stück…, schreibt Gabriel Fauré, allmählich erblindend, von Taubheit bedroht. An seinem 78. Geburtstag im Mai 1923 wird sein vorletztes Werk uraufgeführt – sein erstes

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Johannes Brahms hat 1891 das Komponieren: ­beendet. Nach einer längeren Krankheit schreibt er an seinem 58. Geburtstag sogar sein Testament. Doch da erfasst ihn eine späte Liebe – Fräulein ­Klarinette. Richard Mühlfelds Klarinettenspiel ­verzaubert ihn. Er komponiert sein erstes Klarinetten­trio, wodurch ein vermeintliches Ende zu einem neuen Anfang wird.


Die Entwicklung des Klarinettisten Pablo Barragán vom jungen Talent zum anerkannten Musiker drückt sich u.a. durch seine Auszeichnung mit dem Prix Credit Suisse Jeunes Solistes 2013 und die Einladung des Lucerne Festivals im selben Jahr aus. Sein Solodebüt beim Festival wurde live vom RTS übertragen und anschließend von der Credit Suisse Foundation als CD produziert. Begleitet wurde diese Entwicklung durch verschiedene Preise bei internationalen Wettbewerben, wie dem ARD Musikwettbewerb 2012, dem Juventudes Musicales de España 2011 oder dem European Music Competition for Youth 2011 (EMCY ). Mit seinen Debüts bei den BBC Proms unter Vasily Petrenko und beim San Francisco Symphony Orchestra und Orchestra della Svizzera Italiana unter Vladimir Ashkenazy, dem Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra unter Leitung von Michael Sanderling sowie einer Tour mit dem Young Philharmonic Orchestra Jerusalem-Weimar sorgte Alexey Stadler in jüngster Vergangenheit für Furore. Er war unter anderem beim International Chamber Music Festival Stavanger, dem St. Petersburg White Nights Festival, dem Menuhin Festival in Gstaad und dem Easter Festival im Oslo Opera House zu Gast.

Die 1990 geborene Annika Treutler „darf als interessanteste deutsche Pianistin unter 30 gelten.“ (RBB) Im Frühjahr 2018 erschien bei Hänssler Classic ihre neue CD mit Solowerken von Johannes Brahms, im Januar 2019 folgt die Veröffentlichung seiner Cellosonaten mit Julia Hagen. Zuvor veröffentlichte sie eine CD mit Mendelssohn Klavierwerken bei Syquali/Harmonia Mundi. Ihre Debüt-CD mit Robert Schumanns Fantasiestücken und Fantasie C-Dur erschien 2013 bei GENUIN. Nach ihrem Debüt mit dem Deutschen Symphonie-­Orchester Berlin im Großen Saal der Berliner Philharmonie mit Schumanns Klavierkonzert folgten Auftritte mit Orchestern wie dem Rundfunk-­ Sinfonieorchester Berlin, dem Orchestre Symphonique de Montréal und dem Radio Sinfonieorchester Prag in der ­Münchener Philharmonie. Lucian Hölscher, Professor für Neuere Geschichte und Theorie der Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum, hat im Bereich der neuzeitlichen Religionsgeschichte, der Begriffsgeschichte und der Theorie historischer Zeiten publiziert. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen „Neue Annalistik. Umrisse einer Theorie der Geschichte“ (2003), „Geschichte der protestantischen Frömmigkeit“ (2005), „Semantik der Leere“ (2009) und „Die Entdeckung der Zukunft“ (2. Aufl. 2016) 33


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Kammermusikfest „Franziska Hölscher & Freunde“

Fotos: Franziska Hölscher – © Irène Zandel  /  Yu Kosuge – © Marco Borggreve  / Jacques Ammon – © Gunnar Geller

vom 9. bis 11. August in Mettlach und Merzig

Soirée, Alte Abtei Mettlach Freitag, 9. August, 19 Uhr Franziska Hölscher  Violine Benedict Kloeckner  Violoncello Yu Kosuge  Klavier Jacques Ammon  Klavier

Jean-Philippe Rameau (1683-1764) Pièces de Clavecin en concert Nr. 5 1. La Forqueray 2. La Cupis 3. La Marais Franz Schubert (1797-1828) Sonate a-Moll für Violoncello und Klavier D 821 – „Arpeggione“ 1. Allegro moderato 2. Adagio 3. Allegretto Fantasie f-Moll für Klavier zu vier Händen D 940 – Pause –

Mitschnitt durch

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Trio d-Moll für Violine, Violoncello und Klavier op. 49 1. Molto Allegro agitato 2. Andante con moto tranquillo 3. Scherzo. Leggiero e vivace 4. Finale. Allegro assai appassionato 35


Jean-Philippe Rameau, ein Zeitgenosse Bachs? Kaum zu glauben! Franzose eben. Doch passt er seinen Stil stets dem an, was er ausdrückt. 1741, in der Nr. 5 seiner Pièces de Clavecin en concert etwa, charakterisiert er einfühlsam drei Künstler seiner Zeit. Entsprechend virtuos geraten die Komponisten & Gambisten Antoine Forqueray & Marin Marais. Die Huldigung der wundervollen Ballerina Marie-Anne Cupis de Camargos hingegen klingt durchaus: schubertesk. Franz Schubert schneidert im November 1824 die Sonate in a-Moll einem Künstler samt dem von diesem erfundenen Instrument auf den Leib: Vincenz Schuster und seinem Arpeggione oder Guitarre d’Amour, eine Art Cello-Gitarre. Franz (27) ist gerade vom ungarischen Schloss Zseliz zurück, wo er der Comtesse Caroline von Esterhazy (19) Klavierunterricht gegeben hat, monatelang. Ist er in sie verliebt? Ja, und selbstverständlich: unglücklich.

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Verliebt war Schubert; der Schülerin galt’s einer der ­jungen Comtessen doch gab er sich einer ganz andern hin um die andere – zu vergessen. Dichtet Schubert-Freund Eduard von Bauernfeld. Vier Jahre später, im Frühjahr 1828, dediciert Franz der ­Comtesse die Fantasie in f-Moll für Klavier zu 4 Händen, eines seiner allerschönsten und allerletzten Werke. Fragen Sie mich, was ich mir dabei gedacht habe, so sage ich: gerade das Lied wie es dasteht. Und habe ich ein ­bestimmtes Wort im Sinne gehabt, so mag ich es doch keinem Menschen aussprechen. Schreibt Felix Mendelssohn. Lassen wir sein Klaviertrio in d-Moll für sich selbst sprechen. Komponiert im Sommer 1839, zwischen ein paar Liedern im Freien zu singen, auf dem Lande, wo er das angenehmste, glücklichste Leben führt.


Die künstlerischen Schwerpunkte der Geigerin Franziska Hölscher könnten vielseitiger kaum sein: Sie ist als Solistin, Kammermusikerin und Festivalleiterin bereits seit vielen Jahren auf wichtigen Bühnen wie der Berliner Philharmonie, dem Concertgebouw Amsterdam und dem BOZAR Brüssel zu erleben. Fester Bestandteil ihres Repertoires war von Beginn ihrer Karriere die Zusammenarbeit mit Künstlern verschiedener Kunstrichtungen. Prägend waren Auftritte mit Martha Argerich und Kit Armstrong und die künstlerische Freundschaft zu dem Autor Roger Willemsen. Ihre Suche nach Korrespondenz und Gegenüberstellung zeigt sich auch in ihrer dramaturgischen Arbeit: Sie leitet die Kammermusikreihe „Klangbrücken“ im Konzerthaus Berlin und ist die neue Künstlerische Leiterin der Kammermusiktage Mettlach. Dabei spielt für sie die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik eine große Rolle. Viele Komponisten haben für sie geschrieben, im vergangenen Jahr brachte sie bei den Movimentos Festwochen das Concertino von Wolfgang Rihm zur Uraufführung. Benedict Kloeckner, geboren 1989, zählt zu den am meisten bewunderten Begabungen der neuen Solisten­ generation. Er konzertiert weltweit als Solist mit erstklassigen Orchestern wie dem Royal Philharmonic Orchestra, der Deutschen Radio Philharmonie, dem MDR-Sinfonie­orchester, dem NDR Radio Sinfonie­ orchester, der Deutschen Staatsphilharmonie, dem Russischen und Polnischen Staatsorchester, dem Slowakischen

­ undfunkorchester, der Kremerata Baltica, der Camerata R Oslo, den Kammerorchestern von Prag, Berlin und Amsterdam sowie dem Arcos Chamber Orchestra New York unter renommierten Dirigenten wie Simon Gaudenz, Howard Griffiths, Ingo Metzmacher, Michael Sanderling, Jan Söderblum, Clemens Schuldt und Heinrich Schiff. Durch ihre ausgezeichnete Technik, ihre Empfindsamkeit beim Anschlag und ihr profundes Verständnis für die Musik wurde Yu Kosuge eine der meist beachtetsten Pianisten ihrer Generation. Bereits seit ihrer Kindheit gibt sie Recitals und Konzerte mit Orchester: Im zarten Alter von 9 Jahren gab sie bereits ihr Debüt mit dem Tokyo New City Orchestra. Yu Kosuge trat an bekannten Spielstätten unter anderem in Berlin, Hamburg, Köln, München, Wien, Salzburg, London, Paris, Brüssel, Amsterdam, Zürich, Moskau, St. Petersburg, Tokyo, Washington und New York auf. In Santiago de Chile als Kind deutsch-chilenischer E ­ ltern geboren, machte Jacques Ammon 1989 als Preisträger des internationalen „Claudio Arrau“ ­Klavierwettbewerbs auf sich aufmerksam. In Deutschland tritt er als Solist und Kammermusikpartner in renommierten Konzerthäusern u.a. in der Alten Oper Frankfurt, der Hamburger Musikhalle, beim Schleswig-Holstein Musik Festival, beim Oberstdorfer Musiksommer und beim Rheingau Musik Festival auf. 37


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Kammermusikfest „Franziska Hölscher & Freunde“ vom 9. bis 11. August in Mettlach und Merzig

Après-Midi, Zeltpalast Merzig Samstag, 10. August, 16 Uhr Katja Riemann  Rezitation Yu Kosuge  Klavier Jacques Ammon  Klavier Franziska Hölscher  Violine sowie weitere Musiker des Festivals und Studierende der Hochschule für Musik Saar

Foto: Katja Riemann / © Mathias Bothor

Moderation: Roland Kunz

Camille Saint-Saëns (1835-1921) Le Carnaval des Animaux (Grande fantaisie zoologique) für zwei Klaviere und Kammerorchester 1. Introduction et marche royale du Lion 2. Poules et Coqs 3. Hémiones 4. Tortues 5. L‘Éléphant 6. Kangourous 7. Aquarium 8. Personnages à longues oreilles 9. Le coucou au fond des bois 10. Volière 11. Pianistes 12. Fossiles 13. Le Cygne 14. Finale Mit Texten von Roger Willemsen (1955-2016)

Konzert in Kooperation mit

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Die Schnecke hat erst rumgemäkelt, sich aber ­trotzdem hingeräkelt. Und kaum hat Ehrgeiz sie gepackt, zeigt sie sich splitterfasernackt und schreit herum: ich bin bereit, als Pin-Up für die Ewigkeit! Die satierischen Zwischen-Reime von Roger ­Willemsen – von Katja Riemann launig vorgetragen – geben einem der berühmtesten Werke der Musikgeschichte eine ganz neue Facette. Zeitgemäß und endlich für diejenigen Konzertbesucher, die der Komponist ursprünglich im Visier hat: erwachsene Musikliebhaber. Nur einigermaßen Eingeweihte nämlich können spontan über die Scherze lachen, die Camille Saint-Saëns in seine Grande fantaisie zoologique hineinkomponiert hat. Parodiert er doch in seinen vierzehn tierischen Portraits bekannte Werke von Kollegen, und nicht zuletzt sich selbst. Die Schildkröten tanzen ganz offenbach Cancan, die Hühner gackern rameaurös, die Tasten-Tiger plagen

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sich mit Cernytüden, Fossile tanzen mozärtlich und zugleich très macabre. Die Elephanten? Einfach berlioz! Ein musikalischer Spaß à la Mozart also. Für Kenner. Innerhalb von nur wenigen Tagen hat Saint-Saëns ihn in einem kleinen Dorf in der Nähe von Wien komponiert, im Februar 1886, c’est si amusant! Nicht einfach so, sondern aus einem Anlass. Der Star-Cellist Charles Lebouc lädt zu einem seiner Haus-Konzerte, diesmal am Faschingsdienstag. Ihm schreibt der Komponist (an diesem Abend Tasten-­ Tiger) den Solo-Schwan natürlich auf den Leib. Veröffentlichen will Camille Saint–Saëns den Spaß am liebsten gar nicht. Sonst ginge er am Ende noch als Komponist des Karnevals der Tiere in die Musikgeschichte ein! Befürchtet er. Prophetisch.


Katja Riemann wuchs in Niedersachsen auf, studierte Tanz in Hamburg, studierte Schauspiel in Hannover an der „Hochschule für Musik und Theater“, drehte ihren ersten Film in Bremen, studierte Schauspiel in München an der Otto Falckenbergschule, spielte Theater an den Münchner Kammerspielen, die Mauer fiel, sie spielte Theater am Berliner Schillertheater, bekam ihre Tochter. Drehte in den 90er Jahren viele Debütspielfilme mit jungen Regisseuren, die jetzt alle berühmt sind, erhielt Filmschauspielpreise; machte gemeinsam mit ihren Kolleginnen den Soundtrack zum Musikfilm „bandits“, der bis heute der erfolgreichste Soundtrack Europas ist; arbeitete danach an ihrem Soloalbum und gründete anschließend eine Jazzband, mit der sie ein Jazzalbum produzierte und über 70 Konzerte gab. Im Milleniumsjahrzehnt begann sie mit Margarethe von Trotta zu arbeiten („Rosenstraße“, „Ich bin die Andere“, „Die abhandene Welt“, „Forget about Nick“) und mit Oskar Roehler („Agnes und seine Brüder“, „Subs“), Markus Imboden („Der Verdingbub“), Nina Grosse („Das Wochenende“), Bora Dagtekin (3x „Fack ju Göhte“ ) und vielen anderen.

Sie schrieb musikalische Hörspiele („Die Vögel“, „Von Sonne, Mond und Engeln“), konzipierte musikalisch-literarische Abende („Friedensreich. Ein Deutschlandabend“, „Sibylle Berg meets ­Rammstein“ und „Winter. Ein Roadmovie. Heine meets Schubert“), und partizipiert seit ein paar ­Jahren an der Welt der klassischen Musik. ­Konzertiert mit Musikern wie Daniel Hope, ­Sebastian Knauer, Franziska Hölscher oder ­Marianna Shirinyan, mit Streichquartetten wie dem Casal Quartett, als auch mit Orchestern wie der Bremer Kammer­philharmonie, der Kammer­akademie Potsdam und dem Zürcher ­Kammerorchester. „Diese künstlerische Zusammenarbeit“, sagt sie, „mit der Essenz von Musik und Literatur macht mich glücklich – und hoffentlich auch mein Publikum.“

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Kammermusikfest „Franziska Hölscher & Freunde“ vom 9. bis 11. August in Mettlach und Merzig

Foto: Clemens Trautmann – © Laurence Chaperon  /  Duo Runge & Ammon – © Nikolaj Lund

Soirée, Alte Abtei Mettlach Samstag, 10. August, 19 Uhr Grenzgänger II Clemens Trautmann  Klarinette Benedict Kloeckner  Violoncello Jacques Ammon  Klavier Duo Runge & Ammon

19 Uhr | Seitenwechsel Ludwig van Beethoven (1770-1827) Trio B-Dur für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 11 – „Gassenhauer“ 1. Allegro con brio 2. Adagio 3. Tema: Pria ch’io l’impegno. Allegretto – Var. I–IX Clemens Trautmann (Klarinettist, Jurist, Präsident der Deutschen Grammophon) spricht über die ­Zukunft der klassischen Musik in den modernen Medien, das ­Konzertpublikum – und seinen Seitenwechsel: vom ­Musiker zum Manager. – Pause – 20 Uhr | Baroque Blues

Das Duo Runge & Ammon spielt Werke von: Johann Sebastian Bach (1685-1750) Georg Friedrich Händel (1685-1759) George Gershwin (1898-1937) Nikolai Kapustin (*1937) Astor Piazzolla (1921-1992)

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Es ist ja nicht so, dass die Unterscheidung in E & U eine Erfindung des 20. Jahrhunderts wäre. Schon im 18. wird grenzüberschreitende Musik geschrieben. Zum Beispiel von Ludwig van Beethoven. Ob wir es der Popularitätssucht eines Klarinettisten verdanken oder einem geschäftstüchtigen Verleger bleibt unklar. Beethoven jedenfalls soll den Nummer-eins-Hit der Schlager-Parade des Jahres 1797 in einem Klarinetten-Trio verarbeiten, Pria ch’io l’impegno, Terzett aus Joseph Weigls Oper Der Korsar. Die Liebes-Verwechslungs-Komödie spart nicht mit selbstironischen Seitenhieben auf den Musikbetrieb. Unter anderem treten auf: ein schwerhöriger Kapellmeister, eine zweitklassige Sängerin und ein dubioser Agent. Beethoven meistert die grenzwertige Aufgabe mit Bravour. Das Thema des Gassenhauers verarbeitet er im dritten Satz des gleichnamigen Trios in neun hinreißend humorvollen Variationen. Sinn und Zweck

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der Übung sind erfüllt. Alle Beteiligten sind noch (!) berühmter als zuvor – und die Konzertbesucher um ein grandioses Werk reicher. Das musikalische Brückenbauen ist heute vielfältig geworden, höchst komplex, und in Anbetracht einer klassischen Tradition, die abzureißen droht, unverzichtbar. Zwei, die früh ausgezogen sind, um klassische Grenzen zu überschreiten, sind der Cellist Eckart Runge und der Pianist Jacques Ammon. Die neuen Brücken, die sie bauen, verbinden Jahrhunderte und Kontinente und festigen die Bande zwischen Welten, die auf den ersten Blick nur lose zusammenhängen. Unüberbrückbare Gegensätze? Das deutsch-chilenische Duo findet stets einen verblüffend großen gemeinsamen Nenner – der Zeit gemäß und unverwechselbar.


Clemens Trautmann (geboren 1977 in Braunschweig) studierte – vom Vorstudium bis zum Solistenexamen – bei Sabine Meyer und Reiner Wehle an der Musikhochschule Lübeck. An der Juilliard School New York erwarb er bei Charles Neidich den Master of Music. Als Solist trat er bei zahlreichen Musikfestivals im In- und Ausland wie dem Rheingau Musik Festival, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, dem Kissinger Sommer, den Europäischen Wochen Passau, Concerto Pomerania Polen oder dem New Yorker Focus Festival auf und arbeitete u.a. mit der Polnischen Kammerphilharmonie sowie den Lübecker und Heidelberger Philharmonikern. Clemens Trautmann ist nicht nur als Klarinettist hervorgetreten: Er publizierte Essays, rechtswissenschaftliche Beiträge und Musikkritiken, u.a. in der Neuen Musikzeitung und WELT am Sonntag. Neben seiner Konzerttätigkeit absolvierte er beide juristischen Staatsexamina mit Prädikat, wurde als Rechtsanwalt zugelassen und promovierte über ein europarechtliches Thema. Seit 2009 arbeitet Clemens Trautmann in der Medienwirtschaft und ist – nach diversen Führungspositionen beim Axel Springer Verlag – seit 2016 als Präsident der Deutschen Grammophon tätig.

Das Duo Runge & Ammon entstand aus einer gemeinsamen Leidenschaft für kammermusikalische Grenzgänge um Jazz, Tango, Rock-, Theater- und Filmmusik und konzertiert seit 23 Jahren sowohl in wichtigen Konzertserien wie auch in Clubs in Europa, Asien, den USA und Südamerika, um ein breiteres Publikum für anspruchsvolle Musik zu erreichen. Neben der konzeptionellen Programmgestaltung und der großen Emotionalität ist das Duo für seine informativ unterhaltsame Moderation bekannt, mit der das Publikum ‚abgeholt’ und an anspruchsvolle Themen herangeführt wird. Die Alben CelloTango, RussianSoul und CelloCinema wurden von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen. 2019 gingen die Musiker mit ‚BaroqueBlues’ auf Tournee, das ungeahnte Parallelen zwischen Jazz und Barockmusik erlebbar macht. Zum Beethoven-Jubiläum 2020 erscheint das Album ‚RollOverBeethoven-­Revolution’, das Werke für Cello und Klavier von Beethoven den revolutionären Ikonen der Rock-Popgeschichte wie Jimi Hendrix, Frank Zappa und David Bowie gegenüberstellt.

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Kammermusikfest „Franziska Hölscher & Freunde“ vom 9. bis 11. August in Mettlach und Merzig

Matinée, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 11. August, 11 Uhr

Foto: Nils Mönkemeyer, William Youn – © Irène Zandel

Franziska Hölscher  Violine Nils Mönkemeyer  Viola Eckart Runge  Violoncello Clemens Trautmann  Klarinette William Youn  Klavier

Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704) Rosenkranz-Sonate Nr. 11 G-Dur für Violine und Basso continuo – „Die Auferstehung Christi“ 1. Sonata 2. Surrexit Christus hodie 3. Adagio Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Trio Es-Dur für Klavier, Klarinette und Viola KV 498 – „Kegelstatt“ 1. Andante 2. Menuetto 3. Rondo. Allegretto Johannes Brahms (1833-1897) Sonate f-Moll für Viola und Klavier op. 120/1 1. Allegro appassionato 2. Andante un poco adagio 3. Allegretto grazioso 4. Vivace – Pause – Quartett c-Moll für Klavier, Violine, Viola und Violoncello op. 60 1. Allegro non troppo 2. Scherzo. Allegro 3. Andante 4. Finale. Allegro comodo

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Die Rosenkranz-Sonaten sind einzigartig. Freudenreich, schmerzhaft und glorreich – jeder Rosenkranz birgt fünf Mysterien, und Heinrich Biber enthüllt sie, nach und nach, von der Verkündigung bis zur Krönung Mariae. Die Tonart wählt er jeweils mit Bedacht, je nach Charakter. Die Auferstehung Christi samt Sonnen­aufgang findet in G-Dur statt – freudig, fröhlich, süß. Damit jede Tonart noch spezieller klingt, wird die Geige vor jedem Mysterium außerdem scordiert, also: umgestimmt! Für Mozart haben Tonarten ganz persönliche Bedeutungen. Es-Dur zum Beispiel steht für Freundschaft. So komponiert er 1786 für die Familie des Botanik-Professors Nikolaus von Jacquin ein entzückendes Es-Dur-Terzett. Bei der Uraufführung im Jacquinschen Palais im Botanischen Garten in Wien spielt Mozarts Schülerin Franziska (17) Klavier, Anton Stadler (33) die Klarinette und er selbst (30): die Bratsche. Die mag er nämlich sehr, im Gegensatz zur Geige.

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Der Freund, für den Brahms 1894 die Sonate in f-Moll schreibt, ist eigentlich ein Profi-Geiger: Richard Mühlfeld. Doch er bringt sich selbst das Klarinettenspielen bei und avanciert auf diesem Instrument zum Superstar. Brahms bewundert seinen Ton. Dieser, meint er, klinge fast wie: eine Bratsche, für die er zeitgleich eine Fassung komponiert. c-Moll ist oft ein Ausdruck unglücklicher Liebe. Wen wundert, dass Brahms sein Klavierquartett in dieser Tonart schreibt? Zwei Sätze skizziert er, als er (22) sich mit Leidenschaft verliebt, in Clara (36), Frau seines Freundes Robert. Aussichtslos. 20 Jahre später vollendet er sein Liebes-Werk. Der 1. Satz: ­aufwühlend, erschütternd; der 2.: hochdramatisch; der 3.: fast ein Liebeslied, tröstlich wie das Requiem. Finale: klopft da nicht das Schicksal an?


Künstlerische Brillanz und innovative Programmgestaltung sind das Markenzeichen, mit dem Nils ­Mönkemeyer sich in kurzer Zeit als einer der international erfolgreichsten Bratschisten profiliert und der Bratsche zu enormer Aufmerksamkeit verholfen hat. Als Exklusiv-Künstler bei Sony Classical brachte er in den letzten Jahren zahlreiche Alben heraus, die von der Presse hoch gelobt und mit Preisen ausgezeichnet wurden. In seinen Programmen spannt Mönkemeyer den Bogen von Entdeckungen und Ersteinspielungen originärer Bratschenliteratur des 18. Jahrhunderts bis hin zur Moderne und zu Eigenbearbeitungen. Als einen „echten Poeten“ mit „bravouröser Anschlagstechnik“ lobt die Presse den preisgekrönten Pianisten William Youn. Seine Ausbildung begann der Kosmopolit Youn in Korea. In frühester Jugend zog er nach Amerika, wechselte später erneut den Kontinent und ging an die Musikhochschule Hannover sowie als Stipendiat an die Piano Academy Lake Como, wo er regelmäßig mit Künstlerpersönlichkeiten wie Karl-Heinz Kämmerling, Dmitri Bashkirov, Andreas Staier, William Grant Naboré oder Menahem Pressler arbeitete. Er konzertiert international von Berlin über Seoul bis New York mit zahlreichen namhaften Orchestern. Vermehrt tritt Youn auch am Hammerflügel auf.

Die intensive Auseinandersetzung mit dem großen klassischen Repertoire und seine Vielseitigkeit in unterschiedlichen musikalischen Genres verbinden sich bei Eckart Runge zu einem eigenen künstlerischen Gesamtbild. So schrieb Der Tagesspiegel: „Dieser Grenzgänger der Klassikszene hat zauberische Wandlungsfähigkeit jenseits aller Schubladen und Etiketten.“ Drei Jahrzehnte prägte Eckart Runge durch alle Besetzungswechsel hindurch das charakteristische Profil des Artemis Quartetts, mit dem er weltweit konzertierte. Die Diskographie des Ensembles, exklusiv bei Warner classics/Erato, wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. viermal mit dem ECHO-Klassik und dem Diapason d’Or. Komponisten wie Jörg Widmann, Mauricio Sotelo, Lera Auerbach und Thomas Larcher widmeten dem Ensemble Werke. Zum Ende der Saison 2018/19 entschloss sich Eckart Runge, eigene künstlerische Wege zu gehen und sich wieder ganz seinen solistischen und kammermusikalischen Projekten zu widmen, vor allem seiner zweiten großen Leidenschaft, den Grenzgängen zwischen klassischer Musik und Jazz, Tango, Rock- und Filmmusik.

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Fotos: Johanna Pichlmair – © Peter Adamik  /  Lilya Tymchyshyn – © David Ausserhofer  /  Anne Yumino Weber – © David Ausserhofer

Landpartie und Konzert im Weinberg II Weingut Weber Brüder und Weingut Van Volxem Samstag, 17. August Next Generation Preisträger und Stipendiaten der ­Deutschen Stiftung Musikleben Johanna Pichlmair  Violine Lilya Tymchyshyn  Viola Anne Yumino Weber  Violoncello

10 Uhr | Treffpunkt am Bahnhof Wiltingen Wanderung zum Saarweingut Weber Brüder. Kleine ­Weinprobe. Wanderung über die Saar zum Weingut Van Volxem. 12 Uhr | Konzert im ­Eichenfasskeller des ­Weinguts Van Volxem (nummerierte Sitzplätze in der Reihenfolge der Bestellung) ca. 13:30 Uhr | Mittagessen auf der Terrasse. Im Anschluss Weinprobe und Führung durch das Weingut.

Shuttleservice zum Ausgangspunkt (Bahnhof Wiltingen) wird angeboten.

Franz Schubert (1797-1828) Streichtrio B-Dur D 471 Allegro Maurice Ravel (1875-1937) Sonate en quatre parties für Violine und Violoncello 1. Allegro 2. Très vif 3. Lent 4. Vif, avec entrain Johan Halvorsen (1864-1935) Passacaglia für Violine und Violoncello nach: Passacaglia Nr. 6 aus der Suite g-moll HWV 432 von G. F. Händel – Pause – Henri Vieuxtemps (1820-1881) Capriccio op. 55 c-Moll für Viola Ludwig van Beethoven (1770-1827) Streichtrio D-Dur op. 9/2 1. Allegretto 2. Andante quasi Allegretto 3. Menuetto. Allegro 4. Rondo. Allegro

Konzert in Kooperation mit

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Franz Schubert komponiert 1817 einen Satz eines Streichtrios. Doppeltes Rätsel. Erstens klingt das Stück so heiter klassisch wienerisch, als hätten Haydn oder Mozart es diktiert. Dabei entstehen zeitgleich Lieder wie Der Tod und das Mädchen! Was hat er sich dabei gedacht? Zweitens belässt er es bei diesem einen, entzückenden Satz. Warum nur? Maurice Ravel trifft 1920 in Wien Arnold Schönberg und genießt mit Arthur Schnitzler beim Heurigen Wiener Wein. Äußerst inspiriert kehrt er zurück und beginnt seine grandiose Sonate für Violine und Violoncello zu komponieren. Im ersten Satz klingt die Zweite Wiener Schule an. Für den vierten dient Mozarts Rondo KV 494 als Vorlage. Über allem aber schwebt, wenn man dem Komponisten glaubt, der verbindende Geist von: Edgar Allan Poe. Leichtigkeit, erzeugt durch mathematische Strenge und Ausloten seelischer Abgründe.

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Der belgische Star-Geiger und Komponist Henri Vieuxtemps studiert zwei Jahre in Wien Komposition und heiratet später die Wiener Pianistin Josephine Eder. Sein großes Vorbild: Paganini. Wie dieser spielt er auch ausgezeichnet Bratsche. Als Hommage à Paganini schreibt er das Capriccio – ein wahres Kleinod der Viola-Solo-Literatur. Eigene Werke spielt er am liebsten, doch auch sehr gern – Beethoven. In der Widmung seiner Streichtrios op. 9 an den Grafen von Browne schreibt Beethoven von der ersehnten Genugtuung, dem ersten Mäzen seiner Muse das beste seiner Werke zu präsentieren. Er findet sie also selbst ziemlich gut. Zu Recht! Die Nr. 2 in D-Dur zum Beispiel, atmet Wienerische Leichtigkeit, führt die noch junge Gattung Streichtrio zu einem ersten Höhepunkt und trägt im Keim bereits ganze ­Symphonien in sich.


Johanna Pichlmair (*1990 in Judenburg, Österreich) studierte bei Igor Ozim an der Universität Mozarteum Salzburg, bei Antje Weithaas und Feng Ning an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin und seit 2014 bei Nora Chastain an der Universität der Künste Berlin. 2014 bis 2016 war sie Mitglied der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker und ist seit 2017 Mitglied der 1. Violinen im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Sie ist Preisträgerin u.a. des Fritz-Kreisler-Wettbewerbs in Wien, des Wettbewerbs „Pacem in Terris“ in Bayreuth, Stipendiatin des Deutschen Musikwettbewerbs und wurde 2018 mit dem 1. Preis des Ysaye International Music Competition in Belgien ausgezeichnet. Lilya Tymchyshyn (*1993 in Bolton, Großbritannien) erhielt ihren ersten Bratschenunterricht bei Graham Oppenheimer an der Chetham‘s School of Music in Manchester. Seit 2012 studiert sie bei Prof. Hariolf Schlichtig an der Musikhochschule München. Meisterkurse bei Lars Anders Tomter, Thomas Riebl, Ulrich Knörzer, Christoph Richter, Lawrence Lesser oder Pamela Frank ergänzen ihre musikalische Ausbildung. Sie war Akademistin der Verbier Festival Academy 2016, im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Saison 2017/18 und beim Heidelberger Frühling 2019. 2015 gewann sie den 1. Preis des International Beethoven’s Hradec Competition und erspielte sich 2014 den 5. Preis beim Johannes Brahms Wettbewerb in Pörtschach. Mit dem BBC Philharmonic Orchestra trat sie schon 2009 anlässlich des BBC Proms Festival in der Royal Albert Hall in London auf.

Anne Yumino Weber (*1989 in München) war Jung­studentin an der Hochschule für Musik und Theater München bei Wen-Sinn Yang, bevor sie 2009 ihr ­Studium an der H ­ ochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar bei Wolfgang Emanuel Schmidt aufnahm. 2011 wechselte sie an die Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin zu Frans Helmerson. 2014 bis 2016 war sie Mitglied der ­Karajan-­Akademie der Berliner Philharmoniker. 2016 war sie Solocellistin des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters und ist seit 2017 Solocellistin der Deutschen Radio ­Phil­harmonie Saarbrücken Kaiserslautern. Anne Yumino Weber erspielte sich mehrfach 1. Preise bei „Jugend musiziert“ auf Bundesebene und ist Preisträgerin des Internationalen Rundfunkwettbewerbs „Concertino Praga“, des Internationalen „Karl Davidoff“-Wettbewerbs in Kuldiga / ­Lettland und der Carl Flesch Akademie Baden-Baden. Solistisch trat sie u.a. mit der Baden-Badener und der Nordtschechischen Philharmonie sowie dem Philharmonischen Orchester Bad Reichenhall auf. Seit 2012 ist sie Stipendiatin der Deutschen Stiftung ­Musikleben und wurde mit Instrumentenleihgaben, Stipendien und Konzertauftritten gefördert.

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Matinée, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 18. August, 11 Uhr

Foto: Schuen, Heide / © Guido Werner

Andrè Schuen  Bariton Daniel Heide  Klavier

Franz Schubert (1797-1828) Winterreise D 911 Nach Gedichten von Wilhelm Müller (1794-1827) 1. Gute Nacht 2. Die Wetterfahne 3. Gefror’ne Tränen 4. Erstarrung 5. Der Lindenbaum 6. Wasserflut 7. Auf dem Flusse 8. Rückblick 9. Irrlicht 10. Rast 11. Frühlingstraum 12. Einsamkeit 13. Die Post 14. Der greise Kopf 15. Die Krähe 16. Letzte Hoffnung 17. Im Dorfe 18. Der stürmische Morgen 19. Täuschung 20. Der Wegweiser 21. Das Wirtshaus 22. Mut 23. Die Nebensonnen 24. Der Leiermann 55


Als Franz Schubert im Februar 1827 zwölf Gedichte von Wilhelm Müller entdeckt, zufällig, in einem längst nicht mehr aktuellen Kalenderbuch, ist er tief berührt. Existenziell. Die Worte des gleichaltrigen norddeutschen Dichters bringen etwas in seinem Innersten zum Klingen. Existenziell. Er vertont die zwölf Gedichte, fieberhaft. Im Sommer stößt er unerwartet auf weitere zwölf und komponiert wieder wie im Fieber.

Die ganze Winterreise trägt Schubert im Herbst 1827 im Freundeskreis vor, bei Franz von Schober, wo er wohnt und komponiert.

Josef von Spaun erinnert sich: Wer ihn nur einmal an einem Vormittag mit Komponieren beschäftigt gesehen hat, glühend und mit leuchtenden Augen, ja selbst mit anderer Sprache, einer Somnambule ähnlich, wird den Eindruck nie vergessen. Nachmittags war er freilich wieder ein anderer.

Wie hätte er auch diese Lieder schreiben können, ohne im Innersten davon ergriffen zu sein! Mit bewegter Stimme singt er die ganze Winterreise durch. Alle sind über die düstere Stimmung ganz verblüfft. Schober gefällt nur der Lindenbaum. Kein Wunder. Als eines der wenigen Lieder beginnt und endet dieses hoffnungsfroh in Dur.

Schubert komponiert intuitiv, wie große Maler ihre Bilder schaffen. Erfasst Stimmungen und Inhalt, sieht die musikalische Gestalt, die Einzelheiten zugleich mit dem Ganzen.

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Komme heute zu Schober, fordert er Spaun auf, ich werde euch einen Zyklus schauerlicher Lieder vorsingen. Ich bin begierig zu sehen, was ihr dazu sagt. Sie haben mich mehr angegriffen, als dieses je bei anderen Liedern der Fall war.

Mir, sagt Schubert zu seinen Freunden, gefallen diese Lieder mehr als alle, und euch werden sie auch noch gefallen.


Der Bariton Andrè Schuen stammt aus dem ladinischen La Val (Südtirol, Italien). Die Saison 2018/2019 beginnt und endet auch mit Schubert-Liederabenden, die Schöne Müllerin und Schwanengesang bei der Schubertiade Schwarzenberg, wo er schon nach dem ersten Konzert sofort wiedereingeladen wurde und in der letzten Saison nicht weniger als vier Mal zu Gast war. Weitere Liederabende führen ihn zur Schubertíada Vilabertran, in die Münchner Residenz, die Philharmonie de Paris und nach Madrid. Er gibt sein Debüt als Olivier in Strauss‘ Capriccio im Teatro Real in Madrid. Mit dem Freiburger Barockorchester geht er auf eine Asientour mit Konzerten in seiner Paraderolle als Don Giovanni. Auf der Konzertbühne ist Andrè Schuen mit dem Boston Symphony Orchestra und Andris Nelsons in Bachs Weihnachtsoratorium zu hören, das gleiche Repertoire macht er außerdem mit den Wiener Symphonikern und Philippe Jordan.

Der aus Weimar stammende Pianist Daniel Heide zählt zu den gefragtesten Liedbegleitern und Kammermusikern seiner Generation. Seit seinem Studium an der Franz-Liszt-Hochschule seiner Heimatstadt bei Prof. Ludwig Bätzel und wegweisenden Anregungen bei Christa Ludwig und Dietrich Fischer-Dieskau konzertiert er in ganz Europa und Asien. Zu seinen ständigen Partnern zählen Sänger und Sängerinnen wie Andrè Schuen, Christoph Prégardien, Simone Kermes, Ingeborg Danz, Britta Schwarz, Roman Trekel und Tobias Berndt. Ausserdem spielt er Liederabende mit Fatma Said, Sophie Harmsen, Sophie Klussmann, Marie Seidler, Hanno Müller-Brachmann, Luca Pisaroni, Melanie Diener, Ruth Ziesak, Johannes Weisser, Christian Immler, Stephan Genz, Sebastian Noack und Hans-Jörg Mammel.

Vergangene Highlights auf der Konzertbühne waren Auftritte mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle, beim WDR Sinfonieorchester unter Jukka-Pekka Saraste oder beim Swedish Radio Symphony Orchestra unter Daniel Harding. 57


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Après-Midi, Alte Abtei Mettlach Sonntag, 25. August, 16 Uhr Quatuor Hermès Omer Bouchez  Violine Elise Liu  Violine Yung-Hsin Lou Chang  Viola Anthony Kondo Violoncello

Carl Ditters von Dittersdorf (1739-1799) Streichquartett Nr. 1 D-Dur 1. Moderato 2. Menuetto: Moderato 3. Finale: Allegro Claude Debussy (1862-1918) Streichquartett g-Moll op. 10 1. Animé et très décidé 2. Assez vif et bien rythmé 3. Andantino, doucement expressif 4. Très modéré - Très mouvementé et avec passion

Foto: Quatuor Hermès  – © Svend Andersen

– Pause – Franz Schubert (1797-1828) Streichquartett a-Moll D 804 – „Rosamunde“ 1. Allegro ma non troppo 2. Andante 3. Menuetto. Allegretto 4. Allegro moderato

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Im Sommer 1784 besucht Carl Ditters, frisch geadelter von Dittersdorf, in Wien eine Streichquartett-Party beim jungen englischen Komponisten Stephen Storace. Als 2. Violinist. Die anderen Party-Gäste sind aber auch ganz schön prominent! Haydn, 1. Violine, Vanhal, Cello, Mozart, Bratsche. Wenn wir den Reminiscenes des irischen Ohrenzeugen Michael Kelly glauben, inspiriert der Abend Carl dazu, sich wenig später an das anspruchsvolle Genre zu wagen. Obwohl die players laut Kelly technisch nur tolerable sind. Dafür wird an excellent supper serviert, und der Abend wird joyous and lively in the extreme, genau wie Carls Streichquartett Nr. 1 von 6. Premier Quatuor nennt Claude Debussy 1893 sein Streichquartett in g-Moll. Einem Freund verspricht er demnächst ein zweites, doch dazu kommt es nie. Die klassische Form der von Joseph Haydn erfundenen Gattung löst sich auf. Nur mehr ein einziges Thema

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ist es, das Debussy durch alle vier Sätze entwickelt, verdichtet. Auf einem Teppich aus flirrenden ­Harmonien in prächtigen Farben und Mustern gewebt, lässt er uns zwei oder drei Zentimeter über dem Boden schweben, wie in Trance. Wie in Trance komponiert Franz Schubert Anfang 1824. Wenn man unter Tags zu ihm kommt, sagt er grüß dich Gott, wie geht‘s?, ‚gut‘ und schreibt weiter, worauf man sich entfernt. Was ihm alles durch den Kopf geht? Das Quartett in a-Moll ist voller Anspielungen und Zitate. Den ersten Satz durchzieht die ängstliche Unrast des Gretchen am Spinnrad. Das Hauptmotiv im zweiten stammt aus Rosamunde und erinnert an das Wiegenlied D 867, das sich unschuldig kindlich gibt und doch den allerletzten Schlaf anklingen lässt, den Tod.


Seit seiner Gründung im Jahr 2008 wird das ­Können des Quatuor Hermès von der Öffent­ lichkeit und der Presse in der ganzen Welt anerkannt. Die ­Washington Post lobt seine „starke Persönlichkeit, die Schönheit seines Klanges und seine hohe Präzision, gepaart mit eigener ­Ausstrahlung und Vorstellungskraft.“ Und die New York Times spricht von einer „packenden ­Verbindung von ­Entschlossenheit und Tiefe“.

Das Quatuor Hermès hat zahlreiche renommierte Preise erhalten: „Révélation Musicale de l’Année“ des Kritikerpreises 2014/15, den „Nordmetall-­ Ensemble-Preis“ der Festspiele Mecklenburg-­ Vorpommern und den 1. Preis beim renommierten Concours de Génève. Entscheidend für seine langjährige internationale Förderung war auch der 1. Preis bei der YCA, dem Vorspiel bei den Young Concert Artists in New York.

Das Quartett wird regelmäßig bei den großen Festivals in Frankreich und im Ausland eingeladen. So etwa bei den Flâneries Musicales de Reims, dem „Festival Radio France et Montpellier“, in Colmar und den Osterfestspielen von Deauville. Darüber hinaus ist es zu Gast beim Cheltenham Music Festival, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, dem Kammermusikfestival Krzyżowa-Music und dem Kammermusikfest in Mantova (Italien). In den USA trat das Quartett bereits im Kennedy Center in Washington und in der New Yorker Carnegie Hall auf.

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TICKETS, ABOS UND FESTIVALPASS Online auf www.musik-theater.de

Telefonisch: Ticket-Hotline 0651 97 90 777

Vor Ort bei allen bekannten VVK-Stellen der Großregion

PREISE Einzel-Tickets für alle Konzerte kosten 28 EUR

Die Konzerte auf den Weingütern je 59 EUR

(Ein Pausengetränk ist im Preis enthalten, bei ausgesuchten ­Konzerten auch Fingerfood)

(mit Wanderung, Wein­probe, Mittagessen und Weinbegleitung)

Abo 1: 5 Konzerte nach Wahl | 120 EUR statt 140 EUR

Ermäßigungen:

(jedes weitere Konzert [bis zu 10] ebenfalls 24 EUR statt 28 EUR)

Abo 2: 4 Konzerte nach Wahl | 100 EUR statt 112 EUR Festivalpass: Alle 11 Konzerte (Tickets übertragbar) in Mettlach und Merzig für 250 EUR statt 308 EUR (Die beiden Konzerte auf den Weingütern sind nicht im Abo bzw. Festivalpass buchbar) 62

(Gültig für Einzelkarten, Abos und den Festivalpass – ­ausgenommen sind die Konzerte auf den Weingütern)

20 % Ermäßigung für erwachsene Menschen mit ­Behinderung (ab Grad der Behinderung von 70) 50% Ermäßigung für Kinder und Jugendliche, ­ Studierende und Azubis mit Ausweis, sowie für M ­ enschen, die Transferleistungen beziehen, mit Ausweis


Unsere Kooperationspartner:

Wir danken unseren Sponsoren und Förderern:

Betreuung der Konzertflügel durch Hemmerich Pianos www.hemmerich-pianos.de

Layout / Gestaltung: Jagg | Idee & Identität  /  www.jagg.saarland Beschreibungstexte der Konzerte: Sabine M. Gruber  /  www.sabine-m-gruber.at Druck: repa druck GmbH, Zum Gerlen 6, 66131 Saarbrücken

Veranstalter der Kammermusiktage Mettlach ist die Musik & ­Theater Saar GmbH (V.i.S.d.P.) Geschäftsführender Gesellschafter: Joachim Arnold Saarwiesenring 1, 66663 Merzig www.musik-theater.de  –  E-Mail: info@musik-theater.de


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