Gnade im Überfluss

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Wer Bunyans berühmtes Werk »Die Pilgerreise« besser verstehen möchte, sollte diese Aufzeichnungen über seine Bekehrung und sein Leben mit dem Herrn lesen. Sie motivieren und spornen an, in die Fußstapfen dieses Mannes Gottes zu treten, um von ihm zu lernen, Christus in rechter Weise nachzufolgen.

GNADE IM ÜBERFLUSS

Gott beschenkte Bunyan mit einem tiefen geistlichen Verständnis, welches dieser ganz dem Dienst des Herrn – zur Verkündigung des Evangeliums – hingab. Und gerade deshalb wurde er auch verfolgt und für zwölf Jahre in Gewahrsam genommen. Der Puritaner Dr. John Owen wurde einst vom König gefragt, weshalb er so häufig den Predigten des ungebildeten John Bunyan lausche. Er antwortete, dass er all seine Gelehrsamkeit gern eintauschen würde, wenn er Christus so verkündigen könnte, wie der einfache »Kesselflicker aus Bedford«.

John Bunyan

John Bunyan (1628-1688) zeigt in seiner Autobiografie, wie ergreifend Gottes Erbarmen in Jesus Christus in allen Lebenslagen gegenwärtig ist. Er macht besonders deutlich, welche Mühe die Sünde mit sich bringt und mit welchen Anfechtungen er zu kämpfen hatte. Bunyan erlebt kein fröhliches »Wohlfühlchristsein«. Sein Glaube ist geprägt von inneren Kämpfen, von Zweifeln, Versuchungen und Verlusten. Sein Kompass ist dabei immer das Wort Gottes, sein Halt ist die Gnade Gottes.

GNADE Voice of Hope ISBN 978-3-941456-41-9

JB

IM ÜBERFLUSS


Gnade im Ăœberfluss


John Bunyan

1. Auflage 2016 John Bunyan Gnade im Überfluss Deutsche Übersetzung: Jentje Roks-Kuiper Illustrationen: Adri Burghout Layout: Egarts Bestell-Nr. 875.341 ISBN 978-3-941456-41-9

Gnade im Überfluss

Verlag Voice of Hope Eckenhagener Str. 43 51580 Reichshof-Mittelagger www.voiceofhope-shop.de In Kooperation mit Kaasschieter Beheer B.V. © 2016 John Bunyan Stichting, NL Das Werk einschließlich aller Inhalte ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder anderes Verfahren) sowie die Einspeicherung, Verarbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung mit Hilfe elektronischer Systeme jeglicher Art, gesamt oder auszugsweise, ist ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Stiftung untersagt. Alle Übersetzungsrechte vorbehalten.

John Bunyan Stichting - Kootwijkerbroek, NL


Vorwort „Lehre mich, HERR, den Weg Deiner Ordnungen!“ (Psalm 119,33a)

Dieses kleine Buch ist eine Kurzfassung von John Bunyans Autobiographie. Sein Leben bezeugt die Notwendigkeit der Erneuerung des Herzens und der darauf folgenden Änderung des Lebensweges des Menschen. Der Herr ließ ihn die Verkehrtheit seines bisher so eitlen Lebensweges erkennen und zeigte ihm den Weg, der in die Stadt Gottes, ins neue Jerusalem, führt. In den Schriften von John Bunyan stoßen Sie immer auf ernste Warnungen an Menschen, die sich noch auf dem breiten Weg der Sünde befinden. Sie finden darin auch eine deutliche Erklärung davon, wie der Mensch auf den schmalen Weg der Gnade gelangt und geführt wird. Der Lebensweg eines Menschen verläuft über Höhen und durch Tiefen. Vor allem ist es notwendig, die Sehnsucht zu kennen, von der David in Psalm 119 spricht: Es wird der Wunsch jedes wahren Pilgers sein, den Weg der Ordnungen Gottes zu lernen. John Bunyan hat sein Leben im Dienst Gottes aufgezehrt. Dadurch kam er ins Gefängnis. Einerseits erfuhr

er Schmach und Lästerung, andererseits war es seine Erfahrung, dass der Dienst des Herrn, in dem er stand, ein Liebesdienst ist. Diejenigen, die die Ordnungen Gottes liebhaben, lernen hier John Bunyan in seinen Schriften kennen als einen treuen Hirten, der von Gott gelehrt und unterwiesen ist. In der Schule der Gnade Gottes bleibt ein Mensch während seines ganzen Lebens ein Schüler. Die Schriften von John Bunyan bestätigen dies. Auf dem Weg der Ordnungen Gottes gab ihm der Herr als Lehrstoff Sein Wort als die einzige Quelle. John Bunyan schöpfte hieraus das Wasser des Lebens. Seine Schriften zeugen davon, dass er in der Bibel Schätze von großem Wert gefunden hat. Deshalb dürfen sie nicht vergraben werden. Wir rufen Jugendliche und Erwachsene auf, die geistlichen Erfahrungen von John Bunyan zu studieren. Es ist Lernstoff für Jugendliche auf dem Weg zur seligen Ewigkeit. Ihr Älteren und Jugendlichen, bittet doch Gott genauso wie David: „Lehre mich!“ Der Herr segne diese Ausgabe, zu Seiner Ehre!

- P. Blok, Pastor


1. Jugendsünden Um das Gnadenwirken Gottes an meiner Seele und Seine Güte noch mehr zu preisen, möchte ich zunächst etwas über meine Herkunft und Erziehung erzählen. Ich stamme aus einer ganz einfachen Familie, denn meine Eltern waren von niedrigem Stand. Welch ein Wunder, dass der Herr mich in solch niedrigen Verhältnissen aufwachsen ließ und mir dann Seine Gnade erwies! Er lenkte es so, dass meine Eltern mich zur Schule schickten, um lesen und schreiben zu lernen. Ich erhielt den gleichen Unterricht wie andere Kinder armer Eltern. Aber ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich schon bald wieder vergaß, was ich gelernt hatte.1 Schon von frühester Kindheit an zeigte sich, was in mir wohnte: Ich war ein folgsamer Sklave des Teufels und lebte ohne Gott in der Welt. Die Sünde tobte sich schon sehr früh mächtig in meinem Herzen aus. Es gab nur wenige meinesgleichen, die so fluchen, schwören, lügen und lästern konnten wie ich. An diese Sünden gewöhnte ich mich so sehr, dass sie mir gleichsam zur zweiten Natur wurden. – Aber heute weiß ich, dass der Herr schon damals an mir wirkte. 1  Was für ein Wunder, dass jemand, der in der Schule so wenig gelernt hat, solch weltberühmte Bücher schreiben konnte! In der „Schule des Heiligen Geistes“ gravierte der Herr den himmlischen Unterricht in Bunyans Seele ein.

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Infolge meiner Sünden erschreckte Er mich in meinem Schlaf mit entsetzlichen Träumen und widerlichen, beängstigenden Visionen von Teufeln und bösen Geistern, die so drohend auf mich losstürmten, als wollten sie mich in Stücke zerreißen; dabei konnte ich sie niemals loswerden.2 Auch musste ich in jener Zeit viel an den Jüngsten Tag denken. Ich erbebte, wenn ich an die schrecklichen Qualen des zukünftig mir bestimmten höllischen Feuers dachte, wo ich gemeinsam mit diesen Teufeln und höllischen Feinden, die dort in den Ketten der Finsternis bis zu dem großen Gerichtstag gebunden sind, leiden würde. Schon mit neun oder zehn Jahren bedrückten mich diese Befürchtungen sehr. Manchmal befiel mich mitten im Spiel mit meinen Freunden eine so verzagte, düstere Stimmung. Dennoch konnte ich meine Sünden nicht lassen. In meiner Verzweiflung wünschte ich oft, es möge entweder keine Hölle geben, oder ich 2  In den Büchern, die Bunyan geschrieben hat, wird klar, dass er einen lebhaften Einblick in die Welt der Teufel und der bösen Geister bekam. Denkt nur mal an die beiden unheimlichen Männer, die hinter dem Bett von Christin standen, um sie am Aufbruch zur Pilgerreise zu hindern. Denkt auch an die Teile in der „Pilgerreise“, wo Christ durch das Tal der Demut geht und mit Apollyon kämpft und später die schrecklichen Geräusche im Tal der Todesschatten hört. Aber vor allem kann man viel über die Listen und Angriffe des Teufels lesen in „Der Heilige Krieg“ von John Bunyan.

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möge andernfalls dort selber einer der Teufel und Folterknechte sein, die die anderen quälen; lieber wollte ich andere foltern, als selber gefoltert zu werden. Etwas später verschwanden diese Träume; darum vergaß ich sie auch bald, während ich mich immer mehr in sündigen Lüsten vergnügte. So ließ ich ihnen freie Hand und amüsierte mich nach Herzenslust. Mit Freuden verstieß ich in jeglicher Art gegen Gottes Gesetz. Bis ins Heiratsalter war ich in allen Lastern und Gottlosigkeiten der Anführer der Jugend in meiner Nachbarschaft. Ohne das Wunder der kostbaren Gnade wäre ich wohl mit der Polizei und dem Richter in Konflikt geraten; das hätte mich dann – wie so manchen andern – auch vor den Augen der Welt allgemein in Schimpf und Schande gebracht.3 3  Wir können jetzt hoffentlich verstehen, dass Bunyan den Ort, aus dem Christ befreit worden ist, die Stadt Verderben nannte! Im zweiten Teil der „Pilgerreise“, nämlich in der Reise der Christin, nennt Herr Scharfsichtig diese Stadt einen stark bevölkerten Ort, in dem schlechte und eitle Menschen wohnen. Bunyan fügt hinzu: „Ich bin auch einmal durch die Stadt gegangen, und ich weiß, dass es wahr ist, was Sie darüber sagen.“ Später erzählt der alte Herr Redlich, dass er aus einem Ort gebürtig sei, der noch weiter von der Sonne entfernt liege als die Stadt Verderben; er komme aus dem Ort Stumpfheim, was totale Stumpfsinnigkeit (Verhärtung) bedeute. Damit beschreibt Bunyan, wie sündig sein Leben und wie verhärtet sein Herz war.

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In seiner Jugend hat Bunyan mit seinem sündigen Leben gezeigt, dass der Mensch sich von Natur aus willentlich im Netz des Teufels hat einfangen lassen. „Und sie wieder nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels heraus, von dem sie lebendig gefangen worden sind für seinen Willen“ (2Tim 2,26).

In jener Zeit waren mir Gedanken an Religion, auch wenn andere sie äußerten, unerträglich. Wenn ich jemanden in christlichen Büchern lesen sah, dann fühlte ich mich wie in einem Gefängnis und sagte innerlich zu Gott: „Weiche von mir, denn nach der Erkenntnis Deiner Wege frage ich nicht!“ (Hiob 21,14) Ich war keiner guten Regung mehr fähig. Himmel und Hölle, Seligkeit und Verdammnis erschienen mir als ein Nichts. – Im Nachhinein muss ich sagen: „Herr, Du erforschst mich und kennst mich!“ (Ps 139,1 ff) Dennoch gibt es etwas, an das ich mich sehr wohl erinnere. Obwohl ich selber mit größtem Vergnügen sündigte und an der Gemeinheit meiner Freunde

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Gefallen fand, ließ es doch zu gleicher Zeit meinen Geist erzittern, wenn ich einen gottesfürchtigen Menschen Unrecht tun sah. Einmal hörte ich jemanden fluchen, der als ein frommer Mann galt. Obwohl ich selbst aktiv in meinen sündigen Vergnügungen lebte, war ich darüber so entsetzt, dass es mir im Herzen wehtat.

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2. Erste Rufe Gottes Trotz meines Fortschreitens in der Sünde verließ mich der Herr nicht ganz, sondern ging mir immer noch nach, aber nicht mehr durch innerliches Überführen, sondern durch äußerliche Gerichte, die Er dennoch mit Barmherzigkeit paarte. Einmal fiel ich ins Meer und entging mit knapper Not dem Tod durch Ertrinken. Ein anderes Mal stürzte ich aus einem Segelboot in den Fluss (Ouse), der durch Bedford fließt. Doch Gott war so barmherzig, dass Er mein Leben schonte. Einmal ging ich mit meinen Freunden über Land, als mir eine Kreuzotter über den Weg kroch. Mit dem Stock, den ich in der Hand hatte, schlug ich ihr über den Rücken, so dass sie betäubt liegenblieb; dann brach ich ihr mit dem Stock den Rachen auf und riss ihr mit meinen Fingern die Giftzähne raus. Hätte Gott mich nicht gnädig bewahrt, so wäre ich wohl durch meine Unbesonnenheit umgekommen. Auch folgendes kann ich dankbaren Herzens erzählen. Als Soldat hatte ich zusammen mit anderen einen bestimmten Ort zu belagern. Als wir im Begriff waren loszuziehen, wollte jemand aus meiner Kompanie mit mir tauschen und an meine Stelle treten. Ich war einverstanden. Als sie an dem Ort der Belagerung waren und er Wache stand, traf eine Musketenkugel seinen Kopf, und er starb.

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All diese Ereignisse waren Rufe Gottes, die mich in Gericht und Gnade trafen; doch keiner davon vermochte meine Seele zu neuem Leben zu erwecken. Ich lebte weiterhin lasterhaft, sündigte weiter und rebellierte immer mehr gegen Gott. Um mein eigenes Heil war ich unbesorgt; es bekümmerte mich nicht.4 Wenig später heiratete ich. Es war Gnade für mich, dass ich eine Frau fand, deren Vater den Herrn fürchtete. Wir waren beide so arm, dass wir nicht einmal eine Schüssel oder einen Löffel hatten. Doch etwas brachte meine Frau als Erbgut mit: zwei von ihrem Vater hinterlassene religiöse Bücher. Darin wurde beschrieben, wie gottesfürchtige Menschen leben. Zuweilen lasen wir gemeinsam darin. Einiges darin gefiel mir, aber nichts davon überführte mich. Meine Frau erzählte mir manchmal von ihrem frommen Vater, der seine Nachbarn für ihre sündigen Werke zu tadeln pflegte; er führte ein strenges und heiliges Leben, in Wort und Tat. 4  Ein Sünder bleibt so lange in der Stadt Verderben, bis der Herr ihn kräftig davon überzeugt, dass er dort für ewig umkommen werde, und auch dann noch kennt er selbst keinen Weg, um diesem Schicksal zu entkommen. Denkt nur an Christ, der mit seiner Last auf dem Rücken weinend und rufend übers Feld geht! Als der Evangelist ihm sagte: „Entfliehe dem zukünftigen Zorn!“, antwortete er: „Wohin soll ich fliehen?“ Dann musste der Evangelist ihm den Weg zeigen!

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Es war Gottes unbegreifliche Geduld, dass Er immer noch ernste Warnungen geben wollte und nicht den Lebensbaum dieses Sünders umgehauen hat. „Es ist aber auch schon die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum nun, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen!“ (Matth 3,10).

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Durch das Lesen dieser Bücher und die Berichte über meinen Schwiegervater regte sich zwar ein gewisses Verlangen in mir, fromm zu werden. Aber es berührte mein Herz nicht so, dass ich meinen traurigen und sündigen Zustand erkannt hätte. Ich wurde zwar äußerlich sehr religiös, weil ich es nicht besser wusste, und ging wie die Frömmsten zweimal täglich in die Kirche; meistens war ich einer der ersten. Ich betete, redete und sang sehr fromm, verharrte aber in meinem sündigen Leben. Allem Religiösen gegenüber erfüllte mich eine abergläubische Ehrfurcht. Wenn ich einen Geistlichen sah, kniete ich fast vor ihm nieder. Alles, was zur Kirche gehörte, sah ich als heilig an, und die dort Tätigen als glückliche und gesegnete Diener Gottes. Besonders beeindruckt war ich, wenn ich Priester in ihrer Amtskleidung sah. In diesem Zustand verbrachte ich eine lange Zeit. Dann las ich in der Bibel, dass die Israeliten das auserwählte Volk Gottes waren, und ich dachte, dass ich auch glücklich wäre, wenn ich von diesem Volk abstammen würde. Es überkam mich eine große Sehnsucht, dies zu erfahren. Schließlich fragte ich meinen Vater, aber er verneinte es. Somit war diese meine Hoffnung zerschlagen. – Die ganze Zeit über war mir nicht bewusst, wie böse und gefährlich die Sünde ist. Ich erkannte nicht, dass sie mich – wie fromm ich äußerlich auch sein mochte – verdammen

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würde, wenn ich nicht durch Christus errettet sei. Ich dachte niemals an Ihn; es interessierte mich auch nicht, ob es Ihn überhaupt gab! Jetzt ist es mir klar, dass ein Mensch in solch einem Zustand gleichsam in seiner Blindheit umhertappt und sich nur mit sündigen, nichtigen Dingen abmüht und ermüdet, denn er kennt den Weg zur Stadt Zion nicht (frei nach Pred 10,15).

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3. Noch eindringlichere Rufe Gottes An einem Sonntag hielt der Pfarrer eine ernste Predigt über die Sonntagsheiligung. Er warnte davor, diesen Tag zu entheiligen, sei es durch Arbeit, Sport oder Spiel. Nun hatte ich aber trotz meines religiösen Eifers gerade an diesem Tag viel Spaß daran, mich mit Freunden an Spielen und allerhand anderen Vergnügungen zu ergötzen. Während dieser Predigt regte sich mein Gewissen. Ich nahm an, dass der Pfarrer sie mit der Absicht hielt, mir die Bosheit meines Treibens zu zeigen. In diesem Augenblick spürte ich, was Schuld ist. Das hatte ich, soviel ich weiß, noch nie empfunden. Aber jetzt lag sie wie eine schwere Last auf meinem Herzen. Als die Predigt beendigt war, ging ich sehr bedrückt nach Hause. 5

Aber dies hielt zu meiner Freude nicht lange an! Noch ehe ich mich mit einer guten Mahlzeit gesättigt hatte, verschwand diese Unruhe schon wieder aus meinem Herzen, und ich kehrte mit größtem Vergnügen zu dem altgewohnten Treiben in Sport und Spiel zurück.6 Wie froh war ich, als diese Unruhe verschwunden und das Feuer erloschen war! Jetzt konnte ich wieder unbekümmert sündigen. Ich schlug mir die Predigt aus dem Sinn.

Sofort wurde mir alle Wonne und Freude an meinen bisherigen Vergnügungen betäubt, vergällt und verdorben.

Doch am selben Tag geschah Folgendes. Ich war mitten in einem Spiel und wollte gerade zum zweiten Mal gegen den hölzernen Ball schlagen. Da erscholl plötzlich eine Stimme vom Himmel in meiner Seele und rief: „Willst du deine Sünden lassen und in den Himmel kommen, oder willst du sie festhalten und zur Hölle fahren?“ Dadurch geriet ich völlig aus der Fassung. Ich ließ den Ball am Boden liegen und blickte zum Himmel empor. Es war mir, als sähe ich mit den Augen meines Geistes den Herrn Jesus äußerst unzufrieden auf mich

5  Die Last, die er spürte, warf er kurze Zeit später schon ab; aber dennoch ist es bedeutsam, dass er hier zum ersten Mal eine Last verspürte, die er später in seiner „Pilgerreise“ so gut beschreiben konnte. Doch erst nach dem Gespräch mit den Frauen in Bedford wurde diese Last für Bunyan richtig schwer (siehe Kapitel 5).

6  Lest in diesem Zusammenhang auch mal in der „Pilgerreise“, was Hoffnungsvoll erzählt, als er von seiner Sündhaftigkeit überzeugt wurde: „Als mein Herz zum ersten Mal vor dem Wort zu beben begann, verschloss ich meine Augen für das Licht.“ So seht ihr, dass Überzeugungen nicht immer eine echte Bekehrung bewirken. Nur Überzeugungen, in denen die Liebe Gottes mit enthalten ist, führen zum Heil; sie zerbrechen das Herz und bewirken eine Bekehrung.

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niederblicken, als drohe Er mir mit einer ernsten Strafe wegen dieser und anderer gottloser Taten.7 Kaum hatte ich diese Stimme in meinem Inneren gehört, als ich plötzlich den Schluss zog, dass ich ein großer und schlimmer Sünder sei, und dass es jetzt für mich schon zu spät sei, um nach dem Himmel zu trachten, denn Christus würde mir weder vergeben noch meine Sünden bedecken. Als ich darüber nachgrübelte und befürchtete, dass es wirklich so sei, fühlte ich, wie mein Herz in Verzweiflung geriet. „Es ist doch schon zu spät!“, dachte ich. „Wenn es nun denn so ist, dann ist meine Lage doch jammervoll, sowohl wenn ich von meinen Sünden lasse, als auch dann, wenn ich darin fortfahre. Wenn ich ohnehin verlorengehe, so kann ich genauso gut für viele Sünden verdammt werden wie für wenige.“ So stand ich also mitten in dem Spiel zwischen allen andern, die dort anwesend waren. Ich verriet ihnen jedoch nichts! Aber ich hatte meinen Entschluss gefasst und kehrte voller Verzweiflung zu meinem Spiel zurück. Ich erinnere mich noch gut daran, dass

Trotz der ernsten Warnungen des Pfarrers gegen die Entheiligung vom Tag des Herrn lebt Bunyan doch wieder mit seinen Freunden in der Sünde weiter. Ein Ruf aus dem Himmel bringt ihn nur für kurze Zeit zur Besinnung, aber er kehrt wieder zur Sünde zurück. „Ein Mann, der allen Warnungen trotzt, geht plötzlich unheilbar zugrunde“ (Spr 29,1).

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7  Das Spiel, das Bunyan mit seinen Freunden spielte, nannte man „tipcat“ (es ist ähnlich wie Cricket oder Baseball). Der „cat“ („Katze“) war ein ovales Stück Holz, das man auf den Boden legte. Ein Spieler musste zunächst mit einem Knüppel auf die Spitze des „cats“ schlagen, der dann ein bisschen in die Höhe sprang. Mit dem zweiten Schlag musste er den „cat“ so weit wie möglich wegschlagen.

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mich diese Art von Verzweiflung so sehr in Beschlag nahm, dass ich meinte, jetzt nur noch an der Sünde Trost und Gefallen zu finden. Denn mit dem Himmel war es für mich aus und vorbei. Darum verspürte ich großes Verlangen, das Maß der Sünde voll auszukosten, weshalb ich immer wieder darüber nachsann, welche Sünde ich noch begehen könnte, um mehr Spaß zu haben. Ich beeilte mich, so sehr ich konnte, meinen Bauch mit diesen „Leckereien“ zu füllen, damit ich nicht stürbe, noch ehe dieses Verlangen völlig gestillt worden sei. Ich lüge nicht und heuchele nicht, wenn ich das sage; Gott weiß es. Dies war wirklich von ganzem Herzen mein tiefster Wunsch: das Maß meiner Sünde vollzumachen. – Der gütige Gott, dessen Erbarmen unergründlich ist, vergebe mir meine Übertretungen! Ich bin davon überzeugt, dass der Teufel viel mehr arme Kreaturen mit dieser Versuchung in den Bann schlägt, als man ahnt. Viele werden in ihrem Sinn von einer gemeinen, verstockten Herzenseinstellung beherrscht, indem sie ihr Gewissen betäuben. Der Teufel sorgt heimlich und sehr raffiniert dafür, dass man dabei in Verzweiflung gerät. Solche Menschen denken innerlich ständig, für sie gebe es doch keine Hoffnung mehr. Denn sie lieben die Sünde und wollen

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ihr nachlaufen (Jer 2,25; 18,12).8 Daher sündigte ich nun mit großer inwendiger Gier weiter. Aber ich musste widerwillig feststellen, dass ich an der Sünde nicht mehr so viel Befriedigung finden konnte, wie ich wollte. Dies ging etwa einen Monat so weiter. Eines Tages stand ich vor dem Eckfenster einer Nachbarin und fluchte und schrie wie ein Verrückter. Drinnen saß jene Frau und hörte mich. Obwohl sie selbst eine höchst liederliche, gottlose Person war, schalt sie doch mit mir, weil ich so fürchterlich fluchte, dass sie erzitterte. Sie sagte: „Du bist mit deinem Schwören der gottloseste Kerl, den ich je in meinem Leben gehört habe! Indem du so fluchst, bist du imstande, alle jungen Leute einer ganzen Stadt zu verderben!“ Dieser Vorwurf stopfte mir den Mund; ich fühlte mich an den Pranger gestellt – sogar vor Gott im Himmel. Ich wünschte, während ich mit hängendem Kopf dastand, von ganzem Herzen, dass ich noch ein kleines Kind sei und mein Vater mich neu sprechen lehrte, ohne diese schlimme Angewohnheit des gottlosen Schwörens und Fluchens. Denn ich hatte mich so daran gewöhnt, dass ich meinte, es könne mit mir nie besser werden. 8  Wie hat Bunyan in seinem Leben die Listen des Satans kennengelernt! Wie oft sehen wir das in der „Pilgerreise“! Denkt an das Tal der Todesschatten, an die Burg der Verzweiflung und an den verzauberten Boden!

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Doch – wie es dazu kam, weiß ich nicht, aber – von diesem Augenblick an unterließ ich mein Fluchen; das war für mich ein großes Wunder! Denn vorher konnte ich kaum etwas reden, ohne einen Fluch vorauszuschicken und einen zweiten hinterher folgen zu lassen, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Jetzt aber konnte ich ohne Flüche besser und freundlicher sprechen als je zuvor. Doch bei alledem erkannte ich Jesus Christus nicht, und ich unterließ auch nicht meinen Sport, mein Spiel und meine Vergnügungen.

4. Der reiche Jüngling Bald darauf kam ich in Kontakt mit einem armen Mann, der sehr fromm war. Er sprach (wie ich damals dachte) gut über die Bibel und über Dinge der Religion. Das gefiel mir, und ich begann auch, mit großem Gefallen die Bibel zu lesen. Ich las darin vor allem die Geschichten, denn die Briefe des Paulus und dergleichen verstand ich nicht, weil ich damals noch nichts von meiner verderbten Natur wusste und davon, wie dringend ich den Herrn Jesus Christus zu meiner Erlösung brauchte. Daher begann ich, äußerlich anständig zu leben und auf meine Worte und Taten zu achten. Ich dachte, dass ich auf dem Weg zum Himmel sei, wenn ich versuchte, die Gebote zu beachten, und meiner Einbildung nach hielt ich sie zuweilen ziemlich gut. So war ich beruhigt. Aber wenn ich ab und zu doch ein Gebot brach, war ich in meinem Gewissen betrübt; ich bereute, bat um Vergebung und versprach Gott, dass ich das nächste Mal besser aufpassen werde. Damals bildete ich mir ein, dass Gott mit mir so zufrieden sei

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wie mit jedem andern in England. 9 In dieser Weise lebte ich etwa ein Jahr lang. Meine Nachbarn hielten mich die ganze Zeit für einen sehr frommen Mann, ja für einen neu bekehrten Menschen. Sie wunderten sich, eine so große Veränderung in meinem Leben zu sehen. Und ich staunte selber darüber. Dennoch kannte ich Christus und Seine Gnade nicht, besaß weder Glauben noch Hoffnung. Seither erkannte ich sehr wohl, dass mein Ende ganz fürchterlich gewesen wäre, wenn ich damals gestorben wäre! Die Verwunderung meiner Nachbarn war verständlich, denn ich war vorher sehr gottlos gewesen, und jetzt lebte ich auf den ersten Blick anständig. Wer würde sich zum Beispiel nicht wundern, wenn ein Insasse einer Psychiatrie auf einmal wieder als ein verständiger Mann ins normale Leben zurückkehren würde?! Daher begannen mich nun die Menschen zu loben und anderen gegenüber gut von mir zu sprechen, manchmal sogar in meiner Gegenwart. Sie erzählten, dass ich gottesfürchtig und aufrichtig geworden sei.

Bunyan reformierte zwar sein Leben, aber sein Herz blieb unverändert. Er versuchte, bestimmte Sünden zu unterlassen, und dachte so dem Herrn zu gefallen… „Alle ihre Werke tun sie aber, um von den Leuten gesehen zu werden“ (Matth 23,5a).

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9  Dass überführte Sünder zunächst versuchen, selber das Gesetz zu halten, wollte Bunyan uns in der „Pilgerreise“ an dem Beispiel zeigen, wo Christ dem Rat von Weltklug folgte und ins Dorf Gesetzlichkeit ging, um bei Herrn Gesetzlich seine Last loszuwerden. Nur gut, dass er erkannte, dass dies ein Irrweg ist!

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Als ich das alles begriff, schmeichelte es mir sehr. Es gefiel mir, dass sie so von mir sprachen. Und dennoch war ich nichts als ein angemalter Heuchler. Ich war stolz auf meine Frömmigkeit und bemühte mich sehr, von den Menschen gesehen zu werden. Das ging etwa zwölf Monate so. Zuvor hatte ich immer großes Vergnügen am Läuten der Kirchenglocken. Weil mein Gewissen jetzt aber so empfindsam geworden war, meinte ich, solches Tun sei eitel. Ich zwang mich dazu, es nun zu unterlassen. Doch mein Sinn verlangte danach, weshalb ich öfters zum Glockenturm ging, um dort hinaufzuschauen. Aber ich getraute mich nicht, zu läuten; ich dachte, das schicke sich nicht, wenn man fromm sei. Aber ich schaute trotzdem hinauf. Schon bald dachte ich: „Was würde passieren, wenn eine der Glocken herunterstürzen würde?!“ So zog ich es vor, mich unter einen großen Querbalken zu stellen, weil ich dort bestimmt sicher sei. „Aber“, so erwog ich dann, „wenn die Glocke nun zunächst die Wand trifft und dann zurückgeworfen wird und auf mich prallt, wird sie mich doch noch erschlagen!“ Daraufhin stellte ich mich in die Türöffnung; hier wähnte ich mich in Sicherheit. Sollte nun die Glocke fallen, könnte ich schnell hinausschlüpfen und mich hinter diesen dicken Wänden verbergen. So wagte ich doch weiterhin beim Glockenläuten zuzuschauen, aber nur von der Turmtür aus. Doch

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dann kam mir auf einmal in den Sinn: „Wenn nun der Turm selbst einstürzte, was dann?“ Bei diesem Gedanken erbebte ich so sehr, dass ich mich nicht einmal mehr getraute, noch länger an der Tür stehen zu bleiben. Ich fühlte mich zur Flucht genötigt, aus Furcht, dieser Turm könne mir auf den Kopf fallen. Noch etwas quälte mein Gewissen, nämlich mein Tanzen. Es dauerte ein ganzes Jahr, bis ich ganz davon lassen konnte. Wenn ich meinte, ich hielte ein Gebot ein, oder wenn ich mit Wort oder Tat etwas Gutes schaffte, hatte ich Frieden in meinem Gewissen. Dann dachte ich bei mir: „Gott hat bestimmt besonderes Wohlgefallen an mir!“ Ja, ich meinte, in ganz England gefalle niemand dem Herrn besser als ich. Aber was für ein armseliger, elender Narr war ich, der ich noch nichts vom Herrn Jesus Christus wusste und nur meine eigene Gerechtigkeit aufzurichten suchte. Wenn ich so weitergemacht und wenn mir Gott nicht später gezeigt hätte, wer ich von Natur aus wirklich war, wäre ich sicher für ewig verloren gewesen!10

10 Als Hoffnung Christ erzählt, was er erlebte, als er von seinen Sünden überführt wurde, da findet man genau dasselbe: Auch er versuchte, fromm zu leben. Aber Getreu sagte ihm, dass er den Herrn Jesus kennenlernen müsse. Lest die Abschnitte in der „Pilgerreise“ mal nach!

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5. Eine sonderbare Begegnung Durch Gottes gütige Vorsehung kam ich eines Tages wegen meines Berufs nach Bedford. In einer der Straßen saßen etwa vier Frauen vor einer Tür in der Sonne und sprachen miteinander über Gott und Seinen Dienst. Ich wollte sehnlichst ihrer Unterhaltung lauschen und näherte mich ihnen, um besser zuhören zu können, denn ich redete in jener Zeit selber gern über religiöse Dinge. Doch hier hörte ich etwas, das ich gar nicht verstand, denn es überstieg weit mein Fassungsvermögen. Sie unterhielten sich über eine neue Geburt als dem Werk Gottes an ihrem Herzen, und wie sie von ihrem von Natur so elenden Zustand überführt worden waren. Sie konnten auch bezeugen, dass Gott ihre Seele im Herrn Jesus mit Seiner Liebe erfüllt habe, und wie Er sie mittels Seines Wortes gegen die Anfechtungen und Versuchungen des Teufels getröstet habe und sie immer wieder neu ermutigt und stärkt. Auch redeten sie von der Bosheit und dem Unglauben ihres eigenen Herzens und sprachen mit Abscheu von ihrer eigenen Gerechtigkeit, da sie befleckt und untauglich sei zu irgend etwas Gutem. Dennoch war es ihnen eine Freude, dass sie so miteinander reden konnten. Sie sprachen mit solchem Wohlgefallen über das Wort Gottes! Sie hatten offensichtlich ein neues Leben, eine neue Welt gefunden. Hier bewahrheitete sich, was in 4.Mose 23,9 geweis-

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sagt ist: „Siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt und nicht unter die Heiden gerechnet wird.“ Während ich das alles hörte, bekam ich Herzklopfen, denn ich begann, meinem eigenen erbärmlichen Zustand zu misstrauen. Bei all meinen religiösen Bemühungen hatte ich nie die Notwendigkeit der Wiedergeburt erwägt. Ich wusste auch nichts von dem Trost aus dem göttlichen Wort, nichts von der Bosheit und Treulosigkeit meines Herzens. Ich achtete nie auf meine heimlichen Gedanken, verstand nichts davon, was Anfechtungen Satans seien und wie man ihnen widerstehen könne.11 Nachdem ich dies alles gehört hatte, arbeitete ich weiter; aber ich konnte dieses Gespräch nicht vergessen. Mein Herz wünschte, länger bei diesen Frauen zu verweilen, denn ihre Worte hatten mich sehr bewegt. Ich war davon überführt worden, dass mir die echten Kennzeichen des neuen Lebens fehlten, und ich erkannte, wie glückselig solcherart Menschen sein mussten! Deshalb suchte ich immer wieder ihre Gesellschaft auf. Ich konnte einfach nicht mehr fernbleiben. Je mehr ich von ihnen lernte, desto mehr musste ich meinen eigenen Herzenszustand hinterfragen. Ich ent11  In der „Pilgerreise“ beschreibt Bunyan jemanden, der

ebenfalls nichts von seinem bösen Herzen wusste und auch nicht verstand, was das neue Leben sei. Das war die Person Unwissend.

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deckte, dass ich bis jetzt verblendet, unwissend, elend und gottlos gewesen war. Mein Gewissen wurde überführt; mein Herz gewann bei dem, was sie mir so alles aus der Heiligen Schrift erzählten, eine große Sanftmut und Empfindsamkeit, was mich sehr verwunderte. Auch musste ich ständig über das von ihnen Gehörte nachsinnen. Ich konnte ähnlich wie Blutegel nicht genug von dem bekommen, was meine Seele so sehr brauchte: die ewigen Dinge, das Himmelreich (Sprüche 30,15). Nichts konnte mich davon abbringen, weder Vergnügungen, noch Verführungen, noch Vorteile, noch Drohungen. Es wäre damals für mich selber schwer gewesen, meinen Sinn vom Himmel zur Erde herunterzuziehen. Später jedoch war dies leider oft umgekehrt!

Nachdem Bunyan das Gespräch der Frauen in Bedford gehört hatte, wurde er ganz davon überführt, dass er das echte Leben nicht besaß. Von da an verstand er das Gebet des Zöllners: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Luk 18,13).

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6. Gefährliche Versuchungen In jener Zeit hing ich sehr an einem jungen Mann in unserer Stadt. Er war aber sehr gottlos; er fluchte, schwor und lebte liederlich. Darum trennte ich mich von ihm und mied seine Gesellschaft. Etwa ein Vierteljahr später traf ich ihn wieder und fragte ihn, wie es ihm gehe. Er antwortete auf seine übliche verrückte, fluchende Weise, es gehe ihm gut. „Aber Harry“, sagte ich, „weshalb schwörst und fluchst du derart? Was wird aus dir werden, wenn du in diesem Zustand stirbst?!“ Äußerst gereizt antwortete er mir: „Wen hätte der Teufel wohl zur Gesellschaft, wenn es nicht Leute wie mich gäbe?“ Etwa zur selben Zeit stieß ich auf einige Bücher der Ranter, einer mystischen, radikalen Sekte, die behauptete, dass Christen nicht mehr nach dem Gesetz zu leben brauchten. Diese Bücher wurden von manchen alten Bekennern der Wahrheit sehr geschätzt. Einige dieser Bücher las ich, konnte sie aber nicht recht beurteilen. Beim Lesen und darüber Nachsinnen betete ich stets in folgender Weise: „O Herr, ich bin so töricht und unfähig, Wahrheit und Irrtum zu unterscheiden. Überlass mich nicht meiner eigenen Blindheit! Wenn diese Lehre von Dir ist, so lass mich sie nicht verachten; wenn sie aber vom Satan ist, so lass mich sie nicht annehmen! Herr, ich lege

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Durch Kontakte mit mehreren Menschen fand Bunyan heraus, dass es allerlei Meinungen darüber gab, was nun die richtige Religion sei. Das führte dazu, dass er beim Bibellesen mehr betete: „Öffne mir die Augen, damit ich sehe die Wunder in Deinem Gesetz!“ (Ps 119,18).

mich Dir ganz zu Füßen hin und flehe Dich demütig an: Lass mich doch nicht betrogen werden!“ Ich hatte damals einen frommen, vertrauten Freund; es war der arme, oben erwähnte Mann, der, wie ich meinte, gut von der Bibel sprach. Aber zu jener Zeit verfiel auch er der Ranter-Sekte; er gab sich jeder Art von Gemeinheit und vor allem der Unreinheit hin. Er leugnete sogar Gottes Existenz und verlachte alle Ermahnungen zur Nüchternheit. Wenn ich seine Sündhaftigkeit zu tadeln suchte, lachte er um so mehr. Er behauptete, erst jetzt die einzig richtige Art der Religiosität gefunden zu haben, und bald würden alle Bekenner der Wahrheit sich den Ranters anschließen.

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So mied ich ihn fortan wegen seiner verdammenswerten Grundsätze und behandelte ihn als einen Fremden. Nicht nur dieser Mann war eine Versuchung für mich. Durch meine Berufstätigkeit kam ich weit übers Land und traf dort allerlei Menschen, auch solche, die ebenfalls vom Einfluss der Ranters mitgerissen worden waren, obwohl sie früher sehr fromm gelebt hatten. Sie verurteilten mich als streng gesetzlich und unerleuchtet. Sie behaupteten, sie allein seien zur Vollkommenheit gelangt und könnten nun tun, was immer sie wollten, ohne zu sündigen.12 Oh, diese Versuchungen gefielen meinem Fleisch, da ich ja ein junger Mann in der Blüte meines Lebens war. Aber Gott, der mich, wie ich hoffte, für bessere Dinge bestimmt hatte, erhielt mir die Ehrfurcht vor Seinem Namen und sorgte dafür, dass ich diese verdammungswürdigen Grundsätze nicht annahm. Gott sei gelobt, dass Er mein Herz dazu bewegte, Ihn anzuflehen, mich zu behüten und zu lenken; denn meiner eigenen Weisheit misstraute ich noch immer. Die Frucht dieses Gebets bestand darin, dass der 12  Hat Bunyan wohl an diese Versuchungen gedacht, als er im 2. Teil der „Pilgerreise“ (Die Reise der Christin) den alten Herrn Redlich über Herrn Eigenwillig erzählen ließ, der behauptete, man könne in allen Sünden leben, in die frühere Gläubige (aus dem AT) manchmal gefallen seien, und werde dennoch selig werden?

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Herr mich fortan vor diesen und anderen Irrtümern bewahrte. In jener Zeit war mir die Bibel ein kostbares Gut. Ich begann, wie mir schien, sie mit ganz neuen Augen zu lesen, wie niemals zuvor. Vor allem die Briefe von Paulus erfreuten mich. Ich stand wirklich immer in Kontakt mit der Bibel, ob ich sie las oder darüber nachsann, indem ich unaufhörlich zu Gott rief, Er möge mich die Wahrheit und den Weg zum Himmel erkennen lassen. Beim fortwährenden Lesen stieß ich auf folgende Stelle: „Dem einen wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben, einem anderen aber ein Wort der Erkenntnis gemäß demselben Geist; einem anderen Glauben in demselben Geist“ (1Kor 12,8.9). Freilich habe ich seither erkannt, dass hiermit außerordentliche Dinge gemeint sind. Doch ich brauchte auch die gewöhnlich den Christen geschenkte Erkenntnis und Weisheit. Über diesem Wort grübelte ich nach und wusste nicht, was zu tun sei. Besonders das Wort „Glaube“ beschäftigte mich, denn ich fragte mich von Zeit zu Zeit, ob ich Glauben hätte oder nicht. Ich war jedoch nicht willig, daraus zu folgern, dass ich keinen Glauben hätte; denn dann müsste ich mich wirklich als verstoßen ansehen. „O nein!“, sagte ich mir, „ich bin zwar davon überzeugt, ein unwissender Narr zu sein und jener gesegneten Gaben der Erkenntnis und Weisheit im Gegensatz zu anderen Christen zu ermangeln. Doch getraue ich mich zu sagen,

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dass ich nicht ganz und gar ohne Glauben bin, obwohl ich nicht recht weiß, was Glaube ist.“ Denn es wurde mir klar, dass diejenigen, die keinen Glauben haben, in ihrer Seele rast- und ruhelos sind und – wie Satan mir zeigte, um mich zu versuchen – ganz in Verzweiflung fallen; und das wollte ich nicht. Ich fürchtete mich, meinen Mangel an Glauben anzusehen. Jedoch Gott bewahrte mich davor, meine Seele dadurch zu zerstören. Aber ich konnte nicht zur Ruhe kommen, ehe ich endlich wusste, ob ich nun Glauben hätte. Ständig dachte ich: „Was ist aber, wenn es dir wirklich an Glauben fehlt? Doch wie kannst du behaupten, du hättest Glauben?“ Falls ich nicht Glauben hätte – das war mir gewiss –, müsste ich sicher auf ewig verlorengehen. Zunächst versuchte ich, diese Frage beiseite zu schieben. Aber nach kurzer Zeit bedachte ich die Sache sorgsamer und war bereit, mich selbst zu prüfen, ob ich Glauben hätte. Aber ich Armer wusste nicht, wie ich das anfangen sollte. Während ich darüber nachsann, kam der Versucher mit der Verführung zu mir, es gäbe für mich keinen anderen Weg, meinen Glauben zu erkennen, als den, dass ich versuchte, ein Wunder zu tun. Dazu benutzte er sogar „passende“ Schriftstellen. Und als ich eines Tages zwischen Elstow und Bedford unterwegs war, packte mich diese Versuchung heftig, durch die Vollbringung eines Wunders auszu-

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probieren, ob ich Glauben hätte. Mir kam damals die Idee, ich sollte den Pfützen auf der Fahrstraße gebieten: „Trocknet aus!“, und umgekehrt den trockenen Stellen: „Seid nun Pfützen!“ Und ich war wirklich einen Moment nahe daran, solches zu sprechen. Aber im letzten Augenblick wurde ich durch mancherlei Bedenken davon abgehalten. So war ich lange Zeit in meiner Unwissenheit gleichsam ein Spielball des Teufels und dermaßen verwirrt, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte.

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7. Das Glück der Frauen in Bedford Ungefähr um diese Zeit dachte ich an den Zustand und das Glück jener Frauen in Bedford. Ich meinte, sie auf der Sonnenseite eines hohen Berges sitzen und sich an den freundlichen Strahlen der Sonne erfreuen zu sehen. Ich hingegen saß frierend zusammengekauert in der Kälte, von Frost, Schnee und finsteren Wolken geplagt. Zwischen ihnen und mir erkannte ich eine Mauer, die den gesamten Berg umgab. Wie sehnte ich mich danach, durch diese Mauer durchzudringen, um in den Kreis jener Frauen zu gelangen und auch mich selber an der Wärme ihrer Sonne zu erfreuen. In Gedanken lief ich immer wieder um diese Mauer herum und hielt beharrlich Ausschau nach einem Durchschlupf, konnte aber lange Zeit keinen finden. Endlich sah ich in der Mauer einen schmalen Spalt, der einer kleinen Pforte glich, und ich versuchte, da durchzukriechen. Doch der Spalt war äußerst eng und schmal; ich machte viele vergebliche Versuche, bis ich fast vollkommen erschöpft war. Zuletzt bekam ich mit viel Mühe den Kopf hinein, dann seitwärts meine Schultern und schließlich meinen ganzen Körper. Wie froh war ich nun! Ich setzte mich zwischen die Frauen und wurde von dem Licht und der Wärme ihrer Sonne getröstet.

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Mit inniger Sehnsucht dachte Bunyan über das Glück der Frauen in Bedford nach. Jetzt wusste er es: Jesus ist der einzige Zugang zum Reich Gottes. „Ich bin die Tür; wenn jemand durch Mich hineingeht, wird er gerettet werden“ (Joh 10,9a).

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Nun verstand ich die Bedeutung des Bildes! Der Berg symbolisierte die Gemeinde des lebendigen Gottes, die Sonne, die ihn beschien, das trostreiche Licht Seines gnadenvollen Angesichts über den Gläubigen. Die Mauer schien mir das Wort zu sein, welches Christen und Weltmenschen voneinander trennt, und die Pforte in der Mauer erschien mir wie Jesus Christus, welcher der Weg zu Gott dem Vater ist (Joh 14,6). Dass die Pforte so seltsam eng und nur mit größter Mühe zu durchdringen war, zeigte mir, dass niemand zum Leben eingehen kann, es sei denn, es ist ihm bitterer Ernst und er lässt die böse Welt hinter sich. Denn dorthin kann man nur Leib und Seele, aber nicht die Sünde mitnehmen.13

oder unterwegs, in einem Haus oder unter freiem Himmel, betete ich ohne Unterlass, und oft sang ich, indem ich mein Herz erhob, Ps 51,13: „Verwirf mich nicht von Deinem Angesicht!“ Denn noch wusste ich nicht, woran ich war.

Dieses Bild haftete tagelang in meinem Geist. Die ganze Zeit fühlte ich mich in einem traurigen und verlorenen Zustand; doch es erwachte in mir ein heißes Verlangen, zu denen zu gehören, die dort im Sonnenlicht saßen. Überall, wo ich auch war, daheim 13  Dieses Bild hat sich Bunyan unauslöschlich eingeprägt. Er hat es in der „Pilgerreise“ und „der Reise der Christin“ verwendet als die enge Pforte, den einzigen Zugang zu dem schmalen Weg, der in den Himmel führt. Wer nicht durch diese Pforte gegangen ist, wird nicht in die himmlische Stadt eingelassen werden. Der Herr Jesus hat ja Selbst gesagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch Mich!“ (Joh 14,6).

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8. Heftiger innerer Kampf – 1 Ich gewann zwar die Überzeugung, dass ich Glauben an Christus hätte. Doch statt nun Frieden zu finden, wurde ich immer aufs neue angefochten mit Zweifeln, vor allem in der Frage, ob ich erwählt sei, und was wohl wäre, wenn die Gnadenzeit für mich schon vorüber sei. Diese beiden Anfechtungen bedrückten mich sehr stark. Ich will zuerst vom Zweifel an meiner Erwählung erzählen: Obwohl ich brennend darnach verlangte, den Weg zu des Himmels Herrlichkeit zu finden – und nichts konnte mich davon abbringen –, so entmutigte mich diese Frage so sehr, dass mir durch ihre Wucht manchmal sogar alle Kraft des Leibes entwich. Auch folgende Schriftstelle schien mir all mein Sehnen zu erdrücken: „So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen“ (Röm 9,16). Ich war ratlos über diese Schriftstelle. Es war mir klar, dass all mein Trachten und Bemühen, bis mir das Herz bräche, nichts Gutes bezwecken konnte, wenn der große Gott mich in Seiner unendlichen Gnade und Güte nicht auserwählt hatte. Deshalb trieb mich die Frage um: „Wie kannst du erkennen, dass du erwählt bist? Und was ist, wenn du es nicht sein solltest? Was dann?“ „O Herr“, dachte ich betend, „was ist, wenn ich nun wirklich nicht auserwählt worden bin?“ „Es kann gut sein, dass du es nicht bist“, raunte mir der Versucher zu. „Das

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ist wirklich möglich“, dachte ich. „Nun also“, meinte Satan, „dann kannst du ebensogut damit aufhören und jeden Versuch aufgeben; denn wenn du nicht von Gott auserwählt bist, wirst du doch nie errettet werden; denn es heißt doch: ‚So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen‘“ (s.o.). Nun war ich am Ende meiner Weisheit und wusste nicht, wie ich den Anfechtungen begegnen sollte. Ich dachte eher, diese Fragen seien aus meiner eigenen Klugheit entstanden, als dass sie vom Satan kämen. Denn dieser biblischen Tatsache, dass nur die Auserwählten das ewige Leben erlangen, stimmte ich von Herzen zu. Aber die Frage war, ob ich zu den Auserwählten dazugehörte! So war ich denn für einige Tage äußerst angefochten, ratlos und auch physisch oft so schwach, dass ich unterwegs oft nahe daran war, umzufallen. Viele Wochen drückte mich diese Frage nieder, so dass ich schon alle Hoffnung auf das ewige Leben aufgegeben hatte. Da gewann eines Tages folgender Spruch für meinen Geist an Bedeutung: „Denk an die vorigen Geschlechter und sieh: Hatte je einer auf Gott vertraut und ist dabei zuschanden geworden?“ Hierdurch wurde ich sehr erleichtert und ermutigt. In diesem Augenblick wurde mir klar: „Lies die Heilige Schrift vom Anfang des ersten Buches Mose bis zum Ende der Offenbarung durch und schau mal, ob du auch nur einen einzigen finden kannst, der auf den Herrn vertraut

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hat und zuschanden geworden ist!“ Als ich nach Hause kam, nahm ich sofort meine Bibel, um zu sehen, ob ich diesen Spruch finden könne. Ich zweifelte nicht, dass ich ihn bald finden würde, denn die Worte waren mir so frisch und stark gegenwärtig, als ob Er mit mir gesprochen habe. Ich suchte, aber ich fand den Spruch nicht. Daraufhin fragte ich einige gottesfürchtige Männer, ob sie vielleicht wüssten, wo der Text stehe, aber sie kannten ihn nicht. Ich wunderte mich, dass mir dieses Wort so viel Trost und Stärke geschenkt hatte, und dass es doch niemand finden konnte. Ich zweifelte nicht daran, dass es in der Heiligen Schrift stand. So verstrich mehr als ein Jahr; ich konnte diese Stelle nicht in der Bibel finden. Schließlich fiel mein Blick in die Apokryphen, und ich fand den Spruch in Jesus Sirach. Dies war vorerst etwas entmutigend für mich. Aber ich hatte in jener Zeit schon mehr Erfahrung von Gottes Liebe und Güte gewonnen; deshalb beunruhigte es mich nicht allzusehr. Vor allem dachte ich: Obwohl dieser Spruch nicht in einer der kanonischen Schriften steht, stimmt doch sein Inhalt mit den zahlreichen göttlichen Verheißungen überein. Darum solle ich den Trost daraus annehmen. Ich preise Gott für dieses Wort, denn es war von Ihm zu mir gesprochen. Noch jetzt leuchtet es zu manchen Zeiten vor meinen Augen auf. Nach dieser ersten Anfechtung kam der nächste

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Bunyan hat lange Zeit auf dem Sieb Satans gelegen und wurde mächtig hin und her geschüttelt. „Simon, Simon, siehe, der Satan hat euch begehrt, um euch zu sichten wie den Weizen; Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (Luk 22,31/32a).

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Zweifel mit Macht über mich: „Was aber, wenn die Gnadenfrist vorbei sein sollte? Was ist, wenn du die Gnadenzeit schon versäumt hättest?“ Als ich eines Tages über Land zog, sann ich eingehend über diese Frage nach: „Was ist, wenn die Gnadenzeit vorbei sein sollte?“ Der Versucher flüsterte mir ein, jene Leute von Bedford, die schon bekehrt waren, seien die Einzigen, die Gott in dieser Gegend retten wolle. Ich sei zu spät gekommen! Nun war ich in größter Bedrängnis; denn ich dachte wirklich, dass dies wahr sein könne! Ich lief auf und ab und beklagte meine traurige Lage. Ich hielt mich für viel schlechter als tausend Narren, weil ich so lange gezögert und so viele Jahre in Sünde gelebt hatte. Ich schrie immer wieder: „Oh, wäre ich doch eher umgekehrt! Oh, wäre ich doch vor sieben Jahren umgekehrt!“ Ich war zornig gegen mich selbst, weil ich in meinem Unverstand meine Zeit so vergeudet hatte, bis meine Seele und meine Seligkeit ewig verloren waren. Nachdem ich lange von dieser Furcht gequält worden war und kaum noch einen Schritt vorwärts gehen konnte, fielen mir am gleichen Ort, an dem ich voriges Mal ermutigt worden war, folgende Worte in meinen Sinn: „Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, damit Mein Haus voll werde!“ (Lk 14,23) Wie lieb waren mir diese Worte, besonders diese:

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„Es ist aber noch Raum da“ (vs 22). Ich sah dadurch, dass es für mich im Himmel Platz genug gibt. Ich glaubte wirklich, dass der Herr Jesus diese Worte für mich in die Bibel aufnehmen ließ. Er wusste, dass es für mich eine Zeit voller Furcht darüber geben würde, bei Ihm werde kein Platz mehr für mich sein. Deshalb hatte Er diese Worte schriftlich hinterlassen, damit ich darin Hilfe gegen diese erbärmlichen Anfechtungen finden könne. Dies glaubte ich damals fest und hatte für einige Zeit großen Trost. Aber ich war noch nicht der Versuchungen durch Satan, mein eigenes Herz und meine weltlichen Bekannten enthoben.14 Doch dem Herrn sei Dank, sie hatten ein Gegengewicht durch mein gesundes Empfinden für den Tod und den Tag des Gerichts. Öfters dachte ich an Nebukadnezar, dem der Herr alle Königreiche der Welt gegeben hatte. Aber, so dachte ich weiter: Eine Stunde im höllischen Feuer würde ihn seinen ganzen Reichtum vergessen lassen. Diese Betrachtung war mir eine große Hilfe. 14 Als Streiter für die Wahrheit (im 2. Teil der Pilgerreise,

also in der Reise der Christin) von seinem zurückgelegten Weg erzählt, erwähnt er auch, dass seine Familie und Bekannten auf unterschiedliche Weise versucht hatten, ihn von der Pilgerreise abzuhalten. Aber er glaubte fest, was man ihm von Christ erzählt hatte, wie dieser aus der Stadt Verderben geflüchtet war und nach vielen Widerwärtigkeiten in der himmlischen Stadt angekommen war.

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9. Heftiger innerer Kampf – 2 In dieser Zeit wurde mir einiges hinsichtlich der Tiere klar, die Mose als rein oder unrein bezeichnete. Ich verstand, dass sie für bestimmte Menschentypen stehen. Die reinen Tiere wären Abbilder der Kinder Gottes, die unreinen Abbilder der Gottlosen. Die reinen Tiere sind Wiederkäuer. Das heißt, dass wir uns als Kinder Gottes vom Wort Gottes nähren. Außerdem spalten sie die Klauen. Das heißt, dass die Kinder Gottes sich von den Wegen der Welt trennen sollen. Als ich weiterlas, entdeckte ich, dass es Tiere gibt, die zwar wiederkäuen, aber keine gespaltenen Klauen haben, oder umgekehrt. Der Hase wiederkäut zwar, hat aber keine gespaltenen Klauen; so gibt es Leute, die zwar über das Wort Gottes reden, aber doch weiterhin in der Sünde leben. Das Schwein hat gespaltene Hufe, aber es wiederkäut nicht; so gibt es auch Leute, die sich äußerlich von der Sünde trennen, aber ihnen fehlen die Worte des wahren Glaubens, ohne den es kein Heil gibt, wie fromm man auch erscheint.15 15  Im Gespräch mit dem „Maul-Christen“ (nach Luther)

namens Geschwätzig (in der „Pilgerreise“) erwähnt Getreu die Erklärung der reinen und unreinen Tiere. Geschwätzig ist wie ein „unreines Tier“, das zwar „wiederkäut“ (redet über biblische Begriffe), aber keine „gespaltenen Klauen“ hat (er hat sich nicht von seinen Sünden getrennt, denn er kann auch noch Umgang pflegen mit seinen bisherigen Freunden in der Kneipe).

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Des Weiteren las ich im Wort Gottes, dass diejenigen, die einst mit Christus die Herrlichkeit erlangen sollen, hier auf Erden durch Ihn berufen sein müssen (Röm 8,28-30; 2Kor 5,1ff). Das brachte mich in Verlegenheit, denn ich fürchtete, ich sei nicht berufen worden. Und wenn ich nicht berufen sei, was konnte mir dann noch Gutes geschehen? Keiner außer den wirklich Berufenen wird das Reich der Himmel ererben. Oh, wie sehr liebte ich jetzt jene Worte, die der Herr Jesus zu denen sprach, die Er berief, wie z.B.: „Folge Mir nach!“, oder: „Komm mit Mir!“ Und ich dachte: Oh, dass Er doch auch zu mir so reden würde! Wie freudig würde ich Ihm nachfolgen! Ich kann nicht beschreiben, mit welch einem Sehnen ich Ihn anflehte, Er möge mich berufen. Eine Zeit lang war ich voller Sehnsucht, zu Ihm bekehrt zu werden. Wie herrlich musste die Stellung eines Bekehrten sein! Ich konnte mich nicht zufrieden geben, ohne daran teilzuhaben. Wenn sie mit Gold zu erhalten wäre, hätte ich alles dafür hergegeben! Wäre die ganze Welt mein Eigen gewesen – ich hätte sie zehntausend Mal dafür hingegeben, um bekehrt zu werden! Wie lieblich erschienen mir nun alle Bekehrten! Sie leuchteten und gingen umher wie besonders Bevorrechtigte. Das Los war ihnen aufs Liebliche zugefallen; ihnen wurde das göttliche Erbe zuteil (nach Ps 16,6). Was mich aber krank machte, waren die Verse über Christus: „Er stieg auf den Berg und rief zu sich,

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welche Er wollte; und sie kamen zu Ihm“ (Mk 3,13). Darüber wurde ich mutlos und furchtsam. Oh, würde Er doch auch mich berufen! Ich wünschte sehnlichst, damals als Petrus oder Johannes geboren worden oder wenigstens dabeigewesen zu sein, als Er sie berief! Wie wollte ich flehen: „Oh Herr, ruf auch mich!“ Aber ich fürchtete, Er hätte mich nicht berufen. Viele Monate ließ der Herr verstreichen und antwortete mir nicht. Aber nach vielem Seufzen zu Gott, Er möge mir die heilige, himmlische Berufung schenken, wurde mir folgendes Wort offenbart: „Und Ich werde sie von ihrem Blut reinigen, von dem Ich sie nicht gereinigt hatte; und der HERR wird wohnen bleiben in Zion“ (Joel 4,21). Ich dachte, dass diese Worte zu mir gesandt wurden, um mich zu ermutigen, weiterhin auf Gott zu harren. Es bedeutete für mich, dass, falls ich noch nicht berufen sei, die Zeit noch kommen würde, dass ich ein in Wahrheit zu Christus Bekehrter sein würde. Um diese Zeit erzählte ich jenen Frauen in Bedford, was in meinem Herzen vorging. Sie sagten dies ihrem Pastor Gifford16. Er lud mich ein in sein Haus. Dort hörte ich zu, was er anderen Menschen erklärte, wie Gerade in der Zeit, als Bunyan im Pfarrhaus von Pfarrer Gifford viel Unterweisung fand, wurde er selbst sehr niedergedrückt unter der Last seines sündigen Herzens. „Ich bin tief gebeugt und niedergedrückt; ich gehe trauernd einher den ganzen Tag“ (Ps 38,7).

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16  Major Gifford gründete nach seiner Bekehrung die

Nonkonformistengemeinde in Bedford, deren Mitglied und später auch Prediger John Bunyan werden sollte.

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der Herr in einem Herzen wirkt17. Ich wurde dadurch noch mehr überführt. Ich erkannte immer mehr die Eitelkeit und innere Verkehrtheit meines eigenen Herzens. Böse Lüste und Begierden regten sich darin wie nie zuvor. Jederart sündige Gedanken, auf die ich zuvor nicht geachtet hatte, keimten in mir auf. Verschwunden war meine Sehnsucht nach dem Himmel! Statt dessen begann ich, nach törichten, eitlen Dingen zu trachten. Ich spürte sogar, dass ich gleichgültig wurde sowohl in Bezug auf meine Seele als auch auf den Himmel. Mein Herz zögerte jetzt ständig, sowohl vor als auch in jeder Pflicht. Es war wie ein Holzklotz am Bein eines Vogels, um ihn am Fliegen zu hindern. Jetzt hatte ich den Eindruck, dass ich weiter von der Bekehrung entfernt sei als je zuvor. Ich begann immer tiefer in Verzweiflung zu versinken. Wenn ich jetzt 17  Außer der Entdeckung der Bosheit seines Herzens genoss Bunyan im Pfarrhaus des Herrn Gifford viel Unterweisung. In der „Pilgerreise“ geht er ausführlich darauf ein, wo er berichtet, wie der Pilger im Haus des Auslegers von einem Zimmer ins andere geführt wird. Dort wurde ihm noch mehr aufschlussreiche Unterweisung zuteil: Man denke nur mal an das von Staub erfüllte Zimmer und an die beiden Kinder in einem anderen Raum, die den Unterschied zwischen einem weltlichen Menschen und einem Kind Gottes darstellten. Aber er erhielt auch trostreiche Unterweisung: Man denke an das Feuer im Garten, das nicht gelöscht werden konnte. Auch fand er warnende Unterweisung: Man denke an den Mann im eisernen Käfig.

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hätte sterben müssen, hätte ich nicht glauben können, dass Christus mich liebte. Ich sah, hörte und spürte Ihn nicht; ich erkannte nichts von Ihm. Ich wurde umhergetrieben wie von einem Sturm; mein Herz wollte unrein sein. Manchmal erzählte ich den Kindern Gottes davon. Sie hatten Mitleid mit mir und wiesen mich auf die Verheißungen Gottes hin. Aber sie hätten mir genausogut sagen können, ich solle mit dem Finger die Sonne berühren. Wenn ich nämlich auf eine Verheißung zu vertrauen suchte, erhob sich alles gegen mich. Ich sah, dass mein Herz nur sündigen wollte und unter dem Gesetz geknechtet war, das zur Verdammnis führte. Dieser Zustand erinnerte mich an jenes Kind, das von seinem Vater zu Jesus gebracht wurde; es wurde vom Teufel niedergeworfen und -gerissen und wälzte sich auf der Erde, mit Schaum vor dem Mund (Mk 9,17.18; Lk 9,38.39). Mein Herz verschloss sich so sehr, dass ich unter manchem bitteren Seufzen flehte: „Lieber Herr, zerbrich diese ehernen Türen und zerschlage diese eisernen Riegel!“ (Ps 107,16). Manchmal durfte ich eine Ruhepause haben durch das Wort: „Ich habe dich gegürtet, ohne dass du Mich kanntest“ (Jes 45,5). Dennoch hatte ich in jener Zeit ein zartes Gemüt, das sich vor jeder Sünde scheute. Mein Gewissen war sehr empfindsam. Ich hatte Angst, etwas Verkehrtes

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zu sagen oder zu tun. Ich befand mich gleichsam auf sumpfigem Boden, der unter meinen Füßen nachgab. Es war mir, als wäre ich von Gott und Christus verlassen18. Es war nicht so sehr das Schuldgefühl über die früher begangenen Sünden, das mich niederdrückte, sondern viel mehr die Tatsache, dass ich verloren wäre, wenn ich Christus nicht als meinen Retter hätte. Ich bedurfte einer vollkommenen Gerechtigkeit, um vor Gott zu bestehen, und die war nur in Christus zu finden! Meine große Plage war meine Erbsünde, die Bosheit meines Herzens. Sie wurde mir in fürchterlichem Maße bewusst19. Ich fühlte mich ekelhafter als eine Kröte, und ich meinte, dass auch Gott mich so sehe. Sünde sprudelte so natürlich aus meinem Herzen wie Wasser aus einer Quelle. Ich dachte jetzt, jeder andere habe ein besseres Herz als ich. Ich hätte mit jedem das Herz tauschen mögen. Ich dachte, niemand außer dem 18  Große Wankelmütigkeit, Verzweiflung, Unglaube und

das Gefühl, verlassen zu sein, können die Seele eines überzeugten Christen so sehr bedrängen, dass er meint, von Gott und Menschen verlassen zu sein, und dass er gleichsam in die Tiefe versinkt. Wird Bunyan das nicht gemeint haben, als er Christ im Sumpf der Verzagtheit versinken ließ?

19  Ein „Maul-Christ“ (bzw. Geschwätzig) weiß nichts von der Gottlosigkeit seines Herzens. Das zeigt sich z.B. im Gespräch zwischen Christ und Hoffnungsvoll mit Unwissend.

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Teufel selbst sei so böse wie ich. Darüber versank ich in tiefe Verzweiflung. Denn ich schloss daraus, dass meine Lage nicht zum Gnadenstand passen konnte. Ich dachte, dass ich gewiss von Gott verlassen und dem Teufel und der Verdammnis preisgegeben sei. So verblieb es eine lange Zeit, ja sogar eine ganze Reihe von Jahren mit mir. Während ich so von der Furcht vor meiner Verdammnis gequält war, wunderte ich mich über zwei Beobachtungen. Das eine war: dass ich alte Leute den irdischen Dingen nachjagen sah, als wenn sie immer hier bleiben würden. Das andere war: dass Bekenner der Wahrheit überaus betrübt waren über äußerlichen Verlust, z.B. den von Familienangehörigen. „Herr“, sagte ich, „wieviel Aufhebens macht man hier wegen solch geringer Dinge! Wie sehr trachtet man hier nach weltlichen Dingen, und wie jammert man, wenn man sie verliert! Wenn sie darüber schon so viele Tränen vergießen, wie sehr bin dann ich erst zu bemitleiden! Meine Seele ist dem Tod und der Hölle nah! Befände sich doch meine Seele in einem guten Zustand und hätte ich darüber nur Gewissheit! Oh, wie reich wäre ich dann, wie gesegnet – auch wenn ich nur Wasser und Brot hätte! Das wäre mir nur ein ganz geringer Kummer, eine leichte Last. Wer aber kann einen zerschlagenen Geist ertragen?“ Obwohl ich von dem erschreckenden Einblick und dem Empfinden meiner eigenen Bosheit gepeinigt war, hatte ich doch Angst davor, diese Herzensunruhe

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aus meinem Sinn zu verbannen. Denn ich erkannte, dass ich dann, wenn die Schuld des Gewissens nicht auf dem rechten Weg, d.h. durch Christi Blut, weggenommen würde, eher schlechter als besser würde. Darum flehte ich ständig, dass Christi Blut sie wegnehmen möge. Und wenn das Gefühl der Schuld von selbst zu verschwinden schien, dann strebte ich danach, es zurückzuholen, indem ich mich auf die ewige Bestrafung der Sünden besann. Da flehte ich: „Herr, lass mich doch nur auf dem rechten Weg frei davon werden, d.h. allein durch Christi Blut und durch Seine Barmherzigkeit gegenüber meiner Seele!“ Das folgende Schriftwort prägte sich mir besonders ein: „…ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung!“ (Hebr 9,22). Ich fürchtete mich, es den Menschen gleich zu tun, die schnellstens Gewissensruhe erlangen wollen, anstatt durch Vergebung loszukommen von der Schuld. Dadurch verloren sie diese aus dem Sinn. Durch die auf verkehrtem Weg erlangte Befreiung von ihrer Schuld werden sie noch härter, verblendeter und böser. Das beängstigte mich und ließ mich noch mehr zu Gott flehen, dass es mir nicht ebenso ergehe. Ich befürchtete, dass ich ein Verdammter sei, und deshalb war ich betrübt darüber, dass Gott mich als einen Menschen geschaffen hatte. Für mich war ein unbekehrter Mensch das unglücklichste aller Geschöpfe. Ich sah es als unmöglich an, jemals eine solche

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Herzensgüte zu erlangen, um Gott dafür danken zu können, von Ihm als Mensch erschaffen worden zu sein. Dieses vornehmste aller sichtbaren Geschöpfe hat sich durch die Sünde zum unwürdigsten gemacht. Ich hielt das Los der Landtiere, Vögel und Fische für glücklich, denn sie hatten keine sündige Natur; sie waren dem Zorn Gottes nicht anstößig; sie brauchten nach ihrem Tod nicht in die Hölle zu gehen. Wäre ich doch eins von ihnen gewesen!

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10. Die Stunde der Tröstung Nachdem ich lange in diesem Zustand gewesen war, brach doch die Stunde meiner Tröstung an. Ich hörte eine Predigt über Hohelied 4,1: „Siehe, meine Freundin, du bist schön! Siehe, schön bist du!“ Das Thema jener Predigt war: „Meine Freundin“. Der Prediger sagte dazu, dass jede gerettete Seele Christi Geliebte sei, 1. auch wenn sie selber ohne Liebe sei; 2. sie sei Christi Geliebte ohne allen Grund in sich selber; 3. auch wenn die Welt sie hasse; 4. auch wenn sie in Anfechtung und Verlassenheit sei; 5. sie sei Christi Geliebte von Anfang bis zum Ende. In der Anwendung des vierten Punktes sagte der Prediger: „Wenn die Seele von Anfechtungen, weil ihr das Angesicht Gottes verborgen ist, gequält wird, dann denke trotz allem an diese beiden Worte: Er nennt dich noch immer: ‚Meine Geliebte!‘“ Als ich auf dem Heimweg war, kamen mir diese beiden Worte wieder in den Sinn. Ich sagte mir: „Was habe ich davon, wenn ich an diese denke?“ Kaum hatte ich das gedacht, als sie in meiner Seele schon aufzuleuchten begannen, zwanzigmal hintereinander: „Du bist Meine Geliebte, du bist Meine Taube!“ Und sie nahmen an Helligkeit und Wärme zu und ließen mich

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Nach der Aufdeckung der Bosheit seines Herzens wurde Bunyan vom Herrn für einige Zeit liebreich getröstet. „Den Trauernden von Zion zu verleihen, dass ihnen Kopfschmuck statt Asche gegeben werde, Freudenöl statt Trauer und Feierkleider statt eines betrübten Geistes“ (Jes 61,3a).

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hochschauen. Ängstlich fragte ich: „Ist es wirklich wahr? Ist es wahr?“ Daraufhin fiel mir folgender Satz ein: „… und wusste nicht, dass es Wirklichkeit war, was durch den Engel geschah…“ (Apg 12,9). Da begann ich, dem Wort Raum zu geben: „Du bist Meine Geliebte, du bist Meine Geliebte, und nichts vermag dich zu scheiden von Meiner Liebe“ (nach Röm 8,39). Jetzt war mein Herz übervoll von Trost und Hoffnung, und jetzt konnte ich glauben, dass meine Sünden mir vergeben seien. Ich konnte mich kaum zurückhalten, bis ich nach Hause kam. Ich hätte es sogar den Krähen, die auf den Ackerfurchen saßen, sagen wollen, wenn sie es hätten verstehen können. Daher sprach ich mit großer Freude zu mir: Ach, hätte ich hier doch Feder und Tinte; dann würde ich dies alles aufschreiben, ehe ich weitergehe; denn gewiss werde ich dies vierzig Jahre lang nicht vergessen. Aber ach, leider fing ich in weniger als vierzig Tagen an, alles wieder zu bezweifeln. – Dennoch konnte ich manchmal glauben, dass es eine Offenbarung der Gnade an meine Seele gewesen war, obwohl sie mir nicht mehr lebendig im Sinn lag.

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11.Noch mehr teuflische Anfechtungen Etwa zwei Wochen nach jener starken Ermutigung erschallten immer wieder jene Worte Jesu in meinem Herzen: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sichten wie den Weizen!“ (Luk 22,31). Manchmal hörte ich sie so laut, dass ich mich einmal unwillkürlich umdrehte, weil ich meinte, jemand rufe hinter mir. Mir scheint, Gott wollte mich dadurch zum Wachen und Beten anspornen und mich vor dem herannahenden, drohenden Unwetter und Sturm warnen; aber ich hatte es nicht verstanden. Es ist mir, als hörte ich noch immer diese Worte: „Simon, Simon!“ Ich glaubte, dass diese Stimme mich meinte. Bald hernach erkannte ich, dass dieses Rufen vom Himmel kam. Später begriff ich die Absicht, die Gott damit verfolgte. Denn etwa nach einem Monat überfiel mich ein überaus großes Unwetter, zwanzigmal schlimmer als alles, was mir zuvor widerfahren war. Es begann schleichend. Zuerst wurde mir aller Trost genommen; dann kam ich in die Gewalt der Finsternis. Zu meinem großen Entsetzen und meiner Verwunderung ergossen sich über meinen Geist ganze Fluten von Lästergedanken gegen Gott, Christus und die Schrift. Sie weckten in mir Zweifel, sogar an der Existenz und dem Wesen Gottes, Seines einzig geliebten Sohnes und an der

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Bibel, ob sie nicht eine erfundene Geschichte sei.20 Der Versucher flüsterte mir ein: „Wieso denken wir Christen, die wir nur in einem kleinen Winkel der Erde leben, wir hätten alleine recht? Jeder Andersgläubige hält doch seine Religion für die richtige: Juden, Mohammedaner und Heiden; wie, wenn unser Glaube ebenfalls nur Einbildung wäre und Jesus nicht der Erlöser ist?“ Manchmal versuchte ich, diesen Einflüsterungen zu widersprechen, mit Worten aus den Briefen von Paulus. Aber daraufhin wandte der Versucher ein, es sei ja möglich, dass Paulus mittels starker Täuschungen die Menschen irregeleitet habe und durch seine mühevollen Reisen seine Genossen durch Betrug zu vernichten gedachte. Diese und andere Gedanken überwältigten mich von morgens bis abends so sehr, dass es mir war, als ob in mir kein Platz wäre für etwas anderes. Ich folgerte, dass Gott mich ihnen in Seinem Zorn über meine Seele preisgegeben habe, damit ich durch sie wie durch einen gewaltigen Wirbelsturm weggefegt würde. Nur durch meine innerliche Abneigung gegen diese 20  Wer mehr über diese Stürme in Bunyans Herz wissen

möchte, den verweisen wir auf die „Pilgerreise“, wo beschrieben wird, dass Christ durch das Tal der Todesschatten geht. Dort sind zu einem bestimmten Zeitpunkt die teuflischen Einflüsterungen so überwältigend, dass Christ seine eigene Stimme nicht mehr von der des Teufels unterscheiden kann.

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gotteslästerlichen Gedanken spürte ich manchmal, wie bei einer Atempause, dass ich ihnen nicht zustimmte. In diesen Zeiten der Versuchung wurde ich innerlich ganz plötzlich gezwungen, zu fluchen, zu schwören oder kränkende Dinge über Gott, Christus und die Heilige Schrift zu sagen. Nun dachte ich, dass ich vom Teufel besessen und meines Verstandes beraubt sei. Ich hatte keinen guten Gedanken mehr. Dadurch versank ich in allertiefste Verzweiflung, denn so etwas konnte doch unmöglich jemandem passieren, der Gott liebte! Ich kam mir vor wie ein Kind, das eine Zigeunerin mit Gewalt gepackt hat, um es nun seiner Familie und Heimat zu entführen. Ich schlug manchmal um mich, schrie und weinte; aber ich wurde vom Wind der Versuchung hinweggetragen. Ich dachte auch an Saul, der von einem bösen Geist besessen war, und ich fürchtete sehr, ich sei in derselben Lage wie er. Wenn ich jemanden von der Sünde gegen den Heiligen Geist sprechen hörte, reizte mich der Versucher zu dem Wunsch, sie zu begehen. Es war mir manchmal, als ob mein Mund gegen meinen Willen irgendein entsprechendes Wort aussprechen müsse. Oft war ich drauf und dran, meine Hand unter mein Kinn zu pressen, um zu verhindern, dass mein Mund sich öffnete. In der gleichen Absicht habe ich in anderen Augenblicken überlegt, kopfüber in ein

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Nach einiger Zeit wurde Bunyan vom Herrn wieder in die Dunkelheit geführt, wobei Er dem Satan erlaubte, ihn wieder heftig zu bekämpfen, so dass er in seiner eigenen Wahrnehmung ein Gefangener Satans war, jedoch nicht ganz ohne Hoffnung. „Kehrt wieder zur Festung zurück, ihr, die ihr auf Hoffnung gefangen liegt! Schon heute verkündige Ich, dass Ich dir zweifachen Ersatz geben will!“ (Sach 9,12).

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Jaucheloch zu springen, um meinen Mund am Sprechen zu hindern. Jetzt dachte ich wieder, ein Hund und eine Kröte seien weit besser dran als ich. Sie hatten keine Seele, die unter den ewigen Qualen der Hölle wegen ihrer Sünde verlorenginge, wie es mir bestimmt zu sein schien. Außerdem wurde ich innerlich hin- und hergezerrt durch das Wort der Schrift: „Aber die Gottlosen sind wie das aufgewühlte Meer, das nicht ruhig sein kann, dessen Wasser Schlamm und Kot aufwühlen. Keinen Frieden, spricht mein Gott, gibt es für die Gottlosen!“ (Jes 57,20.21) Mein Herz war in dieser Zeit zuweilen überaus verstockt, so dass ich keine Träne vergießen konnte, auch wenn ich tausend Pfund für eine von ihnen bekommen hätte. Manchmal verlangte mich kaum danach, zu weinen. Völlig niedergeschlagen dachte ich, dies sei eben mein Schicksal. Andere konnten über ihre Sünden weinen, noch andere konnten Gott preisen oder getrost und freudig über Sein Wort sprechen, während nur ich allein durch Unwetter und Sturm gehen musste. Ich dachte, niemand sei so schlimm dran wie ich. Ich musste daher über mein hartes Schicksal trauern – doch davon loskommen, mich davon befreien, das konnte ich nicht. Das dauerte etwa ein Jahr lang. Am meisten wurde ich von diesen gotteslästerlichen Gedanken gequält, wenn ich unter der Verkündigung saß. Beim Hören oder Lesen des Wortes Gottes kamen mir unter größ-

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ter Verzweiflung Gedanken, alles in Frage zu stellen. Manchmal wurde ich so sehr abgelenkt, dass ich mich an den Satz, den ich gerade gelesen hatte, nicht mehr erinnern konnte. Wie schmerzvoll war das! Auch wenn ich betete, dachte ich manchmal, der Teufel habe gerade hinter mir an meinen Kleidern gezerrt. Er drängte mich, das Gebet zu beenden – ich hätte schon lang genug gebetet. Er flüsterte mir ein, doch zu ihm oder für ihn zu beten, so dass mir manchmal der Satz einfiel, den er dem Herrn Jesus einst sagte: „Dieses alles will ich Dir geben, wenn Du niederfällst und mich anbetest!“ Es passierte beim Gebet auch, dass der Teufel mir allerlei Bilder vorgaukelte, z. B. einen Strauch oder Stier oder Besen, als sollte ich zu diesen Dingen beten. Doch zeitweise hatte ich starke Eindrücke vom Herrn und von der Wahrheit des Evangeliums. Oh, wie unaussprechlich seufzte ich dann zu Ihm! Meine Seele lag in jedem Wort. Ich rief Ihn in wildem Schmerz an, Er möge barmherzig mit mir sein. Dann aber meinte ich wieder, Gott mache sich lustig über meine Gebete, indem Er zu den heiligen Engeln sagen würde: „Dieser armselige, einfältige Wicht schreit nach Mir, als ob Ich mit Meinem Erbarmen nichts Besseres zu tun hätte, als es einem wie ihm zu erweisen. Ach du arme Seele! Wie sehr bist du betrogen! Es steht einem wie dir nicht zu, Gnade zu finden bei dem Allerhöchsten.“

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Danach kam der Versucher mit Entmutigungen folgender Art: „Du verlangst so heiß nach Gnade, aber ich werde dich erkalten lassen! Manche haben sich ebenso heiß wie du nach ihr gesehnt, aber ich habe ihren Eifer erstickt.“ Daraufhin befürchtete ich, dass auch ich wie so manche anderen abfallen würde. Darum wollte ich um so mehr versuchen, wachsam zu sein. Satan aber sagte, er sei stärker als ich; er sprach: „Was stört es mich, ob ich sieben Jahre brauche, um dein Herz in Kälte erstarren zu lassen, wenn es mir letztendlich doch gelingt?! Wenn man ein schreiendes Kind ständig hin und her wiegt, schläft es garantiert ein. Ich werde pausenlos am Werk sein und werde mein Ziel erreichen.“ Obwohl diese Dinge mir große Not machten, nahm dadurch – Jesus Christus sei Dank! – mein Schreien zu Ihm nicht ab. In jener Zeit wurden mir folgende Worte ein Trost: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn!“ (Röm 8,38.39) Ich hatte in diesen Versuchungen noch mancherlei Unterstützung bekommen, obwohl ich sie damals alle in Frage stellte – z. B. dass der erste Vers von Jeremia 3 mir galt, wie auch der vierte Vers: dass wir trotz alles Bösen, das wir gesprochen oder getan haben, dennoch zu Gott schreien sollten: „Mein Vater, Du

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Freund meiner Jugend!“ Und dass Er uns aufruft, wieder zu Ihm zurückzukehren (V. 1). Einen tröstlichen Einblick erhielt ich auch aus 2. Korinther 5,21: „Denn Er hat Den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in Ihm zur Gerechtigkeit Gottes würden.“ Eines Tages saß ich im Haus eines Nachbarn und gedachte sehr traurig meiner vielen Gotteslästerungen. Ich sagte innerlich zu mir: „Welchen Grund sollte ich denn haben, der ich so abscheulich und verabscheuungswürdig gewesen bin, zu erwarten, dass ich je das ewige Leben ererben sollte?“ Da kam mir plötzlich dieses Wort in den Sinn: „Was sollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?“ (Röm 8,31). Auch jenes Wort war mir eine Hilfe: „Weil Ich lebe, sollt auch ihr leben!“ (Joh 14,19). Es waren nur kurzzeitige Tröstungen, aber sehr lieblich. Doch wie das Tuch, das Petrus nur kurze Zeit sah, wurden sie plötzlich wieder hinaufgenommen.

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12. Göttliche Unterweisung Doch danach offenbarte sich der Herr mir gegenüber um so gnädiger. Er befreite mich tatsächlich nicht allein von aller Schuld, die durch dies alles auf meinem Gewissen lastete, sondern auch von der daraus resultierenden Unreinheit. Die Versuchung wurde weggenommen, und ich erhielt meine Gemütsruhe zurück. Als ich eines Tages auf dem Land unterwegs war und nochmal über die Verkehrtheit, Gottlosigkeit und Feindschaft gegen Gott nachdachte, die in meinem Herzen war, fiel mir folgender Text ein: „Er hat Frieden gemacht durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol 1,20). An jenem Tag wurde mir klar: Gott und meine Seele waren durch Sein Blut Freunde geworden! Wahrhaftig, ich sah, dass die Gerechtigkeit Gottes und meine sündige Seele einander umarmen und küssen konnten durch dieses Blut (Ps 85,11). Das war ein guter Tag für mich! Ein anderes Mal schenkte der Herr mir wieder ein köstliches Wort (Hebr 2,14.15), durch dessen Herrlichkeit ich aus lauter Freude und Glück zweimal fast in Ohnmacht fiel. Es war die folgende Schriftstelle: „Weil nun die Kinder an Fleisch und Blut Anteil haben, ist Er gleichermaßen dessen teilhaftig geworden, damit Er durch den Tod den außer Wirksamkeit setzte, der die Macht des Todes hatte, nämlich den Teufel, und alle diejenigen befreite, die durch Todesfurcht ihr ganzes Leben hindurch in

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Knechtschaft gehalten wurden.“ Die Predigten von Pastor Gifford gaben mir durch Gottes Gnade Beständigkeit. Er wies immer wieder darauf hin, dass die Kinder Gottes allen falschen Glaubensgrund abweisen sollten. Wir sind ja von Natur aus bestrebt, möglichst schnell unsere Seele zu beruhigen. Aber wir sollten keine Wahrheit einfach so annehmen, sondern sollten Gott anflehen, Er möge uns von ihrer Glaubwürdigkeit durch Seinen Geist überführen. „Wenn ihr sie nicht vom Himmel selbst empfangen habt“, sagte er, „dann gibt sie euch keine Kraft zum Widerstand, wenn die Versuchung über euch kommt.“ Wie sehr habe ich durch traurige Erfahrungen die Wahrheit dieser Worte selber erlebt! Als der Teufel mich versuchte, merkte ich, dass niemand Jesus Christus Herrn nennen kann, außer durch den Heiligen Geist. Ich sah nun klar, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen rationalem Begreifen und einer Offenbarung Gottes – und auch zwischen geheucheltem Vernunftglauben und wahrem Glauben21. Wie hat Gott mich dann von einer Wahrheit in die andere geleitet! Er führte mich durch das ganze Leben Jesu auf Erden, von Seiner Geburt bis zu Seiner Himmelfahrt und auch bis zu Seiner Wiederkunft, 21  Dieser Unterschied zeigt sich deutlich im Gespräch zwi-

schen Getreu und Geschwätzig (ein „Maulchrist“, nach Luther) in der „Pilgerreise“.

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Nach einer Zeit der Dunkelheit und Knechtschaft wurde Bunyan vom Herrn das Evangelium in breitem Umfang offenbart. Das ganze Leben Jesu als unser Bürge und Heiland wurde ihm vom Heiligen Geist gezeigt. „Und Er spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Künftig werdet ihr den Himmel offen sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen!“ (Joh 1,52).

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um die Welt zu richten. Der große Gott war überaus gut zu mir, dass Er mir alles offenbarte, worum ich Ihn bat. Es war, als sähe ich das Leben Jesu vor mir. Ich sann über Seinen Weg intensiv nach22. Ich konnte Seine Freude wahrnehmen, als Er siegreich aus dem Grab auferstand. Ich sah Ihn im Geist zur Rechten Gottes des Vaters, und auch, wie Er vom Himmel herabkommen wird, um in Seiner Herrlichkeit die Welt zu richten23. Einmal war ich beunruhigt darüber, wie ich Gewissheit vom Himmel über die Frage bekäme, ob der Herr Jesus beides, Gott und Mensch, sei. Da fiel mir Offenbarung 5,6 ein: „Und ich sah, und siehe, in der Mitte des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten stand ein Lamm, wie geschlachtet…“ Inmitten des Thrones – da ist Seine Gottheit; inmitten der Ältesten – da ist Seine Menschheit! Auch eine andere Schriftstelle verschaffte mir Klarheit: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf Seiner Schulter; und man nennt Seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker

Gott, Ewig-Vater, Friedefürst“ (Jes 9,5). Weil Gott mich durch Sein Wort darüber belehrte, konnte ich die Irrtümer der Quäker bekämpfen, die dieser Wahrheit widerstanden. Ich wurde dadurch ermutigt, die Bibel genau zu studieren. So wurde ich selbst getröstet und in der Wahrheit bestätigt. Oh, meine Freunde, fleht zu Gott, Er möge euch Jesus Christus offenbaren! Es gibt keinen Lehrer wie Ihn24! Der Herr ging folgenden Weg mit mir: Zuerst ließ Er es zu, dass ich durch Versuchungen bedrängt wurde, und dann offenbarte Er mir diese Wahrheiten25. So war ich zu manchen Zeiten von der großen Last meiner Sünde sehr bedrückt und bis in Grund und Boden niedergeschmettert, und dann stellte der Herr mir den Tod Christi vor Augen, um mein Gewissen mit Seinem Blut zu besprengen. Dadurch aber erkannte ich: In jenem Gewissen, in welchem eben jetzt erst noch das Gesetz mit seiner grimmigen Gewalt geherrscht hatte, regierten nun – noch ehe ich dessen gewahr wurde – der Friede und die Liebe Gottes durch Christus.

22  Wie haben diese klaren Offenbarungen Bunyan befähigt,

24  Das war auch der Rat, den Hoffnungsvoll von Getreu bekam, nämlich inständig Gott anzuflehen, Er möge ihm Seinen Sohn offenbaren. Davon erzählte er Christ (Kap. 18 der „Pilgerreise“).

den ganzen Weg zur Seligkeit in seiner „Pilgerreise“ so anschaulich wie möglich darzustellen!

23  Wie bewegend und anschaulich hat Bunyan die Wiederkunft beschrieben, als er im Haus des Auslegers jenen Mann, der nachts davon geträumt hatte, seinen Traum von diesem großen Tag erzählen lässt!

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25  Wir sehen das auch in der ganzen „Pilgerreise“: Durch Schwierigkeiten und Anfechtungen wurde der Glaube von Christ gestärkt und mehr in Christus verwurzelt.

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So hatte ich nun den Beweis vom Himmel für meine Errettung, mit vielen Siegeln versiegelt. Ich sehnte mich damals oft nach dem Jüngsten Tag und der ununterbrochenen, ungetrübten Gemeinschaft mit meinem geliebten Herrn. Zu der Zeit wünschte ich, von den Erfahrungen der frommen Alten lesen zu können, um zu sehen, ob auch sie aufgrund erlittener Versuchungen zu denselben Erkenntnissen geführt wurden. Denn damals waren nur sehr wenige Menschen so wie ich durch Tiefen gegangen. Da ließ Gott mir ein kleines Buch von Martin Luther zukommen, nämlich seinen Galaterbrief-Kommentar. Es war so alt, dass es fast auseinanderfiel, aber ich war hocherfreut über das Buch. Als ich ein wenig darin studiert hatte, fand ich meine innere Lage so deutlich dargestellt, als ob es aus meinem eigenen Herzen heraus geschrieben sei. Erstaunt dachte ich: „Dieser Mann konnte nichts von der Lage der Christen von heute wissen; er hat also zu seiner Zeit dasselbe erkannt wie ich.“ Luther beschreibt auch das Entstehen jener Anfechtungen, d.h. der Lästerung, Verzweiflung usw.; er zeigt, dass das Gesetz Moses, der Teufel, Tod und Hölle daran einen großen Anteil haben. Zunächst fand ich das seltsam, aber bei näherem Nachdenken und Prüfen erkannte ich, dass es wahr sei. – Nach der Bibel bevorzuge ich dieses Buch als das beste, um ein wundes Gewissen zu heilen.

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13.Im Griff des Riesen Verzweiflung Nach dieser gottgeschenkten Unterweisung, Befreiung und Festigung in der Liebe Christi meinte ich, meine Liebe zu Ihm sei nun sehr groß, ja so heiß wie Feuer, und meine Seele hinge mit allen Fasern an Ihm. Doch bald entdeckte ich, dass ich irrte, ja dass ich imstande sei, Ihn für etwas Nichtiges aufzugeben. Gott weiß, wie Er uns zu demütigen vermag; Er kann einem den Stolz austreiben. Bald prüfte Er meine Liebe hart auf ihre Ernsthaftigkeit. Wieder kam der Versucher über mich, diesmal mit einer Versuchung, die noch schmerzlicher und furchtbarer war als je zuvor. Er drängte mich, auf Christus zu verzichten und Ihn gegen die Dinge dieses Lebens einzutauschen. So heftig war diese Versuchung, dass ich ein Jahr lang keinen einzigen Tag im Monat davon befreit war, an vielen Tagen nicht mal eine Stunde lang, außer im Schlaf. Fortwährend mischte der Feind den Vorschlag, Christus zu verkaufen, in fast alle meine Gedanken – wenn ich aß, einen Nagel aufnahm, einen Stock schnitt, mein Auge auf irgendwas richtete; immer sagte der Versucher: „Verkauf Christus für dies, oder verkauf Christus für das, verkauf Ihn, verkauf Ihn!“ Manchmal ging es mir etwa hundertmal nacheinander durch den Sinn: „Verkauf Ihn, verkauf Ihn, verkauf Ihn…!“

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Viele Stunden lang wehrte ich mich. Ich stemmte meinen Geist unablässig dagegen, damit nicht von ungefähr, ehe ich es merkte, in meinem Herzen irgendein Gedanke aufsteigen und der Versuchung zustimmen würde. Mitunter wollte der Feind mir einreden, ich hätte zugestimmt; dann war ich tagelang gequält und gepeinigt. Ich strengte mich so sehr an, dieser Bosheit zu widerstehen, dass ich sogar mit meinen Händen und Ellbogen Abwehrbewegungen machte und ihm entgegnete: „Ich will nicht, ich will nicht, nein, auch nicht für Tausende und Abertausende von Welten!“ Dabei vermochte ich manchmal kaum noch zur Besinnung zu kommen! Der Versucher ließ mich nicht einmal in Ruhe meine Nahrung zu mir nehmen. Er zwang mich, statt dessen gerade jetzt irgendwo zu beten und mein Essen stehen zu lassen. Oh, so scheinheilig kann der Teufel sein! Wenn ich mich dagegen weigerte, erwiderte er: „Nein, du musst es jetzt tun, sonst wirst du Gott missfallen und Christus verachten!“ Ich bildete mir ein, diese Forderungen kämen vom Herrn, und meine Weigerung bedeute schon eine Verleugnung Gottes. Als ich eines Morgens noch im Bett lag, wurde ich wie zu anderen Stunden äußerst heftig von dieser Versuchung gepackt: „Verkauf Ihn, verkauf Ihn, verkauf Ihn…!“; so schnell, wie man nur sprechen kann, ging das durch meine Gedanken. Immerzu erwiderte ich:

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Eine zweite Periode heftiger Angriffe Satans begann für Bunyan. Wäre Christus als unser Bürge nicht als Sieger aus der Versuchung in der Wüste hervorgegangen, wer von Seinen Kindern könnte dann je standhaft bleiben!? „Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der kein Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern Einen, der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde“ (Hebr 4,15).

„Nein, nein, nicht für Tausende, Tausende, Tausende…!“, mindestens zwanzigmal hintereinander. Doch zuletzt, nach vieler Anstrengung – ich war fast außer Atem –, fühlte ich, wie mir der Gedanke durchs Herz fuhr: „Lass Ihn doch gehen, wenn Er will!“ Dabei meinte ich zu fühlen, mein Herz habe nun freiwillig zugestimmt. Oh, der listige Eifer Satans! Oh, die Verzweiflung des Menschenherzens! Nun hatte Satan wohl gesiegt, und ich stürzte wie ein Vogel, den man vom Gipfel eines

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Baumes geschossen hat, hinein in großes Schuldbewusstsein und furchtbare Verzweiflung26! So stand ich auf und ging trübsinnig hinaus ins Freie, mit so schwerem Herzen – Gott weiß, wie schwer, fast zu schwer für einen sterblichen Menschen! Zwei Stunden lief ich so herum, wie einer, der des ewigen Lebens beraubt sei und nie mehr bekehrt werden konnte – verdammt zu ewiger Höllenqual27! Zugleich beunruhigte mich folgende Schriftstelle: „…dass nicht jemand … ein gottloser Mensch sei wie Esau, der um einer Speise willen sein Erstgeburtsrecht verkaufte. Denn ihr wisst, dass er nachher verworfen wurde, als er den Segen erben wollte; denn er fand keinen Raum zur Buße, obgleich er sie unter Tränen suchte“ (Hebr 12,16 und 17). Ich fühlte mich wie ein Gebundener, der dem zukünftigen Gericht preisgegeben war. Für zwei ganze Jahre begleitete mich die Erwartung der 26  An diese große Versuchung wird Bunyan bestimmt

gedacht haben, als er in der „Pilgerreise“ beschrieb, dass Christ und Hoffnungsvoll gefangengenommen wurden vom Riesen Verzweiflung, der sie dann in der Zweifelsburg einschloss.

27  Der Riese hatte sie mehrmals verprügelt, weshalb sie in ihrem Kerker jammerten. Sie erfuhren nur ein wenig Linderung, als der Riese einen Anfall hatte, der seinen Arm lähmte. So war es auch mit Bunyan: Er seufzte und jammerte unter der schweren Last seiner Schuld; nur ab und zu bekam er ein wenig Trost aus dem Wort, so dass die tiefe Mutlosigkeit wich, aber nur für kurze Zeit.

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Verdammnis, abgesehen von einigen wenigen Augenblicken der Erleichterung! Diese Worte über Esau waren für mich wie eiserne Fußfesseln, die ich ständig, mehrere Monate lang, gleichsam klirren hörte. Als ich eines Tages im Schutz einer Hecke meines Weges zog, tief traurig und voller Schuldgefühle, gelangte plötzlich folgender Satz in mein Herz: „Das Blut Jesu nimmt alle Sünde weg!“ Dies ließ mich innehalten, und folgender Vers fiel mir ein: „Das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde“ (1Joh 1,7). Da begann der Friede in meine Seele einzukehren, und mir schien es, als schliche der Versucher beschämt davon. Im Vergleich mit dem Blut Christi erschien mir meine Sünde nicht mehr zu sein als dieser Klumpen oder der Stein vor mir auf dem Feld. Das tröstete mich für etwa drei Stunden, in denen ich im Glauben den Sohn Gottes anschaute, wie Er für meine Sünden litt. Aber dann versank mein Geist wieder in ein Gefühl von unermesslicher Schuld. Dies geschah besonders wegen dem Schriftwort über Esau, das mir den ganzen Tag, die ganze Woche, ja, das ganze Jahr auf meinem Gemüt lastete. Es drückte mich so nieder! Und wenn ich mich einem anderen Text zuzuwenden suchte, um Trost zu finden, erklang jener Satz wieder in mir: „Denn ihr wisst (…), er fand keinen Raum zur Buße …“

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Manchmal schöpfte ich für kurze Zeit Mut aus jenem Wort: „Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (Luk 22,32), aber es haftete nicht in mir. Ich konnte mir nicht denken, dass ich wirklich Gnade besaß; ich hatte doch so schwer gesündigt. Für viele Tage war ich am Boden zerschmettert und zerschlagen.

14. Betrachtungen im Kerker Ich begann voller Traurigkeit, über das große Maß meiner Sünde nachzudenken. Ich forschte in der Bibel, um eine Verheißung oder ein ermutigendes Wort zu entdecken. So betrachtete ich auch Markus 3,28: „Wahrlich, Ich sage euch: Alle Sünden sollen den Menschenkindern vergeben werden, auch die Lästerungen, mit denen sie Gott lästern…“ Zunächst dachte ich, dies sei eine herrliche Verheißung für mich. Aber als ich die Stelle genauer nachlas, meinte ich, sie beziehe sich eher auf unbekehrte Menschen, die diese großen Sünden begangen hätten. Ich aber hatte trotz alles Lichtes und der Gnade, die ich schon empfangen hatte, gesündigt: Ich hatte Christus verachtet! Daher befürchtete ich, ich hätte die schreckliche, unvergebbare Sünde begangen, von der es heißt: „Wer aber gegen den Heiligen Geist lästert, der hat in Ewigkeit keine Vergebung, sondern er ist ewiger Sünde schuldig“ (Mark 3,29). In dieser Meinung bestärkten mich noch die Worte über Esau. Jetzt war ich mir selbst eine Last und ein Schrecken. Ich war meines Lebens müde und fürchtete mich gleichzeitig vor dem Sterben. Es schien mir

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unmöglich, noch errettet zu werden28. Ich wünschte tausendmal und nochmal so oft, der Tag läge noch in der Zukunft, an dem ich zu dieser Sünde versucht würde. Ich wollte mich dann lieber zerreißen lassen, als der Versuchung nachzugeben. Doch jetzt war es zu spät! Gott hatte mich fahren lassen, und ich war gefallen! Ich wünschte mit Hiob: „O dass ich wäre wie in den früheren Monaten, wie in den Tagen, als Gott mich behütete!“ (Hiob 29,2) Dann begann ich, meine Sünde mit der von anderen zu vergleichen. Hatte jemand, der schon errettet worden war, je eine so große Sünde wie ich getan? Davids Ehebruch und Mord waren abscheulich und trotz Licht und Gnade begangen. Aber – diese Sünden richteten sich allein gegen das Gesetz Moses, von welchem der Herr Christus ihn erlösen konnte. Meine Sünde jedoch ging gegen das Evangelium, ja sogar gegen dessen Mittler selbst! Ich hatte meinen Heiland verkauft! Der Gedanke, dass ich total ohne Gnade sei, spannte mich gleichsam aufs Rad. Warum musste es denn gerade diese Sünde sein?! Musste denn der Böse gerade meine Seele antasten? (1Joh 5,18). Diese Gedanken waren wie Dolchstöße für mich. Warum gab es nur 28  In der Zweifelsburg wurde die Mutlosigkeit von Christ so

groß, dass er auf den Rat des Riesen Verzweiflung hörte und zweimal Hoffnungsvoll fragte, ob sie nicht ihrem Leben ein Ende bereiten sollten. Hoffnungsvoll konnte dies jedoch abwehren.

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eine Sünde, die unvergebbar ist, und warum hatte ich diese nun begangen?! O unglückselige Sünde, o unglückseliger Mensch! Ich war so zerschlagen, verwirrt und völlig ratlos, dass ich manchmal dachte, diese Gedanken hätten mir den Verstand genommen. Das Wort über Esau verschlimmerte mein Elend noch. Oh, niemand außer mir weiß, wie schrecklich jene Tage waren! Danach beschäftigte ich mich mit der Sünde, die Petrus begangen hatte, als er seinen Herrn verleugnete. Sie kam von allen, die ich kannte, der meinen am nächsten. Auch er hatte nach Empfang von Licht und Gnade solches getan, und er war sogar noch von Jesus gewarnt worden! Und er hatte das mehr als nur einmal getan, obwohl er Zeit hatte, sich zu besinnen! – Aber dennoch, nachdem ich all dies erwogen hatte, um womöglich Hilfe zu finden, gelangte ich doch zu dem Ergebnis: Er hatte seinen Herrn nur verleugnet, ich aber hatte meinen Heiland verkauft! Darum dachte ich, ich stünde näher bei Judas als bei David und Petrus. Wenn ich dann bedachte, dass Gott andere bewahrt hatte, ich jedoch in die Falle geraten war, wurde ich gleichsam zu Staub zermalmt. Gottes Volk sah ich so sicher unter Seinem Schutz wandeln, in einem Zaun verwahrt. Wie getrost konnten sie ihren Weg gehen! Sie standen unter Seiner besonderen Vorsehung, obwohl sie doch von Natur aus genauso

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schlecht waren wie ich. Doch weil Er sie liebte, ließ Er sie nicht aus der Gnade fallen. Aber ich war entlaufen, verloren! Er hatte mich nicht beschützen wollen, sondern weil ich verworfen war, ließ Er es zu, dass ich in diese schreckliche Sünde fiel. Ich sah das herrliche Teil und Erbe jener, die der Herr gesegnet hat. Der Herr erlaubte zwar, dass Seine Kinder in Versuchung gerieten, aber das tat Er nicht, um sie zu verderben, sondern um sie zu demütigen und ihnen neue Gnade zu schenken. Welch eine Liebe umgab sie auch in den allerstrengsten Wegen Gottes! Manche Seiner Kinder ließ Er fallen, aber nicht in unvergebbare Sünde. Der Herr liebt sie, Er züchtigt sie, aber Er birgt sie sicher unter Seinem Schirm. Aber mich? Diese Betrachtungen machten mich fertig und gaben mir geradezu den Todesstoß. Für die Kinder Gottes wirken alle Dinge zum Guten mit – mir jedoch zur Verwerfung! Daraufhin verglich ich meine Sünde mit der des Judas, um vielleicht einen Unterschied zu erkennen. „Oh“, dachte ich, „wenn sie sich auch nur um Haaresbreite unterschiede, wie glückselig wäre dann meine Lage!“ Da wurde mir klar: Judas hatte mit bewusster Absicht gesündigt, ich dagegen hatte gegen die Versuchung heftig gebetet und gekämpft. Seine Sünde war mit genauer Überlegung vollzogen worden, ich hingegen war in großer Angst plötzlich übereilt worden, wobei

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Bunyan beschrieb sich in dem inneren Kampf, den er in diesen Versuchungen führte, als „Gefangenen in der Zweifelsburg“. „...sodass meine Seele lieber ersticken möchte und ich lieber tot wäre, als ein Gerippe zu sein“ (Hiob 7,15).

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ich die ganze Zeit hin und her geworfen wurde wie eine Heuschrecke, von Unruhe und Sorge getrieben. Als ich das erkannte, fand ich für eine Weile Erleichterung. Denn was diese Umstände betrifft, hatte ich nicht so schlimm gesündigt wie er. Aber dann dachte ich, es gebe wohl mehr Wege als einen, um die unvergebbare Sünde zu begehen. Vielleicht gab es auch verschiedene Grade derselben. Daher konnte meine Sünde doch jene sein. Ich schämte mich, dass ich einem so greulichen Menschen wie Judas glich. Wie verabscheuenswert würde ich am Gerichtstag den Heiligen sein! Ich konnte daher jetzt kaum einem bekehrten Menschen begegnen, ohne vor ihm zu erbeben, wenn ich in seine Nähe kam. Oh, wie herrlich musste das Wandeln mit Gott sein! Welch eine Gnade war es, ein gutes Gewissen vor Ihm zu haben! In dieser Zeit war ich sehr versucht, eine falsche Meinung anzunehmen, z. B. es gäbe keinen Gerichtstag, keine Auferstehung, und die Sünde sei nicht so schwerwiegend. Der Teufel flüsterte mir ein: „Wenn du ja doch verlorengehen musst, dann quäl dich doch nicht zu früh!“ Aber wenn mich solche Gedanken beschäftigten, standen mir in einem Nu der Tod und das Gericht vor Augen! Es war mir, als stehe der Richter schon vor der Tür und als habe das Gericht schon begonnen!

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Wie ist Satan jedes Mittel recht, um die Seele von Christus fernzuhalten: Er will nicht, dass jemand erweckt wird. Falsche Sicherheit, Verblendung, Finsternis und Irrtum liebt er! Ich war so sehr verzweifelt, dass es mir schwer fiel zu beten29. Immer, wenn ich Gott um Gnade anrief, drängte sich mir der Gedanke auf: „Es ist zu spät, ich bin verloren! Gott hat mich fallenlassen, um mich zu verdammen! Meine Sünde ist unvergebbar! Auch Esau wollte noch, nachdem er sein Erstgeburtsrecht verkauft hatte, den Segen ererben, aber er wurde verworfen!“ In jener Zeit geriet ich an die furchtbare Geschichte von F. Spiera. Sie war für mich wie Salz in eine frische Wunde! Jeder Seufzer dieses Mannes in seinen Schmerzen, all seine Tränen, seine Gebete, sein Zähneknirschen, sein Händeringen, sein Sich-Drehen und -Wenden, wobei er vor Kummer verging unter der starken Hand Gottes, die auf ihm lag – jeder Satz schnitt gleich einem Messer und Dolch in meine Seele! Vor allem jener seiner Sätze war schrecklich für mich: „Der Mensch kennt den Anfang der Sünde; wer aber bestimmt ihr Ziel und Ende?“ Da fielen dann wieder die Worte über Esau gleich einem Blitzstrahl auf mein 29  Das zeigt sich auch im Bericht über die zwei Pilger in der Zweifelsburg, dass sie so niedergeschlagen sind, dass sie erst wieder zu beten anfangen, als es am Samstagabend schon spät geworden ist. Anfangs konnten sie es nicht, wegen ihrer Mutlosigkeit

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Gewissen30. Ich erbebte so sehr, dass ich zuweilen ganze Tage lang meinen Körper und meinen Geist zittern und torkeln fühlte, wenn ich an das furchtbare göttliche Gericht Gottes über die schreckliche, unvergebbare Sünde dachte. Manchmal war es mir, als ob mein Brustbein auseinanderbräche. Mir fiel dann Judas ein, dessen Eingeweide heraustraten. Ich befürchtete, dass dies auch das Zeichen war, das der Herr an Kain gemacht hatte: ein ständiges Fürchten und Zittern unter der Last seiner Schuld. Meine Last drückte mich auch so nieder, dass ich weder stehen, noch gehen, noch liegen konnte. Ich war so ruhelos! Manchmal kam mir das Wort aus Psalm 68,19 in den Sinn: „Du hast Gaben empfangen unter den Menschen; und sogar Widerspenstige sind bereit, sich Gott zu unterwerfen.“ Ich dachte: „Widerspenstige sind Menschen, die ihrem Fürsten Gehorsam geschworen und dann doch wieder den Kampf gegen Ihn aufgenommen haben. So einer war ich auch. Einst hatte ich Ihn geliebt, Ihm gedient; aber jetzt bin ich ein Rebell! Ich habe Ihn verkauft! Aber trotzdem hatte Er Gaben empfangen für Rebellen – und warum denn nicht auch für mich?“ Ich versuchte, hieran einen Halt zu finden; aber es gelang mir nicht. Ich wurde immer wieder fort davon getrieben.

Dann dachte ich: „Angenommen, ich würde alle Sünden aller Heiligen aus der Bibel zusammenfügen und dann meine Sünde ihnen gegenüberstellen; sollte ich da nicht ein wenig Mut fassen? Meine Sünde war vielleicht nicht größer als die Gesamtheit der ihrigen; dann gäbe es womöglich noch Hoffnung für mich. Denn das Blut Christi hat Kraft genug, um sie von all ihren Sünden zu reinigen.“ Darum begann ich, die Sünden von David, Salomo, Manasse, Petrus und anderen insgesamt mit der meinen zu vergleichen. Aber es war alles vergeblich, denn ich dachte: „Das waren bloß Sünden gegen das Gesetz, von denen uns Jesus zu erlösen gesandt wurde. Die meinige aber war eine Sünde gegen den Heiland! Wer würde mich nun davon erlösen?!“ So zerbrach ich mir den Kopf über die Sünden der aufgeführten Heiligen; aber immer wieder kam ich zu der gleichen Schlussfolgerung: Es waren bloß Sünden gegen das Gesetz, für die es ein Sühnemittel gab; aber ich hatte gegen den Heiland gesündigt. Diese Sünde war größer als alle Sünden der ganzen Welt!

30  Im Haus des Auslegers erzählt Bunyan in seiner „Pilgerreise“ von der Verzweiflung des Mannes im eisernen Käfig. Der Zustand dieses Mannes war ihm offensichtlich nicht fremd.

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15. Noch immer zwischen Furcht und Hoffnung Nun entdeckte ich, dass mein Geist vor Gott floh wie vor einem schrecklichen Richter. Aber ich konnte Seiner Hand nicht entrinnen. „Es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“ (Hebr 10,31). Aber – Gott sei gepriesen! – inmitten der angsterregenden Anläufe des Teufels hörte ich hinter mir das Schriftwort: „Ich lösche deine Übertretungen aus wie einen Nebel und deine Sünden wie eine Wolke. Kehre um zu Mir, denn Ich habe dich erlöst!“ (Jes 44,22). Immer wenn ich von dem Herrn zu fliehen suchte, vernahm ich es. Obwohl ich vor Seiner Hoheit nicht bestehen konnte, hörte ich es wieder: „Kehre um zu Mir, denn Ich habe dich erlöst!“ Ich sah mich sogar um, ob der Gott der Gnade mir nachgehe mit Vergebung in Seiner Hand. Aber sofort tauchte alles wieder in Nebel durch jene Verse über Esau. Und wenn ich dann wieder floh, erklang es manchmal laut: „Kehre um, kehre um!“, wie ein Echo hinter mir her. Doch ich wagte es nicht, darauf zu vertrauen, weil das andere Wort über Esau auch noch auf meinem Gewissen lastete. Einmal war ich im Geschäft eines gottesfürchtigen Mannes, und ich war sehr traurig über meinen Zustand. Ich verabscheute mich wegen meiner sündigen Gedanken und beklagte mein hartes Los. Auch

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bat ich den Herrn, Er möge mir zeigen, ob meine Sünde die gegen den Heiligen Geist war oder nicht. Da war es mir, als käme ein Rauschen des Windes durchs offene Fenster herein und als hörte ich eine Stimme, die sprach: „Hast du dich je geweigert, durch das Blut Christi gerechtfertigt zu werden?“ Seufzend antwortete ich: „Nein.“ Da fiel kraftvoll jenes Gotteswort in mein Herz: „Seht zu, dass ihr Den nicht abweist, der da redet!“ (Hebr 12,25). Endlich wurde es still in meinem Herzen! Ich erkannte, dass Jesus Christus mir noch Gnade und Erbarmen erwies. Es war auch eine Art Drohung gegen meine Neigung zur Verzweiflung: Ich solle bezüglich meiner Erlösung dem Sohn Gottes vertrauen, trotz der Abscheulichkeit meiner Sünden. – Wie ich das Geräusch des Windes beurteilen soll – vielleicht als das Nahen eines Engels –, weiß ich nicht, auch jetzt noch nicht, viele Jahre später; ich überlasse es dem Tag des Gerichts. Jedenfalls verlieh es meiner Seele eine große Stille. Es zeigte mir, dass es für mich noch Hoffnung gab. Etwa vier Tage blieb diese Ruhe; aber dann begann ich wieder zu verzweifeln. Darum war mein Leben immer noch voller Zweifel, und ich wusste nicht, welchen Weg ich wählen sollte. Wie schwer war es für mich, meine Zuflucht zu Christus zu nehmen, gegen den ich so gesündigt hatte! Wie sehr schämte ich mich über diese bösen Vergehen! Aber es gab keinen anderen Weg: Ich muss-

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te zu Ihm gehen, mich vor Ihm demütigen und Ihn anflehen, Er möge mit mir Erbarmen haben. Als der Versucher das merkte, flüsterte er mir ein, es sei besser, gar nicht zu beten, denn ich hätte ja den Mittler verworfen, durch den allein wir zum Vater kommen könnten. Der Teufel log mir vor, ich gleiche den Israeliten in 4. Mose 14,36-37, die zu spät ins Land ziehen wollten und es jetzt nicht mehr durften, weil sie den Kundschaftern nicht geglaubt hatten. Da ich ein hoffnungsloser Fall war, dachte ich wiederum, es sei für mich besser, zu sterben. Dennoch betete ich weiter, wenn auch nur unter großer Mühe. Niemand ahnt, wie schwer das für mich war! Ich sehnte mich auch nach der Fürbitte der Kinder Gottes für mich, aber ich fürchtete, Gott könne ihnen die Weisung geben: „Betet nicht mehr für ihn, denn Ich habe ihn verworfen!“ (gemäß Jer 11,14). Als ich damals mein Herz vor einem alten Christen ausschüttete und ihm sagte, dass ich befürchtete, die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen zu haben, antwortete er mir, er meine das ebenfalls. Ich konnte aber bald erkennen, dass er den Kampf mit dem Teufel kaum kannte. Nun begann der Feind mich zu verhöhnen. Er fragte mich, wer denn nun mein Mittler sein solle, nachdem ich doch Christus so sehr gereizt hätte. Ich solle darum bitten, ob der Vater vermitteln wollte zwischen Christus und mir.

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Wie wurde Bunyan bei dieser Versuchung hin- und hergerissen zwischen Hoffnung und Zweifel! „Denn wer zweifelt, gleicht einer Meereswoge, die vom Wind getrieben und hin- und hergeworfen wird“ (Jak 1,6b).

Dann schnitt mir das Wort aus Hiob 23,13 in die Seele: „Doch Er, der Eine – wer kann Ihm wehren? Was Er will, das tut Er.“ Und folgendes Schriftwort schien meine Seele noch mehr entzweizureißen: „Und es ist in keinem andern das Heil; denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in Dem wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12). Wenn ich an den Heiland dachte, geriet ich in große Anfechtung wegen meiner abscheulichen Sünde; ich hatte Ihn ja verworfen! Nichts bereitete mir solche Gewissensbisse wie dieses! Ich sagte mir: „Dies ist nun jener liebreiche Jesus, der Sohn Gottes, von dem du dich geschieden hast, den du nicht wertgeschätzt, sondern verschmäht hast! Du hast kein Teil an Ihm. Du hast in deinem Herzen gesagt: ‚Lass Ihn doch gehen, wenn Er will!‘“ Was war mir doch verlorengegangen! Beim Anblick von Kindern Gottes erbebte ich.

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Durch ihren geistlichen Wandel mit dem Herrn verurteilten sie mich. Schuldbewusstsein und Scham übermannten mich. Wieder verhöhnte mich der Teufel. Er sagte, Christus bedaure wirklich das mir Widerfahrene, und es tue Ihm leid, dass ich verlorengegangen sei. Aber Er könne mich nicht mehr erretten. Er könne mir nur noch helfen, wenn Er nochmal aus dem Himmel käme, um ein zweites Mal zu sterben, eben für diese meine Sünde. Diese Gedanken, die der Satan mir einflüsterte, waren für mich äußerst quälend. Ich dachte ja, dass es für meine Sünde keine Verheißung der Begnadigung gäbe. „Oh“, dachte ich, „käme Er doch nochmal auf die Erde! Oh, wenn Er doch Sein Erlösungswerk jetzt erst vollbringen würde! Wie würde ich Ihn dann anflehen, dass Er auch für diese meine Sünde bezahlen möge!“ Doch folgende Schriftstelle traf mich nahezu tödlich: „…da wir wissen, dass Christus, aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über Ihn“ (Röm 6,9). Durch diese merkwürdigen Angriffe des Teufels war meine Seele wie ein Wrack, das vom Wind in die Verzweiflung gestürzt wird. Obwohl ich keinen Trost hatte, wusste ich doch aus all diesen Bibelzitaten ganz gewiss, dass die Heilige Schrift das Wort Gottes ist. Was Christus vollbracht hatte, konnte nie mehr rückgängig gemacht werden! Dies alles versenkte mich

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noch mehr in Trostlosigkeit31. Eines Tages ging ich in eine benachbarte Stadt und setzte mich auf eine Bank. Dort saß ich und grübelte über meine Sünde nach. Als ich aufsah, war es mir, als beschiene die Sonne mich nur ungern und als blickten die Steine der Straße und die Dachziegel mich vorwurfsvoll an. Alles schien sich gegen mich zu verschwören und mich zu verabscheuen. Es kam mir so vor, als sei jedes Geschöpf glücklicher als ich. Da brach seufzend die Frage aus mir heraus: „Wie kann Gott eine so elende Person wie mich noch trösten?!“ Kaum hatte ich das gesagt, erklang es in meinem Herzen: „Diese Sünde ist nicht zum Tode!“ Es war mir daraufhin, als stünde ich aus dem Grab auf, und ich rief: „Herr, wie konntest Du gerade dieses Wort wählen?!“ Denn es wunderte mich, dass es so passend war und so unerwartet zu mir kam. Mein Zweifel war nun für einige Zeit verflogen. „Wenn die Sünde nicht zum Tod ist, dann ist sie vergebbar“, so dachte ich. Das gab mir wieder Freimut, durch Christus zu Gott zu kommen und um Gnade zu bitten. Ich war sehr erleichtert. Der Satan lag zwar auf der Lauer, um mich wieder hinab31  Wie treffend ist das Bild, das Bunyan in der „Pilgerreise“ benutzte, um eine aussichtslose Situation zu zeichnen, als der Hirte den Pilgern Christ und Hoffnungsvoll auf dem Berg Warnung zeigt, dass es Menschen gibt, die zwischen den Gräbern umherwandern, weil ihre Augen vom Riesen Verzweiflung ausgestochen wurden.

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zuziehen; aber an diesem Tag und dem größten Teil des nächsten gelang es ihm nicht. Doch gegen Abend spürte ich, wie dieses Wort mit seinem Trost zu weichen begann und ich mit Widerwillen wieder in die alte Furcht zurückfiel. Mein Glaube konnte es nicht länger festhalten. Am nächsten Tag flehte ich: „O Herr, zeig mir, dass Du mich mit ewiger Liebe liebst!“ Und wie ein Echo erklang es: „Mit ewiger Liebe habe Ich dich geliebt!“ (Jer 31,3). Daraufhin konnte ich ruhigen Herzens schlafen gehen, und am nächsten Morgen war meine Seele immer noch erquickt. Dennoch versuchte Satan an dem Tag wohl hundertmal, mir den Frieden zu rauben. Sooft ich darum rang, mich an dieses Wort von der ewigen Liebe zu halten, dann flammte jenes über Esau wie ein Blitz vor mir auf. Zuweilen wurde ich sogar zwanzigmal pro Stunde hin und her gerissen. Gott aber ließ mich standhalten. Für einige Tage hintereinander empfing ich viel Seligkeit und trostvolle Hoffnung der Vergebung. Denn die Worte des Herrn kamen mir so vor, als wolle Er damit sagen: „Ich habe dich geliebt, auch als du jene Sünde begingst; Ich habe dich schon zuvor geliebt; Ich liebe dich noch und werde dich ewig lieben!“ Ich verstand zwar meine Sünde als ein gemeines Verbrechen, aber dennoch liebte ich den Sohn Gottes innig und sehnte mich überaus nach Ihm. Die Liebe zu Ihm war damals so stark, dass ich mich selbst strafen wollte um deswillen, was ich Ihm angetan

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hatte. Hätte ich sozusagen fünftausend Liter Blut in meinen Adern gehabt, so hätte ich sie willig auf das Geheiß meines Herrn und Heilandes zu Seinen Füßen vergießen können32. Als ich so darüber nachsann, wie ich meine Liebe zum Herrn ausdrücken könnte, fiel mir folgendes Schriftwort ein: „Wenn Du, JAHWE, die Sünden anrechnest, HERR, wer kann bestehen? Doch bei Dir ist die Vergebung, damit man Dich fürchte“ (Ps 130,3.4). Das waren gute Worte für mich, vor allem die letzteren, nämlich, dass es Vergebung gibt beim HERRN, damit Er gefürchtet werde – das heißt, damit Er geliebt und geehrt werde, und dass der HERR lieber die Übertretungen vergeben wolle, als auf die Liebe Seiner armen Geschöpfe zu verzichten. Nun war ich erquickt. Aber nach wenigen Wochen kam die Furcht zurück; ich fürchtete, dass ich mich doch getäuscht hätte33. Meine Erquickung musste doch der Heiligen Schrift entsprechen, wenn sie echt sein sollte. So begann ich ernsthaft, meine vorherigen Tröstungen zu untersuchen und sie zu durchforschen. Durfte 32  Diese Worte werden in der „Pilgerreise“ von Hoffnungsvoll gesprochen. Das ist ein Beweis dafür, dass Bunyan dort seine eigene Erfahrung beschreibt. 33  Wie konnte Bunyan durch diese immer wiederkehrende Furcht in seinem eigenen Leben besonders besorgte Christen ermutigen! Wer mehr darüber lesen möchte, den verweise ich auf die Geschichte von Verzagt im 2. Teil der „Pilgerreise“, Kap. 7

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jemand, der so gesündigt hatte wie ich, auf die Wahrhaftigkeit Gottes vertrauen und daraus getröstet werden? Da gingen mir die Worte aus Hebr. 6,4-6 durch den Sinn, wie auch 10,26-27 und 12,16-17. Dort steht, dass man im Glauben sehr weit kommen und doch abfallen könne. Nun blieb mir keine einzige Ermutigung mehr! Ich fühlte mich, als versänke ich in einem Schlund. Ich verglich meine Lage mit der eines in einen Teich gefallenen Kindes, das hilflos um sich greift, jedoch keinen Halt finden kann und ertrinken muss. Folgendes Wort kam mir da ins Herz: „… auf fernliegende Tage“ (Dan 10,14b). Es währte noch zweieinhalb Jahre, bis ich Frieden und Freiheit fand. Dennoch machte mir dieser Vers manchmal Mut; denn er zeigte mir, die Not werde ein Ende nehmen.

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16. Noch zweieinhalb Jahre Als mich nun meine Sünde wieder zu quälen begann, spornten Bibelverse mich zum Beten an. In Lukas 18,1 z. B. steht, dass man allezeit beten und nicht ermatten soll. Aber der Feind flüsterte mir ein, das Blut Christi könne mir nicht helfen. Obwohl er mich überreden wollte, es sei besser, nicht zu beten, hörte ich nicht auf. Ich sagte in meinem Gebet: „Herr, der Satan sagt mir, dass weder Dein Erbarmen noch Dein Blut ausreiche für meine Sünden. Soll ich nun Dir höhere Ehre erweisen, indem ich glaube, dass Du es willst und kannst, oder soll ich den Teufel ehren und glauben, dass Du es nicht willst und nicht kannst? Herr, ich möchte gern Dir Ehre geben!“ Daraufhin erklang es in meinem Herzen: „… dein Glaube ist groß!“ (Matt 15,28). Dennoch konnte ich erst nach sechs Monaten glauben, dass mein Gebet ein Gebet des Glaubens war. Darum war ich zuvor immer sehr traurig und rief: „Ist Seine Gnade für immer zu Ende?“ (Ps 77,8-10). Diese Worte waren ständig in meinem Sinn. Wegen der Frageform glaubte ich tief im Herzen, Seine Gnade habe kein Ende. Ein anderes Mal zerbrach ich mir von morgens bis abends den Kopf über die Frage, ob das Blut Christi ausreiche, um mich zu retten. Endlich, am Abend, klangen plötzlich in mir die Worte auf: „Er vermag es!“

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Das Wort ‚vermag’ hörte ich lauter, wie mit großen Buchstaben geschrieben. An jenem Tag war ich dadurch so frei von Furcht wie nie zuvor in meinem Leben. – Als mich eines Morgens beim Beten wieder die Furcht quälte, fiel mir der Vers ein: „Meine Gnade genügt (dir)…“ (2Kor 12,9, Elb). Ich hatte ihn schon mal gelesen, aber weil ich damals meinte, er tröste mich nicht, hatte ich meine Bibel hingeworfen. Aber jetzt war er mir so groß, als breite er die Arme der Gnade so weit aus, dass er nicht nur mich umschließen könne, sondern auch noch viele meinesgleichen. Sieben oder acht Wochen lang erhielt ich dadurch Kraft, jedoch nicht ohne ständigen Kampf. Mal hatte ich Trost, mal Unfrieden. Jetzt hatte ich Frieden, und ehe ich wenige hundert Meter hinter mir hatte, war ich wieder voller Furcht. Manchmal dominierten in mir die Worte „Meine Gnade genügt…“ und dann wieder die Worte über Esau – ein Auf und Ab wie bei den zwei Schalen einer Waage. Daher bat ich Gott, Er möge mir doch helfen, den ganzen Spruch anzuwenden, denn das kleine Wort „dir“ vermochte ich noch nicht zu fassen. „Meine Gnade genügt“, das ließ mich zwar hoffen; aber – war sie auch für mich da? Als ich eines Tages, erfüllt von Trauer, in einer Versammlung des Volkes Gottes war, brachen plötzlich dreimal hintereinander kräftig die Worte in mein Herz: „Meine Gnade genügt dir, Meine Gnade genügt dir, Meine Gnade genügt dir!“

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Es war mir, als sähe der Herr Jesus vom Himmel her auf mich hernieder und richte diese Worte an mich. Weinend vor Freude ging ich nach Hause. Wie tief beugte ich mich vor dem Herrn nieder! Einige Wochen ermutigte es mich, zu hoffen. Aber allmählich kehrte das Wort über Esau wieder zu mir zurück, und wieder schwebte meine Seele wie in den Schalen einer Waage: bald war sie oben, bald wieder unten. So erging es mir viele Wochen. Vor allem die Worte aus Hebräer 6 quälten mich wieder. Manchmal konnte ich es nur schwer unterlassen, sie aus der Bibel raus zu wünschen. Dann wieder war es mir, als blickten Petrus, Paulus, Johannes und die übrigen Autoren der Bibel spöttisch auf mich herunter und riefen mir zu: „Alle unsere Worte (in der Schrift) sind wahr! Nicht wir haben dich ausgestoßen, sondern das hast du selbst getan!“ Lauter Worte über die mir geltende Unmöglichkeit, gerettet zu werden, wie z. B. Hebräer 10,26 und 2. Petrus 2,21, fielen mir ein. Diese Autoren waren als Älteste der Zufluchtsstadt (Jos 20,4-5) wohl meine Richter, während ich zitternd am Stadttor um Rettung flehte, den Bluträcher hinter mir. Würden sie mich für immer ausschließen? Da meine Gemütsverfassung jeweils ganz der Art der Verse entsprach, die mir einfielen, bat ich Gott, sich die Trostworte der Bibel mal gleichzeitig mit dem Wort über Esau in meinem Herzen treffen zu lassen, damit ich wüsste, welches Wort siege. Er erhörte mich

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nach kurzer Zeit, und siehe, das Wort über Esau musste nach dem Kampf dem Wort „Meine Gnade genügt dir“ weichen! Ich war erstaunt. Das Wort des Zorns wich dem Wort der Gnade! Viel Trost erhielt ich auch aus folgendem Wort: „… wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). ‚Nicht‘ heißt hier: auf keinen Fall! Doch Satan versuchte, mir diese Verheißung mit List zu rauben. Er sagte, Christus meine nicht mich und meinesgleichen, sondern Sünder, die nicht so gefrevelt hätten wie ich. Ich entgegnete: „Es gibt hier keinen Vorbehalt solcher Art!“ Man muss nur zu Jesus kommen. Und das rechte Kommen bedeutet: so kommen, wie ich bin: als erbärmlicher Sünder. Satan bekämpfte mich darüber weiter, um mir dieses Wort zu nehmen. Ich zog sozusagen am einen Ende des Verses und er am anderen. Doch gelobt sei Gott, ich trug den Sieg davon! Dennoch wurde ich das Wort über Esau nicht ganz los. Es kam jeden Tag zurück. Darum begann ich, mal ruhig zu überlegen, was ich in jener Versuchung eigentlich gesagt hatte. Ich kam zu dem Schluss, dass ich dem Herrn einfach die freie Wahl gelassen hatte, ob Er mein Heiland sein wolle oder nicht. Ich hatte gesagt: „Lass Ihn doch gehen, wenn Er will.“ Da gab mir jener Vers wieder neue Hoffnung: „Ich will dich nicht aufgeben und dich niemals verlassen!“ (Hebr 13,5). „O Herr“, sagte ich, „aber ich habe Dich verlassen!“ Er antwortete: „Aber Ich werde dich nicht verlassen!“ Wie

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Endlich hatte Bunyan wieder einen Halt im Wort Gottes, so dass der Satan das Feld räumen musste. „Er führte sie heraus aus Finsternis und Todesschatten und zerriss ihre Fesseln“ (Ps 107,14).

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dankte ich Ihm! Dennoch wünschte ich natürlich, ich hätte jene Worte nie gesagt, denn sie erfüllten mich immer wieder mit Schuldgefühl. Größten Trost brachte mir auch die Bedeutung der Zufluchtsstädte für Totschläger; sie wurden eingelassen, wenn sie unabsichtlich jemanden getötet hatten. Nun, ich hatte jenes Wort auch nicht absichtlich geäußert; ich hatte ja lange dagegen gekämpft! Deshalb hatte der Bluträcher doch auch nicht das Recht, mich zu töten! Noch eine Frage beschäftigte mich: ob jemand, der die unvergebbare Sünde begangen habe, doch Trost empfangen könne. Ich fand die Antwort: nein. Denn ein solcher besaß Christus nicht und kann deshalb auch nicht aus Ihm getröstet werden. Er empfängt keine Vergebung, weil er den Heiland ablehnt, der allein retten kann. Der Herr hatte mich getröstet nach meiner schweren Sünde. Jetzt konnte ich die schrecklichen Worte über Esau auch mal ruhig lesen. Langsam verstand ich Hebräer 6,4-6: Wenn dort die Rede ist von „abfallen“, so bedeutet das, vor Menschen sichtbar ganz abzufallen vom Evangelium der Sündenvergebung durch Christus. Ich sah jetzt – Gott sei gepriesen! –: meine Sünde war nicht gemeint! Ich hatte nicht „mutwillig“, vor Zeugen, gesündigt wie Esau, der in dieser Sünde verharrte, wie Hebräer 10 u. 12 zeigt. Er verachtete sein Erstgeburtsrecht, auch noch zwanzig

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Jahre später, denn er sprach: „Ich habe genug, mein Bruder; behalte, was du hast!“ (1Mo 33,9). Im Grunde ging es Esau nicht um das Erstgeburtsrecht bzw. die Wiedergeburt, sondern um den Segen (1Mo 27,36) – diesen suchte er mit Tränen, nicht die Buße! Hebräer 12 will uns davor warnen, all jene gesegneten göttlichen Anfänge zu verachten, die uns gegenwärtig in Bezug auf eine Wiedergeburt gegeben sind, damit wir nicht dann verworfen werden, wenn wir den Segen ererben wollen. Trotz des Trostes, den ich durch diese Überlegungen fand, wurde ich öfters doch noch von Furcht befallen. Doch als ich eines Tages mit bedrücktem Gewissen über Land zog, fielen auf einmal folgende Worte in mein Herz: „Deine Gerechtigkeit ist im Himmel!“ Zugleich sah ich gleichsam mit den Augen meiner Seele Jesus Christus zur Rechten Gottes. Ja, dort – Er selbst – war meine Gerechtigkeit! Wo immer ich auch war und was ich auch tat, Gott verurteilte nicht meinen Mangel an Gerechtigkeit, denn diese hatte Er gerade vor Seinen Augen. Weder eine momentane gute Verfassung noch eine schlechte konnte meine Gerechtigkeit besser oder schlechter machen; denn meine Gerechtigkeit war Jesus Christus Selbst! (1Kor 1,30). Jetzt fielen meine Ketten wirklich von mir ab. Ich war erlöst aus meiner Anfechtung und meinen Fesseln; auch meine Versuchungen wichen, und

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Freude erfüllte mich. So lebte ich für einige Zeit in innigem Frieden mit Gott durch Christus. Ich hatte niemand anders als Christus vor Augen: Christus, nichts als Christus! Die Reichen tragen ihr Gold nicht bei sich, sondern lassen es daheim in einer Truhe liegen. Ich erkannte, dass auch mein „Gold“ „daheim in meiner Truhe“ lag: in Christus, meinem Herrn und Heiland! Ich war nun geistlich eins mit Ihm: Seine Gerechtigkeit war die meine. Er war mir alles. Viele Bibelverse wurden mir als Glanzlichter geschenkt. Als ich all diese herrlichen Wahrheiten überdachte, pries meine Seele den HERRN.

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17. Was die Ursache dieser Versuchung war Dieser Trost blieb mir fast ein Jahr lang. Was aber war die Ursache meiner Versuchungen? Und welchen Gewinn brachte die Anfechtung für meine Seele? Es gab insonderheit zwei Ursachen: Erstens war ich nach der Befreiung von einer Versuchung nachlässig und bat Gott nicht ernsthaft, mich nicht mehr in Versuchung zu führen und mich vor künftigen Versuchungen und dem Bösen zu bewahren. David bat darum in einer Zeit des Segens und sagte: „Dann werde ich unsträflich sein und frei bleiben von großer Übertretung“ (Ps 19,14). Es steht doch auch geschrieben: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt!“ (Matt 26,41). Jetzt erhebe ich mich nie mehr von meinen Knien, ohne den Herrn um Hilfe und Erbarmen gegenüber den zukünftigen Versuchungen anzuflehen. Die zweite Ursache war, dass ich einmal selbst Gott versucht hatte. Damals war meine Frau hochschwanger; es überfielen sie heftige Wehen, obwohl die Zeit zur Geburt noch nicht da war. Da wurde ich stark versucht mit Zweifeln über Gottes Existenz und Wesen. Darum sagte ich, während meine Frau weinend neben mir lag, in meinem Herzen: „Herr, wenn Du jetzt diese bittere Drangsal von meiner Frau nimmst und dafür sorgst, dass sie heute Nacht nicht mehr davon

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gequält wird, dann werde ich wissen, dass Du die geheimsten Gedanken des Herzens kennst.“ Sofort hörten die Wehen auf, und sie schlief fest bis zum Morgen. Einige Wochen lang war ich sehr erstaunt darüber, dass der Herr meine geheimen Gedanken kennt. Aber als nach mehr als einem Jahr jener sündige Gedanke in mir aufkam: „Lass Christus doch gehen, wenn Er will“, und ich mich daher überaus schuldig fühlte, sagte der Feind: „Jetzt kannst du sehen, dass Gott die geheimsten Gedanken deines Herzens kennt!“ Ich verstand, dass ich damals Gottes Wort hätte glauben müssen und kein „Wenn“ hätte benutzen dürfen bezüglich Seiner Allwissenheit. Doch der Gewinn des Fallens in Anfechtungen (vgl. Jak 1,2.12) war: Ich hatte nie zuvor so klar die Höhen und Tiefen der Gnade Gottes in Christus erkannt, als infolge dieser Versuchung. Wo die Schuld überaus schrecklich ist, da erscheint die Gnade Gottes in Christus, wenn sie der Seele gewährt wird, um so mächtiger. Ich bitte Gott, dass all das Unheil, das mir widerfuhr, anderen Furcht einflößen und ihnen eine Warnung sein möge, Gott zu beleidigen mit solcherlei Sünden 34. 34  Mit demselben Ziel hat Bunyan auch seine „Pilgerreise„

geschrieben, um die Kinder Gottes zu ermutigen und solchen Christen, die nicht wirklich Christen sind, ihren Betrug offenzulegen.

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Aus allen Versuchungen lernte Bunyan, wie nützlich es ist, fest auf das Wort Gottes zu vertrauen. „Und so halten wir nun fest an dem völlig gewissen prophetischen Wort, und ihr tut gut daran, darauf zu achten als auf ein Licht, das an einem dunklen Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen“ (2Petr 1,19).

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18. Noch einige Erfahrungen von Bunyan Nun möchte ich noch von anderen Führungen schreiben. Als ich zum ersten Mal an meine Teilnahme am heiligen Abendmahl dachte, wurde mir jenes Wort sehr kostbar: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ (1Kor 11,24). Es war mir, als würde ich in die Kraft Seines Todes untergetaucht. Doch ich nahm noch nicht lange am Abendmahl teil, da überfielen mich während des Mahls heftige Versuchungen, diese Verordnung Christi zu lästern und denen, die gerade davon aßen, etwas Böses zu wünschen. Die ganze Zeit zwang ich mich, Gott zu bitten, mich vor dieser Lästerung zu bewahren, und ich flehte Ihn an, Brot und Wein einem jeden Teilnehmer zu segnen. – Diese Versuchung dauerte etwa neun Monate. Schließlich nahm der Herr sie von mir weg, und zwar mit demselben Wort wie beim vorigen Mal. Danach war es mir beim Abendmahl sehr getrost zumute. Ich glaubte daran, dass der Leib des Herrn für meine Sünden gebrochen und Sein kostbares Blut für mich vergossen wurde. Eine Zeitlang hatte ich Tuberkulose und war darum mal im Frühjahr physisch sehr schwach. Es kam so weit, dass ich dem Tod nahe schien. Da begann ich wieder, meinen geistlichen Zustand ernstlich zu überprüfen. Hatte ich Beweise, um hoffen zu können, das

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ewige Leben zu erben? Ich war gottlob immer bereit, aber besonders in Trübsalszeiten, dies zu erforschen. Aber jetzt kam mir eine Unmenge von Sünden in den Sin n. Am meisten quälten mich meine Abgestumpftheit, Trägheit und Kälte gegenüber heiligen Pflichten, die Zerstreutheit meines Herzens usw. Ich fragte mich: „Sind das die Früchte des neuen Lebens? Sind das Kennzeichen eines von Gott gesegneten Menschen?“ Durch diesen Kummer verschlimmerte sich die Krankheit. Oh, wie schwer lag meine Schuld auf mir! Die bisherige Erfahrung von Gottes Güte war meinem Sinn völlig entglitten. Ich dachte: „Leben darf ich nicht mehr, und zu sterben wage ich nicht!“ Ich sank immer tiefer und meinte, alles sei verloren. Aber folgendes Wort gewann die Oberhand: „…und werden ohne Verdienst gerechtfertigt durch Seine Gnade, aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist“ (Röm 3,24). Mir war, als erwache ich aus angstvollem Traum und als sage der Herr: „Sünder, du meinst, wegen deiner Sünden und Schwachheiten könnte Ich deine Seele nicht erretten; doch siehe, Mein Sohn ist bei Mir, und Ich schaue auf Ihn, nicht auf dich, und Ich will an dir handeln gemäß dem Wohlgefallen, das Ich an Ihm habe.“ Gott rechnete mir die gerechten Taten und Verdienste Seines Sohnes zu! Ein weiteres Wort stärkte mich: „…da hat Er uns – nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hätten, sondern auf-

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grund Seiner Barmherzigkeit – errettet …“ (Tit 3,5). Nun fand ich mich von Gnade umhüllt; alle Furcht vor dem Tod wich, und ich flehte: „Lass mich jetzt sterben!“ Mein Tod war jetzt in meinen Augen etwas Seliges und Schönes! Oh, dieses Leben schien mir nur ein Dahindösen im Vergleich zum Leben droben! Wir sind Gottes Erben! Gott selbst ist das Erbteil der Heiligen! Ich war vollkommen erstaunt und kann gar nicht ausdrücken, was ich darin alles sah. Als ich an einem anderen Tag wieder mal sehr elend und schwach war, setzte mir der Versucher heftig zu, denn er greift am meisten an, wenn man sich dem Tod nähert35. Er stellte mir dessen Schrecken und das Gericht Gottes vor Augen. Ich befürchtete, das Ziel zu verfehlen, wenn ich jetzt umkäme, und zur Hölle zu fahren! Aber inmitten dieser Ängste tröstete mich der Herr mit der Geschichte von Lazarus, der von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Es war, als spräche Er: „So soll es mit dir sein, wenn du diese Welt verlässt.“ Kräftig erquickte das Wort meine Seele: „Tod, wo ist dein Stachel? Totenreich, wo ist dein Sieg?“ (1 Kor 15,55). Dadurch wurde ich plötzlich an Leib und Seele gesund.

„Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ (Matth 26,41).

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35  Die Erfahrung, dass der Satan gerade in der Todesstunde heftig angreifen kann, erzählt Bunyan auch in der „Pilgerreise“, an der Stelle, als Christ durch den Todesfluss geht. Dort kann man fast wörtlich diese Erfahrung von Bunyan wiederfinden.

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Ein anderes Mal ließ sich jählings große Finsternis auf mir nieder. Mir war, als hätte ich noch nichts von Gott und Christus gekannt. Ich war so kalt. Nach etwa vier Tagen erklangen, während ich am Kamin saß, plötzlich in mir die Worte: „Ich muss zu Jesus gehen!“ Sofort floh die Finsternis. Verwundert fragte ich meine Frau: „Steht denn so etwas in der Bibel: ‚Ich muss zu Jesus gehen‘?“ Sie wusste es nicht. Nach wenigen Minuten gelangte ich zu Hebräer 12,22-24: „…sondern ihr seid gekommen … zu Jesus, dem Mittler des neuen Bundes…“. Voller Freude erzählte ich es meiner Frau: „Oh, jetzt weiß ich es, ich weiß es!“ Wie gut war für mich die folgende Nacht! Christus war mir so teuer und wert! Ich konnte es kaum im Bett aushalten vor Freude und Frieden. Das ganze Kapitel Hebräer 12 war mir viele Tage lang ein Segen. Gelobt sei Gott für Sein Erbarmen mit mir!

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Die John-Bunyan-Stiftung Die Bücher von John Bunyan über die Reise der Christen in die Ewigkeit gehören zu den meist gelesenen Büchern nach der Bibel. Gott hat Bunyan in besonderer Weise gebraucht, um wesentliche biblische Wahrheiten in Bezug auf das Leben eines Christen anschaulich zu beschreiben. John Bunyans Bücher weisen durchgehend auf die Lehren der ganzen Bibel hin und geben einen Anreiz, die Heilige Schrift mehr und gründlicher zu lesen. Das Ziel der Stiftung ist es, diese Schätze zu erhalten und die Verbreitung zu fördern. In der Ausgabe „Christen auf dem Weg zur Ewigkeit” erzählt Pfarrer P. Blok einige wichtige Stationen von der Reise des „Christ” und seiner Familie leicht verständlich nach. Es ist der Wunsch der Stiftung, dass dieses Büchlein einen Ansporn gibt, die komplette Pilgerreise zu lesen. Damit auch Kinder die Wahrheiten über diese Reise verstehen, empfehlen wir die Ausgabe: „Die Pilgerreise – Erzählt und erklärt für Kinder”. Alle Ausgaben sind anschaulich bebildert. John Bunyanstichting De Spil 29 3774SE Kootwijkerbroek (NL) +31 342 46 1552 NL18RABO 0305 5712 65 116

Missionswerk Voice of Hope Das Missionswerk sieht sich als Stimme, die auf die einzig untrügliche Hoffnung hinweist: Auf die Hoffnung in Jesus. Allein in Jesus kann die in Sünde gefallene Menschheit wieder mit Gott versöhnt werden und Frieden finden (Apg. 4,12) Unser Wunsch und Auftrag ist es, möglichst viele Menschen mit dem Evangelium zu erreichen, insbesondere solche, die keinen freien Zugang zu Gottes Wort haben. Ein weiteres Ziel ist es, durch das Evangelium die Gemeinde Jesu aufzuerbauen und zum Dienst zuzurüsten. Zudem ist es unser Bestreben, die Türen, die Gott uns für das Evangelium öffnet, zu nutzen. Dazu gehören z.B. die Evangeliumsverbreitung unter Afghanen, Nordkoreanern, Chinesen, die Arbeit unter Flüchtlingen auf Sizilien, Bibelseminare im In- und Ausland. Im missionseigenen Verlag werden bibeltreue, reformatorisch geprägte Bücher, Hörbücher, Predigten, Kindergeschichten, Lieder und Musik-CDs hergestellt und vertrieben. Missionswerk Voice of Hope e.V. Eckenhagener Straße 43 51580 Reichshof – Mittelagger +49 (0)2265/99749-0 www.voiceofhope-missionswerk.de DE98 3845 0000 1000 1033 31 117


Weiteres von John Bunyan

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Die Neubearbeitung der nacherzählten Version für junge Leser mit Erklärungen und Anregungen zur praktischen Anwendung im Alltag. John Bunyan erklärt uns bildhaft die Reise der Christen zur himmlischen Stadt.

Eine kurzgefasste Nacherzählung mit ausgewählten Bildern der Pilgerreise. Einige Ereignisse aus dem Leben Christs veranschaulichen den Glaubenskampf mit Niederlage und Sieg – eine Ermutigung von großem Wert für Jung und Alt.

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