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In der Psychiatrie vollzog sich Mitte des 20. Jahrhunderts ein fundamentaler Wandel von dem vorherrschenden psychosozialen Erklärungsmodell hin zu biologischen Aspekten psychiatrischer Erkrankungen (Dettling, 2000). Die Diskussion über den Zusammenhang von Leib und Seele ist so alt wie die Psychiatrie selbst. Es geht um die „Leib-Seele-Problematik“ (Trenckmann, 2001). Der Arzt und Chemiker Stahl (1660–1734) teilte die Geisteskrankheiten in zwei Gruppen ein, was zur Ausbildung zweier Denkschulen in der Psychiatrie führte, die sogenannten Psychiker und Somatiker. Daran anknüpfend entwickelten sich in der Folgezeit die Theorien, dass psychiatrische Erkrankungen entweder physiogen oder psychogen verursacht sind (Lanczik, 1989). Unter dem Einfluss der Psychoanalyse Freuds wurde dem Psychosebegriff, der eine organische Ursache hypothesiert, der Begriff der Neurose, der ursprünglich auf minimale und später fehlende organische Ursachen abhob, gegenübergestellt (Fritze, 1989). Die Verbindung von Biologie und Psychiatrie zur biologischen Psychiatrie (Thompson, 1954) bedeutet vielleicht auch heute noch eine Provokation. Mit Ausnahme der organisch begründbaren Psychosen stellen alle psychiatrischen Diagnosen Konstrukte dar. Ob diese Konstrukte tatsächlich Krankheitsentitäten sind, ist fraglich. Einen Ausweg aus dieser Problematik kann biologische psychiatrische Forschung bieten. Psychiatrie ist dann biologisch, wenn sie sich objektiv messender, biologischer Parameter bedient. Es besteht kein Zweifel, dass alle Lebensfunktionen, auch die psychischen Abläufe, Ausdruck biochemischer Prozesse sind. Dies wiederum bedeutet keineswegs einen simplizistisch-biologischen Determinismus. Die Symbiose biologischer Forschung einerseits und psychologischer, psychodynamischer und soziologischer Forschung andererseits scheitert nicht an prinzipieller Unvereinbarkeit (Fritze, 1989). Unter biologischer Psychiatrie werden heute verschiedene methodische Ansätze zur wissenschaftlichen Erforschung psychiatrischer Störungen subsumiert. Gemeinsam ist ihnen die Verwendung naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden und empirischer Forschungsansätze. Die Auf klärung der Ursachen und Bedingungsfaktoren psychiatrischer Störungen und der Wirkmechanismen von Therapieverfahren kann auf längere Sicht nur interdisziplinär zum Erfolg führen (Gaebel & Laux, 1992). Heute werden die verschiedenen Forschungsgebiete der biologischen Psychiatrie folgendermaßen unterteilt: neurochemische Grundlagenforschung und klinische Biochemie, Psychopharmakologie inklusive Drug Challenge Paradigmen, psychiatrische Genetik, bildgebende Verfahren sowie psycho- und elektrophysiologische Verfahren (Feer et al., 1985). „Sofern die biologische Psychiatrie sich in sachlich und historisch angemessener Weise als Teilbereich aus der gesamten Psychiatrie ausgrenzt, anerkennt sie neben sich eine andere, nicht-biologische Psychiatrie. Diese andere Psychiatrie nimmt an, dass neben den biologischen Gegebenheiten des Körpers, im Besonderen des Gehirns, die niemand bestreitet, ein weiteres Prinzip existiert, das mit biologischen Methoden und biologischer Denkweise nicht zu erfassen ist. Dieses Prinzip bewirkt, dass der Mensch nicht vollständig von den Bedingungen der materiellen Welt abhängt, sondern sich, bezogen auf die biologischen Gegebenheiten, frei entscheiden kann. Das Verhalten des Menschen, pathologisch oder normal, folgt teilweise einer eigenen Gesetzlichkeit“ (Ferr, 1985).

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Ein Zusammenhang zwischen Biologie und Psychopathologie wird besonders im deutschsprachigen Raum noch nicht allzu lange diskutiert, und es bestand geradezu eine Dichotomisierung. Eine prägnante Ausformulierung dieser Anschauung findet sich bei Rehmke (1913), der in seiner Schrift „Die Seele des Menschen“ davon spricht, „daß tatsächlich gar nichts Gemeinsames, gar nichts Selbiges an Seele und Leib zu finden ist.“ Auch Karl Jaspers geht in seiner „Allgemeinen Psychopathologie“ trotz der „innigen Einheit des Seelischen und Körperlichen“ davon aus, dass „beide Untersuchungsreihen sich nie in einer Weise begegnen, dass man von einer Zuordnung von bestimmten seelischen zu bestimmten körperlichen Vorgängen ... reden könne“ (Jaspers, 1946). Darauf auf bauend gliederte Schneider (1967) die psychiatrische Nosologie in ein triadisches System: 1. körperlich begründbare Psychosen, 2. hypothetisch körperlich begründbare, sog. endogene Psychosen, 3. Variationen des Erlebens und der Intelligenz (Fritze, 1989; Schreiber, 1997). Allerdings gab es auch damals schon eine andere Bewegung. Vor dem Hintergrund biologischer Kenntnisse fand in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Ablösung des in der Psychiatrie verwurzelten metaphysischen durch ein medizin-naturwissenschaftliches Krankheitsverständnis statt. Wilhelm Griesingers (1817–1868) Satz „Geisteskrankheiten sind Gehirnkrankheiten“ wurde zum Programm der Epoche der „Gehirnpsychiatrie“, wobei Karl Ludwig Kahlbaum (1828–1899) auch von der Gefahr einer Hirnmythologie sprach. Sigmund Freud (1856–1939) war der Meinung, dass alle psychischen Erkrankungen eines Tages biologisch erklärt werden können. Solange sich aber die Diagnostik nicht-organischer psychiatrischer Krankheiten auf die Psychopathologie beschränken muss, kann nur phänomenologisch klassifiziert werden (Bräunig & Krüger, 2003; Freud, 1975; Fritze, 1989; Griesinger, 1861; Kahlbaum, 1863; Lanczik, 1989). Das in Beziehung setzen von biologischen Korrelaten zu psychopathologischen Symptomen wird in der deutschsprachigen Psychiatrie bereits seit Kraepelin (1855 – 1926) diskutiert. Seitdem wird von Markern oder, für die damalige Zeit zutreffender, von Indikatoren gesprochen. Dabei steht die Psychopharmakologie bei Betrachten des historischen Ablaufes zeitlich und inhaltlich an erster Stelle, da sich viele der heute noch gültigen und grundlegenden Hypothesen der biologischen Psychiatrie auf die Entwicklung der Psychopharmaka gründen. Der Begriff Marker ist eigentlich unscharf, da bei einem Marker zunächst in der Regel nicht bekannt ist, ob die gemessene Veränderung genetisch determiniert ist, ob sie überhaupt eine Rolle für die Pathogenese der Erkrankung spielt oder ob sie lediglich einen Marker für eine Disposition darstellt (Buchsbaum et al. , 1983). Die Verwendung der erweiterten Markerdefinition hat sich in der Psychiatrieforschung durchgesetzt. Marker werden als mess- und quantifizierbare biologische Indikatoren definiert (Usdin et al. , 1982) und dienen der Konzeptualisierung psychiatrischer Erkrankungen (Bondy et al., 1988) (Übersicht bei Dettling, 2000). Heute gilt, dass biologische Marker ausreichend valide und reliabel sein sollten, um: n psychopathologische Phänomene korrespondierenden, psychobiologischen Gegebenheiten bzw. Veränderungen zuzuordnen, n genetisch determinierte bzw. frühkindlich erworbene Dispositionen für bestimmte Erkrankungen („Vulnerabilität“) zu erfassen,

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õ n das Ansprechen auf spezifische Therapiemaßnahmen bzw. Verlauf und in-

dividuelles Rückfallrisiko differenziert einzuschätzen, sowie n individuell gültige, prognostische Aussagen zu treffen (Krieg, 1994).

Bei Markern ist zwischen „State-Markern“, die den jeweilig aktuellen Krankheitszustand dimensional erfassen und „Trait-Markern“, die darüberhinaus eine spezifische Erkrankungsbereitschaft abbilden, zu unterscheiden. Eigentliche („true“) Trait-Marker müssen bereits vor der ersten Krankheitsmanifestation nachweisbar sein, um sie von krankheitsbedingten Veränderungen, die sich bei chronischen Erkrankungen ausbilden und persistieren können, sogenannten „biologischen Narben“ (Residualmarker), abgrenzen zu können (Dettling, 2000; Holsboer, 1992; Schreiber, 1997). Zusammenfassend kann man drei bedeutsame Argumente für die psychiatrische Markerforschung postulieren: 1. Die Identifizierung von State- und Trait-Markern ist ein wichtiger Schritt hin zum Verstehen der Ätiologie und Art der Vererbung einer psychiatrischen Erkrankung. 2. Verschiedene biologische Indikatoren sind möglicherweise klinisch relevant und nützlich für die Forschung. Dieser Nutzen reicht von der Möglichkeit, das Fortschreiten einer psychiatrischen Erkrankung zu beschreiben bis hin zu einer Diagnosenvalidierung und der Entwicklung rationaler Therapieleitlinien. 3. Das Erkennen von Risikofaktoren, die eine Vulnerabiliät für eine Erkrankung voraussagen, stellt möglicherweise einen Fortschritt für Präventionsprogramme jeglicher Art dar (Gershon, 1980). Eine zentrale Bedeutung – und geschichtlich gesehen wahrscheinlich die wichtigste Bedeutung für die biologische Psychiatrie – spielt die Entdeckung der biogenen Amine, und hier besonders des Serotonins in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Erspamer und Vialli (1937) bzw. Page, Green und Rapport (Rapport et al., 1948). Rapport entschlüsselte 1949 die chemische Struktur von Serotonin and nannte es 5-Hydroxytryptamin (5-HT) (Rapport, 1949). Durch den Nachweis von Serotonin im Gehirn (Twarog & Page, 1953) zusammen mit dem Serotoninantagonismus von Lysergsäurediethylamid (LSD) (Gaddum, 1953; Wolley & Shaw, 1954), welches psychose-ähnliche Symptome hervorrufen kann, der Tatsache, dass Reserpin, das die zentralen Aminspeicher entleert, zu depressiven Störungen führen kann (Schildkraut, 1965) sowie, dass Pharmaka, die die Neurotransmission biogener Amine im Gehirn verstärken, antidepressiv wirken können (Carlsson et al. , 1968), führte zur Catecholamin und später zur Serotoninhypothese endogener Psychosen (Schildkraut, 1965, Coppen, 1967). Für den heutigen klinischen Alltag sind Kenntnisse des serotoninergen Systems vor allem für den Gebrauch von Antidepressiva und Antipsychotika unentbehrlich. Während der Mechanismus der Antidepressiva vor allem auf eine Wiederaufnahmehemmung des Serotonins aus dem synaptischen Spalt zielt, ist die Wirkung der neuen atypischen Antipsychotika durch einen Serotoninrezeptorantagonismus zu erklären.

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Serotonin wird als Trytophan synthetisiert und hat vielfältige Wirkungen (s. Abb. 1). In Lunge und Niere verengt es die Arteriolen, während sie in der Skelettmuskulatur geweitet werden. Es beeinflusst die Kontraktion des Herzmuskels und die Bewegung der Magen-Darm-Muskulatur. Außerdem hat es eine zusätzliche Bedeutung bei der Regulation der Aktivierung von Monozyten, Granulozyten und Makrophagen und spielt somit auch als Immunmodulator eine Rolle. Serotonin ist im Blut zu über 99 % in den Granula der Thrombozyten gespeichert (es wird dort nicht synthetisiert) und wird bei Thrombozyten-Aktivierung durch Verletzungen oder Entzündungen freigesetzt. Die größte Bedeutung hat Serotonin aber im Zentralen Nervensystem (ZNS), obwohl sich dort weniger als 1 % des im gesamten Körper vorhandenen Serotonins befindet und davon wiederum nur ein Zehntel in den zentralen serotoninergen Neuronen – die restlichen 90 % sind in der Epiphyse gespeichert. Es hat Auswirkungen auf die Stimmungslage, den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Schmerzwahrnehmung, die Temperaturregulation, den Appetit, die Nahrungsaufnahme, Sexualität, aversives Verhalten und Belohnung (Hüther & Rüther, 2000; Tyres & Hayes, 1992; Wesemann et al., 1986a; Wesemann & Weiner, 1982; 1990). Der Serotoninstoffwechsel, inklusive der Serotoninrezeptoren, unterliegt einer zirkadianen Rhythmik (z. B. tages- und jahreszeitlich), wodurch auch andere hormonelle Achsen gesteuert bzw. beeinflusst werden (Wesemann & Weiner et al., 1990; Wesemann et al., 1986b)

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õ Die serotoninergen Neurone bilden eine Reihe von Kernen, die unmittelbar paramedian im Hirnstamm verteilt liegen: die Raphekerne. Von diesen relativ großen Neuronen mit ihren langen, verzweigten Fortsätzen gehen Projektionen praktisch in das gesamte ZNS, vor allem in alle kortikalen Bereiche aber auch ins limbische System, wo sie emotionale Vorgänge beeinflussen und ins Rückenmark, wo sie die Weiterleitung sensibler Impulse hemmen können (Trepel, 1999; Hüther & Rüther, 2000). Inzwischen ist bekannt, dass das serotoninerge System das morphologisch größte Neurotransmittersystem ist und das am frühesten entwickelte (Whitaker-Azmitia, 2001). Dass das serotoninerge System sehr komplex ist, zeigt die Vielzahl an Serotoninrezeptoren. Zum ersten Mal wurden Serotoninrezeptoren 1957 beschrieben, als Gaddum und Picarelli zwei verschiedene Rezeptoren fanden, mit denen Serotonin in Wechselwirkung trat. Ein Rezeptor war in glatter Muskulatur zu finden und war durch Dibenzylin zu blockieren („D“-Rezeptor). Der andere befand sich in Nervengewebe und konnte durch Morphin gehemmt werden („M“-Rezeptor). Später stellte sich heraus, dass der M Rezeptor dem nach der heutigen Nomenklatur 5-HT2A Rezeptor genannten entsprach (Gaddum & Picarelli, 1957). In den folgenden Jahrzehnten fand man viele weitere Serotoninrezeptor-Subtypen. Anfangs wurden die verschiedenen Subtypen nur aufgrund ihrer pharmakologischen Eigenschaften charakterisiert (Wesemann & Weiner, 1990). Im weiteren Verlauf bezog man dann strukturelle und funktionelle Gesichtspunkte mit ein, die sich dann durch molekulargenetische Techniken noch weiter präzisieren ließen. Heute besitzt eine funktionell orientierte Klassifikation Gültigkeit, bei der vor allem die jeweils benutzten Second-Messenger-Systeme als Klassifikationskriterium dienen. Danach werden die inzwischen entdeckten 14 Serotoninrezeptoren in sieben unterschiedliche Gruppen eingeteilt (5-HT1–7). Ein Erklärungsversuch für diese Vielfalt von 5-HT RezeptorSubtypen könnte in der Entwicklungsgeschichte liegen: Vor etwa einer Million Jahren, während der frühen Entwicklung vielzelliger Organismen, entstand die Gensequenz eines primitiven prämordialen G-Protein-gekoppelten 5-HT Rezeptors und durch Reduplikation und Mutation wurde er zum Stammvater einer ständig wachsenden Familie von G-Protein-gekoppelten Aminrezeptoren, aus dem im Laufe der Zeit neben der Vielfalt an Serotoninrezeptor-Subtypen auch Dopamin-, Acetylcholin-, Adrenalin- und Noradrenalin-Rezeptoren hervorgingen (Hüther & Rüther, 2000). Diese These wird auch durch Ähnlichkeiten in der genomischen Struktur gestärkt, die zwischen Rezeptoren ganz verschiedener Familien bestehen und darauf deuten, dass die Entwicklungsgeschichte nicht zwingend an die endgültige Neurotransmitterspezifität gebunden ist. So hat z. B. der 5-HT1A Rezeptor in seiner Primärstruktur mehr Ähnlichkeit zum β-adrenergen Rezeptor als zu Rezeptoren der Klasse 5-HT2 (Chen et al., 1992). Veränderungen des serotoninergen Systems werden bei den vielfältigsten psychiatrischen Störungen wie schizophrene und affektive Störungen, Aufmerksamkeits-defizit-/Hyperaktivitäts- bzw. hyperkinetische Störungen, Schlafstörungen, Somatisierungsstörungen, Drogenabhängigkeit, Ess-, Persönlichkeits-, Angst- und Zwangsstörungen sowie tiefgreifende und umschriebene Entwicklungsstörungen gefunden. Insbesondere dem 5-HT2A Rezeptor ist in der Ätiologie verschiedenster psychiatrischer Erkrankungen aber auch in seiner pharmakotherapeutischen Beeinfluss-

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barkeit eine große Rolle zuzuschreiben (Peroutka, 1998; Sanders-Bush, 1988). Eine besonders hohe Dichte von 5-HT2A Rezeptoren findet man im Kortex, im Claustrum, in Teilen des limbischen Systems und der Basalganglien. Dort hat ihre Stimulation u. a. folgende Effekte: Aktivierung GABAerger Neurone, Hemmung der Acetylcholin- und Glutamatausschüttung in Hippokampus und Kortex, Stimulation der Acetylcholinfreisetzung im Striatum (Hoyer et al., 1994; Gonzalez-Heydrich & Peroutka, 1990). Explizites Anliegen der hier vorgestellten und in diesem Verständnis inhaltlich aufeinander aufbauenden Arbeiten ist es, die Kenntnis und Bedeutung des serotoninergen Systems bei ausgewählten psychiatrischen Störungen des Kindes- und Jugendalters zu erläutern. Dafür wurden die Erkrankungen Schizophrenie, Depression und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen einerseits aufgrund der großen ätiologischen und therapeutischen Relevanz des serotoninergen Systems für diese Erkrankungen ausgewählt, andererseits sind diese Erkrankungen durch hohe Prävalenz- und Chronifizierungsraten sowie durch eine große genetische Belastung gekennzeichnet. Für die zukünftige Perspektive der Diagnostik und Therapie dieser Erkrankungen ist das Verständnis für das serotoninerge System unabdingbar. Deshalb haben wir vorklinische und klinische Studien zur Erforschung der Bedeutung des serotoninergen Systems bei diesen Erkrankungen durchgeführt. Im Einzelnen wurden pharmakologische Anwendungs- und Beobachtungsstudien, formal- und molekulargenetische (Kopplungs- und Assoziationsstudien) Untersuchungen sowie ausgehend von dem Thrombozytenmodell des zentralen Serotonin-Neurons, Modelle für neuronale und immunologische Untersuchungsparadigmen untersucht. Die Untersuchung von Thrombozyten stellt ein etabliertes Modell in der Untersuchung zentraler, serotoninerger Funktionen beim Menschen dar, einmal im Hinblick auf Art und Ausmaß von neuronaler Serotoninwiederaufnahme, -speicherung und -freisetzung sowie zum anderen hinsichtlich der Bestimmung zentraler, monoaminerger Funktionen. Der Aufbau dieser Arbeit ist für alle hier beschriebenen Krankheitsbilder gleich. Die Einteilung in den jeweiligen Kapiteln lautet jedes Mal folgendermaßen: 1. 2. 3. 4.

Definition und Klassifikation Epidemiologie und Ätiologie Diagnostik und Therapie Untersuchungen zum serotoninergen System bei der jeweiligen Störung im Kindes- und Jugendalter

Das Kapitel II. 1.4 „Untersuchungen zum serotonergen System“ wird jeweils weiter in die einzelnen Forschungsbereiche der biologischen Psychiatrie unterteilt: a. neurochemische Grundlagenforschung und klinische Biochemie, b. Psychopharmakologie inklusive Drug Challenge Paradigmen, c. psychiatrische Genetik, d. bildgebende Verfahren und e. psycho- und elektrophysiologische Verfahren. In jedem Kapitel wird eine Übersicht über den relevanten momentanen Kenntnisstand gegeben. Dazwischen sind die eigenen Arbeiten in den Kontext eingearbeitet. Die meisten eigenen Arbeiten sind jeweils in Kapitel II. 1.4 „Untersuchungen zum serotonergen System“ wiedergegeben.

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