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1 Geschichte und Erkenntnisstand 1.1 Geschichte der theoretischen Annahmen zu Migration und psychischer Gesundheit Auch wenn das Thema Migration durch Landflucht in der Zeit der Industrialisierung, durch Einwanderung aus dem osteuropäischen Raum, durch Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg und die Anwerbung von „Gastarbeitern“ aus Südeuropa in der Wiederaufbauphase die neuere deutsche Geschichte durchzieht, findet es in den wissenschaftlichen Publikationen der klinischen Psychologie und der Medizin kaum Erwähnung. Zaghaft findet es erst Eingang in den neueren Lehrbüchern der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Bei Eggers, Fegert und Resch (2003) wird es unter der Rubrik „Spezifische Entwicklungsbedingungen“ behandelt, bei Remschmidt und Mattejat (2008) als eigenes Kapitel. Steinhausen, der als einer der Pioniere der Forschung an Zuwanderern im Fach gelten kann, schrieb 1993: „(…) einiges spricht dafür, daß mit zunehmendem Ausmaß an kultureller Distanz und fehlender Integration das Risiko von Fehlentwicklungen zunimmt. Das Vermittlungsglied zur individuellen Störung des Kindes ist dabei (...) die Störung familiärer Funktionen, die bei ausgeprägten Kulturkonflikten ansteigt“ (Steinhausen 1993, S. 31). Diese Aussage enthält Hinweise auf die im Folgenden zu behandelnden theoretischen Positionen: das „Migrations-Stress-Paradigma“, das „Paradigma des innerfamiliären Kulturkonfliktes“ und das „Kulturdifferenz-Paradigma“.

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