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1 Begriffe und Bezüge „Die Frau wurde nach einem schweren Verkehrsunfall mit einem Schock ins Krankenhaus gebracht.“ Die Vorstellung von einer angemessenen Behandlung des Schockzustands hängt in diesem Falle sehr davon ab, ob der Leser dieser Nachricht medizinisch gebildet ist oder nicht. Der medizinische Laie hat vermutlich eine Frau vor Augen, die aufgrund des Unfalls verschreckt und verstört ist und durch psychologische Maßnahmen besänftigt werden muss. Ein Arzt dagegen sieht eine körperlich schwer verletzte Patientin mit starkem Blutverlust vor sich, die dringend intensiv-medizinischer Behandlung bedarf. Dieses Beispiel soll in Erinnerung rufen, dass wir die Welt mit Hilfe von Begriffen „be-greifen“ und über die Deutung der Begriffe ein Verständnis für Zusammenhänge herstellen. Über Begriffe gestalten wir ein abstraktes Bild von unserer Welt und ihren Gesetzmäßigkeiten, das so genannte Weltbild, das sowohl unsere Anschauung prägt als auch unsere Reaktionen und unser Verhalten steuert. Andere nennen es Weltanschauung, konzeptionelles Raster oder auch mentale Modelle. Das Weltbild wird durch unsere Erfahrungen geprägt, prägt aber zugleich auch unsere Erfahrung, unsere Wahrnehmung und unsere Interpretation der Welt und ihrer Ereignisse. Es bietet Orientierung und „erschafft“ für uns die Realität, in der wir leben. Die Wissenschaft vom Management, die ihren Beginn mit dem Wirken von Frederick Winslow Taylor1 in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte, arbeitet trotz der inzwischen langen Tradition noch immer mit äußerst unter-

1 Frederick Winslow Taylor (1856–1915) gilt als der Begründer der wissenschaftlichen Managementlehre. Ausgehend von der Annahme, dass Arbeiter ähnlichen Gesetzen folgen würden wie die Teile einer Maschine, erforschte Taylor die Bedingungen der Produktivität und führte wissenschaftlich basierte Methoden in die Betriebsführung ein. Für die Vorstellung seiner Theorie gegenüber dem amerikanischen Kongress wählte er die gemeinnützige Mayo Clinic. Und die weitreichendste Umsetzung seines Ansatzes erfolgte zunächst im Militär. „What you can’t measure, you can’t manage, and you can’t measure what you can’t describe!“ – dessen erste Hälfte auch heute noch vielfach verwendet wird – ist das Mantra des sogenannten „Taylorismus“.

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