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Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen Volker E. Amelung

1.1 Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems1 Das deutsche Gesundheitssystem gehört im internationalen Vergleich zu den leistungsfähigsten [OECD 2008]. Es bietet neben einem umfassenden Leistungskatalog, nahezu einkommensunabhängigen Zugang zu Versorgungsleistungen, beinahe Vollversicherung der gesamten Bevölkerung, eine weitreichende solidarische Komponente, eine vergleichsweise schnelle Integration technologischer Innovationen in die Regelversorgung sowie umfangreiche, gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen zur Sicherung der Versorgungsqualität.

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Nachfolgender Beitrag basiert teilweise auf Amelung et al. 2009 a, Amelung et al. 2008 a.

Politik, Selbstverwaltungsorgane sowie aktiv an der Versorgung mitwirkende Akteure sehen sich bei der Wahrung dieses hohen Standards und ihrer Interessen kontinuierlich mit Herausforderungen konfrontiert. Im Gesundheitswesen stehen sich stets wirtschaftliche und ethische Ziele gegenüber; so sollten aus ethischen Gründen z. B. Erkenntnisgewinne stets allen sofort zur Verfügung gestellt werden, während dies aus wirtschaftlicher Sicht Wettbewerbsvorteile vernichten kann. Es liegt an der Gesundheitspolitik, funktionierende Rahmenbedingungen zur Lösung solcher grundlegenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zielkonflikte zu schaffen. Dabei muss aber auch beachtet werden, dass Leistungserbringer und Kostenträger vor Ort innerhalb dieser Rahmenbedingungen mit zukünftigen Anforderungen an die Versorgung umgehen müssen, welche sich aus demo-

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1 Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen

Abb. 1

1. Zyklus

2. Zyklus

3. Zyklus

4. Zyklus

5. Zyklus

6. Zyklus

DampfDampfmaschine maschine

Stahl, Stahl, Eisenbahn Eisenbahn

Chemie, Chemie, Elektronik Elektronik

Polymere, Polymere, Automobile Automobile

InformationsInformationstechnologie technologie

Health Care Health Care

1800

1850

1900

1950

2000

2050

Die Kondratieff-Zyklen [in Anlehnung an L. Nefiodow 2005]

graphischen Entwicklungen, Veränderungen des Krankheitsspektrums sowie technologischen Innovationen ergeben. Bereits hier wird deutlich, dass die Herausforderungen im Gesundheitssystem hoch komplex sind und sich nicht für einfache, populistische Antworten eignen. Aufgrund der inhärenten Interessenkonflikte kann das Ziel einer nachhaltigen Gesundheitspolitik auch nie in der Maximierung, sondern lediglich in der Optimierung liegen. Die deutsche Wirtschaftspolitik verfolgt das Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken. Aus ebendiesen Lohnnebenkosten wird jedoch das Wachstum eines Wirtschaftssektors wesentlich finanziert, der in der modernen Dienstleistungsgesellschaft eine wichtige Rolle spielt. Die Kondratieff-Zyklen (s. Abb. 1) beschreiben Branchen, die aufgrund von massiven Investitionen und wichtigen Innovationen entscheidend zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum beitragen. Das Gesundheitswesen kann, nicht zuletzt getrieben von einer steigenden privaten Nachfrage und starkem technologischen Fortschritt, die nächste derartige Branche sein [Amelung et al. 2009 a; Kartte u. Neumann 2007]. Gerade die bessere Nutzung des wirtschaftlichen Potenzials von starkem medizintechnologischen und pharmazeutischen Fortschritt wird häufig als Grund für Forderungen nach einer Liberalisierung des Gesundheitsmarktes und stärkerer privatwirtschaftlicher Organisation angeführt [Henke 2005]. Derartige Betrach-

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tungen sind für das Gesundheitssystem noch weitgehend fremd und stoßen bei einigen Akteuren auf massiven Widerstand. Dem gegenüber stehen Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Sicherstellung der Versorgung und zur solidarischen Finanzierung durch Beiträge. Auch dieser Zielkonflikt lässt sich per se nicht vollständig auflösen, sondern kann nur politisch gelöst werden. Finanzierungsgrenzen der solidarischen, gesetzlichen Krankenversicherung konfligieren auch entsprechend mit einer sachleistungsbedingten „Voll-Kasko-Mentalität“ in der Bevölkerung. Zutritt zu einer rasant wachsenden Anzahl von medizinischen Innovationen in jeder Region sieht der gesetzlich Versicherte tendenziell als selbstverständlich an, jede Form der Einschränkung wird als ungerechtfertigte Rationierung wahrgenommen. Entsprechend der genannten Zielkonflikte ist es keine einfache Aufgabe für die Gesundheitspolitik, einerseits wettbewerbliche Elemente in die Gesundheitsversorgung einzuführen, die das Ausschöpfen technologischen Potenzials ermöglicht, indem demjenigen, der es bezahlen kann und will, dasjenige, was technisch machbar ist zur Verfügung gestellt wird; andererseits dem Versicherten- und Wählerkreis zu vermitteln, dass bestimmte Leistungen nur bei privater Finanzierung zur Verfügung stehen. Die Mehrklassenmedizin ist – auch wenn sie bereits eine Realität darstellt – poli-


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1.1 Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems

tisch nicht kommunizierbar und wird von allen politischen Lagern kategorisch abgelehnt. Eine erste Lösung kann im Angebot differenzierter Versicherungsoptionen innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung gesehen werden. Die Entwicklung von Wahltarifen, die den individuellen Bedürfnissen des Patienten entsprechen, bietet zudem die Chance, zukünftige Veränderungen bei Demographie und Epidemiologie seitens der Krankenkasse aufzufangen. Eine tendenziell sinkende Geburtenzahl in Verbindung mit steigendem Lebensalter [Destatis 2006] bewirkt, dass zunehmend mehr ältere Menschen zu versorgen sind. So gehen die Prognosen des Sachverständigenrats [SVRG 2009] davon aus, dass der Quotient 65 (Anteil der über 65-Jährigen im Verhältnis zu 20–65-Jährigen) von 31 % auf 64 % steigen wird. Leistungsanbieter müssen ihre Versorgungskapazitäten und Organisation auf typische Alterskrankheiten wie bspw. Demenz und zunehmende Multimorbidität einstellen. Auf 10 % der chronisch kranken Amerikaner entfallen bereits jetzt 75 % der gesamten Gesundheitsausgaben im Land. Der resultierende Kostenanstieg aufgrund von höherer Lebenserwartung in Verbindung mit hohen Krankheitskosten und vergleichsweise hoher Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen wird den Druck auf Kostenträger erhöhen, neue Wege im Tarif-, Kosten- und Versorgungsmanagement zu gehen. Kurth [2006] wies nach, dass aufgrund von sehr guter Versorgung von akuten Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall die chronische Todesursache „Krebs“ zunimmt. Dies ist ein Beispiel dafür, warum sich das Krankheitspanorama zukünftig von akuten Erkrankungen hin zu chronischen verschieben wird. Dank eines hohen Standards in der Gesundheitsversorgung und atemberaubenden Fortschritten in der Medizintechnologie verlieren akute übertragbare Volkskrankheiten wie z. B. Tuberkulose oder Masern an Bedeutung [Maaz et al. 2006]. Gleichzeitig nimmt die Prävalenz und Inzidenz nicht übertragbarer chronischer Erkrankungen

wie etwa Diabetes, Herzinsuffizienz, Demenz, Asthma/COPD und bösartige Neubildungen zu [WHO 2006]. Gensichen [2006] prognostiziert einen Anstieg des Anteils chronischer Erkrankungen von gegenwärtig 46 % aller Erkrankungen auf 60 % im Jahr 2020. Gerade chronische Erkrankungen bedingen deutlich überdurchschnittliche Krankenhauseinweisungen, Arztbesuche und Verschreibungszahlen. Entsprechend werden Konzepte der langfristigen und systematischen Versorgung chronischer Krankheiten neben die bisherige Behandlung treten, die sich vorwiegend an einzelnen akuten Vorfällen orientiert [Schlette et al. 2005]. Laut Europäischer Kommission [2003, S. 202] wurden psychische Erkrankungen und die daraus resultierende Einschränkung und Leistungsunfähigkeit „lange Zeit unterschätzt“. Psychische Erkrankungen sind mit großem Abstand der häufigste Anlass für eine Frühberentung (s. Tab. 1). Ebenso sind sie mit 10,77 % (‚) und 17,17 % („) nach Erkrankungen an Muskeln und Skelett sowie Verletzungen/Vergiftungen der dritthäufigste Grund für Langzeitarbeitsunfähigkeit [Bödeker u. Zelen 2006]. Sie verursachen somit beträchtlichen Schaden für das Wachstum der Volkswirtschaft. Murray und Lopez [1997] prognostizieren zudem für das Jahr 2020, dass die fünf psychischen Krankheiten unipolare Depression, Alkoholabusus, Demenz, Schizophrenie und bipolare affektive Störungen zu den zehn weitverbreitetsten Krankheiten zählen werden. Trotz der hohen Bedeutung für das Individuum und die Volkswirtschaft herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung und der Medizin ein eher somatisches Krankheitsverständnis. Pfeiffer-Gerschel, Schlee und Hegerl [2006] nennen eine hohe Dunkelziffer nicht diagnostizierter Fälle von Depression. Diese kann mit Stigmatisierungsängsten der Betroffenen aber auch mit einer überwiegend somatischen Diagnostik der niedergelassenen Ärzte begründet werden. Vor diesem Hintergrund sind erhobene Prävalenzen psychischer Krankheiten (s. Tab. 2)

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1 Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen

Tab. 1

Rentenzugänge 2007 wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach Diagnosegruppen [Statistik der deutschen Rentenversicherung 2007] Männer

Diagnosegruppen

Anzahl

Frauen

Anteil in %

Anzahl

Anteil in %

Krankheiten vom Skelett/Muskeln/Bindegewebe

14.394

16,4

11.567

16,0

Krankheiten des Kreislaufsystems

12.477

14,2

4.374

6,1

Krankheiten des Verdauungssystems/Stoffwechselkrankheiten

4.166

4,7

2.397

3,3

Krankheiten der Atmungsorgane

2.588

2,9

1.458

2,0

12.214

13,9

11.002

15,3

945

1,1

603

0,8

25.256

28,7

28.632

39,7

5.235

6,0

4.893

6,8

Sonstige Krankheiten

10.628

12,1

7.143

9,9

Insgesamt

87.903

100

72.069

100

Neubildungen Krankheiten des Urogenitalsystems Psychische Erkrankungen Krankheiten des Nervensystems

Tab. 2

Prävalenz wesentlicher psychiatrischer Erkrankungen in der ambulanten Versorgung [WHO 2001]

Cities

Current depressions Generalized anxiety Alcohol dependence in % in % in %

All mental disorders (according to CIDI) in %

Ankara, Turkey

11,6

0,9

1,0

16,4

Athens, Greece

6,4

14,9

1,0

19,2

Bagalore, India

9,1

8,5

1,4

22,4

Berlin, Germany

6,1

9,0

5,3

18,3

Groningen, Netherlands

15,9

6,4

3,4

23,9

Ibadan, Nigeria

4,2

2,9

0,4

9,5

Mainz, Germany

11,2

7,9

7,2

23,6

Manchester, UK

16,9

7,1

2,2

24,8

Nagasaki, Japan

2,6

5,0

3,7

9,4

Paris, France

13,7

11,9

4,3

26,3

Rio de Janeiro, Brazil

15,8

22,6

4,1

35,5

Santiago, Chile

29,5

18,7

2,5

52,5

Seattle, USA

6,3

2,1

1,5

11,9

Shanghai, China

4,0

1,9

1,1

7,3

Verona, Italy

4,7

3,7

0,5

9,8

10,4

7,9

2,7

24,0

Total

4


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1.2 Lösungsstrategie „Managed Care und Integrierte Versorgung“

mit Vorsicht zu betrachten. Mit einem gebrochenen Fuß geht man unweigerlich zum Arzt. Ein Alkoholproblem muss ein Arzt dagegen meist selbst „erschnuppern“, wenn er den Betroffenen aus irgendeinem anderen Anlass zu Gesicht bekommt. Alterung, Chronifizierung und auch Psychologisierung des Krankheitsgeschehens sind die großen Herausforderungen an die Gesundheitsversorgung der Zukunft. Der Gesetzgeber räumt seit der letzten Reform den Leistungserbringern zunehmend mehr Möglichkeiten ein, im Sinne des Managed Care individuell unternehmerisch zu handeln und stärker die Versorgung zu steuern. Dadurch können und sollen sie den zu erwartenden Versorgungsherausforderungen vor Ort in einer Art Wettbewerb der Ideen mit eigenen Konzepten und Managementstrategien begegnen. Gleichzeitig erhofft sich der Gesetzgeber eine Konkurrenz um die effizientesten Versorgungsformen und auch Versicherungsprodukte, mit welcher ein Anstieg der Gesundheitsausgaben gebremst werden kann.

1.2 Lösungsstrategie „Managed Care und Integrierte Versorgung“ 1.2.1 Managed Care – die reizvolle Art zu steuern Der Begriff Managed Care entstand im stark wettbewerblich geprägten Gesundheitssystem der USA. Zum Verständnis der grundlegenden Elemente von Managed Care und ihres Ursprungs werden daher zuerst typische Organisationsformen und Instrumente von Managed Care in den USA erläutert, bevor auf die aktuelle Situation der Integrierten Versorgung im Deutschen Gesundheitssystem eingegangen wird. Wie dies bei nahezu allen ManagementKonzepten mit vielfältigen Ausprägungen der Fall ist, gibt es auch für Managed Care eine Fülle von Definitionsansätzen [s. Amelung 2007 b

oder SVR 2009]. Für dieses Buch wird folgende Definition zugrunde gelegt: Managed Care ist

die Anwendung von Management-Prinzipien,

die zumindest partielle Integration der Leis-

tungsfinanzierung und -erstellung und das selektive Kontrahieren der Leistungs-

finanzierer mit ausgewählten Leistungserbringern, mit dem Ziel einer effizienten Steuerung von Kosten und Qualität im Gesundheitswesen [Amelung 2007 b, S. 7]. Im Jahr 2006 machte der Marktanteil von Krankenkassen und -versicherungen in den USA 7 % aus [Kaiser Family Foundation 2006]. Diesen traditionellen Versicherungen stehen Managed Care Organisationen mit 93 % Marktanteil gegenüber, die mit guter und kostengünstiger gesteuerter Versorgung um Marktmacht, d. h. um attraktive Verträge mit Arbeitgebern, staatlichen Organisationen und nachweislich guten Leistungserbringern konkurrieren. Die extrem hohen Gesundheitskosten und eklatante Defizite in der Versorgung der amerikanischen Bevölkerung dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Leistungserbringer und Leistungsfinanzierer in den USA ausgesprochen innovativ sind. Das Versagen des amerikanischen Gesundheitssystems bedeutet keinesfalls, dass wir nicht extrem viel von einzelnen Institutionen und Managementansätzen aus den USA lernen können. Die linke Seite der Abbildung 2 zeigt die zahlreichen typischen Managed Care Organisationen (MCO), welche Versicherungsfunktion und Leistungserstellung – anders als die soeben beschriebene traditionelle private Krankenversicherung – auf unterschiedliche Weise integrieren. Diese MCOs wiederum nutzen entsprechend ihrer Versorgungsstrategie ein individuell gestaltetes Bündel der rechts aufgelisteten Steuerungsinstrumente. Für die Versicherten resultiert ein höchst intransparenter Gesundheitsmarkt mit unterschiedlichen Versicherungsprodukten und Tarifen, die von den MCOs angeboten werden.

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1 Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen

Bei der Entwicklung solch differenzierter Produkte sind wiederum die amerikanischen Arbeitgeber eine treibende Kraft, welche MCOs gründen oder unter Vertrag nehmen, um Mitarbeiter mit attraktiven und gut gesteuerten – und im Übrigen steuerbefreiten – Sozialversicherungsprogrammen zu halten oder zu werben.

1.2.2 Instrumente von Managed Care Um diese hochgestellten Ziele einer gesteuerten Versorgung zu erreichen, muss das Management einer MCO den Leistungserbringern sowie den Versicherten durch Vertragsgestaltung, Vergütungsvereinbarung sowie Vereinbarungen über die Form der Leistungserstellung die rich-

tigen Anreize geben. Im Folgenden werden exemplarisch typische Managed-Care-Instrumente (s. Abb. 2 rechte Spalte) dargestellt, die in amerikanischen MCOs zur Steuerung der Leistungserbringer verwendet werden [ausführlich siehe Amelung 2007 b, S. 115–236]. Auf die Möglichkeit der Verhaltenssteuerung bei Versicherten mit individuellen Versicherungsverträgen Selbstbeteiligung, Wahltarifen etc. (s. Abb. 2 rechts oben) wird hier nicht eingegangen.

Selektives Kontrahieren Selektives Kontrahieren ist das entscheidende Gestaltungsmerkmal von Managed Care. Anfangs werden geeignete Krankenhäuser oder

Managed Care-Organisationen/Managed Care-Organisationen/Produkte Produkte

Managed Care-Instrumente Managed Care-Instrumente Prämiengestaltung Prämiengestaltung

Independent (IPA) Association (IPA) Practice Association Independent Practice Preferred (PPO) Organizations (PPO) Provider Organizations Preferred Provider Provider Networks Provider Networks Integrated (IDS) Systems (IDS) Delivery Systems Integrated Delivery Physician (PHO) Organizations (PHO) Hospital Organizations Physician Hospital

Leistungserbringer Leistungserbringer

Management Organizations Service Organizations Management Service (MSO) (MSO) Physician Management Practice Management Physician Practice Organizations (PPMO) Organizations (PPMO)

Selbstbeteiligung Selbstbeteiligung Bonus-/Malus-Systeme Bonus-/Malus-Systeme Wahltarife Wahltarife

Versicherter Versicherter

Leistungsgestaltung Leistungsgestaltung

Gatekeeping Gatekeeping Disease Management Case Management und Case Disease und Unterstützung von Unterstützung von Verhaltensänderungen Verhaltensänderungen Präventionen Präventionen

Vergütungssystem,

Leistungsfinanzierer Leistungsfinanzierer

Qualitäts- und Kostensteuerung

Vergütungssystem Vergütungssystem

Neue Organisationen Neue Organisationen

Kopfpauschalen Kopfpauschalen Fallpauschalen Fallpauschalen Budgetierung Budgetierung

QualitätsKostensteuerung und Kostensteuerung Qualitäts- und

Staff-, Network-HMOs und Network-HMOs IPA- und Group-, IPAStaff-, Group-, Point Produkte service Produkte of service Point of

Abb. 2

6

Utilization review Utilization review Second opinion Second opinion Guidelines Guidelines Evaluationsverfahren Evaluationsverfahren

Organisationsformen und Instrumente des Managed Care [Amelung 2007 b]


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1.2 Lösungsstrategie „Managed Care und Integrierte Versorgung“

Pflegeheime von der MCO ausgesucht, welche in

Vergütungsformen

standardisierten Qualitätssicherungsverfahren eine gute Versorgungsqualität nachweisen können. Niedergelassene Ärzte werden ebenfalls nach Prüfung von bspw. Approbationen, Zertifizierungen, Weiterbildungen, Kunstfehlerverfahren, oder auch von ggf. vorhandenen Abrechnungsdaten, ausgewählt. Folglich kann die MCO schon über die initiale Selektion oder ggf. einem späteren Ausschluss von schlechten Leistungserbringern die Qualität der Versorgung bestimmen. Zu späteren Zeitpunkten können dann je nach Machtstellung der MCO und nach Anzahl der Leistungserbringer vor Ort Rabatte und individuelle Versorgungskonditionen ausgehandelt werden. Entscheidend ist somit, dass nur mit ausgewählten Marktteilnehmern Verträge geschlossen werden.

Zweites wesentliches Steuerungsinstrument in einer MCO ist die Gestaltung des Vergütungssystems. Es soll für Leistungserbringer belohnende Anreize für Bemühungen zur Kostensenkung und zur Qualitätserhöhung enthalten und muss gleichzeitig von diesen akzeptiert werden. Wiederum seien die idealtypischen Grundformen der Vergütung beschrieben, aus denen MCOs wählen können (s. Tab. 3). Generell ist zur Versorgungssteuerung bei festem Gehalt ein starkes internes Kontrollsystem nötig. Ein Gehalt für Ärzte wird daher in HMOs häufig sinnvollerweise mit einer Beteiligung der Ärzte am Erfolg der HMO verknüpft. Einzelleistungsvergütung sieht die Erstattung einzelner ärztlicher Leistungen nach einem

Tab. 3

Vergütungsformen und ihre Anreizwirkungen [Amelung et al. 2009 a]

Vergütungsform

Erwünschter Effekt

Gehalt

Anreiz zur Gesunderhaltung des Patienten

Kopfpauschale

Fallpauschale

Unerwünschter Effekt Keine Wirtschaftlichkeitsanreize Warteschlange

Anreiz zur Gesunderhaltung des Patienten

Risikoselektion

Wirtschaftlichkeitsanreize

Kostenverlagerung

Geringe Verwaltungskosten

Qualitätsgefährdung

Ohne Anreiz zur Leistungsausweitung Wirtschaftlichkeitsanreize

Unterlassen erwünschter Leistungen Upgrading Kostenverlagerung

Tagespauschale

Minimierung der Kosten pro Tag

Ausdehnung der Verweildauer

Leistungskomplex

Kein Anreiz zur Ausweitung von Einzelleistungen

Inhalte der Leistungen nur durch Zusatzmaßnahmen gesichert

Einzelleistung Erstattung der Faktorkosten Erfolgsorientiert Vergütungsformen

Leistungsorientiert Vergütung Produktivitäts- und leistungssteigernd Planungssicherheit für Leistungserbringer Innovationsfördernd Qualitätsverbesserung Arztinteresse und Patienteninteresse sind deckungsgleich

Unerwünschte Leistungsausweitung Rosinenpicken, z. B. Bevorzugung von Geräteleistungen Keine Wirtschaftlichkeitsanreize, Leistungsausweitung Messprobleme Hohe Kontrollkosten

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1 Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen

festgelegten „Katalogpreis“ vor. Hier besteht neben einer generellen Erhöhung der Leistungsmenge der Fehlanreiz, bestimmte Leistungen, die im Katalog einen guten Preis erzielen – wie z. B. Ultraschall in Deutschland – besonders häufig zu erbringen. Eine Erstattung der Faktorkosten bedingt ein Messen, Stoppen oder Wiegen von Arbeitszeit und Materialaufwand, das in der Praxis höchstens bei der Anfertigung von Hilfsmitteln realisierbar ist. Fallpauschalen, wie etwa die weit verbreiteten Diagnosis Related Groups (DRG.) in der Krankenhausbehandlung, stiften einerseits zur Entwicklung innovativer effizienter Versorgungsmöglichkeiten an. Andererseits kann jedoch auch durch frühere und „kränkere“ Entlassung an nachgeordnete Leistungserbringer oder durch „Aufpeppen“ der kodierten Diagnosen eine Kostenersparnis oder ein Einkommenszuwachs erreicht werden. Dies macht wiederum Kontrollmaßnahmen erforderlich. Die Kopfpauschale oder englisch „Capitation“ bewirkt ebenso, dass Leistungen in andere Einrichtungen verlegt werden oder gar die Behandlung eines sehr kranken Patienten umgangen wird (Risikoselektion). Anders gesehen beinhaltet Capitation jedoch einen wesentlichen positiven Anreiz: Ärzte verdienen „am besten“, wenn ihre Praxis leer ist, d. h. sie werden angehalten, die Gesundheit ihrer Patienten effektiv zu erhalten, anstatt bei einem kranken Patienten möglichst viele Einzelleistungen zu erbringen. Nicht zuletzt deswegen ist Capitation eine häufig verwendete Vergütungsform v. a. für Primärärzte. Gründe der Beliebtheit von Capitation können aus Sicht der HMO v. a. im geringen administrativen Aufwand und in der Abwälzung des Versicherungsrisikos auf die Leistungserbringer gesehen werden. So erhalten die behandelnden Ärzte im Falle einer Grippewelle bei gestiegenem Behandlungsaufwand keinen Cent mehr als die vereinbarte Kopfpauschale. Dementsprechend ist die Kopfpauschale sorgfältig

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unter klarer Festlegung der zu erbringenden ärztlichen Leistungen sowie nach Untersuchungen der Morbiditätsstruktur der Versicherungspopulation zu kalkulieren. Nicht zuletzt um eine mindestens gleichbleibende Qualität der Versorgung zu gewährleisten verwenden viele HMOs, die ihre Primärärzte über Capitation vergüten, zusätzliche Elemente der erfolgsorientierten Vergütung (englisch „pay for performance“, kurz: P4P) [Gold et al. 1995; Amelung et al. 2009 a]. Auch wenn Elemente der leistungsorientierten Vergütung schon eine längere Tradition in amerikanischen MCOs haben, wird das Thema aktuell auch in Deutschland sehr intensiv diskutiert. Die Einrichtung eines derartigen Vergütungssystems kann in vier Schritten erfolgen. 1. Definition des „Erfolges“ (medizinisch wie wirtschaftlich) 2. Bestimmung entsprechender messbarer Indikatoren 3. Gewichtung der Indikatoren mit einem Punktesystem 4. Bewertung der Punkte mit Geldbeträgen So einfach der Erstellungsprozess erscheint; die Bestimmung und Gewichtung relevanter Indikatoren ist nicht trivial. Erfolgsindikatoren müssen, neben formalen Eigenschaften wie Transparenz, Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit, zwei konstitutive Eigenschaften aufweisen: Sie sollten in einer engen Beziehung zum Gesundheitsergebnis, d. h. der Verbesserung des Gesundheitsstatus stehen (Validität) und sie müssen durch den Leistungserbringer kontrolliert werden können. Die letzte Anforderung ist schon allein deswegen schwer zu erfüllen, da ein Behandlungsergebnis häufig von der Compliance des Patienten abhängt. Trotz hoher Hürden haben MCOs in der Praxis ein breites Spektrum von Erfolgsindikatoren entwickelt, mit denen v. a. die ärztliche Tätigkeit, fachliche Qualifikation und Weiterbildung, wirtschaftliche Effektivität sowie die Patientenzufriedenheit beurteilt werden können.


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1.2 Lösungsstrategie „Managed Care und Integrierte Versorgung“

Zur Einschätzung der Qualität der ärztlichen

partner pro Behandlungsepisode festgelegt.

Tätigkeit wird ein Qualitätsindex erstellt, der sich aus mehreren Indikatoren zusammensetzt. Diese beziehen sich bspw. auf durchgeführte Früherkennungsuntersuchungen. So wird häufig der Prozentsatz der behandelten Frauen über 45 ermittelt, bei denen eine Mammografie durchgeführt wurde, der Prozentsatz von Bluthochdruckpatienten, deren Blutdruck unter Kontrolle ist oder der Prozentsatz von Diabetikern, bei denen regelmäßig eine Augenuntersuchung erfolgte. Weitere Indikatoren beziehen sich auf die Strukturqualität wie etwa die Vielfalt der angebotenen Behandlungsverfahren, die Öffnungszeiten der Praxis, die Fortbildungsaktivitäten sowie auf eine Auswertung der Inanspruchnahmedaten (z. B. Anzahl Krankenhauseinweisungen, Notfälle, Todesfälle, Remissionen). Gleichzeitig wird neben diesen objektiven Indikatoren häufig die subjektive Patientenzufriedenheit in regelmäßigen surveys erfragt. Derartige Indikatoren können von der MCO zur Erfolgsmessung beim einzelnen Arzt oder bei einem Ärztekollektiv angewandt werden. Im zweiten Fall kann die MCO gruppeninterne Kontrollmechanismen unter den Ärzten zu Überweisungsverhalten und qualitätsbewusster Behandlung stimulieren. Insbesondere sollte sichergestellt sein, dass auf der richtigen Versorgungsstufe versorgt wird (Problem der angebotsinduzierten Nachfrage), die Koordination und Kommunikation funktioniert und Schnittstellen optimiert werden.

Der Hausarzt als Gatekeeper bestimmt und veranlasst in Absprache mit dem Versicherten Konsultationen weiterer Fachärzte, weitere Untersuchungen oder einen Krankenhausaufenthalt und wird zum Koordinator eines sektorenübergreifenden Behandlungsprozesses. Im Idealfall liegen ihm dabei sämtliche Befunde mittels moderner Informationstechnologie zeitnah vor. Nach Möglichkeit betreut er den Versicherten ebenfalls idealtypisch „von der Wiege bis zur Bahre“. Gatekeeping hat sich inzwischen auch in Europa (England, Niederlande, Dänemark, Schweiz und Deutschland, s. Amelung et al. 2009 a) etabliert, obwohl die Studienlage nach wie vor schwach ist. Ein Großteil der Gesundheitsausgaben entfällt auf einen relativ kleinen und übermäßig kranken Anteil von Versicherten. Daraus erwächst die Forderung, Qualität und Kosten der Gesundheitsversorgung dieser Versichertengruppen gezielt durch Disease Management zu verbessern. Gerade für entsprechende Krankheiten, die gut erforscht sind (z. B. Diabetes, Herzerkrankeungen, Krebs, Schlaganfall, Asthma, Hauterkrankungen, Osteoporose, Rückenleiden, Depression und bestimmte Infektionskrankheiten) und für die evidenzbasierte Behandlungsleitlinien vorliegen, kann eine MCO einen strukturierten, integrierten und kontinuierlichen Standard-Versorgungsprozess als Disease Management-Konzept vereinbaren. Basis eines derartigen Konzeptes sind dabei folgende Kernelemente [Hunter & Fairfield 1997; Zitter 1997; Disease Management Association of America 2004]: Integrierte Versorgungssystem ohne Informationslücken zwischen Fachgebieten und Sektoren und entsprechende krankheitsspezifische Kooperationsvereinbarungen zwischen den Leistungserbringern Breite, fundierte Wissensbasis zur ausgewählten Krankheit Ausgefeiltes Informationssystem zur Steuerung und Evaluation des Versorgungsprozesses

Vereinbarungen zur Leistungsgestaltung Die konkrete Steuerung der Versorgung stellt die bedeutendste Herausforderung dar. Mit der ursprünglichen Idee, die Nachfrage zu steuern, implementierten sehr viele HMOs ein Gatekeeping oder ein „Hausarztmodell“. Dabei wird unter Ausnahme von Notfällen und speziellen Leistungsbereichen ein individuell bestimmter Allgemeinarzt zwingend als erster Ansprech-

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1 Neue Versorgungsformen als Strategie zur Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen

Verfahren zur Identifikation und Risikostra-

munikation/Koordination bzw. mehr, gezielte-

tifikation von geeigneten Teilnehmern für Disease Management Maßnahmen der Patienteninformation/ Schulung, die auch die Compliance des Patienten erhöhen

re Präventionsmaßnahmen erreicht wurden [Amelung et al. 2009 b]. Gleichzeitig wurden Erwartungen an die Qualitätsverbesserung durch die Verwendung der o. g. Instrumente nicht komplett bestätigt [SVR 2009]. Dies liegt auch daran, dass ein Vergleich von Qualitätsoutcomes der traditionellen Krankenversicherung mit Ergebnissen einer heterogenen MCO-Landschaft nicht einfach ist. Neben teils kontrovers diskutierten Auswirkungen auf Kostenmanagement und Qualität machen die erläuterten Organisationsformen und teils die Instrumente (z. B. Gatekeeping) deutlich, dass Managed Care für Versicherte und Ärzte oftmals unbeliebte Einschränkungen z. B. bei der Wahl- und Therapiefreiheit bedeutet. Bei dem typisierten Gegenbeispiel der traditionellen privaten Krankenversicherung gibt es derartige Einschränkungen nicht. Nach Fox [2001, S. 16] ist diese wiederum für die Allgemeinheit nicht finanzierbar und im Versorgungsprozess ineffektiv:

Als Konsequenz der Anwendung dieser Elemente wird bspw. ein Diabetes-Patient stabilisiert, bevor er wegen Entgleisung oder einer eventuellen Fehlverschreibung eines uninformierten Facharztes ins Krankenhaus muss. Eine erfolgreiche Umsetzung von Disease Management hängt folglich zu einem großen Teil von der erfolgreichen Kommunikation mit dem Versicherten ab, die zum Gelingen einer verstärkt präventiven Behandlung beiträgt. Während beim Disease Management ein optimaler strukturierter Behandlungsablauf für alle Patienten mit einem bestimmten chronischen Krankheitsbild etabliert wird, erfolgt beim Case Management die Steuerung eines schweren, behandlungsintensiven Einzelfalls wie z. B. eine Transplantation, Risikoschwangerschaft oder Rückenmarksverletzung für einen befristeten Zeitraum. Meist wird dem Patienten eine Pflegekraft als Case Manager zur Seite gestellt. Dieser Case Manager koordiniert den medizinischen Versorgungsprozess, kommuniziert mit beteiligten Ärzten, Pflegern, Einrichtungen, schult den Patienten, übernimmt Funktionen der psychologischen Beratung und steuert die Entlassung bzw. Verlegung. Die in diesem Kapitel kurz und typisiert gelisteten Organisationsformen und Instrumente stellen das Ergebnis einer ca. 30-jährigen Erprobung mittels Versuch und Irrtum dar. Im Vergleich zur eingangs erwähnten traditionellen Krankenversicherung werden mit Organisationsformen und Instrumenten des Managed Care zahlreiche Anstrengungen unternommen, vor allem wirtschaftlicher zu versorgen. Gerade bei hochpreisigen Leistungen wurden eindeutige Kosteneinsparungen nachgewiesen, die nicht zuletzt durch verbesserte Kom-

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Whatever the criticisms of managed care in some circles are, a return to an open-ended and unmanaged fee-forservice system that characterizes health care financing until a few years ago will not be tolerated by either public or private purchaser.

1.2.3 Integrierte Versorgung Seit 1999 erweitert die deutsche Gesetzgebung kontinuierlich die Möglichkeiten, Elemente des Managed Care auch in oder neben dem deutschen Kollektivvertragssystem umzusetzen. Genau wie in den USA entwickeln sich dank der Gesetze und variantenreicher Kombinationen existierender Versorgungsformen neue, die die bisherige, übersichtlich und kollektivvertraglich geregelte, erweitern [vgl. Greß u. Stegmüller 2009]. Betrachtet man die Komplexität des amerikanischen sowie Entwicklungen in anderen europäischen Gesund-


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1.2 Lösungsstrategie „Managed Care und Integrierte Versorgung“

heitssystemen, so befindet sich das Deutsche Gesundheitssystem erst am Anfang einer weit reichenden Entwicklung, hin zu einem neu strukturierten System, das mit der klassischen, starren Dreiteilung in ambulant, stationär und Reha, oder mit dem einheitlichem Leistungskatalog wenig gemein haben wird. Die Überwindung der – international nahezu einmaligen – starren Sektorengrenzen des deutschen Kollektivvertragssystems, welche die Versorgungseffizienz hemmen und zu Qualitätsproblemen führen, waren eine starke Motivation für die „neuen“ Gesetze zu Managed Care [Knieps 2005; Amelung 2007 a] (s. Abb. 3). Zum Zweck der Erläuterung und Definition von Integrierter Versorgung in Deutschland sollen die vielfältigen und in sich bereits komplexen gesetzlichen Regelungen grob in zwei Gruppen betrachtet werden: Es gibt zum einen Gesetze, deren Ziel maßgeblich die Errichtung neuer Organisationsstrukturenoder Versorgungsformen auf Basis von Selektivverträgen ist – ähnlich den MCOs in den USA –, die wettbewerblich agieren. Darunter fallen die beiden Regelungen, die explizit Selektivverträge zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen ermöglichen; also § 140 a–d sowie 73 c

SGB V. Weiterhin leistet auch § 95 SGB V, also die Ermöglichung von Ärztezusammenschlüssen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) einen wesentlichen Beitrag zur Bildung neuer Organisationsformen. Zum anderen führte der Gesetzgeber mit § 73 b und § 137 f SGB V, Regelungen ein, die eine tendenziell flächendeckende Implementierung von erfolgreichen Instrumenten des Managed Care (Disease Management und Gatekeeping) darstellen. Auf ähnliche Weise können die Regelungen nach § 115 b und § 116 b SGB V als Maßnahmen zur deutschlandweiten Überwindung der Versorgungsgrenze ambulant/stationär im Kollektivvertragssystem verstanden werden. Eine lokale „MCO“, die bspw. mit Verträgen nach § 140 a–d und § 95 SGB V aus der Taufe gehoben wurde, ist die bestmögliche Plattform für eine effektive Anwendung der gesetzlich verankerten und weiterer individuell angewandter Instrumente von Managed Care, da die Managed Care-Instrumente mit Managementunterstützung vor Ort effizient umgesetzt werden. Daher entsteht mit Blick auf die gesetzlichen Neuerungen die „beste“ Integrierte Versorgung, wenn eine MCO-ähnliche neue Organisationsform (auf Basis der ersten Paragrafengrup-

Organisationsvielfalt Ambulantes Operieren § 115b / Ambulante Behandlung im KH nach § 116b SGB V

Integrierte Versorgung §§ 140a-d SGB V

DMP § 137f SGB V

MVZ § 95 SGB V

Spezielle fachärztliche ambulante Versorgung nach § 73c

Hausarztzentrierte Versorgung § 73 b SGB

Abb. 3

Kombination (z.B. §§ 140a-d + § 95)

Maßgebliche Gesetze zur Realisierung einer integrierten Gesundheitsversorgung [Amelung et al. 2008 a]

11


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