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1 Aufbruch in das Jahrhundert des Patienten Gerd Gigerenzer und J.A. Muir Gray

Eine effiziente Gesundheitsversorgung braucht gut informierte Ärzte und Patienten. Das Gesundheitssystem, welches uns das 20. Jahrhundert hinterlassen hat, erfüllt beide Bedürfnisse nicht. Viele Ärzte und noch mehr Patienten verstehen die verfügbaren medizinischen Daten und Forschungsergebnisse nicht. Sieben „Sünden“ sind mitverantwortlich für diesen Wissensmangel: profitorientierte Finanzierung, irreführende Berichterstattung in medizinischen Zeitschriften, einseitige Patientenbroschüren, irreführende Berichterstattung in den Medien, Interessenkonflikte, defensive Medizin und Lehrpläne an den medizinischen Fakultäten, die Ärzten die Interpretation statistischer Evidenz nur unzureichend vermitteln. Ergebnis dieser Fehler ist ein teilweise ineffizientes Gesundheitssystem, das Steuergelder für unnötige oder sogar schädliche Tests und Behandlungen verschwendet und medizinische Forschungen finanziert, die für Patienten nur begrenzte Relevanz haben. Steuererhöhungen oder Rationierung der Gesundheitsversorgung werden oft als die einzigen praktikablen Alternativen zur Kostenexplosion im Gesundheitswesen angesehen. Es gibt jedoch eine dritte Option: Aufklärung und die Förderung von Gesundheitskompetenz können eine bessere Gesundheitsversorgung für weniger Geld ermöglichen. Das 21. Jahrhundert soll das Jahrhundert des Patienten werden. Regierungen und Institutionen müssen einen anderen Kurs einschlagen, das heißt, ehrliche, transparente Informationen liefern und damit den Weg zu besseren Ärzten, besseren Patienten und letztendlich auch einer besseren Gesundheitsversorgung bahnen.

1.1

Einleitung

Patienten gelten als das Problem der High-Tech-Gesundheitsversorgung: Sie sind ein unwissendes, ängstliches Volk mit ungesunden Lebensgewohnheiten und wenig Kooperationsbereitschaft. Sie verlangen Medikamente, die von Prominenten im Fernsehen angepriesen werden, bestehen auf unnötigen, aber teuren Computer- und Mag-

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